Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

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Skull
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Skull »

frems hat geschrieben:(12 Sep 2018, 09:03)

4. Absolventen dualer Bachelor-Studiengänge werden noch häufiger als Wald-und-Wiesen-FH-Absolventen für ein Masterstudium später nicht zugelassen, da ihnen einfach viele fachlichen Grundlagen fehlen. Braucht man als Ing. die technische Mechanik, bringt es wenig, wenn dies auf dem Zeugnis fehlt und man stattdessen mit einer Pfeile an Metall herumgekratzt oder den Chef zum Flughafen gefahren hat.
5. Letztendlich ist man kein richtiger Azubi und auch kein Akademiker. Entsprechend sind die späteren Tätigkeiten. Die Unternehmen, die Jahrzehnte nach mehr Abiturienten schrien und nun verwundert sind über die Studien-Möglichkeit des Nachwuchses, hoffe so halt ein paar Plus-Azubis zu ködern, die ansonsten keine Lehre, sondern ein Studium aufnehmen würden. Also watscheln sie ein paar mal in ein Gebäude, auf dem "Hochschule" steht, und gibt ihnen einen akademischen Grad, der zwar in der Theorie, aber nicht in der Praxis gleichwertig ist.
6. Zudem ist es eine unbedeutende Randerscheinung, die nur wenige Betriebe anbieten. Der Anteil unter allen Studenten ist im niedrigen, einstelligen Prozentbereich.

Somit spricht eigentlich nichts dafür.
DAS sehe ich -gerade aus der Praxis heraus- komplett anders.

Dein Verweis "den Chef zum Flughafen fahren" spricht für sich. :D

Duale Studien sind durchaus eine geachtete, honorierte und respektierte Alternative.
Das Ihnen fachliche Grundlagen fehlen, halte ich ich für eine Geschichte aus ... Phantasien.
Denn gerade dort wird Praxis sinnvoll mit der Theorie verknüpft.

Genauso kann ich hier plakativ behaupten,
was wollen die Betriebe mit vielen theoretischen "Akademikern" in einem Vollstudium aus dem Wolkenkuckucksheim...

Vollstudium, Fachhochschulstudium, duale Ausbildungen...
...alle haben ihre Berechtigung und ihren Sinn.

Da sollte man weder einen Weg allzu hoch hängen, noch andere als "zweitklassig" abwerten.

mfg
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frems
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

Skull hat geschrieben:(12 Sep 2018, 09:34)

DAS sehe ich -gerade aus der Praxis heraus- komplett anders.

Dein Verweis "den Chef zum Flughafen fahren" spricht für sich. :D
Naja, dann frag mal bei der Gewerkschaft Deines Vertrauens (sofern es eine gibt :p ), worüber viele Lehrlinge klagen und was so ihre Gründe für einen Abbruch sind. Fachliche Überforderung ist da selten der Fall.
Duale Studien sind durchaus eine geachtete, honorierte und respektierte Alternative.
Das Ihnen fachliche Grundlagen fehlen, halte ich ich für eine Geschichte aus ... Phantasien.
Denn gerade dort wird Praxis sinnvoll mit der Theorie verknüpft.
Da reicht ein Blick in die Modullisten und Prüfungsordnungen, um festzustellen, dass ein reguläres Vollzeitstudium eben mehr fachliche Inhalte vermittelt als der gelegentliche Besuch einer "Hochschule". Aber wen interessieren schon Fakten...
Genauso kann ich hier plakativ behaupten,
was wollen die Betriebe mit vielen theoretischen "Akademikern" in einem Vollstudium aus dem Wolkenkuckucksheim...

Vollstudium, Fachhochschulstudium, duale Ausbildungen...
...alle haben ihre Berechtigung und ihren Sinn.

Da sollte man weder einen Weg allzu hoch hängen, noch andere als "zweitklassig" abwerten.

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Die Existenzberechtigung hat niemand in Frage gestellt. Jemand fragte nach Nachteilen und ich habe ein paar Beispiele genannt. Die Praxis sieht dann eben so aus:
Als es passiert, fällt er aus allen Wolken. Da steht er nun mit seinem Einserabschluss in Bauingenieurwesen, ein dualer Bachelor von der Berliner Hochschule für Wissenschaft und Recht (HWR) in einer Zeit, da alle das duale Studium preisen. Aber als er sich für einen Wirtschaftsingenieur-Master an der RWTH Aachen bewirbt, steht in der Antwort der Uni: abgelehnt; er sei "nicht für den Studiengang geeignet". [...]

Mit FH-Bachelor an die Uni? Müsste doch gehen. Hat zu gehen, denkt Christian Schäfer, damals 26, und versucht es nach der ersten Ablehnung erneut. Diesmal in seinem alten Fach, Bauingenieurwesen, an der Technischen Universität Berlin. Schäfer, der in Wirklichkeit anders heißt, legt dem Fachbereich, an dem er studieren möchte, seine Belege Monate im Voraus zur Prüfung vor. Es scheint glattzugehen: Der zuständige Professor antwortet per Mail, Schäfer erfülle "die aktuell gültigen Zulassungsvoraussetzungen". Ein halbes Jahr später erhält Schäfer ein offizielles Ablehnungsschreiben. Als er nachfragt, heißt es, die Eignung werde nun von einem anderen Professor überprüft. Der wiederum teilt Schäfer mit, er lese sich die Inhalte aller Module durch, die ein Bewerber zuvor studiert habe. Es reiche nicht, "die Namen der Module zu nehmen und die Punkte zusammenzuzählen".
https://www.zeit.de/2017/04/master-univ ... hochschule

Darauf weisen selbst die Lobbyseiten hin:
Im Internet finden sich viele Erfahrungsberichte von dualen Bachelor-Absolventen, die nur mit Mühe oder auch gar nicht ein Master Studium beginnen konnten. Denn obwohl der duale Bachelor dem Bachelorabschluss an sich gleichwertig ist, zeigen sich die Unterschiede leider oftmals im Detail. Und diese Details verhindern dann den Wechsel an eine andere Wunsch-Hochschule, um dort den Master zu absolvieren.
https://www.wegweiser-duales-studium.de ... -bachelor/

Aber für jemanden ohne entsprechenden Abschluss können das natürlich "Phantasien" sein, wenn man sich dann besser fühlt. :p
Labskaus!

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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Skull »

frems hat geschrieben:(12 Sep 2018, 09:46)

Aber für jemanden ohne entsprechenden Abschluss können das natürlich "Phantasien" sein,
wenn man sich dann besser fühlt. :p
Deine unbegründete Arroganz überzeugt nicht. Der eine oder andere Erfahrungsbericht eines 26 jährigen auch nicht.

Überall wird es gute wie schlechte Beispiele geben. Gebe DU Deine einseitigen "Ratschläge".
Mit Internetartikeln unterlegt.

Ich bleibe da lieber im realen Leben, und erteile höchstens Ratschläge in konkreten Fällen.
Und da komme ich bei unterschiedlichen Personen zu unterschiedlichen Wegen.

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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von KarlRanseier »

odiug hat geschrieben:(12 Sep 2018, 09:08)

Auch in den USA zahlen viele Studenten nicht die Kosten ihres Studiums.
Manche jedoch, wie zB Absolventen der Trump University, viel zu viel.
Aber auch die Ivy League kommt nicht ohne Spenden aus.

Aber um das klar zu machen, ich in voll und ganz für eine frei Bildung.
Gerade in Deutschland ist das wichtig.
Bei "freie Fahrt für frei Bürger" bin ich da etwas skeptischer.

Klar ist freie Bildung wünschenswert, und sie kostet auch nicht mehr als jetzt. Jeder Student, der zusätzlich arbeiten
muss und deshalb sein Studium verlängert, kostet viel mehr als eine adäquate finanzielle Unterstützung.

Ich denke, das weiß auch jeder. Wer gegen diese Unterstützung ist, dem geht es nicht ums Geld, denn wie geschrieben,
Vater Staat schießt sich ins eigene Knie. Es geht denen einzig und allein darum, billige Arbeitskräfte zu bekommen.

Reichen die Alten, die dank der Rentenreform noch arbeiten müssen, nicht? Gibts nicht mehr genügend
Hartz-IV-Zwangsverpflichtete? Wollen auch keine Polen mehr für deutschen Löhne arbeiten?
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

Skull hat geschrieben:(12 Sep 2018, 09:52)

Deine unbegründete Arroganz überzeugt nicht. Der eine oder andere Erfahrungsbericht eines 26 jährigen auch nicht.

Überall wird es gute wie schlechte Beispiele geben. Gebe DU Deine einseitigen "Ratschläge".
Mit Internetartikeln unterlegt.

Ich bleibe da lieber im realen Leben, und erteile höchstens Ratschläge in konkreten Fällen.
Und da komme ich bei unterschiedlichen Personen zu unterschiedlichen Wegen.

mfg
Die Nachteile sind eben gegeben und selbst die Befürworter dieses Bildungswegs weisen darauf hin. Ob man es gerechtfertigt findet, dass vernünftige Universitäten FH- und DH-Absolventen regelmäßig ablehnen, steht auf einem anderen Blatt. Sie tun es eben und das sollte man vorher wissen statt später überrascht zu sein.
Jackadi Jack und Bla Bla Bla
Dein Mod :)

Nimm's halt sportlich und nicht gleich persönlich, nur weil Du Dich eben für einen anderen Weg entschieden hast. War ja offensichtlich für Dich der richtige Weg und alles wird gut. Versprochen.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

Alana4 hat geschrieben:(12 Sep 2018, 07:33)

Es gibt nur vergleichsweise wenige Studienplatzangebote dieser Art.
Und wenn der Arbeitgeber das Studium nicht finanziert (zusätzlich zu dem fetten Gehalt, das er in der Zeit selbstverständlich zahlt), dann ist so ein duales Studium eine verdammt teure Angelegenheit!
Sind in der Tat nicht viele. Deutschlandweit besuchen (2016) knapp 100.000 Azubis nebenbei hin und wieder eine Hochschule (https://www.bibb.de/dokumente/pdf/59df5 ... rr_urn.pdf). Nur 7% der Angebote werden durch Universitäten durchgeführt und gerademal 2% der Unternehmen bieten auch Masterstudiengänge an (https://www.wegweiser-duales-studium.de/statistik-2018/). Nur mal zwei andere Zahlen zur Einordnung der Größen: Bafög erhalten hingegen über 550.000 der mehr als 2.800.000 Studenten in Deutschland. Gibt halt nicht viele Personen und Unternehmen, für die sich sowas lohnt. Aber ist ja okay, dass man solche Angebote für die wenigen Bereiche schafft, wo es sinnvoll sein könnte.
Labskaus!

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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

H2O hat geschrieben:(11 Sep 2018, 17:17)
Niemand erwirbt ohne Lehrer in vertretbarer Zeit das Wissen in einem sehr umfangreichen Teilgebiet der technischen Wissenschaften. Das kann auf vielen Gebieten so sein, aber in meinem Fachgebiet kenne ich mich aus! Das wird nix.
Also das will ich nicht mal sagen. Man kann auch von Kollegen und Selbststudium lernen. Aber natürlich ist der normale Weg erstmal ein Lehrer. Und was ist falsch daran, eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen zu müssen?
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

Maltrino hat geschrieben:(12 Sep 2018, 01:37)

Ja du hast doch den Artikel gelesen, da erklärt die Frau doch was gemeint ist, es geht um den Studienbeginn, also warum die Frage? Ach ja, um lustig zu diskutieren...
ok
Wer nicht 10€ pro Monat für das Studium des Kindes aufbringen kann, der sitzt bei der nächsten Gaspreiserhöhung im Winter im Kalten. Ich denke eher, dass man das Geld für alles aufwenden kann. Bessere Klamotten, größere Wohnung, Kinoabend, Urlaub etc., aber für das Studium? Ne. Da geht das nicht.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

frems hat geschrieben:(11 Sep 2018, 17:50)

Wahrscheinlich nicht so:

Sarah ist 17 und Tochter einer Hartz-IV-Empfängerin. Sie macht gerade Abi und würde gerne für die Zukunft Geld sparen. Doch das geht nicht. Denn Sarah muss rund 80 Prozent von dem Geld, das sie bei einem Nebenjob verdient, abgeben.
Das heißt, bei einem 450-Euro-Nebenjob würden ihr nur um die 170 Euro bleiben. Unfair, findet Sarah, und macht im Internet mit einem Post auf dieses Problem aufmerksam.

https://www.mopo.de/news/politik-wirtsc ... d-31238964
Ja, 60%-70% wären besser. Grundsätzlich ist es jedoch nicht falsch, die Höhe der Sozialleistungen an die Bedürftigkeit zu knüpfen. Wer mehr verdient, benötigt weniger Hilfe.

PS: Von den 450€ bleiben dem Mädchen übrigens 450€. Nur wird Hartz4 um 280€ gekürzt.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

Ok, die Lösung:
Es gibt einen Bafög-Voschuss von maximal 2000€, der in voller Höhe in 5 Jahren zurück bezahlt werden muss, sofern man über 1000+x€ verdient (ähnlich wie bei der eigentlichen Bafögrückzahlung).

