Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

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Selina
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(06 May 2017, 10:20)

Genau so ist es.
Und als unmittelbar Beteiligte, die mehr als 200 Flüchtlinge seit 20 Monaten begleitet, kann ich sagen, es funktioniert auch, wenn alle Seiten bereit dazu sind und sich mit gegenseitigem Respekt begegnen.
Ich staune jeden Tag wieder, wie sich diese völlig hilflosen und orientierungslosen Menschen entwickelt haben, die ich vor 20 Monaten in Empfang genommen habe.
Sie sprechen deutsch, jeden Morgen muss ich Dutzende Hände schütteln (muss ihnen irgendwer gesagt haben, dass man das in D. so macht *grins), sie gehen zur Schule, in Kurse, zur Arbeit (für 80 Cent die Stunde), sie kleiden sich modern und tun alles, um nicht unangenehm aufzufallen. Denn eins haben sie leider auch schon erkannt: Sie werden nicht von allen willkommen geheißen.
Sie haben in 20 Monaten Höchstleistungen gebracht, um sich in einer, ihnen völlig unbekannten Welt, zurechtzufinden und zu integrieren.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich diese tapferen und mutigen Menschen kennenlernen durfte. Und nicht nur sie. Mein Dank gilt allen Ehrenamtlichen, Dolmetschern, Sicherheitskräften, Lehrern, die sich auch teilweise in ihrer Freizeit noch engagieren.

Sie alle demonstrieren: Nein, wir sind nicht Burka, aber wir sind auch nicht Pegida und AfD!
:thumbup: Sehr gut gesagt. Das passt aber offenbar nicht ins Bild einiger leitbildorientierten Deutschen. Da bricht das Kartenhaus aus Fremdenfeindlichkeit, Ignoranz und übersteigertem Nationalstolz ganz schnell in sich zusammen.
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think twice
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von think twice »

Selina hat geschrieben:(06 May 2017, 11:17)

:thumbup: Sehr gut gesagt. Das passt aber offenbar nicht ins Bild einiger leitbildorientierten Deutschen. Da bricht das Kartenhaus aus Fremdenfeindlichkeit, Ignoranz und übersteigertem Nationalstolz ganz schnell in sich zusammen.
Denen kannst du eh erzählen, was du willst. Die haben ihre Vorurteile und pflegen sie auch gewissenhaft.
Ich wünsche dir einen schönen Samstag, meine Liebe. :)
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Selina
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(06 May 2017, 11:02)

Hast du die 10 Thesen zur Leitkultur gelesen? Die klingen tatsächluch verdammt ähnlich! :D :D :D
Sag ich ja :D :D :D
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think twice
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von think twice »

Billie Holiday hat geschrieben:(06 May 2017, 11:16)

Daraus jetzt ein voll Nazi zu machen, halte ich für reichlich übertrieben und lächerlich.
Ich lass mich nicht gängeln. Wem ich die Hand gebe, entscheide ich. Was hat das mit Nazi zu tun? Komm mal klar. :rolleyes:
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(06 May 2017, 11:25)

Denen kannst du eh erzählen, was du willst. Die haben ihre Vorurteile und pflegen sie auch gewissenhaft.
Ich wünsche dir einen schönen Samstag, meine Liebe. :)
Das wünsche ich dir auch :) :) :) Und nicht vergessen: In zwei Tagen ist der Tag der Befreiung :D :D :D
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Billie Holiday »

think twice hat geschrieben:(06 May 2017, 11:28)

Ich lass mich nicht gängeln. Wem ich die Hand gebe, entscheide ich. Was hat das mit Nazi zu tun? Komm mal klar. :rolleyes:
Verwehrt dir auch keiner. :cool:
Was das mit Nazi zu tun hat? Du und einige user tun eigentlich nichts anderes als gegensätzloche Meinungen und Ansichten und den Thomas zu Nazis zu deklarieren. :D Das amüsiert und ist ein nettes Bonbon in der Diskussion, ich bin ja auch ein wenig zu meiner Bespaßung im Forum. :)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Ach, na jaaaa, zum Nazi würde ich ihn nun nicht gleich deklarieren. Aber zu leicht verspießert und treudeutsch bieder schon.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Quatschki »

Wenn man ein paar handverlesene Leute an die Hand nimmt und eine Betreuung wie an der Hogwarts-Akademie zukommen lässt, wo die Betreuer Lehrer, Erzieher, Mentor und Familienersatz in einem geben, dann kann man natürlich so eine Art Vorzeigemigranten erschaffen, die man dann überall herumzeigen kann.
Aber das ist nur in einer sehr begrenzten Größenordnung leist- und bezahlbar, weil man solchen ökonomischen und gesellschaftlichen Aufwand normalerweise nur für Eliteschüler treibt, die das der Gesellschaft später auch zurückgeben können,
und nicht um irgendwelche Paschtunen zu befähigen, später mal ein unauffälliges Leben als Regaleinräumer zu führen, ohne anzuecken.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
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think twice
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von think twice »

Billie Holiday hat geschrieben:(06 May 2017, 11:32)

Du und einige user tun eigentlich nichts anderes als gegensätzloche Meinungen und Ansichten und den Thomas zu Nazis zu deklarieren. :D Das amüsiert und ist ein nettes Bonbon in der Diskussion, ich bin ja auch ein wenig zu meiner Bespaßung im Forum. :)
Ich finde dich auch spaßig. Ich finde auch den Thomas spaßig mit seinen Kindergartenregeln. Und hau dich ruhig selbst mit der Nazikeule, wenns dich amüsiert. Du brauchst mich doch dazu garnicht. ;)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Quatschki hat geschrieben:(06 May 2017, 11:40)

Wenn man ein paar handverlesene Leute an die Hand nimmt und eine Betreuung wie an der Hogwarts-Akademie zukommen lässt, wo die Betreuer Lehrer, Erzieher, Mentor und Familienersatz in einem geben, dann kann man natürlich so eine Art Vorzeigemigranten erschaffen, die man dann überall herumzeigen kann.
Aber das ist nur in einer sehr begrenzten Größenordnung leist- und bezahlbar, weil man solchen ökonomischen und gesellschaftlichen Aufwand normalerweise nur für Eliteschüler treibt, die das der Gesellschaft später auch zurückgeben können,
und nicht um irgendwelche Paschtunen zu befähigen, später mal ein unauffälliges Leben als Regaleinräumer zu führen, ohne anzuecken.
Das ist Rassismus und Chauvinismus in Reinkultur. Gekoppelt an die Überhöhung der eigenen Herkunft.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von think twice »

Quatschki hat geschrieben:(06 May 2017, 11:40)

Wenn man ein paar handverlesene Leute an die Hand nimmt und eine Betreuung wie an der Hogwarts-Akademie zukommen lässt, wo die Betreuer Lehrer, Erzieher, Mentor und Familienersatz in einem geben, dann kann man natürlich so eine Art Vorzeigemigranten erschaffen, die man dann überall herumzeigen kann.
Meine 200 Flüchtlinge wurden nach dem Königsteiner Schlüssel zugewiesen und waren ganz und garnicht handverlesen.
Aber schön, dass auch du immerhin erkennst, dass man mit Emphatie und Hilfsbereitschaft viel Positives bewirken kann. :thumbup:
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Quatschki »

Selina hat geschrieben:(06 May 2017, 12:02)

Das ist Rassismus und Chauvinismus in Reinkultur. Gekoppelt an die Überhöhung der eigenen Herkunft.
Wenn ich ins Ausland gehen will, muß ich auch Sprache lernen, Vorbereitungslehrgänge absolvieren, Visum beantragen, alle Papiere einreichen, eventuell Haarprobe wegen Drogentest abliefern
und wenn einwas davon nicht paßt, lassen die mich nicht rein.
Oder ich bringe genügend eigenes Geld mit, um es dort auszugeben.
Nirgendwo auf der Welt wird mir was geschenkt.
Wenn Du die ganze Welt außer Wolkenkuckucksdeutschland für rassistisch und chauvinistisch hältst, dann stimmt vielleicht mit Dir was nicht??
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Zunder »

Unité 1 hat geschrieben:(06 May 2017, 09:43)

