Sein und Zeit

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Max73
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Sein und Zeit

Beitrag von Max73 »

Wir neigen dazu, die Welt und das Sein in Zeitabschnitte zu unterteilen, d.h. auch unser Dasein zu segmentieren. Dies gilt nicht nur für die wissenschaftliche Arbeit, sondern zu einem erheblichen Teil auch für unseren ganz normalen Alltag.

Recht deutlich wird das, wenn wir auf ein Ziel zusteuern, beispielsweise, wenn wir in unser Auto, die Bahn oder den Bus einsteigen, um an einen anderen Ort zu reisen.

Wir segmentieren auch hier in unserem Bewusstsein die Zeit. Abreise, Unterwegssein, Ankunft, das nach der Ankunft zu Erwartende.

Wie unser Bewusstsein mit dieser Zwischenzeit, dem Unterwegssein umgeht, hängt natürlich auch von uns selbst ab, oft auch davon, was wir am Ziel erwarten. Es macht natürlich einen Unterschied, ob uns am Ziel etwas gefühlt Positives erwartet oder etwas eher Lästiges, Unangenehmes.

Unser Bewusstsein neigt gerne dazu, nur den Anfang, das Ziel und das im Ziel zu Erwartende an die Oberfläche zu spülen. Das Dazwischenliegende, die Zeit des Unterwegsseins behandelt es, wenn auch nicht immer, so doch oft, als eine Art Störfaktor, der kein Leben ist, der nicht so wertvoll ist wie das andere.

Die Zeitspannen, in denen wir unterwegs sind, in denen wir auf ein Ziel zusteuern, machen möglicherweise sogar in Summe einen größeren Teil unseres Lebens außerhalb des Schlafes aus als das Angekommensein und das, was uns dort erwartet.

Leben wir nur im einen Teil, im anderen aber nicht?

Natürlich leben wir formal auch im Unterwegssein zwischen Start und Ziel. Unser Bewusstsein verhält sich dieser Zwischenzeit gegenüber allerdings nicht immer allzu konstruktiv, versucht sie auszublenden bzw. als Zeit minderzuschätzen. Es hat im Unterwegssein primär das Ziel im Blickfeld.

Mir wird dieses Thema in letzter Zeit oft bewusst. Seit geraumer Zeit nehme ich den ÖPNV für meinen Weg zur Arbeit, weil ich keine Lust mehr darauf hatte, so viel im Auto zu sitzen, auch wenn der Weg dadurch zeitlich ein wenig länger wird.

Ich bin nun wahrlich kein Feind mooderner Technologien. Trotzdem finde ich es einigermaßen erstaunlich wie hoch der Anteil an Menschen ist, die in der Öffentlichkeit, im Unterwegssein zwanghaft ausschließlich mit irgendeinem Handy, Smartphone usw. beschäftigt sind. Das Bewusstsein befindet sich dadurch fast nie an dem Ort, an dem auch der eigene Körper weilt.

Hauptsächlich, weil ich eine ehrenamtliche Funktion übernommen habe, sollte auch ich tagsüber erreichbar sein. Ich käme aber nie auf den Gedanken, meine privaten und sonstigen Telefongespräche exzessiv in der Öffentlichkeit zu führen, es sei denn, es steht gerade etwas Dringendes an oder ich werde unterwegs von den wenigen, denen ich meine mobile Telefonnummer gegeben habe, angeklingelt.

Exzessiv finden diese merkwürdigen Verhaltensweisen vor allem bei jungen Mädchen und Frauen statt. Vielleicht wird man eines Tages noch das Smartphone mit integriertem Dildo und Schinkensandwich erfinden, damit sich das komplette Leben an jedem Ort nur noch mit den technischen Geräten leben lässt. ;)

Ich gebe allerdings zu, dass ich, wenn auch auf anderen Ebenen, dengleichen Mustern unterworfen bin.

Im Unterwegssein neigen wir oft dazu, vor allem, wenn wir dabei alleine sind, das Bewusstsein an einen anderen Ort zu drängen als an den, wo wir uns gerade befinden. Wir leben nur selten im Hier und Jetzt, könnte man behaupten.

