Die Krise der Konservativen in Deutschland

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schokoschendrezki
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von schokoschendrezki »

Mit Alexander Gauland sitzt ein Politiker im neuen Bundestag, der ein Buch "Anleitung zum Konservativsein" geschrieben hat, keinen Computer oder sonst irgendein Digitalgerät besitzt oder benutzt und Artikel zuhause mit der Schreibmaschine schreibt.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Europa2050
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Europa2050 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(10 Nov 2017, 15:47)

Mit Alexander Gauland sitzt ein Politiker im neuen Bundestag, der ein Buch "Anleitung zum Konservativsein" geschrieben hat, keinen Computer oder sonst irgendein Digitalgerät besitzt oder benutzt und Artikel zuhause mit der Schreibmaschine schreibt.
... und wie die anderen ca. 700 Abgeordneten die Aufgabe hat, Antworten auf die Fragen der Zukunft zu finden ...
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Olympus »

Europa2050 hat geschrieben:(10 Nov 2017, 16:19)

... und wie die anderen ca. 700 Abgeordneten die Aufgabe hat, Antworten auf die Fragen der Zukunft zu finden ...
Welche wären? Etwa, "Wie bekommen wir alle niederen Lebensformen los, die keinen biodeutschen Ariernachweis seit WK2 haben?" :?:
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Europa2050
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Europa2050 »

Olympus hat geschrieben:(10 Nov 2017, 19:29)

Welche wären? Etwa, "Wie bekommen wir alle niederen Lebensformen los, die keinen biodeutschen Ariernachweis seit WK2 haben?" :?:
Eher weniger, das ist - unabhängig von ihrer Unmenschlichkeit - eine Fragestellung der Vergangenheit. Darauf hat die AfD vielleicht sogar Antworten.

Ich dachte eher an so Dinge wie:

Wie schaffen wir es den zu erwartenden Fortschritt zu nutzen um Hunger, Krankheiten, Energiebedarf und Krieg zu lösen?
Wie gehen wir mit künstlicher Intelligenz um, um sie zu nutzen ohne den Humanismus zu verlieren?
Wie organisieren wir eine Überflussgesellschaft?

Ob die Nationalisten der AfD und in diesem Fall Gauland speziell darauf Antworten haben :?:
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Olympus »

Europa2050 hat geschrieben:(10 Nov 2017, 19:43)

Eher weniger, das ist - unabhängig von ihrer Unmenschlichkeit - eine Fragestellung der Vergangenheit. Darauf hat die AfD vielleicht sogar Antworten.

Ich dachte eher an so Dinge wie:

Wie schaffen wir es den zu erwartenden Fortschritt zu nutzen um Hunger, Krankheiten, Energiebedarf und Krieg zu lösen?
Wie gehen wir mit künstlicher Intelligenz um, um sie zu nutzen ohne den Humanismus zu verlieren?
Wie organisieren wir eine Überflussgesellschaft?

Ob die Nationalisten der AfD und in diesem Fall Gauland speziell darauf Antworten haben :?:
Lass mich überlegen..Nö. Davon hat ein Gauland und Gefolge sicher nie etwas gehört.
Naja, das mit der Überflussgesellschaft bekommen die hin.

"Nimm es dem Volk und verteil es unter den eigenen Armen!"

Rest ist eigentlich klar.

Krieg = gut
Humanismus = nur gut für mich selbst
Hunger = haben nur andere
Krankheiten = selbst schuld wenn du dir keine Versicherung kaufst
Energie = ich Licht an, du aus. Perfekt
Menschlichkeit = ich bin das Volk

So könnten die Gedanken von 700 Abgeordneten der NSAfD aussehen.
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Europa2050
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Europa2050 »

Olympus hat geschrieben:(10 Nov 2017, 20:01)

Lass mich überlegen..Nö. Davon hat ein Gauland und Gefolge sicher nie etwas gehört.
Naja, das mit der Überflussgesellschaft bekommen die hin.

"Nimm es dem Volk und verteil es unter den eigenen Armen!"

Rest ist eigentlich klar.

Krieg = gut
Humanismus = nur gut für mich selbst
Hunger = haben nur andere
Krankheiten = selbst schuld wenn du dir keine Versicherung kaufst
Energie = ich Licht an, du aus. Perfekt
Menschlichkeit = ich bin das Volk

So könnten die Gedanken von 700 Abgeordneten der NSAfD aussehen.
Genau, und damit erleiden wir (oder spätestens unsere Kinder) das Schicksal schon so mancher historischer abgeschlossener Gesellschaften - wir gehen unter.

Deswegen sind Konservativismus, Nationalismus und Theokratismus für mich nicht zukunftsfähig.
Die einzigen -Ismen, denen ich vielleicht Antworten zutraue sind der Liberalismus und der Sozialismus, wobei mir die Liberalen Antworten mehr Zusagen würden ...
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imp
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von imp »

Man darf der AfD nicht die Ehre zuordnen, für Konservative zu sprechen. Ich fühle mich von diesem Verein jedenfalls nicht vertreten.
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Niklas
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Niklas »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(11 Nov 2017, 19:41)

Man darf der AfD nicht die Ehre zuordnen, für Konservative zu sprechen. Ich fühle mich von diesem Verein jedenfalls nicht vertreten.
Das politische Spektrum der BRD ist unvollständig. Ich fühle mich auch nicht repräsentiert.
"Selbst die Verlogenheit ist verkommen. Sie trat früher professioneller auf." -- Bruno Jonas, 2007
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Tinkerbell »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(11 Nov 2017, 19:41)

