Deutschland ist in der Tat kein laizistischer Staat. Für die Einrichtungen der beiden großen Konfessionen -also auch die Caritas, die Diakonie- gelten Arbeitsgesetze, die jegliche Form des Streiks verbieten. Nicht zu vergessen, dürfen sie sich auch ins Privatleben ihrer Untergebenen einmischen. Die Leute arbeiten dann auch oftmals für einen "Gotteslohn" anstatt für eine ordentliche Bezahlung. Delikates Detail: Die Kirchen zahlen nur 1,8% der Kosten für die Diakonie bzw. die Caritas. Der Rest übernimmt der Staat. Und auch die Bischöfe bzw. die Theologen, die an den Universitäten lehren, sind de facto Beamte. Auch sie werden von allgemeinen Steuermitteln finanziert. Es wird Zeit, diese ungerechten Pfründe abzuschaffen!Woppadaq hat geschrieben:(26 Dec 2017, 01:44)
Sich für einen laizistischen Staat (inwiefern haben wir den nicht?) stark zu machen macht erst dan Sinn, wenn die Religion politischer Faktor und damit zum Problem wird. Die Grünen hoffen insgeheim, dass es diesbezüglich nie so schlimm wird, dass sie deshalb eine Richtungsentscheidung treffen müssten. Denn dann würden linke Progressivisten gegen konservative Christen stehen, und das würde die Partei spalten. Bisher läuft sie aber ganz gut damit, mehrgleisig fahren zu können. Konfessionslose entscheiden meist nach Programm, Christen aber ist es wichtig, dass ihr Glaube nicht als Hemmnis empfunden wird.
Die Piraten waren ein Haufen anarchistischer Amateure, die sich geweigert hatten, sich zu professionalisieren bzw. sich feste Strukturen zu geben, mit denen sie auch nach außen schlagfertig sein konnten. Das BGE halte ich zudem nicht für der Weisheit letzter Schuss, da es im Endeffekt doch wieder nur den Reichen nutzt. Da müssen intelligentere Massnahmen her. Ich bin da ganz auf der Seite des echten Ökonomen Heiner Flassbeck, der nicht nur gegen die derzeitige wirtschaftliche Unvernunft -Stichwort "Austerität"- wettert, sondern auch das Thema BGE in Grund und Boden verdammt.Manche Leute müssen unbedingt wegen jeder Kleinigkeit gleich eine Krise an die Wand malen. Richtig ist, dass es eine Art Verwirrung bezüglich der Richtung gibt, weil links und rechts nicht mehr so eindeutig sind und die Amis uns jetzt auch noch ihr Authorithär-Libertär-Gegensatzmodell andrehen wollen, das nur noch mehr Verwirrung stiftet.
Die Wahrheit ist, dass die Älteren leider Gottes immer noch die überwiegende Mehrheit in diesem Land stellen und damit auch das Wahlverhalten beeinflussen. Und dass sich eine allgemeine Konservativität breit gemacht hat, die die "Alternativlosigkeit" stützt, weil ihr das Progressive langsam zu unrealistisch wird. Bestes Beispiel sind die Piraten, die ja die letzte grosse progressivistische Bewegung waren - zu progressiv, um langfristig Wähler an sich binden zu können. Man hatte bisweilen das Gefühl, dass die Piraten selbst nicht so richtig erklären konnten, was ihr wesentlichstes Unterscheidungsmerkmal zu den anderen, etablierten Parteien darstellt. Die Diskussionen um das BGE haben gezeigt, dass der Wille zur Progressivität bei der überwiegenden Mehrheit der Menschen eine Grenze erreicht hat.
Störend ist: Die deutsche Wirtschaft wächst, aber viele Arbeitnehmer kriegen das gar nicht mit. Die Politik hat sich zum Dienstboten der Wirtschaft gemacht, weil diese unbedingt einen schlecht bezahlten Niedriglohnsektor haben wollte. Wenn neue Jobs geschaffen werden, dann sind das auch oft nur befristete Stellen mit schlechter Bezahlung. Der Rest der strukturellen Arbeitslosigkeit wird mit Taschenspielertricks aus den Statistiken hinausgerechnet. Dies alles haben natürlich auch andere Parteien zu verantworten. Aber für Angela Merkels Partei ist das Wirtschaftswachstum die neue "Heilige Kuh". Und wer davon nicht profitiert, weil er vielleicht im Niedriglohnsektor arbeitet, der kann selbst sehen, wo er oder sie bleibt.Bevor ich mich jetzt mal wieder echauffiere, dass Angela Merkel wohl gerade für alles herhalten muss, vom weltweiten Klimawandel bis hin zu meinem Hustenanfall, möcht ich erst mal fragen: was ist eigentlich daran so schlecht? welche Partei kann es sich gerade leisten zu sagen, dass ihr das Wirtschaftswachstum egal ist, es vielleicht sogar stört?
Ich weiß auch nicht, warum die Leute dann nicht beispielsweise "DIE LINKE" wählen. Aber der Protest wählt mittlerweile in Kamikaze-Manier die AfD. "Kamikaze-Manier" deshalb, weil diese Partei laut ihrem Parteiprogramm natürlich noch marktradikaler ist als selbst die FDP. Aber das sind dann wohl die Art von Wählern, die sich nicht die Mühe machen wollen, Parteiprogramme durchzulesen, sondern einfach ihrem Ressentiment folgen.
Und für sie mag es, subjektiv betrachtet, sogar stimmen, dass "früher alles besser" war. Da gab es vermutlich für sie noch besser bezahlte Jobs mit einem guten Kündigungsschutz etc. Aber die AfD wäre die letzte, die ihre Situation verbessern würde! Und auch die anderen Parteien haben natürlich massiv geschlafen, wenn man sich zum Beispiel die Situation im Ruhrgebiet anschaut. Da gab es einen Strukturwandel. Und die Politik hat verschlafen, den Leuten andere, bessere Jobalternativen anzubieten bzw. Weiterbildungsmaßnahmen. Stattdessen kamen dann so unfähige und gewissenlose Politiker wie Wolfgang Clement und haben die Arbeitslosen und Verlierer des Strukturwandels als "Parasiten" beschimpft. Diesen Misstand nicht behoben zu haben, trifft natürlich alle Parteien, die dort an der Regierung waren. Aber die "konservativen Werte" einer Angela Merkel helfen da auch nicht. Im Gegenteil: Die Agenda 2010 beispielsweise war ihr nicht radikal genug. Und jetzt wählen die Abgehängten lieber aus Fundamentalprotest die AfD. Aber ob diese beiden Parteien es schaffen können oder auch nur wollen, den ehemaligen Kohlebergarbeitern neue gute Jobs zu vermitteln? Ich bezweifele es.