Laertes hat geschrieben:(23 Feb 2016, 12:21)
Laut
The Righteous Mind von Jonathan Haidt ist Loyalität gegenüber der eigenen Gruppe und damit einhergehend Ablehnung gegenüber Regelbrechern (aus der eigenen Gruppe) und Fremden ein Resultat der Evolution menschlicher Sozialgemeinschaften (group level evolution). Frühgeschichtliche menschliche Gemeinschaften (
tribes) mit obigen Eigenschaften waren bezüglich Reproduktion und Überlebensfähigkeit erfolgreicher als vergleichbare Gruppen, in denen diese Eigenschaften schwächer ausgeprägt waren. Gründe dafür sind (extrem verknappt): Höhere Fähigkeit zur Kooperation im Team, basierend auf gleichen Regeln und damit vorhersagbarem Verhalten. Geringeres Risiko Krankheiten und sozial inkompatible Verhaltensweisen von außen in die Gruppe zu tragen.
Letztlich hat die menschliche Evolution darin gemündet, dass wir eine genetische Disposition zur produktiven Kooperation mit Gruppenmitgliedern mitbringen basierend auf
"shared intentions" (einzigartig im Tierreich) und gleichzeitig eine genetische Disposition zu Ablehnung, Mißtrauen und Aggression gegenüber Nichtgruppenangehörigen (weniger einzigartig, da auch bei Schimpansenherden beobachtbar, die sogar vereinzelt gegeneinander Krieg führen).
Mit dieser Disposition ist allerdings per se noch keine genetische Grundlage für Nationalismus oder Fremdenfeindlichkeit gelegt, sondern zunächst mal nur eine Blaupause für das ehedem evolutionär Erfolg versprechendste unbewusste Verhaltensmuster. Beide Dispositionen lassen instrumentalisieren, die eine von Werbung und Verkäufern, die andere politischen Rattenfängern.
Allerdings ist es auch keine psychologische Disposition, kein biologisches Programm, dass sich durch Vernunft oder Bildung abschalten lässt, sondern elementarste menschliche 'Firmware', durch die der Mensch überhaupt erst zu seinen überragenden Kulturleistungen befähigt wurde. Nicht was man ihm austreiben müsste (oder könnte), aber etwas, dass man in konstruktive Bahnen lenken muss.
Und dazu gehört auch das Angebot sich positiv mit seiner Gemeinde, seiner Region, seinem Land, seiner Nation identifizieren zu können/dürfen. Und es gegen andere Gruppen(interessen) verteidigen zu können/dürfen. Das ist der Nerv, den die AfD und darin ein Gauland oder Höcke treffen.
Die Bundes-CDU unter Merkel hat (im Gegensatz zur CSU) dieses Terrain ersatzlos aufgegeben und viele damit politisch heimatlos gemacht. Linke und Liberale konnten den Menschen zur Identifikation mit der Gruppe nie (das Unterbewusstsein) überzeugende Angebote machen. Weder
Markt plus individuelle Freiheit noch
Arbeiterklasse plus sozialistische Internationale stoßen da in heutigen Zeiten noch auf mentale Resonanz.
als denkansatz ist dieser beitrag nicht schlecht, aber bedarf des kommentars.
zuallererst geht die reihenfolge in den archaisch/indigenen strukturen erst mal so: individuum, familie, clan, stamm ...
und zumindest bei den nordamerikanischen indianern war es meines wissens so, dass ein clan sich geteilt hat, wenn eine "kritische masse" erreicht wurde, die bei ca. 1.200 personen lag.
das ist die grenze von "jeder kennt jeden", und entpricht einem großen dorf bei uns in deutschland ...
da weiß jedes kind wer der bürgermeister, der arzt und der bäcker ist.
auf dieser ebene ist ein "wir-gefühl" als nachbarschaftliches verhältnis möglich, darüber hinaus kaum.
darüber hinaus, als stadt oder stadtstaat, als staat im historischen sinne von china, rom oder später karl dem großen ... da hat das alles nichts mehr mit indigenen völkern oder einem rudel von schimpansen zu tun ... mit einer quasi genetischen begründung, sondern dazu gibt es allein nur noch eine kulturelle identifikation mit der gemeinschaft, die anerzogen und oktruiert werden muß.
und da waren besonders die abrahamitischen und monotheistischen religionen und staaten erfolgreich (zumindest im nahen osten und westen europas), weil damit erstmals eine "gleichschaltung" einer sehr großen population möglich wurde ...
aber nicht nur in europa ... auch z.b. die inkas und mayas in südamerika, oder das historische china sind dafür beispiel.
fazit:
na klar ... sich zu immer größeren staatsgebilden zusammenzuschließen war und ist ein unbestrittener machtfaktor, ohne frage ... und der große schluckt den kleinen ...
aber was sagt das für die identität ?
die hört bei 1.200 ... nämlich auf ... und die ist auch nicht evolutionär begründet.
sonst kann es nämlich kaum sein, dass diese identifizierung mit dem anderen so höchst unterschiedlich ausfällt.
nationalstolz, werte und normen, sind in deutschland ganz anders als in china, als in rußland, als in südafrika ...