Die Krise der Konservativen in Deutschland

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Woppadaq
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

rain353 hat geschrieben:(15 Dec 2017, 03:51)

Dann wollte die CDU immer bei dieser Mitte bleiben, aber eine richtige konservative Partei, wie z.B. die Tories, war sie nie (nicht mal in der Weimarer Republik und im Kaiserreich ) -> Zentrum
Ich bin schwer beeindruckt, was die richtigen, also echten wirklichen reinen unverfäschten konservativen Tories in Grossbritannien geschafft haben, im Vergleich zu unserer nie-wirklich-nicht-mal-irgendwann konservativen CDU. Tja, wir Deutschen haben es einfach nicht drauf.
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Sextus Ironicus
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Woppadaq hat geschrieben:(17 Dec 2017, 13:58)

Ich bin schwer beeindruckt, was die richtigen, also echten wirklichen reinen unverfäschten konservativen Tories in Grossbritannien geschafft haben, im Vergleich zu unserer nie-wirklich-nicht-mal-irgendwann konservativen CDU. Tja, wir Deutschen haben es einfach nicht drauf.
Man sollte aber auch bedenken, dass die Tories weitaus weniger Milieus abzudecken hat. GB hat erstens in quantitativer Hinsicht keine nennenswerten ländlichen Räume, zweitens sind sie auf bestimmte, hauptsächlich südenglische Regionen begrenzt, was Politik für die eigene Klientel auch immer etwas einfacher macht. Die CDU dagegen muss einen viel größeren Spagat machen - entsprechend schwammig wird das eben.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Dampflok94
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Dampflok94 »

Woppadaq hat geschrieben:(17 Dec 2017, 13:58)

Ich bin schwer beeindruckt, was die richtigen, also echten wirklichen reinen unverfäschten konservativen Tories in Grossbritannien geschafft haben,...
Und was haben die so alles geschafft? :?:
Leute kauft mehr Dampflokomotiven!!!
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Excellero
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Excellero »

Ich halt mich eigentlich nicht für "Konservativ" ... das Hauptproblem der Kons sehe ich darin, daß die Mehrheit der Leute Konservativ mit altbacken und langweilig gleich setzt. Was ja auch logisch ist wenn 70% aller Journalisten Linksbirnen sind. :D
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Chronus1
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Chronus1 »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 10:44)

Im Ernst, eine Politik braucht fortschrittliche und traditionelle Positionen, wenn sie Wert darauf legt eine Kultur weiter zu führen. Die Begriffe Rechts und Links eignen sich aber nur sehr schlecht, um dass abzubilden. Aber man braucht diese beiden Pole. Man kann in diesem Sinne auch Links-Konservativ sein.

Ich halt mich eigentlich nicht für "Konservativ" ... das Hauptproblem der Kons sehe ich darin, daß die Mehrheit der Leute Konservativ mit altbacken und langweilig gleich setzt. Was ja auch logisch ist wenn 70% aller Journalisten Linksbirnen sind. :D
Kleine Spitze: Ihnen ist bewußt, dass sie diese beleidigende Verallgemeinerung jetzt umgedreht machen? Es ist nur ein Scherz? Ich hab's ja gerallt, wie man bei uns in Nordhessen sagt. Aber würde das ihr politischer Gegner nicht als Bestätigung seiner Weltsicht lesen?

Im Ernst, eine Politik braucht fortschrittliche und traditionelle Positionen, wenn sie Wert darauf legt eine Kultur weiter zu führen. Die Begriffe Rechts und Links eignen sich aber nur sehr schlecht, um dass abzubilden. Aber man braucht diese beiden Pole. Man kann in diesem Sinne auch Links-Konservativ sein. Übrigens würde ich mich selbst als Links-Liberal einstufen. Und isogar als relativ Konservativ, da ich Fortschritt nicht um des Frotschritts willens allein gut heiße.

Was ist Konservativ im Wortsinn? [1] allgemein: althergebracht, herkömmlich, wie bisher üblich, auf alte Werte besinnend [2] Einstellung, Haltung: von etwas Bestehendem ausgehend, etwas Bestehendes bejahend, etwas bewahrend, an dem Hergebrachten festhaltend, an dem Althergebrachten festhaltend, zum Konservatismus neigend (Quelle: https://de.wiktionary.org/wiki/konservativ)

Aber heute benutzt man die Worte Links und Rechts öfter als Synonym für gut und schlecht - je nachdem was man selbst ist. Was meinen Sie dazu?
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Sextus Ironicus
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Chronus1 hat geschrieben:(18 Dec 2017, 11:27)


Aber heute benutzt man die Worte Links und Rechts öfter als Synonym für gut und schlecht - je nachdem was man selbst ist.
Ja, alles andere ist politisch auch sinnlos. Wenn Herr Gröhe und Frau Göring-Eckardt gegen Sterbehilfe stimmen, aber der eine für Vorratsspeicherung, die andere dagegen, der eine für weniger Martkregulierung, die andere für mehr, wo wäre dann konservativ, links, rechts, liberal anzusetzen? Und schaut man sich linke und rechte Kapitalismuskritik an, fallen einem erstaunliche Übereinstimmungen auf. Insofern geben links und rechts nicht mehr viel her, der einzige wirkliche Punkt, in dem eine Trennung vollzogen werden kann ist die Frage Pro und Contra ethischer Universalismus. Da kann man noch trennen, wobei auch ein paar Konservative vielleicht ins universalistische Lager trotten. Es haut nicht mehr wirklich hin. Nicht einmal mehr Pro und Contra Nationalstaat ist ein verlässlicher Gradmesser, siehe Linke wie Wolfgang Streeck.

Ergo: Eigentlich sind das nur Selbstbezeichnungen für ein paar Leute, ein Kampfbegriff zur gegenseitigen Diffamierung, aber sonst weiß keiner mehr (außer mir :D ) was hinter den Begriffen wirklich steckt. Denn ginge es nach Fortschritt, müsste die FDP ja zu den Linkaußen zählen. :p
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Excellero »

Chronus1 hat geschrieben:(18 Dec 2017, 11:27)

Kleine Spitze: Ihnen ist bewußt, dass sie diese beleidigende Verallgemeinerung jetzt umgedreht machen? Es ist nur ein Scherz? Ich hab's ja gerallt, wie man bei uns in Nordhessen sagt. Aber würde das ihr politischer Gegner nicht als Bestätigung seiner Weltsicht lesen?

Im Ernst, eine Politik braucht fortschrittliche und traditionelle Positionen, wenn sie Wert darauf legt eine Kultur weiter zu führen. Die Begriffe Rechts und Links eignen sich aber nur sehr schlecht, um dass abzubilden. Aber man braucht diese beiden Pole. Man kann in diesem Sinne auch Links-Konservativ sein. Übrigens würde ich mich selbst als Links-Liberal einstufen. Und isogar als relativ Konservativ, da ich Fortschritt nicht um des Frotschritts willens allein gut heiße.

Was ist Konservativ im Wortsinn? [1] allgemein: althergebracht, herkömmlich, wie bisher üblich, auf alte Werte besinnend [2] Einstellung, Haltung: von etwas Bestehendem ausgehend, etwas Bestehendes bejahend, etwas bewahrend, an dem Hergebrachten festhaltend, an dem Althergebrachten festhaltend, zum Konservatismus neigend (Quelle: https://de.wiktionary.org/wiki/konservativ)

Aber heute benutzt man die Worte Links und Rechts öfter als Synonym für gut und schlecht - je nachdem was man selbst ist. Was meinen Sie dazu?
Es war keinesfalls ein Scherz. Es ist traurige Tatsache daß der größte Teil jeglicher Journallie im linken Spektrum liegt. Spontan fallen mir lediglich 3 Beispiele ein für ein eher konservatives Blatt: Focus Cicero und teils Welt. Und was "mein politischer Gegner" denkt oder meint ist mir langsam ziemlich Schnuppe. Ich habe in den letzten 3 - 4 Jahren festgestellt, es völlig egal ist ob ich nun agrumentativ schreibe, oder mich kurz fasse. Das Ergebniss ist immer das gleiche. Aber das ist zu einem gewissen Grad auch verständlich, da es schlicht keine Argumente gibt die diesen Wahnsinn der hierzulande getrieben wird rechtfertigen würden. Also bleibt dem Gegenüber nur Zustimmung oder das retten in Hetze Propaganda und Diskreditierung.

Konservativ ist für mich die Erhaltung des bisherigen. Deswegen will und kann ich mich auch nicht konservativ schimpfen. Da ich zwar in einigen Bereichen vorhandenes erhalten will, jedoch bin ich im überwiegenden Teil eher an alternation interessiert.