Man darf der AfD nicht die Ehre zuordnen, für Konservative zu sprechen. Ich fühle mich von diesem Verein jedenfalls nicht vertreten.
Na, das ist auch nicht so wichtig.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Tinkerbell »

Niklas hat geschrieben:(12 Nov 2017, 12:03)

Das politische Spektrum der BRD ist unvollständig. Ich fühle mich auch nicht repräsentiert.
Unerheblich, eh unwichtig.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Tinkerbell »

Die Krise des Konservatismus ( nicht die des konservativen,) ist eine Krise des politischen überhaupt. So ist immsinne einer dialektischen unabdingbarkeit im politischen, dass gegensätze in gut gegründeter form vorhanden sind. Ohne konservatismus würde auch das liberale an bedeutung verlieren.

Da gäb's noch vieles auszuführen zu ..........aber...
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Tinkerbell hat geschrieben:(12 Nov 2017, 14:08)

Die Krise des Konservatismus .....
...sind solche nichtssagenden Sätze:
So ist immsinne einer dialektischen unabdingbarkeit im politischen, dass gegensätze in gut gegründeter form vorhanden sind. Ohne konservatismus würde auch das liberale an bedeutung verlieren.
Die Krise des Konservativismus ist, dass links, liberal und konservativ ja eh alles das gleiche ist.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Tinkerbell »

Woppadaq hat geschrieben:(12 Nov 2017, 14:13)

...sind solche nichtssagenden Sätze:



Die Krise des Konservativismus ist, dass links, liberal und konservativ ja eh alles das gleiche ist.
:-) was kann der Sigismund dafür, dass du nur schön bist. Musst du ja nicht verstehen :-)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Tinkerbell hat geschrieben:(12 Nov 2017, 15:04)

:-) was kann der Sigismund dafür, dass du nur schön bist. Musst du ja nicht verstehen :-)
Eben. Das find ich das tolle hier: man kann sich absolut sicher sein, dass wirklich nicht diskutiert wird.
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Sextus Ironicus
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

frems hat geschrieben:(23 Oct 2014, 15:57)

http://www.sueddeutsche.de/politik/nied ... -1.2185303

Speziell an jene, die sich für konservativ halten bzw. einschätzen: Was macht der Begriff für Euch aus? Verbindet Ihr damit -- vergleichbar mit der Religionszugehörigkeit, die ja damit oft Hand in Hand geht -- eine reine Privatangelegenheit bzw. eine Orientierung an "alten" Werten für das eigene Leben? Oder resultiert daraus auch die Notwendigkeit ins Leben anderer (z.B. mittels Politik) einzugreifen und sie ggf. einzuschränken?

Oder steht es für etwas ganz anderes, z.B. daß städtische Strukturen und "Lebensstile" nicht weniger konservativ seien? Oder migrantische Milieus? Oder daß der Autor irrt und diese Krise bzw. zurückgehende Bedeutung so gar nicht vorhanden ist? Oder, oder, oder ...

Freu mich über Eure Definitionen bzw. Meinungen. (Gilt natürlich auch für jene, die mit dem Konservatismus persönlich wenig anfangen können.)
Ich habe mir diesen alten Strang jetzt nicht durchgelesen, will aber eine Bemerkung dazu machen. Ich trenne "Konservatismus" in zwei Bereiche: In den politischen, dessen zentraler Punkt etwa in der starken Staatsorientierung (also starker Staat) bestand und der heute weitgehend verschwunden ist, und einem Konservatismus, der jenseits des Politischen auf ein skeptisches Menschenbild (Kants "krummes Holz") rekurriert und politisch ganz unterschiedliche Heimaten finden kann. Falls man damit politisch aktiv wird, orientiert man sich an Aufklärung, Wissenschaft, Pragmatismus, gemäßigtem Liberalismus und grenzt sich ab von heilsgeschichtlichen und postmodernen und universalethischen Systemen.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Konservativismus lässt sich in Kurzform so beschreiben: reaktive, also abwartende Strategie. Damit war Angela Merkel die meiste Zeit ziemlich konservativ. Und ein Gauland behauptet zwar, konservativ zu sein, aber nur, weil er weiss, das er mit seinen Sichtweisen nicht weit kommt, wenn er sie offen so nennt, wie sie sind: reaktionär, also rückwärtsgewandt.
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Sextus Ironicus
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Woppadaq hat geschrieben:(10 Dec 2017, 18:00)

Konservativismus lässt sich in Kurzform so beschreiben: reaktive, also abwartende Strategie. Damit war Angela Merkel die meiste Zeit ziemlich konservativ. Und ein Gauland behauptet zwar, konservativ zu sein, aber nur, weil er weiss, das er mit seinen Sichtweisen nicht weit kommt, wenn er sie offen so nennt, wie sie sind: reaktionär, also rückwärtsgewandt.
Das mag man für politische Oberflächenbwarbeitung so sehen. Und der Reaktionär sollte schon überhaupt nicht mit dem Konservativen verwechselt werden (außerhalb des Politischen).

