think twice hat geschrieben:(19 Jun 2018, 18:45)
Wirklich ernsthafte Antwort: Um ihnen professionell ihre Moeglichkeiten zu zeigen, war ich nicht zuständig. Dafuer gab es Sozialarbeiter. Ich habe ganz außerplanmäßig (ich war Verwaltungskraft) versucht, ihnen ein bischen Wärme und Halt zu geben, wenn sie es gebraucht haben. Meist ohne viel zu sprechen.
Ich habe mich zu dem ehemaligen Kindersoldaten aus Somalia auf den Boden gesetzt, inmitten die Glasscherben. Er hatte mit der nackten Faust in eine Fensterscheibe geschlagen. Er hat gezittert und geweint und ich habe eine Stunde neben ihm gesessen, bis er bereit war, freiwillig in den Krankenwagen zu steigen, der ihn in die Klapse gebracht hat.
Ich habe eine sudanesische, beschnittene Frau in meiner Freizeit in eine Spezialklinik nach Berlin begleitet, in der sie wiederhergestellt wurde. Ich habe gewartet, bis sie aus der Narkose erwacht ist. Ohne mich wäre sie nicht gefahren.
Ich habe mit einer afghanischen, alleinreisenden Frau stundenlang in der Notaufnahme der Frauenklinik gesessen. Sie befürchtete, schwanger zu sein und hatte Blutungen. In diesen Stunden hat sie mir ihre furchtbare Lebensgeschichte erzählt, die nur bedingt etwas mit den Männern aus ihrer Heimat zu tun hatte. Sie war schwanger und sie beschwor mich, niemanden etwas zu erzählen. Da bin auch ich an meine Grenzen gstossen.
Mit einem 18jaehrigen Iraner bin ich zum Elternsprechtag in der Schule gegangen, weil er gesagt hat, ich bin hier seine Mutter. Er haette auch eine Mutter gebraucht, der schwierige Bursche.
Aber warum gehst du nicht mal in eine Flüchtlingsunterkunft und erzaehlst ihnen, dass sie sich mal alle nicht so anstellen sollen. Unsere Großeltern haben ihr Land ( was sie vorher selbst in Trümmer gelegt haben und welches sie ohne Unterstützung der Siegermächte nie wieder flott bekriegten haetten) ja auch wieder aufgebaut.
Aufrichtigen Dank für Deine ernsthafte und persönliche Antwort.
Zu deiner Frage:
Ich war schon in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften, mit netten und weniger netten Erlebnissen.
Vorher war ich auch jahrelang, Jahrzehnte, in vielen der Ländern, aus denen Menschen hierher kommen, tätig, und habe vor Ort mit den Einheimischen zusammen versucht, etwas Nachhaltiges aufzubauen.
Ich habe gelegentlich hier darüber geschrieben.
Auch hier gab es hoffnungsvolle Augenblicke und andererseits so grauenhafte Erlebnisse, dass meine Erfahrung mich an jeder Flüchtlingsgeschichte zweifeln lässt.
Ich habe z.B. "Deinen" Kindersoldaten in Aktion gesehen und Deine, völlig nachvollziehbare, Hilfe, wäre Dir im Hals mit Deinen eigenen Tränen erstickt. So ging es mir damals jedenfalls ...
Ich habe mehr Menschen kennengelernt, die skrupellos im Überlebenskampf jede Chance wahrnahmen, um Andere hinter sich zu lassen, mit Lügen und Betrug, auch mit Mord und Totschlag, als Menschen, welche sich ernsthaft bemühten ihre Lage 1. ehrlich zu analysieren und 2. diese Lage mit der anstehenden Arbeit anzugehen.
Und selbst unter den Bereitwilligen lässt das Engagement oft nach, eigentlich sofort, wenn die Kontrolle fehlt.
Das ist nicht etwa so, weil es unwillige, faule Idioten sind, sondern weil die Realität des gesellschaftlichen Lebens nicht erlaubt, Sozialisationstufen von hunderten und tausenden von Jahren einfach so zu überspringen, auch nicht mit 'nem IPhone oder Alimenten ...
Es gibt in der Regel keine Reflexion über das Zustandekommen der eigenen Lage, die Stammeskulturen, den Hass auf den Nachbarstamm, den falschen Allah, die Weissen ...
NIE gab es den Hauch von nötiger Selbstkritik .... wie denn auch aus dem inner circle ...
In Pakistan z.B. gibt es für fast Jeden eindeutige Schuldige für ihre Misere: Die USA und Juden.
Immer wieder habe ich das gehört, auch ganz aggressiv vorgetragen.
Ich persönlich habe jedenfalls keinerlei Veranlassung, auch nur nur halbwegs anzunehmen, dass die Menschen, die es hierher geschafft haben, die Guten sind.
Ja, einige Familien, die genug Grips und Geld haben, ihren Kindern ein Leben mit Perspektive ohne irgendeine Islamfuchtel zu ermöglichen, sind sicher dabei. Denen ist alle Unterstützung zu gewähren.
Aber das sind so wenige ...
Noch ein Nachtrag: Ja, es wird Dankbarkeit geben für diese unvorstellbare Leben in Deutschland, z.B. das Wasser aus der Wand trinken zu können ohne Mundfäule und Krebs zu bekommen.
Die Dankbarkeit wird bald weichen, wenn der Glanz vorbei ist. Dann gilt wieder Das, was zu Hause galt ....Überleben.
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
Eric Arthur Blair