Vor ein paar Tagen stand ich an der Bushaltestelle, an der ich immer einsteige und wartete, wie die anderen Leute, auf den bald planmäßig ankommenden Bus.

Ein Teil der wartenden Fahrgäste spielte, wie üblich, an einem dieser technischen Dinger herum, surfte, betrachtete Fotos auf Facebook usw. Der andere Teil stand da und guckte, wie ich auch, in die Richtung, aus der wir den Bus erwarteten. So, als käme der Bus nur dann, wenn wir dorthin gaffen, so, als würde er uns nur mitnehmen, wenn wir ihn auch mit der gebührenden Aufmerksamkeit erwarten würden.

Mir wurde das eigentlich Absurde dieser Situation bewusst und ich wandte mein Gesicht um, schaute mir die Gegend an und stellte schließlich mit einigem Erstaunen fest, dass mir die schöne Trauerweide, die nur etwa 30 Meter entfernt von der Haltestelle steht, in all der Zeit noch nie aufgefallen ist.

Wir versuchen uns im Unterwegssein woanders hinzubeamen, so als könnten wir das Hier und Jetzt nicht ertragen.
Max73
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Re: Sein und Zeit

Beitrag von Max73 »

So ein bisschen Provokation muss natürlich sein, wenn in diesem Fall auch nur durch den gewählten Threadtitel. ;)

Martin Heidegger war, trotz seiner späteren Nähe zum Naziregime, die entscheidende Größe in der Philosophie des 20. Jahrhunderts, sozusagen das Alphatier unter den Philosophen.

Man spürte diese Ambivalenz auch noch recht deutlich in der späten Haltung zu ihm bei seinen früheren Wegbegleitern.

Bei Karl Jaspers löste es beinahe eine dauerhafte Schockstarre in der Auseinandersetzung mit seinem ehemaligen Freund aus. Dessen Bewusstsein überbetonte die persönliche Enttäuschung über das Verhalten seines Freundes und verdrängte die auch ihm unverkennbare Größe des Philosophen Heidegger in den Hintergrund seines Bewusstseins, schien damit anschließend beinahe nichts mehr zu tun haben zu wollen.

Trotzdem, und vor allem deshalb, war in Jaspers' späten Werken indirekt die Handschrift Heideggers recht deutlich zu erkennen.

Heideggers beste Schülerin Hannah Arendt schien dagegen überraschenderweise geradezu zwanghaft an der Größe Heideggers und an ihrer Verehrung festhalten zu wollen und versuchte dessen dunklen Teil irgendwie auszublenden, was einigermaßen erstaunlich wirkt, wenn man berücksichtigt, dass Hannah Arendt Jüdin war. Aber, es geht ja das Gerücht um, dass Heidegger und Arendt nicht nur im philosophischen Sinne Partnerschaft gepflegt hatten.

Als Hannah Arendt später offizielle Kommentatorin im Eichmannprozess wurde, war bei ihr die Ambivalenz des Bewusstseins deutlich spüren. Teilweise versuchte man mit aller Macht, sie von ihrer journalistischen Funktion wieder abzusetzen. Viele Juden waren erstarrt vor Schreck, als Hannah Arendt es wagte, in ihren Kommentaren die problematische, aber bisher verdrängte, zweifelhafte Rolle der Juden selbst in der Geschichte 33-45, gerade auch noch im Zusammenhang mit dem Eichmannprozess, in das Blickfeld zu richten.
Belsazar

Re: Sein und Zeit

Beitrag von Belsazar »

Max73 » Di 6. Aug 2013, 14:34 hat geschrieben:Wir neigen dazu, die Welt und das Sein in Zeitabschnitte zu unterteilen, d.h. auch unser Dasein zu segmentieren. Dies gilt nicht nur für die wissenschaftliche Arbeit, sondern zu einem erheblichen Teil auch für unseren ganz normalen Alltag.

Recht deutlich wird das, wenn wir auf ein Ziel zusteuern, beispielsweise, wenn wir in unser Auto, die Bahn oder den Bus einsteigen, um an einen anderen Ort zu reisen.