Und die Rückwärtsgewandtheit ist auch politisch inzwischen Unfug. Konservative sind oft viel fortschrittlicher gestimmt als grüne oder sozialdemokratische, lediglich in ein paar grundsätzlichen gesellschaftspolitischen Dingen gilt das nicht. Mit Odo Marquard würde ich sagen: Konservativ sein heißt einfach, eine Beweislastumkehr für die Einführung von Neuem einzuführen. Diejenigen, die etwas verändern wollen, sind begründungspflichtig. Das ist ein vernünftiges Konzept.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(10 Dec 2017, 18:39)
Und die Rückwärtsgewandtheit ist auch politisch inzwischen Unfug. Konservative sind oft viel fortschrittlicher gestimmt als grüne oder sozialdemokratische
Reaktive Strategie bedeutet aber nicht rückwärtsgewandt. Es bedeutet nur, dass sie nicht mit neuem agiert und sich damit in Gefahr begibt, komplett daneben zu liegen, sondern erst agiert, wenn es nötig oder angebracht ist. Konservative haben nicht per se was gegen Fortschritt generell, aber sie bestimmen ihn eben auch nicht.
Konservativ sein heißt einfach, eine Beweislastumkehr für die Einführung von Neuem einzuführen. Diejenigen, die etwas verändern wollen, sind begründungspflichtig. Das ist ein vernünftiges Konzept.
Das heisst aber eben auch, das gewisse Probleme erst dann gelöst werden, wenn man dazu gezwungen wird oder von anderen erfährt, dass es ohne Probleme gemacht werden kann. Im Grunde überlassen die Konservativen die Dreckarbeit den Aktiven, und das sind nun mal die Sozialdemokraten oder die Grünen.
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Sextus Ironicus
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Woppadaq hat geschrieben:(10 Dec 2017, 19:04)

Reaktive Strategie bedeutet aber nicht rückwärtsgewandt. Es bedeutet nur, dass sie nicht mit neuem agiert und sich damit in Gefahr begibt, komplett daneben zu liegen, sondern erst agiert, wenn es nötig oder angebracht ist. Konservative haben nicht per se was gegen Fortschritt generell, aber sie bestimmen ihn eben auch nicht.



Das heisst aber eben auch, das gewisse Probleme erst dann gelöst werden, wenn man dazu gezwungen wird oder von anderen erfährt, dass es ohne Probleme gemacht werden kann. Im Grunde überlassen die Konservativen die Dreckarbeit den Aktiven, und das sind nun mal die Sozialdemokraten oder die Grünen.
Sehe ich anders - denn es waren ja viel häufiger Grüne oder Sozialdemokraten, die sich dem "Fortschritt" bremsend in den Weg gestellt haben. Politisch gesehen würde ich einfach Konservatismus rein darauf beschränken, dass hier ein etwas autoritäreres Staatsverständnis als bei den anderen vorliegt, der Rest des traditionellen Konservatismus ist einfach aufgegangen im Sozialstaat moderner Prägung. Genauso wie es auch kein breites "Links" mehr gibt. Selbst in der Linkspartei sind manche Milieus alles außer links.

Sinnvoll ist für mich persönlich der Begriff nur dort, wo er ein persönliches Menschenbild betrifft, also übers Politische hinausgeht. Da würde ich noch zwei unterschiedliche Strömungen sehen: Eine eher an christlichem (und damit naturrechtlichem) Menschenbild geprägte Richtung, die sich in der Politik dann in Fragen wie Gender, PID, Abtreibung, Homoehe durch ganz bestimmte Moralansätze äußert, und eine zweite Richtung, die ich als anthropologischen Skeptizismus bezeichnen würde, die Probleme mit Geschichtsphilosophie und heilsgeschichtlichen Ansätzen hat und die man politisch wiederum bei Grünen, FDP, SPD und auch CDU genauso finden könnte wie bei völlig politikfreien Menschen.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(10 Dec 2017, 19:29)

Sehe ich anders - denn es waren ja viel häufiger Grüne oder Sozialdemokraten, die sich dem "Fortschritt" bremsend in den Weg gestellt haben.
Wann haben sie das denn getan? Beim Atomausstieg? Beim Fördern alternativer Energiearten? Bei den Busspuren, den Radwegen ?

Zudem scheinst du den Begriff "reaktive Strategie" immer noch nicht zu verstehen. Übersetzt heisst er soviel wie "keine Experimente" - und das war schon immer das konservative Credo. Das, was Konservative und Grünenhasser den aktiven Parteien oft vorwerfen, ist ja gerade das Risiko, dass sie mit ihrer aktiven Straegien oft eingehen.
Politisch gesehen würde ich einfach Konservatismus rein darauf beschränken, dass hier ein etwas autoritäreres Staatsverständnis als bei den anderen vorliegt
Mit "den anderen" kannst du nur die neoliberalen Parteien meinen. Denn die sind die einzigen, die aus der Art des staatlichen Agierens ein Politikum machen. Für die linken und konservativen Parteien ist die Frage nach staatlichen Eingriffen eine sekundäre, eher technische Frage. Nur für die "Liberalen" bricht eine Welt zusammen, wenn der Staat auch mal lenkend eingreift.
Sinnvoll ist für mich persönlich der Begriff nur dort, wo er ein persönliches Menschenbild betrifft, also übers Politische hinausgeht. Da würde ich noch zwei unterschiedliche Strömungen sehen: Eine eher an christlichem (und damit naturrechtlichem) Menschenbild geprägte Richtung, die sich in der Politik dann in Fragen wie Gender, PID, Abtreibung, Homoehe durch ganz bestimmte Moralansätze äußert, und eine zweite Richtung, die ich als anthropologischen Skeptizismus bezeichnen würde, die Probleme mit Geschichtsphilosophie und heilsgeschichtlichen Ansätzen hat und die man politisch wiederum bei Grünen, FDP, SPD und auch CDU genauso finden könnte wie bei völlig politikfreien Menschen.
Damit könnte sich jeder als Konservativer bezeichnen. Es stimmt zwar grundsätzlich, dass die Konservativen ihr Vorgehen mit christlichen Werten rechtfertigen, doch zu diesen bekennen sich sowohl reaktionäre als stellenweise auch sozialdemokratische Kräfte.
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Julian
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Julian »

