Glaube und Erkenntnis

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Watchful_Eye
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Watchful_Eye »

Charles hat geschrieben:(09 Mar 2018, 21:28)

Ob es übernatürliche Wesen/Kräfte gibt, die auf die Natur einwirken oder diese beherrschen, das kann man naturwissenschaftlich überhaupt nicht herausfinden und damit beschäftigt sich auch kein Naturwissenschaftler. Deshalb würde auch kein seriöser Naturwissenschaftler behaupten, die These Gott sei unwahrscheinlich.
Meines Erachtens liegt der Denkfehler auch an einer ganz anderen Stelle: Ja, es kann absolut sein, dass es irgendeine Art von Gott gibt. Aber das, was Gott ist, kann alles mögliche sein. Es kann auch so etwas sein wie ein "Konzept". Der Gott, wie es die Bibel beschreibt, ist nur eine von unendlich vielen Möglichkeiten, sich einen Gott vorzustellen. Daher verdient diese Vorstellung im Bildungssystem keine Sonderbehandlung.

Das Bildungssystem sollte nicht deshalb gegenüber Religionen neutral sein, weil die Atheisten definitiv recht haben. Sondern, weil es keinen Grund dafür gibt, daran zu glauben. Wenn ich mir einen Gott ausdenke, ist der genau so wahrscheinlich wie das, was in der Bibel steht.
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Ein Terraner
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Ein Terraner »

Watchful_Eye hat geschrieben:(09 Mar 2018, 22:00)

Wenn ich mir einen Gott ausdenke, ist der genau so wahrscheinlich wie das, was in der Bibel steht.
Denn wie schon in der Bibel steht, Es gibt keinen Gott. :D
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Watchful_Eye
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Watchful_Eye »

Ein Terraner hat geschrieben:(09 Mar 2018, 22:03)

Denn wie schon in der Bibel steht, Es gibt keinen Gott. :D
Gut möglich. Aber das mit den Gottesvorstellungen ist durchaus ernst gemeint. Wenn man Gott nicht irgendwelche Moral zuschreibt, sondern ihn einfach nur als "unbewegten Beweger" sieht, ist die Existenz eines Gottes meines Erachtens genau so wahrscheinlich wie dessen Nichtexistenz bzw. uns fehlt so dermaßen viel Wissen, dass wir überhaupt kein Urteil darüber treffen können. Nur diese niedlichen Geschichten drumrum, wie sie von den großen Weltreligionen vertreten werden, sind halt in sich widersprüchlicher Mumpitz.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Ein Terraner »

Watchful_Eye hat geschrieben:(09 Mar 2018, 22:14)

Gut möglich. Aber das mit den Gottesvorstellungen ist durchaus ernst gemeint. Wenn man Gott nicht irgendwelche Moral zuschreibt, sondern ihn einfach nur als "unbewegten Beweger" sieht, ist die Existenz eines Gottes meines Erachtens genau so wahrscheinlich wie dessen Nichtexistenz bzw. uns fehlt so dermaßen viel Wissen, dass wir überhaupt kein Urteil darüber treffen können. Nur diese niedlichen Geschichten drumrum, wie sie von den großen Weltreligionen vertreten werden, sind halt in sich widersprüchlicher Mumpitz.
Ja ich weiß, Gottes letztes Schlupfloch, jenseits unseres Universums, unseres Verstehens und Begreifens, da wird der Feigling auch nicht mehr rauskommen. :)
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Ein Terraner hat geschrieben:(09 Mar 2018, 21:34)
So funktioniert das auch gar nicht, sondern es geht mehr in die Richtung das für nichts was im Universum beobachtet werden kann in irgend einer weise ein Gott notwendig wäre um die Beobachtung zu erklären.
Außer vielleicht für die Existenz des Universums selbst. Bislang jedenfalls.

Und für bestimmte Grundparameter. Die Stärke der vier bekannten physikalischen Wechselwirkungstypen (Gravitation, Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung) scheint genau so dimensioniert zu sein, dass sie die Entstehung von Leben befördert. Insbesondere die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung in Form der dimensionslosen sommerfeldschen Feinstrukturkonstante von rund 1/137. [Die Dimensionslosigkeit ist hier natürlich ganz entscheidend]. Solange man kein Gleichungssystem, keine Problemstellung findet, dessen Lösung genau diese mystische Zahl ergibt, bleibt es ein offenes und fragliches Problem, warum diese Konstante genau diese Größe hat. Wäre sie nur geringfügig kleiner oder größer, wäre unter anderem die Basis für die Entstehung von organischer Chemie auf Kohlenstoff-Basis nicht mehr gegeben. Außer einer ziemlich simplen Begründung ... nämlich, dass es zig Universen mit zig verschiedenen Feinstrukturkonstanten gibt und wir als vernunftbegabte Wesen eben nur in diesem einen richtig dimensionierten entstehen konnten ... gibts bislang keine naturwissenschaftliche Begründung dafür.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Sa 10. Mär 2018, 06:23, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Watchful_Eye hat geschrieben:(09 Mar 2018, 22:00)

Meines Erachtens liegt der Denkfehler auch an einer ganz anderen Stelle: Ja, es kann absolut sein, dass es irgendeine Art von Gott gibt. Aber das, was Gott ist, kann alles mögliche sein. Es kann auch so etwas sein wie ein "Konzept". Der Gott, wie es die Bibel beschreibt, ist nur eine von unendlich vielen Möglichkeiten, sich einen Gott vorzustellen. Daher verdient diese Vorstellung im Bildungssystem keine Sonderbehandlung.
Die Relevanz der verschiedenen religiösen Schöpfungsmythen für Bildungsinstitutionen wie Schule liegt auch nicht in ihrer erkenntnistheoretischen sondern in ihrer ideengeschichtlichen Bedeutsamkeit. Und das Problematische neuerer Ideologien und Bewegungen wie der des Szientismus oder des "Neuen Atheismus" liegt nicht in der Unlogik der Argumentation sondern in der Unkultiviertheit. In der Negation ideengeschichtlich entstandener Gedankengebäude.

Ich kann mir kaum etwas Unkultivierteres vorstellen als die Herabwürdigung, Ignorierung, Geringschätzung von Philosophie und Geisteswissenschaften.

Wie die meisten -ismen laufen sowohl Szientismus wie auch Kreationismus auf die Essenzialisierung einer bestimmten Vorstellung hinaus. Es soll nichts anderes mehr gelten. Ich habe wenig bis gar keine Ahnung von Pädagogik. Aber ein nichts-sonst und nur-das dürfte in jedem Fall einer Förderung freien und offenen Denkens entgegenstehen.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Ein Terraner »

schokoschendrezki hat geschrieben:(10 Mar 2018, 05:40)

Außer vielleicht für die Existenz des Universums selbst. Bislang jedenfalls.
Ja, aber auch hier gibt es schon Ansätze.
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Dark Angel
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(10 Mar 2018, 05:40)

Außer vielleicht für die Existenz des Universums selbst. Bislang jedenfalls.

Und für bestimmte Grundparameter. Die Stärke der vier bekannten physikalischen Wechselwirkungstypen (Gravitation, Elektromagnetismus, starke und schwache Wechselwirkung) scheint genau so dimensioniert zu sein, dass sie die Entstehung von Leben befördert. Insbesondere die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung in Form der dimensionslosen sommerfeldschen Feinstrukturkonstante von rund 1/137. [Die Dimensionslosigkeit ist hier natürlich ganz entscheidend]. Solange man kein Gleichungssystem, keine Problemstellung findet, dessen Lösung genau diese mystische Zahl ergibt, bleibt es ein offenes und fragliches Problem, warum diese Konstante genau diese Größe hat. Wäre sie nur geringfügig kleiner oder größer, wäre unter anderem die Basis für die Entstehung von organischer Chemie auf Kohlenstoff-Basis nicht mehr gegeben. Außer einer ziemlich simplen Begründung ... nämlich, dass es zig Universen mit zig verschiedenen Feinstrukturkonstanten gibt und wir als vernunftbegabte Wesen eben nur in diesem einen richtig dimensionierten entstehen konnten ... gibts bislang keine naturwissenschaftliche Begründung dafür.
Nein - auch dafür braucht es keinen Gott.
Diese ganze "Warum"- Fragerei zum Universum, seiner Existenz und Beschaffenheit, ist nichts weiter als anthropozentrische Nabelschau.
Nur aus dieser anthropozentrischen Nabelschau - dass alles unbedingt einen ganz bestimmten Sinn haben muss, dass etwas (die Entstehung von Leben/des Menschen) "vorherbestimmt" ist/sein muss, ziehen Religion(en) und Philosophie ihre Existenzberechtigung. Antworten/Erklärungen liefern und/oder zum Erkenntnisgewinn beitragen, können beide nicht.

Und nur weil Naturwissenschaften bisher keine hinreichend genauen Erklärungen liefern können, bedeutet das noch lange nicht, dass eine "höhere Macht" notwendig wäre oder "die Hände im Spiel" hat.
Das bedeutet nur, dass Mensch(en) sich sich viel zu wichtig nehmen und sich mit einem "ich weiß es nicht" nicht abfinden können/wollen.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Ein Terraner hat geschrieben:(10 Mar 2018, 09:05)

Ja, aber auch hier gibt es schon Ansätze.
Klar. Auch die Feinjustierung der Naturkonstanten kann - neben der höchst spekulativen Erklärung durch ein Multiversum - völlig und absoluter Zufall und eben auch absolut zufällig auf eine Begünstigung der Entstehung von Leben auf Kohlenstoffbasis hin sein. Und dennoch gibt es zahlreiche Publikationen und zahlreiche auch seriöse Physiker, die - neben diesen beiden Erklärungen - ein (schwaches oder starkes) anthropisches Prinzip oder sogar ein "Designtes Universum" für möglich halten.

Ich persönlich glaube das übrigens nicht, sondern vermute, dass die Differentialgleichung oder allgemeiner die Optimierungsaufgabe, dessen Lösung die Stärken dieser Wechselwirkungen sind, nur noch nicht gefunden wurde. Und ganz speziell, dass es eine (noch unbekannte) Parallele zwischen dem in der Physik universellen Prinzip der kleinsten Wirkung und einer Feinabstimmung dieser Konstanten in Richtung auf die Entstehung komplexer Strukturen (wie "Leben") gibt.