Wir segmentieren auch hier in unserem Bewusstsein die Zeit. Abreise, Unterwegssein, Ankunft, das nach der Ankunft zu Erwartende.

Wie unser Bewusstsein mit dieser Zwischenzeit, dem Unterwegssein umgeht, hängt natürlich auch von uns selbst ab, oft auch davon, was wir am Ziel erwarten. Es macht natürlich einen Unterschied, ob uns am Ziel etwas gefühlt Positives erwartet oder etwas eher Lästiges, Unangenehmes.

Unser Bewusstsein neigt gerne dazu, nur den Anfang, das Ziel und das im Ziel zu Erwartende an die Oberfläche zu spülen. Das Dazwischenliegende, die Zeit des Unterwegsseins behandelt es, wenn auch nicht immer, so doch oft, als eine Art Störfaktor, der kein Leben ist, der nicht so wertvoll ist wie das andere.

Die Zeitspannen, in denen wir unterwegs sind, in denen wir auf ein Ziel zusteuern, machen möglicherweise sogar in Summe einen größeren Teil unseres Lebens außerhalb des Schlafes aus als das Angekommensein und das, was uns dort erwartet.

Leben wir nur im einen Teil, im anderen aber nicht?

Natürlich leben wir formal auch im Unterwegssein zwischen Start und Ziel. Unser Bewusstsein verhält sich dieser Zwischenzeit gegenüber allerdings nicht immer allzu konstruktiv, versucht sie auszublenden bzw. als Zeit minderzuschätzen. Es hat im Unterwegssein primär das Ziel im Blickfeld.

Mir wird dieses Thema in letzter Zeit oft bewusst. Seit geraumer Zeit nehme ich den ÖPNV für meinen Weg zur Arbeit, weil ich keine Lust mehr darauf hatte, so viel im Auto zu sitzen, auch wenn der Weg dadurch zeitlich ein wenig länger wird.

Ich bin nun wahrlich kein Feind mooderner Technologien. Trotzdem finde ich es einigermaßen erstaunlich wie hoch der Anteil an Menschen ist, die in der Öffentlichkeit, im Unterwegssein zwanghaft ausschließlich mit irgendeinem Handy, Smartphone usw. beschäftigt sind. Das Bewusstsein befindet sich dadurch fast nie an dem Ort, an dem auch der eigene Körper weilt.

Hauptsächlich, weil ich eine ehrenamtliche Funktion übernommen habe, sollte auch ich tagsüber erreichbar sein. Ich käme aber nie auf den Gedanken, meine privaten und sonstigen Telefongespräche exzessiv in der Öffentlichkeit zu führen, es sei denn, es steht gerade etwas Dringendes an oder ich werde unterwegs von den wenigen, denen ich meine mobile Telefonnummer gegeben habe, angeklingelt.

Exzessiv finden diese merkwürdigen Verhaltensweisen vor allem bei jungen Mädchen und Frauen statt. Vielleicht wird man eines Tages noch das Smartphone mit integriertem Dildo und Schinkensandwich erfinden, damit sich das komplette Leben an jedem Ort nur noch mit den technischen Geräten leben lässt. ;)

Ich gebe allerdings zu, dass ich, wenn auch auf anderen Ebenen, dengleichen Mustern unterworfen bin.

Im Unterwegssein neigen wir oft dazu, vor allem, wenn wir dabei alleine sind, das Bewusstsein an einen anderen Ort zu drängen als an den, wo wir uns gerade befinden. Wir leben nur selten im Hier und Jetzt, könnte man behaupten.

Vor ein paar Tagen stand ich an der Bushaltestelle, an der ich immer einsteige und wartete, wie die anderen Leute, auf den bald planmäßig ankommenden Bus.

Ein Teil der wartenden Fahrgäste spielte, wie üblich, an einem dieser technischen Dinger herum, surfte, betrachtete Fotos auf Facebook usw. Der andere Teil stand da und guckte, wie ich auch, in die Richtung, aus der wir den Bus erwarteten. So, als käme der Bus nur dann, wenn wir dorthin gaffen, so, als würde er uns nur mitnehmen, wenn wir ihn auch mit der gebührenden Aufmerksamkeit erwarten würden.

