Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

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Selina
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Dec 2016, 06:45)

Ich weiß. Der ist für mich auch nicht "unabhängiger Beobachter" sondern vielmehr Kronzeuge für die Motive und Antriebe, aus denen heraus Bewegungen wie Pegida und AfD stark geworden sind. Und diese Motive sind eben nicht Gegenreaktion auf "Genderwahn".
Damit hast du natürlich recht. Mal unabhängig davon, dass ich den Patzelt nicht ausstehen kann. Das aber ist einfach mein sehr subjektives Empfinden :D
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Sabine99
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Sabine99 »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2016, 18:41)

Ich habe nie etwas anderes behauptet.
Menschen die einer gemeinsamen/der gleichen Kultur angeören, identifizieren sich mit dieser (ihrer) Kultur. Punkt!
Dazu sollte man allerdings wissen, wie der Kulturbegiff definiert ist,den auch entsprechend gebrauchen (können) sich keinen eigenen zusammenbasteln - alá "es gibt einen Kosmos von Kulturen". Das ist nämlich ausgemachter Blödsinn.

Genau : " Du hast behauptet ".
Mittlerweile hat der Begriff " Kultur ", aber eine Bedeutungserweiterung erfahren.
Letzteres zeigt sich schon daran, dass ''Kultur'' zu einem idiomatischen Bestandteil zahlloser Komposita geworden ist – wie Alltagskultur, Diskussionskultur, Esskultur, Fankultur, Firmenkultur, Fußballkultur, Musikkultur, Populärkultur, Subkultur und vieler weiterer Zusammensetzungen (z.B. Kulturlandschaft, Kulturtechniken, politische Kultur). Eben ein " Kosmos aus Kulturen ".

Du definierst diesen Befriff aber immer auf der Ebene der Geistes- und Sozialwissenschaften.
In allen ,deinen Beiträgen fällt immer explizit auf, das Du nicht diskutieren möchtest, sondern feststellen willst. Dabei mißachtest Du bewusst oder auf Grund intellektueller Defizite, immer, das Definitionen sich im Laufe der Zeit, veränderten oder neu definiert wurden.
Der User " harry " hat pragmatisch und zielorientiert erklärt, das der Begriff " Kultur " nicht eingrenzbar ist.

Würdest Du dein Bildungsniveau nicht nur vortäuschen, wüsstest Du, das der Begriff " Kultur " , lateinisch " colere ", "cultura" bzw. "cultus", aus der Landwirtschaft stammt.
Nämlich den Landbau, Anbau, die Bebauung und die Pflege und Veredlung von Ackerboden definiert.

Deine narzistisch, geprägte Art, hier User zu belehren, ist aber denoch ziemlich amüsant. :thumbup:
Nachdem wir also den Begriff " Kultur " endlich zielorientiert definiert haben, können wir ja jetzt über die Landwirtschaft diskutieren. :D
Also, ich bin dabei. :thumbup:
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Dark Angel
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Sabine99 hat geschrieben:(17 Dec 2016, 14:29)

Genau : " Du hast behauptet ".
Mittlerweile hat der Begriff " Kultur ", aber eine Bedeutungserweiterung erfahren.
Letzteres zeigt sich schon daran, dass ''Kultur'' zu einem idiomatischen Bestandteil zahlloser Komposita geworden ist – wie Alltagskultur, Diskussionskultur, Esskultur, Fankultur, Firmenkultur, Fußballkultur, Musikkultur, Populärkultur, Subkultur und vieler weiterer Zusammensetzungen (z.B. Kulturlandschaft, Kulturtechniken, politische Kultur). Eben ein " Kosmos aus Kulturen ".
Nein - mittlerweile hat der Begriff "Kultur" keine "Bedeutungserweiterung" erfahren.
Was du fälschlicherweise als "Bedeutungserweiterung" bezeichnest, ist eine Einengung des Kulturbegriffs, auf einzelne (kleine) Teile des Gesamtbegriffs.
Deine Aufzählung ist mitnichten "ein Kosmos von Kulturen" oder "zahlloser Komposita", sondern lediglich eine Aufzählung dessen, was Kultur beinhaltet.
Sabine99 hat geschrieben:(17 Dec 2016, 14:29)Du definierst diesen Befriff aber immer auf der Ebene der Geistes- und Sozialwissenschaften.
Es gibt keine Definition des Kulturbegriffs in den Geistes- und Sozialwissenschaften - es gibt nur eine Definition des Kulturbegriffs und der stammt aus der Anthropologie und bezeichnet Kultur als Gegenstück zur Natur - nämlich als alles was vom Menschen, im Verlauf seiner Geschichte geschaffen wurde.
Und in genau diesem Sinn verwende ich ihn auch.
Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften verwenden den Kulturbegriff in eingerenzter Form und nicht in seiner Gesamtheit.
Sabine99 hat geschrieben:(17 Dec 2016, 14:29)In allen ,deinen Beiträgen fällt immer explizit auf, das Du nicht diskutieren möchtest, sondern feststellen willst. Dabei mißachtest Du bewusst oder auf Grund intellektueller Defizite, immer, das Definitionen sich im Laufe der Zeit, veränderten oder neu definiert wurden.
Der User " harry " hat pragmatisch und zielorientiert erklärt, das der Begriff " Kultur " nicht eingrenzbar ist.
User Harry hat den Begriff eingegrenzt - er hat ihn sogar bis zur Unkenntlichkeit "zerstückelt" indem er behauptet hat, es gäbe keine gemeinsame Kultur (du übrigens auch), weil sich ja jeder Mensch mit etwas anderem identifizieren würde und es dadurch auch keine Gemeinsamkeiten geben könnte, hat dabei allerdings ignoriert, dass alles was er aufgezählt hat, womit sich die unterschiedlichsten Menschen identifzieren unsere gemeinsame Kultur ausmacht, zu unserer gemeinsamen Kultur gehört.
Ich habe Kultur nicht eingegrenzt - im Gegenteil, ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Kultur das Komplexe Ganze ist, alle Fähigkeiten und Gewohnheiten, die Menschen als Mitgleider einer Gemeinschaft/Gesellschaft durch soziales Lernen erwerben.
Sabine99 hat geschrieben:(17 Dec 2016, 14:29)
Würdest Du dein Bildungsniveau nicht nur vortäuschen, wüsstest Du, das der Begriff " Kultur " , lateinisch " colere ", "cultura" bzw. "cultus", aus der Landwirtschaft stammt.
Nämlich den Landbau, Anbau, die Bebauung und die Pflege und Veredlung von Ackerboden definiert.
Ach nee - und was ist das anders als "das was Menschen geschaffen haben - das "Komplexe Ganze" von dem ich die ganze Zeit spreche?
Nur weil ich nicht bei Wikipedia abgeschrieben haben (wie das offensichtlich nötig hast), bedeutet das nicht, dass ich die Herkunft des Begriffes nicht kennen bzw nicht wissen würde woraus er abgeleitet wird.
Nur die Herkunft/Ableitung eines Begriffes ist nicht gleichbedeutend mit dessen Definition und Verwendung.

Sabine99 hat geschrieben:(17 Dec 2016, 14:29)Deine narzistisch, geprägte Art, hier User zu belehren, ist aber denoch ziemlich amüsant. :thumbup:
Nachdem wir also den Begriff " Kultur " endlich zielorientiert definiert haben, können wir ja jetzt über die Landwirtschaft diskutieren. :D
Also, ich bin dabei. :thumbup:
Aua - das tut jetzt echt weh!
Nun gut- damit hast du dich endgültig ins Abseits geschossen.
Auf alle Fälle hast du mehr als deutlich gezeigt, dass du schlicht keine Ahnung - aber wirklich absolut keine Ahnung - hast, was Kultur bedeutet.
Wenn du schon die die Herleitung des Begriffes Kultur bei Wikipedia abschreiben musst und das auch noch falsch, dann hättest du auch weiterlesen sollen undhättest dir diese Blamage erspart.
Aber was will man von jemanden erwarten, der auf argumentum ad personam ausweichen muss, weil er über keine sachlichen bzw inhaltlichen Argumente verfügt.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Selina
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

So richtig interessant finde ich die Kultur-Begriffs-Streitereien eigentlich nicht. Dabei ist das anfangs aufgeworfene Thema doch eigentlich sehr interessant. Vielleicht könnten wir dahin zurückfinden. Da würden sich dann auch sicher andere User wieder gerne beteiligen.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(17 Dec 2016, 22:33)

So richtig interessant finde ich die Kultur-Begriffs-Streitereien eigentlich nicht. Dabei ist das anfangs aufgeworfene Thema doch eigentlich sehr interessant. Vielleicht könnten wir dahin zurückfinden. Da würden sich dann auch sicher andere User wieder gerne beteiligen.
Die Kultur, der man angehört/in die man hiningeboren wurde, hat aber was mit Identitätsentwicklung zu tun - sozialer Identität, auch wenn es sich nur um so scheinbar simple Sachen wie Essgewohnheiten oder weiterführen bestimmter Handarbeitstraditionen (oder Wiederentdecken solcher Traditionen) sind. ;)
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Sabine99
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Sabine99 »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Dec 2016, 20:07)

Nein - mittlerweile hat der Begriff "Kultur" keine "Bedeutungserweiterung" erfahren.
Was du fälschlicherweise als "Bedeutungserweiterung" bezeichnest, ist eine Einengung des Kulturbegriffs, auf einzelne (kleine) Teile des Gesamtbegriffs.
Deine Aufzählung ist mitnichten "ein Kosmos von Kulturen" oder "zahlloser Komposita", sondern lediglich eine Aufzählung dessen, was Kultur beinhaltet.


Es gibt keine Definition des Kulturbegriffs in den Geistes- und Sozialwissenschaften - es gibt nur eine Definition des Kulturbegriffs und der stammt aus der Anthropologie und bezeichnet Kultur als Gegenstück zur Natur - nämlich als alles was vom Menschen, im Verlauf seiner Geschichte geschaffen wurde.
Und in genau diesem Sinn verwende ich ihn auch.
Sozialwissenschaften und Geisteswissenschaften verwenden den Kulturbegriff in eingerenzter Form und nicht in seiner Gesamtheit.


