So heißt es in der den "Roten Zellen" nahestehenden MSZ 3-1988
So weit, so lange her. Es verwundert, dass in hippen Philosophenheften, wie man sie am Bahnhofskiosk gleich hinter dem Sexhefte-Regal neben "Compact" und "Esoterik Aktuell" kaufen kann, dieser tote Hund heute noch eine Rolle spielen kann. Hintergrund sind die sogenannten "Schwarzen Hefte". Die seit 2014 serienweise verlegten Denktagebücher Heideggers haben noch einmal unbestreitbar aufgezeigt, wie tief Heidegger in seinem Denken und Wirken in den Nationalsozialismus eingetaucht war. Das Abiturientenmagazin "Hohe Luft" dreht daraus eine veritable Endlosserie, wie sie an Kundenbindungswirkung höchstens die Foto-Love-Story der Bravo in den 90er Jahren erzielen wollte: Unter den Schlagworten "Fall Heidegger" und "Schwarze Hefte" sind seit 2014 insgesamt über 30 Beiträge veröffentlicht worden, darunter eine Streitserie zwischen dem Verleger der Heidegger-Gesamtausgabe und seinen Kritikern, Artikel über die Heidegger-Tagung in - wo wohl, na klar - Siegen, Antworten auf den Artikel zur Heidegger-Tagung, Antworten auf Antworten, steile Thesen wie "Moralische Schuld ist in Heideggers Philosophie nicht möglich" (meint Trawny, der Herausgeber der Schwarzen Hefte), aber auch jede Menge Meta und Meta zum Meta. Heidegger und kein Ende? Wird das dem letztlich doch banalen Gedankenwartehäuschen gerecht, das er da zimmerte?Ein chilenischer Exfan des Meisters hat zum
x-ten Mal nachgewiesen, was jedem bekannt war: einen Einfluß des Nationalsozialismus auf Heidegger.
Die neuerliche “Enthüllung” soll in Frankreich eine “halbe Staatsaffaire ausgelöst” haben; der
Einfluß von Heideggers Denken ist dort so groß, heißt es diesmal umgekehrt. Das ist zwar ganz
falsch und ziemlich übertrieben, markiert aber das Thema, das sich offenbar
grenzüberschreitender Beliebtheit erfreut: Geist und Macht wird wieder einmal ausgiebig
verwechselt. Da steht vor allem in der Sache alles auf dem Kopf.
Wie faschistisch ist Philosophie? oder: Wie philosophisch war der Faschismus?
Der Vorwurf, Heidegger sei ein faschistischer Denker, kommt merkwürdigerweise immer ohne Berücksichtigung des eigentlich philosophischen Werkes aus. Dabei könnte man darin - ginge es
tatsächlich um die Besonderheit (faschistisch-)philosophischer Gedanken -, durchaus Affinitäten
zu einem Staatsprogramm entdecken, das sich der Vorbereitung eines großen Krieges gewidmet
und dafür auf Tugenden seiner Mannschaft Wert gelegt hat, die die fälligen Opfer bis hin zur
Aufgabe des eigenen Lebens als sinnerfüllenden Dienst an einem übergeordneten Ganzen
erscheinen lassen und nichts als diesen Lohn versprechen.