https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... nkung.htmlDie Sozialkassen sitzen auf 90 Milliarden Euro. Forderungen nach einer Reduzierung der Abgabenlast für die Beitragszahler werden lauter. Der CDU-Wirtschaftsrat verlangt, den Arbeitslosenbeitrag spürbar zu senken.
Dank der guten Konjunktur mit Rekordbeschäftigung und steigenden Löhnen sammeln sich in den Sozialkassen immer größere Überschüsse an. Nach Berechnungen des CDU-Wirtschaftsrats betragen die Finanzreserven mittlerweile 90 Milliarden Euro – und damit weit mehr, als der Gesetzgeber zur Abfederung von unterjährigen Ausgabenschwankungen vorschreibt.
Und so wächst der Druck auf die Bundesregierung, die Beitragszahler spürbar zu entlasten. „Denn unsere sozialen Sicherungssysteme sind keine Sparkassen“, sagt der Generalsekretär des Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger: „Eine Absenkung des Arbeitslosenbeitrags um 0,6 Prozentpunkte wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Allein in der Arbeitslosenversicherung werde das Finanzpolster zum Jahresende voraussichtlich 22,5 Milliarden Euro betragen, heißt es in dem Positionspapier der parteinahen Organisation. Und auch die anderen Zweige der Sozialversicherungen verfügen mittlerweile über hohe Reserven.
Die Rentenversicherung meldete zuletzt eine Rücklage von gut 34 Milliarden Euro. In der Pflegeversicherung waren es zum Jahreswechsel sieben Milliarden, und die gesetzlichen Krankenkassen kommen zusammen auf 28 Milliarden Euro.
Überplanmäßige Überschüsse der Sozialkassen bedeuten zum einen, dass die Abgabenquote für Beschäftigte und Unternehmer höher ist, als sie zur Deckung der Ausgaben sein müsste. Zum anderen ist das Horten der Geldmittel in der öffentlichen Hand auch unwirtschaftlich. Denn die Sozialkassen müssen die Finanzreserven besonders sicher und kurzfristig anlegen. Sie leiden deshalb unter Negativzinsen. Das Vermögen der Beitragszahler verliert somit schleichend an Wert.
So plant Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), bei der Rente kräftig draufzusatteln und damit die eigentlich fällige Beitragssenkung ausfallen zu lassen. Außerdem kündigt er neue Leistungen der Bundesagentur für Arbeit an. Und die Gesetzesvorhaben von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sorgen für höhere Ausgaben bei den gesetzlichen Pflege- und Krankenkassen.
Das Bundeskabinett gab am Mittwoch denn auch grünes Licht für Spahns milliardenteures „Pflegepersonal-Stärkungsgesetz“. Der Gesetzentwurf sieht die Finanzierung von 13.000 zusätzlichen Stellen für Pflegeheime vor.
Die Kosten dafür bürdet der Minister den Krankenkassen auf, weil die gesetzlichen Krankenversicherung derzeit noch im Plus ist, während die Pflegeversicherung aufgrund stark gestiegener Ausgaben schon 2017 ins Minus gerutscht ist. Spahn sagte, die zusätzlichen Stellen für Altenheime seien lediglich ein erster Schritt. Weitere Schritte müssten folgen.
Auch in den Krankenhäusern soll jede aufgestockte Stelle von den Krankenkassen voll refinanziert werden, ebenso die künftigen Lohnerhöhungen für die Pflegekräfte. Bisher müssen die Kliniken dafür noch einen Anteil aus dem eigenen Budget aufbringen. Kliniken, die zu wenig Pflegepersonal beschäftigen, drohen zudem finanzielle Einbußen.
Spahn nennt das Gesetz „eine wichtige Etappe zur Verbesserung der Pflege“. Für die Beitragszahler kündigt der CDU-Mann eine erneute Anhebung des Pflegebeitragssatzes zum Jahreswechsel an. Kalkuliert wird aktuell mit einem halben Prozentpunkt von derzeit 2,8 auf 3,3 Prozent für Kinderlose und von 2,55 auf 3,05 für Eltern.