Woppadaq hat geschrieben:(10 Dec 2017, 21:48)

Wann haben sie das denn getan? Beim Atomausstieg? Beim Fördern alternativer Energiearten? Bei den Busspuren, den Radwegen ?
Noch nie was von Gentechnik und Molekularbiologie gehört? Die Grünen blockierten in den Achtzigerjahren - nur so als Beispiel - über Jahre eine Anlage zur gentechnischen Produktion von Insulin, zum Schaden der Patienten und von Hoechst. Noch heute behindern sie aktiv die medizinische Forschung und sind auch noch stolz darauf.

Es gäbe noch viele andere Felder, von modernen Energietechniken wie der Kernspaltung und der Kernfusion bis hin zur modernen Informationstechnik, wo die Grünen an allervorderster Front zu den Verhinderern zählen.

Das du das nicht einmal eingestehst, ist seltsam - normalerweise sind Leute wie du ganz stolz darauf, was sie alles verhindert haben.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Julian hat geschrieben:(10 Dec 2017, 21:57)

Noch nie was von Gentechnik und Molekularbiologie gehört? Die Grünen blockierten in den Achtzigerjahren - nur so als Beispiel - über Jahre eine Anlage zur gentechnischen Produktion von Insulin, zum Schaden der Patienten und von Hoechst. Noch heute behindern sie aktiv die medizinische Forschung und sind auch noch stolz darauf.
Und die CDU hat die gentechnische Produktion begrüsst? Hurra, wir dürfen endlich Genfood essen, und eventuelle Nebenwirkungen nehmen wir eben in Kauf?
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Julian
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Julian »

Woppadaq hat geschrieben:(10 Dec 2017, 22:06)

Und die CDU hat die gentechnische Produktion begrüsst? Hurra, wir dürfen endlich Genfood essen, und eventuelle Nebenwirkungen nehmen wir eben in Kauf?
Nun, damals war in Hessen Rot-Grün an der Macht, und Fischer hat ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die gentechnische Forschung und Produktion aus Deutschland vertrieben wurde. Er hat damit dem Wirtschaftsstandort Deutschland und darüber hinaus Diabetespatienten weltweit massiv geschadet. Komisch, dass da kaum jemand nach seiner moralischen Verantwortung fragt.

Auf jeden Fall war 1980 Deutschland die Apotheke der Welt, heute läuft es unter ferner liefen.

Heute erleben wir Ähnliches mit der grünen Gentechnik; die Grünen haben da ja eine regelrechte Paranoia. In vielen anderen Zukunftsfragen sieht es ähnlich aus, von der Informationstechnik (Datenschutz!) über die Kerntechnik (gefährlich!) bis zur Nanotechnologie (unheimlich!).
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Julian hat geschrieben:(10 Dec 2017, 22:20)

Nun, damals war in Hessen Rot-Grün an der Macht, und Fischer hat ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die gentechnische Forschung und Produktion aus Deutschland vertrieben wurde. Er hat damit dem Wirtschaftsstandort Deutschland und darüber hinaus Diabetespatienten weltweit massiv geschadet. Komisch, dass da kaum jemand nach seiner moralischen Verantwortung fragt.
Und ich frag dich noch mal: was hat die CDU damals gemacht? Hat sie Hurra und Hosianna zur Gentechnik gesagt und damit die Bundestagswahl gewonnen?
Heute erleben wir Ähnliches mit der grünen Gentechnik; die Grünen haben da ja eine regelrechte Paranoia. In vielen anderen Zukunftsfragen sieht es ähnlich aus, von der Informationstechnik (Datenschutz!) über die Kerntechnik (gefährlich!) bis zur Nanotechnologie (unheimlich!).
Besser wärs natürlich zu sagen: ach, das kommt aus Amerika, das wird schon gut sein, sonst wärn die ja nicht so erfolgreich. Wenn dann doch etwas passiert, ist es halt Fortschrittsrisiko.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Laertes »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(10 Dec 2017, 19:29)
Sinnvoll ist für mich persönlich der Begriff nur dort, wo er ein persönliches Menschenbild betrifft, also übers Politische hinausgeht.
Der Begriff konservativ wird sinnlos, wenn er auf das Etikett an der Schublade für politische Gegner reduziert wird. Damit wird nichts als ein Feindbild-Popanz aufgebaut, auf den sich ohne eigene geistige Anstrengung bequem draufschlagen lässt, indem man pauschal irgendwelche Meinungen oder Standpunkte unterstellt (gilt umgekehrt für die Etikettierung links, rechts (neo)liberal genauso).

Sinnvoll ist der Begriff, weil Menschen, die sich selbst als konservativ bezeichnen, in vielen politischen Fragestellungen übereinstimmende oder ähnliche Standpunkte vertreten (im Vergleich zu Standpunkten von Menschen, die sich selber in anderen politischen Lagern verorten).