User Harry hat den Begriff eingegrenzt - er hat ihn sogar bis zur Unkenntlichkeit "zerstückelt" indem er behauptet hat, es gäbe keine gemeinsame Kultur (du übrigens auch), weil sich ja jeder Mensch mit etwas anderem identifizieren würde und es dadurch auch keine Gemeinsamkeiten geben könnte, hat dabei allerdings ignoriert, dass alles was er aufgezählt hat, womit sich die unterschiedlichsten Menschen identifzieren unsere gemeinsame Kultur ausmacht, zu unserer gemeinsamen Kultur gehört.
Ich habe Kultur nicht eingegrenzt - im Gegenteil, ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Kultur das Komplexe Ganze ist, alle Fähigkeiten und Gewohnheiten, die Menschen als Mitgleider einer Gemeinschaft/Gesellschaft durch soziales Lernen erwerben.


Ach nee - und was ist das anders als "das was Menschen geschaffen haben - das "Komplexe Ganze" von dem ich die ganze Zeit spreche?
Nur weil ich nicht bei Wikipedia abgeschrieben haben (wie das offensichtlich nötig hast), bedeutet das nicht, dass ich die Herkunft des Begriffes nicht kennen bzw nicht wissen würde woraus er abgeleitet wird.
Nur die Herkunft/Ableitung eines Begriffes ist nicht gleichbedeutend mit dessen Definition und Verwendung.



Aua - das tut jetzt echt weh!
Nun gut- damit hast du dich endgültig ins Abseits geschossen.
Auf alle Fälle hast du mehr als deutlich gezeigt, dass du schlicht keine Ahnung - aber wirklich absolut keine Ahnung - hast, was Kultur bedeutet.
Wenn du schon die die Herleitung des Begriffes Kultur bei Wikipedia abschreiben musst und das auch noch falsch, dann hättest du auch weiterlesen sollen undhättest dir diese Blamage erspart.
Aber was will man von jemanden erwarten, der auf argumentum ad personam ausweichen muss, weil er über keine sachlichen bzw inhaltlichen Argumente verfügt.

Moin.
Kultur :
- Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als
Ausdruck menschlicher Höherentwicklung
- Gesamtheit der von einer bestimmten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet
- Verfeinerung, Kultiviertheit einer menschlichen Betätigung, Äußerung, Hervorbringung
- Kultiviertheit einer Person
- (Landwirtschaft, Gartenbau) das Kultivieren des Bodens
-(Landwirtschaft, Gartenbau) das Kultivieren
- (Landwirtschaft, Gartenbau, Forstwirtschaft) auf größeren Flächen kultivierte junge Pflanzen
- (Biologie, Medizin) auf geeigneten Nährböden in besonderen Gefäßen gezüchtete Gesamtheit
von Mikroorganismen oder Gewebszellen.

Schon 1952 haben Kroeber und Kluckholm die Vielfalt der Kulturbegriffe definiert.
Weiterhin wird Kultur als die Gesamtheit des menschlichen Wirkens definiert.
Quelle: http://www.madeasy.de/1/kultur.htm

Folgerichtig, definiert Kultur, die Gesamtheit des menschlichen Verhalten. Eben ein Kosmos aus
Kulturen. So vielfaltig, unbestimmbar und nicht eingrenzbar, wie das menschliche Verhalten selbst.
Und das ist auch gut so. :thumbup:
Und bis auf wenige " Schubladendenker " , sieht die intellektuelle und wissenschaftliche Welt, das
genau so.
Der Begriff Kultur (lat. cultura, Landbau), hat also eine Bedeutungserweiterung erfahren.
Aus der ursprünglichen Definition , ergibt sich heute eine Vielzahl von neuen Kuluren.
Und es ist die größte Leistung der Deutschen nach WK 2, ,diese Bedeutungserweiterung im GG
zu manifestieren.
Auf unserem Territorium , dürfen wir jede Art von Kultur pflegen, die wir persönlich bevorzugen.
Solange sie nicht gegen das GG verstößt.
Aktuell leben ca. 82 Millionen Menschen in Deutschland.
82 Millionen Menschen, die eine eigene Auffassung von " menschlichem Verhalten " haben.
Wo definiert sich da eine " Gemeinsamkeit " ?
Eine Schnittmenge von 82 Millionen Kreisen ?
Hö,hö,hö.
Na, denn mal los, Herr Wissenschaftler. ;)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Dec 2016, 14:27)

Die Kultur, der man angehört/in die man hiningeboren wurde, hat aber was mit Identitätsentwicklung zu tun - sozialer Identität, auch wenn es sich nur um so scheinbar simple Sachen wie Essgewohnheiten oder weiterführen bestimmter Handarbeitstraditionen (oder Wiederentdecken solcher Traditionen) sind. ;)
Das ist mir schon klar. Aber erstens haben die Leute nun mal verschiedene Meinungen zum Kulturbegriff und auch verschiedene Erfahrungen. Ich könnte da auch ne Menge anführen, was hier sicher in gar kein Raster passen würde. Und zweitens ist das doch unstrittig, dass Kultur auch mit Identität zu tun hat. Ich sehe das Ganze hier aber eher als einen Meinungsaustausch oder freundlichen Meinungsstreit und nicht als Plattform dafür, dass einer alles weiß ("Lehrer") und die anderen die "Lernenden" sein sollen. Das führt dann irgendwo zu Langeweile. So weit ich mich erinnern kann, ging es hier in diesem Thread doch auch mal darum, warum die einen besonders viel Wert auf Identität und Nationalgefühl legen und warum diese Personen das gerade jetzt so vehement diskutieren und die anderen die Thematik eher nicht als so vorrangig ansehen, weil sie ihre Identität als Deutsche zwar akzeptieren, aber nun auch nicht pausenlos darüber reden müssen, als sei das etwas Besonderes. An dieser Stelle könnten wir doch eigentlich weitermachen. Oder?
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 16:37)

Das ist mir schon klar. Aber erstens haben die Leute nun mal verschiedene Meinungen zum Kulturbegriff und auch verschiedene Erfahrungen. Ich könnte da auch ne Menge anführen, was hier sicher in gar kein Raster passen würde. Und zweitens ist das doch unstrittig, dass Kultur auch mit Identität zu tun hat. Ich sehe das Ganze hier aber eher als einen Meinungsaustausch oder freundlichen Meinungsstreit und nicht als Plattform dafür, dass einer alles weiß ("Lehrer") und die anderen die "Lernenden" sein sollen. Das führt dann irgendwo zu Langeweile. So weit ich mich erinnern kann, ging es hier in diesem Thread doch auch mal darum, warum die einen besonders viel Wert auf Identität und Nationalgefühl legen und warum diese Personen das gerade jetzt so vehement diskutieren und die anderen die Thematik eher nicht als so vorrangig ansehen, weil sie ihre Identität als Deutsche zwar akzeptieren, aber nun auch nicht pausenlos darüber reden müssen, als sei das etwas Besonderes. An dieser Stelle könnten wir doch eigentlich weitermachen. Oder?
Eben weil die "identiäre Bewegung", im Zusammenhang mit Identitätsentwicklung ins Spiel kam, ist es wichtig Kultur als das zu betrachten was sie ist - das "Komplexe Ganze".
Jede Nation - i.S.v. Ethnie - künstliches Staatsgebilde/Nationalstaat hat zur Entstehung beigetragen und daraus ergeben sich sowohl Gemeinsamkeiten (Sprache zB), als auch natioale Besonderheiten. Ich will nicht auf "typisch deutsch" hinaus, das gibt es m.M.n. so nicht, aber "nationale" Besonderheiten, sei das nun Brauchtum, was nur in einer ganz bestimmten Region tradiert wird, von einem bestimmten "Menschenschlag" bestimmte Trachten, Handwerkskunst, Handarbeitstechniken etc, die nur (noch) dort tradiert werden, bzw die in einer bestimmten Region ihren Ursprung haben und sich von dort aus verbreitet haben, die aber auch bei der sozialen Identität eine Rolle spielen.
Zur nationalen Idetität zählen aber auch Errungenschaften, die von Angehörigen dieser Nation erbracht wurden und für die man durchaus Achtung/Respekt empfinden kann.
Ich wollte nicht auf irgendeine sentimentale und/oder reaktionäre Deutschtümelei hinaus. Mit sowas kann ich nichts anfangen.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(18 Dec 2016, 19:44)

Eben weil die "identiäre Bewegung", im Zusammenhang mit Identitätsentwicklung ins Spiel kam, ist es wichtig Kultur als das zu betrachten was sie ist - das "Komplexe Ganze".
Jede Nation - i.S.v. Ethnie - künstliches Staatsgebilde/Nationalstaat hat zur Entstehung beigetragen und daraus ergeben sich sowohl Gemeinsamkeiten (Sprache zB), als auch natioale Besonderheiten. Ich will nicht auf "typisch deutsch" hinaus, das gibt es m.M.n. so nicht, aber "nationale" Besonderheiten, sei das nun Brauchtum, was nur in einer ganz bestimmten Region tradiert wird, von einem bestimmten "Menschenschlag" bestimmte Trachten, Handwerkskunst, Handarbeitstechniken etc, die nur (noch) dort tradiert werden, bzw die in einer bestimmten Region ihren Ursprung haben und sich von dort aus verbreitet haben, die aber auch bei der sozialen Identität eine Rolle spielen.
Zur nationalen Idetität zählen aber auch Errungenschaften, die von Angehörigen dieser Nation erbracht wurden und für die man durchaus Achtung/Respekt empfinden kann.
Ich wollte nicht auf irgendeine sentimentale und/oder reaktionäre Deutschtümelei hinaus. Mit sowas kann ich nichts anfangen.
Ja, aber da gibts doch keinen Dissens eigentlich.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 20:03)

Ja, aber da gibts doch keinen Dissens eigentlich.
Wenn es eigentlich keinen Dissenz gibt, warum wird dann bei der bloßen Erwähung von "Nationaler Identität" i.S.v. Ethnie, wie bei einem unbedingtem (Beiß)Reflex, die Nazikeule geschwungen und räächts, räächts - "neuräächts" geschwungen?
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Dec 2016, 11:53)