Mit dem letzten Satz hast du natürlich Recht. Das liegt allerdings auch wiederum an dem völligen desinteresse an Debatte. Und natürlich an der immer weiter fortschreitenden vermischung sämtlicher Positionen zu ein und dem selben Brei. Ohne jegliche Opposition.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von pikant »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:44)

Es war keinesfalls ein Scherz. Es ist traurige Tatsache daß der größte Teil jeglicher Journallie im linken Spektrum liegt. Spontan fallen mir lediglich 3 Beispiele ein für ein eher konservatives Blatt: Focus Cicero und teils Welt. Und was "mein politischer Gegner" denkt oder meint ist mir langsam ziemlich Schnuppe. Ich habe in den letzten 3 - 4 Jahren festgestellt, es völlig egal ist ob ich nun agrumentativ schreibe, oder mich kurz fasse. Das Ergebniss ist immer das gleiche. Aber das ist zu einem gewissen Grad auch verständlich, da es schlicht keine Argumente gibt die diesen Wahnsinn der hierzulande getrieben wird rechtfertigen würden. Also bleibt dem Gegenüber nur Zustimmung oder das retten in Hetze Propaganda und Diskreditierung.
BILD ist konservativ und das ist die groesste Tageszeitung in Deutschland!
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Excellero »

pikant hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:47)

BILD ist konservativ und das ist die groesste Tageszeitung in Deutschland!
Ist das Satire?
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von pikant »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:50)

Ist das Satire?
natuerlich nicht, denn BILD ist Srpinger wie Welt!
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Excellero »

pikant hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:54)

natuerlich nicht, denn BILD ist Srpinger wie Welt!
Springer ist nicht konservativ sondern Merkelistisch. Also ist Bild nur konservativ wenn muddi mal was konservatives sagt. Allerdings ist das in den letzten Jahren selten geworden... :thumbup:
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:44)

Konservativ ist für mich die Erhaltung des bisherigen. Deswegen will und kann ich mich auch nicht konservativ schimpfen. Da ich zwar in einigen Bereichen vorhandenes erhalten will, jedoch bin ich im überwiegenden Teil eher an alternation interessiert.
Doch, kann man trotzdem. Ich schrieb es schon einmal: Odo Marquard forderte in stürmischen Zeiten der linken "Bewegungen" immer eine Beweislastumkehr. Wer Bestehendes abschaffen möchte, steht in der Begründungspflicht. Das Argument "Dinge ändern sich" ist zu wenig. Und wenn man dazu noch etwas anthropologische Skepsis mitbringt, sich also von völlig aus der Luft gegriffenen Annahmen über Verhaltensmuster von Menschen nicht einfangen lässt, nicht glaubt, dass irgendeine universalistische Ehtik den Menschen notwendig bessern würde und wer schließlich an keinen in der Geschichte verankerten Heilsplan glaubt, wäre wohl ein eher konservativer Mensch (unabhängig, wie sich das politisch in einer Wahl ausdrückt - wer klug ist, lässt es ohnehin sein ;) ).
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von pikant »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:58)

Springer ist nicht konservativ sondern Merkelistisch. Also ist Bild nur konservativ wenn muddi mal was konservatives sagt. Allerdings ist das in den letzten Jahren selten geworden... :thumbup:
dann kauf Dir die FAZ, denn da ist Konservativ auf hohem journalistischen Niveau anzutreffen.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von BlueMonday »

Auch eine konservative Sicht: Das "Rechte" oder Konservative als "… eine Ideologie der Personbejahung und der Liebe, die sich den Ideologien der Gruppenhysterie, der Rassen- und Klassenfeindschaft und des organisierten Hasses entgegenstellen könnte."
Erik von Kuehnelt-Leddihn

Das Rechte als Weltsicht der Vielfalt, des Unterschieds, des Persönlich-Individuellen, der Freiheit als Möglichkeit der Loslösung von der Gruppe, ... das ist es letztlich, was der originäre Konservative erhalten will, möglichst viele parallele Entwicklungsstränge, die sich nicht physisch, hasserfüllt bekämpfen und auslöschen oder assimilieren wollen, sondern allenfalls mit ihrer eigenen Attraktivtät in den sportlichen Wettbewerb treten. Der Wettbewerber nicht als zu vernichtender Feind, sondern als notwendiger und zu achtender, ja zu erhaltender Maßstab.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

BlueMonday hat geschrieben:(18 Dec 2017, 14:11)

Auch eine konservative Sicht: Das "Rechte" oder Konservative als "… eine Ideologie der Personbejahung und der Liebe, die sich den Ideologien der Gruppenhysterie, der Rassen- und Klassenfeindschaft und des organisierten Hasses entgegenstellen könnte."
Erik von Kuehnelt-Leddihn

Das Rechte als Weltsicht der Vielfalt, des Unterschieds, des Persönlich-Individuellen, der Freiheit als Möglichkeit der Loslösung von der Gruppe, ... das ist es letztlich, was der originäre Konservative erhalten will, möglichst viele parallele Entwicklungsstränge, die sich nicht physisch, hasserfüllt bekämpfen und auslöschen oder assimilieren wollen, sondern allenfalls mit ihrer eigenen Attraktivtät in den sportlichen Wettbewerb treten. Der Wettbewerber nicht als zu vernichtender Feind, sondern als notwendiger und zu achtender, ja zu erhaltender Maßstab.
Es waren aber konservative Kräfte, die Hitler unterstützt haben.
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Sextus Ironicus
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

BlueMonday hat geschrieben:(18 Dec 2017, 14:11)

Auch eine konservative Sicht: Das "Rechte" oder Konservative als "… eine Ideologie der Personbejahung und der Liebe, die sich den Ideologien der Gruppenhysterie, der Rassen- und Klassenfeindschaft und des organisierten Hasses entgegenstellen könnte."
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Das Rechte als Weltsicht der Vielfalt, des Unterschieds, des Persönlich-Individuellen, der Freiheit als Möglichkeit der Loslösung von der Gruppe, ... das ist es letztlich, was der originäre Konservative erhalten will, möglichst viele parallele Entwicklungsstränge, die sich nicht physisch, hasserfüllt bekämpfen und auslöschen oder assimilieren wollen, sondern allenfalls mit ihrer eigenen Attraktivtät in den sportlichen Wettbewerb treten. Der Wettbewerber nicht als zu vernichtender Feind, sondern als notwendiger und zu achtender, ja zu erhaltender Maßstab.
Klingt so sympathisch wie utopisch. Aber danke für den Tipp, den Ritter schau ich mir mit größtem Vergnügen über Weihnachten an.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Uffzach »

BlueMonday hat geschrieben:(18 Dec 2017, 14:11)

Auch eine konservative Sicht: Das "Rechte" oder Konservative als "… eine Ideologie der Personbejahung und der Liebe, die sich den Ideologien der Gruppenhysterie, der Rassen- und Klassenfeindschaft und des organisierten Hasses entgegenstellen könnte."
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Das Rechte als Weltsicht der Vielfalt, des Unterschieds, des Persönlich-Individuellen, der Freiheit als Möglichkeit der Loslösung von der Gruppe, ... das ist es letztlich, was der originäre Konservative erhalten will, möglichst viele parallele Entwicklungsstränge, die sich nicht physisch, hasserfüllt bekämpfen und auslöschen oder assimilieren wollen, sondern allenfalls mit ihrer eigenen Attraktivtät in den sportlichen Wettbewerb treten. Der Wettbewerber nicht als zu vernichtender Feind, sondern als notwendiger und zu achtender, ja zu erhaltender Maßstab.
Die Benennung von Unterschieden wird aber von den Linken bereits als Abgrenzung empfunden, weil die Linken in einer Phantasiewelt ohne Unterschiede leben. So wird in einem von der Linken dominierten Diskurs auch der romantischste Konservative zum Faschisten.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Uffzach hat geschrieben:(18 Dec 2017, 19:49)

Die Benennung von Unterschieden wird aber von den Linken bereits als Abgrenzung empfunden, weil die Linken in einer Phantasiewelt ohne Unterschiede leben.
O la la. Unterschiede ohne Abgrenzung sind ja auch keine. Aber das Konservative nicht gerade prinzipienfest sind, stimmt schon.
So wird in einem von der Linken dominierten Diskurs auch der romantischste Konservative zum Faschisten.
Ich hab nie behauptet, dass Konservative Faschisten sind. Aber Faschisten sind konservativ, und sie wurden auch immer von konservativen Kräften unterstützt, egal wo sie auftraten. Bei aller Romantik, die mich sehr an die Selbstverliebtheit der SED erinnert und die ich nicht unbedingt verdammen will - aber man sollte auch die Gefahr des Konservativismus sehen.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Uffzach »

Woppadaq hat geschrieben:(18 Dec 2017, 21:52)

O la la. Unterschiede ohne Abgrenzung sind ja auch keine.
Hier vermengst du Benennung und Abgrenzung iSv Segregation.
Woppadaq hat geschrieben: Aber das Konservative nicht gerade prinzipienfest sind, stimmt schon.
Ich weiß nicht. Mir ist der Begriff 'konservativ' zu unbestimmt und ohne Definition zu nichts tauglich. Ich könnte ohne Definition zB nicht sagen, ob ich konservativ bin oder nicht.
Woppadaq hat geschrieben: Ich hab nie behauptet, dass Konservative Faschisten sind.
Ich versteh überhaupt nicht, warum du dich angesprochen fühlst.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Woppadaq hat geschrieben:(18 Dec 2017, 21:52)

