Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

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Laertes
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Re: Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

Beitrag von Laertes »

Anderus hat geschrieben:(21 Oct 2016, 19:30)

Es fragt sich, wie man hier dem Problem näher kommen will, ob ein Mensch, die Möglichkeit zur freien Entscheidung hat?
Mein Thema war die Moralpsychologie von Jonathan Haidt. Die prinzipielle (Un)Möglichkeit eines 'freien Willens' scheint mir ein anderes Thema zu sein.
"Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."
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Laertes
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Re: Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

Beitrag von Laertes »

Ein Terraner hat geschrieben:(21 Oct 2016, 19:25)

Meine Aussage will darauf hinaus das das erkennen von weitläufigen Kausalitäten oder Zusammenhängen anscheinend eine Fähigkeit ist die rechtsgerichteten Menschen recht häufig verschlossen bleibt.
Wie wäre es als Beispiel mit der "Flüchtlingskrise"? Eine Diskussion über Fluchtursachen und dessen Zusammenhänge mit Ursachen aus der westlichen Welt ist ein Gewaltakt.
Keine Ahnung mit wem du diskutierst. Ich kenne keinen ernstzunehmenden Konservativen, der da einen Zusammenhang abstreitet. Natürlich gibt es westliche geostrategische Interessen, deretwegen der Westen militärisch interveniert oder Konfliktparteien unterstützt und damit Fluchtursachen schafft. Wenn du allerdings andeuten willst, dass 'westliches Handeln' die einzige oder auch nur hauptsächliche Fluchtursache ist, wird die Diskussion natürlich schwierig.
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Re: Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

Beitrag von Atheist »

freibier hat geschrieben:(20 Oct 2016, 19:20)

Das ist Sozialdarwinismus. Diese Art von Evolutionskategorisierung in Gruppen verweigert dem Mensch nicht nur den freien Willen, sondern ignoriert vollständig die sozialen und historischen Gegebenheiten, die die Komplexität der Gesellschaft und des Menschseins ausmachen.
Die notwendige Vereinfachung in solchen Theorien sehe ich durchaus problematisch, wenn nicht gefährlich. Das kann der erste Schritt in Richtung totalitäre Denkweise sein, und davon haben wir leider Gottes schon genug in der Gesellschaft.
Ideologie benötigt Anhänger, die an sie glauben, und indem sie an sie glauben, sich durch "Rückkopplung" sowohl bewusst als auch unbewusst an ihr ausrichten. Daher ist es nicht verkehrt, die vorliegende Ideologie kritisch zu betrachten, insbesondere aber sie auch in ihren Auswirkungen zu bewerten. Denn Normatives wertet zwar, wird jedoch auch selbst bewertet - und da schließe ich mich dir voll und ganz an.
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Anderus
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Re: Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

Beitrag von Anderus »

Laertes hat geschrieben:(21 Oct 2016, 20:49)

Mein Thema war die Moralpsychologie von Jonathan Haidt. Die prinzipielle (Un)Möglichkeit eines 'freien Willens' scheint mir ein anderes Thema zu sein.
Die Freiheit gehörte mit zu den "Linken" Eigenschaften. Insofern wird man kaum über Herrn Haid diskutieren können, wenn man die Auswirkungen des Freiheitswillen nicht berücksichtigt. Für mich ist die Freiheit sogar wichtiger als Gerechtigkeit und ums Kümmern um Schwächere.

Freiheit ist nicht Alles, aber alles ist Nichts ohne Freiheit. Für mich persönlich, ist es sogar fragwürdig, ob es sinnvoll ist, Menschen in diese beiden Gruppen einteilen zu wollen, wie Herr Haidt das versucht. Es gibt weder den absolut, freiheitlichen Gerechten, der sich auch um andere kümmert, noch den reinen, tölpeligen Moralisten, dem man bei jeder Gelegenheit sagen muss, was er zu tun oder zu lassen hat. Wir sind alle, sowohl als auch. Freiheit ist kein wahlloses Wüten nach dem Motto, "Es zählt nur das was ich will." Freiheit, ist lediglich, wenn man es auf die Substanz bringt, das Recht, zu nichts gezwungen zu werden können, was man nicht will. Und genau darum sollte es hier im Thema gehen. Um die Frage, "Welche Gruppe, eher bereit ist, den Menschen Freiheiten zuzugestehen, in denen sie am wenigsten gezwungen werden, Dinge zu tun, die sie nicht wollen?"
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Re: Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

Beitrag von Laertes »

Anderus hat geschrieben:(22 Oct 2016, 03:24)

Die Freiheit gehörte mit zu den "Linken" Eigenschaften. Insofern wird man kaum über Herrn Haid diskutieren können, wenn man die Auswirkungen des Freiheitswillen nicht berücksichtigt. Für mich ist die Freiheit sogar wichtiger als Gerechtigkeit und ums Kümmern um Schwächere.