Wenn es eigentlich keinen Dissenz gibt, warum wird dann bei der bloßen Erwähung von "Nationaler Identität" i.S.v. Ethnie, wie bei einem unbedingtem (Beiß)Reflex, die Nazikeule geschwungen und räächts, räächts - "neuräächts" geschwungen?
Weil jede theoretische Diskussion in einem konkreten Umfeld, einer konkreten aktuell-politischen Situation stattfindet. Und da finde ich das übermäßige Betonen der "deutschen Identität" gerade in einer Zeit, wo es eine sehr starke gesellschaftliche Polarisierung gibt, nicht so günstig. Zumal eine der beiden größeren Gruppen eben mit solchen Begriffen wie "Ethnie", "Ethnopluralismus", "Volk", "Nation" und "nationale Identität" täglich gerne Punkte sammeln möchte. Mir ist einfach ein etwas weniger lautes "Nationalgefühl" angenehmer.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Sabine99 hat geschrieben:(18 Dec 2016, 15:07)

Moin.
Kultur :
- Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als
Ausdruck menschlicher Höherentwicklung
- Gesamtheit der von einer bestimmten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet
- Verfeinerung, Kultiviertheit einer menschlichen Betätigung, Äußerung, Hervorbringung
- Kultiviertheit einer Person
- (Landwirtschaft, Gartenbau) das Kultivieren des Bodens
-(Landwirtschaft, Gartenbau) das Kultivieren
- (Landwirtschaft, Gartenbau, Forstwirtschaft) auf größeren Flächen kultivierte junge Pflanzen
- (Biologie, Medizin) auf geeigneten Nährböden in besonderen Gefäßen gezüchtete Gesamtheit
von Mikroorganismen oder Gewebszellen.

Schon 1952 haben Kroeber und Kluckholm die Vielfalt der Kulturbegriffe definiert.
Weiterhin wird Kultur als die Gesamtheit des menschlichen Wirkens definiert.
Quelle: http://www.madeasy.de/1/kultur.htm

Folgerichtig, definiert Kultur, die Gesamtheit des menschlichen Verhalten. Eben ein Kosmos aus
Kulturen. So vielfaltig, unbestimmbar und nicht eingrenzbar, wie das menschliche Verhalten selbst.
Und das ist auch gut so. :thumbup:
Und bis auf wenige " Schubladendenker " , sieht die intellektuelle und wissenschaftliche Welt, das
genau so.
Der Begriff Kultur (lat. cultura, Landbau), hat also eine Bedeutungserweiterung erfahren.
Aus der ursprünglichen Definition , ergibt sich heute eine Vielzahl von neuen Kuluren.
Und es ist die größte Leistung der Deutschen nach WK 2, ,diese Bedeutungserweiterung im GG
zu manifestieren.
Auf unserem Territorium , dürfen wir jede Art von Kultur pflegen, die wir persönlich bevorzugen.
Solange sie nicht gegen das GG verstößt.
Aktuell leben ca. 82 Millionen Menschen in Deutschland.
82 Millionen Menschen, die eine eigene Auffassung von " menschlichem Verhalten " haben.
Wo definiert sich da eine " Gemeinsamkeit " ?
Eine Schnittmenge von 82 Millionen Kreisen ?
Hö,hö,hö.
Na, denn mal los, Herr Wissenschaftler. ;)
Haste aber fein abgeschrieben. :D
Interessant auch, dass du dich ausgerechnet auf die Kulturrelativisten Kroeber und Kluckhohn (nicht Kluckholm) beziehst, die den Kulturbegriff in der Tradition von Boas und der "Kulturkreislehre" eines Leo Frobenius normativ = wertend verwenden.
Wenn man schon versucht, anderen "Fehler" in der Verwendung des "Kulturbegriffes" nachzuweisen, sollte man allerdings zwischen deskriptiv und normativ unterscheiden können, was du ganz offensichtlich nicht kannst.
Ich verwende den Begriff "Kultur" ausschließlich deskritiv, also ohne jede Wertung.
Und wer versucht, anderen Fehler in der Verwendung des "Kulturbegriffes" nachzuweisen, sollte darüber hinaus auch wissen, dass die "Kulturkreislehre" eines Leo Frobenius - in dessen Tradition sich Kroeber und Kluckhohn befinden, inzwischen widerlegt ist und der Kulturrelativismus (dessen Verfechter Kroeber und Kluckhohn sind) dahingehend in der Kritik steht, weil er a) in sich widersprüchlich ist, da seine Prinzipien eine Norm innerhalb einer Kultur darstellen und somit keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben kann, b) sich aus diesem Grund selbst ad absurdum führt. Der Kulturrelativismus wurde inzwischen von der Anthropologie und Ethnologie verworfen. Verworfen bedeutet nichts weiter als widerlegt.
Und damit kannst du dir Kroeber/Kluckhohn und deren "Definition des Kuturbegriffes" dahin schieben, wo die Sonne nicht hinscheint.

Dementsprechend geht es bei dem Begriff Kultur auch nicht um menschliches Verhalten/Verhaltensnormen, sondern um erworbene Fähigkeiten und Gewohnheiten.
Fähigkeiten und Gewohnheiten sind nicht gleichbedeutend mit Verhaltensweisen!
Noch ein Unterschied, den du zu erkennen nicht in der Lage bist.

Der Begriff Kultur für das "Komplexe Ganze" ist immer noch ein deskritiver Sammelbegriff und ergibt immer noch keinen "Kosmos aus Kulturen" und aus einem deskriptive Begriff lassen sich auch keine Normen ableiten. Was ich auch nicht getan habe.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Sabine99 hat geschrieben:(18 Dec 2016, 15:07)
Moin.
Kultur :
- Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als
Ausdruck menschlicher Höherentwicklung

- Gesamtheit der von einer bestimmten Gemeinschaft auf einem bestimmten Gebiet
- Verfeinerung, Kultiviertheit einer menschlichen Betätigung, Äußerung, Hervorbringung
- Kultiviertheit einer Person
- (Landwirtschaft, Gartenbau) das Kultivieren des Bodens
-(Landwirtschaft, Gartenbau) das Kultivieren
- (Landwirtschaft, Gartenbau, Forstwirtschaft) auf größeren Flächen kultivierte junge Pflanzen
- (Biologie, Medizin) auf geeigneten Nährböden in besonderen Gefäßen gezüchtete Gesamtheit
von Mikroorganismen oder Gewebszellen.
Wir (Wissenschaftler) sprechen von kultureller Evolution in Anlehnung an die biologische Evolution und Evolution kennt keine Höherentwicklung, sondern nur eine Weiterentwicklung i.S.v. Zunahme der Komplexität.
Der Mensch = Homo sapiens sapiens hat sich eben auch nicht "höher entwickelt" - er ist immer noch die gleiche Spezies Mensch, die vor ca. 80.000 Jahren begonnen hat, Afrika zu verlassen. Seine Fähigkeiten haben sich weiter entwickelt, sind komplexer geworden - genauer Homo sapiens sapiens hat seine Fähigkeiten weiter entwickelt.

Wer von einer "Höherentwicklung" der Kutur spricht, setzt eine lineare Entwicklung von Kultur - chronologische Weiter-/Höherentwicklung - ganz in der Tradition der Kulturkreislehre von Frobenius.
Besonders deutlich wird der Bezug auf Frobenius bei dieser Aussage:
"Verfeinerung, Kultiviertheit einer menschlichen Betätigung, Äußerung, Hervorbringung - Kultiviertheit einer Person"

Frobenius vertritt die Ansicht, dass Kultur etwas (ein Programm) sei, welches dem Menschen übegeordnet sei und auf das der Mensch nur sehr wenig Einfluss hat, etwas das "hervorbringt". Kultur bringt aber nicht hervor, sie wird hervorgebracht und zwar vollumfänglich vom Menschen selbst.
Schon darin zeigt sich der Unsinn der Aussage "(Kultur) kultiviert den Menschen, bringt die Kultiviertheit einer Person hervor"

Der Rest - deine Auflistung zu Landwirtschaft - hat ebenfalls nichts aber auch gar nichts mit "Höherentwicklung" zu tun. "Kultivieren" i.S.v. Züchtung neuer Pflanzenarten durch gezielte Selektion wurde zeitgleich mit dem Ackerbau entwickelt, stellt somit nicht einmal eine Zunahme der Komlpexität dar.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Sabine99 »

Dark Angel hat geschrieben:(19 Dec 2016, 14:44)

Wir (Wissenschaftler) sprechen von kultureller Evolution in Anlehnung an die biologische Evolution und Evolution kennt keine Höherentwicklung, sondern nur eine Weiterentwicklung i.S.v. Zunahme der Komplexität.
Der Mensch = Homo sapiens sapiens hat sich eben auch nicht "höher entwickelt" - er ist immer noch die gleiche Spezies Mensch, die vor ca. 80.000 Jahren begonnen hat, Afrika zu verlassen. Seine Fähigkeiten haben sich weiter entwickelt, sind komplexer geworden - genauer Homo sapiens sapiens hat seine Fähigkeiten weiter entwickelt.