Und wie möchtest du die Chauvimilieus angehen und aufbrechen? Die Formulierung einer "Leitkultur" wird wohl kaum zum Empowerment beitragen, was interessiert es den seine Frau einsperrenden Arsch, dass wir in Deutschland sowas nicht machen? Da ist es doch zielführender, über bestehende Rechte zu informieren, dass die Frau oder Bekannte, die der Frau helfen möchten, Anzeige erstatten und sie aus der Situation rausholen.
Glaubst du im Ernst, daß die Rechte der Frau unbekannt sind?
Die Annahme, in repressiven Milieus könnten so ohne weiteres rechtsstaatliche Initiativen ergriffen werden, wenn man einfach mal die Gesetzeslage erklärt, ist eher zynisch als naiv.
Unité 1 hat geschrieben:(06 May 2017, 09:43)
Mit einer Leitkulturdeklaration kannste dir in den Fällen maximal den Hintern abwischen, wenn das Papier weich genug ist.
Richtig.
Deswegen wird es ohne Zwang auch nicht gehen. Allein mit wohlmeinendem Geschwätz lassen sich repressive Verhältnisse nicht aufbrechen.
Unité 1 hat geschrieben:(06 May 2017, 09:43)
Ansonsten hängt es vom Integrationswillen ab. Die Alltagskultur existiert, sie ist ja faktisch eine "Leitkultur", und die Akzeptanz dieser bedeutet Akzeptanz durch die Gesellschaft. Das ist natürlich blauäugig, da können Mohammed und Daria noch so vorbildliche, leistungsbereite, aufgeklärte, gleichberechtigte Humanisten sein, wie sie wollen. Für manche werden sie ewig die falsche Herkunft haben und diesen "Makel"können sie nicht loswerden.
Rassisten spielen für die Alltagskultur als "Leitkultur" die gleiche Rolle wie Islamisten: keine, solange sie marginalisiert bleiben.
Unité 1 hat geschrieben:(06 May 2017, 09:43)
Einer "Leitkultur" - einem angemessenen und gleichberechtigten Zusammenleben ist am besten gedient, wenn die Integrationsbereitschaft (auf beiden Seiten) gefördert wird. Sie ist Ergebnis, nicht Bedingung des Ankommens. Mit Zwang lässt sich das offensichtlich nicht lösen.
Die Mehrheitsgesellschaft muß sich nicht integrieren. Wer in bestehende Verhältnisse einwandert, hat diese Verhältnisse zu akzeptieren. In den meisten Fällen klappt das auch zumindest in Ansätzen, die eine Integration ermöglichen.
Wo diese Ansätze fehlen, muß selbstverständlich Zwang angewandt werden. Alles andere ist naiv.

Übrigens ging es darum:
Selina hat geschrieben:(05 May 2017, 21:14)
Ok, dann begründe mal, warum das Grundgesetz in deinen Augen nicht reichen soll fürs Zusammenleben.
Das Grundgesetz hat nur Bestand, wenn es von der Gesellschaft akzeptiert wird, weil es sich nicht aus sich selbst heraus legitimieren kann. Die gesellschaftliche Anerkennung der freiheitlich-demokratisch-säkularen Grundordnung verhilft der Verfassung erst zur Geltung. Wenn diese Anerkennung fehlt, braucht man sich auch nicht mehr aufs Grundgesetz zu berufen.

Klartext: Die Weimarer Verfassung wurde von den Nazis nie formal außer Kraft gesetzt. Sie war trotzdem nur noch Papier.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

Zunder hat geschrieben:(06 May 2017, 16:36)

Glaubst du im Ernst, daß die Rechte der Frau unbekannt sind?
Die Annahme, in repressiven Milieus könnten so ohne weiteres rechtsstaatliche Initiativen ergriffen werden, wenn man einfach mal die Gesetzeslage erklärt, ist eher zynisch als naiv.
Ich hätte präzisieren sollen, durchsetzungsfähige Rechte. Und der Rechtsstaat wird üblicherweise nur dann durchgesetzt, wenn man ihn ruft. Gesetzesverstöße werden bei Unwissen nicht geahndet. Wie bereits gefragt, wie möchtest die Chauvimilieus aufbrechen? Ich sehe nur den Weg über Empowerment. Dass es hier mit einer einfachen Rechtsbelehrung getan wäre, wäre in der Tat eine zynische Sichtweise. Aber es trägt dazu bei. Und das eben mehr als eine Leitkulturdeklaration.
Richtig.
Deswegen wird es ohne Zwang auch nicht gehen. Allein mit wohlmeinendem Geschwätz lassen sich repressive Verhältnisse nicht aufbrechen.
Ist halt fraglich, wie gut sich das von außen erreichen lässt. Rechtsstaalicher Zwang bzw. dessen glaubhafte Drohung spielt eine Rolle, ja. Als Unterstützung. Repressive Verhältnisse sind nicht immer offen und sichtbar für jedermann - steckt im Wort Unterdrückung bereits drin. Für Zwangshandlungen müssen die erstmal sichtbar werden sowie eine vernehmbare Stimme sich erheben, die den Zwang einfordert.
Rassisten spielen für die Alltagskultur als "Leitkultur" die gleiche Rolle wie Islamisten: keine, solange sie marginalisiert bleiben.
Beide stehen für Partikularismus und Separation, beide gehörten ihres öffentliches Einflusses beraubt (und Rassismus/Islamismus auf dem Scheiterhaufen der Geschichte verbrannt) - stimmt. Das geht aber am Thema vorbei. Islamismus spielt in dem Zusammenhang nur eine unwesentliche Rolle, "traditionelle" paternalistische Weltbilder und Rassismus/Chauvinismus nicht. Beiden lässt sich mit einer "kodifizierten" Leitkultur nicht begegnen. Eine "gelebte" Leitkultur ist sicher auch nicht das scharfe Schwert, was die Borniertheit auftrennen kann. Aber sie wirkt durch ihre Selbstverständlichkeit. Wobei das hauptsächlich nur die diejenigen betrifft, die ein Interesse daran haben, anzukommen.
Die Mehrheitsgesellschaft muß sich nicht integrieren. Wer in bestehende Verhältnisse einwandert, hat diese Verhältnisse zu akzeptieren. In den meisten Fällen klappt das auch zumindest in Ansätzen, die eine Integration ermöglichen.
Die Mehrheitsgesellschaft muss Integration zulassen - dass Integrationsbereitschaft das bedeutet, ist doch offensichtlich.
Wo diese Ansätze fehlen, muß selbstverständlich Zwang angewandt werden. Alles andere ist naiv.
Was meinst du hier mit Zwang, wie lässt sich eine Akzeptanz grundlegender Werte erzwingen?
Übrigens ging es darum:


Das Grundgesetz hat nur Bestand, wenn es von der Gesellschaft akzeptiert wird, weil es sich nicht aus sich selbst heraus legitimieren kann. Die gesellschaftliche Anerkennung der freiheitlich-demokratisch-säkularen Grundordnung verhilft der Verfassung erst zur Geltung. Wenn diese Anerkennung fehlt, braucht man sich auch nicht mehr aufs Grundgesetz zu berufen.

Klartext: Die Weimarer Verfassung wurde von den Nazis nie formal außer Kraft gesetzt. Sie war trotzdem nur noch Papier.
Richtig. Und für wie schwach müssen Leitkulturverfechter also jene Anerkennung halten, wenn sie die explizieren wollen. Und wie auf diese Weise eine Anerkennung produziert werden soll, wird auch deren Geheimnis bleiben. Gehorsam erzeugt keine Liebe.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Provokateur »

Unité 1 hat geschrieben:(09 May 2017, 12:02)
Gehorsam erzeugt keine Liebe.
Aber Liebe Gehorsam.

Um Menschen zu sammeln und zu einen, muss man ihnen ein gemeinsames Ziel geben. Das ist der Fehler, den viele Nationalisten begehen - sie betrachten ihre Nation als Zustand und nicht als zielgerichteten Prozess.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

Provokateur hat geschrieben:(09 May 2017, 12:15)

Aber Liebe Gehorsam.
Mein Reden: Wenn ich von der Strahlkraft von Werten überzeugt bin, dann lasse ich sie von sich aus wirken. Der Wert soll überzeugen. Habe ich Zweifel, versuche ich, die Beachtung von Werten zu erzwingen. Das Schwert soll überzeugen.
Um Menschen zu sammeln und zu einen, muss man ihnen ein gemeinsames Ziel geben.
Ist eine Bedingung zur Möglichkeit, aber bei weitem nicht ausreichend. Frag Sozialisten.
Das ist der Fehler, den viele Nationalisten begehen - sie betrachten ihre Nation als Zustand und nicht als zielgerichteten Prozess.
Welches Ziel hat denn die Nation?
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Provokateur »

Unité 1 hat geschrieben:(09 May 2017, 12:23)
Welches Ziel hat denn die Nation?
Denen, die auf die Staatsziele (ich meine jetzt nicht nur die im GG explizit als Staatsziele festgehaltenen Ziele) hinarbeiten, ein gutes, auskömmliches Leben zu verschaffen. Wem die Staatsziele in seinem Herkunftsland nicht gefallen, der muss sich einen neuen Staat suchen, in dem er auf die Staatsziele hinarbeiten kann.

