Verdrängung und /oder Vergessen?

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Zadilly
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Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Zadilly »

Weiß jemand wieso die Lehren des Aristoteles bis zum 13. Jahrhundert aus dem christlichen Abendland verdrängt war und ausgerechnet von islamischen Philosophen dem christlichen Abendland wieder zugänglich gemacht wurden(Graf von Bollstädt)?

Mit freundlichen Grüßen
Zadilly
Senator74

Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Senator74 »

Prinzipielle Antwort!
Es gibt 5 ernsthafte Theorien zum Phänomen VERGESSEN.
die Spurenzerfall-Theorie, die Überlagerungs-Theorie, die Spurentransformations-Theorie, die Verdrängungstheorie nach Freud und
die Theorie des Vergessens als Verlust des Zuganges.
Diese letzte Auffassung leugnet das Vergessen, hält es nur für zeitweilig nicht abrufbar...
Adam Smith
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Adam Smith »

Durch das Ende des weströmischen Reiches sind viele Texte verloren gegangen. Die Germanen haben sie nicht aufbewahrt. Das oströmische Reich hatte Kontakte zu den Osmanen und wurde auch durch die Osmanen beendet. Und die Osmanen waren Muslime und hatten natürlich auch Kontakakt zu den Arabern, weil die Osmanen große Gebiete Arabiens damals erorberten.
Der Untergang des Römischen Reiches ist ein viel diskutiertes Thema der Altertumswissenschaft. Es geht um die Gründe für den allmählichen Niedergang des weströmischen Reiches, das mit der Absetzung des weströmischen Kaisers Romulus Augustulus im Jahr 476 (bzw. mit dem Tod des letzten von Ostrom anerkannten Kaisers Julius Nepos im Jahr 480) endete, wobei höchst unterschiedliche Theorien entworfen wurden und werden. Zentral ist hierbei vor allem die Frage, ob primär innere Faktoren (z. B. strukturelle Probleme, angebliche „Dekadenz“, religiöse und soziale Umbrüche) oder der Druck durch äußere Angreifer (Germanen, Hunnen, Perser) für die Entwicklung verantwortlich zu machen sind.

Das oströmische/byzantinische Reich überdauerte den Zusammenbruch des weströmischen Kaisertums. Es ging erst 1453 mit der Eroberung Konstantinopels durch Sultan Mehmed II., bei welcher der letzte byzantinische Kaiser Konstantin XI. den Tod fand, zu Ende.
http://de.wikipedia.org/wiki/Untergang_ ... en_Reiches
Unser christliches Kulturerbe wurde ebenso im antiken Rom bewahrt. Der heilige Hieronymus hat dort um 400 n. Chr. die Bibel aus griechischen Texten ins Lateinische übersetzt, später übertrug er sie noch einmal aus dem Hebräischen ins Lateinische. Seine lateinische Bibel, die Vulgata, war lange maßgeblich für die katholische Kirche. Die wissenschaftlichen Texte der alten Griechen sind uns dagegen erhalten geblieben, weil arabische Gelehrte sie vom Griechischen ins Arabische übersetzt und gepflegt haben. So konnten sie später ins Altspanische und letztlich in die europäische Kultursprache Latein übersetzt und im gebildeten Europa bekannt werden.

Der Beitrag der Araber
Roman Herzog, unser siebter Bundespräsident, würdigte den letzteren Prozess einmal so: „....für mich (ist) die Übersetzerschule von Toledo ein beeindruckendes Beispiel. Nicht nur, dass damals Muslime, Juden und Christen friedlich zusammenleben konnten. Ihre gemeinsame Arbeit hat der europäischen Geistesgeschichte große Schätze zugänglich gemacht, darunter die Schriften von Aristoteles, die sonst wahrscheinlich verloren
http://www.lerncafe.de/static_pages/ler ... 9.php.html
Zuletzt geändert von Adam Smith am So 16. Sep 2012, 17:14, insgesamt 3-mal geändert.
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Adam Smith
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Adam Smith »