Wer von einer "Höherentwicklung" der Kutur spricht, setzt eine lineare Entwicklung von Kultur - chronologische Weiter-/Höherentwicklung - ganz in der Tradition der Kulturkreislehre von Frobenius.
Besonders deutlich wird der Bezug auf Frobenius bei dieser Aussage:
"Verfeinerung, Kultiviertheit einer menschlichen Betätigung, Äußerung, Hervorbringung - Kultiviertheit einer Person"

Frobenius vertritt die Ansicht, dass Kultur etwas (ein Programm) sei, welches dem Menschen übegeordnet sei und auf das der Mensch nur sehr wenig Einfluss hat, etwas das "hervorbringt". Kultur bringt aber nicht hervor, sie wird hervorgebracht und zwar vollumfänglich vom Menschen selbst.
Schon darin zeigt sich der Unsinn der Aussage "(Kultur) kultiviert den Menschen, bringt die Kultiviertheit einer Person hervor"

Der Rest - deine Auflistung zu Landwirtschaft - hat ebenfalls nichts aber auch gar nichts mit "Höherentwicklung" zu tun. "Kultivieren" i.S.v. Züchtung neuer Pflanzenarten durch gezielte Selektion wurde zeitgleich mit dem Ackerbau entwickelt, stellt somit nicht einmal eine Zunahme der Komlpexität dar.
:D :D :D
Man, , bist Du schlecht drauf.
Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der so resistent gegen Fakten, so narzistisch ,einseitig, geprägt, argumentieren kann.
Ich habe mal ein paar deiner Beiträge kopiert und mit in meine Vorlesungen genommen. :D
Natürlich ohne Hinweis auf dieses Forum oder deinen Account.
War ein echter Hit.
Danke. :thumbup:
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Ich frag mich immer, was so bedeutsam daran sein soll, solche vom Außenstehenden kaum wahrnehmbaren Unterschiede in der Kultur-Begriffs-Bestimmung von zwei Usern derart breit und gereizt zu erörtern. Da hat doch nun jeder eigene Erkenntnisse und Erfahrungen. Ob sein Kulturbegriff nun breiter oder enger ist. Das ist ja auch je nach Universität, Arbeits- und Lebensumfeld sowie Sozialisation jedes einzelnen unterschiedlich, wie jeder an den Kulturbegriff herangeht. Vielleicht schildert ihr beiden ja auch einfach nur zwei Seiten ein- und derselben Medaille. Meine Frage, warum man Kultur und Identität gerade jetzt so intensiv diskutieren muss, wurde auch noch nicht beantwortet.
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Sabine99 hat geschrieben:(20 Dec 2016, 15:26)

:D :D :D
Man, , bist Du schlecht drauf.
Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der so resistent gegen Fakten, so narzistisch ,einseitig, geprägt, argumentieren kann.
Resistent gegen Fakten, bist du - du bringst nämlich keine und Argumente hast du auch keine. Du kannst nur irgendwas irgendwo abschreiben, was mit dem gesagten nicht das geringste zu tun hat. Argumentieren geht anders.
Das fängt nämlich schon damit an, ob ein Begriff deskriptiv oder normativ verwendet wird und geht damit weiter, dass man sich damit auseinander setzt, welchen Hintergrund Personen und Theorien haben, auf die man sich bezieht.
Habe ich, im Gegensatz zu dir, getan und darauf verwiesen, dass die Theorien auf die du dich beziehst widerlegt sind.

Sabine99 hat geschrieben:(20 Dec 2016, 15:26)Ich habe mal ein paar deiner Beiträge kopiert und mit in meine Vorlesungen genommen. :D
Natürlich ohne Hinweis auf dieses Forum oder deinen Account.
War ein echter Hit.
Danke. :thumbup:
Vorlesung - achja? Hast du in deiner "Vorleseung" auch deine so genannten Quellen offen gelegt - Quellen, die nicht nachvollziehbar sind und ins digitale Nirvana führen, Wikipedia als Quelle, längst verstorbene Wissenschaftler, die vor mehr als 60 Jahren Theorien in der Tradition von Frobenius' "Kuturkreislehre" aufstellten, als "brandaktuell" darstellen - auch mit genannt oder hast du nur Antworten von mir aus dem Kontext gerissen?
Aber du lernst ja auch in deinen "Vorlesungen", dass Fakten bewertet werden (ob sie denn zu den Thesen/Theorien passen) und schreibst vollkommen kontext- und zusammenhangsfrei bei Wikipedia ab und meinst damit Aussagen widerlegen zu können. Sehr wissenschaftlich - wirklich. :D
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(20 Dec 2016, 16:30)

Ich frag mich immer, was so bedeutsam daran sein soll, solche vom Außenstehenden kaum wahrnehmbaren Unterschiede in der Kultur-Begriffs-Bestimmung von zwei Usern derart breit und gereizt zu erörtern. Da hat doch nun jeder eigene Erkenntnisse und Erfahrungen. Ob sein Kulturbegriff nun breiter oder enger ist. Das ist ja auch je nach Universität, Arbeits- und Lebensumfeld sowie Sozialisation jedes einzelnen unterschiedlich, wie jeder an den Kulturbegriff herangeht. Vielleicht schildert ihr beiden ja auch einfach nur zwei Seiten ein- und derselben Medaille. Meine Frage, warum man Kultur und Identität gerade jetzt so intensiv diskutieren muss, wurde auch noch nicht beantwortet.
Es geht weniger darum, wie weit ein Begriff - hier der Kulturbegriff - gefasst wird, sondern darum wie er gebraucht wird, ob deskriptiv = beschreibend oder normativ = als gesellschaftliche Norm geltend.
Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer, während ich den Kulturbegriff (Kultur = das Komplexe Ganze) ausschließlich dekriptiv verwende, als keinerlei Verhaltnsnormen und -regeln damit verknüpfe, wird mir vom User Sabine99 unterstellt, ich würde den Begriff zu eng fassen. Zudem wird von ihr ein verdeckter Themenwechsel vorgenommen und sich unlauterer Argumentation bedient (sofern überhaupt Argumente vohanden sind).
Und dagegen setze ich mich zur Wehr!
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 16:37)
So weit ich mich erinnern kann, ging es hier in diesem Thread doch auch mal darum, warum die einen besonders viel Wert auf Identität und Nationalgefühl legen und warum diese Personen das gerade jetzt so vehement diskutieren und die anderen die Thematik eher nicht als so vorrangig ansehen, weil sie ihre Identität als Deutsche zwar akzeptieren, aber nun auch nicht pausenlos darüber reden müssen, als sei das etwas Besonderes. An dieser Stelle könnten wir doch eigentlich weitermachen. Oder?
Nationalstolz/Nationalgefühl/Nationalbewusstsein - wie auch immer man das nennen will, gehört zur Identität von Menschen einfach dazu, ganz unabhängig wie stark dieses Gefühl auch ausgeprägt sein mag. Im Grunde genommen soll damit nicht mehr - aber auch nicht weniger - ausgesagt werden, als dass man sich seiner Nationalität/Zugehörigkeit zu einem Volk nicht schämt.
Für Francois Hollande z.B. ist es selbstverständlich von Franzosen/dem französischen Volk zu sprechen - da klingt immer noch das "Grande Nation" mit. Hollande veranstaltet nicht so einen Eiertanz wie unsere Kanzlerin, die das Wort Deutsche nicht über die Lippen bringt und stattdessen von "denen die schon immer hier leben" spricht.
Solche Worte vom Staatsoberhaupt - von einem gewählten Vertreter eines Volkes - ist ein Schlag ins Gesicht dieses Volkes, der Menschen die sie gewählt haben und von denen sie wieder gewählt werden will.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Dec 2016, 13:48)

Nationalstolz/Nationalgefühl/Nationalbewusstsein - wie auch immer man das nennen will, gehört zur Identität von Menschen einfach dazu, ganz unabhängig wie stark dieses Gefühl auch ausgeprägt sein mag. Im Grunde genommen soll damit nicht mehr - aber auch nicht weniger - ausgesagt werden, als dass man sich seiner Nationalität/Zugehörigkeit zu einem Volk nicht schämt.
Für Francois Hollande z.B. ist es selbstverständlich von Franzosen/dem französischen Volk zu sprechen - da klingt immer noch das "Grande Nation" mit. Hollande veranstaltet nicht so einen Eiertanz wie unsere Kanzlerin, die das Wort Deutsche nicht über die Lippen bringt und stattdessen von "denen die schon immer hier leben" spricht.
Solche Worte vom Staatsoberhaupt - von einem gewählten Vertreter eines Volkes - ist ein Schlag ins Gesicht dieses Volkes, der Menschen die sie gewählt haben und von denen sie wieder gewählt werden will.
Ich verstehe dich schon. Dennoch empfinde ich es anders. Ich - ganz für mich alleine betrachtet - bevorzuge eher eine gelassene Zurückhaltung, was meine Nationalität anbelangt. Ich habe als Kind und Jugendliche zu viel gesehen, gelesen und gehört, wozu Deutsche fähig sind. Daher wird sich das bis an mein Lebensende nicht mehr ändern. Ich habe deshalb auch immer ein unangenehmes Gefühl, wenn Landsleute im tiefsten Brustton der Überzeugung heute schon wieder davon ausgehen, die eigene Nationalität sei etwas Besonderes oder andere müssten gar von ihr lernen. Hat nichts mit dir zu tun, ist nur meine eigene Befindlichkeit. Dabei geht es mir auch nicht um diese ewige Schuldfrage, die dann meistens gleich kommt als Gegenargument, nein, mir geht es lediglich um Verantwortung. Und diese Verantwortung ist eben - für mich - wirklich etwas ganz Besonderes. Die ist mir wichtiger als vieles andere in dem Zusammenhang.

Und wenn Merkel von "denen, die schon immer hier leben" sprach, sagte sie das sicher in einem Atemzug mit den Deutschen "mit Migrationshintergrund". Denn auch die haben ja oft einen deutschen Pass. Aber um nicht das hässliche Wort vom "Bio-Deutschen" verwenden zu müssen, formulierte sie es halt so. Anders kann ich es mir bei ihr nicht vorstellen, denn Merkel ist schon auch sehr stolz, Deutsche zu sein. Vor allem ist sie sehr stolz, seit fast 30 Jahren eine "wiedervereinigte" Deutsche zu sein. Ich hab sie oft sagen hören "meine deutsche Heimat", "mein deutsches Vaterland". Also da sehe ich bei ihr keine Defizite ;)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(22 Dec 2016, 14:25)