Plus die Verwaltungsgebühr (zB. 100€)

Dann kann keiner mehr sagen, dass ihm dieses Hindernis im Wege stünde. Oder ist das zu viel Eigenverantwortung, wenn man da einen Antrag frühzeitig ausfüllen muss?
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von H2O »

franktoast hat geschrieben:(12 Sep 2018, 12:05)

Also das will ich nicht mal sagen. Man kann auch von Kollegen und Selbststudium lernen. Aber natürlich ist der normale Weg erstmal ein Lehrer. Und was ist falsch daran, eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellen zu müssen?
Diesen Weg ohne fachliche Anleitung halte ich in den Naturwissenschaften auch heute noch für ausgeschlossen. Ich kenne meine Wissenschaft, und mir ist da noch niemand begegnet, der die Universität nur von außen gesehen hat.

Eine Kosten/Nutzen-Rechnung mag für Kaufleute in Ordnung sein; für Wissenschaftler oder Künstler ist das nicht der beherrschende Gesichtspunkt. Ich sagte ja schon: So mancher Kaufmann wird leise lächeln, wenn er Einkünfte vergleicht und den Aufwand, überhaupt dahin zu kommen. Die Frage ist doch am Ende die Lebenszufriedenheit. Und da bin ich nach wie vor glücklich über eine wunderbar spannende und schöpferische Zeit! Hat sich gelohnt, dieses Leben!
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

H2O hat geschrieben:(12 Sep 2018, 13:59)

Diesen Weg ohne fachliche Anleitung halte ich in den Naturwissenschaften auch heute noch für ausgeschlossen. Ich kenne meine Wissenschaft, und mir ist da noch niemand begegnet, der die Universität nur von außen gesehen hat.

Eine Kosten/Nutzen-Rechnung mag für Kaufleute in Ordnung sein; für Wissenschaftler oder Künstler ist das nicht der beherrschende Gesichtspunkt. Ich sagte ja schon: So mancher Kaufmann wird leise lächeln, wenn er Einkünfte vergleicht und den Aufwand, überhaupt dahin zu kommen. Die Frage ist doch am Ende die Lebenszufriedenheit. Und da bin ich nach wie vor glücklich über eine wunderbar spannende und schöpferische Zeit! Hat sich gelohnt, dieses Leben!
Ok, dann eben ne Aufwand-Nutzen/Lebenszufriedenheit-Rechnung. Es kann aber eben nicht richtig sein, wenn das Studium Unmengen von Aufwand für andere verschlingt, dass das sowieso immer richtig wäre, wenn es dem Studierenden minimal mehr Lebenszufriedenheit gäbe-.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

franktoast hat geschrieben:(12 Sep 2018, 12:07)

Wer nicht 10€ pro Monat für das Studium des Kindes aufbringen kann, der sitzt bei der nächsten Gaspreiserhöhung im Winter im Kalten. Ich denke eher, dass man das Geld für alles aufwenden kann. Bessere Klamotten, größere Wohnung, Kinoabend, Urlaub etc., aber für das Studium? Ne. Da geht das nicht.
Wie gesagt, ich versteh immer noch nicht warum du dann hier fragst. Sag doch klipp und klar "Ich finde es gut wenn Leute die dieses Geld nicht aufbringen können nicht studieren können". Punkt. Und dann wirst du damit leben müssen dass es Leute gibt die eine andere politische Meinung haben und kannst dich mit denen streiten.

Ansonsten, was soll man jetzt antworten. Ich gehe mal davon aus, dass der Vergleicht mit den USA kommt, wo Studiengebühren es gibt und Marktwirtschaft... Ich habe oft das Gefühl, dass bei uns folgendes das Problem ist, und ich kann da nur von "meiner" Generation ausgehen: Mein subjektiver Eindruck ist, dass "uns" gesagt wurde, dass wir uns auf Staat und Gesellschaft verlassen können, dass die uns eine gute Bildung und Ausbildung bringen und wir danach (!) dann wenn wir gut sind einen Job finden und alles alleine verdienen können und müssen. Wenn nun aber, wie du sagst, so etwas wie "Eigenverantwortung" verlangt wird, dann (ich sag das mal so), dann muss einem das auch gesagt werden. Dann muss einem klipp und klar gesagt werden, schon im Kindergarten und der Grundschule "Hier, passt mal auf, wir in der Grundschule bringen euch zwar lesen, schreiben und rechnen bei, aber was viel wichtiger ist, ihr müsst nebenbei Geld verdienen, Geld sparen, lernen wie man in unserem WIrtschaftssystem und unserem Gesundheitssystem zurechtkommt usw, das müsst ihr alles selber machen und das ist sehr wichtig!" . Geschieht das? Besteht hier eine Kultur in der das gelehrt wird was du "Eigenverantwortung" nennst? Meine Meinung nach ganz klar NEIN. Es besteht viel eher eine Kultur wo dem Einzelnen gesagt wird, "Du bist scheiße, die Gesellschaft und der Staat ist ganz toll, lass erstmal das was du machen willst zu Hause und guck dir an was wir dir beibringen". Ja, und dann sitzen da viele halt 12 Jahre und gucken aufmerksam was der Staat ihnen denn so beibringen will, und dann ups, fehlen plötzlich 2000 Euro. Ja warum denn? Vielleicht auch (nur ein Grund von vielen) weil niemand ihnen beigebracht hat, dass man diese 2000 Euro haben muss?

Ich will mal nicht zu weit ausholen, aber ich glaube manchmal folgendes ist das Problem: Deutschland ist sowohl "westlich", als auch "östlich" geprägt, und mit "westlich" meine ich Individualität und "Eigenverantwortung", mit "östlich" meine ich "kollektivistisch". In Deutschland werden selten Sätze gesagt wie "Dies ist ein tolles Land wo jeder leben kann wie er will", es wird eher betont "Deutschland geht es gut", als Kollektiv also. Der Eindruck wird vermittelt, dass das Kollektiv für einen sorgt und es einem gut geht wenn man sich ihm brav unterordnet. Und jemand der das tut, der geht dann halt 12 Jahre brav zur Schule und lernt dann halt lesen und rechnen. Und dann plötzlich heißt es aber "Das Kollektiv gibt dir keine 2000 Euro für den Studienbeginn". "Hallo?" Ganz simple Vermutung: Ich glaube die wussten das einfach nicht. Die haben sich auf den Staat verlassen. Ist ja auch klar, denn wenn es Deutschland so "gut" geht, wie dauernd betont wird, wie soll man dann auf die Idee kommen, dass dieser Staat keine 2000 Euro für den Studienbeginn auftreiben soll.

Leben wir im Westen wo "Eigenverantwortung" zählt, oder leben wir im Osten wo alle brav mit Schuluniform zur Schule kommen und der Nagel der heraussteht eingeschlagen wird?

Wenn nun aber nicht das "östliche", das "kollektivistische" Prinzip gelten soll, dann muss dem Einzelnen auch klipp und klar gesagt werden, von Kind an "Du kannst dich nicht auf den Staat verlassen! Der Staat und die Gesellschaft werden sich nicht um dich sorgen!". Man muss also dazu erzogen werden skeptisch gegenüber dem Staat zu sein. Aber wer tut das? Wer "Eigenverantwortung" predigt, der muss auch damit leben, dass Individualität gelebt wird. Wollt ihr das? Dass die Schüler 12 Jahre nicht brav dem Lehrer zugucken sondern 12 Jahre sich Geschäftskonzepte ausdenken um euch euer Geld wegzunehmen? Wollt ihr, dass die Schüler weniger brav in der Schule sitzen dafür mehr sich überlegen wie sie dumme Rentner mit Abofallen übers Ohr hauen können, damit sie die 2000 Euro zum Studienbeginn haben? Ja ok. Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht was "ihr" wollt... Ich höre hier in Deutschland immer nur, dass es "Deutschland gut geht", und dass wir ein ganz tolles System haben auf das man sich verlassen kann und wo man nicht aufmucken soll, weil es sonst kaputt geht, und dann höre ich plötzlich wieder was von "Eigenverantwortung"... Ja was denn nun? Nochmal: Dann macht es doch so, aber dann sagt den Kindern auch klipp und klar "Dieser Staat ist euer Feind, er wird nicht für euch sorgen, auch nicht wenn ihr noch Kinder seid". Traut ihr euch das?
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von H2O »

franktoast hat geschrieben:(12 Sep 2018, 14:15)

Ok, dann eben ne Aufwand-Nutzen/Lebenszufriedenheit-Rechnung. Es kann aber eben nicht richtig sein, wenn das Studium Unmengen von Aufwand für andere verschlingt, dass das sowieso immer richtig wäre, wenn es dem Studierenden minimal mehr Lebenszufriedenheit gäbe-.
Wenn Ideale Sie leiten, dann weiß man erst hinterher, ob man die Sache "richtig" angefaßt hat. Natürlich kann man Pech haben, findet den Einstieg in den Beruf nicht, muß Broterwerb betreiben ohne die vorhandenen Talente einsetzen zu können. Habe ich auch beobachtet. Im Universitätsbereich ist alles möglich zwischen Nobelpreis und versauern in einer Wartestellung. Ein Thema für sich und auch eine Welt für sich.

Dennoch, das sind Einzelfälle hier und da; meist "lohnt" es sich, seinen Neigungen zu folgen. Ich war einer dieser Glücklichen.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

Maltrino hat geschrieben:(12 Sep 2018, 01:50)

Ja, aber Skull hat ja nicht aus eigener Kraft sein Studium finanziert sondern konnte dies nur tun weil ihm jemand einen "Vollzeitjob" gegeben hat.

(...)
Skull hat geschrieben:(12 Sep 2018, 08:24)

Das hat der Skull schon. :) (..)
Weißt du, das mag jetzt überraschend klingen, aber in solchen Momenten wünsche ich mir manchmal so etwas wie eine Besinnung auf die "christlichen Werte", des "Abendlandes" oder was auch immer... Warum macht sowas wie ein "Erntedankfest" in diesem Kontext Sinn? Weil die Gläubigen Gott für die Ernte danken. Sie stellen sich nicht hin und sagen "Oh, guck mal Gott, was ICH geleistet habe, ich bin ja so toll Gott!", nein sie DANKEN für die Ernte. Sie erkennen an, dass sie zwar hart arbeiten sollen, dass es aber nicht in ihrer Macht steht ob die Arbeit belohnt wird. Und ob das mit "Gott" alles so realistisch ist, das ist eine andere Frage, aber die Tatsache, dass kein Arbeiter und kein Bauer es selbst in der Hand hat ob seine Arbeit belohnt wird, hat man ja in diesem Sommer gesehen.

Wenn du nun also als Jugendlicher Mensch etwas "gearbeitet" hast, was auch immer das gewesen sein mag, dann kann man es vielleicht gerade noch so hinbiegen, dass du sagen kannst "Ich habe aus eigener Kraft gearbeitet", aber du kannst dir nicht "aus eigener Kraft" Geld geben, genausowenig wie ein Bauer aus eigener Kraft für seine Ernte garantieren kann und deshalb immer (auch heute noch) "dankbar" sein muss, dass er belohnt wird.

Ich sag nicht, dass ich das was ich als "christliche Arbeitsmoral" verstehe so unterstütze, das wär auch wieder ein viel zu komplexes Thema hier, aber wenn ich das mal ganz grob zusammenfasse, dann gehe ich davon aus, dass viele christlich geprägte Menschen eine Auffassung von Arbeit haben müssten, die so aussieht:

Ich muss mich bemühen ("Im Schweiße deines Angesichtes..."), aber es liegt nicht in meiner Hand ob ich belohnt werde ("Unser täglich Brot gib uns heute...").

Heute denken aber viele Menschen, dass sie sich selber belohnen können, dass sie selber dafür verantwortlich sind, dass sie Ernte einfahren oder dass ihr Chef ihnen Geld überweist. Das entspricht natürlich nicht diesen "christlichen Werten" und ist aber auch faktisch falsch, da unsere Marktwirtschaft so aufgebaut ist, dass du niemanden zwingen kannst dir Geld zu geben oder Arbeit zu geben. Du kannst dich zwar Bemühen, aber es liegt an den Entscheidungen anderer, und oft an Umwelteinflüssen, ob du belohnt wirst. Der Satz "Ich finanziere mich aus eigener Kraft" ist also unsinnig. Vielleicht kann eine Bank, die sich selber Geld druckt, sich "selbst finanzieren... Aber jeder andere kann sich höchstens bemühen und darauf hoffen, dass jemand anderes ihm dafür Geld gibt. Das ist erstmal die Grundlage. Und wenn man das verstanden hat, dann wird einem auch schnell klar, dass es natürlich immer Leute geben wird, die sich bemühen, die hart arbeiten, und trotzdem nicht die 2000 Euro für den Studienbeginn haben werden. Soll man denen dann das Studium verweigern? Ich glaube darum gehts doch hier oder? Das ist doch die Frage um die man sich streiten kann. Soll man also auch jemandem der einfach nur "Pech" hat, das Studium verweigern?
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von jorikke »

Maltrino hat geschrieben:(12 Sep 2018, 15:12)

Weißt du, das mag jetzt überraschend klingen, aber in solchen Momenten wünsche ich mir manchmal so etwas wie eine Besinnung auf die "christlichen Werte", des "Abendlandes" oder was auch immer... Warum macht sowas wie ein "Erntedankfest" in diesem Kontext Sinn? Weil die Gläubigen Gott für die Ernte danken. Sie stellen sich nicht hin und sagen "Oh, guck mal Gott, was ICH geleistet habe, ich bin ja so toll Gott!", nein sie DANKEN für die Ernte. Sie erkennen an, dass sie zwar hart arbeiten sollen, dass es aber nicht in ihrer Macht steht ob die Arbeit belohnt wird. Und ob das mit "Gott" alles so realistisch ist, das ist eine andere Frage, aber die Tatsache, dass kein Arbeiter und kein Bauer es selbst in der Hand hat ob seine Arbeit belohnt wird, hat man ja in diesem Sommer gesehen.