Der "schlechte Ruf" solcher Spekulationen hat zu einem nicht geringen Teil damit zu tun, dass ganz grundlegende naturwissenschaftliche Erkenntnisse (u.a. von Sigmund Freud) völlig zurecht als "Kränkungen" identifiziert wurden: Das heliozentrische Weltbild, die Darwinsche Evolutionstheorie und schließlich die Erkenntnis des Einflusses unbewusster psychologischer Antriebe. Mit allen drei Erkenntnissen musste der Mensch das Selbstbild einer Sonderstellung in der Welt ein Stück weit aufgeben, Mit den entsprechenden erwartbaren WIderständen.

Aber genau die Verinnerlichung und das Begreifen dieser Zusammenhänge befreit den Menschen andererseits vor einem reflexhaften und zwanghaften Zurückweichen vor Weltmodellen, die solche anthropischen Prinzipien zumindest nicht grundsätzlich ausschließen. DIe eine (nach Nietzsche) "fröhliche Wissenschaft" erlauben. Ohne Denkverbote und selbstauferlegte Umzäunungen.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von H2O »

Hallo, hier geht's weiter in der Wahrheitssuche mit geänderter Strangüberschrift.
Skeptiker

Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Skeptiker »

Dark Angel hat geschrieben:(10 Mar 2018, 10:29)
Nein - auch dafür braucht es keinen Gott.
Diese ganze "Warum"- Fragerei zum Universum, seiner Existenz und Beschaffenheit, ist nichts weiter als anthropozentrische Nabelschau.
Nur aus dieser anthropozentrischen Nabelschau - dass alles unbedingt einen ganz bestimmten Sinn haben muss, dass etwas (die Entstehung von Leben/des Menschen) "vorherbestimmt" ist/sein muss, ziehen Religion(en) und Philosophie ihre Existenzberechtigung. Antworten/Erklärungen liefern und/oder zum Erkenntnisgewinn beitragen, können beide nicht.

Und nur weil Naturwissenschaften bisher keine hinreichend genauen Erklärungen liefern können, bedeutet das noch lange nicht, dass eine "höhere Macht" notwendig wäre oder "die Hände im Spiel" hat.
Das bedeutet nur, dass Mensch(en) sich sich viel zu wichtig nehmen und sich mit einem "ich weiß es nicht" nicht abfinden können/wollen.
Absolut treffend, wie ich finde. Für mich war schon immer der wichtigste Grund gegen das Konzept eines Gottes, die Natur des Menschen selber.

Gott existiert in den Köpfen der Menschen, aber eben nur dort - ohne Menschen kein Gott. Gott äußert sich in der Natur nirgendwo. Nichts, absolut nichts, deutet auf seine reale Existenz hin. Insofern bleibt als einzige Ursache die Psychologie des Menschen übrig. Die liefert viele Gründe an der Vorstellung eines Gottes festzuhalten. Daher ist es weitaus wahrscheinlicher, dass Gott ein psychologisches Phänomen ist, als dass Gott Teil oder Schöpfer der Natur ist - jedenfalls aus der logischen Perspektive gesehen.

Wer dem einzig ein "ich nehme das anders wahr, ich fühle dass es Gott gibt" entgegensetzt, dem muss man leider sagen, dass die Sinne des Menschen keine Wahrheitsorgane, sondern Wahrnehmungsorgane sind. Wer glaubt wissenschaftlicher Systematik Gefühle gleichwertig gegenüberstellen zu können, der sollte mit einem Praktikum in der Psychiatrie mal sein Wissen über Sinnesfehlleistungen erweitern. Unsere Sinne sind alles andere als genau. Es kommt nur auf die richtige Droge an und es kann einem jeder Gott geliefert werden den man braucht.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Alexyessin »

Ein Terraner hat geschrieben:(09 Mar 2018, 22:17)

Ja ich weiß, Gottes letztes Schlupfloch, jenseits unseres Universums, unseres Verstehens und Begreifens, da wird der Feigling auch nicht mehr rauskommen. :)
Witzigerweise ist, soweit ich es im Kopf habe, diese Prima Causa Idee ihren Ursprung bei Aristoteles. Der Grundstein alles Seins, der philosophische Versuch der Erklärung von Beginn an.
Hm, also kehrt unsere Gottesvorstellung der letzten Möglichkeit zurück in das Stadium, aus dem es einst ein griechisch-makedonischer Philosoph hineingedacht hat.
Wow, knapp 2300 Jahre sind wir in der Theologie da, wo man angfangen haben :)
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(10 Mar 2018, 20:07)
Wer dem einzig ein "ich nehme das anders wahr, ich fühle dass es Gott gibt" entgegensetzt, dem muss man leider sagen, dass die Sinne des Menschen keine Wahrheitsorgane, sondern Wahrnehmungsorgane sind.
Lieber Skeptiker. Um auf die Erkenntnis zu kommen, dass selbst eine geringfügige Änderung der Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung in Form der Feinstrukturkonstante nach oben oder unten, die Entstehung komplexer Moleküle auf C-Basis verunmöglicht, ist sehr viel mehr als ein vages Gefühl und anstelle dessen harte, schweißtreibende wissenschaftliche Arbeit nötig.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Skeptiker »

schokoschendrezki hat geschrieben:(10 Mar 2018, 20:25)
Lieber Skeptiker. Um auf die Erkenntnis zu kommen, dass selbst eine geringfügige Änderung der Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung in Form der Feinstrukturkonstante nach oben oder unten, die Entstehung komplexer Moleküle auf C-Basis verunmöglicht, ist sehr viel mehr als ein vages Gefühl und anstelle dessen harte, schweißtreibende wissenschaftliche Arbeit nötig.
Ich rätsel etwas darüber, was Du mir damit sagen willst.

Es ist doch klar, dass die Veränderung von Naturkonstanten unmittelbar die Dinge aus den Fugen werfen würde. Als Mathematiker weißt Du doch auch, dass in einem Gleichungssystem mit 10 Gleichungen und 10 Unbekannten ein Koeffizient auch nur auf der tausendsten Stelle hinter dem Komma verändert werden muss, um Dir die Lösung um die Ohren fliegen zu lassen. Das ist aber doch kein Grund das Konzept von Gleichungssystemen in Frage zu stellen und an deren Stelle "gefühlte Lösungen" als diskussionswürdig zu erachten.

Wissenschaft strebt danach die Welt modellhaft zu beschreiben. Es geht dabei immer um einen fairen falsifizierbaren Wettbewerb der Lösungsansätze. Auch Lösungen die nicht erklärbar sind, aber empirisch nachgewiesen werden, haben die Chance in die Lehrmeinung überzugehen (wenn sich eben kein besserer Ansatz findet).

Ich finde es inakzeptabel durch nichts belegbare Theorien (= Religionen) in irgendeiner Form den wissenschaftlichen Lehrmeinungen (= Modell welches aktuell belegbar am besten die Realität beschreibt) auf die gleiche Stufe zu stellen. Aus eben diesem Grunde hat man die Pastafari ins Leben gerufen, nämlich um zu verdeutlichen, dass einer Religion grundsätzlich der größte erfundene Unsinn gleichwertig entgegengesetzt werden könnte.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von BingoBurner »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Mar 2018, 14:47)

Doch darum geht es und nur darum.

Nein - es gibt keine verschiedenen Erklärungen.
Glaube ist keine Erklärung!
Erklärungen sind nachvollziehbar, an und in der Realität überprüfbar und sie sind falsifizierbar.
Erklärungen basieren auf Beobachtungen.
All das kann Glaube nicht liefern und darum ist Glaube auch kein Erklärungsansatz

Pantheismus .........was sagst du den dazu ?

Dieser hebt zumindest deine Kritik zwischen "Glauben" und "Erkenntnis" auf.

Oder anders....Wahrheit ist ein philosophischer/religöser/esoterischer/was auch immer Begriff. Weisheit würde ich z.b. nicht dazu zählen.

Erkenntnis ist ein Naturwissentschaftlicher......eben ein Modell der Wirklichkeit.

Ich bin übrigens Agnostiker. Just my two cents..........
Dont take your organs to heaven !
Heaven knows we need them here !

Dinge, die Impfgegner sagen : https://www.facebook.com/impfgegnerzitate/

Sleep On The Floor https://www.youtube.com/watch?v=v4pi1LxuDHc
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(10 Mar 2018, 13:53)

Klar. Auch die Feinjustierung der Naturkonstanten kann - neben der höchst spekulativen Erklärung durch ein Multiversum - völlig und absoluter Zufall und eben auch absolut zufällig auf eine Begünstigung der Entstehung von Leben auf Kohlenstoffbasis hin sein. Und dennoch gibt es zahlreiche Publikationen und zahlreiche auch seriöse Physiker, die - neben diesen beiden Erklärungen - ein (schwaches oder starkes) anthropisches Prinzip oder sogar ein "Designtes Universum" für möglich halten.
Tja - shit happens - auch das allgemein, schwache und starke anthropische Prinzip ist nur eine anthropozentrische Nabelschau, die auf eine besondere Stellung des Menschen im Universum hinausläuft.
Die Tatsache dass das anthropische Prinzip von Physikern wie Brandon Carter, John Barrow, Frank Tippler u.a. postuliert und vertreten wird, macht es noch lange nicht zu einem wissenschaftlichen Prinzip.
Ist es nämlich nicht, ganz im Gegenteil - es steht unter heftiger Kritik, weil es hochspekulativ und nicht falsifizierbar ist und damit ein wichtiges Kriterium für eine wissenschaftliche Hypothese/Theorie nicht erfüllt.
Auch seriöse Wissenschaftler sind nicht dagegen gefeit, unwissenschaftliche Thesen von sich zu geben.
Das anthropische Prinzip ist nichts weiter als eine Tautologie!

schokoschendrezki hat geschrieben:(10 Mar 2018, 13:53)Aber genau die Verinnerlichung und das Begreifen dieser Zusammenhänge befreit den Menschen andererseits vor einem reflexhaften und zwanghaften Zurückweichen vor Weltmodellen, die solche anthropischen Prinzipien zumindest nicht grundsätzlich ausschließen. DIe eine (nach Nietzsche) "fröhliche Wissenschaft" erlauben. Ohne Denkverbote und selbstauferlegte Umzäunungen.
Eben - Menschen haben ein Problem damit, zu akzeptieren, dass sie keine Sonderstellung einnehmen, dass sie nichts besonderes sind.
Da werden keine Zusammenhänge begriffen, sondern konstruiert. Mit Wissenschaft haben derartige Spekulationen nicht das geringste zu tun. Das anthropische Prinzip hat keinen anderen Zweck, als das Podest zu sichern, das Mensch für sich selbst gebaut und auf das er sich gestellt hat.
Das anthropische Prinzip findet bei Vertretern des Kreationismus und Intelligent Design ja so großen Zuspruch, nicht weil es wissenschaftlich ist, sondern weil es unwissenschaftlich (quasi religiös) ist.
Im Grunde besagt dieses Prinzip nichts anderes, als dass das Universum, so wie es existiert, nicht zufällig entstanden sein kann, sondern, dass es so "konstruiert" wurde, DAMIT Leben, DAMIT der Mensch entstehen konnte und existieren kann.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(10 Mar 2018, 21:50)

Ich rätsel etwas darüber, was Du mir damit sagen willst.