O la la. Unterschiede ohne Abgrenzung sind ja auch keine. Aber das Konservative nicht gerade prinzipienfest sind, stimmt schon.
Läge, wenn es stimmt, vielleicht an der fehlenden Verkrampfung. Denn die größten Tugendbolde sind auch immer die größten Unterdrücker. Und vielleicht liegt's auch an dieser etwas größeren Lockerheit, dass Konservative nachweislixch besseren Sex haben. :D :p :cool:
Woppadaq hat geschrieben:(18 Dec 2017, 21:52)
Ich hab nie behauptet, dass Konservative Faschisten sind. Aber Faschisten sind konservativ, und sie wurden auch immer von konservativen Kräften unterstützt, egal wo sie auftraten. Bei aller Romantik, die mich sehr an die Selbstverliebtheit der SED erinnert und die ich nicht unbedingt verdammen will - aber man sollte auch die Gefahr des Konservativismus sehen.
Also mich erinnert ja vieles an vieles, aber auf die SED und die Romantik in einem Atemzug wäre ich jetzt nicht gekommen. Dass Faschismus (woher kommt der bei dir so plötzlich) wiederum einige Wurzeln in romantischen Gedankengut hat, ist bekannt. Aber welche Gefahr von irgendeinem Konservatismus momentan ausgehen sollte, erschließt sich mir nicht automatisch. Die konservative Revolution (wie man einige Köpfe im Nachhinein nannte) hatte ganz unterschiedliche Figuren, von denen sogar welche vor den deutschen Faschisten ins Exil flohen. Aber mit einem Gomez Davila, einem Cioran, einem Botho Strauß oder einem Minogue oder Sloterdijk lässt sich vermutlich weniger Gewalt rechtfertigen als mit einem Herrn Badiou und einigen vergleichbaren Linkssängern.

Der wesentliche Punkt an einem Konservativen ließe sich vielleicht an Thomäs Figur des puer robustus aus seinem gleichnamigen Buch festmachen: Ist der konservative puer robustus egozentrisch, exzentrisch (im Sinne einer Ort- und nicht Charakterbestimmung) oder nomozentrisch unterwegs? Im letzteren Falle also schon mit der Idee einer Ordnung im Kopf, die die bestehende ersetzen soll? Da sehe ich keine Figuren, und eine Politfigur wie Herr Gauland würde nur dann gefährlich, wenn man ihm (siehe Netzwerkdurchsetzungsgesetz) die Folterinstrumente weiterhin auf dem Silbertablett präsentiert.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(18 Dec 2017, 22:45)

Läge, wenn es stimmt, vielleicht an der fehlenden Verkrampfung. Denn die größten Tugendbolde sind auch immer die größten Unterdrücker. Und vielleicht liegt's auch an dieser etwas größeren Lockerheit, dass Konservative nachweislixch besseren Sex haben. :D :p :cool:
Moment mal, du willst mir erzählen, Konservative seien keine Tugendwächter? Wo war denn das BR-Pendant zu "Erotisches zur Nacht", welches das DDR-Fernsehen immer nach 23 Uhr ausgestrahlt hat? Und wieso hältst du Larry Flynt für konservativ?
Also mich erinnert ja vieles an vieles, aber auf die SED und die Romantik in einem Atemzug wäre ich jetzt nicht gekommen.
Romantische Selbstbeweihräucherung gibt es wohl bei allen grossen Parteien, und je mächtiger sie sind, desto heftiger fällt diese Romantik aus. Ich hab beim Lesen von derartigen Selbstlob halt meistens ein Deja vu, denn als es die SED noch gab, war das dort gang und gäbe.
Dass Faschismus (woher kommt der bei dir so plötzlich) wiederum einige Wurzeln in romantischen Gedankengut hat, ist bekannt. Aber welche Gefahr von irgendeinem Konservatismus momentan ausgehen sollte, erschließt sich mir nicht automatisch.
Jede Richtung birgt doch irgendeine Gefahr, meist ist es die extreme Ausrichtung. Mir ist schon klar, dass sich Konservative nicht für Extremisten halten, was irgendwo auch stimmt. Man muss es aber auch mal so sehen: Linke, Rechte, Progressive und Reaktionäre haben alle relativ klare Positionen und Prinzipien und neigen da biswelien auch zu Extremen, Konservative haben das nicht und wanken deshalb zwischen diesen Polen. Deshalb mein Hinweis, dass Konservative Hitler unterstützt, wenn nicht sogar erst möglich gemacht haben. Das heisst nicht, dass sie Faschisten sind, aber schon, dass ihre Prinzipienlosigkeit von diesen ausgenutzt wird.

Das ist doch auch der Grund, warum Leute AfD wählen, um ein Umdenken in der CDU zu erreichen. Man rechnet einfach mit der schwammigen Reaktivität und Prinzipienlosigkeit der Konservativen. Die AfD an sich ist kein Problem, sie ist halt Teil der demokratischen Meinungsbildung. Wenn man aber anfängt, ihrer Thematik nachzulaufen, um AfD-Wähler zurückzuholen, hat die AfD exakt das erreicht, was sie erreichen wollte - und das völlig ohne Regierungsbeteiligung. Und das sehen Leute wie ich eben als konservative Gefahr an. Die Gefahr ist dabei nicht der Konservative an sich, sondern was er gerade nach Lust und Laune für richtig hält.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Chronus1 »

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:44)

Es war keinesfalls ein Scherz. Es ist traurige Tatsache daß der größte Teil jeglicher Journallie im linken Spektrum liegt. Spontan fallen mir lediglich 3 Beispiele ein für ein eher konservatives Blatt: Focus Cicero und teils Welt.
Ist 'Links' sein nicht mittlerweile konservativ im Wortsinn?
Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:44)
Und was "mein politischer Gegner" denkt oder meint ist mir langsam ziemlich Schnuppe. Ich habe in den letzten 3 - 4 Jahren festgestellt, es völlig egal ist ob ich nun agrumentativ schreibe, oder mich kurz fasse. Das Ergebniss ist immer das gleiche. Aber das ist zu einem gewissen Grad auch verständlich, da es schlicht keine Argumente gibt die diesen Wahnsinn der hierzulande getrieben wird rechtfertigen würden. Also bleibt dem Gegenüber nur Zustimmung oder das retten in Hetze Propaganda und Diskreditierung.
Diese Ignoranz ist mir leider auch aufgefallen. Das ist sogar noch schlimmer, als eine Einstellung, die nicht auf der Realität basiert.

Excellero hat geschrieben:(18 Dec 2017, 12:44)
Mit dem letzten Satz hast du natürlich Recht. Das liegt allerdings auch wiederum an dem völligen desinteresse an Debatte.
Nehme eine Position ein und du hast eine Debatte. Schau dir die AFD an. Man kann ihre Positionen nicht gut finden - wie ich - aber sie stellen sich öffentlich hin und stehen zu ihrer Meinung. Wann hat das letzte mal eine andere Partei diesen Schneid gehabt bei so etwas großen? Das letzte mal vielleicht die Grünen mit dem Kosovo-Einsatz? Wer Positionen hat, riskiert etwas und macht sich angreifbar. Darum haben moderne Politiker am besten nur Scheinstandpunkte, die weder etwas aussagen noch angreifbar sind. Das finde ich viel schlimmer, als Standpunkte mit denen ich nicht übereinstimme.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Woppadaq hat geschrieben:(18 Dec 2017, 23:50)

Moment mal, du willst mir erzählen, Konservative seien keine Tugendwächter? Wo war denn das BR-Pendant zu "Erotisches zur Nacht", welches das DDR-Fernsehen immer nach 23 Uhr ausgestrahlt hat? Und wieso hältst du Larry Flynt für konservativ?
Konservative sind Tugendwächter? Gibt's denn exemplarischere Spießer als diejenigen, die grüne gesellschaftspolitische Thesen vertreten?
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(19 Dec 2017, 09:58)

Konservative sind Tugendwächter?
Ich hab zuerst gefragt.
Gibt's denn exemplarischere Spießer als diejenigen, die grüne gesellschaftspolitische Thesen vertreten?
Mag schon sein, dass die Grünen über die Jahre etwas spiessiger geworden sind, und die Konservativen im Gegenzug etwas lockerer. Die sexuelle Revolution haben aber nicht die Konservativen ausgelöst.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von rain353 »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(17 Dec 2017, 14:10)

Man sollte aber auch bedenken, dass die Tories weitaus weniger Milieus abzudecken hat. GB hat erstens in quantitativer Hinsicht keine nennenswerten ländlichen Räume, zweitens sind sie auf bestimmte, hauptsächlich südenglische Regionen begrenzt, was Politik für die eigene Klientel auch immer etwas einfacher macht. Die CDU dagegen muss einen viel größeren Spagat machen - entsprechend schwammig wird das eben.

Ja, aber die ganzen sozialdemokratischen Stammwähler waren im Osten, also hätte die CDU bis zur Wiedervereinigung Spielraum nutzen können, aber ironischer weise war das Gegenteil der Fall..
"Es ist nichts so klein und wenig, woran man sich nicht begeistern könnte." - Friedrich Hölderlin
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Chronus1 »

Woppadaq hat geschrieben:(20 Dec 2017, 01:05)
Mag schon sein, dass die Grünen über die Jahre etwas spiessiger geworden sind, und die Konservativen im Gegenzug etwas lockerer. Die sexuelle Revolution haben aber nicht die Konservativen ausgelöst.
1. So what? Das die GRÜNEN mal etwas gutes 'ausgelöst haben' * rechtfertigt doch nicht, dass sie aktuell Duckmäuser sind. Da könnte ich auch sagen:' Mag schon sein, dass die Grünen wirtschaftsnäher geworden sind und die Konservativen im Gegenzug etwas sozialer. Das Wirtschaftswunder haben die Grünen aber auch nicht ausgelöst', um zu 'beweisen', dass sie keine Expertise haben.

