Wieso Irrläufer der Evolution? Der entsprechende evolutionäre Prozess ist ja in vollem Gange. Nennt sich self domestification. Unter der Prämisse, dass friedliches, kooperatives Zusammenleben evolutionsbiologisch erfolgreicher ist als gewalttätiges und einzelgängerisches, gibt es zunehmend mehr Menschen mit den erstgenannten Eigenschaften und weniger mit den letztgenannten.x-ray hat geschrieben:(25 Feb 2016, 08:35)
Ist soweit alles richtig, aber ich vermisse konstruktive Vorschläge, wie wir diesem Umstand entkommen können... Oder ist es doch so, wie Arthur Koestler schrieb, dass der Mensch ein "Irrläufer der Evolution" zu sein scheint, der, aus eben besagten Gründen, nicht fähig ist, in größeren Gruppen oder global gesehen, zusammen zu leben. Wie könnte man also unserem festgelegten, biologischem Programm entgegenwirken?
Wenn du das drastisch zu Ende denken willst: Welche Gruppe wird bei einem drohenden Asteroideneinschlag eher in der Lage sein eine Raumschiffarche zu bauen und sich damit andere Planeten abzusetzen? Welche Gruppe wird eher in der Lage sein die verbleibenden Rückzugsräume auf der Erde bei einer Klimakatastrophe oder einer Pandemie zu nutzen, zu besiedeln, sich dort zu vermehren?
Zur anderen Frage: Der Mensch ist biologisch nicht darauf programmiert zusammen mit Millionen anderen in direktem Bezug zu leben. Man kann das ignorieren und der 'menschlichen Natur' überlassen - dann bekommt man no go areas, Slums und Straßenzüge, die von Gangs beherrscht werden. Oder man fördert eine politische Landschaft, die Subsidarität und Kleinverbünde (Dorf, Quartier) propagiert. Solche Kleinverbünde müssen einerseits zivil angemessen miteinander konkurrieren können (Sport, Wettbewerbe) und andererseits für gemeinsame Interessen kooperieren können (Spielplatz bauen, Gemeindehaus renovieren, Stadtteilfest organisieren, ...). Auf der höheren Ebene muss man Repräsentanten der Gruppen dann wieder in überschaubaren Größenordnungen organisieren (Regionalparlamente, Nationalmannschaft, Religionsbeirat o. ä.). Im Grunde bietet unser System mit Parlamenten, Bürgerbeteiligungen und der Gliederung in kommunale, regionale, nationale Einheiten dafür die besten Voraussetzungen. Eventuell geht es uns in Deutschland daher im Vergleich auch so gut.
Ein gewisses Maß an Ungleichheit und gewalttätigen Konflikten wirst du m. E. immer haben wo Menschen zusammenleben. Die Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass sie sich nicht zur Katastrophe, zum Flächenbrand ausweiten können, der die Gemeinschaft als Ganzes auslöscht. Social overengineering von 'oben' schadet da eher als es nutzt.