Mir wurde das eigentlich Absurde dieser Situation bewusst und ich wandte mein Gesicht um, schaute mir die Gegend an und stellte schließlich mit einigem Erstaunen fest, dass mir die schöne Trauerweide, die nur etwa 30 Meter entfernt von der Haltestelle steht, in all der Zeit noch nie aufgefallen ist.

Wir versuchen uns im Unterwegssein woanders hinzubeamen, so als könnten wir das Hier und Jetzt nicht ertragen.
Weiß man überhaupt was das ist, ein "Hier und Jetzt"? Man kann in der Zeit leben, im Jetzt oder, erst wenn man es ganz radikal sieht, im Hier und Jetzt. Aber damit ist wirklich nur dieses Hier und Jetzt gemeint, und alle anderen "Jetzte" spielen dann auch keine Rolle mehr. Verstehst du?
Alles andere, ob zeitliche Abläufe oder auch das Hier und Jetzt, von dem so gern die Rede ist, ist dann nur noch blanke Theorie. Weil damit ist nicht das Hier und Jetzt gemeint, von dem ich hier spreche.
Klar, es ist immer "Jetzt", was denn auch sonst? Es kann gar ein Nichtjetzt geben. So wie es auch eine Nichtexistenz nicht geben kann. Das Jetzt ist immer da, es war nie weg und wird nie weg sein. Nicht auch nur einen kleinen Moment wird es abwesend sein. Deshalb wird es auch nicht immer erkannt, und wir sehen eher zeitliche Abläufe. Aber auch das ist Theorie.
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Fuerst_48
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Re: Sein und Zeit

Beitrag von Fuerst_48 »

Max73 » Mi 7. Aug 2013, 12:02 hat geschrieben:So ein bisschen Provokation muss natürlich sein, wenn in diesem Fall auch nur durch den gewählten Threadtitel. ;)

Martin Heidegger war, trotz seiner späteren Nähe zum Naziregime, die entscheidende Größe in der Philosophie des 20. Jahrhunderts, sozusagen das Alphatier unter den Philosophen.

Man spürte diese Ambivalenz auch noch recht deutlich in der späten Haltung zu ihm bei seinen früheren Wegbegleitern.

Bei Karl Jaspers löste es beinahe eine dauerhafte Schockstarre in der Auseinandersetzung mit seinem ehemaligen Freund aus. Dessen Bewusstsein überbetonte die persönliche Enttäuschung über das Verhalten seines Freundes und verdrängte die auch ihm unverkennbare Größe des Philosophen Heidegger in den Hintergrund seines Bewusstseins, schien damit anschließend beinahe nichts mehr zu tun haben zu wollen.

Trotzdem, und vor allem deshalb, war in Jaspers' späten Werken indirekt die Handschrift Heideggers recht deutlich zu erkennen.

Heideggers beste Schülerin Hannah Arendt schien dagegen überraschenderweise geradezu zwanghaft an der Größe Heideggers und an ihrer Verehrung festhalten zu wollen und versuchte dessen dunklen Teil irgendwie auszublenden, was einigermaßen erstaunlich wirkt, wenn man berücksichtigt, dass Hannah Arendt Jüdin war. Aber, es geht ja das Gerücht um, dass Heidegger und Arendt nicht nur im philosophischen Sinne Partnerschaft gepflegt hatten.

Als Hannah Arendt später offizielle Kommentatorin im Eichmannprozess wurde, war bei ihr die Ambivalenz des Bewusstseins deutlich spüren. Teilweise versuchte man mit aller Macht, sie von ihrer journalistischen Funktion wieder abzusetzen. Viele Juden waren erstarrt vor Schreck, als Hannah Arendt es wagte, in ihren Kommentaren die problematische, aber bisher verdrängte, zweifelhafte Rolle der Juden selbst in der Geschichte 33-45, gerade auch noch im Zusammenhang mit dem Eichmannprozess, in das Blickfeld zu richten.
Es erstaunt mich nicht mehr, wie es gelingt von Heidegger über Jaspers und Arendt bis zum Eichmannprozeß zu gelangen!!
Bakelit

Re: Sein und Zeit

Beitrag von Bakelit »

Hallo Max,

ich habe das Empfinden in deinem Eintrag geht alles etwas wie Kraut und Rüben durcheinander. Vielleicht machst du dir ersteinmal die Mühe und erklärst dich. Welche Art von Zeit meinst du? Welche Art von Zeit willst du mit welcher Art des Seins in Zusammenhang bringen? Von beiden Zuständen gibt es nämlich viele Arten.