Es ist doch klar, dass die Veränderung von Naturkonstanten unmittelbar die Dinge aus den Fugen werfen würde. Als Mathematiker weißt Du doch auch, dass in einem Gleichungssystem mit 10 Gleichungen und 10 Unbekannten ein Koeffizient auch nur auf der tausendsten Stelle hinter dem Komma verändert werden muss, um Dir die Lösung um die Ohren fliegen zu lassen. Das ist aber doch kein Grund das Konzept von Gleichungssystemen in Frage zu stellen und an deren Stelle "gefühlte Lösungen" als diskussionswürdig zu erachten.
In der Frage der Feinabstimmung der Naturkonstanten ist an keiner Stelle irgendwas von "Gefühltheit" oder "Glauben" im Spiel. Das Gleichungssystem oder allgemeiner die Fragestellung, deren Lösung diese Naturkonstanten ergeben, ist nur noch nicht gefunden worden. Und solange das der Fall ist, ist das schwache und das starke anthropische Prinzip eine der möglichen Erklärungshypothesen. Es ist völlig normal, dass man bei Nichtvorliegen einer befriedigenden Erklärung eine Reihe von Hypothesen aufstellt. Und diese versucht in Einklang mit Beobachtungen und vorliegendem Wissen zu bringen oder sie nachvollziehbar zu widerlegen.

Die "Fugen", um es mit deinen Worten zu sagen, bestehen darin, dass im Inneren von Sternen die Fusionsreaktion von Heliumkernen zu Kohlenstoff in einer solchen Weise begünstigt wird, dass selbst bei einer minimalen Variation dieser Naturkonstanten dies nicht mehr der Fall wäre. Das Problem ist - genau umgekehrt! - die rationale Annahme, dass es dem Universum eigentlich egal sein müsste, welche Arten von chemischen Elementen - und ob überhaupt welche - entstehen. Das Universum ist aber, und nochmal: Das ist keine Glaubensfrage - auf die Entstehung von organischer Chemie hin justiert. Das kann man ignorieren. Man kann aber auch versuchen, eine mögliche Erklärung dafür zu finden.

Ich selbst und persönlich halte dieses anthropische Prinzip für sehr viel weniger wahrscheinlich als einen systematischen Zusammenhang, der nur eben noch unbekannt ist. Dass es eine Fragestellung gibt, deren Lösung beides gleichzeitig ergibt: Die Größe der Naturkonstanten so wie sie eben sind und ihre Feinabstimmung auf die Entstehung komplexer Strukturen hin. Dass ein Stein nach unten fällt ist einfach die Lösung einer Optimierungsaufgabe nach dem Hamilton-Prinzip der kleinsten Wirkung. Etwas in dieser Art stelle ich mir vor. Ein Extremalprinzip, das dazu führt, dass Materie ganz allgemein die Eigenschaft hat, eine Selbstwahrnehmung herbeizuführen. Ein solcher Ansatz käme dann ganz ohne Gott und Religion aus.


Oder, andere Möglichkeit: Einfach nur purer Zufall und Willkürlichkeit.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Teeernte »

Alexyessin hat geschrieben:(10 Mar 2018, 20:18)

Witzigerweise ist, soweit ich es im Kopf habe, diese Prima Causa Idee ihren Ursprung bei Aristoteles. Der Grundstein alles Seins, der philosophische Versuch der Erklärung von Beginn an.
Hm, also kehrt unsere Gottesvorstellung der letzten Möglichkeit zurück in das Stadium, aus dem es einst ein griechisch-makedonischer Philosoph hineingedacht hat.
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Bisher bestand die meiste "Entwicklung" nicht auf Wissenschaft ....sondern auf MUP .......die "Methode des Unbekümmerten Probierens"...


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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Mar 2018, 06:03)

In der Frage der Feinabstimmung der Naturkonstanten ist an keiner Stelle irgendwas von "Gefühltheit" oder "Glauben" im Spiel.
Doch, da ist Glaube im Spiel - nämlich in Form der Vorstellung, die Naturkonstanten seien aufeinander abgestimmt, stünden in irgendeinem Zusammenhang zueinander bzw stünden aus einem ganz bestimmten Grund (Ziel, Zweck) in einem Zusammenhang zueinander.
Tun sie aber nicht. Naturkonstanten sind schlicht physikalische Größen, deren Werte nicht beeinflussbar sind und die sich weder räumlich noch zeitlich verändern. Nicht mehr und nicht weniger.
schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Mar 2018, 06:03)
Das Gleichungssystem oder allgemeiner die Fragestellung, deren Lösung diese Naturkonstanten ergeben, ist nur noch nicht gefunden worden. Und solange das der Fall ist, ist das schwache und das starke anthropische Prinzip eine der möglichen Erklärungshypothesen.
Nein - das ist nicht der Fall! Naturkonstanten basieren auf der Beobachtung, dass sich deren Werte nirgends im Universum verändern und dass sie nicht beeinflussbar sind. Naturkonstanten müssen nicht zwingend zueinander in Beziehung bzw in einem Zusammenhang stehen und sie müssen sich auch nicht aus einer Gleichung ergeben. Dass dies so ist, ist ein Glaubenssatz.
Das anthropische Prinzip ist KEINE mögliche Erklärungshypothese, weil es auf eine Sonderstellung der Menschen im Universum abzielt.
schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Mar 2018, 06:03)
Es ist völlig normal, dass man bei Nichtvorliegen einer befriedigenden Erklärung eine Reihe von Hypothesen aufstellt. Und diese versucht in Einklang mit Beobachtungen und vorliegendem Wissen zu bringen oder sie nachvollziehbar zu widerlegen.
Ja genauso "normal", wie es "normal" ist bei fehlender (befriedigender) Erklärung ein godditit heranzuziehen.

Die "Fugen", um es mit deinen Worten zu sagen, bestehen darin, dass im Inneren von Sternen die Fusionsreaktion von Heliumkernen zu Kohlenstoff in einer solchen Weise begünstigt wird, dass selbst bei einer minimalen Variation dieser Naturkonstanten dies nicht mehr der Fall wäre. Das Problem ist - genau umgekehrt! - die rationale Annahme, dass es dem Universum eigentlich egal sein müsste, welche Arten von chemischen Elementen - und ob überhaupt welche - entstehen.[/quote]
Das IST dem Universum auch egal, weil das Universum KEINE denkende Entität ist, die irgendein bestimmtes Ziel verfolgt!
schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Mar 2018, 06:03)
] Das Universum ist aber, und nochmal: Das ist keine Glaubensfrage - auf die Entstehung von organischer Chemie hin justiert. Das kann man ignorieren. Man kann aber auch versuchen, eine mögliche Erklärung dafür zu finden.
Doch - genau das ist es - es IST eine Glaubensfrage, dass das Univiersum "justiert" sein könnte, dass es einen ganz bestimmten Zweck erfüllen könnte, ein bestimmtes Ziel verfolgen könnte.
Aus der Tatsache, dass wir Sternentstehung, die Entstehung von organischen Makromolekülen beoabchten können und daraus bestimmte Regelmäßigkeiten (Naturgesetze) ableiten, bedeutet noch lange nicht, dass das Universum genau darauf "abgestimmt" bzw "justiert" sein könnte.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Dark Angel »

BingoBurner hat geschrieben:(10 Mar 2018, 21:51)

Pantheismus .........was sagst du den dazu ?

Dieser hebt zumindest deine Kritik zwischen "Glauben" und "Erkenntnis" auf.

Oder anders....Wahrheit ist ein philosophischer/religöser/esoterischer/was auch immer Begriff. Weisheit würde ich z.b. nicht dazu zählen.

Erkenntnis ist ein Naturwissentschaftlicher......eben ein Modell der Wirklichkeit.

Ich bin übrigens Agnostiker. Just my two cents..........
Ob nun Pantheismus, Polytheismus, Henotheismus oder Monotheismus läuft auf's gleiche raus.
Alle Formen von Theismus sind Glaubensformen, die eine höhere Macht als "Lenker und Gestalter" postulieren.
Dabei ist es egal ob man sich ein oder mehrere "höhere Wesen" vorstellt oder ob man sich die Natur/das Universum als beseeltes Wesen vorstellt, welches ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt.
Das allgemeine, starke und schwache anthropische Prinzip haben in gewisser Weise Pantheismus als Grundlage.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von BlueMonday »

Das Pan in Pantheismus verneint ja gerade einen übergeordneten, getrennten Gott. Pan=allumfassend. Gott ist alles. Alles ist Gott. Also wenn es eine vollständige Auflösung des Gottesbegriffs gibt, dann ist es der Pantheismus (und nicht der Atheismus). Auflösung durch umfassende Aneignung => Ein Begriff ist nur Begriff, wenn er trennt/teilt/unterscheidet, also wenn er durch sein Umfassen etwas anderes ausschließt.

Ich meine, ohne eine Metaphysik, also einen Glauben kommt niemand aus. Andernfalls hätte man nur gehaltlose Begriffssysteme.
Alles logische Schließen setzt voraus, dass es identische Fälle gibt. Die gibt es aber nicht. Jede Identität ist ein Zurechtmachen und der Glaube an die Richtigkeit dieser Zurechtmachung bzw die Verdrängung, dass es eine Zurechtmachung ist.
Jeder Begriff überhaupt ist eine Zurechtmachung und entspricht nicht der Realität vor diesem Begriff.

Nietzsche: "Bevor »gedacht« wird, muß schon »gedichtet« worden sein; das Zurechtbilden zu identischen Fällen, zur Scheinbarkeit des gleichen ist ursprünglicher als das Erkennen des gleichen."

Die wissenschaftliche Methode, die Empirie sucht das Gleiche im Unterschiedlichen, das sich Wiederholende, die Gesetzmäßigkeit in der beobachtbaren Umwelt.