Auch die Liberalen monieren, dass die Koalition mit ihrer Ausgaben steigernden Sozialpolitik überhaupt nicht an diejenigen denkt, die das Ganze finanzieren. Dabei habe die Koalition den Bürgern eine Entlastung bei den Sozialabgaben versprochen, sagt FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel.
„Den bisher mickrigen Entlastungszusagen in der Arbeitslosenversicherung stehen jetzt schon finanziellen Forderungen von Jens Spahn bei den Pflegebeiträgen gegenüber. Sollte die Koalition ihr Ziel verfehlen oder gar ins Gegenteil verkehren und die Bürger am Ende unterm Strich sogar stärker belasten, wäre das angesichts der übervollen Kassen eine geradezu groteske Kapitulation vor dem eigenen Ausgaben-Schlendrian.“
Für den FDP-Politiker wäre denn auch eine Senkung des Arbeitslosenbeitrags um weniger als einen halben Prozentpunkt „schlicht eine Zumutung“ gegenüber den Beitragszahlern. Das gelte gerade gegenüber Menschen mit kleineren Einkommen, die von Sozialabgaben besonders belastet seien.
Die Bundesagentur für Arbeit wird auf eine Rücklage von mehr als 20 Milliarden Euro zurückgreifen können und ist damit nach Meinung aller Experten auch für eine große Krise gut gerüstet.
Arbeitsminister Hubertus Heil plant allerdings neue Aufgaben für die Bundesagentur für Arbeit und will deshalb den Beitragssatz nicht so stark absenken, wie dies mit Blick auf die Finanzreserven möglich wäre. So will der Sozialdemokrat mehr Beitragsgelder für die Qualifizierung und Weiterbildung von Beschäftigten zur Verfügung stellen.
Weitere Forderungen nach Ausgabensteigerungen
Heil hält solche Maßnahmen für nötig, damit die Arbeitnehmer im digitalen Wandel nicht auf der Strecke bleiben. Außerdem sollen zukünftig mehr Arbeitslose Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben.
Mehr Leistung und dafür weniger Beitragssenkung – vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) erhält Heil für diesen Kurs Unterstützung: „Wenn wir die Beiträge senken, muss das mit Augenmaß geschehen: Wir müssen nämlich gleichzeitig den Schutz der Arbeitslosenversicherung ausweiten und die Weiterbildungsmöglichkeiten im digitalen Wandel verbessern“, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.
Die Kasse der Bundesagentur sei auch deshalb gut gefüllt, weil die Menschen keine Leistungen mehr erhielten, die die höchsten Risiken auf dem Arbeitsmarkt trügen, moniert die Gewerkschafterin.
Auch Gesundheitsminister Spahn bekommt neben der Kritik vom Wirtschaftsflügel der Union, den Arbeitgebern und der FDP durchaus auch Lob für seine teuren Pflegepläne. Vor allem die Sozialverbände und Patientenschützer unterstützen den CDU-Mann.
In der Tat gibt es in den Sozialkassen einen deutlichen Überschuss durch die gute konjunkturelle Lage am Arbeitsmarkt. Vor allem aber wurden in den schlechteren Zeiten diverse Kürzungen vorgenommen so das jetzt natürlich mehr Geld im Topf ist, bzw. das es Überschüsse gibt.
=> Was soll mit dem Geld geschehen? M.E. wird das nicht immer so bleiben, sondern es wird auch mal wieder ein "Tief" geben und dann macht es Sinn Geld zurückgelegt zu haben (Wie das i.d.R. Privatpersonen auch tun).
=> Ebenso wäre eine Idee auch das Geld in profitable langfristige Anlagen zu stecken wie z.B. Wohnungsbau von denen man dann in den schlechteren Zeiten wieder Geld hätte!