Da hast du noch eine schöne Aufgabe vor dir. Wenn du fertig damit bist, reden wir nochmal miteinander......ok?

echt :D
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Fuerst_48
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Re: Sein und Zeit

Beitrag von Fuerst_48 »

Bakelit » Di 11. Mär 2014, 15:33 hat geschrieben:Hallo Max,

ich habe das Empfinden in deinem Eintrag geht alles etwas wie Kraut und Rüben durcheinander. Vielleicht machst du dir ersteinmal die Mühe und erklärst dich. Welche Art von Zeit meinst du? Welche Art von Zeit willst du mit welcher Art des Seins in Zusammenhang bringen? Von beiden Zuständen gibt es nämlich viele Arten.

Da hast du noch eine schöne Aufgabe vor dir. Wenn du fertig damit bist, reden wir nochmal miteinander......ok?

echt :D
Virtuell-wissenschaftlicher Zynismus...mal was Anderes!! :D :D
Sniper

Re: Sein und Zeit

Beitrag von Sniper »

Max73 » Di 6. Aug 2013, 14:34 hat geschrieben:Wir neigen dazu, die Welt und das Sein in Zeitabschnitte zu unterteilen, d.h. auch unser Dasein zu segmentieren. Dies gilt nicht nur für die wissenschaftliche Arbeit, sondern zu einem erheblichen Teil auch für unseren ganz normalen Alltag.

Recht deutlich wird das, wenn wir auf ein Ziel zusteuern, beispielsweise, wenn wir in unser Auto, die Bahn oder den Bus einsteigen, um an einen anderen Ort zu reisen.

Wir segmentieren auch hier in unserem Bewusstsein die Zeit. Abreise, Unterwegssein, Ankunft, das nach der Ankunft zu Erwartende.

Wie unser Bewusstsein mit dieser Zwischenzeit, dem Unterwegssein umgeht, hängt natürlich auch von uns selbst ab, oft auch davon, was wir am Ziel erwarten. Es macht natürlich einen Unterschied, ob uns am Ziel etwas gefühlt Positives erwartet oder etwas eher Lästiges, Unangenehmes.

Unser Bewusstsein neigt gerne dazu, nur den Anfang, das Ziel und das im Ziel zu Erwartende an die Oberfläche zu spülen. Das Dazwischenliegende, die Zeit des Unterwegsseins behandelt es, wenn auch nicht immer, so doch oft, als eine Art Störfaktor, der kein Leben ist, der nicht so wertvoll ist wie das andere.

Die Zeitspannen, in denen wir unterwegs sind, in denen wir auf ein Ziel zusteuern, machen möglicherweise sogar in Summe einen größeren Teil unseres Lebens außerhalb des Schlafes aus als das Angekommensein und das, was uns dort erwartet.

Leben wir nur im einen Teil, im anderen aber nicht?

Natürlich leben wir formal auch im Unterwegssein zwischen Start und Ziel. Unser Bewusstsein verhält sich dieser Zwischenzeit gegenüber allerdings nicht immer allzu konstruktiv, versucht sie auszublenden bzw. als Zeit minderzuschätzen. Es hat im Unterwegssein primär das Ziel im Blickfeld.

Mir wird dieses Thema in letzter Zeit oft bewusst. Seit geraumer Zeit nehme ich den ÖPNV für meinen Weg zur Arbeit, weil ich keine Lust mehr darauf hatte, so viel im Auto zu sitzen, auch wenn der Weg dadurch zeitlich ein wenig länger wird.