2. Von wem redest du, wenn du 'Konservative' meinst?

Mir sind mittlerweile (als ein linksliberaler Mensch) Leute mit einem konservativen Habitus lieber als Leute, die nach vorne raus offen und liberal tun und hintenrum autoritär sind (meine Erfahrung in linken Gruppen).

*oder waren sie als Partei Folge eines Wandels, der NICHT auf eine einzelne Gruppe zurückzuführen ist?
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Sextus Ironicus
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Chronus1 hat geschrieben:(21 Dec 2017, 10:30)

Mir sind mittlerweile (als ein linksliberaler Mensch) Leute mit einem konservativen Habitus lieber als Leute, die nach vorne raus offen und liberal tun und hintenrum autoritär sind (meine Erfahrung in linken Gruppen).
Sehr schön aus persönlicher Sicht beschrieben, es ist eine Erfahrung, die ich teile. Mir ist irgendwann einmal aufgefallen, dass Konservative im Schnitt im alltäglichen Umgang, privat, bei der Arbeit, aber auch in politischen Diskussionen weitaus weniger aggressiv, menschlicher, entspannter, selbstgewisser und daher großzügiger daherkommen. Und der Umgang in linken Gruppen ist ja sowieso legendär.

@Woppadaq

Es gab keine sexuelle Revolution, sondern nur ein pubertäres Blubbern und Zetern über das, was auch ohne Kommune 1 in der Gesellschaft stattgefunden hätte. Und der unpolitische Sex der Konservativen ist halt erfüllender als der der Linken, wo man immer eine Therapiesitzung draus gemacht hat. :D
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Chronus1 hat geschrieben:(21 Dec 2017, 10:30)

1. So what? Das die GRÜNEN mal etwas gutes 'ausgelöst haben' * rechtfertigt doch nicht, dass sie aktuell Duckmäuser sind. Da könnte ich auch sagen:' Mag schon sein, dass die Grünen wirtschaftsnäher geworden sind und die Konservativen im Gegenzug etwas sozialer. Das Wirtschaftswunder haben die Grünen aber auch nicht ausgelöst', um zu 'beweisen', dass sie keine Expertise haben.
Das ist aber genau das, was man den Grünen ständig vorwirft: wirtschafts- und arbeitsplatzgefährdend zu sein, weil einen die Natur und Nachhaltigkeit wichtiger ist als die kurzfristige Schaffung von hochprofitablen Arbeitsplätzen, die am Ende aber nur verbrannte Erde hinterlassen. Als bekennender Grüner hab ich damit noch nicht einmal Probleme. Manchmal muss der Profit der Industrie eben zurückstecken.

Mir sind mittlerweile (als ein linksliberaler Mensch) Leute mit einem konservativen Habitus lieber als Leute, die nach vorne raus offen und liberal tun und hintenrum autoritär sind (meine Erfahrung in linken Gruppen).
Das versteh ich zwar, aber als Konservativer (oder Sympathisant) die Grünen spiessig zu nennen ist ungefähr so als ob Helene Fischer sagt, sie sei mehr Rock n Roll als die Toten Hosen. Man kann sich vieles einbilden.
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Progressiver
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Progressiver »

Die Grünen sind insbesondere hier bei uns in BaWü selbst eine etwas modernere konservative Partei. Die CDU wird fast nur noch auf dem Land gewählt. Die Konservativen in den Städten wählen grün.

Das zeigt sich exemplarisch an Winfried Kretschmann. In seinen früheren Jahren hat er mal Karl Popper gelesen. Dieser wird folglich immer wieder zitiert, wenn es darum geht, gegen Linke zu hetzen. Hier gilt wohl auch das Motto: "Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche." Dass aber Karl Popper überhaupt nichts von Metaphysik hielt, scheint Kretschmann überlesen zu haben. Da wird dann lieber dafür gebetet, dass Merkel Kanzlerin bleibt.

Wenn die Grünen wirklich progressiv wären, dann würden sie sich für einen laizistischen Staat stark machen! In Deutschland gibt es immer mehr Konfessionslose. Es wäre mal zu untersuchen, wieviele davon sich als säkulare Humanisten bezeichnen. Diese gilt es abzugreifen! In der Praxis klammern sich aber sowohl die Grünen als auch die anderen Parteien alle an die immer kleiner werdende Zahl der Restchristen.

Und hier sehe ich eine große Diskrepanz: Die Grünen, aber auch die anderen Parteien, zielen auf Wählergruppen, die immer mehr am Absterben sind. Das Durchschnittsalter der Mitglieder der meisten Parteien liegt zumindest meines Wissens bei über 59. Deutschland hat zwar zunehmend ein Überalterungsproblem. Das gilt aber für die Parteien noch mehr! Zudem macht sich auch niemand mehr die Mühe, die Wähler mitzunehmen, sondern es wird mit dem Sound des Sachzwangs scheinbar "alternativlos" durchregiert. Die moderneren Anteile der Bevölkerung kann man auch nicht mehr mitnehmen, da sie viel progressiver sind. Insofern haben wir es sicher mit einer Krise des gesamten Parteiensystems zu tun.

Für die Konservativen trifft das aber noch einmal viel stärker zu. Wenn man wie der Grüne Kretschmann einen christlichen Gott postuliert, dann finden sich dazu keine wissenschaftlichen Beweise für seine Existenz. Auch nicht bei Karl Popper! Auf welches Wertefundament wollen sie aber ihre Politik stützen? Die CDU hat es da scheinbar einfacher: Ihr Ersatzgottheit ist spätestens seit Angela Merkel nicht mehr ein biblischer Gott, sondern das Wirtschaftswachstum. Da es nun aber so ist, dass trotz allem viele Menschen in Deutschland gesellschaftlich nicht mehr aufsteigen können, grassieren die Abstiegsängste. Die Progressiven wählen sicher nicht die CDU. Die Abgehängten dagegen haben in der AfD eine Partei, die sich laut ihrem Gebaren um sie kümmert. Wer natürlich das Parteiprogramm der AfD liest, weiß natürlich, dass da nichts dahinter ist.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Watchful_Eye »

Progressiver hat geschrieben:(23 Dec 2017, 18:25)Wenn die Grünen wirklich progressiv wären, dann würden sie sich für einen laizistischen Staat stark machen! In Deutschland gibt es immer mehr Konfessionslose. Es wäre mal zu untersuchen, wieviele davon sich als säkulare Humanisten bezeichnen. Diese gilt es abzugreifen! In der Praxis klammern sich aber sowohl die Grünen als auch die anderen Parteien alle an die immer kleiner werdende Zahl der Restchristen.
Absolut! :thumbup: Ich bin auch sehr entnervt davon, wie einige Konservative - unter anderem auch Merkel - den Ängsten vor dem Einfluss des Islams eine Stärkung des Christentums entgegenstellen wollen. Besser wäre eine klare Kante für Säkularisierung, die Religionen im Allgemeinen weniger Extrawürste gewährt.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Charles »

Wenn das hier die Hoffnung des Konservatismus in Deutschland sein soll, dann gute Nacht.

https://www.n-tv.de/politik/Jens-Spahn- ... 00877.html
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Unité 1 »

Charles hat geschrieben:(24 Dec 2017, 14:44)

Wenn das hier die Hoffnung des Konservatismus in Deutschland sein soll, dann gute Nacht.

https://www.n-tv.de/politik/Jens-Spahn- ... 00877.html
Ein ordentlicher Konservativer darf nicht offen schwul sein, was "Charles"? Stattdessen geziemte ihm das Führen einer öffentlichen Scheinehe mit einer Frau zur konservativen Ehre.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Dampflok94 »

Charles hat geschrieben:(24 Dec 2017, 14:44)

Wenn das hier die Hoffnung des Konservatismus in Deutschland sein soll, dann gute Nacht.

https://www.n-tv.de/politik/Jens-Spahn- ... 00877.html
Ich halte Jens Spahn für eine Null. Aber doch nicht deswegen. Warum sollte konservativ und schwul nicht funktionieren? Was hat sexuelle Präferenz mit Politik zu tun?
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Progressiver hat geschrieben:(23 Dec 2017, 18:25)

Die Grünen sind insbesondere hier bei uns in BaWü selbst eine etwas modernere konservative Partei. Die CDU wird fast nur noch auf dem Land gewählt. Die Konservativen in den Städten wählen grün.

....