..., nein, mir geht es lediglich um Verantwortung. Und diese Verantwortung ist eben - für mich - wirklich etwas ganz Besonderes. Die ist mir wichtiger als vieles andere in dem Zusammenhang.
Ja genau - es geht um Verantwortung, Verantwortung dafür, dass sich 12 Jahre deutsche Geschichte nie wieder wiederholen (können), aber um Verantwortung übernehmen und auch tragen zu können, muss man sich auch zu der Nation bekennen, der man entstammt, muss sich zu seiner Geschichte bekennen, auch das hat was mit nationaler Identität zu tun. Und um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, muss man sich zu dem bekennen (können), was Angehörige dieser Nation an Leistungen vollbracht haben, die den Menschen Nutzen gebracht haben, die zur Bereicherung unserer Kultur beigetragen haben und man muss diese Leistungen auch achten (können).
Sonst wird das nichts mit der Verantwortung.
Selina hat geschrieben:(22 Dec 2016, 14:25)Und wenn Merkel von "denen, die schon immer hier leben" sprach, sagte sie das sicher in einem Atemzug mit den Deutschen "mit Migrationshintergrund".
Denn auch die haben ja oft einen deutschen Pass. Aber um nicht das hässliche Wort vom "Bio-Deutschen" verwenden zu müssen, formulierte sie es halt so.
Nein, hat sie nicht! Es ging in der Videokonferenz, in der sie von "denen die schon immer hier leben" sprach, um Flüchtlinge und um die Milliarden Euronen, die (vom Steuerzahler) für diese aufgebracht werden müssen und wie "sehr gut das Geld doch angelegt sei". In diesem Zusammenhang sprach Merkel davon, dass auch "für die die schon immer hier leben" Gelder zur Verfügung gestellt werden. Nichts mit "Deutsche mit Migrationshintergrund". Das Wort "deutsch" hat sie gar nicht erst in den Mund genommen. :mad:
Das unsägliche Wort "biodeutsch" stammt von Herrn Özdemir und der meinte das abwertend!
Es ist vollkommen wurscht ob jemand Deutscher mit nem "deutschen Stammbaum" ist oder irgendeinen "Migrationshintergrund" hat. Deutscher ist, wer die deutsche Staatsanghörigkeit hat und Ende - Aus!
Diese Trennung in "Biodeutsche" und "Deutsche mit Migrationshintergrund" trägt auch zur Polarisierung der Gesellschaft bei - diesmal allerdings durch unsere gewählten Politiker. Für die sind offensichtlich "Deutsche mit Migrationshintergrund" die besseren Deutschen, weil die nicht "schon immer hier leben". :mad: :mad:
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Dec 2016, 18:37)

Ja genau - es geht um Verantwortung, Verantwortung dafür, dass sich 12 Jahre deutsche Geschichte nie wieder wiederholen (können), aber um Verantwortung übernehmen und auch tragen zu können, muss man sich auch zu der Nation bekennen, der man entstammt, muss sich zu seiner Geschichte bekennen, auch das hat was mit nationaler Identität zu tun. Und um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, muss man sich zu dem bekennen (können), was Angehörige dieser Nation an Leistungen vollbracht haben, die den Menschen Nutzen gebracht haben, die zur Bereicherung unserer Kultur beigetragen haben und man muss diese Leistungen auch achten (können). Sonst wird das nichts mit der Verantwortung.
Och, weißt du, das sind alles zu viele individuelle Vorgänge. Ich sprach ja mit Absicht von mir selbst. Und nicht von dir. Wenn du es "musst", dann "musst" du. Ich "muss" gar nichts. Überhaupt nichts. Denn solange solche sehr individuellen Vorgänge und Reflexionen mit dem Wörtchen "muss" versehen werden, dann taugen sie nichts. Jedenfalls nicht für mich.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Dec 2016, 18:37)
Ja genau - es geht um Verantwortung, Verantwortung dafür, dass sich 12 Jahre deutsche Geschichte nie wieder wiederholen (können), aber um Verantwortung übernehmen und auch tragen zu können, muss man sich auch zu der Nation bekennen, der man entstammt, muss sich zu seiner Geschichte bekennen, auch das hat was mit nationaler Identität zu tun. Und um dieser Verantwortung gerecht werden zu können, muss man sich zu dem bekennen (können), was Angehörige dieser Nation an Leistungen vollbracht haben, die den Menschen Nutzen gebracht haben, die zur Bereicherung unserer Kultur beigetragen haben und man muss diese Leistungen auch achten (können).
Sonst wird das nichts mit der Verantwortung.
Warum "muss" man all dies? Ich mein: Vielleicht ist das ja etwas gedankenlos einfach hingeschrieben, aber: Die deutsche Geschichte 1933 bis 1945 ist nur einer der vielen Teile der weltgeschichtlichen Katastrophe dieser Jahre. Was soll das denn konkret heißen: "Sich zu einer Nation bekennen". Selbst wenn man wirklich nur die deutsche Geschichte betrachtet: Die tatsächliche persönliche Lehre aus der Nazizeit kann für einen Deutschen nur heißen, sich im Falle einer Diktatur und/oder Barbarei auf dem Gebiet Deutschlands in den Widerstand zu gehen. Sich aktiv und bewusst gegen die eigene Nation zu stellen.
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Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Dec 2016, 13:48)

Nationalstolz/Nationalgefühl/Nationalbewusstsein - wie auch immer man das nennen will, gehört zur Identität von Menschen einfach dazu, ganz unabhängig wie stark dieses Gefühl auch ausgeprägt sein mag. Im Grunde genommen soll damit nicht mehr - aber auch nicht weniger - ausgesagt werden, als dass man sich seiner Nationalität/Zugehörigkeit zu einem Volk nicht schämt.
Für Francois Hollande z.B. ist es selbstverständlich von Franzosen/dem französischen Volk zu sprechen - da klingt immer noch das "Grande Nation" mit. Hollande veranstaltet nicht so einen Eiertanz wie unsere Kanzlerin, die das Wort Deutsche nicht über die Lippen bringt und stattdessen von "denen die schon immer hier leben" spricht.
Solche Worte vom Staatsoberhaupt - von einem gewählten Vertreter eines Volkes - ist ein Schlag ins Gesicht dieses Volkes, der Menschen die sie gewählt haben und von denen sie wieder gewählt werden will.
Zur Erinnerung: Die entscheidende Wende hin zum Ersten Weltkrieg, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, war die Bewillligung der Kriegskredite durch die SPD zu einem Zeitpunkt, als Kaiser Wilhelm II bereits (und noch) der Meinung war, ein Kriegsgrund sei wegen des Einlenkens Serbiens "nicht mehr gegeben". Mal unabhängig von der Frage, wie es der sozialdemokratischen Bewegung gelungen ist, diese eminente historische Schuld, von sich abzuweisen (nur als Beispiel: Der Sohn Peter der proletarischen Künstlerin Käthe Kollwitz gehörte zu diesen sozialdemokratisch inspirierten flammenden Kriegsnationalisten ... und starb in einer der ersten Schlachten dieses Kriegs) ... die Inanspruchname des Attributs "Intellektualität" ist ganz grundsätzlich und niemals vereinbar mit Zugehörigkeit irgendeiner Art. Denn sie setzt immer kritische Distanziertheit voraus. Unabhängig davon, ob es sich um Zugehörigkeit zu einer Nation, Religion, Klasse, zur Gemeinschaft der Freunde bayerischer Lebenskultur, zur feministischen Bewegung, zum Fanclub der Ärzte oder des FC St. Pauli handelt. Ein Intellektueller geht immer und zu allem auf Distanz.
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Re:

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(24 Dec 2016, 06:29)

Zur Erinnerung: Die entscheidende Wende hin zum Ersten Weltkrieg, der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, war die Bewillligung der Kriegskredite durch die SPD zu einem Zeitpunkt, als Kaiser Wilhelm II bereits (und noch) der Meinung war, ein Kriegsgrund sei wegen des Einlenkens Serbiens "nicht mehr gegeben". Mal unabhängig von der Frage, wie es der sozialdemokratischen Bewegung gelungen ist, diese eminente historische Schuld, von sich abzuweisen (nur als Beispiel: Der Sohn Peter der proletarischen Künstlerin Käthe Kollwitz gehörte zu diesen sozialdemokratisch inspirierten flammenden Kriegsnationalisten ... und starb in einer der ersten Schlachten dieses Kriegs) ... die Inanspruchname des Attributs "Intellektualität" ist ganz grundsätzlich und niemals vereinbar mit Zugehörigkeit irgendeiner Art. Denn sie setzt immer kritische Distanziertheit voraus. Unabhängig davon, ob es sich um Zugehörigkeit zu einer Nation, Religion, Klasse, zur Gemeinschaft der Freunde bayerischer Lebenskultur, zur feministischen Bewegung, zum Fanclub der Ärzte oder des FC St. Pauli handelt. Ein Intellektueller geht immer und zu allem auf Distanz.
Tja - hier liegt das Problem. Inzwischen herrscht unter Historikern Konsens, dass Deutschland nicht die Hauptschuld am Ausbruch des WK1 ist, sondern die "Gesamtsituation" - die politischen Machtverhältnisse in Europa die Voraussetzungen für den Ausbruch eines Krieges lieferten, dass die Ereignisse in Sarajewo nur noch den den letzten Funken lieferten. Es ist eben nicht die "historische Schuld" der (deutschen) sozialdemokratischen Bewegung.
"Flammende Kriegsnationalisten" gab es nicht nur in Deutschland, die gab es in Frankreich und Großbrittannien gleichermaßen.
Und ich bleibe dabei: Nationale Identität bedeutet auch Bekenntnis zur Geschichte dieser Nation - sowohl im negativen, wie positiven Sinn - und nicht Distanz zu dieser Nation, weil es Epochen in der Geschichte gibt.
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Re: Re:

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(25 Dec 2016, 12:12)

Tja - hier liegt das Problem. Inzwischen herrscht unter Historikern Konsens, dass Deutschland nicht die Hauptschuld am Ausbruch des WK1 ist, sondern die "Gesamtsituation" - die politischen Machtverhältnisse in Europa die Voraussetzungen für den Ausbruch eines Krieges lieferten, dass die Ereignisse in Sarajewo nur noch den den letzten Funken lieferten. Es ist eben nicht die "historische Schuld" der (deutschen) sozialdemokratischen Bewegung.
In Hinsicht auf die ursächlichen Kausalketten ist das ja richtig. In Hinsicht auf "Nationalgefühl" als entscheidender Katalysator der Weltkriegs-Katastrophe nicht. Da trifft die SPD des Kaiserreichs (nicht anders als die eigentlich rechtsnationalen) die volle Schuld. Was hilft dagegen? Grundsätzlich und immer bereit und in der Lage sein, das Vorgehen der eigenen Nation zu kritisieren und unter Umständen fundamental zu bekämpfen. Wie versetzt man sich in die Lage, solche Situationen analytisch zu erkennen und zu unterscheiden? Grundsätzlich und immer auf kritische Distanz zu kollektiven Identitäten (einschließlich Nation, Religion, soziale Klasse) gehen.
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Re: Re:

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Dec 2016, 23:18)

Wie versetzt man sich in die Lage, solche Situationen analytisch zu erkennen und zu unterscheiden? Grundsätzlich und immer auf kritische Distanz zu kollektiven Identitäten (einschließlich Nation, Religion, soziale Klasse) gehen.
Sehr gut auf den Punkt gebracht :thumbup: Und falls ich es nicht schon erwähnte: Frohes Restfest :)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von frems »

Dark Angel hat geschrieben:(22 Dec 2016, 13:48)
Für Francois Hollande z.B. ist es selbstverständlich von Franzosen/dem französischen Volk zu sprechen - da klingt immer noch das "Grande Nation" mit.
Witzigerweise nutzt so gut wie kein Franzose diesen Begriff, egal ob er Pariser, Elsässer, Korse oder Baske ist. Und letztere haben auch mal gerne andere Ansichten vom "französischen Volk".
Labskaus!