Anstatt die Sache vom Begriff her aufzuzäumen (konservativ, was ist das?) sollte man die Sache von den Fragestellungen her angehen (wie beim Wahl-O-mat). Allerdings nicht tagespolitisch, sondern grundsätzlich. Wer bei 100 grundsätzlichen Fragestellungen (Keimzelle der Gesellschaft? Die traditionelle Familie. Nicht das Individuum, das Patchwork-Kollektiv oder die soziale Herkunft/Schicht/Klasse) überwiegend der sogenannten konservativen Option zuneigt, ist demnach konservativ.
"Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."
(Ernst-Wolfgang Böckenförde)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Laertes »

doppelt, sorry
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von BlueMonday »

"Konservatismus ist nicht ein Hängen an dem, was gestern war, sondern ein Leben aus dem, was immer gilt."

Die allgemeinsten Konstanten können nicht in der Krise sein, nur die Variablen, die sich nicht wie gedacht entwickeln.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Laertes hat geschrieben:(10 Dec 2017, 22:42)

Der Begriff konservativ wird sinnlos, wenn er auf das Etikett an der Schublade für politische Gegner reduziert wird. Damit wird nichts als ein Feindbild-Popanz aufgebaut, auf den sich ohne eigene geistige Anstrengung bequem draufschlagen lässt, indem man pauschal irgendwelche Meinungen oder Standpunkte unterstellt (gilt umgekehrt für die Etikettierung links, rechts (neo)liberal genauso).

Sinnvoll ist der Begriff, weil Menschen, die sich selbst als konservativ bezeichnen, in vielen politischen Fragestellungen übereinstimmende oder ähnliche Standpunkte vertreten (im Vergleich zu Standpunkten von Menschen, die sich selber in anderen politischen Lagern verorten).

Anstatt die Sache vom Begriff her aufzuzäumen (konservativ, was ist das?) sollte man die Sache von den Fragestellungen her angehen (wie beim Wahl-O-mat). Allerdings nicht tagespolitisch, sondern grundsätzlich. Wer bei 100 grundsätzlichen Fragestellungen (Keimzelle der Gesellschaft? Die traditionelle Familie. Nicht das Individuum, das Patchwork-Kollektiv oder die soziale Herkunft/Schicht/Klasse) überwiegend der sogenannten konservativen Option zuneigt, ist demnach konservativ.
Ja, gefällt mir gut, dieser Vorschlag.

(Das beste Werk eines Konservativen, das ich kenne, ist übrigens Kenneth Minogues "The Servile Mind". An ihm könnte man auch den Unterschied zwischen dem politischen Begriff und dem weit darüber hinausgehenden Begriff "Konservatismus" gut aufzeigen)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von BlueMonday »

Da kann ich noch Hoppes "Democracy, the God that failed" empfehlen, das vermutlich noch radikaler ausfällt, aber damit wohl auch näher an jenem Konservatismus ist, der um "was immer gilt" zentrifugiert.
Im Grunde ist dieser Konservatismus eine innerliche Gegenbewegung zu allem politischen Wirken mit all seinen Machbarkeitsvorstellungen und seiner Staatsgläubigkeit - die Atempause, das Zurücktreten vom politischen Mittel(Oppenheimer), das sich ja fast permanent im alarmistischen Krisenmodus befindet und fast immer mit den Problemen befasst ist, die es zuvor selbst geschaffen hat.

Der Konservative als jemand, "der vor der freien Gesellschaft, vor dem Großen und Ganzen, Scheu empfindet, nicht weil er sie heimlich verabscheute, sondern im Gegenteil, weil er eine zu große Bewunderung für die ungeheuer komplizierten Abläufe und Passungen, für den grandiosen und empfindlichen Organismus des Miteinander hegt, den nicht der universellste Künstler, nicht der begnadetste Herrscher annähernd erfinden oder dirigieren könnte. Jemand, der beinahe fassungslos vor Respekt mitansieht, wie die Menschen bei all ihrer Schlechtigkeit au fond so schwerelos aneinander vorbeikommen, und das ist so gut wie: miteinander umgehen können. Der in ihren Geschäften und Bewegungen überall die Balance, die Tanzbereitschaft, das Spiel, die listige Verstellung, die artistische Manier bemerkt - ja, dies Miteinander muß jedem Außenstehenden, wenn er nicht von einer politischen Krankheit befallen ist, weit eher als ein unfaßliches Kunststück erscheinen denn als ein Brodelkessel, als eine "Hölle der anderen" . . (Botho Strauß' berühmter anschwellender Bocksgesang)

Ein Menschenfreund letztlich, wenn auch kein blauäuiger Naivling, der einzig dem unverbesserlichen Weltverbesserer kritisch gegenübersteht, dem vermeintlich progressiven Führertum, dem großen gesellschaftlichen Plan. Und es wirkt schon fast albern, darüber noch nachzudenken, ob eine Partei wie die CDU überhaupt in Ansätzen einen konservativen Kern hat. Also etwas Bleibendes, Allgemeines, das völlig reichen würde, um Vertrauen in alles Gesellschaftliche zu entwickeln. Als ein politisches Konstrukt steht man freilich immer kurz vor der Krise, vor dem spaltenen Konflikt, wenn man nicht schon mittendrin steckt, wie jede andere Partei auch.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Uffzach »