Wenn die Grünen wirklich progressiv wären, dann würden sie sich für einen laizistischen Staat stark machen! In Deutschland gibt es immer mehr Konfessionslose. Es wäre mal zu untersuchen, wieviele davon sich als säkulare Humanisten bezeichnen. Diese gilt es abzugreifen! In der Praxis klammern sich aber sowohl die Grünen als auch die anderen Parteien alle an die immer kleiner werdende Zahl der Restchristen.
Sich für einen laizistischen Staat (inwiefern haben wir den nicht?) stark zu machen macht erst dan Sinn, wenn die Religion politischer Faktor und damit zum Problem wird. Die Grünen hoffen insgeheim, dass es diesbezüglich nie so schlimm wird, dass sie deshalb eine Richtungsentscheidung treffen müssten. Denn dann würden linke Progressivisten gegen konservative Christen stehen, und das würde die Partei spalten. Bisher läuft sie aber ganz gut damit, mehrgleisig fahren zu können. Konfessionslose entscheiden meist nach Programm, Christen aber ist es wichtig, dass ihr Glaube nicht als Hemmnis empfunden wird.
Und hier sehe ich eine große Diskrepanz: Die Grünen, aber auch die anderen Parteien, zielen auf Wählergruppen, die immer mehr am Absterben sind. Das Durchschnittsalter der Mitglieder der meisten Parteien liegt zumindest meines Wissens bei über 59. Deutschland hat zwar zunehmend ein Überalterungsproblem. Das gilt aber für die Parteien noch mehr! Zudem macht sich auch niemand mehr die Mühe, die Wähler mitzunehmen, sondern es wird mit dem Sound des Sachzwangs scheinbar "alternativlos" durchregiert. Die moderneren Anteile der Bevölkerung kann man auch nicht mehr mitnehmen, da sie viel progressiver sind. Insofern haben wir es sicher mit einer Krise des gesamten Parteiensystems zu tun.
Manche Leute müssen unbedingt wegen jeder Kleinigkeit gleich eine Krise an die Wand malen. Richtig ist, dass es eine Art Verwirrung bezüglich der Richtung gibt, weil links und rechts nicht mehr so eindeutig sind und die Amis uns jetzt auch noch ihr Authorithär-Libertär-Gegensatzmodell andrehen wollen, das nur noch mehr Verwirrung stiftet.

Die Wahrheit ist, dass die Älteren leider Gottes immer noch die überwiegende Mehrheit in diesem Land stellen und damit auch das Wahlverhalten beeinflussen. Und dass sich eine allgemeine Konservativität breit gemacht hat, die die "Alternativlosigkeit" stützt, weil ihr das Progressive langsam zu unrealistisch wird. Bestes Beispiel sind die Piraten, die ja die letzte grosse progressivistische Bewegung waren - zu progressiv, um langfristig Wähler an sich binden zu können. Man hatte bisweilen das Gefühl, dass die Piraten selbst nicht so richtig erklären konnten, was ihr wesentlichstes Unterscheidungsmerkmal zu den anderen, etablierten Parteien darstellt. Die Diskussionen um das BGE haben gezeigt, dass der Wille zur Progressivität bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen eine Grenze erreicht hat.
Für die Konservativen trifft das aber noch einmal viel stärker zu. Wenn man wie der Grüne Kretschmann einen christlichen Gott postuliert, dann finden sich dazu keine wissenschaftlichen Beweise für seine Existenz. Auch nicht bei Karl Popper! Auf welches Wertefundament wollen sie aber ihre Politik stützen?
Es gibt allgemeine Werte der Vernunft, die sowohl von Christen wie Nichtchristen gleichermassen getragen werden können. Diese Werte haben die UNO gechaffen, haben den Eisernen Vorhang zum Einsturz gebracht, haben unsere Klimapolitik wie überhaupt die Politik der Grünen jahrelang bestimmt, ohne dass es darüber eine Bibel gab. Die Grünen jedenfalls haben sich nicht gegründet, weil sie an Gott glauben, sondern weil sie eine Aufgabe der Vernunft erkannten. Jemand wie Kretschmann mag ja gerne an Gott göauben und sich im Rahmen seiner individuellen Präsentation an den christlichen Werten orientieren. Aber die Grünen sind voller Individualisten mit stellenweise absolut konträren Meinungen zueinander.
Die CDU hat es da scheinbar einfacher: Ihr Ersatzgottheit ist spätestens seit Angela Merkel nicht mehr ein biblischer Gott, sondern das Wirtschaftswachstum.
Bevor ich mich jetzt mal wieder echauffiere, dass Angela Merkel wohl gerade für alles herhalten muss, vom weltweiten Klimawandel bis hin zu meinem Hustenanfall, möcht ich erst mal fragen: was ist eigentlich daran so schlecht? welche Partei kann es sich gerade leisten zu sagen, dass ihr das Wirtschaftswachstum egal ist, es vielleicht sogar stört?
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von schokoschendrezki »

Neben den Dimensionen links-rechts und konservativ-progressiv gibts auch noch die Frage "Opportunismus" (="zweckmäßige Anpassung an die jeweilige Situation") vs. Prinzipienfestigkeit. Bei letzterem sehe ich eher zwei so unterschiedliche Parteien wie die FDP und die (heutige) Linke vorn.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Woppadaq hat geschrieben:(26 Dec 2017, 01:44)

Sich für einen laizistischen Staat (inwiefern haben wir den nicht?) stark zu machen macht erst dan Sinn, wenn die Religion politischer Faktor und damit zum Problem wird. Die Grünen hoffen insgeheim, dass es diesbezüglich nie so schlimm wird, dass sie deshalb eine Richtungsentscheidung treffen müssten. Denn dann würden linke Progressivisten gegen konservative Christen stehen, und das würde die Partei spalten. Bisher läuft sie aber ganz gut damit, mehrgleisig fahren zu können. Konfessionslose entscheiden meist nach Programm, Christen aber ist es wichtig, dass ihr Glaube nicht als Hemmnis empfunden wird.



Manche Leute müssen unbedingt wegen jeder Kleinigkeit gleich eine Krise an die Wand malen. Richtig ist, dass es eine Art Verwirrung bezüglich der Richtung gibt, weil links und rechts nicht mehr so eindeutig sind und die Amis uns jetzt auch noch ihr Authorithär-Libertär-Gegensatzmodell andrehen wollen, das nur noch mehr Verwirrung stiftet.

Die Wahrheit ist, dass die Älteren leider Gottes immer noch die überwiegende Mehrheit in diesem Land stellen und damit auch das Wahlverhalten beeinflussen. Und dass sich eine allgemeine Konservativität breit gemacht hat, die die "Alternativlosigkeit" stützt, weil ihr das Progressive langsam zu unrealistisch wird. Bestes Beispiel sind die Piraten, die ja die letzte grosse progressivistische Bewegung waren - zu progressiv, um langfristig Wähler an sich binden zu können. Man hatte bisweilen das Gefühl, dass die Piraten selbst nicht so richtig erklären konnten, was ihr wesentlichstes Unterscheidungsmerkmal zu den anderen, etablierten Parteien darstellt. Die Diskussionen um das BGE haben gezeigt, dass der Wille zur Progressivität bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen eine Grenze erreicht hat.



Es gibt allgemeine Werte der Vernunft, die sowohl von Christen wie Nichtchristen gleichermassen getragen werden können. Diese Werte haben die UNO gechaffen, haben den Eisernen Vorhang zum Einsturz gebracht, haben unsere Klimapolitik wie überhaupt die Politik der Grünen jahrelang bestimmt, ohne dass es darüber eine Bibel gab. Die Grünen jedenfalls haben sich nicht gegründet, weil sie an Gott glauben, sondern weil sie eine Aufgabe der Vernunft erkannten. Jemand wie Kretschmann mag ja gerne an Gott göauben und sich im Rahmen seiner individuellen Präsentation an den christlichen Werten orientieren. Aber die Grünen sind voller Individualisten mit stellenweise absolut konträren Meinungen zueinander.



Bevor ich mich jetzt mal wieder echauffiere, dass Angela Merkel wohl gerade für alles herhalten muss, vom weltweiten Klimawandel bis hin zu meinem Hustenanfall, möcht ich erst mal fragen: was ist eigentlich daran so schlecht? welche Partei kann es sich gerade leisten zu sagen, dass ihr das Wirtschaftswachstum egal ist, es vielleicht sogar stört?
Ein paar Gedanken dazu:

1. Der laizistische Staat, den ich immer wollte, ist aus meiner Sicht gerade wegen der Politisierung von Religion nicht mehr vernünftig. Denn wenn man für Imame Regeln zur Zulassung und Studium einführen möchte und leider auch muss, wenn man den Hinterhofunttericht für muslimische Kinder und Jugendliche sowie die Lehrer in den Griff bekommen möchte, dann ist das der Abschied vom laizistischen Gedanken. Auch ein Preis, der nun zu zahlen ist. Nur noch 55% gehören den beiden großen Kirchen an, aber mit dem Islam nimmt das Religionsproblem wieder zu.

2. Die Älteren werden sogar weiter an Gewicht gewinnen bei den Wahlen - jeder von uns gehört irgendwann ja dazu, und dieser hierzu zu beobachtende Alarmismus ist eher amüsant. Wenn die heute Dreißigjährigen, die sich in großer Zahl nie etwas erkämpfen mussten, sondern alle Wünsche kaum aussprechen mussten, um sie erfüllt zu bekommen, wenn die ihre Interessen durchsetzen wollen, müssen sie ihre gesalbten Häupter und Hintern eben anstrengen bzw. hochbringen. Jetzt müssen sie es selbst machen, zur Macht geht's nicht im SUV wie seinerzeit in den Kindergarten.