Wenn du nun also als Jugendlicher Mensch etwas "gearbeitet" hast, was auch immer das gewesen sein mag, dann kann man es vielleicht gerade noch so hinbiegen, dass du sagen kannst "Ich habe aus eigener Kraft gearbeitet", aber du kannst dir nicht "aus eigener Kraft" Geld geben, genausowenig wie ein Bauer aus eigener Kraft für seine Ernte garantieren kann und deshalb immer (auch heute noch) "dankbar" sein muss, dass er belohnt wird.

Ich sag nicht, dass ich das was ich als "christliche Arbeitsmoral" verstehe so unterstütze, das wär auch wieder ein viel zu komplexes Thema hier, aber wenn ich das mal ganz grob zusammenfasse, dann gehe ich davon aus, dass viele christlich geprägte Menschen eine Auffassung von Arbeit haben müssten, die so aussieht:

Ich muss mich bemühen ("Im Schweiße deines Angesichtes..."), aber es liegt nicht in meiner Hand ob ich belohnt werde ("Unser täglich Brot gib uns heute...").

Heute denken aber viele Menschen, dass sie sich selber belohnen können, dass sie selber dafür verantwortlich sind, dass sie Ernte einfahren oder dass ihr Chef ihnen Geld überweist. Das entspricht natürlich nicht diesen "christlichen Werten" und ist aber auch faktisch falsch, da unsere Marktwirtschaft so aufgebaut ist, dass du niemanden zwingen kannst dir Geld zu geben oder Arbeit zu geben. Du kannst dich zwar Bemühen, aber es liegt an den Entscheidungen anderer, und oft an Umwelteinflüssen, ob du belohnt wirst. Der Satz "Ich finanziere mich aus eigener Kraft" ist also unsinnig. Vielleicht kann eine Bank, die sich selber Geld druckt, sich "selbst finanzieren... Aber jeder andere kann sich höchstens bemühen und darauf hoffen, dass jemand anderes ihm dafür Geld gibt. Das ist erstmal die Grundlage. Und wenn man das verstanden hat, dann wird einem auch schnell klar, dass es natürlich immer Leute geben wird, die sich bemühen, die hart arbeiten, und trotzdem nicht die 2000 Euro für den Studienbeginn haben werden. Soll man denen dann das Studium verweigern? Ich glaube darum gehts doch hier oder? Das ist doch die Frage um die man sich streiten kann. Soll man also auch jemandem der einfach nur "Pech" hat, das Studium verweigern?
Unglaublich. Deine Argumentation stellt die Wirklichkeit schlicht auf den Kopf.
Es liest sich wie die Alibi Begründung eines Menschen, der selber nichts auf die Reihe kriegt.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

jorikke hat geschrieben:(12 Sep 2018, 15:40)

Unglaublich. Deine Argumentation stellt die Wirklichkeit schlicht auf den Kopf.
Es liest sich wie die Alibi Begründung eines Menschen, der selber nichts auf die Reihe kriegt.
Wieso das denn? Wenn, um jemanden zu motivieren, gesagt wird "Du bist deines eigenen Glückes Schmied, du kannst aus eigener Kraft reich werden", dann ist das eine Sache. Die andere Sache ist, dass jeder auch von den Entscheidungen anderer und von Umweltfaktoren abhängig ist. Deshalb heißt das hier zum Beispiel "Marktwirtschaft". Weil eben der "Markt", um nicht zu sagen "die Kunden", entscheiden wer Erfolg hat und wer nicht. Ja ok, das ist dann vielleicht demotivierend für manchen, aber es ist die Wahrheit. "Mut zur Wahrheit"... Diese Satz gefällt euch doch hier bestimmt oder..? Und ich glaube für viele Menschen, die wirklich nicht selbst dran schuld sind, dass sie arm sind, ist das auch etwas befreiendes wenn ihnen mal nicht jemand sagt "Du selber bist für deine Armut verantwortlich". Wie gesagt, kann sein, dass es für manche Leute motivierend ist wenn sie denken, sie können "aus eigener Kraft Geld verdienen", aber es verdreht die Realität und ist Selbstbetrug. Les dir nochmal genau durch was ich geschrieben habe. Man kann auch die klassische Gegenüberstellung machen: "Aussteiger" versus "Im Hamterrad rödeln". Jemand der "aus dem System aussteigt" tut dies meist nicht weil er "faul" ist. Ganz im Gegenteil. Eine Hütte in der Wildnis zu bewirtschaften ist viel mehr Arbeit als zur Miete zu wohnen. Aber der Unterschied ist: Diese Aussteiger bauen dann mit den paar Mitteln die sie haben selbst was auf. In der Stadt muss das Geld für die Miete irgendwo her kommen. Man ist also von den Entscheidungen anderer abhängig. Sorry, ich hab keine Lust mehr Selbstverständlichkeiten zu erklären. Ich weiß auch nicht wo du mir jetzt da widersprechen willst. Du kannst dir nicht selbst deinen Lohn überweisen. Was gibt es da jetzt zu diskutieren? Warum sagen denn viele erfolgreiche Menschen, dass sie "Glück" gehabt haben? Weil sie ihr eigenes Versagen rechtfertigen wollen. Aha. Na dann.
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Skull »

Guten Tag,

einen Beitrag nach

--> Rote_Galaxie Sammelthread

verschoben.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

H2O hat geschrieben:(12 Sep 2018, 15:07)

Wenn Ideale Sie leiten, dann weiß man erst hinterher, ob man die Sache "richtig" angefaßt hat. Natürlich kann man Pech haben, findet den Einstieg in den Beruf nicht, muß Broterwerb betreiben ohne die vorhandenen Talente einsetzen zu können. Habe ich auch beobachtet. Im Universitätsbereich ist alles möglich zwischen Nobelpreis und versauern in einer Wartestellung. Ein Thema für sich und auch eine Welt für sich.

Dennoch, das sind Einzelfälle hier und da; meist "lohnt" es sich, seinen Neigungen zu folgen. Ich war einer dieser Glücklichen.
Dass ein angehender Studenten wegen fehlenden 1000€ sein Studium gar nicht erst anfängt, ist wohl auch ein Extremfall. Also wenn man wirklich studieren will. Klingt mir eher nach Ausrede.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

Maltrino hat geschrieben:(12 Sep 2018, 14:49)
Wie gesagt, ich versteh immer noch nicht warum du dann hier fragst. Sag doch klipp und klar "Ich finde es gut wenn Leute die dieses Geld nicht aufbringen können nicht studieren können". Punkt. Und dann wirst du damit leben müssen dass es Leute gibt die eine andere politische Meinung haben und kannst dich mit denen streiten.
Das ist auch meine Meinung.
Ansonsten, was soll man jetzt antworten. Ich gehe mal davon aus, dass der Vergleicht mit den USA kommt, wo Studiengebühren es gibt und Marktwirtschaft... Ich habe oft das Gefühl, dass bei uns folgendes das Problem ist, und ich kann da nur von "meiner" Generation ausgehen: Mein subjektiver Eindruck ist, dass "uns" gesagt wurde, dass wir uns auf Staat und Gesellschaft verlassen können, dass die uns eine gute Bildung und Ausbildung bringen und wir danach (!) dann wenn wir gut sind einen Job finden und alles alleine verdienen können und müssen. Wenn nun aber, wie du sagst, so etwas wie "Eigenverantwortung" verlangt wird, dann (ich sag das mal so), dann muss einem das auch gesagt werden. Dann muss einem klipp und klar gesagt werden, schon im Kindergarten und der Grundschule "Hier, passt mal auf, wir in der Grundschule bringen euch zwar lesen, schreiben und rechnen bei, aber was viel wichtiger ist, ihr müsst nebenbei Geld verdienen, Geld sparen, lernen wie man in unserem WIrtschaftssystem und unserem Gesundheitssystem zurechtkommt usw, das müsst ihr alles selber machen und das ist sehr wichtig!" . Geschieht das? Besteht hier eine Kultur in der das gelehrt wird was du "Eigenverantwortung" nennst? Meine Meinung nach ganz klar NEIN. Es besteht viel eher eine Kultur wo dem Einzelnen gesagt wird, "Du bist scheiße, die Gesellschaft und der Staat ist ganz toll, lass erstmal das was du machen willst zu Hause und guck dir an was wir dir beibringen". Ja, und dann sitzen da viele halt 12 Jahre und gucken aufmerksam was der Staat ihnen denn so beibringen will, und dann ups, fehlen plötzlich 2000 Euro. Ja warum denn? Vielleicht auch (nur ein Grund von vielen) weil niemand ihnen beigebracht hat, dass man diese 2000 Euro haben muss?

Ich will mal nicht zu weit ausholen, aber ich glaube manchmal folgendes ist das Problem: Deutschland ist sowohl "westlich", als auch "östlich" geprägt, und mit "westlich" meine ich Individualität und "Eigenverantwortung", mit "östlich" meine ich "kollektivistisch". In Deutschland werden selten Sätze gesagt wie "Dies ist ein tolles Land wo jeder leben kann wie er will", es wird eher betont "Deutschland geht es gut", als Kollektiv also. Der Eindruck wird vermittelt, dass das Kollektiv für einen sorgt und es einem gut geht wenn man sich ihm brav unterordnet. Und jemand der das tut, der geht dann halt 12 Jahre brav zur Schule und lernt dann halt lesen und rechnen. Und dann plötzlich heißt es aber "Das Kollektiv gibt dir keine 2000 Euro für den Studienbeginn". "Hallo?" Ganz simple Vermutung: Ich glaube die wussten das einfach nicht. Die haben sich auf den Staat verlassen. Ist ja auch klar, denn wenn es Deutschland so "gut" geht, wie dauernd betont wird, wie soll man dann auf die Idee kommen, dass dieser Staat keine 2000 Euro für den Studienbeginn auftreiben soll.

Leben wir im Westen wo "Eigenverantwortung" zählt, oder leben wir im Osten wo alle brav mit Schuluniform zur Schule kommen und der Nagel der heraussteht eingeschlagen wird?

Wenn nun aber nicht das "östliche", das "kollektivistische" Prinzip gelten soll, dann muss dem Einzelnen auch klipp und klar gesagt werden, von Kind an "Du kannst dich nicht auf den Staat verlassen! Der Staat und die Gesellschaft werden sich nicht um dich sorgen!". Man muss also dazu erzogen werden skeptisch gegenüber dem Staat zu sein. Aber wer tut das? Wer "Eigenverantwortung" predigt, der muss auch damit leben, dass Individualität gelebt wird. Wollt ihr das? Dass die Schüler 12 Jahre nicht brav dem Lehrer zugucken sondern 12 Jahre sich Geschäftskonzepte ausdenken um euch euer Geld wegzunehmen? Wollt ihr, dass die Schüler weniger brav in der Schule sitzen dafür mehr sich überlegen wie sie dumme Rentner mit Abofallen übers Ohr hauen können, damit sie die 2000 Euro zum Studienbeginn haben? Ja ok. Aber ich weiß ehrlich gesagt nicht was "ihr" wollt... Ich höre hier in Deutschland immer nur, dass es "Deutschland gut geht", und dass wir ein ganz tolles System haben auf das man sich verlassen kann und wo man nicht aufmucken soll, weil es sonst kaputt geht, und dann höre ich plötzlich wieder was von "Eigenverantwortung"... Ja was denn nun? Nochmal: Dann macht es doch so, aber dann sagt den Kindern auch klipp und klar "Dieser Staat ist euer Feind, er wird nicht für euch sorgen, auch nicht wenn ihr noch Kinder seid". Traut ihr euch das?
Also ich sehe das ähnlich. Einerseits pocht man auf Freiheiten, aber Eigenverantwortung will man dann doch nicht. Ich denke aber, dass es eher oft als Ausrede genutzt wird. "Ich würde ja studieren, aber ich kann nicht, weil..." Wenn man etwas wirklich will, halten einem so kleine Hürden nicht auf. Ja, wer ein Kleinkind zu Hause zu versorgen hat, der hat es schwer. Aber 1000-2000€?