Aber:
“Allgemein gesprochen setzt Ähnlichkeit – und somit auch Wiederholung stets die Einnahme ‘eines Standpunkts’ voraus: manche Ähnlichkeiten oder Wiederholungen werden uns auffallen, wenn wir uns für ein bestimmtes Problem interessieren, andere, wenn wir uns für eine anderes Problem interessieren.”

“Man kann hinzufügen, daß sich für jede gegebene endliche Gruppe oder Mengen von Dingen, mag sie noch so regellos zusammengestellt sein, bei einiger Geschicklichkeit Standpunkte finden lassen, von denen auf alle zu der Menge gehörenden Dinge ähnlich (oder teilweise gleich) sind. Das bedeutet, daß jedes beliebige Ding oder Ereignis als “Wiederholung” jedes beliebigen anderen angesehen werden, wenn man nur den geeigneten Standpunkt einnimmt.”

Karl Popper, Logik der Forschung, Tübingen 1989, S. 376
So gesehen ist jede "Gesetzmäßigkeit" ein kreativer Akt, der nicht unbeingt so und nicht anders abzulaufen hat. Letztlich ist es nur eine Denkform, für die man sich mehr oder weniger bewusst entschieden hat.
So ist auch Kausalität nicht beobachtbar, sondern letztlich nur eine Denkgewohnheit (Hume).

Wissenschaftlich hat man immer nur Korrelationen in irgendwelchen Datensets vorliegen. Also ein für sich allein genommen sinnloser Zusammenfall von Ereignissen, die man auf irgendeine Weise quantifiziert.
Nachträglich kann man dann allenfalls Bildunsgregeln (Funktionen mit Konstanten) finden, mit der man Werte aus einem Teil des Datenset andere Teile des Datensets berechnen kann.
Wobei man unendlich viele dieser Bildungsregeln finden könnte. Strenggenommen hat man aber nur ein Datenset, das die Vergangenheit betrifft, kompakter darstellt. Datenkompression sozusagen :). Alles, was darüberhinaus geht, also die Zukunft betrifft, unterliegt dem Induktionsproblem, und das kann nur durch eine spekulative Komponente, einen Glauben, eine Überzeugung oder dergl. überwunden werden.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Provokateur »

Was mir als Agnostiker immer auffällt, sind die Argumentationsmuster der Extremgläubigen.

Exemplarisch:
"Alles, was in der Bibel steht, ist wahr!"
"Im 3. Buch Mose 11,13-19 steht, dass Fledermäuse Vögel sind. Fledermäuse sind aber Säugetiere."
"Es, äh, ist nur ein Gleichnis!"

Es geht immer so.

Glaube ist Glaube. Er hat keine Auswirkungen auf die beobachtbare Realität - außer seine Anhänger leisten ihm Folge. Noch nie ist einem Atheisten ein Wunder geschehen, nie hat ein Hindu Maria erblickt.

Wissenschaft beschreibt etwas, das uns allen widerfährt - die beobachtbare Realität. Deswegen sind wissenschaftliche erkenntnisse auch wesentlich besser geeignet, die Realität zu erforschen.

Ob hinter allem ein puppenspielender Gott wartet, ist erst einmal egal, denn die Wissenschaft erläutert die seiner Regeln, die in diesem Universum für alle Dinge - ob lebend, ob tot, ob nie lebend gewesen - gelten.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(11 Mar 2018, 14:37)
Glaube ist Glaube.
Und Glauben ist Glauben. Die deutsche Sprache ist so klug, zwischen "Der Glaube" und "Das Glauben" zu unterscheiden.
Unter Glauben versteht man ein Fürwahrhalten ohne methodische Begründung. Glauben in diesem Sinne bedeutet, dass ein Sachverhalt für scheinbar (hypothetisch) wahr oder wahrscheinlich gehalten wird. Darin unterscheidet sich „Glauben“ im weiteren Sinne einerseits vom religiösen Glauben im engeren Sinne, der stets auf dem Willen zum Glauben beruht und die absolute Wahrheit des Glaubensinhalts (z. B. der Existenz Gottes) unterstellt; andererseits unterscheidet sich Glauben von Wissen, das als wahre und gerechtfertigte Tatsache verstanden werden kann.

Glauben im alltäglichen Sprachgebrauch ist also eine Vermutung oder Hypothese, welche die Wahrheit des vermuteten Sachverhalts zwar annimmt, aber zugleich die Möglichkeit einer Widerlegung offenlässt, falls sich die Vermutung durch Tatsachen oder neue Erkenntnisse als ungerechtfertigt herausstellen sollte.
Der letzte Satz ist der entscheidende. Nicht falsifizierbare hypothetische Aussagen sind wissenschaftlich wertlos. Religiöse Glaubenssätze sind per se nicht falsifizierbar. Ein Glauben an einen vermuteten Zusammenhang als falsifizierbare Aussage jedoch nicht zwangsläufig.
Provokateur hat geschrieben:(11 Mar 2018, 14:37)
Wissenschaft beschreibt etwas, das uns allen widerfährt - die beobachtbare Realität. Deswegen sind wissenschaftliche erkenntnisse auch wesentlich besser geeignet, die Realität zu erforschen.

Ob hinter allem ein puppenspielender Gott wartet, ist erst einmal egal, denn die Wissenschaft erläutert die seiner Regeln, die in diesem Universum für alle Dinge - ob lebend, ob tot, ob nie lebend gewesen - gelten.
Wenn man es wirklich wörtlich so nimmt, macht man damit die Wissenschaft - ob nun wissentlich oder nicht - zur Religion. Die Grundregel, dass nicht falsifizierbare Aussagen wertlos sind, bedeutet selbstverständlich, dass auch wissenschaftliche Aussagen, die man als sicher, bewiesen, verifiziert. bestätigt ansieht, unbedingt falsifizierbar bleiben müssen. Die Newtonsche Mechanik ist in ihrer Allgemeingültigkeit widerlegt, weil sie nur für Geschwindigkeiten weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit gilt. Deshalb ist sie als praktisches Modell dennoch nicht irrelevant. Die Äthertheorie ist selbstverständlich WIssenschaft. Aber sie ist vollständig widerlegt. Heißt also: Der WIssenschaftsbetrieb im Allgemeinen "erzählt" nicht etwas, sondern versucht hypothetische Annahmen, bis zu ihrer WIderlegung oder der Einschränkung ihrer Allgemeingültigkeit als plausibel darzustellen.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am So 11. Mär 2018, 22:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Mar 2018, 22:03)

Und Glauben ist Glauben. Die deutsche Sprache ist so klug, zwischen "Der Glaube" und "Das Glauben" zu unterscheiden.

Der letzte Satz ist der entscheidende. Nicht falsifizierbare hypothetische Aussagen sind wissenschaftlich wertlos. Religiöse Glaubenssätze sind per se nicht falsifizierbar. Ein Glauben an einen vermuteten Zusammenhang als falsifizierbare Aussage jedoch nicht zwangsläufig.
Es ist dennoch nicht belegbar, dass Glaube/n an sich eine Auswirkung auf die Realität hätte - außer für den Glaubenden.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(11 Mar 2018, 22:16)

Es ist dennoch nicht belegbar, dass Glaube/n an sich eine Auswirkung auf die Realität hätte - außer für den Glaubenden.
Die Auswirkung einer Erkenntnis oder eines Glaubens auf die Realität ist sowieso nochmal ein ganz anderes Thema. VIelleicht eher ein wissenschaftspolitisches. Ob die Erkenntnis des Klimawandels der Erde eine Auswirkung auf die Realität hat, hängt davon ab, ob und inwieweit die Spezies Mensch, diesem Wandel entgegenwirkt oder ihn vielleicht sogar beschleunigt, Die Auswirkung der Erkenntnis, dass es ziemlich wahrscheinlich Schwarze Löcher im Universum gibt, auf die Realität, ist bislang wohl ziemlich gleich Null.Die politische Auswirkung der Renaissance der Religionen auf die (politische) Realität ist dagegen für jedermann deutlich sichtbar.

Dass Glaube im Sinne von nicht falsizierbaren oder auch per Anweisung nicht zu falsifizierenden Aussagen wie in Religionen, nichts zu systematischen Aussagen über die Welt beitragen, dem würde ich schon eher zustimmen. Das wollen sie aber vermutlich auch gar nicht.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Skeptiker »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Mar 2018, 06:03)
In der Frage der Feinabstimmung der Naturkonstanten ist an keiner Stelle irgendwas von "Gefühltheit" oder "Glauben" im Spiel. Das Gleichungssystem oder allgemeiner die Fragestellung, deren Lösung diese Naturkonstanten ergeben, ist nur noch nicht gefunden worden. Und solange das der Fall ist, ist das schwache und das starke anthropische Prinzip eine der möglichen Erklärungshypothesen. Es ist völlig normal, dass man bei Nichtvorliegen einer befriedigenden Erklärung eine Reihe von Hypothesen aufstellt. Und diese versucht in Einklang mit Beobachtungen und vorliegendem Wissen zu bringen oder sie nachvollziehbar zu widerlegen.

Die "Fugen", um es mit deinen Worten zu sagen, bestehen darin, dass im Inneren von Sternen die Fusionsreaktion von Heliumkernen zu Kohlenstoff in einer solchen Weise begünstigt wird, dass selbst bei einer minimalen Variation dieser Naturkonstanten dies nicht mehr der Fall wäre. Das Problem ist - genau umgekehrt! - die rationale Annahme, dass es dem Universum eigentlich egal sein müsste, welche Arten von chemischen Elementen - und ob überhaupt welche - entstehen. Das Universum ist aber, und nochmal: Das ist keine Glaubensfrage - auf die Entstehung von organischer Chemie hin justiert. Das kann man ignorieren. Man kann aber auch versuchen, eine mögliche Erklärung dafür zu finden.

Ich selbst und persönlich halte dieses anthropische Prinzip für sehr viel weniger wahrscheinlich als einen systematischen Zusammenhang, der nur eben noch unbekannt ist. Dass es eine Fragestellung gibt, deren Lösung beides gleichzeitig ergibt: Die Größe der Naturkonstanten so wie sie eben sind und ihre Feinabstimmung auf die Entstehung komplexer Strukturen hin. Dass ein Stein nach unten fällt ist einfach die Lösung einer Optimierungsaufgabe nach dem Hamilton-Prinzip der kleinsten Wirkung. Etwas in dieser Art stelle ich mir vor. Ein Extremalprinzip, das dazu führt, dass Materie ganz allgemein die Eigenschaft hat, eine Selbstwahrnehmung herbeizuführen. Ein solcher Ansatz käme dann ganz ohne Gott und Religion aus.