3. Die frühen Grünen und Vernunft? Auch wenn ich zu deren Anfängen eher noch grasgrün hinter den Ohren war: Aber Vernunft war nun die Stärke der ehemaligen K-Gruppenleute, der Spontis, der Radikalökos von rechts und links, der Indianerkommunen und unzähliger Spinner ganz bestimmt nicht. Und mit den Grünen hat sich die Moralisierung aller Politik erfolgreich institutionalisiert - das war immer auch die Klammer zwischen den unterschiedlichen Fraktionen. Der Pragmatismus ist noch immer in der Minderheit, Kretschmann ist allein wegen seiner Wirkung gelitten und Palmer kann man nicht rausschmeißen, weil er eben auch in Amt und Würden ist. Vielleicht wird das mit einer neuen Generation besser.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Alpha Centauri »

Progressiver hat geschrieben:(23 Dec 2017, 18:25)

Die Grünen sind insbesondere hier bei uns in BaWü selbst eine etwas modernere konservative Partei. Die CDU wird fast nur noch auf dem Land gewählt. Die Konservativen in den Städten wählen grün.

Das zeigt sich exemplarisch an Winfried Kretschmann. In seinen früheren Jahren hat er mal Karl Popper gelesen. Dieser wird folglich immer wieder zitiert, wenn es darum geht, gegen Linke zu hetzen. Hier gilt wohl auch das Motto: "Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche." Dass aber Karl Popper überhaupt nichts von Metaphysik hielt, scheint Kretschmann überlesen zu haben. Da wird dann lieber dafür gebetet, dass Merkel Kanzlerin bleibt.

Wenn die Grünen wirklich progressiv wären, dann würden sie sich für einen laizistischen Staat stark machen! In Deutschland gibt es immer mehr Konfessionslose. Es wäre mal zu untersuchen, wieviele davon sich als säkulare Humanisten bezeichnen. Diese gilt es abzugreifen! In der Praxis klammern sich aber sowohl die Grünen als auch die anderen Parteien alle an die immer kleiner werdende Zahl der Restchristen.

Und hier sehe ich eine große Diskrepanz: Die Grünen, aber auch die anderen Parteien, zielen auf Wählergruppen, die immer mehr am Absterben sind. Das Durchschnittsalter der Mitglieder der meisten Parteien liegt zumindest meines Wissens bei über 59. Deutschland hat zwar zunehmend ein Überalterungsproblem. Das gilt aber für die Parteien noch mehr! Zudem macht sich auch niemand mehr die Mühe, die Wähler mitzunehmen, sondern es wird mit dem Sound des Sachzwangs scheinbar "alternativlos" durchregiert. Die moderneren Anteile der Bevölkerung kann man auch nicht mehr mitnehmen, da sie viel progressiver sind. Insofern haben wir es sicher mit einer Krise des gesamten Parteiensystems zu tun.

Für die Konservativen trifft das aber noch einmal viel stärker zu. Wenn man wie der Grüne Kretschmann einen christlichen Gott postuliert, dann finden sich dazu keine wissenschaftlichen Beweise für seine Existenz. Auch nicht bei Karl Popper! Auf welches Wertefundament wollen sie aber ihre Politik stützen? Die CDU hat es da scheinbar einfacher: Ihr Ersatzgottheit ist spätestens seit Angela Merkel nicht mehr ein biblischer Gott, sondern das Wirtschaftswachstum. Da es nun aber so ist, dass trotz allem viele Menschen in Deutschland gesellschaftlich nicht mehr aufsteigen können, grassieren die Abstiegsängste. Die Progressiven wählen sicher nicht die CDU. Die Abgehängten dagegen haben in der AfD eine Partei, die sich laut ihrem Gebaren um sie kümmert. Wer natürlich das Parteiprogramm der AfD liest, weiß natürlich, dass da nichts dahinter ist.


Der Ersatzgott "Wirtschaftswachstum" ist beileibe nicht nur in der Union zu Hause. Geld regiert die Welt. Und hieß früher das Gotteshaus " Kirche" nennt man es heute " Einkaufszentrum". :D
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von BlueMonday »

Woppadaq hat geschrieben:(26 Dec 2017, 01:44)


Manche Leute müssen unbedingt wegen jeder Kleinigkeit gleich eine Krise an die Wand malen. Richtig ist, dass es eine Art Verwirrung bezüglich der Richtung gibt, weil links und rechts nicht mehr so eindeutig sind und die Amis uns jetzt auch noch ihr Authorithär-Libertär-Gegensatzmodell andrehen wollen, das nur noch mehr Verwirrung stiftet.
Was verwirrt dich daran so? Das ist auch keine jüngst gemachte Unterscheidung, sondern hat locker 200 Jahre auf dem Buckel. Stammt auch ursprünglich nicht von den "Amis", sondern von den franzözischen/europäischen Anarchisten.
Untergejubelt und angedreht ist allenfalls, dass braunrote Nationalsozialisten irgendwie "rechts" stünden und den völligen Gegensatz zu anderen, "linken", rotbraunen Kollektivisten und sonstigen Etatisten bilden würden. Da passt dann eigentlich nur noch Jandls "lechtsrinks".
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

BlueMonday hat geschrieben:(26 Dec 2017, 13:36)

Was verwirrt dich daran so?
Genau das hier:
Untergejubelt und angedreht ist allenfalls, dass braunrote Nationalsozialisten irgendwie "rechts" stünden und den völligen Gegensatz zu anderen, "linken", rotbraunen Kollektivisten und sonstigen Etatisten bilden würden.
Genau das tun sie aber. Der Kollektivismus eines Stalin war real und weitaus authoritärer, die Nazis propagierten doch nur oberflächlichen Kollektivismus aus Imagegründen, ideell betrieben sie Extrem-Egoismus, also das exakte Gegenteil von Sozialismus, und dieser Egoismus wurde lediglich durch den Krieg derartig authoritär, dass Hitler in diesem Koordinatensystem immer als die Speerspitze des Authoritarismus gesehen wird, obwohl die Industriellen dort weit mehr Freiheiten hatten als im stalinistischen System.

Für mich ist das deshalb nur der billige Versuch, linke und rechte Extremitäten gleichermassen zu entsorgen und den Rechts-Begriff wieder reinzuwaschen, indem man den Leuten Egoismus als notwendiges Vernunftpaket verkauft. Wenn dem Konservativen links und rechts egal ist, ist das sein Ding, dem Linken ist es nicht egal, für ihn ist es eine bedeutende Unterscheidung.
Das ist auch keine jüngst gemachte Unterscheidung, sondern hat locker 200 Jahre auf dem Buckel. Stammt auch ursprünglich nicht von den "Amis", sondern von den franzözischen/europäischen Anarchisten.
Es gibt zwischen den wirklich authoritären Systemen wie eben den Absolutismus und den nur als authoritär empfundenen wie der Sozialdemokratie, wo Dinge wie der Mindestlohn von manchen schon als authoritäre Einmischung des Staates angesehen werden, schon einen rein zeitbezogenen Unterschied. Vor 200 Jahren wurden Dinge für progressiv gehalten, die heute entweder konservativ oder glattweg reaktionär sind. Das demokratische Gesellschaftsmodell mag man 1933 noch zur Debatte gestellt haben, heute ist das in der westlichen Welt grösstenteils kein Thema mehr. Deswegen wird in der Diskussion um den authoritären Staat auch nicht mehr das System oder die Demokratie angegriffen, sondern die Rolle des Staates generell zur Disposition gestellt.

Es wird dabei gerne so getan, als ob das nichts mehr mit links oder rechts zu tun hat. Gleichzeitig wird jegliches staatliches Agieren aber als Kollektivismus - also als links - verdammt. Für mich klarer Fall von Verwirrungsstiftung.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Woppadaq »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(26 Dec 2017, 10:04)
3. Die frühen Grünen und Vernunft? Auch wenn ich zu deren Anfängen eher noch grasgrün hinter den Ohren war: Aber Vernunft war nun die Stärke der ehemaligen K-Gruppenleute, der Spontis, der Radikalökos von rechts und links, der Indianerkommunen und unzähliger Spinner ganz bestimmt nicht. Und mit den Grünen hat sich die Moralisierung aller Politik erfolgreich institutionalisiert - das war immer auch die Klammer zwischen den unterschiedlichen Fraktionen. Der Pragmatismus ist noch immer in der Minderheit, Kretschmann ist allein wegen seiner Wirkung gelitten und Palmer kann man nicht rausschmeißen, weil er eben auch in Amt und Würden ist. Vielleicht wird das mit einer neuen Generation besser.
Verzeihung, aber ich habe nicht gesagt, dass die Grünen vernünftig waren oder sind, sondern dass sie sich aus einem vernunftbezogenen Akt heraus gegründet haben. Deswegen können sie sich relativ viele Sperenzien erlauben, schliesslich wissen sie die Moral immer auf ihrer Seite. Ich sehe deshalb die ganzen Moralverdammungen der Grünen-Gegner mit einer gewissen Amüsiertheit, denn damit offenbahren sie nur, wie sehr sie selbst moralisch ins Hintertreffen geraten sind, und von dieser Sichtweise profitieren die Grünen am meisten.