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Re: Re:

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(25 Dec 2016, 23:42)

Und falls ich es nicht schon erwähnte: Frohes Restfest :)
Danke. Das "frohe Restfest" morgen wird in einer Fahrt (leider notwendigerweise mit dem Auto und nicht erholsamerweise mit dem Zug) von Berlin über Dresden, Prag, Brno, Bratislava in die Ecke des nordwestungarischen Sopron bestehen. Und wie so oft gemahnen die vorüberziehenden historischen Orte (von Theresienstadt in Böhmen bis Austerlitz bei Brno), besonders aber auch die wechselnden nationalen Zugehörigkeiten an die Zeitweiligkeit und Sekundarität von Dingen wie "Nationalgefühl". Das heute österreichische Burgenland war bis 1918 ungarisch und der Komponist "unserer" (späteren) Nationalhymne, Joseph Haydn, baute diese "Deutsche Nationalhymne" auf die Melodie eines kroatischen Volkslieds auf, das er während eines Spaziergangs am Südufer des Neusiedler Sees in einem kroatischen Dorf in einer Weinschenke erlauscht hatte, wo er sich vom anstrengenden Dienst als Hofkapellmeister des ungarischen Fürstenhauses Eszterhazi zu erholen gedachte. Es gibt keine kollektiven Identitäten. Es gibt Erzählungen, Narrative, wahlweise verfügbare oder auch wahlweise machttechnisch ausnutzbare Bezüglichkeiten. Die Melodie unserer Nationalhymne ist ein deutsch-ungarisch-österreichisch-kroatisches Mischwesen, von dem man sich nach Belieben seinen Teil herausgreifen kann. Nichts weiter.
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Re: Re:

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2016, 00:05)

Danke. Das "frohe Restfest" morgen wird in einer Fahrt (leider notwendigerweise mit dem Auto und nicht erholsamerweise mit dem Zug) von Berlin über Dresden, Prag, Brno, Bratislava in die Ecke des nordwestungarischen Sopron bestehen. Und wie so oft gemahnen die vorüberziehenden historischen Orte (von Theresienstadt in Böhmen bis Austerlitz bei Brno), besonders aber auch die wechselnden nationalen Zugehörigkeiten an die Zeitweiligkeit und Sekundarität von Dingen wie "Nationalgefühl". Das heute österreichische Burgenland war bis 1918 ungarisch und der Komponist "unserer" (späteren) Nationalhymne, Joseph Haydn, baute diese "Deutsche Nationalhymne" auf die Melodie eines kroatischen Volkslieds auf, das er während eines Spaziergangs am Südufer des Neusiedler Sees in einem kroatischen Dorf in einer Weinschenke erlauscht hatte, wo er sich vom anstrengenden Dienst als Hofkapellmeister des ungarischen Fürstenhauses Eszterhazi zu erholen gedachte. Es gibt keine kollektiven Identitäten. Es gibt Erzählungen, Narrative, wahlweise verfügbare oder auch wahlweise machttechnisch ausnutzbare Bezüglichkeiten. Die Melodie unserer Nationalhymne ist ein deutsch-ungarisch-österreichisch-kroatisches Mischwesen, von dem man sich nach Belieben seinen Teil herausgreifen kann. Nichts weiter.
Na dann viel Spaß in Ungarn. Und auf Hymnen stehe ich nicht so ;)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Ger9374 »

Ich kann mich noch an einen User erinnern
der mich aufgrund meines avatars in die
Rechte Schublade stecken wollte, echt krass.
Da war ich leicht angepisst. Aber ich mag meinen
kleinen Avatar mit der FLAGGE . Ist nur schade
was die Leute immer noch auf äusseres geben.
Statt sich um Sachaussagen der User zu kümmern. Solches ist schließlich hier angesagt!!
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Ger9374 hat geschrieben:(26 Dec 2016, 04:58)
Aber ich mag meinen
kleinen Avatar mit der FLAGGE . Ist nur schade
was die Leute immer noch auf äusseres geben.
Aber dass in der Kombination beider Aussagen ein gewisser - nicht unbedingt politischer - aber einfach aussagenlogischer Widerspruch liegt, ist dir hoffentlich klar? ;)
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von H2O »

Ger9374 hat geschrieben:(26 Dec 2016, 04:58)

Ich kann mich noch an einen User erinnern
der mich aufgrund meines avatars in die
Rechte Schublade stecken wollte, echt krass.
Da war ich leicht angepisst. Aber ich mag meinen
kleinen Avatar mit der FLAGGE . Ist nur schade
was die Leute immer noch auf äusseres geben.
Statt sich um Sachaussagen der User zu kümmern. Solches ist schließlich hier angesagt!!
Mich leiten bei der Verwendung der Nationalsymbole zwiespältige Gefühle; sie sollten eigentlich zu besonderen Anlässen gezeigt werden, wenn aus gegebenem Anlaß die Gemeinschaft der Mitbürger feiern oder trauern soll. Allerdings ist es so, daß die Nationalfarben Eierpappen, Hühnerbrüste, Schweineschinken und Obsttüten zieren, mit oder ohne Bundesadler. Je häufiger man das beobachtet, um so geringer ist danach die Signalwirkung. Wenn man dann in Europa herum pendelt und einkauft, dann kommt eine hübsch bunte Mischung dabei heraus. :cool:
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Ger9374 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2016, 08:54)

Aber dass in der Kombination beider Aussagen ein gewisser - nicht unbedingt politischer - aber einfach aussagenlogischer Widerspruch liegt, ist dir hoffentlich klar? ;)

Die Fahne ist Symbol für dieses Land,
dieser Staat ist aus meiner Sicht ein guter,
ich wünsche mir das es mal wie in Skandinavien
wird , wo unverkrampft die Flaggen dazu gehören.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

Ger9374 hat geschrieben:(26 Dec 2016, 09:18)

Die Fahne ist Symbol für dieses Land,
dieser Staat ist aus meiner Sicht ein guter,
ich wünsche mir das es mal wie in Skandinavien
wird , wo unverkrampft die Flaggen dazu gehören.
Ich wünsche mir, dass nirgendwo Flaggen und irgendwelche andere nationale Symbolik besonders wichtig sind. Ich brauchs nicht fürs Leben. Aber sooooo dolle stört mich dein Avatar-Fähnchen nun auch wieder nicht. Kommt immer auf die Inhalte der Beiträge an.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2016, 08:54)

Aber dass in der Kombination beider Aussagen ein gewisser - nicht unbedingt politischer - aber einfach aussagenlogischer Widerspruch liegt, ist dir hoffentlich klar? ;)
Postest du per Handy? Dachte, du bist schon tief in Osteuropa ;)
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(26 Dec 2016, 09:30)

Postest du per Handy? Dachte, du bist schon tief in Osteuropa ;)
Man sollte gar nicht denken, wie rasch sich das Internet in Europa ausgebreitet hat! SKYPE mit einem Teilnehmer in Ruanda kein Aufreger mehr. Smartphones laufen auch am WLAN eines Routers, jedenfalls mein Smartphone. Auf diesem Planeten gibt es fast nichts, was es nicht gäbe...
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(26 Dec 2016, 09:30)

Postest du per Handy? Dachte, du bist schon tief in Osteuropa ;)
Ne, fahr erst gegen Mittag los und übernachte einmal in Tschechien.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2016, 09:53)

Ne, fahr erst gegen Mittag los und übernachte einmal in Tschechien.
Aber denk dran, manche Ungarn mögen keine Ausländer ;)
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Re: Re:

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Dec 2016, 23:18)

In Hinsicht auf die ursächlichen Kausalketten ist das ja richtig. In Hinsicht auf "Nationalgefühl" als entscheidender Katalysator der Weltkriegs-Katastrophe nicht.
Da trifft die SPD des Kaiserreichs (nicht anders als die eigentlich rechtsnationalen) die volle Schuld.