Hier in Deutschland sind das vor allem wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (der Gradmesser unseres Erfolges) und die in der Präambel des GG genannten Ziele: "Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen..." - also eine verantwortliche Existenz (vor allem vor den Menschen), die Gleichberechtigung in Europa und eine Friedensmacht zu sein.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

Provokateur hat geschrieben:(09 May 2017, 12:32)

Denen, die auf die Staatsziele (ich meine jetzt nicht nur die im GG explizit als Staatsziele festgehaltenen Ziele) hinarbeiten, ein gutes, auskömmliches Leben zu verschaffen.
Diese Ziele sind eher Zustände, an denen sich der Staat messen lassen muss. Sie sind in dem Sinne unerreichbar, da sie einen bereits bestehenden Zustand beschreiben. Das Zielhafte ergibt sich aus dem Versprechen, das Staatsverhalten auf die Erhaltung auszurichten. Wobei die Erhaltung selbst auch dynamisch ist - Bedeutungen ändern sich.
Die Staatsziele sind übrigens die des Staates, nicht die der Nation.
Wem die Staatsziele in seinem Herkunftsland nicht gefallen, der muss sich einen neuen Staat suchen, in dem er auf die Staatsziele hinarbeiten kann.
Wenn die Staatsziele zu überzeugen wissen, musst du dir darum ja keine Gedanken machen. Du weißt ja, Liebe erzeugt Gehorsam. Wobei Gehorsam das falsche Wort ist, Respekt ist treffender.
Hier in Deutschland sind das vor allem wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (der Gradmesser unseres Erfolges)
Das gilt für jedes Land der Erde. Ohne Moos nix los.
und die in der Präambel des GG genannten Ziele: "Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen..." - also eine verantwortliche Existenz (vor allem vor den Menschen), die Gleichberechtigung in Europa und eine Friedensmacht zu sein.
Wie schon gesagt, wäre es schlimm, wenn diese Staatsziele erst erreicht werden müssten.
Woraus schließt du eigentlich, dass die Verantwortlichkeit vor Menschen ein höheres Gewicht hat als die vor Gott? Aus der Aufzählung ergibt sich eine andere Reihenfolge.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Provokateur »

Unité 1 hat geschrieben:(09 May 2017, 12:52)
Diese Ziele sind eher Zustände, an denen sich der Staat messen lassen muss. Sie sind in dem Sinne unerreichbar, da sie einen bereits bestehenden Zustand beschreiben.
Ich sehe den Weg zur totalen Erreichung eher als einen Prozess; einen taz von Erfolg und Misserfolg. Solange die Ziele begeistern, besteht die Nation.
Unité 1 hat geschrieben: Die Staatsziele sind übrigens die des Staates, nicht die der Nation.
Nation und Staat sind für mich synonym - sie bestehen aus Volk, Grund und legitimer/anerkannter Herrschaft.
Unité 1 hat geschrieben: Wenn die Staatsziele zu überzeugen wissen, musst du dir darum ja keine Gedanken machen. Du weißt ja, Liebe erzeugt Gehorsam. Wobei Gehorsam das falsche Wort ist, Respekt ist treffender.
Dinge, die funktionieren, ohne dass man sich um sie Gedanken macht, funktionieren aber irgendwann nicht mehr. Und das erzeugt Hilflosigkeit.
Unité 1 hat geschrieben: Das gilt für jedes Land der Erde. Ohne Moos nix los.
Nein, in Bhutan zum Beispiel hat jeder Bürger das Recht auf Glück. Nicht nur auf das Streben nach demselben wie in Amerika. Das steht in Bhutan in der Verfassung. Aber vielleicht braucht so ein Bergvölkchen ja auch einfach weniger, um glücklich zu sein...?
Unité 1 hat geschrieben: Wie schon gesagt, wäre es schlimm, wenn diese Staatsziele erst erreicht werden müssten.
Nein, denn das Ringen um ebenjene definiert die Nation; die Diskussion um den rechten Weg zu ihnen prägt die Gesellschaft.
Unité 1 hat geschrieben: Woraus schließt du eigentlich, dass die Verantwortlichkeit vor Menschen ein höheres Gewicht hat als die vor Gott? Aus der Aufzählung ergibt sich eine andere Reihenfolge.
Weil wir mit Menschen reden können, mit unsichtbaren Superfreunden nicht so ohne weiteres.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

Provokateur hat geschrieben:(09 May 2017, 12:59)

Ich sehe den Weg zur totalen Erreichung eher als einen Prozess; einen taz von Erfolg und Misserfolg. Solange die Ziele begeistern, besteht die Nation.
Es gibt keine "totale" Erreichung. Z.B. besteht Gleichberechtigung oder eben nicht. Wie genau sie aussieht, ist dabei nicht endgültig definiert. Denke an die fünfziger Jahre.



Nation und Staat sind für mich synonym - sie bestehen aus Volk, Grund und legitimer/anerkannter Herrschaft.
Ein Staat besitzt Strukturen, die zur Erhaltung der Staatsziele taugen. Eine Nation nicht.


Dinge, die funktionieren, ohne dass man sich um sie Gedanken macht, funktionieren aber irgendwann nicht mehr. Und das erzeugt Hilflosigkeit.
Ja. Und?


Nein, in Bhutan zum Beispiel hat jeder Bürger das Recht auf Glück. Nicht nur auf das Streben nach demselben wie in Amerika. Das steht in Bhutan in der Verfassung. Aber vielleicht braucht so ein Bergvölkchen ja auch einfach weniger, um glücklich zu sein...?
Auch in Bhutan muss gegessen sowie der Staat, der das Glück sichern soll, finanziert werden.


Nein, denn das Ringen um ebenjene definiert die Nation; die Diskussion um den rechten Weg zu ihnen prägt die Gesellschaft.
Ist mir neu, dass die Staatsziele zur Diskussion stehen, dass um sie gerungen werden muss. Das Zielhafte ergibt sich aus dem Ausrichten staatlichen Handelns, das Staatsziel soll leiten. Ein Stern, der den Weg weist, kein X auf einer Karte.


Weil wir mit Menschen reden können, mit unsichtbaren Superfreunden nicht so ohne weiteres.
Mein Punkt war, dass du willkürlich etwas festlegst. Zudem die Präambel keine Ziele nennt, sondern Gründe. Daraus lassen sich dann Ziele ableiten, aber, und deswegen der Hinweis auf die Willkürlichkeit deiner Festlegung, die sind nicht festgeschrieben für alle Zeit, ihre Bedeutung ist wandelbar. Und wandelt sich.
Die Definition einer Nation als zielgerichteter Prozes kann somit deiner eigenen Logik nach nicht überzeugen, da ein gemeinsames Ziel bestehen müsse, um Menschen zu sammeln und zu einen. Das Ziel steht eben nicht fest. Der Zusammenhalt muss demnach von woanders her kommen.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(09 May 2017, 12:59)
Nation und Staat sind für mich synonym - sie bestehen aus Volk, Grund und legitimer/anerkannter Herrschaft.
Da unterscheidet man häufig zwischen klassischem Nationalstaat (da trifft das mehr oder weniger zu), Willensnation (Musterbeispiel: Schweiz) und Staatsnation (Musterbeispiel: Frankreich).

Aber die wichtigere Frage ist, inwieweit diese Zugehörigkeitsbegriffe durch die real stattfindende Globalisierung bereits erodiert sind. Beziehungsweise, andersherum, inwieweit sie als Gegenentwurf zur Globalisierung wieder verstärkt und neu revitalisiert wurden.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Provokateur »

Unité 1 hat geschrieben:(09 May 2017, 13:16)

Es gibt keine "totale" Erreichung. Z.B. besteht Gleichberechtigung oder eben nicht. Wie genau sie aussieht, ist dabei nicht endgültig definiert. Denke an die fünfziger Jahre.
Nein, es gibt eine totale Erreichung, diese ist aber, wie Perfektion, realistisch betrachtet eine Fiktion. Theoretisch möglich, praktisch nicht. Auch wenn gesellschaftlich die totale Gleichberechtigung erreicht ist, wird es immer noch irgendwo einen Mann oder eine Frau geben, der/die seine/n oder ihre/n Mann oder Frau unterdrückt. Genau so, wie es im totalen Krieg genügend Leute gab, die keinen einzigen Schuss abgefeuert haben.
Unité 1 hat geschrieben: Ein Staat besitzt Strukturen, die zur Erhaltung der Staatsziele taugen. Eine Nation nicht.
Staat und Nation sind synonym. Es gibt keinen Unterschied.
Unité 1 hat geschrieben: Ja. Und?
Das bedeutet, dass wir über die Prozesse, welche die Nation erhalten, sprechen müssen, um sie am laufen zu halten - denn wenn Nationen zerbrechen (wie im Sudan), geht das häufig mit großem Leid einher. Und dann kommen internationale Organisationen ins Spiel.
Unité 1 hat geschrieben: Auch in Bhutan muss gegessen sowie der Staat, der das Glück sichern soll, finanziert werden.
Die Wirtschaftsleistung von Bhutan ist mit der deutschen nicht zu vergleichen.
Unité 1 hat geschrieben:[
Ist mir neu, dass die Staatsziele zur Diskussion stehen, dass um sie gerungen werden muss. Das Zielhafte ergibt sich aus dem Ausrichten staatlichen Handelns, das Staatsziel soll leiten. Ein Stern, der den Weg weist, kein X auf einer Karte.
Sprich mal mit einem Atomstromkonzern über das Staatsziel des Umweltschutzes. Dann wird dir klar, dass es sich um einen ständigen Kampf handelt. Kampf ist nämlich einer der wenigen Faktoren, aus denen sich Menschen zu einer Gruppe zusammenschließen. Die anderen Faktoren sind Handel/Nahrungserwerb und soziale Bedürfnisse.
Unité 1 hat geschrieben:Mein Punkt war, dass du willkürlich etwas festlegst. Zudem die Präambel keine Ziele nennt, sondern Gründe. Daraus lassen sich dann Ziele ableiten, aber, und deswegen der Hinweis auf die Willkürlichkeit deiner Festlegung, die sind nicht festgeschrieben für alle Zeit, ihre Bedeutung ist wandelbar. Und wandelt sich.
Die Definition einer Nation als zielgerichteter Prozes kann somit deiner eigenen Logik nach nicht überzeugen, da ein gemeinsames Ziel bestehen müsse, um Menschen zu sammeln und zu einen. Das Ziel steht eben nicht fest. Der Zusammenhalt muss demnach von woanders her kommen.
Menschen brauchen Struktur und Kontrolle. Sie wollen wissen, dass sie die Macht über ihr Leben haben. Das Konzept "Nation als Prozess" verspricht diese Kontrolle, denn hier hat das Individuum gestaltungsspielraum in der Zielerreichung. Zudem eint es Hinzukommende, wenn man ihnen sagt: gemeinsam wollen wir dieses Ziel erreichen.