Freiheit ist nicht Alles, aber alles ist Nichts ohne Freiheit. Für mich persönlich, ist es sogar fragwürdig, ob es sinnvoll ist, Menschen in diese beiden Gruppen einteilen zu wollen, wie Herr Haidt das versucht. Es gibt weder den absolut, freiheitlichen Gerechten, der sich auch um andere kümmert, noch den reinen, tölpeligen Moralisten, dem man bei jeder Gelegenheit sagen muss, was er zu tun oder zu lassen hat. Wir sind alle, sowohl als auch. Freiheit ist kein wahlloses Wüten nach dem Motto, "Es zählt nur das was ich will." Freiheit, ist lediglich, wenn man es auf die Substanz bringt, das Recht, zu nichts gezwungen zu werden können, was man nicht will. Und genau darum sollte es hier im Thema gehen. Um die Frage, "Welche Gruppe, eher bereit ist, den Menschen Freiheiten zuzugestehen, in denen sie am wenigsten gezwungen werden, Dinge zu tun, die sie nicht wollen?"
Danke, damit ist mir der Bezug gleich viel klarer.

Die Einteilung in die zwei Gruppen (links - rechts) stammt ja nicht von Haidt. Er unterscheidet entsprechend dem angelsächsischem Sprachgebrauch conservatives, liberals und libertarians. Das ist auch die übliche Selbstbezeichnung der Anhänger verschiedener politischer Richtungen in den USA. Libertarians, also Menschen die sich selber als solche bezeichnen (im deutschen Sprachgebrauch: Liberale), zeichnen sich bei der Auswertung seiner psychologischen Test dadurch aus, dass sie das moralische Fundament (moral foundation) Freiheit (liberty/oppression) für das wichtigste halten und es deutlich stärker für ihre Entscheidung 'moralisch richtig oder falsch' einfließen lassen, als die anderen fünf.

Deine Haltung: "Freiheit ist nicht Alles, aber alles ist Nichts ohne Freiheit" und "Welche Gruppe, ist eher bereit, den Menschen Freiheiten zuzugestehen, in denen sie am wenigsten gezwungen werden, Dinge zu tun, die sie nicht wollen?" drückt exakt das zentral und auf der einer einzigen moralischen Säule liberty vs. oppression bestehende Wertesystem des typischen libertarians in Haidts Studien aus.

PS: Der verlinkte Artikel beginnt z. B. mit:
We’ve been deluged in recent years with research on the psychology (and brain structure) of liberals and conservatives. But very little is known about libertarians — an extremely important group in American politics that is not at home in either political party.
und weiter:
This is why libertarians can’t be placed on the spectrum from left to right: they have a unique pattern that is in no sense just somewhere in the middle. They really do put liberty above all other values.
"Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."
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Re: Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

Beitrag von Alpha Centauri »

Diese politische Einordung in links und rechts geht auf die französische Revolution zurück. Wobei die ideologischen Grenzen zunehmend schwinden in einigen Bereichen z.b. Globalisierungskritik kann.links wie rechts sein.
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Helmuth_123
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Re: Warum es Linke und Rechte gibt - Moralpsychologe Jonathan Haidt

Beitrag von Helmuth_123 »

Alpha Centauri hat geschrieben:(17 Jul 2017, 20:04)

Diese politische Einordung in links und rechts geht auf die französische Revolution zurück. Wobei die ideologischen Grenzen zunehmend schwinden in einigen Bereichen z.b. Globalisierungskritik kann.links wie rechts sein.
Globalisierungskritik war immer schon rechts, möglicherweise schon rechts bevor es links war. Siehe dazu die Auseinandersetzungen zwischen Industrie und Landwirtschaft bezüglich der Frage Freihandel oder Protektionismus.
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