Oder, andere Möglichkeit: Einfach nur purer Zufall und Willkürlichkeit.
Zu dem von Dir immer wieder herangezogenen anthropischem Prinzip kann ich Dir leider nicht allzuviel schreiben. Ich selber verstehe es recht trivial als reine Tautologie. Wenn dem eine größere Bedeutung nachkäme, dann bin ich wohl zu einfach gestrickt das wahrzuhaben.

Was Dein Beispiel mit der Naturkonstante angeht, so bin ich der Meinung, dass die Natur nicht nach unserem Handbuch über die Natur handelt. Sie funktioniert nach Gesetzen die wir nur versuchen abzubilden. Das bedeutet aber logischerweise, dass solange wir die Natur nicht vollständig exakt beschreiben können, selbstverständlich die Naturkonstanten ungenau sind. Das ist der Natur aber egal, weil sie das Original ist, und wir nur mit der verlustbehafteten Kopier ihrer arbeiten (die sich Wissenschaft nennt).

Ich hatte das Beispiel mit dem Gleichungssystem bewußt genannt. Ich bin überzeugt, dass die Naturgesetze (die echten, nicht diejenigen die wir aus ihr ableiten) ein vollständig gelöstes System bilden. Wir sollten uns nicht davon irritieren lassen, dass wir dessen Koeffizienten nicht genau kennen. Unsere mangelhafte Ergründbarkeit der Natur sollten wir ihr nicht zum Nachteil auslegen indem wir Schwankungen in natürliche Prozesse hineinkonstruieren, welche die Natur garnicht besitzt. Die wahre Natur wirkt immer exakt gleich, es ist nur unsere Beobachtungsfähigkeit die ungenau ist. Eben genauso wie ein entsprechendes Gleichungssystem immer eine exakte Lösung hat, die wir aber in vielen Fällen unmöglich exakt beschreiben können.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(11 Mar 2018, 22:44)
Was Dein Beispiel mit der Naturkonstante angeht, so bin ich der Meinung, dass die Natur nicht nach unserem Handbuch über die Natur handelt. Sie funktioniert nach Gesetzen die wir nur versuchen abzubilden. Das bedeutet aber logischerweise, dass solange wir die Natur nicht vollständig exakt beschreiben können, selbstverständlich die Naturkonstanten ungenau sind. Das ist der Natur aber egal, weil sie das Original ist, und wir nur mit der verlustbehafteten Kopier ihrer arbeiten (die sich Wissenschaft nennt).

Ich hatte das Beispiel mit dem Gleichungssystem bewußt genannt. Ich bin überzeugt, dass die Naturgesetze (die echten, nicht diejenigen die wir aus ihr ableiten) ein vollständig gelöstes System bilden. Wir sollten uns nicht davon irritieren lassen, dass wir dessen Koeffizienten nicht genau kennen. Unsere mangelhafte Ergründbarkeit der Natur sollten wir ihr nicht zum Nachteil auslegen indem wir Schwankungen in natürliche Prozesse hineinkonstruieren, welche die Natur garnicht besitzt. Die wahre Natur wirkt immer exakt gleich, es ist nur unsere Beobachtungsfähigkeit die ungenau ist. Eben genauso wie ein entsprechendes Gleichungssystem immer eine exakte Lösung hat, die wir aber in vielen Fällen unmöglich exakt beschreiben können.
Das nun verstehe ich wiederum nicht. Gerade die Feinstrukturkonstante, die die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkungen wiedergibt, lässt sich sehr genau und verlässlich bestimmen. Das ist gar nicht das Problem. Und sie ergibt bei verschiedenen Vorgängen immer den gleichen Wert. Weshalb sie überhaupt als Naturkonstante auffassbar ist. Aber so wie das Verhältnis der Stärke der Wechselwirkungskräfte die Ursache dafür ist, dass in dem sogenannten Drei-Alpha-Prozess Heliumkerne zu Kohlenstoffatomen fusioniert werden können, so ist der genaue Wert der Feinstrukturkonstanten die Ursache dafür, dass chemische Bindungen eine Größenordnung haben, die den Aufbau komplexer organischer Strukturen wie DNA überhaupt erst möglich machen.

Es gibt nun grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Werte dieser Konstanten rein zufällig und einfach nur "gegeben" und nicht irgendwie als Lösung von etwas anderem herleitbar. Dann ist ihre genaue Abstimmung hin auf die Entstehung organischer Chemie ein sehr sehr erstaunlicher Zufall. Aber gut. Als solcher eben hinzunehmen. Oder es gibt eben doch einen Zusammenhang irgendeiner Art. Sämtliche vermuteten Zusammenhänge sind hochspekulativ. Insbesondere der eines anthropischen (auf die Entstehung von wahrnehmenden Strukturen und speziell Menschen) hin gerichteten Natur-Prinzips. Nach einem rationalen Verständnis, das die naturinterpretierende Tätigkeit des Menschen eher skeptisch ansieht, ist die erste Möglichkeit wesentlich wahrscheinlich. Dass es also überhaupt keine Gleichung gibt, deren Lösung die Werte der Wechselwirkungskonstanten sind. Weder in den Köpfen von Menschen noch in der Natur selbst. Sondern dass diese einfach eine nicht weiter hinterfragbare Größe haben.

Im Übrigen sind all diese Überlegungen ja keineswegs neu. Über die Frage der Feinabstimmung der Naturkonstanten ist schon eine beträchtliche Menge diskutiert und geschrieben worden.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Mar 2018, 08:22)
Es gibt nun grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Werte dieser Konstanten rein zufällig und einfach nur "gegeben" und nicht irgendwie als Lösung von etwas anderem herleitbar. Dann ist ihre genaue Abstimmung hin auf die Entstehung organischer Chemie ein sehr sehr erstaunlicher Zufall.
Gemäß der meisten Theorien über das Multiversum gibt es unendlich viele andere Universen, in denen die Naturkonstanten andere Werte haben; und auch unendlich viele, in denen etwas ganz anderes herrscht als die von uns erfahrbaren Realitätsfragmente.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(11 Mar 2018, 14:04)
Ich meine, ohne eine Metaphysik, also einen Glauben kommt niemand aus. Andernfalls hätte man nur gehaltlose Begriffssysteme.
Alles logische Schließen setzt voraus, dass es identische Fälle gibt. Die gibt es aber nicht. Jede Identität ist ein Zurechtmachen und der Glaube an die Richtigkeit dieser Zurechtmachung bzw die Verdrängung, dass es eine Zurechtmachung ist.
Jeder Begriff überhaupt ist eine Zurechtmachung und entspricht nicht der Realität vor diesem Begriff.
Ja. Und die in den Naturwissenschaften mit Abstand wichtigste "Zurechtmachung" ist die zahlenmäßige Quantifizierung, die Mathematisierung. Die Zurechtmachung setzt mit dem Zählen und Messen ein. Aus nach unten fallenden Steinen werden gedachte Massenpunkte mit soundsoviel Kilogramm, Anfangsgeschwindigkeit und Entfernung von einem anderen gravitativ wirkenden Objekt.

Der Tatsache, dass die Welt schon vor dieser Mathematisierung verstehbar - oder genauer: ahnbar - ist, wird viel zu wenig Beachtung geschenkt. Dass es für venunftbegabte Wesen auch so ahnbar ist, dass ein Stein, den man in der Höhe loslässt, nach unten fallen wird. Aber nicht diese Tatsache isoliert von der Ahnungsmöglichkeit ist erstaunlich, sondern nur beides zusammen. Dass die Welt ahnbar ist und dass es zugleich ahnende Wesen gibt. Genau das, beides zusammen, ist eine wesentliche und vollkommen nichttriviale Eigenschaft der Welt.

Es mag ein Zufall (oder auch nicht?) sein, dass beinahe zeitgleich mit diesem Diskussionsstrang in der Reihe "Essay und Diskurs" ein Beitrag erschien, der sich genau diesem Thema widmet: "Gefühlte Wahrheiten. Über Ahnungen, Vermutungen und Gespür ." Deshalb will ich den einleitenden Absatz hier einmal komplett zitieren.
Ahnungen, Vermutungen und Gespür sind Eingebungen, die natürliche Erkenntnisse liefern. Sie lassen sich nicht vom Wissen übertreffen - weder in der Biologie, noch der Physiologie oder Psychologie. Welche Rolle spielen Ahnungen in unserem Leben, in der Informationsgesellschaft?

Metaphysik des Wissens

Wir leben in einer Welt, die nur noch eine Form des Wissens anerkennt: formalisierbares Wissen.

Alle Formen des Wissens, die nicht formal produziert werden können, sind aus dem Erkenntnisregister entfernt und abgewertet worden.

Die Produktion von formalisierbarem Wissen beruht auf Rationalität - auf einer Rationalität freilich, die nur das Zerrbild dessen ist, was ratio im Sinne von Vernunft ursprünglich einmal bedeutet hat.

"Vernunft kommt von: vernehmen - altgriechisch: nous".

Vernehmen, erschnüffeln, erspüren.

Ahnen.

Sind all diese epistemischen Haltungen erkannt als das, was sie sind: Möglichkeiten des Wissens und der Erkenntnis?

Der seichte Rationalismus der Aufklärung versteht unter Vernunft Regelgebrauch und Problemlösungsverfahren, mit anderen Worten: Mathematik und Berechenbarkeit.