Wenn man "Nation als Zustand" verwendet, setzt man allen Hinzukommenden und allen Anderen einen Trog vor und sagt: Friss oder stirb.

Das ist der Unterschied zwischen Nationalismus und Patriotismus. Der Patriot will seine Kampfgruppe vergrößern, der Nationalist will alle anderen draußen halten.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(09 May 2017, 13:32)
Menschen brauchen Struktur und Kontrolle. Sie wollen wissen, dass sie die Macht über ihr Leben haben. Das Konzept "Nation als Prozess" verspricht diese Kontrolle, denn hier hat das Individuum gestaltungsspielraum in der Zielerreichung. Zudem eint es Hinzukommende, wenn man ihnen sagt: gemeinsam wollen wir dieses Ziel erreichen.
Genau dieses Bedürfnis ist der Hebel, mit welchem sich moderne Autokraten neuen Typs (Putin, Erdogan, Kaczynski, Orbán etc.) Macht verschaffen und nach außen legitimieren.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 May 2017, 13:46)

Genau dieses Bedürfnis ist der Hebel, mit welchem sich moderne Autokraten neuen Typs (Putin, Erdogan, Kaczynski, Orbán etc.) Macht verschaffen und nach außen legitimieren.
Ja, denn sie versprechen einen anderen Staat mit gleichem Namen. Eine nationale Kraftanstrengung soll dazu führen, dass sich etwas ändert. Man muss diese Mechanismen nutzen und positiv besetzen, sonst überlässt man jenen, die das Rad der Zeit zurückdrehen wollen zu dunklen Zeiten, das Feld. Dann wird Nation nämlich vom Prozess wieder zum Zustand.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

Provokateur hat geschrieben:(09 May 2017, 13:32)

Nein, es gibt eine totale Erreichung, diese ist aber, wie Perfektion, realistisch betrachtet eine Fiktion.
Eine unerreichbare totale Erreichbarkeit ist ein unsinniges Konstrukt. Das beschreibt doch im Grunde nur, was ich bereits sagte: Staatliches Handeln ist auf Erhalt und Verwirklichung von Staatszielen ausgerichtet. (Ziel) Wie genau die Verwirklichung aussieht, ist unbestimmt. (Fiktion)
Theoretisch möglich, praktisch nicht. Auch wenn gesellschaftlich die totale Gleichberechtigung erreicht ist, wird es immer noch irgendwo einen Mann oder eine Frau geben, der/die seine/n oder ihre/n Mann oder Frau unterdrückt. Genau so, wie es im totalen Krieg genügend Leute gab, die keinen einzigen Schuss abgefeuert haben.
Mit der teleologischen Sicht kann ich nichts anfangen. Wie könnte es eine "totale" Gleichberechtigung geben angesichts der Ungleichheit der Geschlechter? Da geht es doch offensichtlich um Aushandelsprozesse.
Ich hätte als Beispiel auch Demokratie nennen können, da wird es noch deutlicher, dass eine "totale" Unerreichbarkeit Unfug ist aufgrund der nie abgeschlossenen Definition von Demokratie.


Staat und Nation sind synonym. Es gibt keinen Unterschied.
Natürlich gibt es die. Für manche sind z.B. deutsche Staatsbürger (Staatsebene) keine Deutschen (Nationenebene). Ein Staat ist mit der Regelung gesellschaftlichen Miteinanders befasst, eine Nation steht demgegenüber eher für "kulturelles" Gerüst. Ein Staat gewährt dir Schutz, in dem er deine Rechte durchsetzt - eine Nation kann sie dir potentiell vorenthalten, da deren Regeln nicht kodifiziert, sondern willkürlich sind. Zugespitzt gesagt, kann dich der Staat vor der "Nation" schützen.

Das bedeutet, dass wir über die Prozesse, welche die Nation erhalten, sprechen müssen, um sie am laufen zu halten - denn wenn Nationen zerbrechen (wie im Sudan), geht das häufig mit großem Leid einher. Und dann kommen internationale Organisationen ins Spiel.
Da stimme ich zu. Demokratische und Menschenrechte sind Ergebnis von Kämpfen. Sie für selbstverständlich zu halten, wird sie erodieren lassen über Zeit. Das lässt sich mMn am Aufschwung der rechtskonservativen bis -extremen Strömungen in ganz Europa beobachten. Es scheint so, als wenn die Bedeutung grundlegender Werte erneuert gehört.


Die Wirtschaftsleistung von Bhutan ist mit der deutschen nicht zu vergleichen.
Es ging um deine Aussage, dass "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" ein spezifisch deutsches ("Hier in Deutschland") Staatsziel sei. Es ist ein universelles, was sogar für Bhutan gilt. Dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Bhutan und Deutschland sich unterscheiden, belegt nur die Relativität des Begriffs "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" und den unterschiedlichen ökonomischen Standard von Ländern.

Sprich mal mit einem Atomstromkonzern über das Staatsziel des Umweltschutzes. Dann wird dir klar, dass es sich um einen ständigen Kampf handelt. Kampf ist nämlich einer der wenigen Faktoren, aus denen sich Menschen zu einer Gruppe zusammenschließen. Die anderen Faktoren sind Handel/Nahrungserwerb und soziale Bedürfnisse
Ein Atomstromkonzern hat dann eine andere Auffassung von Umweltschutz sowie von der Abwägung von "wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit" und Umweltschutz. Er stellt damit das Staatsziel nicht grundsätzlich in Frage, der Kampf gilt der Auslegung. Der Leitstern strahlt weiterhin.


Menschen brauchen Struktur und Kontrolle. Sie wollen wissen, dass sie die Macht über ihr Leben haben. Das Konzept "Nation als Prozess" verspricht diese Kontrolle, denn hier hat das Individuum gestaltungsspielraum in der Zielerreichung. Zudem eint es Hinzukommende, wenn man ihnen sagt: gemeinsam wollen wir dieses Ziel erreichen.
Wie das, wenn es eine "totale Erreichung" gebe? Worin erstreckt sich dann der Gestaltungsspielraum und warum soll das so relevant sein, dass ein Konzept "Nation als Prozess" Sinn ergibt?
Inwiefern soll außerdem das Prozesshafte Kontrolle bedeuten? Die gibt es nicht mal dann, wenn der Prozess offen steht, wenn man an ihm partizipieren kann. Denn das Ergebnis ist ungewiss, ich kann dann Einfluss nehmen, aber nicht kontrollieren. Ich bin dann Teil der Macht, nicht sie selbst. Deswegen benötigst du auch abstruse Konstruktionen wie "totale Erreichbarkeit", um das Ergebnis vorwegzunehmen. Allerdings ist das nur möglich um den Preis der Partizipation. Wenn das Ziel endgültig definiert ist, besteht kein Anlass, am Prozess teilzunehmen. Damit ist en passant auch die angenommene Kontrolle wieder aufgegeben, da ich als Bürger nicht mal mehr Teil der Macht bin. Kontrolle gibt es in öffentlichen Belangen nicht. Auch aus ganz logischen Gründen: Der demokratische Rechtsstaat gebietete, dass jeder die gleiche Kontrolle habe. Womit sie letztlich keiner hat.
Ein Zusammenhalt lässt sich bei einer angenommen zielfixierten Prozesshaftigkeit nicht erzeugen. Wie dargelegt, liegt das Gegenteil nahe.