Hier was zum Frühmittelater.
Das Frühmittelalter ist als Übergang von der Antike zum Mittelalter sowie als eigenständige Epoche von Bedeutung. Beginn und Ende des Frühmittelalters werden in der historischen Forschung unterschiedlich datiert. Eine exakte zeitliche Abgrenzung existiert nicht, so dass für Anfang und Ende unterschiedlich breite Übergangszeiträume betrachtet werden. Das Frühmittelalter ist sowohl von Kontinuitäten als auch vom Wandel im politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Bereich gekennzeichnet. Es vollzog sich die bis ins Spätmittelalter andauernde Teilung Europas und des Mittelmeerraums in einen christlich-lateinischen Teil sowie den Kulturkreis von Byzanz und des Islam.
376 baten die Goten an der Donau auf der Flucht vor den Hunnen um Aufnahme im Osten des Imperiums. Die bald auftretenden Spannungen führten jedoch 378 zur Schlacht von Adrianopel, in der Kaiser Valens und ein Großteil seines Heeres fielen. In den folgenden Jahrzehnten agierten diese gotischen Gruppen, die man im weitesten Sinne als Westgoten bezeichnen kann, im Imperium; mal als Partner, mal als Gegner Roms. Unter ihrem König Alarich I. forderten sie vom Westkaiser Flavius Honorius Siedlungsland; als es zu keinen Verhandlungen kam, plünderten sie 410 Rom, das zwar längst nicht mehr Hauptstadt, aber doch ein wichtiges Symbol des Imperiums war. 416/18 wurden diese Goten schließlich in Aquitanien angesiedelt. Sie agierten in der folgenden Zeit als römische Foederaten und kämpften etwa unter dem mächtigen weströmischen Heermeister Flavius Aëtius 451 gegen den Hunnenkönig Attila. König Eurich brach 466 den Vertrag mit dem geschwächten Westreich und betrieb eine expansive Politik in Gallien und Hispanien. Aus diesen Eroberungen entstand das neue Westgotenreich, das bis 507 weite Teile Hispaniens und den Südwesten Galliens umfasste.[15]
Das im späten 5. Jahrhundert entstehende Frankenreich sollte sich zum bedeutendsten der germanisch-romanischen Nachfolgereiche im Westen entwickeln.[33] Der Aufstieg der Franken von einer ursprünglich regional beschränkten Macht im Nordosten Galliens ist mit dem Aufstieg der Merowinger verknüpft. Der in Tournai residierende salfränkische Kleinkönig Childerich I. half dem gallo-römischen Feldherrn Aegidius, der sich 462/63 gegen die weströmische Regierung (und vor allem dem mächtigen Heermeister Ricimer) erhob, die Westgoten abzuwehren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%BChmittelalter

Und hier was zur Völkerwanderung:
In der historischen Forschung wird unter dem Begriff Völkerwanderung im engeren Sinne die Wanderbewegung vor allem germanischer Gruppen im Zeitraum vom Einbruch der Hunnen nach Ostmitteleuropa ca. 375/376, die damit eine Fluchtbewegung anderer Völker in diesem Raum auslösten, bis zum Einfall der Langobarden in Italien 568 verstanden
http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkerwanderung

Aus dem Grund ist das Wissen dann verloren gegangen.
Zuletzt geändert von Adam Smith am Sa 15. Sep 2012, 19:45, insgesamt 2-mal geändert.
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Adam Smith
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Adam Smith »

Hallo,

Kritik dazu oder wäre das jetzt so richtig?
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Haitu
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Haitu »

Wissen tu ich es nicht, aber ich denke mal, dass Aristoteles, als Philosoph, das eigene Denken und Erkennen propagierte und das bei der christlichen Führungsschicht nicht so hoch im Kurs stand.
Der muslimische Glaube hat demnach wohl weniger Berührungsängste gehabt.
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Tantris
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Tantris »

Haitu » So 16. Sep 2012, 12:48 hat geschrieben:Wissen tu ich es nicht, aber ich denke mal, dass Aristoteles, als Philosoph, das eigene Denken und Erkennen propagierte und das bei der christlichen Führungsschicht nicht so hoch im Kurs stand.
Der muslimische Glaube hat demnach wohl weniger Berührungsängste gehabt.
Was die moslems mit aristoteles am hut haben, weiss ich nicht, vermute aber, nicht so arg viel, die hellenistische geisteswelt mögen die nicht so, und halten das christentum auch für einen teil dieser.