Ich persönlich finde natürlich, dass es Aufgabe der Eltern ist, dem Kind ein gewisses Startgeld zu geben. Führerschein bezahlen, womöglich das erste Auto (je nach dem, wie sehr es gebraucht wird), Mietkaution zum Studiumanfang. Aber natürlich wäre es auch gut möglich, wenn der junge Erwachsene - auch auf Zutun der Schule oder Eltern - sich das Geld selber besorgt.

Abitur macht man Mai, Studium fängt Oktober an. Da sind 4 Monate dazwischen. Was macht der mittellose Erwachsene in der Zeit?
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

franktoast hat geschrieben:(12 Sep 2018, 16:46)

...

Abitur macht man Mai, Studium fängt Oktober an. Da sind 4 Monate dazwischen. Was macht der mittellose Erwachsene in der Zeit?
Soll ich dir erzählen was ich gemacht hab? Dann schreist du aber "Einzelfall!"

Vorschlag: Frag doch mal 1000 junge Erwachsene (Oder nur 1000 mittellose junge Erwachsene?) was sie in dieser Zeit gemacht haben. Und dann wirst du wohl ganz unterschiedliche Geschichten hören. Und dann hast du mehrere Alternativen. Du kannst zum Beispiel einen "Durchschnitt" ermitteln oder eine "Mehrheit der jungen Erwachsenen" identifizieren, und wirst wohl zu dem Ergebnis kommen, dass es dem "nomalen jungen Durchschnittserwachsenen" gut geht und dass sich nichts ändern muss. Oder du betrachtest die vielen "Einzelfälle", die alles Minderheiten sind, und sagst entweder "Wegen so wenig Menschen müssen wir nichts unternehmen", oder überlegst dir was man für diese "Einzelfälle" tun kann oder überlegst dir wie das System gründsätzlich sein müsste damit diese "Einzelfälle" es leichter haben oder damit es sie nicht mehr gibt...

Ich glaube deine verzweifelten Fragen nach "dem mittellosen Erwachsenen" zeigen nur die Grenzen der derzeitigen Herangehensweise in der Politik auf. Man hat also offenbar ein System installiert wo man denjenigen der immatrikuliert ist unterstützt. Die Schwachstelle im System ist, dass offenbar (laut Artikel) die Zeit davor schon ein Problem ist. Zumindest für manche. Und in der Logik des jetzigen Systems müsste man nun wieder komplizierte Fördertöpfe erfinden für paar die...

Und mein "verzweifelter" Vorschlag nach einem "Kulturwandel" ist halt eine Reaktion auf dieses Dilemma. Dass "klipp und klar" ALLEN gesagt wird, das sie bittesehr 10 Jahre lang Geld verdienen sollen.

Aber so ergibt sich halt mir wieder nur ein zwiespältiges Bild. Auf der einen Seite gibt es Fördertöpfe ohne Ende. Auf der anderen Seite gibt es aber offenbar gerade für die ganz armen, die nicht mal 2000 Euro aufbringen können, gar nichts. Ja was den nun? Wenn ich ganz arm bin, so arm, dass ich mich nicht mal immatrikulieren kann, krieg ich keine Förderung, wenn ich ein bischen arm bin, gibts ganz viel, wenn ich reich bin gibts keine Förderung, wenn ich ganz reich bin, dann kriegt mein Opa plötzlich sogar Subventionen vom Staat weil sein Betrieb "Systemrelevant" ist... Ja was denn nun? "Eigentverantwortung"? Oder Hilfe vom "Kollektiv"? Ich sehe da kein klares Bild.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von H2O »

franktoast hat geschrieben:(12 Sep 2018, 16:38)

Dass ein angehender Studenten wegen fehlenden 1000€ sein Studium gar nicht erst anfängt, ist wohl auch ein Extremfall. Also wenn man wirklich studieren will. Klingt mir eher nach Ausrede.
Kommt eben darauf an, wie risikobereit junge Leute sind. Jeder Mensch muß seine Kräfte selbst einschätzen. Ich mache niemandem einen Vorwurf, der unsicher ist, ob er das Ziel erreicht, und der innerlich beschließt: "Dann lieber nicht!" Hohe Abbrecherzahlen zeigen doch, daß junge Leute leider ihre Kräfte überschätzt haben.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

H2O hat geschrieben:(12 Sep 2018, 17:44)

Kommt eben darauf an, wie risikobereit junge Leute sind. Jeder Mensch muß seine Kräfte selbst einschätzen. Ich mache niemandem einen Vorwurf, der unsicher ist, ob er das Ziel erreicht, und der innerlich beschließt: "Dann lieber nicht!" Hohe Abbrecherzahlen zeigen doch, daß junge Leute leider ihre Kräfte überschätzt haben.
Und wie wärs mal wenn man denjenigen Eltern und Lehrern einen Vorwurf macht die das unterstützen, dass heute, sorry, "jeder Depp" mit Studieren anfängt?

Ich machs kurz: Ich kenne zwei Arten von Leuten die Studium abgebrochen haben oder gar nicht erst damit angefangen haben. Die einen waren zu dumm dafür. Die anderen (wie Bill Gates) waren zu schlau und haben diesen Schritt einfach übersprungen, so wie andere schlaue Leute halt Klassen überspringen. Wenn ich die Mehrheit der Studenten und Akademiker anschaue, sehe ich vereinzelt natürlich trotzdem Genies und sehr fähige Leute, aber ich sehe vor allem "stinknormale" Leute, die nicht groß auffallen sondern die einfach solide und unspektakulär alles auswendig lernen was ihnen vorgesetzt wird.

"Hohe Abbrecherzahl" zeigt erstmal nur, dass viele abbrechen. Ob sie überfordert sind oder vielleicht sogar vom inzwischen "verschulten Bullemielernen" (Bachelor Reform) angewiedert oder "unterfordert" sind, das weiß ich jetzt nicht.

Wenn ich auf die Statistiken schaue dann sehe ich aber nicht nur steigende Zahlen was die Studienanfängerquote angeht, sondern durchaus auch steigende Zahlen was die Absolventen angeht (über 30% eines Jahrganges bekommen einen Abschluss hinterhergeworfen). Wenn das weiter steigt, wenn vor allem sogar die Zahl der Absolventen steigt, dann könnte dies meiner Meinung nach zwei Bedeutungen haben:

1. Entweder entwickelt sich Deutschland zurück zu einem Zustand wie ihn Hans Werner Sinn mal bei einem Besuch in einem Schwellenland anprangerte, wo zwar "jeder Depp" irgendwas studiert aber keiner mehr da ist der die Straßenbeleuchtung reparieren kann.

2. Das Studium ist keine "elitäre" Veranstaltung mehr sondern ist mehr und mehr für den "Normalbürger" konzipiert, für den durchschnittlichen Schüler der weder genial noch lernbehindert ist, sondern einfach nur auswendig lernt was da kommt, eine Art gehobene Berufsausbildung mit toller Urkunde.

Mir ist völlig schleierhaft in welche Richtung es geht aber ein Weg zurück, wo das Studium einer "Elite" vorbehalten bleibt, sehe ich nicht. Das heißt aber auch, dass man bei "begabten" Schülern gar nicht mehr weiß was man ihnen raten soll. Neulich habe ich gelesen, dass jemand der Medizin studieren wollte zu hören bekam "Dafür bist du viel zu intelligent, im Medizinstudium musst du nur stur auswendiglernen, das ist ist nichts für dich". In einer Werbeagentur traf ich einen 19 jährigen, der nicht studiert hat aber die ganze 3D Abteilung leitete. Ich sagt ihm sofort, er hat genau das richtige gemacht, auch er war eigentlich "zu schlau" fürs Studium, er hatte es schlicht nicht nötig und dieses "Nachsitzen" hätte ihm bestimmt geschadet.

Aber wenn ich mir das alles vor Augen führe... Also ich bin vorsichtig darin jetzt jedem "Abbrecher" zu sagen, er "hat sich überschätzt". Es gibt auch Leute die die Ausbildung bei der Müllabfuhr abbrechen. Haben die sich also "überschätzt", sind sie "zu dumm" dafür gewesen? Als kleine Denkanregung.

PS: Ich habe übrigens einen Abschluss. Ich war halt zu dumm um schon als Jugendlicher mit einer tollen Geschäftsidee Millionär zu werden und mir ein Studium zu ersparen...
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von H2O »

@maltrino:

Wenn ich Ihren vielfältigen Gedanken richtig gefolgt bin, dann werden wir sehr bald von einer Flut nicht studierter Millionäre überrascht, die sich jeder einen Nobelpreisträger der Physik als Hausmeister halten.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(13 Sep 2018, 08:45)

@maltrino:

Wenn ich Ihren vielfältigen Gedanken richtig gefolgt bin, dann werden wir sehr bald von einer Flut nicht studierter Millionäre überrascht, die sich jeder einen Nobelpreisträger der Physik als Hausmeister halten.
Mal sehen, wie viele Freiwillige sich finden lassen, die sich von einem unstudierten 19-Jährigen medizinisch behandeln oder rechtlich vertreten lassen. Brücken, die nicht von Architekten und Bauingenieuren, sondern von "zu schlauen" Jungs aus der Werbeagentur, denen man mit einem schönen "Head of irgendwas"-Titel das niedrige Gehalt schmackhaft macht, entworfen wurden, sind sicherlich auch ein interessantes Experiment.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(13 Sep 2018, 09:38)

Mal sehen, wie viele Freiwillige sich finden lassen, die sich von einem unstudierten 19-Jährigen medizinisch behandeln oder rechtlich vertreten lassen. Brücken, die nicht von Architekten und Bauingenieuren, sondern von "zu schlauen" Jungs aus der Werbeagentur, denen man mit einem schönen "Head of irgendwas"-Titel das niedrige Gehalt schmackhaft macht, entworfen wurden, sind sicherlich auch ein interessantes Experiment.
Viele Dinge kommen ganz ohne Zutun der Politik wieder in Ordnung... wie Sie gerade abgeleitet haben.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(13 Sep 2018, 09:44)

Viele Dinge kommen ganz ohne Zutun der Politik wieder in Ordnung... wie Sie gerade abgeleitet haben.
Das gilt aber für die vermeintlich vielen Studienabbrecher auch. Früher gab's prozentual nicht mehr. Und damals wie heute sind "Abbrecher" anschließend weiterhin Studenten -- weil sie einfach nur das Fach und/oder die Hochschule wechselten. Bricht ein Lehrling seine Ausbildung ab, weil sie nicht seinen Vorstellungen entspricht, ist er ja auch nicht "zu dumm" für eine Lehre. Rechnet man die Wechsler bspw. im Ingenieurwesen raus, sinkt die "Abbrecherquote" von 48% auf 22%. Sprich, die wenigsten scheitern am letzten Prüfungsversuch oder Zwangsexmatrikulation wegen fehlender Leistungsnachweise: https://www.ingenieur.de/karriere/bildu ... berechnet/
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(13 Sep 2018, 09:54)

Das gilt aber für die vermeintlich vielen Studienabbrecher auch. Früher gab's prozentual nicht mehr. Und damals wie heute sind "Abbrecher" anschließend weiterhin Studenten -- weil sie einfach nur das Fach und/oder die Hochschule wechselten. Bricht ein Lehrling seine Ausbildung ab, weil sie nicht seinen Vorstellungen entspricht, ist er ja auch nicht "zu dumm" für eine Lehre. Rechnet man die Wechsler bspw. im Ingenieurwesen raus, sinkt die "Abbrecherquote" von 48% auf 22%. Sprich, die wenigsten scheitern am letzten Prüfungsversuch oder Zwangsexmatrikulation wegen fehlender Leistungsnachweise: https://www.ingenieur.de/karriere/bildu ... berechnet/
Daran kann ich aus Mangel an eigener Erfahrung nicht zweifeln. Meine Erfahrungen liegen ja auch 60 Jahre zurück. Und damals war das so, daß ohne Vordiplom in gegebener Zeit der Ofen aus war (ich meine 10 Semester, bei 5 Regelsemestern), und ohne Hauptdiplom war mit dem ganzen voran gegangenen Studium keine gewöhnliche Berufsausübung möglich.

Und zum Vordiplom mußten Übungen und Semesterklausuren erfolgreich abgeschlossen sein, zumindest zum 2. Teil des Vordiploms. Da war die Zahl der Abbrecher schon recht hoch. Man verlor diese Kommilitonen völlig aus den Augen... was bei damals noch kleinen Studentenzahlen bedeutet, daß sie diese Hochschule verlassen hatten. Das war damals beinhart geregelt; das Vordiplom war die ganz große Klippe!
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(13 Sep 2018, 10:06)

Daran kann ich aus Mangel an eigener Erfahrung nicht zweifeln. Meine Erfahrungen liegen ja auch 60 Jahre zurück. Und damals war das so, daß ohne Vordiplom in gegebener Zeit der Ofen aus war (ich meine 10 Semester, bei 5 Regelsemestern), und ohne Hauptdiplom war mit dem ganzen voran gegangenen Studium keine gewöhnliche Berufsausübung möglich.