Wenn man "Nation als Zustand" verwendet, setzt man allen Hinzukommenden und allen Anderen einen Trog vor und sagt: Friss oder stirb. Das ist der Unterschied zwischen Nationalismus und Patriotismus. Der Patriot will seine Kampfgruppe vergrößern, der Nationalist will alle anderen draußen halten.
Aber es ist doch beides. Sowohl Zustand, sie existiert ja, als auch Prozess, sie entwickelt sich. Ich halte es für zielführender, sich von der Nationen- bzw. Staatsebene zu lösen, wenn über Integration geredet wird. Die findet in der, über und in die Gesellschaft statt.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Postfach »

Wasteland hat geschrieben:(06 May 2017, 00:32)

Ich habe das in meinem Leben zweimal erlebt, ist natürlich subjektiv und nicht repräsentativ. Es ist ja bekannt das meine Frau Türkin ist und somit die Hälfte meiner Familie Muslime sind (ausgenommen sind die Partner einiger von denen die keine Muslime sind oder solche die Atheisten sind).
Ich habe auch noch auf meiner eigenen Seite Muslime in der Familie, die angeheiratet sind und in meinem Freundeskreis hatte ich schon immer welche (mein erster türkischer Kumpel mit 6 Jahren im Fussballverein hiess Oktay und war leicht übergewichtig aber gut im Fussball, wir nannten ihn Maratonna) .
Das mir eine Frau nicht die Hand gibt habe ich zweimal erlebt, einmal war es eine Libanesin die ich zu einem Interview mit dem Fernsehsender gefahren habe für den ich als Student gearbeitet habe. Die wollte mir erzählen das man das "bei denen" (also den Muslimen) so macht und glaubte wohl das ich ein Deutscher bin dem man solche Märchen erzählen kann. Oft denken Muslime das sie Deutschen erklären können wie "man" bestimmte Dinge im Islam macht. Bei mir sind sie da an der falschen Adresse, denn "der Islam" ist sich da uneiniger als ein Hühnerhaufen.
Ich wusste genau das die meisten das nicht so handhaben und nur religiöse Hinterwäldler das machen. Ich empfand das als sehr unhöflich. Ein Handschlag ist keine sexuelle Handlung oder irgendwas auch nur ansatzweise verwerfliches.Die andere war die Mutter einer sehr guten Freundin meiner Frau, die aus der hintersten Ecke des kurdischen Teils der Türkei kommt und sehr alt ist. Das akzeptiere ich, die kommt aus einer anderen Zeit und einer anderen Welt.
Ansonsten haben mir alle Muslimas die ich je getroffen habe die Hand gegeben.
Ich finde es auch ziemlich respektlos das nicht zu machen. Und es ist ein klares Zeichen von Über- oder Untersexualisierung dieser Menschen, weil sie glauben das ein Handschlag zuviel nähe zwischen zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts schafft. Man kann niemanden zwingen, aber innerlich bin ich dagegen.
Natürlich muss man aber auch dazu sagen das dies nicht die Regel ist und mich nerven auch die Leute die so tun als wäre das der Mainstream der Muslime in Deutschland. Das ist nicht der Fall.
Ich habe genau die gleichen Erfahrungswerte gesammelt im Umfeld meiner Familie (ebenfalls türkische Wurzeln ) und kann deinem Beitrag nur absolut zustimmen ...
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Soldmann »

Provokateur hat geschrieben:Nation und Staat sind für mich synonym - sie bestehen aus Volk, Grund und legitimer/anerkannter Herrschaft.
Das gilt historisch zumindest aber nicht so. Die Deutsche Nation und der Deutsche Staat waren keineswegs synonym. Es gilt aus meiner Sicht auch heute nicht. Nicht alle russischen Staatsbürger sind Russen. Die Tschetschenen etwa gehören dem russischen Staat aber nicht der russischen Nationalität an. Die Nationalität strebt zwar den Nationalstaat in der Regel an, ist aber nicht dasselbe.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Soldmann »

schokoschendrezki hat geschrieben:Aber die wichtigere Frage ist, inwieweit diese Zugehörigkeitsbegriffe durch die real stattfindende Globalisierung bereits erodiert sind. Beziehungsweise, andersherum, inwieweit sie als Gegenentwurf zur Globalisierung wieder verstärkt und neu revitalisiert wurden.
Also meine Beobachtungen im Rahmen der Flüchtlingskrise interpretiere ich so, dass die deutsche Nation(-alität) wohl erledigt ist. Für andere Staaten weltweit würde ich das allerdings bisher nicht so sehen, nicht für Japan bspw., es könnte sich durchaus wieder mal um einen deutschen Sonderweg handeln. :cool:
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Soldmann hat geschrieben:(10 May 2017, 18:54)

Also meine Beobachtungen im Rahmen der Flüchtlingskrise interpretiere ich so, dass die deutsche Nation(-alität) wohl erledigt ist. Für andere Staaten weltweit würde ich das allerdings bisher nicht so sehen, nicht für Japan bspw., es könnte sich durchaus wieder mal um einen deutschen Sonderweg handeln. :cool:
Es ist noch die Frage, ob etwas wie die "deutsche Nationalität" überhaupt jemals bestanden hat. Wir haben hier die Besonderheit, dass es seit langer Zeit mehrere deutschsprachige formal selbständige Staaten gibt. Und dass auch in Deutschland selbst die Bundesländer eine weit größere Selbstständigkeit besitzen als etwa die Provinzen in Frankreich.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 May 2017, 08:18)

Es ist noch die Frage, ob etwas wie die "deutsche Nationalität" überhaupt jemals bestanden hat. Wir haben hier die Besonderheit, dass es seit langer Zeit mehrere deutschsprachige formal selbständige Staaten gibt. Und dass auch in Deutschland selbst die Bundesländer eine weit größere Selbstständigkeit besitzen als etwa die Provinzen in Frankreich.
"Deutsche Nationalität" hat sich 1000 Jahre lang über die gemeinsame Sprache und Kultur definiert.
Das "heilige römische Reich deutscher Nation" trat die Nachfolge des Imperium Romanum an und existierte bis 1806 und umfasste wesentliche Teile Europas. Darauf basiert u.a. die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Kultur.
Nationalität ist nicht zwingend an Staatsgrenzen gebunden, hat auch nicht unbedingt etwas mit "Nationalstaat" zu tun .
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Ammianus »

Die Entwicklung Deutschlands (des Ostfrankenreichs) verlief schlicht und ergreifend anders als die Entwicklung Frankreichs (Westfrankenreich). Das hat geographische und viele andere Gründe. Im Westen wurde die fränkische Erobererschicht von den Eroberten assimiliert. Im Osten war es umgekehrt. Nicht umsonst gibt es Begriffe wie Germania romana, Germania germania und Germania Slavica. Und der Blick auf die eigene Geschichte ist auch ein wesentlicher Teil der Identität.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Soldmann »

schokoschendrezki hat geschrieben:Es ist noch die Frage, ob etwas wie die "deutsche Nationalität" überhaupt jemals bestanden hat. Wir haben hier die Besonderheit, dass es seit langer Zeit mehrere deutschsprachige formal selbständige Staaten gibt. Und dass auch in Deutschland selbst die Bundesländer eine weit größere Selbstständigkeit besitzen als etwa die Provinzen in Frankreich.
Natürlich hat sie bestanden. Wie hätten sich die deutschsprachigen Einwohner von Österreich-Ungarn als Deutsche definieren können, wenn es keine Deutsche Nationalität gegeben hätte. Um Wiki zu zitieren:

Im Fall „verspäteter Nationen“ kann das im Begriff der Kulturnation enthaltene Zusammengehörigkeitsgefühl zeitlich der Gründung eines Nationalstaats vorausgehen, so im Falle Deutschlands und Italiens im 19. Jahrhundert. https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturnation
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schelm »

Dark Angel hat geschrieben:(11 May 2017, 10:13)

"Deutsche Nationalität" hat sich 1000 Jahre lang über die gemeinsame Sprache und Kultur definiert.
Das "heilige römische Reich deutscher Nation" trat die Nachfolge des Imperium Romanum an und existierte bis 1806 und umfasste wesentliche Teile Europas. Darauf basiert u.a. die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Kultur.
Nationalität ist nicht zwingend an Staatsgrenzen gebunden, hat auch nicht unbedingt etwas mit "Nationalstaat" zu tun .
Es gibt keine gemeinsame Kultur. Wir müssen einsehen, dekonstruiert zu werden. Identität, Gebiet, Kultur. :

https://jungefreiheit.de/politik/deutsc ... he-kultur/
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

schelm hat geschrieben:(17 May 2017, 10:08)

Es gibt keine gemeinsame Kultur. Wir müssen einsehen, dekonstruiert zu werden. Identität, Gebiet, Kultur. :

https://jungefreiheit.de/politik/deutsc ... he-kultur/
Falls das ironisch gemeint war. Was die Integrationsbeauftrage meint:
Auch wenn es manchen zu kompliziert sei, sei Deutschland vielfältig. „Diese kulturelle Vielfalt ist auch anstrengend, aber sie macht die Stärke unserer Nation als eine offene Gesellschaft aus. Die Beschwörung einer Leitkultur schafft dagegen nicht Gemeinsamkeit, sondern grenzt aus. Sie gießt Öl ins Feuer, um sich selbst daran zu wärmen.“
So ist das vollkommen richtig und auch nicht einfach nur flach und polemisch dahergesagt sondern wohlüberlegt und genau (und einigermaßen originell) formuliert.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Soldmann hat geschrieben:(12 May 2017, 01:12)