Der Staat als Ordnungsmacht wankt. Das mag man als Symptom der Krise des Konvervatismus in Deutschland verstehen.
Ist man wertkonservativ, wenn einem Ordnung der oberste aller Werte ist, weil ohne Ordnung nur Chaos und Willkür herrschen? Kaum, denn die Frage ist doch, welches die der Ordnung untergeordneten Werte sind. Diese können durchaus unkonventionell bzw revolutionär sein.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Dampflok94 »

Uffzach hat geschrieben:(11 Dec 2017, 17:47)

Der Staat als Ordnungsmacht wankt. ...
Woran machst du das fest?
Leute kauft mehr Dampflokomotiven!!!
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Polibu »

Würde man die Progressiven hemmungslos gewähren lassen, dann wäre die Welt schon längst am Abgrund. Dabei ist längst nicht alles falsch was sie vertreten. Sie wollen es nur zu schnell. Und deshalb ist Konservatismus notwendig. Wird der Konservatismus abgeschafft, dann wird auch eine stabile Gesellschaft abgeschafft. Konservatismus bedeutet solange an Altem festzuhalten bis etwas Besseres gefunden wurde. Die sogenannten Progressiven dagegen wollen Veränderung oft ohne Sinn und Verstand und um jeden Preis.
Uffzach
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Uffzach »

Dampflok94 hat geschrieben:(11 Dec 2017, 18:15)

Woran machst du das fest?
Kein Lust auf ne off topic Unterhaltung.
rain353
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von rain353 »

Die CDU war noch nie eine richtige konservative Partei.... In der Relativität zu heute war die CDU sehr konservativ... Das stimmt...

Aber das fing schon nach dem 2 Weltkrieg an, da strebte die CDU den christlichen Sozialismus an..... Bis zum Glück, anscheinend noch der einzigste, der an die Marktwirtschaft glaubte(Ludwig Erhard),
die Vorstellung das Sozialismus alle Probleme löst innerhalb der CDU und sogar in den 60ern innerhalb der SPD(schön abgeschrieben) beseitigt hatte...

Erhard war gegen das betrügerische Rentensystem(Schneeballsystem); er wollte den Bürgern mehr Freiheiten und auch die Freiheit lassen, ihr Geld selber zu sparen...
Aber natürlich setzte sich Adenauer durch......

Dann wollte die CDU immer bei dieser Mitte bleiben, aber eine richtige konservative Partei, wie z.B. die Tories, war sie nie (nicht mal in der Weimarer Republik und im Kaiserreich ) -> Zentrum
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von think twice »

Polibu hat geschrieben:(11 Dec 2017, 19:11)

Würde man die Progressiven hemmungslos gewähren lassen, dann wäre die Welt schon längst am Abgrund. Dabei ist längst nicht alles falsch was sie vertreten. Sie wollen es nur zu schnell. Und deshalb ist Konservatismus notwendig. Wird der Konservatismus abgeschafft, dann wird auch eine stabile Gesellschaft abgeschafft. Konservatismus bedeutet solange an Altem festzuhalten bis etwas Besseres gefunden wurde. Die sogenannten Progressiven dagegen wollen Veränderung oft ohne Sinn und Verstand und um jeden Preis.
Wenn man die Konservativen hemmungslos gewähren lassen würde, müssten wir auch heute noch jeden Sonntag brav in die Kirche traben, dürften auch heute noch Ehemänner ihre Frauen vergewaltigen, dürften auch heute noch Eltern ihre Kinder prügeln, müssten auch heute noch Mütter ihr Dasein am Herd fristen, wäre Homosexualität auch heute noch ein Straftatbestand, gäbe es auch heute noch Bürgertum und Prekariat ohne ohne gesellschaftliche Gleichberechtigung, gäbe es auch heute keinen technischen Fortschritt und Umweltschutz, würde auch heute noch an jeder Schule morgens die Deutschlandfahne gehisst und die Hymne gesungen, wären auch heute noch Ausländer Menschen zweiter Klasse.
Die Konservativen sind in einem modernen und weltoffenen Rechtsstaat so überflüssig wie ein Kropf.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
(Mahatma Gandhi)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Kritikaster »

think twice hat geschrieben:(15 Dec 2017, 07:04)

Die Konservativen sind in einem modernen und weltoffenen Rechtsstaat so überflüssig wie ein Kropf.
Weder die Einen noch die Anderen sind überflüssig, sondern beide Seiten sind als gegenseitiges Regulativ eine geradezu notwendige Voraussetzung für unsere Gesellschaft.
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von think twice »

Kritikaster hat geschrieben:(15 Dec 2017, 07:39)

Weder die Einen noch die Anderen sind überflüssig, sondern beide Seiten sind als gegenseitiges Regulativ eine geradezu notwendige Voraussetzung für unsere Gesellschaft.
Ich habe ja an meinen Beispielen aufgeführt, WAS die Konservativen geregelt bzw. reguliert hätten.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Kritikaster »

think twice hat geschrieben:(15 Dec 2017, 07:42)

Ich habe ja an meinen Beispielen aufgeführt, WAS die Konservativen geregelt bzw. reguliert hätten.
Und der Beitrag, auf den Du damit geantwortet hast, hatte ebenso recht wie Du. ;)
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Polibu »

think twice hat geschrieben:(15 Dec 2017, 07:42)