Und zum Vordiplom mußten Übungen und Semesterklausuren erfolgreich abgeschlossen sein, zumindest zum 2. Teil des Vordiploms. Da war die Zahl der Abbrecher schon recht hoch. Man verlor diese Kommilitonen völlig aus den Augen... was bei damals noch kleinen Studentenzahlen bedeutet, daß sie diese Hochschule verlassen hatten. Das war damals beinhart geregelt; das Vordiplom war die ganz große Klippe!
Naja, von unseren angefangenen 80 waren am Ende noch ca. 30 da und ein gutes Dutzend stieß erst in einem späteren Semester dazu, sodass sich die Zahl halbierte. Da gingen halt viele mit falschen Vorstellungen ins Studium. Alle mir bekannten "Abbrecher" wechselten das Fach oder (eine Minderheit) blieb im Fach, aber wechselte die Hochschule, z.B. um näher bei der großen Liebe zu sein. An schlechten bzw. -- nicht meine Wortwahl -- "faulen" und "dummen" Abiturienten wird's auch kaum gelegen haben, da es fast 1000 Bewerber auf die 80 Plätze gab und die meisten nach der Abi-Note ausgewählt wurden (der Rest über Wartesemester oder Härtefallregelung). Und die Hochschulen regeln ja selbstständig, wann eine Zwangsexmatrikulation erfolgt. An meiner ersten TU hieß es "mal zwei plus zwei", sprich, ein sechssemestriges Studium musste in spätestens 14 Semestern abgeschlossen sein. An der zweiten TU war es noch lockerer und das Prüfungsamt wollte nur mind. eine abgelegte Prüfung pro Studienjahr sehen, um Scheinstudenten zu vermeiden. Hat man nachvollziehbare Gründe (Krankheit, Erziehung, Pflege, ...), wurde darüber aber auch mal hinweggesehen. Und vermutlich gibt's noch zig weitere Modelle in Deutschland, weshalb Pauschalisierungen immer wenig aussagen. Selbiges für die späteren Aufnahmekriterien beim Wechsel vom grundständigen zum (nicht-)konsekutiven bzw. postgradualen Studium. Im Gegensatz zu früher reicht ein "vier gewinnt" in den seltensten Fällen.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von jorikke »

Maltrino hat geschrieben:(13 Sep 2018, 03:51)

Und wie wärs mal wenn man denjenigen Eltern und Lehrern einen Vorwurf macht die das unterstützen, dass heute, sorry, "jeder Depp" mit Studieren anfängt?

Ich machs kurz: Ich kenne zwei Arten von Leuten die Studium abgebrochen haben oder gar nicht erst damit angefangen haben. Die einen waren zu dumm dafür. Die anderen (wie Bill Gates) waren zu schlau und haben diesen Schritt einfach übersprungen, so wie andere schlaue Leute halt Klassen überspringen. Wenn ich die Mehrheit der Studenten und Akademiker anschaue, sehe ich vereinzelt natürlich trotzdem Genies und sehr fähige Leute, aber ich sehe vor allem "stinknormale" Leute, die nicht groß auffallen sondern die einfach solide und unspektakulär alles auswendig lernen was ihnen vorgesetzt wird.

"Hohe Abbrecherzahl" zeigt erstmal nur, dass viele abbrechen. Ob sie überfordert sind oder vielleicht sogar vom inzwischen "verschulten Bullemielernen" (Bachelor Reform) angewiedert oder "unterfordert" sind, das weiß ich jetzt nicht.

Wenn ich auf die Statistiken schaue dann sehe ich aber nicht nur steigende Zahlen was die Studienanfängerquote angeht, sondern durchaus auch steigende Zahlen was die Absolventen angeht (über 30% eines Jahrganges bekommen einen Abschluss hinterhergeworfen). Wenn das weiter steigt, wenn vor allem sogar die Zahl der Absolventen steigt, dann könnte dies meiner Meinung nach zwei Bedeutungen haben:

1. Entweder entwickelt sich Deutschland zurück zu einem Zustand wie ihn Hans Werner Sinn mal bei einem Besuch in einem Schwellenland anprangerte, wo zwar "jeder Depp" irgendwas studiert aber keiner mehr da ist der die Straßenbeleuchtung reparieren kann.

2. Das Studium ist keine "elitäre" Veranstaltung mehr sondern ist mehr und mehr für den "Normalbürger" konzipiert, für den durchschnittlichen Schüler der weder genial noch lernbehindert ist, sondern einfach nur auswendig lernt was da kommt, eine Art gehobene Berufsausbildung mit toller Urkunde.

Mir ist völlig schleierhaft in welche Richtung es geht aber ein Weg zurück, wo das Studium einer "Elite" vorbehalten bleibt, sehe ich nicht. Das heißt aber auch, dass man bei "begabten" Schülern gar nicht mehr weiß was man ihnen raten soll. Neulich habe ich gelesen, dass jemand der Medizin studieren wollte zu hören bekam "Dafür bist du viel zu intelligent, im Medizinstudium musst du nur stur auswendiglernen, das ist ist nichts für dich". In einer Werbeagentur traf ich einen 19 jährigen, der nicht studiert hat aber die ganze 3D Abteilung leitete. Ich sagt ihm sofort, er hat genau das richtige gemacht, auch er war eigentlich "zu schlau" fürs Studium, er hatte es schlicht nicht nötig und dieses "Nachsitzen" hätte ihm bestimmt geschadet.

Aber wenn ich mir das alles vor Augen führe... Also ich bin vorsichtig darin jetzt jedem "Abbrecher" zu sagen, er "hat sich überschätzt". Es gibt auch Leute die die Ausbildung bei der Müllabfuhr abbrechen. Haben die sich also "überschätzt", sind sie "zu dumm" dafür gewesen? Als kleine Denkanregung.

PS: Ich habe übrigens einen Abschluss. Ich war halt zu dumm um schon als Jugendlicher mit einer tollen Geschäftsidee Millionär zu werden und mir ein Studium zu ersparen...
Was hindert dich daran, jetzt, mit Studienabschluss eine tolle Geschäftsidee zu haben?
Verschlechtern sich durch ein Studium die geistigen Voraussetzungen?
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von H2O »

frems hat geschrieben:(13 Sep 2018, 10:33)

Naja, von unseren angefangenen 80 waren am Ende noch ca. 30 da und ein gutes Dutzend stieß erst in einem späteren Semester dazu, sodass sich die Zahl halbierte. Da gingen halt viele mit falschen Vorstellungen ins Studium. Alle mir bekannten "Abbrecher" wechselten das Fach oder (eine Minderheit) blieb im Fach, aber wechselte die Hochschule, z.B. um näher bei der großen Liebe zu sein. An schlechten bzw. -- nicht meine Wortwahl -- "faulen" und "dummen" Abiturienten wird's auch kaum gelegen haben, da es fast 1000 Bewerber auf die 80 Plätze gab und die meisten nach der Abi-Note ausgewählt wurden (der Rest über Wartesemester oder Härtefallregelung). Und die Hochschulen regeln ja selbstständig, wann eine Zwangsexmatrikulation erfolgt. An meiner ersten TU hieß es "mal zwei plus zwei", sprich, ein sechssemestriges Studium musste in spätestens 14 Semestern abgeschlossen sein. An der zweiten TU war es noch lockerer und das Prüfungsamt wollte nur mind. eine abgelegte Prüfung pro Studienjahr sehen, um Scheinstudenten zu vermeiden. Hat man nachvollziehbare Gründe (Krankheit, Erziehung, Pflege, ...), wurde darüber aber auch mal hinweggesehen. Und vermutlich gibt's noch zig weitere Modelle in Deutschland, weshalb Pauschalisierungen immer wenig aussagen. Selbiges für die späteren Aufnahmekriterien beim Wechsel vom grundständigen zum (nicht-)konsekutiven bzw. postgradualen Studium. Im Gegensatz zu früher reicht ein "vier gewinnt" in den seltensten Fällen.
Ja, von einem ganz spannenden Fall habe ich auch gelesen... noch gar nicht so lange her. Da wurde ein Iraner / Iraker (?) im 45. Semester zwangs-exmatrikuliert. Der war längst Kleingewerbetreibender (Teppichhändler (?)) und nahm über seine Studienbescheinigung alle denkbaren steuerlichen und sonstigen Vorteile mit, die armen notleidenden Studenten so gewährt werden. :)
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

H2O hat geschrieben:(13 Sep 2018, 10:39)

Ja, von einem ganz spannenden Fall habe ich auch gelesen... noch gar nicht so lange her. Da wurde ein Iraner / Iraker (?) im 45. Semester zwangs-exmatrikuliert. Der war längst Kleingewerbetreibender (Teppichhändler (?)) und nahm über seine Studienbescheinigung alle denkbaren steuerlichen und sonstigen Vorteile mit, die armen notleidenden Studenten so gewährt werden. :)
Ist ja auch lukrativ. So ein Semesterticket in der Großstadt ist schon ein echter Schnapper.
jorikke hat geschrieben:
Was hindert dich daran, jetzt, mit Studienabschluss eine tolle Geschäftsidee zu haben?
Verschlechtern sich durch ein Studium die geistigen Voraussetzungen?
Am Alter kann's wohl nicht liegen (https://de.statista.com/statistik/daten ... utschland/). Nur 13,7% der Gründer sind zwischen 18 und 24. 37,6% hingegen 25 bis 34 und 24,5% zwischen 35 und 44. Selbst die alten Knacker und Knackerinnen (45 bis 54) haben einen Anteil von 17,3% und damit mehr als jene, die altersbedingt kurz vor bzw. am Anfang vom Studium stehen.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von jorikke »

frems hat geschrieben:(13 Sep 2018, 10:54)

Ist ja auch lukrativ. So ein Semesterticket in der Großstadt ist schon ein echter Schnapper.


Am Alter kann's wohl nicht liegen (https://de.statista.com/statistik/daten ... utschland/). Nur 13,7% der Gründer sind zwischen 18 und 24. 37,6% hingegen 25 bis 34 und 24,5% zwischen 35 und 44. Selbst die alten Knacker und Knackerinnen (45 bis 54) haben einen Anteil von 17,3% und damit mehr als jene, die altersbedingt kurz vor bzw. am Anfang vom Studium stehen.
Es ist nett von dir Maltrino Trost zu spenden. Es wird ihn freuen auch in 30/40 Jahren noch eine Spätreife ausnutzen zu können.
Allerdings, ich kenne so einige der alten Knacker, die zu den 17,3% zählen. Sie waren im Job gescheitert und hatten gar keine andere Wahl.
Trotzdem, Maltrino, Kopf hoch.
… du hast es drauf.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

H2O hat geschrieben:(12 Sep 2018, 17:44)

Kommt eben darauf an, wie risikobereit junge Leute sind. Jeder Mensch muß seine Kräfte selbst einschätzen. Ich mache niemandem einen Vorwurf, der unsicher ist, ob er das Ziel erreicht, und der innerlich beschließt: "Dann lieber nicht!" Hohe Abbrecherzahlen zeigen doch, daß junge Leute leider ihre Kräfte überschätzt haben.
J aklar, aber an den 1000€ wirds nicht scheitern...
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

jorikke hat geschrieben:(13 Sep 2018, 11:08)

Es ist nett von dir Maltrino Trost zu spenden. Es wird ihn freuen auch in 30/40 Jahren noch eine Spätreife ausnutzen zu können.
Allerdings, ich kenne so einige der alten Knacker, die zu den 17,3% zählen. Sie waren im Job gescheitert und hatten gar keine andere Wahl.
Trotzdem, Maltrino, Kopf hoch.
… du hast es drauf.
Vielleicht ist Hochschulwissen ja schädlich. In einer Stralsunder Hafenkneipe habe ich vor etwas über zehn Jahren mal einen frustrierten Vater getroffen, der sein Leid mit Alkohol verträglich machen wollte. Traurig teilte er der herzensguten Wirtin mit, dass seine Tochter zum Ende der Grundschulzeit eine Gymnasialempfehlung bekam. Das war für ihn ein Schicksalsschlag, weil Leute wie er und Schülerinnen wie sie irgendwann nicht mehr die selbe Sprache sprechen und die große Gefahr eines Hochschulstudiums droht, wo "das System" einen noch weitere Jahre indoktriniert. Er selbst war schon in jungen Jahren raffiniert, um dies alles zu durchschauen und sich früh aus dem Bildungssystem auszuklinken. Leider werde er als unbequemer Zeitgenosse deshalb heute diskriminiert, u.a. durch einen sehr niedrigen Stundenlohn; irgendwas mit Regale einräumen. Es ist nicht leicht.
Labskaus!

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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

Maltrino hat geschrieben:(12 Sep 2018, 17:19)

Soll ich dir erzählen was ich gemacht hab? Dann schreist du aber "Einzelfall!"