Ab dem spätmittelalter ist die aristoteleische logik doch ein wichtiger teil des christentums... oder irre ich mich da?
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Alexyessin
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Alexyessin »

Tantris » So 16. Sep 2012, 14:54 hat geschrieben:
Was die moslems mit aristoteles am hut haben, weiss ich nicht, vermute aber, nicht so arg viel, die hellenistische geisteswelt mögen die nicht so, und halten das christentum auch für einen teil dieser.

Ab dem spätmittelalter ist die aristoteleische logik doch ein wichtiger teil des christentums... oder irre ich mich da?
Aristoteles war sehr beliebt bei den Moslems. Teilweise kamen ja die Übersetzungen über den Umweg Spanien in die christlichen Länder - an die Sorbonne, da hat sie Albertus Magnus ausgearbeitet und diese Thomas von Aquin gelehrt, welcher dann die Lehren Aristoteles in seine Scholastik einfliessen lies.

Weiter richtig ist, das Aristoteles bei den frühen Kirchenvätern nicht hoch im Kurs stand. Viele der Arianer waren Anhänger der Lehren des Philosophen.
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Adam Smith
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Adam Smith »

Tantris » So 16. Sep 2012, 14:54 hat geschrieben:
Ab dem spätmittelalter ist die aristoteleische logik doch ein wichtiger teil des christentums... oder irre ich mich da?
Das ist richtig. Die Scholastik basiert auf Aristoteles.
Scholastik, abgeleitet vom lateinischen Adjektiv scholasticus („schulisch“, „zum Studium gehörig“), ist die wissenschaftliche Denkweise und Methode der Beweisführung, die in der lateinischsprachigen Gelehrtenwelt des Mittelalters entwickelt wurde.

Bei dieser Methode handelt es sich um ein von den logischen Schriften des Aristoteles ausgehendes Verfahren zur Klärung wissenschaftlicher Fragen mittels theoretischer Erwägungen. Dabei wird eine Behauptung untersucht, indem zuerst die für und die gegen sie sprechenden Argumente nacheinander dargelegt werden und dann eine Entscheidung über ihre Richtigkeit getroffen und begründet wird. Behauptungen werden widerlegt, indem sie entweder als unlogisch oder als Ergebnis einer begrifflichen Unklarheit erwiesen werden oder indem gezeigt wird, dass sie mit evidenten oder bereits bewiesenen Tatsachen unvereinbar sind.

Die Scholastik entwickelte sich ab dem Hochmittelalter, im 13. Jahrhundert wurde die scholastische Methode voll ausgebildet und beherrschte fortan das gesamte höhere Bildungswesen, in dem sie noch in der Frühen Neuzeit maßgeblich war. Da die scholastische Methode an den Universitäten und in den „Studium“ genannten Bildungseinrichtungen der Bettelorden praktiziert wurde, spricht man von „Scholastik“ und speziell von „scholastischer Theologie“ auch im Sinne einer Abgrenzung der Hochschultheologie von der monastischen (in klösterlichen Ordensgemeinschaften gepflegten) Theologie.
http://de.wikipedia.org/wiki/Scholastik