Natürlich hat sie bestanden. Wie hätten sich die deutschsprachigen Einwohner von Österreich-Ungarn als Deutsche definieren können, wenn es keine Deutsche Nationalität gegeben hätte. Um Wiki zu zitieren:

Im Fall „verspäteter Nationen“ kann das im Begriff der Kulturnation enthaltene Zusammengehörigkeitsgefühl zeitlich der Gründung eines Nationalstaats vorausgehen, so im Falle Deutschlands und Italiens im 19. Jahrhundert. https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturnation
Ja. Aber das ist auch der entscheidende Punkt: Eine Nation ist nicht sondern man definiert sich als solche. Nation ist kein Tatbestand sondern eine diskursive Hervorbringung. Das muss ja nicht unbedingt eine Herabsetzung bedeuten. Aber es bedeutet auch, dass "Nation" - in großen Zeiträumen gesehen - nix absolutes sondern eine historisch vorübergehende Zeiterscheinung sein dürfte.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schelm »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 May 2017, 10:21)

Falls das ironisch gemeint war. Was die Integrationsbeauftrage meint:

So ist das vollkommen richtig und auch nicht einfach nur flach und polemisch dahergesagt sondern wohlüberlegt und genau (und einigermaßen originell) formuliert.
Das sind nur schöne Worte. Des Pudels Kern nähert man sich dadurch, in dem man der Dame folgende Fragen stellt : Gibt es eine spezielle türkische Kultur, über die türkische Sprache hinweg, trotz aller Multiethnizität innerhalb der Türkei ? Warum üben Sie diesen Job als Integrationsbeauftragte aus, wenn Sie nicht einmal etwas anerkennen, in das es zu integrieren gilt ?
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schelm »

Ergänzung :

Was die Integrationsbeauftrage meint:
" Auch wenn es manchen zu kompliziert sei, sei Deutschland vielfältig. „Diese kulturelle Vielfalt ist auch anstrengend, aber sie macht die Stärke unserer Nation als eine offene Gesellschaft aus. Die Beschwörung einer Leitkultur schafft dagegen nicht Gemeinsamkeit, sondern grenzt aus. Sie gießt Öl ins Feuer, um sich selbst daran zu wärmen.“
schokoschendrezki hat geschrieben:
So ist das vollkommen richtig und auch nicht einfach nur flach und polemisch dahergesagt sondern wohlüberlegt und genau (und einigermaßen originell) formuliert.
Nein, natürlich nicht. Das ist perfide, das trifft es besser. Sie instrumentalisiert Vielfalt im Brauchtum und Temperament, um eine Wertevielfalt zu suggerieren, die es leider real durch anspruchslose Massenmigration gibt, die allerdings kein Bestandteil von wünschenswerter Vielfalt innerhalb unseres Landes sein darf, um im Schatten dieser Vielfalt an Brauchtum die Vielfalt konträrer Wertvorstellungen anzudocken.

Unsere Vielfalt bezieht sich auf Temperament, unterschiedliche ethnische Hintergründe und unterschiedliche lokale Bräuche, nicht auf eine Vielfalt unterschiedlicher grundsätzlicher Wertvorstellungen gegenüber individuellen Rechten, Gruppenzwängen, Clandenken, religiöse Überhöhung gepaart mit gesellschaftlichen Kontrollansprüchen, antiemazipatorische Grundsätze, patriarchalische und archaische Strukturen, Ansätze von Paralleljustiz. All dies gehört nicht zum Wertekanon des Mainstreams und wird für gewöhnlich politisch geächtet und gesellschaftlich bekämpft.

Der Verweis auf das GG ist hier ebenso ein Feigenblatt wie der Verweis auf " Vielfalt ". Beides wird entgegen seinem Sinn instrumentalisiert, ohne es inhaltlich zu internalisieren, um unter dem jeweiligen begrifflichen Deckmantel die Infrastruktur völlig konträrer Werte aufzubauen.

Aber, wer nie seine Freiheit erkämpfen oder verteidigen musste, der wird wohlbehütet und saturiert den Verlust von Freiheit erst dann registrieren, wenn das Mittelalter sich reetabliert hat.

Gut Nächtle, Deutschland !
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

schelm hat geschrieben:(17 May 2017, 11:06)

Ergänzung :

Was die Integrationsbeauftrage meint:



schokoschendrezki hat geschrieben:


Nein, natürlich nicht. Das ist perfide, das trifft es besser. Sie instrumentalisiert Vielfalt im Brauchtum und Temperament, um eine Wertevielfalt zu suggerieren, die es leider real durch anspruchslose Massenmigration gibt, die allerdings kein Bestandteil von wünschenswerter Vielfalt innerhalb unseres Landes sein darf, um im Schatten dieser Vielfalt an Brauchtum die Vielfalt konträrer Wertvorstellungen anzudocken.

Unsere Vielfalt bezieht sich auf Temperament, unterschiedliche ethnische Hintergründe und unterschiedliche lokale Bräuche, nicht auf eine Vielfalt unterschiedlicher grundsätzlicher Wertvorstellungen gegenüber individuellen Rechten, Gruppenzwängen, Clandenken, religiöse Überhöhung gepaart mit gesellschaftlichen Kontrollansprüchen, antiemazipatorische Grundsätze, patriarchalische und archaische Strukturen, Ansätze von Paralleljustiz. All dies gehört nicht zum Wertekanon des Mainstreams und wird für gewöhnlich politisch geächtet und gesellschaftlich bekämpft.
"Die Verfassungsnormen des Grundgesetzes liefern den Ordnungsrahmen für das Zusammenleben der Bürger. Innerhalb dieses Rahmens haben wir die Grundfreiheiten, nach der eigenen Fasson glücklich zu werden. Da darf es keine Rolle spielen, wer was glaubt, liest, hört oder anzieht. Kulturelle Regeln sind nicht ohne Grund ungeschrieben. Sie unterliegen einem steten Wandel, einer permanenten Aushandlung. Fragen Sie mal Frauen, Mütter, Jugendliche, Homosexuelle oder Menschen mit Behinderungen, was sie von einer rechtlichen Konservierung einer Leitkultur der 1950er Jahre halten würden! "
Perfide ist, der Özoguz Aussagen unterzujubeln. Perfide ist, zu unterstellen, Özoguz wolle "Gruppenzwängen, Clandenken, religiöse Überhöhung gepaart mit gesellschaftlichen Kontrollansprüchen, antiemazipatorische Grundsätze, patriarchalische und archaische Strukturen, Ansätze von Paralleljustiz" als gleichberechtigten Teil von Vielfalt zur Geltung verhelfen. Perfide ist nicht der Debattenbeitrag Özoguz', perfide ist schelms Hetze.
Der Verweis auf das GG ist hier ebenso ein Feigenblatt wie der Verweis auf " Vielfalt ". Beides wird entgegen seinem Sinn instrumentalisiert, ohne es inhaltlich zu internalisieren, um unter dem jeweiligen begrifflichen Deckmantel die Infrastruktur völlig konträrer Werte aufzubauen.

Aber, wer nie seine Freiheit erkämpfen oder verteidigen musste, der wird wohlbehütet und saturiert den Verlust von Freiheit erst dann registrieren, wenn das Mittelalter sich reetabliert hat.

Gut Nächtle, Deutschland !
"Natürlich bleibt die Frage, wie wir Vielfalt gestalten und ein gemeinsames Wir schaffen. Diese Frage betrifft alle, die hier leben. Mein Vorschlag: Ein Gesellschaftsvertrag mit den Werten des Grundgesetzes als Fundament und gleichen Chancen auf Teilhabe als Ziel. ... Genauso erwarten wir aber auch von jeder und jedem die klar erkennbare Anstrengung, teilhaben zu wollen und sich einzubringen. So betrachtet müssen wir uns dann nicht über eine kulturelle, sondern über eine politische Handlungslinie verständigen."
https://causa.tagesspiegel.de/gesellsch ... seins.html

Es wird Zeit, gegen die von Özoguz geforderte Restaurierung des Mittelalters vorzugehen. Gegen diesen Wahnsinn eines "Gesellschaftsvertrages mit den Werten des Grundgesetzes als Fundament und gleichen Chancen auf Teilhabe als Ziel" muss sich gewehrt werden. Holt die Forken, entzündet die Fackeln - stürmen wir das Parlament.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

schelm hat geschrieben:(17 May 2017, 11:06)
Nein, natürlich nicht. Das ist perfide, das trifft es besser. Sie instrumentalisiert Vielfalt im Brauchtum und Temperament, um eine Wertevielfalt zu suggerieren, die es leider real durch anspruchslose Massenmigration gibt, die allerdings kein Bestandteil von wünschenswerter Vielfalt innerhalb unseres Landes sein darf, um im Schatten dieser Vielfalt an Brauchtum die Vielfalt konträrer Wertvorstellungen anzudocken.