Vorschlag: Frag doch mal 1000 junge Erwachsene (Oder nur 1000 mittellose junge Erwachsene?) was sie in dieser Zeit gemacht haben. Und dann wirst du wohl ganz unterschiedliche Geschichten hören. Und dann hast du mehrere Alternativen. Du kannst zum Beispiel einen "Durchschnitt" ermitteln oder eine "Mehrheit der jungen Erwachsenen" identifizieren, und wirst wohl zu dem Ergebnis kommen, dass es dem "nomalen jungen Durchschnittserwachsenen" gut geht und dass sich nichts ändern muss. Oder du betrachtest die vielen "Einzelfälle", die alles Minderheiten sind, und sagst entweder "Wegen so wenig Menschen müssen wir nichts unternehmen", oder überlegst dir was man für diese "Einzelfälle" tun kann oder überlegst dir wie das System gründsätzlich sein müsste damit diese "Einzelfälle" es leichter haben oder damit es sie nicht mehr gibt...

Ich glaube deine verzweifelten Fragen nach "dem mittellosen Erwachsenen" zeigen nur die Grenzen der derzeitigen Herangehensweise in der Politik auf. Man hat also offenbar ein System installiert wo man denjenigen der immatrikuliert ist unterstützt. Die Schwachstelle im System ist, dass offenbar (laut Artikel) die Zeit davor schon ein Problem ist. Zumindest für manche. Und in der Logik des jetzigen Systems müsste man nun wieder komplizierte Fördertöpfe erfinden für paar die...

Und mein "verzweifelter" Vorschlag nach einem "Kulturwandel" ist halt eine Reaktion auf dieses Dilemma. Dass "klipp und klar" ALLEN gesagt wird, das sie bittesehr 10 Jahre lang Geld verdienen sollen.

Aber so ergibt sich halt mir wieder nur ein zwiespältiges Bild. Auf der einen Seite gibt es Fördertöpfe ohne Ende. Auf der anderen Seite gibt es aber offenbar gerade für die ganz armen, die nicht mal 2000 Euro aufbringen können, gar nichts. Ja was den nun? Wenn ich ganz arm bin, so arm, dass ich mich nicht mal immatrikulieren kann, krieg ich keine Förderung, wenn ich ein bischen arm bin, gibts ganz viel, wenn ich reich bin gibts keine Förderung, wenn ich ganz reich bin, dann kriegt mein Opa plötzlich sogar Subventionen vom Staat weil sein Betrieb "Systemrelevant" ist... Ja was denn nun? "Eigentverantwortung"? Oder Hilfe vom "Kollektiv"? Ich sehe da kein klares Bild.
Hm, vielleicht sollte der Staat auch den Führerschein finanzieren, denn die Eltern scheinen damit überfordert zu sein. Was, wenn die Eltern das Geld für was anderes ausgeben und am Ende nix für Klamotten übrig bleibt? Klamottenhilfe?

Haben denn Eltern eine Veranwortung gegenüber ihren Kindern? Kann man das verlangen?
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von jorikke »

franktoast hat geschrieben:(13 Sep 2018, 11:15)

Hm, vielleicht sollte der Staat auch den Führerschein finanzieren, denn die Eltern scheinen damit überfordert zu sein. Was, wenn die Eltern das Geld für was anderes ausgeben und am Ende nix für Klamotten übrig bleibt? Klamottenhilfe?

Haben denn Eltern eine Veranwortung gegenüber ihren Kindern? Kann man das verlangen?
Selbstverständlich haben Eltern eine Verantwortung für ihre Kinder.
( Ich sag´s mal ganz krass, eine solche Frage auch nur zu stellen ist ein Indiz für eine offensichtliche Denkschwäche.)
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

jorikke hat geschrieben:(13 Sep 2018, 11:32)

Selbstverständlich haben Eltern eine Verantwortung für ihre Kinder.
( Ich sag´s mal ganz krass, eine solche Frage auch nur zu stellen ist ein Indiz für eine offensichtliche Denkschwäche.)
In dem Artikel wird aber behauptet, dass Eltern keine Verantwortung hätten und die angehenden Studenten auch nicht. Es sei ja unmöglich, 1000€ aufzubringen (und sei es geliehen). Und das hat immer viel Zustimmung, wenn ein Fall genannt wird, wo es jemand schwer hat und nach staatliche Hilfe schreit...
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von jorikke »

franktoast hat geschrieben:(13 Sep 2018, 12:18)

In dem Artikel wird aber behauptet, dass Eltern keine Verantwortung hätten und die angehenden Studenten auch nicht. Es sei ja unmöglich, 1000€ aufzubringen (und sei es geliehen). Und das hat immer viel Zustimmung, wenn ein Fall genannt wird, wo es jemand schwer hat und nach staatliche Hilfe schreit...
Komm mal zu dir.
Deine Kleingeldtiraden haben doch nicht das geringste mit der Frage zu tun, ob Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

jorikke hat geschrieben:(13 Sep 2018, 12:51)

Komm mal zu dir.
Deine Kleingeldtiraden haben doch nicht das geringste mit der Frage zu tun, ob Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind.
Eben, Kleingeld. Aber trotzdem beschweren sich Menschen, dass sie deswegen nicht studieren könnten und die Eltern über das Leben ihres Kindes keine 10€ für den Studienanfang pro Monat auf die Seite legen konnten.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

franktoast hat geschrieben:(13 Sep 2018, 11:15)

Hm, vielleicht sollte der Staat auch den Führerschein finanzieren, denn die Eltern scheinen damit überfordert zu sein. Was, wenn die Eltern das Geld für was anderes ausgeben und am Ende nix für Klamotten übrig bleibt? Klamottenhilfe?

Haben denn Eltern eine Veranwortung gegenüber ihren Kindern? Kann man das verlangen?
Wenn ich das richtig zusammenkriege, dann gibt es doch in bestimmten Fällen Hilfe vom Staat für den Führerschein, wenn jemand belegen kann, dass er einen Job erhält wenn er einen Führerschein hat...

Das was du schreibst ist übrigens ein gutes Argument fürs BGE. Du prangerst offenbar gezielte Hilfe wie Bafög an, weil du auf "Eigenverantwurtung" setzt. Die Alternative wäre, dass alle solche Förderungen abgeschafft werden. Aber da ich vermute, dass du auch das nicht willst (?) bleibt nur eine "nicht zielgerichtete Förderung" wie Grundeinkommen, wo die Eltern bzw. der junge Mensch selber dann "eigenverantwortlich" entscheiden müssen ob sie es für Klamotten oder Führerschein ausgeben. Wie du siehst, es gibt Menschen die haben über alles was hier so geschrieben wird schonmal nachgedacht und entsprechende Lösungen skizziert Aber die finden sich ja heute leider nicht in der Politik und in den Talkshows wieder. Ihr wolltet ja lieber Merkel, Seehofer, Wagenknecht und AfD.
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von franktoast »

Maltrino hat geschrieben:(13 Sep 2018, 14:54)

Wenn ich das richtig zusammenkriege, dann gibt es doch in bestimmten Fällen Hilfe vom Staat für den Führerschein, wenn jemand belegen kann, dass er einen Job erhält wenn er einen Führerschein hat...

Das was du schreibst ist übrigens ein gutes Argument fürs BGE. Du prangerst offenbar gezielte Hilfe wie Bafög an, weil du auf "Eigenverantwurtung" setzt. Die Alternative wäre, dass alle solche Förderungen abgeschafft werden. Aber da ich vermute, dass du auch das nicht willst (?) bleibt nur eine "nicht zielgerichtete Förderung" wie Grundeinkommen, wo die Eltern bzw. der junge Mensch selber dann "eigenverantwortlich" entscheiden müssen ob sie es für Klamotten oder Führerschein ausgeben. Wie du siehst, es gibt Menschen die haben über alles was hier so geschrieben wird schonmal nachgedacht und entsprechende Lösungen skizziert Aber die finden sich ja heute leider nicht in der Politik und in den Talkshows wieder. Ihr wolltet ja lieber Merkel, Seehofer, Wagenknecht und AfD.
Ich bin einem BGE nicht abgeneigt. Aber hauptsächlich, um das System zu vereinfacehn. Bürokratieabbau und Transperenz für den Bürger. Wobei ich es nicht BGE nennen würde, weil durchaus ein paar Bedingungen Sinn machen. Vermögen und Einkommen nicht, jedoch Haushaltsgröße, Aufenthalt, Alter, Wohnort etc. Aber was willst du da machen? Jemand fängt mit dem Studium im Oktober an, hat aber dann trotz 600€ Grundeinkommens keine 2000€ für den Start. Dewegen tritt er das Studium nicht an. Was dann?

Meiner Ansicht nach gehört zur Freiheit auch die Eigenverantwortung. Freiheit bedeutet nicht, dass man sich überhaupt nicht mehr anstrengen muss und einem alles in den Arsch geschoben wird. Freiheit bedeutet auch, dass man sich um Dinge kümmern muss. Das man abwägen muss zwischen Gütern. Größere Wohnung, oder Studium? Markenlebensmittel oder Studium?

Ich würde zB. ein Grundeinkommen von 600€ pro Erwachsenen veranschlagen, aber Studiengebühren zahlt man zur Hälfte selbst. (also um die 500€ im Monat). Vonmiraus kann der Staat einen zinslosen Kredit auch vorschießen.

Ein Studium bedeutet für viele Menschen Aufwand. Für die Dozenten, Putzfrauen, Bauarbeiter etc.. Um irgendwie annährend einen Anreiz zu schaffen, dass der Nutzen irgendwas mit dem Aufwand zu tun hat, trägt derjenige die Kosten (teilweise) selbst. So wie auch jeder seine Lebensmittel, seinen Benzin und seine Netflixgebühr selber bezahlt. Wenn der Benzin zB. teurer wird, überlegt man sich womöglich, ob es statt der Toskana doch eher die Eiffel wird. Wenn das Studium - aus welchen Gründen auch immer - deutlich teurer wird, macht womöglich eine Alternative mehr Sinn.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

jorikke hat geschrieben:(13 Sep 2018, 10:37)

Was hindert dich daran, jetzt, mit Studienabschluss eine tolle Geschäftsidee zu haben?
Verschlechtern sich durch ein Studium die geistigen Voraussetzungen?
Im Normalfall verdient man während des Studiums kein oder wenig Geld. Allein das verhindert schon oft, dass man Ideen umsetzen kann....

Aber gut:

Ich glaube man kann das so beschreiben: In jungen Jahren überwiegt die "fluide Intelligenz" (man denkt schneller), im Alter die "kristalline Intelligenz" (man hat mehr Erfahrung). Zumindest haben irgendwelche schlauen Psychologen das so genannt und ich glaube das spiegelt auch einigermaßen die Realität wider. Mit einem Studium steigen natürlich die Erfahrungen, aber die vergangene Zeit sorgt dafür dass man "weniger schnell denkt". Natürlich ist auch Erfahrung wichtig und natürlich ist es auch nervig wenn ein junger Mensch zwar schnell denken kann aber überhaupt nicht weiß worüber es sich lohnt nachzudenken. Aber im Idealfall (!) sorgt glaube ich Begabung und die richtigen Erfahrungen bereits in jungen Jahren für tolle Ergebnisse. Ich denk da immer an diese ganzen modernen Musik Produzenten wie Avicii, die sind oft unter 20, wissen aus irgendwelchen Gründen wie man heute Musik produziert oder haben es einfach im Gefühl, haben die notwendigen Geräte und sind noch so geistig fit um ganz schnell Hits zu produzieren. Ähnlich bei den Beatles. Man stelle mal die Sachen die Paul McCartney mit 22 geschrieben hat den Sachen gegenüber die er mit 50 gemacht hat. Ich finde bei den späteren Stücken merkt man zwar die Erfahrung aber man merkt auch, dass das irgendwie, naja, langweilig ist...

Ich finde diese ganze Diskussion über Schul- und Studiumsdauer oft skuril. Wenn jemand "total dumm" ist, wird er früh, mit Hauptschulabschluss (oder gibts das nicht mehr?) von der Schule geschickt. Wenn jemand schlau ist "darf" er länger bleiben und Abitur machen. Aber wenn jemand nicht ganz so schlau ist muss er wieder nachsitzen (oder wurde das endlich abgeschaft?) und muss, obwohl er ein bischen dumm ist, noch länger zur Schule gehen. Auch da vermisse ich wieder ein einheitliches Konzept. Muss jemand der "dumm" ist jetzt länger oder kürzer ausgebildet werden? Muss jemand der "dumm" ist jetzt lange lernen damit er besser wird, oder kurz weil er schlecht ist?

Ich weiß, du willst wahrscheinlich darauf hinaus, dass G8 total schlecht ist und Bachelor auch, und dass doch am liebsten alle Schüler 15 Jahre zur Schule gehen sollen und 10 Jahre studieren, damit man ordentlich ausgebildet wird... Aber wie willst du jemanden der dann im Extremfall wohl mit Ende 30 aus der Hochschule kommt noch irgendwie beibringen in der Praxis zu arbeiten oder ein Startup zu gründen? Dafür muss er wieder völlig andere Sachen lernen, aber um neue Sachen schnell genug zu verarbeiten bräuchte man dann "fluide Intelligenz"...

