Zinnamon hat geschrieben:(12 Nov 2018, 14:01)
Ob die Qualität der Pflege heute so gut wie nie wäre - immer im Kopf behaltend, dass ein Vergleich bei völlig anderen Bedingungen, unter denen das stattfindet immer hinken muss- spielt für den Betroffenen anbetracht des Personalschlüssels und der freigiebigen Ausgabe von Neuroleptika für nächtliche Querulanten, die eigentlich nur Betreuung bräuchten, eine denkbar geringe Rolle.
Das ist beides richtig, sowohl für die Pflege der körperlichen Gebrechen als auch für die Menschen mit psychischen Auffälligkeiten. Erstens ist nicht nur viel mehr Wissen da, die Geräte und Medikamente sind auch breit verfügbar und wo nicht vorhanden, lieferbar - es ist überwiegend ein Preisthema, keine Knappheit. Das war nicht immer und überall so. Zweitens nützt es kaum wem in seinem Leid, wenn es anderen noch schlechter geht. Übrigens glaube ich auch, dass eine höhere Entlohnung mehr praktische Interessenten am Pflegeberuf hervorbringt, dieses Mehr an Kollegen auch die individuelle Überlastung etwas mindern kann, sodass der Trend zu Umschulung und Branchenwechsel verringert werden kann. Auch angestellte Pflegekräfte dürfen "nach Gewinn streben", in diesem Falle eben nach gutem Einkommen und guten Arbeitsbedingungen.
Erstaunlicherweise haben ja Demente, die zu Hause von chronisch überlasteten Laien betreut werden immer noch eine signifikant höhere Lebenserwartung als in Heimen, wo sie fachgerecht betreut werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie auch später ins Endstadium eintreten.
Das ist
auch ein statistischer Effekt. Es werden die zuhause gepflegt, bei denen es geht. Es kommen die ins Heim, die es entweder explizit wollen (wenn sie noch etwas wollen) oder bei denen sich die Pflege zuhause überfordert sieht, aus welchem Grund auch immer.
Ein möglicher Ansatz zur Erklärung wäre übrigens auch die obligatorische Gabe von Neuroleptika.
Das ist leider auch eine wahrscheinliche Erklärung, der dringend nachgeforscht werden muss - ggf auch mit gesetzgeberischen Folgen.
Dass "medizinisch mehr möglich ist" kann ebenso zum Nachteil gelangen wie zum Vorteil.
Die Geschichte von Medizin und Pflege ist voll von Irrtümern. Ein konservativ/minimalistischer Pflegeansatz macht richtiges und falsches erst mit, wenn es längst etabliert ist. Das kann sich ganz verschieden auswirken.
Die Annahme bei dem Thema, in der zentralisierten Pflege werde stellenweise das gemacht, was für's Personal bequem/leistbar/günstig ist und nicht das, was für den Betroffenen wünschenswert ist, steckt voll Sprengstoff. Im Einzelfall würde ich aber hinterfragen, ob nicht dasselbe Prinzip auch bei der Pflege durch Verwandte oder ambulante Pflege beobachtbar wäre.
Unterm Strich meine ich zu erahnen, dass gerade ab einem gewissen Quantum an Zerstörung des Gehirns, die Natur/der liebe Gott es eigentlich sehr vorrausschauend eingerichtet hat, dass man unter normalen Bedingungen nicht überleben würde. Ist natürlich sehr subjektiv wieviel an Niedergang man noch als lebens- und erstrebenswert erachtet.
Das ist eine sehr individuelle Frage, genau wie die Entscheidung, wieviel Behinderung man mit intaktem Gehirn ertragen kann. Dem einen ist es schon zu viel, sich im Rollstuhl dauernd einzuscheißen, der andere findet bettlägerig noch einen prinzipiellen Gefallen am Leben - und dann ist da noch das Thema Schmerz in seinen vielen Formen und Intensitäten. Schmerzen haben die geistig zerstörten und die geistig wachen.
Es kann nicht die Aufgabe der professionellen Pflege oder gar der Politik sein, hier eine allgemeingültige Antwort vorzugeben. Weder im Sinne einer obligatorischen Abschaltung von Hilfen noch im Sinne eines zwanghaften Lebenserhalts gegen einen dokumentierten Willen.