Ich bin nun wahrlich kein Feind mooderner Technologien. Trotzdem finde ich es einigermaßen erstaunlich wie hoch der Anteil an Menschen ist, die in der Öffentlichkeit, im Unterwegssein zwanghaft ausschließlich mit irgendeinem Handy, Smartphone usw. beschäftigt sind. Das Bewusstsein befindet sich dadurch fast nie an dem Ort, an dem auch der eigene Körper weilt.

Hauptsächlich, weil ich eine ehrenamtliche Funktion übernommen habe, sollte auch ich tagsüber erreichbar sein. Ich käme aber nie auf den Gedanken, meine privaten und sonstigen Telefongespräche exzessiv in der Öffentlichkeit zu führen, es sei denn, es steht gerade etwas Dringendes an oder ich werde unterwegs von den wenigen, denen ich meine mobile Telefonnummer gegeben habe, angeklingelt.

Exzessiv finden diese merkwürdigen Verhaltensweisen vor allem bei jungen Mädchen und Frauen statt. Vielleicht wird man eines Tages noch das Smartphone mit integriertem Dildo und Schinkensandwich erfinden, damit sich das komplette Leben an jedem Ort nur noch mit den technischen Geräten leben lässt. ;)

Ich gebe allerdings zu, dass ich, wenn auch auf anderen Ebenen, dengleichen Mustern unterworfen bin.

Im Unterwegssein neigen wir oft dazu, vor allem, wenn wir dabei alleine sind, das Bewusstsein an einen anderen Ort zu drängen als an den, wo wir uns gerade befinden. Wir leben nur selten im Hier und Jetzt, könnte man behaupten.

Vor ein paar Tagen stand ich an der Bushaltestelle, an der ich immer einsteige und wartete, wie die anderen Leute, auf den bald planmäßig ankommenden Bus.

Ein Teil der wartenden Fahrgäste spielte, wie üblich, an einem dieser technischen Dinger herum, surfte, betrachtete Fotos auf Facebook usw. Der andere Teil stand da und guckte, wie ich auch, in die Richtung, aus der wir den Bus erwarteten. So, als käme der Bus nur dann, wenn wir dorthin gaffen, so, als würde er uns nur mitnehmen, wenn wir ihn auch mit der gebührenden Aufmerksamkeit erwarten würden.

Mir wurde das eigentlich Absurde dieser Situation bewusst und ich wandte mein Gesicht um, schaute mir die Gegend an und stellte schließlich mit einigem Erstaunen fest, dass mir die schöne Trauerweide, die nur etwa 30 Meter entfernt von der Haltestelle steht, in all der Zeit noch nie aufgefallen ist.

Wir versuchen uns im Unterwegssein woanders hinzubeamen, so als könnten wir das Hier und Jetzt nicht ertragen.
Wie ein User vor mir schon sagte, hab ich auch irgendwie leichte Probleme bzw. bin ratlos was ich sagen soll. Net wegen dem Verständnis der einzelnen Sätze, sondern weil ich net mit Sicherheit herauskristallisieren kann, worauf Du hinaus willst?

ZB der Teit mit dem Segmentieren - oftmals ist es durch das Wesen des Menschen selbst geschuldet. Der Mensch als Prometheus - wir sind die Einzigen, die weiter in die Zukunft schauen, als von Natur her notwendig wäre, was wir aber tun um unsere Instinktarmut zu kompensieren. Praktisch heißt dat, dass der Mensch oftmals dazu neigt, das Morgen bereits im Kopf heute zu erledigen - ein für ihn (wegen Instinkarmut) quasi notwendiger Mechanismus. Deshalb vergeht die Zeit ungefähr 20x so schnell wenn Du erwachsen bist, als wie als Kleinkind, das eben nix planen muss sondern gelenkt wird. Oder anders: Gegenfrage: "Segmentieren" Kleinkinder ihr Leben ebenfalls auf diese Art (ich sage NEIN)?

usw usw - wie gesagt, ich könnte jetzt auf alle Punkte eingehen, aber mir ist unklar wie man die Antwort(en) sinnvoll bündeln kann. Daher Rückfrage meinerseits dahingehend?

MfG
Sniper
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