Nochmal: Das ganze Dilemma worüber ich mir jetzt den Kopf zerbreche entspringt der Tatsache, dass es zwei (gute) Gründe gibt warum jemand den normalen Bildungsweg überspringt: Entweder weil er zu "dumm" ist oder weil er zu "genial" ist. In beiden Fällen geht es darum, dass jemand möglichst früh seiner "eigentlichen Bestimmung" nachkommen kann und nicht unnötig Zeit zwischen den Normalos im Bildungssystem versauert. Die Frage ist nur: Warum soll etwas das für "Dummies" und für "Genies" gut ist für den "Normalo" schlecht sein, nämlich möglichst früh an das herangeführt werden was seiner "Bestimmung" entspricht?

Aber vielleicht ist die Antwort ja ganz leicht: Der einzige der im jetzigen System regulär von klein auf gefördert wird ist der "Normalo". Er landet sofort in einem System das seiner "Bestimmung" entspricht, nämlich dem "normalen" Bildungsweg. Und jetzt meine krasse These: Sobald jemand in diesem "normalen" Bildungsweg Auffälligkeiten zeigt, müsste er eigentlich sofort (ihm zu Gute) aus diesem Weg entfernt werden (anstatt sitzen zu bleiben). Es muss dann nur noch geprüft werden ob er "zu dumm" oder "zu klug" ist. Aber in beiden Fällen ist es halt notwendig, dass er möglichst früh den "normalen" Weg verlässt. Ein "Sitzenbleiben" oder eine sonstige Verlängerung im normalen Bildungsweg ist sowohl für den "Dummie", aber auch für das "Genie" schädlich. Soweit die Theorie, bzw. meine Theorie.

Aber jetzt wird es völlig paradox:

In der Praxis scheitert dieses "Einsortieren" der Schüler oft kläglich. "Genies" werden oft nicht erkannt und landen auf der Hauptschule, "Dummies" landen im Studium nur weil die Eltern es so erwarten usw. Das heißt, eigentlich müsste es "unterschiedliche Bildungswege" für "Dummies, Normalos und Genies" geben, wie es wohl ursprünglich auch mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium vorgesehen war, aber in der Praxis scheitert es, vor allem wenn das Gymnasium zum Normalfall wird. Wohin mit den Genies wenn der Normalbürger inzwischen aufs Gymnasium kommt? In die Hauptschule??

Und vielleicht ist die Gefahr für den Schüler nicht so sehr das Fehlen von "Einsortierung" sondern viel eher die falsche Einsortierung. Sitzenbleiben ist ein typisches Phänomen. Es ist eigentlich nichts weiter als "Ähm, wir wissen nicht wo du hingehörst, machst einfach nochmal". Damit jeder "seiner Bestimmung" entsprechend lernen kann wäre deshalb (wieder Theorie) es eigentlich besser GAR NICHT einzusortieren. Ja ich weiß, Inklusion ist auch schwer und es wird gejammert, dass es scheitert... Aber trotzdem.

Beispiel Fußball: Im Fußball gibt es eigentlich keine "Realschule, Gymnasium und Hauptschule" sondern jeder der spielen will landet erstmal im selben Verein. Und wenn ich so nachdenke, dann würde ich inzwischen sogar ganz krass sagen: Ich würde zum Beispiel im Bereich Medizin jeglihe Unterteilung aufgeben, die dazu führt, dass Leute sich entscheiden müssen ob sie nun Pflegekraft werden (wenig angesehen) oder Arzt (hoch angesehen), was oft zur Folge hat, dass Ärzte rumlaufen die ich eher als Krankenpfleger vermutet hätte, sondern ich würde ALLE die irgendwas mit Medizin machen wollen in einen Topf packen, sie alle gleichzeitig, mit ca. 16 Jahren wahrscheinlich oder noch früher, mit der Ausbildung anfangen lassen, und im Laufe der jahre kristallisiert sich heraus wer im Endeffekt Röntgenassiztent, klassischer Arzt oder Klinikdirektor wird.

Ich weiß, das ist erstmal nur so eine Ideenskizze.

Aber wozu führt das jetzige System? Es führt dazu dass es unterschiedliche Bildugnswege gibt, und JEDER (ganau wie in dem Schwellenland das Herr Sinn besuchte und wo er kritisierte, dass es zu wenig Handwerker gibt) versuchst in den "besten" Bildungsweg zu kommen, was dazu führt, dass "Normalos" die Universitäten überfluten und plötzlich jeder Depp Arzt werden will, obwohl Pfleger das richtige für ihn wäre, und jedes Genie sowieso, obwohl Klinikdirektor, WIssenschaftler oder "Medizinphilosoph" wohl besser wäre als das Tagesgeschäft.

Lange Rede kurzer Sinn: Die Tatsache, dass "Normalos" an die Universitäten strömen, und das geschieht meiner Meinung nach ganz offensichtlich, ist für mich ein klarer Beleg, dass etwas nicht stimmt. Wo sollen "Genies" hin, wenn der Bereich der ursprünglich für die vorgesehen war (Gymnasium und Uni) zum Normalfall wird (50% Studienanfänger, über 30% Akademiker)?

Das kratzt jetzt nur nebenbei das Thema Studiengeld. Aber wenn man sich das alles vor Augen führt, kann jeder der kein Geld fürs Studium hat vielleicht sogar froh sein, dass er etwas anderes machen muss. Vielleicht erweist es sich ja als vorteilhaft wenn jemand der kein Geld hat nicht nochmal 4 Jahre kein Geld verdient sondern sofort in irgendwas einsteigt wo man sofort Geld verdient? Hm.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

franktoast hat geschrieben:(13 Sep 2018, 15:55)

... Wenn der Benzin zB. teurer wird, überlegt man sich womöglich, ob es statt der Toskana doch eher die Eiffel wird. Wenn das Studium - aus welchen Gründen auch immer - deutlich teurer wird, macht womöglich eine Alternative mehr Sinn.
Ich glaube das was du sagst lässt sich zusammenfassen mit: Es gibt Markt, aber jedem wird Kapital gegeben damit er "eigenverantwortlich" auf dem Markt handeln kann. Das entspricht eigentlich auch meiner grundsätzlichen Auffassung. Und ich denke damit könnte ich mich, auch im Bildungsbereich, durchaus anfreunden. Aber zu so einem Zustand ist ja noch ein langer Weg weil dies ja, wie du glaube ich schon merkst, völlig der jetzigen Philosophie von Sozialstaat in Deutschland widerspricht. Es gibt eben keine universelle Förderung wo dann gesagt wird "Macht selbst damit was ihr für richtig haltet" sondern es gibt zielgerichtete Förderungen. Und seltsamerweise sind es gerade die vorgeblich "wirtschaftliberalen" Kräfte, die zum großen Teil den Weg in diese Richtung verhindern, da sie zum Beispiel BGE als "sozialistisch" fehldeuten und nicht den "marktliberalen" Charakter erkennen und stattdessen halt die Beibehaltung von "zielgerichteten" Förderungen wie Hartz4 oder Bafög erreichen, obwohl dies halt auch Ungerechtigkeiten mit sich bringt, vor allem auch Ungerechtigkeiten die "der Marktlogik" widersprechen. Schwierig auszudrücken was ich meine...

PS: Ich habe auf deine Frage mit der Familienverantwortung noch nicht geantwortet: Auch da ist es zwiespältig. Es gibt, vor allem konservative oder religiöse, Eltern die sagen "Der Staat soll sich raushalten, die Familie sorgt für und erzieht das Kind". Ich hab aber eher das Gefühl, dass der deutsche Staat (USA vielleicht etwas anders?) so konstruiert ist, dass er eher die Gefahren sieht, wenn ein Kind nur von der Familie erzogen wird. Beispiel Sexualkunde oder Biologie: Der Staat will vermeiden, dass zum Beispiel aus religiösen Gründen dem Kind Sachen vermittelt werden die aus seiner Sicht schädlich sind (Kreationismus, Verzicht auf Verhütungsmittel etc.). Der Staat greift (allein schon mit der Schulpflicht) ganz stark in das Leben der Kinder ein und übernimmt "Verantwortung" und entzieht den Eltern so einen Teil der Verantwortung. Die Frage ist nun, wie überall, wie stark soll diese "Fürsorge" des Staates sein... Mehr kann ich dazu nicht sagen bzw. siehe oben.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Misterfritz »

Maltrino hat geschrieben:(13 Sep 2018, 16:00)

Im Normalfall verdient man während des Studiums kein oder wenig Geld.
Und da frage ich mich, wie ich mein komplettes Studium mit einem Halbtagsjob finanzieren konnte? Und ich war nicht die Einzige, die das so gemacht hat.
Man muss etwas wollen und auch bereit sein, auf anderes zu verzichten (z.B. übermässiges Feiern, eigenes Auto, etc.).
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Skull »

Guten Abend,

drei aufeinanderfolgende Beiträge des Users teeernte in die Ablage entsorgt.
Ich befürchte, da beginnt jemand wieder mit Orgien von Spambeiträgen.

Und ich hatte gehofft, da hätten ein paar User aus den letzten Monaten etwas gelernt...
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Teeernte »

Skull hat geschrieben:(13 Sep 2018, 22:05)

Guten Abend,

drei aufeinanderfolgende Beiträge des Users teeernte in die Ablage entsorgt.
Ich befürchte, da beginnt jemand wieder mit Orgien von Spambeiträgen.

Und ich hatte gehofft, da hätten ein paar User aus den letzten Monaten etwas gelernt...
Nun....die ostzonale "Zwangskollektivierung" als gutes Beispiel hinstellen....da rüttle ich etwas am Tor...
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

Misterfritz hat geschrieben:(13 Sep 2018, 21:23)

Und da frage ich mich, wie ich mein komplettes Studium mit einem Halbtagsjob finanzieren konnte? Und ich war nicht die Einzige, die das so gemacht hat.
Man muss etwas wollen und auch bereit sein, auf anderes zu verzichten (z.B. übermässiges Feiern, eigenes Auto, etc.).
Ja, das kann ich dir beantworten wie das ging: Ihr habt damals halt ein Larifari Lotter-Studenten Leben geführt, wo locker Zeit war Halbzeit oder gar Vollzeitjobs nebenbei zu machen (Siehe Skull), heute siehts offenbar so aus: https://www.n-tv.de/ratgeber/Keine-Zeit ... 12839.html
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von frems »

Maltrino hat geschrieben:(13 Sep 2018, 16:00)
Lange Rede kurzer Sinn: Die Tatsache, dass "Normalos" an die Universitäten strömen, und das geschieht meiner Meinung nach ganz offensichtlich, ist für mich ein klarer Beleg, dass etwas nicht stimmt. Wo sollen "Genies" hin, wenn der Bereich der ursprünglich für die vorgesehen war (Gymnasium und Uni) zum Normalfall wird (50% Studienanfänger, über 30% Akademiker)?
Eher wenig statt kurzem Sinn. Du sagtest doch, dass die Überflieger, die "zu schlau" sind (-> Genies), lieber gar nicht erst an die Hochschulen strömen sollen, sondern dann mit 19 irgendwelche Abteilungen leiten. Nun soll hingegen ein Studium nur noch für eine kleine Intelligenzelite sein, weil es "ursprünglich" bzw. früher mal so war -- und das ist ja auch Quatsch. Vor 60 Jahren machten viele erst gar kein Abi, weil sie sich kein Schulgeld und Studium leisten konnten und nicht, weil sie nichts in der Birne hatten. Das Ergebnis war dann die sog. Generation Bildungskatastrophe, sprich, die Babyboomer. Und die, die aus einem Haushalt kamen, die ihnen Abi und Studium ermöglichten, waren auch nicht automatisch die hellsten Kerzen auf der Torte. Welchen Nutzen hat die Gesellschaft dadurch, dass man willkürlich den Zugang erschwert bzw. weniger Studienplätze anbietet?

Zudem ist ja die Welt nicht schwarz-weiß und bekanntlich hat jedes Individuum Stärken und Schwächen. Wer fleißig auswendiglernen kann, aber mit komplexen Zusammenhängen und stringenter Argumentation wenig anzufangen weiß, der wird wohl kaum an eine Uni gehen und diese mit einem Dr. (mal Medizin ausgenommen) verlassen. Aber möglicherweise geht die Person dann in einem FH-Bachelorstudium auf. Und wenn das auch nichts ist, macht man eine duale Ausbildung oder ein duales Studium. Das reicht ja auch einigen und nicht jeder Geselle muss später seinen Meister bzw. Techniker machen, auch wenn es natürlich erst einmal gut ist, möglichst viel Bildung mitzunehmen. Die Anforderungen in der Arbeitswelt werden ja nicht geringer. Man denke nur an irgendeinen Golf I oder Trabi zurück. Und nun überlegt man, was alles an Technik in einem heutigen Neuwagen steckt, ob mit Diesel, Wasserstoff oder Gas betrieben. Der Mechatroniker von heute wirft ja als erstes sein Tablet an und loggt sich in den Wagen ein statt die Motorhaube zu öffnen und mal looki-looki zu machen. Letztendlich werden aber mehr Bildungsmöglichkeiten eben mehr Menschen gerecht als die Welt in zwei, drei Gruppen (dumm, normal, genial) einzuteilen und zu meinen, für alle Personen einer dieser Gruppen sei Bildungsweg X das einzig Wahre.
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Re: Wird im Studium zu viel finanzielle Eigenverantwortung verlangt?