Und die Schriften von Aristoteles wurden größtenteils im 12 Jahrhundert ins Lateinische übersetzt.
Eine entscheidende Rolle spielte die im 2. Viertel des 12. Jahrhunderts begonnene, in den dreißiger Jahren des 13. Jahrhunderts größtenteils abgeschlossene Übersetzung der Schriften des Aristoteles ins Lateinische. Ende des 12. Jahrhunderts lagen zudem Übersetzungen von Werken der muslimischen Philosophen al-Kindi, al-Farabi, Avicenna und al-Ghazali (latinisiert Algazel) vor, um 1235 auch die Aristoteleskommentare des Ibn Rushd († 1198, latinisiert Averroës). Averroës übte auf die lateinische Philosophie des Mittelalters großen Einfluss aus und wurde schlicht als „der Kommentator“ bezeichnet, so wie Aristoteles nur „der Philosoph“ genannt wurde. Dieses Schrifttum prägte fortan den Universitätsunterricht, und damit begann die scholastische Wissenschaft im Westen im eigentlichen Sinne. Die wesentlichsten Faktoren und Entwicklungen waren:
Zuletzt geändert von Adam Smith am So 16. Sep 2012, 17:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Tantris
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Tantris »

Alexander Reither » So 16. Sep 2012, 15:49 hat geschrieben:
Aristoteles war sehr beliebt bei den Moslems. Teilweise kamen ja die Übersetzungen über den Umweg Spanien in die christlichen Länder - an die Sorbonne, da hat sie Albertus Magnus ausgearbeitet und diese Thomas von Aquin gelehrt, welcher dann die Lehren Aristoteles in seine Scholastik einfliessen lies.
Ja, aber nicht unbedingt in ihrer eigenschaft als moslems. Hatte aristoteles soviel einfluss auf die innerislamische kultur, das "kirchenwesen" sozusage, wie im westen?

Weiter richtig ist, das Aristoteles bei den frühen Kirchenvätern nicht hoch im Kurs stand. Viele der Arianer waren Anhänger der Lehren des Philosophen.
Und danach?

Hast du nicht mal galileo von brecht gesehen? Wo der philosoph sich weigert durchs fernrohr zu schauen, er will lieber darüber diskutieren, ob "solche sterne nötig seien"?

Also, die ganze wirre scholastik bezieht sich doch auf aristotelische logik. Auch das "logos", das am anfang war (und fleisch geworden ist...) ist doch reiner hellenismus.

Ich habe den eindruck die RKK ist aristoteles und paulus mit ein bisschen augustinus. Jesus selbst hat da nicht viel zu sagen.
Zadilly
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Re: Verdrängung und /oder Vergessen?

Beitrag von Zadilly »

Was haben die Moslems, respektive der Islam mit Aristoteles zu tun? Sehr viel, weil, ohne die islamische Schule der Philosophie, wären die meisten Werke von Aristoteles im christlichen Abendland nicht bekannt geworden. Im 13. Jahrhundert übergaben Vertreter der islamischen Philosophie die Werke von Aristoteles an den "doctor universalis" Graf von Bollstädt, besserr bekannt unter Albertus Magnus.

In den Jahrhunderten zuvor, seit der Kombination von römischem Recht und Katholizismus(380 wurde der Katholizismus Staatsreligion im römischen Reich, hatten der Katholizismus und die römischen Kaiser viele Einrichtungen der girechischen Philosophie zerstört. Besonders der erste Kaiser, der gleichzeitig auch Theologe war, Justinian, zerstörte im Jahr 529 die platonschen Schulen und dessen Akademie. Der Katholizismus sah in der griechi9schen Philosophie die Überlegenheit des Denkens, besonders nach dem Antisemiten Augustinus, der die Theologie über die Philosophie erhoben hatte.

Natürlich konnte der Katholizismus die Lehren von Aristoteles, der selber Atheist war und nur durch seinen Schüler "Alexander dewr Große vorm religösen Mob bewahrt werden konnte, die aritsotelischen Lehren nicht vollständig aufnehmen. Darum passte sie der Antisemit, Thomas von Aquin und Schüler von Albertus Magnus der katholischen Lehre an, wo sie dann bis Mitte des 18. Jahrhunderts zur Grundlage des Wissens avancierten.

Mit freundlichen Grüßen
Zadilly
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