Eigentlich beginnt Vernunft aber eben nicht mit dem Rechnen, sondern dann, wenn man vor dem unermesslichen Reichtum des Seins in ehrfürchtiges Staunen versetzt wird.
http://www.deutschlandfunk.de/gefuehlte ... _id=407865

Ich persönlich bin nichteinmal so sehr überzeugt von dem, was da von dem Autor Thomas Palzer geschrieben wurde und hänge noch immer der klassischen Auffassung an, dass Erkenntnisse grundsätzlich vom Konkreten zum Allgmeinen verlaufen und dass dabei eine Mathematisierung unvermeidlich ist. Aber dass er einerseits nicht einer Wiederkehr der Religionen das Wort redet, andererseits aber diametral um 180 Grad gegen den herrschenden rationalistischen Zeitgeist der anderen Hälfte der Menschheit argumentiert, finde ich ... nun ja: In seiner Couragiertheit absolut großartig.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(12 Mar 2018, 08:40)

Gemäß der meisten Theorien über das Multiversum gibt es unendlich viele andere Universen, in denen die Naturkonstanten andere Werte haben; und auch unendlich viele, in denen etwas ganz anderes herrscht als die von uns erfahrbaren Realitätsfragmente.
Ja klar. In einer solchen Welt ist die Erkenntnis der Feinabstimmung der Naturkonstanten durch intelligente Wesen völlig trivial, denn diese können eben nur in diesem einen Universum (von vielen anderen) entstanden sein. Diese Erklärung erkauft man sich aber mit der extremen Spekulativität sämtlicher VIele-Welten, Parallelwelten und Multiversum-Hypothesen. Sie folgern aus keinerlei empirischer Beobachtung und wurden vor allem aufgestellt, um die Unverständlichkeit von Quantenphänomenen (für den Menschen) verständlicher zu machen.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Mar 2018, 08:48)

Ja klar. In einer solchen Welt ist die Erkenntnis der Feinabstimmung der Naturkonstanten durch intelligente Wesen völlig trivial, denn diese können eben nur in diesem einen Universum (von vielen anderen) entstanden sein. Diese Erklärung erkauft man sich aber mit der extremen Spekulativität sämtlicher VIele-Welten, Parallelwelten und Multiversum-Hypothesen. Sie folgern aus keinerlei empirischer Beobachtung und wurden vor allem aufgestellt, um die Unverständlichkeit von Quantenphänomenen verständlicher zu machen.
Niemand, auch nicht ich, sage, dass es so sein muss. Aber dieses Modell erklärt unsere Beobachtungen der Natur recht gut. Es gibt übrigens experimentelle Ergebnisse, welche die viele-Welten-Theorien wahrscheinlich erscheinen lassen. Eines der bekannteren ist das Doppelspaltenexperiment.

https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelspaltexperiment

Ich sehe aber nicht, warum mich die Existenz anderer Welten tangieren sollte, genau so wenig, wie ich sehe, dass die Existenz von Wesen einer höheren Bewusstseinsebene mich tangieren sollte.

Wenn es solche Wesen gibt, dann handeln sie, ohne uns zu beachten. Wie Ingenieure, die einen Staudamm bauen in einem Tal, in dem ein Ameisenstamm seine Kolonie hat.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(12 Mar 2018, 08:54)

Niemand, auch nicht ich, sage, dass es so sein muss. Aber dieses Modell erklärt unsere Beobachtungen der Natur recht gut. Es gibt übrigens experimentelle Ergebnisse, welche die viele-Welten-Theorien wahrscheinlich erscheinen lassen. Eines der bekannteren ist das Doppelspaltenexperiment.

https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelspaltexperiment

I
Die viele-Welten-Theorie ist lediglich ein Modell, das die Ergebnisse des Doppelspaltexperiments für den Menschen verständlich und nicht in Wirklichkeit wahrscheinlich erscheinen lassen. Indem sie das den Menschen in seiner Makrowelt unverständliche Phänomen des nicht durchgängig herrschenden Determinismus in das Multiversum verlegt: Alle nur als mehr oder weniger wahrscheinlich angesehenen Ereignisse finden tatsächlich statt: Nur eben in vom Beobachter unzugänglichen Parallelwelten. Und nicht wie in der Kopenhagener Deutung nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Die neuere Forschung arbeitet auch nicht mit der Viele-Welten-Interpretation sondern mit dem Dekohärenz-Konzept. Das vor allem den unerklächlichen Übergang von Mikro- zu Makro-Objekten verständlich macht.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Mar 2018, 09:48)
Die viele-Welten-Theorie ist lediglich ein Modell, das die Ergebnisse des Doppelspaltexperiments für den Menschen verständlich und nicht in Wirklichkeit wahrscheinlich erscheinen lassen.
Nahezu jede wissenschaftliche Erkenntnis ist nur ein Modell! Ein Modell, welches hinreichend genaue Voraussagen über zukünftige Ereignisse möglich macht - bis es durch ein Modell ersetzt oder ergänzt wird, welches noch genauere Voraussagen ermöglicht.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(12 Mar 2018, 09:54)

Nahezu jede wissenschaftliche Erkenntnis ist nur ein Modell! Ein Modell, welches hinreichend genaue Voraussagen über zukünftige Ereignisse möglich macht - bis es durch ein Modell ersetzt oder ergänzt wird, welches noch genauere Voraussagen ermöglicht.
Ja. Aber eines der Probleme der Viele-Welten-Interpretation besteht darin, dass sie eben Realitätsbereiche postuliert, die ganz grundsätzlich nicht zugänglich sein sollen. Hier ist die Nichtfalsifizierbarkeit bereits methodisch angelegt. Bei einem Wettermodell, das mir voraussagt, dass es morgen in Berlin regnet, kann ich morgen rausgehen und schauen, obs regnet oder nicht. Das ist der grundsätzliche Unterschied.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Mar 2018, 10:50)

Ja. Aber eines der Probleme der Viele-Welten-Interpretation besteht darin, dass sie eben Realitätsbereiche postuliert, die ganz grundsätzlich nicht zugänglich sein sollen. Hier ist die Nichtfalsifizierbarkeit bereits methodisch angelegt. Bei einem Wettermodell, das mir voraussagt, dass es morgen in Berlin regnet, kann ich morgen rausgehen und schauen, obs regnet oder nicht. Das ist der grundsätzliche Unterschied.
In diesen Wissenschaftsbereichen wird es auch sehr esoterisch. Und das Problem ist: Viele der Experimente kann man mal nicht daheim in der Küche nachbauen. Man muss also in diesem Bereich einfach glauben, dass die Ergebnisse schon stimmen. ;)

Man kann natürlich auch pauschal alles ablehnen, was nach Wissenschaft aussieht, dann landet man aber in guter Gesellschaft unter Antivaxxern und Flacherdlern.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(12 Mar 2018, 10:55)

In diesen Wissenschaftsbereichen wird es auch sehr esoterisch. Und das Problem ist: Viele der Experimente kann man mal nicht daheim in der Küche nachbauen.
Daheim in der Küche nicht. Aber zum Beispiel mit Teilchenbeschleunigern schon. Gerade die Quantenphysik gehört zu best-bestätigten Teilbereichen der Physik. Und zugleich zu den am schwierigsten mit den menschlichen Erfahrungen nachvollziehbaren. Das ist der große Widerspruch. Und - wenn ich es recht begriffen habe - dient gerade auch die Viele-Welten-Interpretation, wie der Name "Interpretation" schon sagt, gar nicht sehr der Voraussage von experimentellen Ergebnissen - die lassen sich sehr gut mit bestehenden Modellen voraussagen - sondern, eben, der Interpretation oder wenn mans negativ ausdrücken will, dem Hineinzwängen von realen und berechenbaren Gegebenheiten in menschliche Vorstellungswelten.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Mar 2018, 09:48)

Die viele-Welten-Theorie ist lediglich ein Modell, das die Ergebnisse des Doppelspaltexperiments für den Menschen verständlich und nicht in Wirklichkeit wahrscheinlich erscheinen lassen. Indem sie das den Menschen in seiner Makrowelt unverständliche Phänomen des nicht durchgängig herrschenden Determinismus in das Multiversum verlegt: Alle nur als mehr oder weniger wahrscheinlich angesehenen Ereignisse finden tatsächlich statt: Nur eben in vom Beobachter unzugänglichen Parallelwelten. Und nicht wie in der Kopenhagener Deutung nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Die neuere Forschung arbeitet auch nicht mit der Viele-Welten-Interpretation sondern mit dem Dekohärenz-Konzept. Das vor allem den unerklächlichen Übergang von Mikro- zu Makro-Objekten verständlich macht.
Wissenschaftliche Hypothesen und Theorien fallen nicht vom Himmel, die werden von Menschen erstellt. Wissenschaftler SIND Menschen! Was soll der Unsinn mit "für den Menschen verständlich ... erscheinen lassen"?
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Ein Terraner »

Irgendwie muss ich bei dem Thema "Erkenntnis durch Glauben" dauern an "Magie ist Physik durch Wollen" denken. Aber wer weis vielleicht schaffen es ja religiöse Menschen irgendwann mal mit ihren spirituellen Erfahrungen einen Quantenrechner zu erfühlen. :thumbup:
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Ein Terraner hat geschrieben:(12 Mar 2018, 12:56)

Irgendwie muss ich bei dem Thema "Erkenntnis durch Glauben" dauern an "Magie ist Physik durch Wollen" denken. Aber wer weis vielleicht schaffen es ja religiöse Menschen irgendwann mal mit ihren spirituellen Erfahrungen einen Quantenrechner zu erfühlen. :thumbup:
Über Magie gibt es den schönen philosophischen Ausspruch
Technologie wird immer als Magie bezeichnet, bevor sie verstanden wird, und nach einer gewissen Zeit entwickelt sie sich zu einer normalen Wissenschaft.
(Tommaso Campanella (1568–1639))
Und damit sind wir - neben Erkenntnis, Glauben, Ahnen - bei einer weiteren wichtigen WIssensquelle: Intuition. Die "Erlangung von Einsichten ohnen den diskursiven Gebrauch des Verstands". Islamische Architekten haben einfach durch Intuition bereits 500 Jahre bevor in den 1980er Jahren Wissenschaftler den exakten mathematischen Hintergrund verstanden haben, das Phänomen "Quasikristalline Muster" intuitiv vorausgeahnt und entsprechende Mosaiken insbesondere in einer Moschee im persischen Isfahan gestaltet. Auch unter dem Namen "Penrose-Parkettierung" bekannt. Ein "normales" Kristallmuster lässt sich durch Parallelverschiebung immer in sich selbst überführen. (Periodizität). Bei quasikristallinen Mustern ist das nicht möglich. In welche Richtung und mit welchem Abstand auch immer. Nur durch zusätzliche Drehungen.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Geri2 »

Alles, was wir nicht mit Sicherheit wissen, das glauben wir oder wir glauben es nicht.
Der Nichtglaube ist der Bruder des Glaubens.
Mit beiden löst man keine Probleme.
Es ist die Stiefschwester der beiden, mit der man weiterkommt:
Die Erkenntnis.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

Geri2 hat geschrieben:(12 Mar 2018, 14:20)