Ich habe ja an meinen Beispielen aufgeführt, WAS die Konservativen geregelt bzw. reguliert hätten.
Du hast gesagt, dass die Konservativen überflüssig sind. Und das ist völliger Unsinn. Ich jedenfalls behaupte nicht, dass die Progressiven überflüssig sind. Auch das wäre völliger Quatsch.
Zuletzt geändert von Polibu am Fr 15. Dez 2017, 20:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Helmuth_123 »

Vielleicht passt ja hier hinein folgender Literaturhinweis (habe ich kürzlich gelesen): Sven-Uwe Schmitz, „Konservativismus“ (ja Konservativismus ist die korrekte deutsche Substantivierung des Adjektiv konservativ, Konservatismus ist ein Anglizismus), aus der Reihe „Elemente der Politik“, Springer, 2009
http://www.springer.com/de/book/9783531153032
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

rain353 hat geschrieben:(15 Dec 2017, 03:51)

Dann wollte die CDU immer bei dieser Mitte bleiben, aber eine richtige konservative Partei, wie z.B. die Tories, war sie nie (nicht mal in der Weimarer Republik und im Kaiserreich ) -> Zentrum
Ich bin schwer beeindruckt, was die richtigen, also echten wirklichen reinen unverfäschten konservativen Tories in Grossbritannien geschafft haben, im Vergleich zu unserer nie-wirklich-nicht-mal-irgendwann konservativen CDU. Tja, wir Deutschen haben es einfach nicht drauf.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Woppadaq hat geschrieben:(17 Dec 2017, 13:58)

Ich bin schwer beeindruckt, was die richtigen, also echten wirklichen reinen unverfäschten konservativen Tories in Grossbritannien geschafft haben, im Vergleich zu unserer nie-wirklich-nicht-mal-irgendwann konservativen CDU. Tja, wir Deutschen haben es einfach nicht drauf.
Man sollte aber auch bedenken, dass die Tories weitaus weniger Milieus abzudecken hat. GB hat erstens in quantitativer Hinsicht keine nennenswerten ländlichen Räume, zweitens sind sie auf bestimmte, hauptsächlich südenglische Regionen begrenzt, was Politik für die eigene Klientel auch immer etwas einfacher macht. Die CDU dagegen muss einen viel größeren Spagat machen - entsprechend schwammig wird das eben.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Dampflok94 »

Woppadaq hat geschrieben:(17 Dec 2017, 13:58)

Ich bin schwer beeindruckt, was die richtigen, also echten wirklichen reinen unverfäschten konservativen Tories in Grossbritannien geschafft haben,...
Und was haben die so alles geschafft? :?:
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Excellero »

Ich halt mich eigentlich nicht für "Konservativ" ... das Hauptproblem der Kons sehe ich darin, daß die Mehrheit der Leute Konservativ mit altbacken und langweilig gleich setzt. Was ja auch logisch ist wenn 70% aller Journalisten Linksbirnen sind. :D
Um fremden Wert willig und frei anzuerkennen, muß man eigenen haben.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Chronus1 »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 10:44)

Im Ernst, eine Politik braucht fortschrittliche und traditionelle Positionen, wenn sie Wert darauf legt eine Kultur weiter zu führen. Die Begriffe Rechts und Links eignen sich aber nur sehr schlecht, um dass abzubilden. Aber man braucht diese beiden Pole. Man kann in diesem Sinne auch Links-Konservativ sein.

Ich halt mich eigentlich nicht für "Konservativ" ... das Hauptproblem der Kons sehe ich darin, daß die Mehrheit der Leute Konservativ mit altbacken und langweilig gleich setzt. Was ja auch logisch ist wenn 70% aller Journalisten Linksbirnen sind. :D
Kleine Spitze: Ihnen ist bewußt, dass sie diese beleidigende Verallgemeinerung jetzt umgedreht machen? Es ist nur ein Scherz? Ich hab's ja gerallt, wie man bei uns in Nordhessen sagt. Aber würde das ihr politischer Gegner nicht als Bestätigung seiner Weltsicht lesen?

Im Ernst, eine Politik braucht fortschrittliche und traditionelle Positionen, wenn sie Wert darauf legt eine Kultur weiter zu führen. Die Begriffe Rechts und Links eignen sich aber nur sehr schlecht, um dass abzubilden. Aber man braucht diese beiden Pole. Man kann in diesem Sinne auch Links-Konservativ sein. Übrigens würde ich mich selbst als Links-Liberal einstufen. Und isogar als relativ Konservativ, da ich Fortschritt nicht um des Frotschritts willens allein gut heiße.

Was ist Konservativ im Wortsinn? [1] allgemein: althergebracht, herkömmlich, wie bisher üblich, auf alte Werte besinnend [2] Einstellung, Haltung: von etwas Bestehendem ausgehend, etwas Bestehendes bejahend, etwas bewahrend, an dem Hergebrachten festhaltend, an dem Althergebrachten festhaltend, zum Konservatismus neigend (Quelle: https://de.wiktionary.org/wiki/konservativ)

Aber heute benutzt man die Worte Links und Rechts öfter als Synonym für gut und schlecht - je nachdem was man selbst ist. Was meinen Sie dazu?
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Chronus1 hat geschrieben:(18 Dec 2017, 11:27)


Aber heute benutzt man die Worte Links und Rechts öfter als Synonym für gut und schlecht - je nachdem was man selbst ist.
Ja, alles andere ist politisch auch sinnlos. Wenn Herr Gröhe und Frau Göring-Eckardt gegen Sterbehilfe stimmen, aber der eine für Vorratsspeicherung, die andere dagegen, der eine für weniger Martkregulierung, die andere für mehr, wo wäre dann konservativ, links, rechts, liberal anzusetzen? Und schaut man sich linke und rechte Kapitalismuskritik an, fallen einem erstaunliche Übereinstimmungen auf. Insofern geben links und rechts nicht mehr viel her, der einzige wirkliche Punkt, in dem eine Trennung vollzogen werden kann ist die Frage Pro und Contra ethischer Universalismus. Da kann man noch trennen, wobei auch ein paar Konservative vielleicht ins universalistische Lager trotten. Es haut nicht mehr wirklich hin. Nicht einmal mehr Pro und Contra Nationalstaat ist ein verlässlicher Gradmesser, siehe Linke wie Wolfgang Streeck.