Beitrag von Maltrino »

frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)

Eher wenig statt kurzem Sinn. Du sagtest doch, dass die Überflieger, die "zu schlau" sind (-> Genies), lieber gar nicht erst an die Hochschulen strömen sollen, sondern dann mit 19 irgendwelche Abteilungen leiten. Nun soll hingegen ein Studium nur noch für eine kleine Intelligenzelite sein, weil es "ursprünglich" bzw. früher mal so war -- und das ist ja auch Quatsch. ....
Du hast diese Aussage jetzt aus dem Zusammenhang gerissen. Ich weiß, zitieren ist wichtig, aber du musst auch berücksichtigen, dass ich im weiteren Text Abstand von diesem Konzept nahm und eher eine "inklusive" Bildung, wo es diese Trennungen gar nicht mehr so gibt, befürwortete. Ich versuchte eher das Problem zu "ergründen". Du hast vollkommen recht, es ist irgendwie absurd wenn man sagt, dass die "Intelligenzelite" am längsten auf die Schule gehen soll (Gymnasium), am längsten studieren soll (Master und am besten noch Doktorarbeit und was weiß ich), und gleichzeitig sieht, dass die wirklichen Genies oft freiwillig am kürzesten zur Schule gehen und gleich loslegen. Da finde ich jetzt nichts gut oder schlecht, ich find es halt ein merkwürdiges Dilemma, was darauf hindeutet, dass irgendwas in der Gesamtkonstruktion des Systems nicht stimmt.
frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)

... Vor 60 Jahren machten viele erst gar kein Abi, weil sie sich kein Schulgeld und Studium leisten konnten und nicht, weil sie nichts in der Birne hatten. Das Ergebnis war dann die sog. Generation Bildungskatastrophe, sprich, die Babyboomer. Und die, die aus einem Haushalt kamen, die ihnen Abi und Studium ermöglichten, waren auch nicht automatisch die hellsten Kerzen auf der Torte. Welchen Nutzen hat die Gesellschaft dadurch, dass man willkürlich den Zugang erschwert bzw. weniger Studienplätze anbietet?

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Die Babyboomer ist die "Generation Bildungskatastrophe"? Echt? Aber diese Generation hat doch alle wichtigen Positionen in dieser Gesellschaft seid Jahren besetzt. Willst du damit sagen, dass die "Generation Bildungskatastrophe" uns regiert? Na das würde ja einiges erklären und das macht es umso schlimmer, dass "meine" Generation, die schon an den Hochschulen unter den seltsamen aber zahlenmäßig überlegenen Baby-Boomer Dozenten leiden musste (ooohh.. mimimi... ich weiß), in fast allen Bereichen dieser Gesellschaft übersprungen wird.



frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)

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Zudem ist ja die Welt nicht schwarz-weiß und bekanntlich hat jedes Individuum Stärken und Schwächen. Wer fleißig auswendiglernen kann, aber mit komplexen Zusammenhängen und stringenter Argumentation wenig anzufangen weiß, der wird wohl kaum an eine Uni gehen und diese mit einem Dr. (mal Medizin ausgenommen) verlassen.....
Ähm doch? Und da bin ich nicht alleine mit dieser Meinung. Gerade in dem Bereich Medizin sieht man das doch. Da gibt es doch diesen Witz, dass Medizinstudenten Telefonbücher auswendig lernen können. Oder eben der Typ dem gesagt wurde "Du bist zu schlau für Medizin, du muss da nur auswendiglernen, das ist nichts für dich". Da können wir jetzt aber ewig drüber diskutieren, aber meiner Erfahrung nach ist es genauso. Was ich erstmal nicht bewerten will, vielleicht ist es ja auch ganz gut wenn es viele Ärzte gibt die einfach nur das tun was Stand der Technik ist anstatt lustig rumzuexperimentieren. Aber meiner Erfahrung ist ganz klar die: Wenn jemand nur auswendiglernen kann aber nicht logisch denken, dann kann er in diesem Land, in diesem System Arzt werden. Punkt.
frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)

...Aber möglicherweise geht die Person dann in einem FH-Bachelorstudium auf. Und wenn das auch nichts ist, macht man eine duale Ausbildung oder ein duales Studium. ....
Siehst du genau das ist ein weiteres Problem das ich ansprach in meinem langen Text! Ja, vielleicht ist dies, oder das oder jenes das richtige. Aber weiß der das vorher? Wie kann er es vorher wissen? Und deshalb meine These: Die meisten die "Irgendwas mit Medizin" machen wollen werden dann halt "Medizin studieren" wollen. Genauso wie in meinem Studiengang: Die meisten die mit mir studiert haben wollten als offenbar "irgendwas mit Architektur" oder "Gestaltung" machen. Die wenigsten sind wirklich "richtige Architekten" geworden, aber die meisten die ich jetzt frage machen immer noch irgendwas das halbwegs mit dem Thema zu tun hat, auch die jetzt Tischler, Spielzeughersteller, oder einfach "Künstler" sind, die waren ja nicht wirklich grundsätzlich falsch im Architekturstudium, die gestalten jetzt halt Holzklötze statt Bauklötze... Aber natürlich gab es bei all denen Schwierigkeiten im Studium wo dann gesagt wurde "Du hättest lieber Kunst studieren sollen" oder "Du hättest lieber ne Bauzechnerlehre machen sollen" oder "Ich sehe dich eher in der Verwaltung" oder "Hm, das ist aber eher Industriedesign was du da machst, keine Architektur".... Was für ein Eiertanz und was für eine Zeitverschwendung... Deshalb mein naiver Gedanke: Dann werf doch einfach alle in einen riesigen Bildungsweg mit Schwerpunkt "Gestaltung", der recht früh beginnt, alle lernen gemeinsam, mit unterschiedlichen Fächern, und dann kristallisiert sich im Idealfall dabei heraus ob jemand "richtiger Architekt" oder Tischler wird oder am Empfang sitzt. Wenn es aber ganz viele unterschiedliche Angebote gibt, besteht die Schwierigkeit, dass man früh sich für einen Weg entscheiden muss. Das ist schwierig! Und das führt dazu, dass die meisten die was mit Medizin machen wollen sagen "Ich studiere Medizin". Und nochmal: Das führst dazu, dass viele die in der Pflege oder in der Krankenhausverwaltung besser aufgehoben wären plötzlich als Arzt irgendwelche Wunden zutackern müssen... und man dann mitunter die skurile Situation hat, dass einem irgendnen Mensch, wo "Arzt" dran steht da mit Nadel und Faden malträtiert und die Pflegekraft steht daneben und sagt wie das geht und man denkt nur, wieso macht der Pfleger das jetzt nicht? Der scheint jetzt irgendwie besser als Arzt zu sein als der "Arzt", hat aber sich offenbar für die Ausbildung zur Pflege entschieden... Und stattdessen muss da jetzt jemand fädeln der wahrscheinlich "gut auswendiglernen" kann...



frems hat geschrieben:(14 Sep 2018, 08:59)

...Die Anforderungen in der Arbeitswelt werden ja nicht geringer. Man denke nur an irgendeinen Golf I oder Trabi zurück. Und nun überlegt man, was alles an Technik in einem heutigen Neuwagen steckt, ob mit Diesel, Wasserstoff oder Gas betrieben. Der Mechatroniker von heute wirft ja als erstes sein Tablet an und loggt sich in den Wagen ein statt die Motorhaube zu öffnen und mal looki-looki zu machen. Letztendlich werden aber mehr Bildungsmöglichkeiten eben mehr Menschen gerecht als die Welt in zwei, drei Gruppen (dumm, normal, genial) einzuteilen und zu meinen, für alle Personen einer dieser Gruppen sei Bildungsweg X das einzig Wahre.
Wie gesagt, ich glaube du hast meinen langen Text von gestern nicht zu Ende gelesen. Mein Fazit war nicht unbedingt, das Hauptschule, Realschule, Gymnasium (dumm, normal, genial) der Weisheit letzter Schluss ist. Aber, ich wiederhole mich, wenn es nahezu unendlich viele Bildngswege gibt, dann wird es nahezu unmöglich mit 16 Jahren zu entscheiden wohin die Reise exakt gehen soll. Was macht nun also jemand der sich irgendwie für Computer, programmieren interessiert und auch mal gerne eine Lampe zusammenbaut? Geht der mit Realschulabschluss runter und macht Lehre als Mechatroniker? Oder Gymnasium zu Ende und Informatik? Beides birgt die Gefahrt, dass jemandem auffällt "Du bist überhaupt nicht praktisch veranlagt, du hättest mal lieber Informatiker werden sollen", oder das jemand sagt "Also ich glaube eine Berufsausbildung mit mehr praktischem Anteil wäre besser für dich gewesen".

Nochmal: Die Mehrheit der Leute mit denen ich studiert hab arbeiten nicht als das was sie studiert haben. Keiner (!) von denen ist wirklich "dumm". Jeder kann was. Das Problem war nur, es war für die meisten unmöglich exakt herauszufinden was der richtige Weg für sie ist. Wenn du aber ganz viele unterschiediche Wege anbietest, für die man sich entscheiden muss, wirst du zangsläufig das Problem haben, dass viele sich für einen falschen Weg entscheiden und dies ist dann zeitverlust, Ressourcenverschwendung und ein Problem auch für die Gesellschaft. Siehe die hohe Anzahl der Studienabbrecher. Die gehen als Arbeitskräfte für die Gesellschaft erstmal verloren, da sie (falls sie nicht Bill Gates sind) ohne Plan und ohne Abschluss und nicht mehr superjung, runtergehen.

Idee: Was wäre wenn man inklusiv und standardmäßig einen "universalen" Bildungsweg anbietet, wo quasi "alles" angeboten wird, von Tischlerwerkstatt bis Astrophysik... Und jeder der sich nicht endgültig auf einen Spezialweg festgelegt hat bleibt auf diesem "universellen" Weg?


Wenn ich zum Beispiel die Stadt hier ansehe wo ich wohne, da gibt es ALLES was das Bildungsherz gegehrt, von jedem ein bischen... Berufsschulen, Kunsthochschule, Uni-Klinik, Tischlerlehre, Fabriken... Warum musste ich mich in diesem risiegen Angebot ständig zwischen irgendwas entscheiden? Das ganze Dilemma find bei den meisten so ab 12 Jahre an. Ist man nun auf dem Gymnasium richtig oder doch eher Realschule, ist der da nun ein Legastheniker oder will der uns nur ärgern? Blabla... Ich weiß, Gesamtschulen werden auch kritisch gesehen. Aber was spräche dagegen wenn man so etwas wie "universelle Megaschulen" einrichtet, wo quasi die ganze Stadt die Schule ist...? Und jeder der nicht 100% einen Weg in einem Spezialweg findet, der landet automatisch an der "Megaschule" wo es sowohl ANgebote für "Dummies", "Normalos", aber auch "Genies" gibt?

Ich glaube der Zwang zu entscheiden ist das Problem und führt dazu, dass im Zweifel jeder "Depp" studieren will und es deshalb viele Abbrüche gibt. Was wäre aber wenn die Schüler, und zwar alle, standardmäßig, schon ab 12 Jahre auf "Megaschulen" gehen, wo sie quasi "alles" angeboten bekommen, und sich nicht fest entscheiden müssen sondern immer im "universellen" Weg bleiben? Und derjenige der dann in das Fach "Praktische Medizin" reinschnuppert, da merkt man dann vielleicht, oh, der kann wirklich gut Blut abnehmen, der sollte irgendwas in dem Bereich machen... Und dann hat er vielleicht noch ein paar Jahre wo er schwerpunktmäßig "Medizin" Fächer macht und dann vielleicht merkt ob Pflger oder Arzt oder Verwaltungskram besser passt, und dann ist der vielleicht 16 und kann dann viel besser entscheiden welcher Weg passt...

Aber wie es heute ist: Siehe Medizin, siehe Architektur. Der Normalfall ist, dass jemand vom Gymnasium kommt wo alles mögliche, aber nichts was auch nur annäherend mit Architektur oder Medizin zu tun hat, nun vor der Entscheidung steht was und ob er studieren tut oder nicht. Die Entscheidungen sind zu abrupt. Zu hart, zu wenig fließend. Auch das jetzige Bidungssystem kennt nur schwarz oder weiß. Studienabbruch oder nicht. Wäre nicht ein "universeller" Bildungsweg mit unendlich vielen Verästelungen besser, wo der Schüler almählich die Richtung findet in welche Bereiche es gehen sollte, ohne sich zu früh für einen Aste, der vielleicht eine Sackgasse ist, entscheiden zu müssen?

Oder um auf das Thema Geld zurückzukommen. Vielelicht ist auch das Problem, dass weder der Schüler, noch die Eltern, noch der Staat, wissen ob die Investition sich lohnt. Und der Staat gibt es sogar zu! Er weiß es nicht ob die Investition sich lohnt, deshalb wartet er bis er immatrikuliert ist, bis er also zum Studium angenommen wurde.
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.
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