Alles, was wir nicht mit Sicherheit wissen, das glauben wir oder wir glauben es nicht.
Der Nichtglaube ist der Bruder des Glaubens.
Mit beiden löst man keine Probleme.
Es ist die Stiefschwester der beiden, mit der man weiterkommt:
Die Erkenntnis.
Schon der erste Abschnitt der grundlegenden Erläuterung in Wikipedia müsste dir die Unzulänglichkeit deiner Aussage klarmachen:
Der Begriff der Erkenntnis ist einer der Grundbegriffe der neuzeitlichen Philosophie. Er lässt sich nicht auf andere bekanntere oder übergeordnete Begriffe zurückführen und ist ohne Selbstbezug (Zirkelschluss) nicht definierbar. Sein Verständnis muss deshalb aus einer erläuternden Begriffsanalyse (Explikation) und durch Bestimmung der gebräuchlichen Verwendung anhand von Beispielen gewonnen werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Erkenntnis
Die nebenstehende ganz gute Abbildung macht das Verhältnis von "Erkenntnis" zu Begriffen wie Phantasie, Intuition, Verstehen usw. als Quellen der Erkenntnis deutlich. Es wird grundätzlich zwischen diskursiven (verstandesmäßigen) und intuitiven Erkenntnisquellen unterschieden. "Glauben" dagegen wird als Parallelbegriff zu Erkenntnis gesehen. Ein "Glauben" ist keine Erkenntnisquelle sondern bestenfalls eine Vorstufe von Erkenntnis. Glauben kann sich in Erkenntnis umwandeln. (Oder auch nicht).
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von BingoBurner »

Dark Angel hat geschrieben:(11 Mar 2018, 11:23)

Ob nun Pantheismus, Polytheismus, Henotheismus oder Monotheismus läuft auf's gleiche raus.
Alle Formen von Theismus sind Glaubensformen, die eine höhere Macht als "Lenker und Gestalter" postulieren.
Dabei ist es egal ob man sich ein oder mehrere "höhere Wesen" vorstellt oder ob man sich die Natur/das Universum als beseeltes Wesen vorstellt, welches ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt.
Das allgemeine, starke und schwache anthropische Prinzip haben in gewisser Weise Pantheismus als Grundlage.
Ich finde schokoschendrezki trifft es ziemlich treffend,............Kränkung........... Wir sind Menschen, keine Roboter.
Und glaube ist mehr als Religion. Kann es momentan nicht griffiger formulieren........
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Ein Terraner »

BingoBurner hat geschrieben:(13 Mar 2018, 19:30)

Wir sind Menschen, keine Roboter.
Laut den Gläubigen ein Produkt Gottes.
BingoBurner hat geschrieben:
Glaube entspringt der Religion, ich habe noch keinen Gläubigen getroffen der in seinem Glauben nicht einen markanten Einschlag der Religion hatte unter der er aufgewachsen ist.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von BingoBurner »

Ein Terraner hat geschrieben:(13 Mar 2018, 20:57)

Laut den Gläubigen ein Produkt Gottes.



Glaube entspringt der Religion, ich habe noch keinen Gläubigen getroffen der in seinem Glauben nicht einen markanten Einschlag der Religion hatte unter der er aufgewachsen ist.

Nun ich könnte dir etwas von Menschen erzählen die unter Schizophrenie leiden.......aber das führt zu weit und ist ..........naja.......unfair gegenüber schizophrenen Menschen. Weil es diese so abkanzenlt.


Worüber reden wir ? Glaube und Erkenntnis............DarkAngel......... hat mit allem Recht was Sie schreibt.........aber letztlich...........vielleicht bin ich auch zu romantisch.........weiß nicht......

Romatik........in Dingen mehr zu sehen als da ist.............Goethe und Schiller waren ein Fan davon.....haben die Romantik vertreten..............mhhhhhhhhmmmmmm


"
Warum in seinem Namen?
Wir heißen selber auch.
Wann stehen wir für unsre Dramen?
Er wird viel zu oft gebraucht.
Alles unendlich, unendlich.

Welche Armee ist heilig?
Du glaubst nicht besser als ich
!
Bibel ist nicht zum einigeln,
die Erde ist unsere Pflicht!
Sie ist freundlich, freundlich -
wir eher nicht.

Ein Stück vom Himmel,
ein Platz von Gott,
ein Stuhl im Orbit,
wir sitzen alle in einem Boot!
Hier ist dein Haus,
hier ist was zählt.
Du bist überdacht
von einer grandiosen Welt.


Religionen sind zu schonen,
sie sind für Moral gemacht.
Da ist nicht eine hehre Lehre,
kein Gott hat klüger gedacht,
ist im Vorteil, im Vorteil.

Welches Ideal heiligt die Mittel?
Wer löscht jetzt den Brand?
Legionen von Kreuzrittern
haben sich blindwütig verrannt.
Alles unendlich, warum unendlich?
Krude Zeit.

Ein Stück vom Himmel
ein Platz von Gott,
ein Stuhl im Orbit.
Wir sitzen alle in einem Boot.

Hier ist dein Heim,
dies ist dein Ziel.
Du bist ein Unikat,
das sein eigenes Orakel spielt.
Es wird zu viel geglaubt,
zu wenig erzählt.

Es sind Geschichten,
sie einen diese Welt.
Nöte, Legenden, Schicksale, Leben und Tod,
glückliche Enden, Lust und Trost.



Ein Stück vom Himmel
der Platz von Gott.
Es gibt Milliarden Farben,
und jede ist ein eigenes Rot.
Hier ist dein Heim,
dies unsere Zeit.
Wir machen vieles richtig,
doch wir machen's uns nicht leicht
Dies ist mein Haus,
dies ist mein Ziel.

Wer nichts beweist,
der beweist schon verdammt viel.

Es gibt keinen Feind, es gibt keinen Sieg.
Nichts kann niemand verleiden,
keiner hat sein Leben verdient.

Es gibt genug für alle,
es gibt viel schnelles Geld,
wir haben raue Mengen,
und wir teilen diese Welt,
und wir stehen in der Pflicht.

Die Erde ist freundlich,
warum wir eigentlich nicht?
Sie ist freundlich,
warum wir eigentlich nicht? "


Obwohl ich den Song, musikalisch eher für unterirdisch halte............naja..................




[youtube][/youtube]

Ich muss jetzt in die Falle..........

Der Mond ist aufgeganegen............. :)




"Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar

Der Wald steht schwarz und schweiget
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar

Seht ihr den Mond dort stehen
Er ist nur halb zu sehen
Und ist doch rund und schön

So sind wohl manche Sachen
Die wir getrost belachen
Weil unsre Augen sie nicht sehn


So legt euch denn ihr Brüder
In Gottes Namen nieder
Und kalt ist der Abendhauch

Verschon uns, Gott, mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen,
Und unsern kranken Nachbarn auch



[youtube][/youtube]
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Dark Angel »

BingoBurner hat geschrieben:(13 Mar 2018, 19:30)

Ich finde schokoschendrezki trifft es ziemlich treffend,............Kränkung........... Wir sind Menschen, keine Roboter.
Und glaube ist mehr als Religion. Kann es momentan nicht griffiger formulieren........
Natürlich sind wir keine Roboter, darum können wir auch etwas, was Roboter nicht können - wir können uns Dinge vorstellen, die in der Realität nicht existieren.

Glaube mehr als Religion - ich weiß nicht ... Ich würde da schon trennen zwischen Glaube und Phantasie, zwischen Religion und Phantasie.
Religion - religiöse Glaubensvorstellungen - haben ihren Ursprung in der Suche nach Erklärungen für Beopbachtungen/für beoabachtete Regelmäßigkeiten, in der Suche nach Antworten auf Sinnfragen, auf Fragen "woher wir kommen ..." Aufgrund fehlenden Wissens wurden Naturerscheinungen personifiziert.
Die Schöpfungsmythen der verschiedenen Kulturen unterscheiden sich im Grunde nur im Detail. Bei sehr vielen gab es am Anfang keinen Gott/keine Götter, da wurden auch die Götter erst geschaffen
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von BingoBurner »

Dark Angel hat geschrieben:(14 Mar 2018, 11:37)

Natürlich sind wir keine Roboter, darum können wir auch etwas, was Roboter nicht können - wir können uns Dinge vorstellen, die in der Realität nicht existieren.

Glaube mehr als Religion - ich weiß nicht ...
Ich auch nicht...... :)

Du hast mit allem recht was du schreibst. Ich versuche mal meinen Blickwinkel bereiflich zu machen.

Dein Gehirn, mein Gehirn, meine Lunge, deine Lunge..........die sind mehr als die Summe unserer Gene. Warum ?......weil sie lernen. Die Leber z.b. besteht auch ganz einfachen Körperzellen...
Der Faktor ist lernen, anpassen, streben, träumen, fantasieren nenne es wie du willst. Das sind dann einfach nur Teilprozesse die dazu gehören.

Der Faktor ist lernen. Und das macht alles plastisch und nicht eindimensional.

Mich nervt bei der Konfrontation von "Glaube" und "Nichtgalube" das zu selten ein Konsenz betont wird. Aber ich bin hal auch Agnostiker :D

Das Gott als das große X eingestzt wird von religösen Gruppen benutzt wird kotzt mich auch an. Das X.........das keiner auflösen kann...........nicht wenn man diesen schwammig formulierten "heiligen" Bücher heranzieht.
Völlig beliebig............

O-Ton eines Freundes......................Ich dachte die Bibel ist schon scheiße...........aber dann ließ mal den Koran...........

Nur beim allem darf man eines nicht vergessen. Religion ist ein Teil der Menschheit...........eben weil diese Trost spenden, Zusammenhalt, den Wunsch nach einer höheren Gerichtigkeit versprechen.....etc.....es gibt viele Gründe.

Sonst wären Religionen auch nicht erfolgreich............Evolution, halt.

Just my two cents. |

Michael Schmidt Salomon schreib mal..........Wer Kunst, Wissenschaft, Kreativität sein Eigen nennen kann................braucht keine Religion.............richtig aber für mich fühlt sich das zu radikal ? an......

Da fallen mir die Jungs ein......ich musste immer auch immer in der ersten Reihe sitzen.......Einzelplatz :D

[youtube][/youtube]



WIR SIND IM AUFTRAG DES HERREN UNTERWEGS
.............das ist wahr......