Ergo: Eigentlich sind das nur Selbstbezeichnungen für ein paar Leute, ein Kampfbegriff zur gegenseitigen Diffamierung, aber sonst weiß keiner mehr (außer mir :D ) was hinter den Begriffen wirklich steckt. Denn ginge es nach Fortschritt, müsste die FDP ja zu den Linkaußen zählen. :p
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Excellero »

Chronus1 hat geschrieben:(18 Dec 2017, 11:27)

Kleine Spitze: Ihnen ist bewußt, dass sie diese beleidigende Verallgemeinerung jetzt umgedreht machen? Es ist nur ein Scherz? Ich hab's ja gerallt, wie man bei uns in Nordhessen sagt. Aber würde das ihr politischer Gegner nicht als Bestätigung seiner Weltsicht lesen?

Im Ernst, eine Politik braucht fortschrittliche und traditionelle Positionen, wenn sie Wert darauf legt eine Kultur weiter zu führen. Die Begriffe Rechts und Links eignen sich aber nur sehr schlecht, um dass abzubilden. Aber man braucht diese beiden Pole. Man kann in diesem Sinne auch Links-Konservativ sein. Übrigens würde ich mich selbst als Links-Liberal einstufen. Und isogar als relativ Konservativ, da ich Fortschritt nicht um des Frotschritts willens allein gut heiße.

Was ist Konservativ im Wortsinn? [1] allgemein: althergebracht, herkömmlich, wie bisher üblich, auf alte Werte besinnend [2] Einstellung, Haltung: von etwas Bestehendem ausgehend, etwas Bestehendes bejahend, etwas bewahrend, an dem Hergebrachten festhaltend, an dem Althergebrachten festhaltend, zum Konservatismus neigend (Quelle: https://de.wiktionary.org/wiki/konservativ)

Aber heute benutzt man die Worte Links und Rechts öfter als Synonym für gut und schlecht - je nachdem was man selbst ist. Was meinen Sie dazu?
Es war keinesfalls ein Scherz. Es ist traurige Tatsache daß der größte Teil jeglicher Journallie im linken Spektrum liegt. Spontan fallen mir lediglich 3 Beispiele ein für ein eher konservatives Blatt: Focus Cicero und teils Welt. Und was "mein politischer Gegner" denkt oder meint ist mir langsam ziemlich Schnuppe. Ich habe in den letzten 3 - 4 Jahren festgestellt, es völlig egal ist ob ich nun agrumentativ schreibe, oder mich kurz fasse. Das Ergebniss ist immer das gleiche. Aber das ist zu einem gewissen Grad auch verständlich, da es schlicht keine Argumente gibt die diesen Wahnsinn der hierzulande getrieben wird rechtfertigen würden. Also bleibt dem Gegenüber nur Zustimmung oder das retten in Hetze Propaganda und Diskreditierung.

Konservativ ist für mich die Erhaltung des bisherigen. Deswegen will und kann ich mich auch nicht konservativ schimpfen. Da ich zwar in einigen Bereichen vorhandenes erhalten will, jedoch bin ich im überwiegenden Teil eher an alternation interessiert.

Mit dem letzten Satz hast du natürlich Recht. Das liegt allerdings auch wiederum an dem völligen desinteresse an Debatte. Und natürlich an der immer weiter fortschreitenden vermischung sämtlicher Positionen zu ein und dem selben Brei. Ohne jegliche Opposition.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von pikant »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:44)

Es war keinesfalls ein Scherz. Es ist traurige Tatsache daß der größte Teil jeglicher Journallie im linken Spektrum liegt. Spontan fallen mir lediglich 3 Beispiele ein für ein eher konservatives Blatt: Focus Cicero und teils Welt. Und was "mein politischer Gegner" denkt oder meint ist mir langsam ziemlich Schnuppe. Ich habe in den letzten 3 - 4 Jahren festgestellt, es völlig egal ist ob ich nun agrumentativ schreibe, oder mich kurz fasse. Das Ergebniss ist immer das gleiche. Aber das ist zu einem gewissen Grad auch verständlich, da es schlicht keine Argumente gibt die diesen Wahnsinn der hierzulande getrieben wird rechtfertigen würden. Also bleibt dem Gegenüber nur Zustimmung oder das retten in Hetze Propaganda und Diskreditierung.
BILD ist konservativ und das ist die groesste Tageszeitung in Deutschland!
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Excellero »

pikant hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:47)

BILD ist konservativ und das ist die groesste Tageszeitung in Deutschland!
Ist das Satire?
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von pikant »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:50)

Ist das Satire?
natuerlich nicht, denn BILD ist Srpinger wie Welt!
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