Auch diesbezüglich existiert kein monolkausaler Zusammenhang. Der Ausbruch des WK1 war nur eine Frage der Zeit und wenn du schon von "Nationalgfühl als entscheidenden Katalysator" schwadronierst, betrifft das auf da Nationalgefühl aller beteiligten Nationen zu.
schokoschendrezki hat geschrieben:(25 Dec 2016, 23:18)Was hilft dagegen? Grundsätzlich und immer bereit und in der Lage sein, das Vorgehen der eigenen Nation zu kritisieren und unter Umständen fundamental zu bekämpfen. Wie versetzt man sich in die Lage, solche Situationen analytisch zu erkennen und zu unterscheiden? Grundsätzlich und immer auf kritische Distanz zu kollektiven Identitäten (einschließlich Nation, Religion, soziale Klasse) gehen.
Sich zu seiner Nation bekennem, bedeutet nicht, alles zu akzeptieren, das bedeutet auch bestimmten Entwicklungen kritisch gegenüber zu stehen.
Nationalgefühl hat auch nichts mit "kollektiver Identität" zu tun, sondern mit Zugehörigkeitsgefühl. Der Mensch, als soziales Wesen, stellt sich die Frage(n) "wer bin ich?", "wo/wem fühle ich micht zugehörig?", "wie werde ich in der Gesellschaft/von der Gesellschaft wahrgnommen?", "wie nehme ich diese Gesellschaft wahr" etc und das führt zwingend zur Identifkation mit Gruppen = Gruppenzugehörigkeit. Dabei kann es sich um temporäre Identifikation mit einer oder mehreren Gruppen handeln, aber auch zur ständigen Identifkation mit einer Gruppe. Identität ist immer besteht immer aus der "inneren" Sicht auf sich selbst und wie man von der Gesellschaft gesehen wird, heißt Identität ist immer ein Produkt der sozialen Verortung und dieses wiederum ist ein Grundbedürfnis jedes Menschen nach Anerkennung und Zugehörigkeit.
Also das genaue Gegenteil von dem, was du hier ständig behauptetst!
Und ich zutsche mir das auch nicht ssentimental aus den Fingern, sondern beziehe mich auf die Identitätstheorien von Erikson, Marcia und Giddens.
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Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(26 Dec 2016, 15:45)

Auch diesbezüglich existiert kein monolkausaler Zusammenhang. Der Ausbruch des WK1 war nur eine Frage der Zeit und wenn du schon von "Nationalgfühl als entscheidenden Katalysator" schwadronierst, betrifft das auf da Nationalgefühl aller beteiligten Nationen zu.
Erst mal ganz sachlich: Ein "Katalysator" ist niemals primär ursächlich. Nur innerhalb der beeinflussenden Faktoren mag der eine Katalysator wichtiger sein als der andere. Und dann polemisch: "Schwadronieren" stammt ursächlich aus der Sprache der Studenten der schlagenden Verbindungen und bedeutete quasi ein wildes Herumfuchteln mit der Waffe bzw. im übertragenen SInne ein wildes Herumfuchteln mit nationalen Gefühlen in sprachlichen Phrasen.
Sich zu seiner Nation bekennem, bedeutet nicht, alles zu akzeptieren, das bedeutet auch bestimmten Entwicklungen kritisch gegenüber zu stehen.
Nationalgefühl hat auch nichts mit "kollektiver Identität" zu tun, sondern mit Zugehörigkeitsgefühl. Der Mensch, als soziales Wesen, stellt sich die Frage(n) "wer bin ich?", "wo/wem fühle ich micht zugehörig?", "wie werde ich in der Gesellschaft/von der Gesellschaft wahrgnommen?", "wie nehme ich diese Gesellschaft wahr" etc und das führt zwingend zur Identifkation mit Gruppen = Gruppenzugehörigkeit.
Ich könnte mich durchaus auf eine Diskussion einlassen, wie heterogene Gesellschaften aus Individualisten und Gruppenidentifizierten funktionieren könnten ... Dass Gruppenzugehörigkeit zwingend sein soll, hält mich aber davon ab. Nicht, weil ich mich nicht zwingen lasse (das sowieso nicht), sondern weil das Bestehen auf "Zwang" auf Ideologie hindeutet. Da ist (sachliche) Diskussion sinnlos ...
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(26 Dec 2016, 14:48)

Aber denk dran, manche Ungarn mögen keine Ausländer ;)
Ich weiß. Es gibt sogar eine im Parlament bedeutsam vertretene Partei, die sich offiziell dazu bekennt, Juden nicht zu mögen. Einmalig skandalös in Europa. Gleichzeitig gibt es in Budapest in der Dohány Utca (Tabakgasse) die größte jüdische Synagoge Europas, die jedoch, im Gegensatz zur Synagoge etwa in Berlin, weder durch Metallpöller gesichert noch durch schwerbewaffnete SIcherheitskräfte bewacht werden muss. Jedermann/frau kann sie ungehindert betreten, ohne dass es irgendwann zu nennenswerten Zwischenfällen kam.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2016, 19:25)

Ich weiß. Es gibt sogar eine im Parlament bedeutsam vertretene Partei, die sich offiziell dazu bekennt, Juden nicht zu mögen. Einmalig skandalös in Europa. Gleichzeitig gibt es in Budapest in der Dohány Utca (Tabakgasse) die größte jüdische Synagoge Europas, die jedoch, im Gegensatz zur Synagoge etwa in Berlin, weder durch Metallpöller gesichert noch durch schwerbewaffnete SIcherheitskräfte bewacht werden muss. Jedermann/frau kann sie ungehindert betreten, ohne dass es irgendwann zu nennenswerten Zwischenfällen kam.
Ich war mal in den 70ern in Budapest für zwei Wochen. Hat mich schwer beeindruckt damals diese Stadt. Die kam meinen Freunden und mir damals sehr westlich vor im Vergleich zum restlichen soz. "Lager". Also viel Vergnügen!
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Re: Re:

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2016, 19:13)

Erst mal ganz sachlich: Ein "Katalysator" ist niemals primär ursächlich. Nur innerhalb der beeinflussenden Faktoren mag der eine Katalysator wichtiger sein als der andere. Und dann polemisch: "Schwadronieren" stammt ursächlich aus der Sprache der Studenten der schlagenden Verbindungen und bedeutete quasi ein wildes Herumfuchteln mit der Waffe bzw. im übertragenen SInne ein wildes Herumfuchteln mit nationalen Gefühlen in sprachlichen Phrasen.
Ein "Katalysator" kann Reaktionen/Ereignisse sowohl beschleunigen, als auch bremsen.
Du hast allerdings der SPD am Ausbruch des WK1 zugesprochen und das stimmt so nicht, weil es nationalistische Bestrebungen (ist ein Unterschied zu Nationalgefühl und sollte auch nicht gleichgesetzt werden) in den anderen europäischen Staaten in gleichem Maß.
schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Dec 2016, 19:13)Ich könnte mich durchaus auf eine Diskussion einlassen, wie heterogene Gesellschaften aus Individualisten und Gruppenidentifizierten funktionieren könnten ... Dass Gruppenzugehörigkeit zwingend sein soll, hält mich aber davon ab. Nicht, weil ich mich nicht zwingen lasse (das sowieso nicht), sondern weil das Bestehen auf "Zwang" auf Ideologie hindeutet. Da ist (sachliche) Diskussion sinnlos ...
Du weißt aber schon, was ein menschlichen Grundbedürfnisses ist und du weißt auch, dass Grundbedürfnisse vor allen anderen Bedürfnissen befriedigt werden?
Daraus ergibt sich das "zwingend", nicht weil von außen Zwang ausgeübt wird.
Auch Individualisten streben nach Anerkennung und wollen sich irgndwo zugehörig fühlen - heißt auch Individualisten identifizieren sich mit Gruppen. Unabhängig und außerhalb der Gesellschaft (im "luftleeren Raum") sind auch Individualisten nicht lebens- oder überlebensfähig. Du scheinst absolut nicht verstehen zu wollen, dass "Gruppenzugehörigkeit" nicht gleichbedeutend mit Kollektivismus oder Konformismus ist.
Gruppenzughörigkeit hat auch nichts mit "Gruppenidentifizierten" zu tun, weil diese Identifikation eben nicht von außen (durch die Gesellschaft) vorgenommen wird, sondern vom Individuum selbst erfolgt. Es besteht also kein Widerspruch zwischen Individualismus und Gruppenzugehörigkeit.
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Re: Re:

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(27 Dec 2016, 14:14)
Du weißt aber schon, was ein menschlichen Grundbedürfnisses ist und du weißt auch, dass Grundbedürfnisse vor allen anderen Bedürfnissen befriedigt werden?
Daraus ergibt sich das "zwingend", nicht weil von außen Zwang ausgeübt wird.
Auch Individualisten streben nach Anerkennung und wollen sich irgndwo zugehörig fühlen - heißt auch Individualisten identifizieren sich mit Gruppen. Unabhängig und außerhalb der Gesellschaft (im "luftleeren Raum") sind auch Individualisten nicht lebens- oder überlebensfähig. Du scheinst absolut nicht verstehen zu wollen, dass "Gruppenzugehörigkeit" nicht gleichbedeutend mit Kollektivismus oder Konformismus ist.
Selbstverständlich existieren auch Individualisten nicht im luftleeren Raum. Schon deshalb nicht, weil die Muttersprache in jeder Hinsicht prägend für den Menschen ist. Nur: Erstens hat diese Prägung niemals eine eindeutige Richtung. Man kann etwa aus dem Einfluss einer dominanten Mutter jede beliebige Charaktereigenschaft herleiten. Genau wie auch die gegenteilige Eigenschaft. Es ist - unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten - einfach das bessere Lebensmodell, davon auszugehen, von gar nix geprägt und nur und allein eigenverantwortlich und aus eigenem Entschluss zu handeln. Vor allem aber gehört zweitens der Begriff "Nation" im Gegensatz etwa zu Muttersprache ganz sicher nicht zu diesen Prägungen und ist ein künstlicher Begriff viel jüngeren Datums mit politischer Ausrichtung.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von frems »

ZEIT ONLINE: Nun fühlen viele Franzosen aber ein Wir, einfach weil sie zusammen in Frankreich leben. Und Deutschen geht es ähnlich.

Guérot: Erstmal ist doch die Frage: Stimmt das? Ich bezweifle, dass es gerade zu einer Renationalisierung kommt, wie viele behaupten. Ich war vor drei Tagen in London. Dort gibt es zwei Lager: Entweder jung oder alt, London oder Landbevölkerung, dafür oder dagegen. Aber wer sind jetzt die Briten? Die Europäer, die für den Brexit waren oder die anderen? Wo ist die Einheit der britischen Nation?
deutsche Nation. Mit welchem Recht behaupten diese Gruppen, das deutsche Volk zu sein? [...]

Die Renationalisierung, von der so viel geredet und über die so viel geschrieben wird, findet in Wahrheit nur an der Oberfläche statt. Darunter sind die Nationen längst gespalten. Es findet eine transnationale Debatte statt, die sich grundlegend in zwei Lager aufteilen lässt: Da sind diejenigen, die für eine europäische Abschottung stehen. Selbst die Identitären haben sich kürzlich zu einem Kongress in Linz getroffen, der Titel war: die Verteidigung Europas. Das andere Lager sind jene, die das Erbe der französischen Revolution und der Aufklärung verteidigen.