And please remember people, that no matter who you are and what you do to live, thrive and survive
There're still some things that make us all the same.
You
Me
Them
Everybody
Everybody.
Everybody needs somebody
Everybody needs somebody to love, someone to love (Someone to love)
Sweetheart to miss (Sweetheart to miss)
Sugar to kiss (Sugar to kiss)





You know people when you do find somebody
Hold that woman, hold that man

Love him, please him, squeeze her, please her, hold her
Squeeze and please that person, give 'em all your love
Signify your feelings with every gentle caress (Signify)
Because it's so important to have that special somebody




[youtube][/youtube]
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Mar 2018, 08:42)
Dass die Welt ahnbar ist und dass es zugleich ahnende Wesen gibt. Genau das, beides zusammen, ist eine wesentliche und vollkommen nichttriviale Eigenschaft der Welt.

Was mich eigentlich am meisten erschüttert, ist diese ungeheure Banalisierung der Existenz, so möchte es mal nennen.
Die Quantifizierung des eigentlich Nichtquantifizierbaren ernüchtert. Man darf dabei nur nicht vergessen, wie sehr man als Messender und Beobachtender das Ergebnis des Messens und Beobachtens verursacht, um sich ein wenig "Magie" zu bewahren. Und nicht vergessen, wie viel man eigentlich in der Hand hat, wie wenig man ausgeliefert ist, wie sehr einem die Wirklichkeit gehört.

Aber wenn man sich dann so etwas wie dem Politischen nähert, wie in diesem Forum hier, diese ganzen kleinlichen festgefahrenen Diskussionen, dann ist die Banalisierung praktisch völlig vollzogen.
Dass etwas existiert - überhaupt etwas existiert, ist ein Wunder, das sprachlos machen müsste. Jeder kleine Moment des eigenen Erlebens dieser Existenz müsste von einem sprachlosen Staunen begleitet sein, so prekär oder drückend die konkrete Existenz vielleicht auch erlebt wird. Nur das wäre angemessen. Jeder Moment kostbar, vergänglich, unwiederholbar und ohne erklärbaren, zugänglichen ultimativen Grund, den mancher hilflos "Gott" nennt, diesen Urgrund, auf dem alles stehen soll. Und es ist ja noch nicht einmal ausgemacht, dass alles einen Grund haben muss. Gründe sind praktisch immer erfunden, nachträglich geliefert, gemacht. Und am Anfang dieser mühseligen Begründungsketten steht nur ein Name, ein Wort, eine Handvoll Buchstaben. Und der vermeintlich "Nichtgläubige" meint diesem Wort nun entkommen zu sein, diesem Aberglauben. Aber es werden nur Worte mit anderen getauscht. Die Gläubigkeit ist allenfalls feiner granuliert. Die Grenze des Begriffs ist nicht überwindbar, nicht mit Worten, nicht mit Zahlen oder sonstigen Zeichen. Jeder Innehaltende spürt das "Dahinter", hinter den Begriffen. Man kann mit tausenden Worten erklären, was Erdbeergeschmack ist, wie er vermeintlich entsteht, wie er künstlich nachgebildet und hervorgerufen werden kann usw. Aber das eigentliche singuläre Genusserlebnis selbst wird ein ewiges Rätsel bleiben. Es kann kein Wort dafür geben. Das Wort verdeckt es, zerstört es ohne es jemals zu erreichen.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Ein Terraner »

Ja fühlt ihr das denn nicht? :rolleyes: :dead:
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(15 Mar 2018, 00:28)

Was mich eigentlich am meisten erschüttert, ist diese ungeheure Banalisierung der Existenz, so möchte es mal nennen.
Die Quantifizierung des eigentlich Nichtquantifizierbaren ernüchtert. Man darf dabei nur nicht vergessen, wie sehr man als Messender und Beobachtender das Ergebnis des Messens und Beobachtens verursacht, um sich ein wenig "Magie" zu bewahren. Und nicht vergessen, wie viel man eigentlich in der Hand hat, wie wenig man ausgeliefert ist, wie sehr einem die Wirklichkeit gehört.

Aber wenn man sich dann so etwas wie dem Politischen nähert, wie in diesem Forum hier, diese ganzen kleinlichen festgefahrenen Diskussionen, dann ist die Banalisierung praktisch völlig vollzogen.
Dass etwas existiert - überhaupt etwas existiert, ist ein Wunder, das sprachlos machen müsste. Jeder kleine Moment des eigenen Erlebens dieser Existenz müsste von einem sprachlosen Staunen begleitet sein, so prekär oder drückend die konkrete Existenz vielleicht auch erlebt wird. Nur das wäre angemessen. Jeder Moment kostbar, vergänglich, unwiederholbar und ohne erklärbaren, zugänglichen ultimativen Grund, den mancher hilflos "Gott" nennt, diesen Urgrund, auf dem alles stehen soll. Und es ist ja noch nicht einmal ausgemacht, dass alles einen Grund haben muss. Gründe sind praktisch immer erfunden, nachträglich geliefert, gemacht. Und am Anfang dieser mühseligen Begründungsketten steht nur ein Name, ein Wort, eine Handvoll Buchstaben. Und der vermeintlich "Nichtgläubige" meint diesem Wort nun entkommen zu sein, diesem Aberglauben. Aber es werden nur Worte mit anderen getauscht. Die Gläubigkeit ist allenfalls feiner granuliert. Die Grenze des Begriffs ist nicht überwindbar, nicht mit Worten, nicht mit Zahlen oder sonstigen Zeichen. Jeder Innehaltende spürt das "Dahinter", hinter den Begriffen. Man kann mit tausenden Worten erklären, was Erdbeergeschmack ist, wie er vermeintlich entsteht, wie er künstlich nachgebildet und hervorgerufen werden kann usw. Aber das eigentliche singuläre Genusserlebnis selbst wird ein ewiges Rätsel bleiben. Es kann kein Wort dafür geben. Das Wort verdeckt es, zerstört es ohne es jemals zu erreichen.
:) Ja. Der "Versuch, die Welt und die menschliche Existenz zu ergründen, zu deuten und zu verstehen." ist eben nicht durch die Naturwissenschaften machbar. UNd nicht durch Religion. Einzig Kunst und Philosophie scheinen mir ein gangbarer Weg, dieses Wunder der Existenz zu erklären, zu deuten und zu ergründen.

Aber um es in diesem Politik-Forum etwas aufs eher Konkrete und Politische zu bringen: Dass der Mathematisierungswahn der Volkswirtschaftslehre, der economics mit seinen völlig realitätsfernen und dogmengläubigen Modellen nicht auf mehr Widerstand stößt ... vor allem auch angesichts des Totalversagens bei der Prognostizierung der Banken- und Wirtschaftskrisen jüngerer Zeit ... das wundert mich schon. Gerade auch, dass ausgerechnet der klassische Meisterspekulant George Soros eine kleine Minderheit von akademischen Ökonomen finanziell unterstützt, die sich für eine radikale Wende weg von dieser Mathematisierung einsetzen, bestärkt mich in dieser Ansicht.
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Re: Glaube und Erkenntnis

Beitrag von Dark Angel »

BingoBurner hat geschrieben:(14 Mar 2018, 21:15)

Ich auch nicht...... :)

Du hast mit allem recht was du schreibst. Ich versuche mal meinen Blickwinkel bereiflich zu machen.

Dein Gehirn, mein Gehirn, meine Lunge, deine Lunge..........die sind mehr als die Summe unserer Gene. Warum ?......weil sie lernen. Die Leber z.b. besteht auch ganz einfachen Körperzellen...
Der Faktor ist lernen, anpassen, streben, träumen, fantasieren nenne es wie du willst. Das sind dann einfach nur Teilprozesse die dazu gehören.
Da bin ich doch ganz bei dir!
Menschen haben Phantasie, Vorstellungsvermögen etc pp - sie sehen Gesichter in bestimmten Wolkenformationen oder in der Rinde von Bäumen oder sie sehen vermummte Gestalten in alten Bäumen im Nebel und sie erzählen Geschichten drum herum.
Das können nur Menschen, das können keine Roboter - aber ohne unsere Gene wären wir dazu nicht in der Lage.

Der Faktor ist lernen. Und das macht alles plastisch und nicht eindimensional.
BingoBurner hat geschrieben:(14 Mar 2018, 21:15)
Mich nervt bei der Konfrontation von "Glaube" und "Nichtgalube" das zu selten ein Konsenz betont wird. Aber ich bin hal auch Agnostiker :D
Mich nicht - ich bin Atheist, ich trenne zwischen glauben und und erkennen, aber ich negiere die menschliche Phantasie nicht, weil wir ohne diese Phantasie auch nicht zu Interpretationen fähig wären.
BingoBurner hat geschrieben:(14 Mar 2018, 21:15)
Das Gott als das große X eingestzt wird von religösen Gruppen benutzt wird kotzt mich auch an. Das X.........das keiner auflösen kann...........nicht wenn man diesen schwammig formulierten "heiligen" Bücher heranzieht.
Völlig beliebig............
Mich nicht, ich finde es nur seltsam, dass Menschen Probleme mit einem "ich weiß es nicht!" haben und irgendwelche Lückenbüßer brauchen.
BingoBurner hat geschrieben:(14 Mar 2018, 21:15)
Nur beim allem darf man eines nicht vergessen. Religion ist ein Teil der Menschheit...........eben weil diese Trost spenden, Zusammenhalt, den Wunsch nach einer höheren Gerichtigkeit versprechen.....etc.....es gibt viele Gründe.
Auch das stimmt, aber in erster Linie weil religiöse Glaubensvorstellungen Erklärungen lieferten, als (noch) das Wissen um Zusammenhänge fehlte. Ob Religion tatsächlich Trost spenden, aber ich weiß, dass Menschen in ihrer Religion Halt finden.
Auch wenn ich mit Religion nix anfangen kann, verurteile ich Menschen nicht, die Religion brauchen, die in Religion Trost und Halt finden. Ich kann sie nur nicht als "Quelle" der Erkenntnis sehen.
BingoBurner hat geschrieben:(14 Mar 2018, 21:15)
Michael Schmidt Salomon schreib mal..........Wer Kunst, Wissenschaft, Kreativität sein Eigen nennen kann................braucht keine Religion.............richtig aber für mich fühlt sich das zu radikal ? an......
ich stimme da Michael Schmidt Salomon zu, finde das nicht radikal.
BingoBurner hat geschrieben:(14 Mar 2018, 21:15)
]Da fallen mir die Jungs ein......ich musste immer auch immer in der ersten Reihe sitzen.......Einzelplatz :D
Ich habe gerne in der letzten Reihe gesessen, aber auch Einzelplatz. :D
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
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