Wirklich gefährlich wird es für die Grünen doch nur, wenn man ihr Sujet akzeptiert, aber gleichzeitig nachweist, dass man mit vernünftigen, realistischen Vorgehen weit mehr erreicht als die grünen Regierungen erreichen können. Ohne konservative Verdammung der grünen Moralität hätten die Grünen wahrscheinlich zu dieser BT-Wahl mit der 5%-Hürde zu kämpfen gehabt.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Progressiver »

Woppadaq hat geschrieben:(26 Dec 2017, 01:44)

Sich für einen laizistischen Staat (inwiefern haben wir den nicht?) stark zu machen macht erst dan Sinn, wenn die Religion politischer Faktor und damit zum Problem wird. Die Grünen hoffen insgeheim, dass es diesbezüglich nie so schlimm wird, dass sie deshalb eine Richtungsentscheidung treffen müssten. Denn dann würden linke Progressivisten gegen konservative Christen stehen, und das würde die Partei spalten. Bisher läuft sie aber ganz gut damit, mehrgleisig fahren zu können. Konfessionslose entscheiden meist nach Programm, Christen aber ist es wichtig, dass ihr Glaube nicht als Hemmnis empfunden wird.
Deutschland ist in der Tat kein laizistischer Staat. Für die Einrichtungen der beiden großen Konfessionen -also auch die Caritas, die Diakonie- gelten Arbeitsgesetze, die jegliche Form des Streiks verbieten. Nicht zu vergessen, dürfen sie sich auch ins Privatleben ihrer Untergebenen einmischen. Die Leute arbeiten dann auch oftmals für einen "Gotteslohn" anstatt für eine ordentliche Bezahlung. Delikates Detail: Die Kirchen zahlen nur 1,8% der Kosten für die Diakonie bzw. die Caritas. Der Rest übernimmt der Staat. Und auch die Bischöfe bzw. die Theologen, die an den Universitäten lehren, sind de facto Beamte. Auch sie werden von allgemeinen Steuermitteln finanziert. Es wird Zeit, diese ungerechten Pfründe abzuschaffen!


Manche Leute müssen unbedingt wegen jeder Kleinigkeit gleich eine Krise an die Wand malen. Richtig ist, dass es eine Art Verwirrung bezüglich der Richtung gibt, weil links und rechts nicht mehr so eindeutig sind und die Amis uns jetzt auch noch ihr Authorithär-Libertär-Gegensatzmodell andrehen wollen, das nur noch mehr Verwirrung stiftet.

Die Wahrheit ist, dass die Älteren leider Gottes immer noch die überwiegende Mehrheit in diesem Land stellen und damit auch das Wahlverhalten beeinflussen. Und dass sich eine allgemeine Konservativität breit gemacht hat, die die "Alternativlosigkeit" stützt, weil ihr das Progressive langsam zu unrealistisch wird. Bestes Beispiel sind die Piraten, die ja die letzte grosse progressivistische Bewegung waren - zu progressiv, um langfristig Wähler an sich binden zu können. Man hatte bisweilen das Gefühl, dass die Piraten selbst nicht so richtig erklären konnten, was ihr wesentlichstes Unterscheidungsmerkmal zu den anderen, etablierten Parteien darstellt. Die Diskussionen um das BGE haben gezeigt, dass der Wille zur Progressivität bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen eine Grenze erreicht hat.
Die Piraten waren ein Haufen anarchistischer Amateure, die sich geweigert hatten, sich zu professionalisieren bzw. sich feste Strukturen zu geben, mit denen sie auch nach außen schlagfertig sein konnten. Das BGE halte ich zudem nicht für der Weisheit letzter Schuss, da es im Endeffekt doch wieder nur den Reichen nutzt. Da müssen intelligentere Massnahmen her. Ich bin da ganz auf der Seite des echten Ökonomen Heiner Flassbeck, der nicht nur gegen die derzeitige wirtschaftliche Unvernunft -Stichwort "Austerität"- wettert, sondern auch das Thema BGE in Grund und Boden verdammt.
Bevor ich mich jetzt mal wieder echauffiere, dass Angela Merkel wohl gerade für alles herhalten muss, vom weltweiten Klimawandel bis hin zu meinem Hustenanfall, möcht ich erst mal fragen: was ist eigentlich daran so schlecht? welche Partei kann es sich gerade leisten zu sagen, dass ihr das Wirtschaftswachstum egal ist, es vielleicht sogar stört?
Störend ist: Die deutsche Wirtschaft wächst, aber viele Arbeitnehmer kriegen das gar nicht mit. Die Politik hat sich zum Dienstboten der Wirtschaft gemacht, weil diese unbedingt einen schlecht bezahlten Niedriglohnsektor haben wollte. Wenn neue Jobs geschaffen werden, dann sind das auch oft nur befristete Stellen mit schlechter Bezahlung. Der Rest der strukturellen Arbeitslosigkeit wird mit Taschenspielertricks aus den Statistiken hinausgerechnet. Dies alles haben natürlich auch andere Parteien zu verantworten. Aber für Angela Merkels Partei ist das Wirtschaftswachstum die neue "Heilige Kuh". Und wer davon nicht profitiert, weil er vielleicht im Niedriglohnsektor arbeitet, der kann selbst sehen, wo er oder sie bleibt.

Ich weiß auch nicht, warum die Leute dann nicht beispielsweise "DIE LINKE" wählen. Aber der Protest wählt mittlerweile in Kamikaze-Manier die AfD. "Kamikaze-Manier" deshalb, weil diese Partei laut ihrem Parteiprogramm natürlich noch marktradikaler ist als selbst die FDP. Aber das sind dann wohl die Art von Wählern, die sich nicht die Mühe machen wollen, Parteiprogramme durchzulesen, sondern einfach ihrem Ressentiment folgen.

Und für sie mag es, subjektiv betrachtet, sogar stimmen, dass "früher alles besser" war. Da gab es vermutlich für sie noch besser bezahlte Jobs mit einem guten Kündigungsschutz etc. Aber die AfD wäre die letzte, die ihre Situation verbessern würde! Und auch die anderen Parteien haben natürlich massiv geschlafen, wenn man sich zum Beispiel die Situation im Ruhrgebiet anschaut. Da gab es einen Strukturwandel. Und die Politik hat verschlafen, den Leuten andere, bessere Jobalternativen anzubieten bzw. Weiterbildungsmaßnahmen. Stattdessen kamen dann so unfähige und gewissenlose Politiker wie Wolfgang Clement und haben die Arbeitslosen und Verlierer des Strukturwandels als "Parasiten" beschimpft. Diesen Misstand nicht behoben zu haben, trifft natürlich alle Parteien, die dort an der Regierung waren. Aber die "konservativen Werte" einer Angela Merkel helfen da auch nicht. Im Gegenteil: Die Agenda 2010 beispielsweise war ihr nicht radikal genug. Und jetzt wählen die Abgehängten lieber aus Fundamentalprotest die AfD. Aber ob diese beiden Parteien es schaffen können oder auch nur wollen, den ehemaligen Kohlebergarbeitern neue gute Jobs zu vermitteln? Ich bezweifele es.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

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Registriert: So 1. Apr 2012, 00:37
Wohnort: Baden-Württemberg

Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

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Sextus Ironicus hat geschrieben:(26 Dec 2017, 10:04)

Ein paar Gedanken dazu:

1. Der laizistische Staat, den ich immer wollte, ist aus meiner Sicht gerade wegen der Politisierung von Religion nicht mehr vernünftig. Denn wenn man für Imame Regeln zur Zulassung und Studium einführen möchte und leider auch muss, wenn man den Hinterhofunttericht für muslimische Kinder und Jugendliche sowie die Lehrer in den Griff bekommen möchte, dann ist das der Abschied vom laizistischen Gedanken. Auch ein Preis, der nun zu zahlen ist. Nur noch 55% gehören den beiden großen Kirchen an, aber mit dem Islam nimmt das Religionsproblem wieder zu.
Die Anzahl der Leute, die einer christlichen Religion angehören, wird immer kleiner. In ein paar Jahren werden die Konfessionslosen in der deutschen Gesellschaft die Mehrheit darstellen. Ein guter Weg, um damit umzugehen, ist ein verpflichtendes Schulfach "Ethik für alle", wie es in Berlin schon der Fall zu sein scheint. Bei so etwas müssen dann tatsächlich alle teilnehmen ohne Rücksicht darauf, was irgendwelche Befindlichkeiten der Muslime dagegen aussagen. Wenn diese dann nicht wie gewollt darauf anspringen, dann sollte auch eine Teilschuld darin gesucht werden, dass der deutsche Staat sich ihnen gegenüber zu wenig um die Integration von Immigranten kümmert. Wenn dann die Bildungsverlierer aus diesen randständigen Teilen der Gesellschaft sich religiös radikalisieren und irgendwann austicken, dann nur deswegen, weil es niemand verhindert hat, dass sie sich in ein religiöses Paralleluniversum zurückgezogen haben, in dem sie sich als scheinbare Sieger fühlen können. Ein gutes Bildungssystem sollte aber solche Verlierer nicht einfach aussieben, sondern sie mitnehmen, damit sie zum Beispiel durch einen guten Job sich in der deutschen Gesellschaft integrieren können. Dafür braucht es aber mehr Geld für Bildung, Schulpsychologen und Sozialarbeiter, nicht weniger, wie es die Austeritätsfans es gerne hätten.