Unsere Vielfalt bezieht sich auf Temperament, unterschiedliche ethnische Hintergründe und unterschiedliche lokale Bräuche, nicht auf eine Vielfalt unterschiedlicher grundsätzlicher Wertvorstellungen gegenüber individuellen Rechten, Gruppenzwängen, Clandenken, religiöse Überhöhung gepaart mit gesellschaftlichen Kontrollansprüchen, antiemazipatorische Grundsätze, patriarchalische und archaische Strukturen, Ansätze von Paralleljustiz. All dies gehört nicht zum Wertekanon des Mainstreams und wird für gewöhnlich politisch geächtet und gesellschaftlich bekämpft.
Also mal ehrlich. War in dem Beitrag irgendetwas von Gruppenzwängen, Clandenken oder religiösen Überhöhungen zu lesen?

Die Debatte um Leitkultur polarisiert so sehr, dass man die angefeindete Gegenmeinung schon automatisch hineinnprojiziert, nur um sich über diese selbstgenerierte Position aufzuregen.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schelm »

Unité 1 hat geschrieben:(17 May 2017, 11:26)

"Die Verfassungsnormen des Grundgesetzes liefern den Ordnungsrahmen für das Zusammenleben der Bürger. Innerhalb dieses Rahmens haben wir die Grundfreiheiten, nach der eigenen Fasson glücklich zu werden. Da darf es keine Rolle spielen, wer was glaubt, liest, hört oder anzieht. Kulturelle Regeln sind nicht ohne Grund ungeschrieben. Sie unterliegen einem steten Wandel, einer permanenten Aushandlung. Fragen Sie mal Frauen, Mütter, Jugendliche, Homosexuelle oder Menschen mit Behinderungen, was sie von einer rechtlichen Konservierung einer Leitkultur der 1950er Jahre halten würden! "
Perfide ist, der Özoguz Aussagen unterzujubeln. Perfide ist, zu unterstellen, Özoguz wolle "Gruppenzwängen, Clandenken, religiöse Überhöhung gepaart mit gesellschaftlichen Kontrollansprüchen, antiemazipatorische Grundsätze, patriarchalische und archaische Strukturen, Ansätze von Paralleljustiz" als gleichberechtigten Teil von Vielfalt zur Geltung verhelfen. Perfide ist nicht der Debattenbeitrag Özoguz', perfide ist schelms Hetze.


"Natürlich bleibt die Frage, wie wir Vielfalt gestalten und ein gemeinsames Wir schaffen. Diese Frage betrifft alle, die hier leben. Mein Vorschlag: Ein Gesellschaftsvertrag mit den Werten des Grundgesetzes als Fundament und gleichen Chancen auf Teilhabe als Ziel. ... Genauso erwarten wir aber auch von jeder und jedem die klar erkennbare Anstrengung, teilhaben zu wollen und sich einzubringen. So betrachtet müssen wir uns dann nicht über eine kulturelle, sondern über eine politische Handlungslinie verständigen."
https://causa.tagesspiegel.de/gesellsch ... seins.html

Es wird Zeit, gegen die von Özoguz geforderte Restaurierung des Mittelalters vorzugehen. Gegen diesen Wahnsinn eines "Gesellschaftsvertrages mit den Werten des Grundgesetzes als Fundament und gleichen Chancen auf Teilhabe als Ziel" muss sich gewehrt werden. Holt die Forken, entzündet die Fackeln - stürmen wir das Parlament.
Nein, natürlich nicht. Man mus, um die Aussagen dieser Frau zu beurteilen, sowohl ihre bisherigen Ergüsse im Kontext mit einbeziehen ( bspw. ihr letztes Strategiepapier ), als auch der eingänglichen Headline zum Thema Leitkultur / Integration.

Höcke, der völlig unnötig einen Schwerpunkt eröffnete, um eine Debatte über unsere Erinnerungskultur zu entfachen, vermutlich deshalb, weil er aus ihr irrationale Entscheidungen in der Gegenwart zu erkennen glaubt, wurde dafür regelrecht zerrissen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierng darf hier hingegen ohne gesellschaftspolitischen Aufschrei bei der Annäherung an das Thema Integration / Leitkultur diesem Land vorweg eine gemeinsame Kultur außerhalb der Sprache absprechen ! Das ist ein direkter Angriff auf die Grundfeste dieses Landes, ein unglaublich impertinenter Vorgang, ein beispielloser Vorgang, der entsprechend gewürdigt gehört.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Unité 1 hat geschrieben:(17 May 2017, 11:26)
Perfide ist, der Özoguz Aussagen unterzujubeln. Perfide ist, zu unterstellen, Özoguz wolle "Gruppenzwängen, Clandenken, religiöse Überhöhung gepaart mit gesellschaftlichen Kontrollansprüchen, antiemazipatorische Grundsätze, patriarchalische und archaische Strukturen, Ansätze von Paralleljustiz" als gleichberechtigten Teil von Vielfalt zur Geltung verhelfen. Perfide ist nicht der Debattenbeitrag Özoguz', perfide ist schelms Hetze.
Ja, diese Entgegnung steht jetzt doppelt da. Weils Deinen Beitrag noch nicht gab, als ich meinen geschrieben habe. Zeigt aber auch irgendwie, dass der Kritik-Ansatz ziemlich offensichtlich ist.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Ein Terraner »

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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schelm »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 May 2017, 11:47)

Also mal ehrlich. War in dem Beitrag irgendetwas von Gruppenzwängen, Clandenken oder religiösen Überhöhungen zu lesen?

Die Debatte um Leitkultur polarisiert so sehr, dass man die angefeindete Gegenmeinung schon automatisch hineinnprojiziert, nur um sich über diese selbstgenerierte Position aufzuregen.
Wenn die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ihre Prioritäten in ihren öffentlichen Statements genau andersrum setzt, nämlich die eben von dir aufgezählten Punkte zum Schwerpunkt ihrer Arbeit und Äußerungen macht, sie also unermüdlich benennt und Ideen zu deren Problemlösung ausbreitet, kann sie Vertrauen gewinnen. Das tut sie aber nicht. Sie legt den Schwerpunkt auf die Etablierung beliebiger Diversität, ohne Idee und ohne Konzept deren Probleme wirksam und nachhaltig anzugehen. Eine solche Integrationsbeauftragte, die also nicht einmal erkennt, worin integriert werden soll, ist der sprichwörtliche Bock, der hier zum Gärtner gemacht wurde. Da gibt es nichts zu beschönigen.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

schelm hat geschrieben:(17 May 2017, 11:49)
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierng darf hier hingegen ohne gesellschaftspolitischen Aufschrei bei der Annäherung an das Thema Integration / Leitkultur diesem Land vorweg eine gemeinsame Kultur außerhalb der Sprache absprechen ! Das ist ein direkter Angriff auf die Grundfeste dieses Landes, ein unglaublich impertinenter Vorgang, ein beispielloser Vorgang, der entsprechend gewürdigt gehört.
Schon wieder eine Unterstellung. Von einer "gemeinsamen Kultur" ist gar keine Rede. Sondern von einer "speziifisch deutschen Kultur jenseits der Sprache". Richtig. Franzosen, Russen, Tschechen haben ebenso Romane geschrieben, Opern komponiert, wissenschaftliche Entdeckungen gemacht, Formen von Höflichkeit und Anstand entwickelt.

Und in dem JF-Artikel fehlt (wen wunderts) auch der entscheidende letzte Abschnitt des originalen Tagesspiegel-Beitrags. Ich ergänze mal:
Die Verfassungsnormen des Grundgesetzes liefern den Ordnungsrahmen für das Zusammenleben der Bürger. Innerhalb dieses Rahmens haben wir die Grundfreiheiten, nach der eigenen Fasson glücklich zu werden. Da darf es keine Rolle spielen, wer was glaubt, liest, hört oder anzieht. Kulturelle Regeln sind nicht ohne Grund ungeschrieben. Sie unterliegen einem steten Wandel, einer permanenten Aushandlung. Fragen Sie mal Frauen, Mütter, Jugendliche, Homosexuelle oder Menschen mit Behinderungen, was sie von einer rechtlichen Konservierung einer Leitkultur der 1950er Jahre halten würden!
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

schelm hat geschrieben:(17 May 2017, 11:49)