ZEIT ONLINE: Wann verschwindet der Nationalstaat?

Guérot: Der Nationalstaat wird verschwinden. Schon jetzt ist er teilweise verschwunden. Es gibt eine große Städtebewegung, Leute sagen: Ich komme aus Barcelona oder London, nicht aus Spanien oder Großbritannien. Die zentrale Frage ist: Ist das Nationale das wichtigste identitäre Merkmal? Oder gibt es andere Merkmale, die über dem Nationalen stehen können? [...]

Vielmehr sage ich mit Robert Menasse: Heimat ist Region, Nation ist Fiktion.
http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ettansicht

Interessanter letzter Satz bzw. Zitat. Geht einher mit Umfragen, wonach die Heimatregion bzw. -stadt für Europäer der wichtigste Identifikationspunkt ist, weit vor dem Nationalstaat.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von schokoschendrezki »

Ich würde Heimatregion oder auch "Heimatgefühl" jetzt allerdings weniger mit "bewusster Identifikation" verbinden. Es ist ein sehr menschliches und psychologisch völlig erklärliches Gefühl, das nicht zuletzt mit der beruhigenden Wirkung von Komplexitätsreduktion zusammenhängt. Ich kann mir in aller Ruhe die Wiesen, Bäume und den Abendhimmel anschauen, weil ich nicht erst überlegen muss, wo ich langzugehen habe oder Sätze in einer fremden Sprache gedanklich zusammenflicken muss. Und: Heimatgefühl schließt sehr wohl und gerade auch kritische Distanz ein. Denn man weiß in der Regel ziemlich genau, wo die häßlichen Ecken sind und weshalb es sie gibt.

Besonders die letzten Präsidentenwahlen in Österreich haben diesen Unfug mit der primären Nationenbindung gezeigt. Einen Wiener van-der-Bellen-Wähler und einen Lndoner Brexit-Verneiner verbindet weit mehr als die beiden gegensätzlichen poliitischen Lager in jeweils einem der beiden Länder.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

frems hat geschrieben:(04 Jan 2017, 12:31)

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ettansicht

Interessanter letzter Satz bzw. Zitat. Geht einher mit Umfragen, wonach die Heimatregion bzw. -stadt für Europäer der wichtigste Identifikationspunkt ist, weit vor dem Nationalstaat.
Sehr gutes Interview, die Grundaussagen sehe ich ähnlich:

Zitat:

Guérot: Der Nationalstaat wird verschwinden. Schon jetzt ist er teilweise verschwunden. Es gibt eine große Städtebewegung, Leute sagen: Ich komme aus Barcelona oder London, nicht aus Spanien oder Großbritannien. Die zentrale Frage ist: Ist das Nationale das wichtigste identitäre Merkmal? Oder gibt es andere Merkmale, die über dem Nationalen stehen können? [...]
Vielmehr sage ich mit Robert Menasse: Heimat ist Region, Nation ist Fiktion.


Genau. Und so, wie "die Nation" Fiktion ist, halte ich auch die Diskussionen bei den Identitären und bei der AfD um das "Bewahren der deutschen Nation" und das "Schützen der Nation vor fremden Einflüssen" für pure Erfindung und Fiktion aus politischem Kalkül. Sorgen bereiten mir dabei die rechtsradikalen Tendenzen in Denken und Sprache dieser Leute, weil sie immer salonfähiger werden.
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Laertes »

Selina hat geschrieben:(04 Jan 2017, 12:46)
Und so, wie "die Nation" Fiktion ist, halte ich auch die Diskussionen bei den Identitären und bei der AfD um das "Bewahren der deutschen Nation" und das "Schützen der Nation vor fremden Einflüssen" für pure Erfindung und Fiktion aus politischem Kalkül.
Weil es mir gefällt, wenn sich Diskussionen im Kreis drehen und ich mich gern selbst zitiere, stimme ich dir hier mit folgendem Zitat weitestgehend zu:
Laertes hat geschrieben:(23 Feb 2016, 20:52)

Nation ist m. E. ein Konstrukt, dass der politische Verstand sich im Nachhinein zurecht bastelt, um die unbewussten Regungen seines Identitätsbedürfnis zu verstehen (und dann für machtpolitische Zwecke zu instrumentalisieren). Deswegen sprach ich ja davon es in konstruktive Bahnen zu lenken: Lieber Identifikation im Kleinen (Heimat, Nachbarschaftlichkeit, Naturschutz, Ehrenamt, Fußballverein) statt im Großen (Nation, Europäische Union, der Westen, das Abendland).

Allerdings sind natürlich das Sprechen derselben Sprache und das Befolgen derselben Alltagsregeln maximal identitätsstiftend (weswegen Navid Kermani oder Hamed Abdel-Samad welche von 'uns' sind, und der nur arabisch sprechende Iman, der Frauen nicht die Hand gibt, einer von 'denen' ist).
"Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von frems »

Selina hat geschrieben:(04 Jan 2017, 12:46)
Guérot: Der Nationalstaat wird verschwinden. Schon jetzt ist er teilweise verschwunden. Es gibt eine große Städtebewegung, Leute sagen: Ich komme aus Barcelona oder London, nicht aus Spanien oder Großbritannien. Die zentrale Frage ist: Ist das Nationale das wichtigste identitäre Merkmal? Oder gibt es andere Merkmale, die über dem Nationalen stehen können? [...]
Vielmehr sage ich mit Robert Menasse: Heimat ist Region, Nation ist Fiktion.


Genau. Und so, wie "die Nation" Fiktion ist, halte ich auch die Diskussionen bei den Identitären und bei der AfD um das "Bewahren der deutschen Nation" und das "Schützen der Nation vor fremden Einflüssen" für pure Erfindung und Fiktion aus politischem Kalkül. Sorgen bereiten mir dabei die rechtsradikalen Tendenzen in Denken und Sprache dieser Leute, weil sie immer salonfähiger werden.
Ob der Nationalstaat verschwindet, weiß ich nicht. Ich denke aber schon, dass er an Bedeutung verliert. Einerseits weil die Leute heutzutage mobiler sind. Zum anderen sind viele Probleme der heutigen Zeit nicht mehr nationalstaatlich zu lösen. Dass ältere Nationalisten nochmal laut zucken, ist da nur nachvollziehbar, auch wenn man viele Parolen abstoßend findet. So ist das halt bei jeder Generation, die mit Veränderungen konfrontiert wird, die sie über Jahrzehnte nicht für vorstellbar hielten. Und ich denke, dass das die heutige Jugend in 40, 50 Jahren auch betreffen wird, wenn auch mit völlig anderen Themen. Man sieht's ja auch beim technischen Fortschritt. "Digital natives" können nur mit den Augen rollen, wenn ältere Personen das Internet zum "Neuland" erklären, während sie selbst damit aufwuchsen und beim Umgang ihren Eltern und Großeltern weit voraus sind.

Gleichzeitig haben wir es global mit einer Urbanisierung zu tun. In der Wissenschaft wird da manchmal das Kofferwort der Glokalität benutzt, welches vereinfacht sagt, dass einerseits viele Bereiche (Handel, Digitalisierung, Bildung, Wirtschaft, Netzwerke etc.) immer internationaler werden. Gleichzeitig zieht es -- quasi als ergänzende, nicht ersetzende "Gegenbewegung" -- Menschen immer mehr auf die lokale Ebene, die bekanntlich eine stärkere Identifikation bietet als der Nationalstaat. Die eigene Stadt, in der man täglich verkehrt und seinen Mittelpunkt hat (Arbeit, Bekannte, Freizeit), ist eben "näher" als eine abstrakte Nation, die man primär über Medien wahrnimmt. Im Debattenblatt European gab's da mal auch eine recht spannende Reihe, wonach Städte bzw. Metropolregionen politisch immer stärker an Bedeutung gewinnen -- auf globaler, nicht nationaler Ebene. Falls von Interesse: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11.

Artikel 1 ist von der bekannten Soziologin Saskia Sassen, die lange im Bereich "Global City" forschte. Ich fand aber vor allem Artikel 2 (Benjamin Barber) und 3 (Parag Khanna) interessant. 4 bis 11 beschäftigen sich vor allem mit technischen Innovationen (Verkehr, Ökologie, Energie, Digitalisierung usw.).
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Re: Zusammengehörigkeit, Identität, Nationalgefühl

Beitrag von Selina »

frems hat geschrieben:(09 Jan 2017, 01:03)

Gleichzeitig zieht es -- quasi als ergänzende, nicht ersetzende "Gegenbewegung" -- Menschen immer mehr auf die lokale Ebene, die bekanntlich eine stärkere Identifikation bietet als der Nationalstaat. Die eigene Stadt, in der man täglich verkehrt und seinen Mittelpunkt hat (Arbeit, Bekannte, Freizeit), ist eben "näher" als eine abstrakte Nation, die man primär über Medien wahrnimmt.
Vielen Dank für die interessanten Infos. Das mit der Regionalisierung von Befindlichkeiten und Gefühlswelten ist mir natürlich bekannt. Dazu wurde auch im Osten bereits in den 70ern und 80ern geforscht und erkannt, dass die Identifikation mit dem Regionalen und die Heimatverbundenheit (etwa "ich bin aus der Lausitz" oder "ich bin Thüringer" oder "ich bin Leipziger") eine große, ja wachsende Rolle für die Menschen spielte. Vielleicht auch als Pendant zur wachsenden Komplexität der Prozesse und zur Globalisierung, die man damals natürlich anders nannte. Und sicher auch als Versuch, sich vor allzu viel bevormundender Staatlichkeit zu retten. Heute ist das ähnlich. Nur mit anderen Vorzeichen natürlich. Wobei ich dennoch eine gewisse "völkische" Hinwendung zur "Nation" sehe, sehr gut und sehr pointiert und zugespitzt gestern im "Tatort" zu sehen. Stichwort "Ethnien dürfen sich nicht vermischen". Mir wird kalt dabei. Ansonsten habe ich gegen eine gewisse Bodenständigkeit und regionale Verbundenheit mit dem Leben und den Leuten vor Ort nichts einzuwenden. Wär ja auch weltfremd. Solange es keine Heimattümelei ist, ist alles gut.
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