Was nicht gebraucht wird: Versuche, Deutschland zu rechristianisieren, indem die christliche Theologie sowohl an den Schulen als auch an den Universitäten mit noch mehr Druck gelehrt wird. Auch der Versuch, islamische Lehrstühle und islamischen Religionsunterricht an den Schulen zu installieren, wird nach hinten los gehen. Wenn man die jungen Muslime erfolgreich integrieren kann, werden sie keinen Islam mehr brauchen. Islamischer Religionsunterricht wird dagegen nur die Zustände konservieren. Und die Fundamentalisten werden sowieso keinen "deutschen Islam" anerkennen. Bei letzteren helfen dann tatsächlich nur die Polizei und der Verfassungsschutz.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Charles »

Dampflok94 hat geschrieben:(25 Dec 2017, 23:17)
Warum sollte konservativ und schwul nicht funktionieren?
Meinst du das ernst?
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von JJazzGold »

Charles hat geschrieben:(27 Dec 2017, 01:47)

Meinst du das ernst?
Selbstverständlich, konservativ ist ein Lebensstil, der unabhängig von der sexuellen Orientierung präferiert oder nicht präferiert wird.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von pikant »

Charles hat geschrieben:(24 Dec 2017, 14:44)

Wenn das hier die Hoffnung des Konservatismus in Deutschland sein soll, dann gute Nacht.

https://www.n-tv.de/politik/Jens-Spahn- ... 00877.html
was hat dann die sexuelle Ausrichtung mit konservativer Politik zu tun?
nichts.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Sextus Ironicus »

Progressiver hat geschrieben:(27 Dec 2017, 00:28)

Die Anzahl der Leute, die einer christlichen Religion angehören, wird immer kleiner. In ein paar Jahren werden die Konfessionslosen in der deutschen Gesellschaft die Mehrheit darstellen. Ein guter Weg, um damit umzugehen, ist ein verpflichtendes Schulfach "Ethik für alle", wie es in Berlin schon der Fall zu sein scheint. Bei so etwas müssen dann tatsächlich alle teilnehmen ohne Rücksicht darauf, was irgendwelche Befindlichkeiten der Muslime dagegen aussagen. Wenn diese dann nicht wie gewollt darauf anspringen, dann sollte auch eine Teilschuld darin gesucht werden, dass der deutsche Staat sich ihnen gegenüber zu wenig um die Integration von Immigranten kümmert. Wenn dann die Bildungsverlierer aus diesen randständigen Teilen der Gesellschaft sich religiös radikalisieren und irgendwann austicken, dann nur deswegen, weil es niemand verhindert hat, dass sie sich in ein religiöses Paralleluniversum zurückgezogen haben, in dem sie sich als scheinbare Sieger fühlen können. Ein gutes Bildungssystem sollte aber solche Verlierer nicht einfach aussieben, sondern sie mitnehmen, damit sie zum Beispiel durch einen guten Job sich in der deutschen Gesellschaft integrieren können. Dafür braucht es aber mehr Geld für Bildung, Schulpsychologen und Sozialarbeiter, nicht weniger, wie es die Austeritätsfans es gerne hätten.

Was nicht gebraucht wird: Versuche, Deutschland zu rechristianisieren, indem die christliche Theologie sowohl an den Schulen als auch an den Universitäten mit noch mehr Druck gelehrt wird. Auch der Versuch, islamische Lehrstühle und islamischen Religionsunterricht an den Schulen zu installieren, wird nach hinten los gehen. Wenn man die jungen Muslime erfolgreich integrieren kann, werden sie keinen Islam mehr brauchen. Islamischer Religionsunterricht wird dagegen nur die Zustände konservieren. Und die Fundamentalisten werden sowieso keinen "deutschen Islam" anerkennen. Bei letzteren helfen dann tatsächlich nur die Polizei und der Verfassungsschutz.
Eine Re-Christianisierung ist nicht in Sicht, aber derzeit ist es unvorstellbar, dass unabhängig von der Zahl der Mitglieder eine Trennung zwischen Staat und Kirche erfolgt. Allein die Zahl der Konkordate, die abzuwickeln wären, ist eine Aufgabe für 100 Jahre. Selbst moderate Vorschläge wie die Beschlüsse der FDP zur Trennung von Kirche und Staat aus den Siebzigerjahren würden heute als Kulturrevolution daherkommen. Die Kirchen sitzen bei rückläufiger Zahl von Gläubigen fester im Sattel denn je. Und ob der Staat den Kölner Dom übernehmen möchte, bezweifle ich auch.

Was die Muslime angeht, ist die Sache noch schwieriger. Ich habe zu Weihnachten den schönen Cartoonband "Unheilige Bilder" geschenkt bekommen, in dem ein paar Dutzend der bekanntesten deutschen Meister des Fachs zu Kirche und Religion zeichnen und zuspitzen. Die Hälfte von ihnen würde sofort unter Polizeischutz stehen, wenn sie sich den Koran und den Propheten vergleichbar vorgenommen hätten. Und hier ist eine Integration nicht einmal in Ansätzen erkennbar, da integriert sich nämlich die aufnehmende Gesellschaft, indem sie mit windigen Argumenten und durch Selbstzensur sich dem islamischen Anspruch beugt. Denn eine Jesusbeleidigung gilt immer noch als progressiver Akt, wer den Propheten beleidigt, läuft eher unter Rassismusverdacht. Und die Kirchen versuchen sich das ja schon zunutze zu machen und auch CSU-Abgeordnete bringen schon wieder Blasphemieparagrafen ins Spiel. Die Hoffnung auf eine Umfunktionierung des Islam vom Raubtier zum Bettvorleger, wie das in geistiger Hinsicht beim erschlafften aber institutionell noch immer mächtigen Christentum geklappt hat, Teile ich nicht. Und aus Sicht der Muslime, die hier mit großen aber eben illusorischen Hoffnungen herkommen, ist das ja nachvollziehbar. Mit ihrer Religion haben Sie etwas, was sie unangreifbar macht, womit sie diejenigen, die ihnen angeblich den Respekt verweigern, am Nasenring durch die Manege der Freiheit führen können. Das wird nichts, und der theologische Schlüssel liegt sowieso in Kairo oder anderswo an den theologischen Fakultäten in diesen Gegenden. Deshalb wird man Lehrstühle und islamischen Unterricht zur Verfügung stellen, in der Hoffnung, besseren Zugriff zu bekommen.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Charles »

JJazzGold hat geschrieben:(27 Dec 2017, 08:29)
Selbstverständlich, konservativ ist ein Lebensstil, der unabhängig von der sexuellen Orientierung präferiert oder nicht präferiert wird.
Die Einführung der Homo-"Ehe" war immer ein Projekt der Grünen und Linken, das von den Konservativen immer abgelehnt und bekämpft wurde.

Bei der Abstimmung im Bundestag haben Rot-Rot-Grün geschlossen dafür gestimmt. In der Unionsfraktion haben mehr als 2/3 dagegen gestimmt. Nur die Anhänger von Merkels sozialdemokratischem "Modernisierungskurs" wie Altmeier, Tauber, von der Leyen, Böhmer und Spahn haben dafür gestimmt, obwohl die Homo-"Ehe" im Grundsatzprogramm von CDU und CSU abgelehnt wird.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von JJazzGold »

Charles hat geschrieben:(27 Dec 2017, 11:13)

Die Einführung der Homo-"Ehe" war immer ein Projekt der Grünen und Linken, das von den Konservativen immer abgelehnt und bekämpft wurde.

Bei der Abstimmung im Bundestag haben Rot-Rot-Grün geschlossen dafür gestimmt. In der Unionsfraktion haben mehr als 2/3 dagegen gestimmt. Nur die Anhänger von Merkels sozialdemokratischem "Modernisierungskurs" wie Altmeier, Tauber, von der Leyen, Böhmer und Spahn haben dafür gestimmt, obwohl die Homo-"Ehe" im Grundsatzprogramm von CDU und CSU abgelehnt wird.
Das hat nichts damit zu tun, dass auch Homosexuelle einen konservativen Lebensstil führen und konservativ wählen, oder sich in einer konservativen Partei engagieren. Was Spahns Entscheidung seinen Partner zu heiraten mit seinem Engagement in der CDU zu tun haben soll erschließt sich mir nicht.
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Dampflok94 »

Charles hat geschrieben:(27 Dec 2017, 01:47)

Meinst du das ernst?
Selbstplaudernd. Das hat nix miteinander zu tun. Ob nun Home-, Hetero- oder Asexualität. Und noch so einiges andere mehr. Es spielt keine Rolle. Genauso wenig ist die Ablehnung der Homosexualität konservativ. Das ist höchstens spießig.
Leute kauft mehr Dampflokomotiven!!!
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Re: Die Krise der Konservativen in Deutschland

Beitrag von Charles »

Dampflok94 hat geschrieben:(27 Dec 2017, 15:24)
Das hat nix miteinander zu tun.
Warum verfolgen Grüne und Linke dann seit Jahrzehnten das Ziel eine "Homo-Ehe" einzuführen, wogegen Konservative seit Jahrzehnten kämpfen?
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