Nein, natürlich nicht. Man mus, um die Aussagen dieser Frau zu beurteilen, sowohl ihre bisherigen Ergüsse im Kontext mit einbeziehen ( bspw. ihr letztes Strategiepapier ), als auch der eingänglichen Headline zum Thema Leitkultur / Integration.
Gesellschaftsverträge sind so 18.Jahrhundert, meinst du? Oder willst du durch Leerverweise (schau mal da oder dort oder auch nicht ist doch egal ist offensichtlich denke doch mal alleine nach usw.) eingestehen, dir deine Unterstellung nur ausgedacht zu haben. Das ist sehr schön.
Höcke, der völlig unnötig einen Schwerpunkt eröffnete, um eine Debatte über unsere Erinnerungskultur zu entfachen, vermutlich deshalb, weil er aus ihr irrationale Entscheidungen in der Gegenwart zu erkennen glaubt, wurde dafür regelrecht zerrissen.
Bist du eigentlich als Neualtthüringer mit dem Bernd schon auf du? Dass du Özoguz mit Höcke auf eine Stufe stellst (Höcke thematisiere das gleiche wie Özoguz - nur von der anderen Seite aus.) , verdeutlicht den gewollt perfiden Ansatz deiner Beiträge: nämlich zu verleumden sowie en passant Höcke eine mittetaugliche Position zu unterstellen.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierng darf hier hingegen ohne gesellschaftspolitischen Aufschrei bei der Annäherung an das Thema Integration / Leitkultur diesem Land vorweg eine gemeinsame Kultur außerhalb der Sprache absprechen !
Das ist ein direkter Angriff auf die Grundfeste dieses Landes, ein unglaublich impertinenter Vorgang, ein beispielloser Vorgang, der entsprechend gewürdigt gehört.
Ja, es ist furchtbar und mindestens Weimar '32, wenn die Integrationsbeauftragte ihre Meinung öffentlich und pointiert äußert. Eine Meinung, die nachvollziehbar ist für jeden, der keine 180°-Erinnerungskulturwenden braucht. Preisfrage schelm: Warum ist in Deutschland der Föderalismus so stark verankert, wenn es doch nur eine Nationalkultur gebe?
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 May 2017, 11:50)

Ja, diese Entgegnung steht jetzt doppelt da. Weils Deinen Beitrag noch nicht gab, als ich meinen geschrieben habe. Zeigt aber auch irgendwie, dass der Kritik-Ansatz ziemlich offensichtlich ist.
Du schreibst aber langsam. :p Scherz, mir ist schon klar, dass du nur den Tab so lange aufhattest.
Und ja, schelm war auch schon mal subtiler vorgegangen. Es sagt allerdings auch eine Menge aus, wenn auf Lügen und Unterstellungen zurückgegriffen wird: Hilflosigkeit den Argumenten gegenüber.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schelm »

schokoschendrezki hat geschrieben:
" Die Verfassungsnormen des Grundgesetzes liefern den Ordnungsrahmen für das Zusammenleben der Bürger. Innerhalb dieses Rahmens haben wir die Grundfreiheiten, nach der eigenen Fasson glücklich zu werden. Da darf es keine Rolle spielen, wer was glaubt, liest, hört oder anzieht. Kulturelle Regeln sind nicht ohne Grund ungeschrieben. Sie unterliegen einem steten Wandel, einer permanenten Aushandlung. Fragen Sie mal Frauen, Mütter, Jugendliche, Homosexuelle oder Menschen mit Behinderungen, was sie von einer rechtlichen Konservierung einer Leitkultur der 1950er Jahre halten würden! "
Darauf ging ich ein. Vielfalt und Verfassung werden von dieser Schwester eines Islamisten instrumentalisiert. Integration auf Basis des GG müsste bedeuten, sich bspw. hinter das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu stellen, individuelle Religionsfreiheit und vor allem Religionsmündigkeit zu respektieren, so wie an der progressiven Weiterentwicklung der Gesellschaft mitzuarbeiten, hier bei der Stärkung von Kinderrechten, anstatt den Rückfall in archaische Denkmuster über den Missbrauch des Begriffes " Vielfalt " als Bestandteil kultureller Diversität zu rechtfertigen. Statt dessen wird durch diese Art von " Vielfalt " unser zivilisatorische Status ausgehebelt, konterkariert !


Weitere Punkte wären bspw. Vielehe, Ehe mit Minderjährigen oder Tierschutz. Welche Impulse setzt hier die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ? Mir scheint vielmehr, sie versteht ihren Job tatsächlich so, die Mehrheitsgesellschaft in die tradierten, vorsintflutlichen Befindlichkeiten ihres Klientels zu integrieren.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Unité 1 »

schelm hat geschrieben:(17 May 2017, 11:58)

Wenn die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ihre Prioritäten in ihren öffentlichen Statements genau andersrum setzt, nämlich die eben von dir aufgezählten Punkte zum Schwerpunkt ihrer Arbeit und Äußerungen macht, sie also unermüdlich benennt und Ideen zu deren Problemlösung ausbreitet, kann sie Vertrauen gewinnen. Das tut sie aber nicht.
Du hast doch selbst schon ihr Strategiepapier genannt. Allerdings, lass mich raten, bist du gezwungen es abzulehnen, weil Özoguz darin fordert, dass auch die Deutschen Bereitschaft zur Veränderung zeigen müssen. Was jedoch nicht vertritt,
Sie legt den Schwerpunkt auf die Etablierung beliebiger Diversität, ohne Idee und ohne Konzept deren Probleme wirksam und nachhaltig anzugehen.
ist diese Position. Das hast du dir ausgedacht und wiederholst es nun in Dauerschleife, die, das steht zu befürchten, so schnell kein Ende finden wird. Seit wann lässt ein schelm auch von Fakten beeindrucken.
Eine solche Integrationsbeauftragte, die also nicht einmal erkennt, worin integriert werden soll, ist der sprichwörtliche Bock, der hier zum Gärtner gemacht wurde. Da gibt es nichts zu beschönigen.
In eine Gesellschaft, die bereits von mehreren Kulturen geprägt ist und sich nicht auf Kuckucksuhren beschränkt. Das wird Özoguz schon wissen, immerhin hat sie im Tagesspiegel das ja formuliert. "Die Verfassungsnormen des Grundgesetzes liefern den Ordnungsrahmen für das Zusammenleben der Bürger. Innerhalb dieses Rahmens haben wir die Grundfreiheiten, nach der eigenen Fasson glücklich zu werden."

Lass dir was besseres einfallen.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schelm »

Unité 1 hat geschrieben:(17 May 2017, 12:06)

Gesellschaftsverträge sind so 18.Jahrhundert, meinst du? Oder willst du durch Leerverweise (schau mal da oder dort oder auch nicht ist doch egal ist offensichtlich denke doch mal alleine nach usw.) eingestehen, dir deine Unterstellung nur ausgedacht zu haben. Das ist sehr schön.
Wer sind denn die Vertragspartner ? Ich gehöre jedenfalls nicht dazu. Ich fordere die Bereitschaft von Zuwanderern sich in die bestehende Gesellschaft zu integrieren. Das haben die Hugenotten geschafft, die Polen, die Spanier, die Griechen... ohne einen " Gesellschaftsvertrag ". Das bedeutet vor allem, Befindlichkeiten, sollten sie übertragen auf Dritte Individualrechte beschneiden ( ... ) nur für sich privat geltend zu machen. Dafür bedarf es keines Vertrages, dies muss Voraussetzung sein, um hier überhaupt eingebürgert zu werden.
Bist du eigentlich als Neualtthüringer mit dem Bernd schon auf du? Dass du Özoguz mit Höcke auf eine Stufe stellst (Höcke thematisiere das gleiche wie Özoguz - nur von der anderen Seite aus.) , verdeutlicht den gewollt perfiden Ansatz deiner Beiträge: nämlich zu verleumden sowie en passant Höcke eine mittetaugliche Position zu unterstellen.
Das ist sachlich falsch. Ich habe hingegen nur die unterschiedlichen gesellschaftlichen Reaktionen auf provokative Äußerungen gegenüber gestellt.
Warum ist in Deutschland der Föderalismus so stark verankert, wenn es doch nur eine Nationalkultur gebe?
Wieder eine der sehr durchschaubaren Fangfragen. Ihnen allen ist gemein der Zirkelschluss auf Basis fixer Prämissen und dem Anspruch der Deutungshoheit über " Vielfalt " und den Kulturbegriff. Darauf ging ich bereits ein. Kultur reduziert sich eben nicht auf unterschiedliche Temperamente, Mentalitäten, Ethnien und Brauchtum, sondern das Verbindende auch in einer föderalen Struktur ist jene Kultur, die dieses Land als Ganzes zu einem der weltweit erfolgreichsten Länder gemacht hat.

Klar, die Integrationsbeauftragte und ihre geistigen Follower glauben vermutlich, dies sei vom Himmel gefallen, Zufall oder sogar das Ergebnis von Diversität in den Zielvorstellungen, wo diese Gesellschaft hin will, und dafür braucht es keine gemeinsame Sozialisierung, Werteakzeptanz und Strukturen, die prinzipiell wie die Rädchen in einem Getriebe ineinandergreifen, damit im Ergebnis das entsteht, dessen Voraussetzungen man dann später leugnen kann.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

schelm hat geschrieben:(17 May 2017, 12:16)

schokoschendrezki hat geschrieben:


Darauf ging ich ein. Vielfalt und Verfassung werden von dieser Schwester eines Islamisten instrumentalisiert.
Und? Gehört Sippenhaft auch zur deutschen Leitkultur?
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