Die Aufklärung

Moderator: Moderatoren Forum 7

eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Wir tauschen keine Argumente aus und trotzdem erreichen wir ein Ergebnis.
Deine Aussage, Bitburger schmecke am besten, soll also kein Argument sein, das in unserer Partyplanung Bestand haben sollte? Prima! Dann ist die Konsequenz einfach: wir kaufen Jever, denn das schmeckt mir am besten. Und da Du ja - for the sake of argument - Deinem eigenen Bekenntnis nach für Deine Aussage keine Geltung beanspruchst, habe ich recht: Jever schmeckt am besten.

Sofern wir aber keinen Streit wollen, müssen wir die unterschiedlichen Geschmäcker im Vorhinein als "Superargument", als ein paradoxes Argument, das Argumentieren ausschließt, verstehen können. Diesen Mechanismus anzuwenden, könnten wir im Umgang mit anderen Menschen zwar tatsächlich gelernt haben, doch dieses Handlungswissen kann trotzdem erst dann aktualisiert werden, nachdem die Argumentationssituation eingerichtet ist, da wir ja dann frühestens erfahren könnten, dass der Mitspieler überhaupt die Regeln in der spezifischen Weise jenes Handlungswissens über den Austausch von Geschmäckern ändern möchte. Diese Variation der Spielregeln stellt insofern eine soziale Konvention dar, die einen Ausweg aus dem Dilemma eröffnet, dass man über Geschmäcker - bekanntlich - nicht streiten könne. (Würden sie als Argument entparadoxiert, kämen Geschmäcker in ihrer Qualität einem dogmatischen Abbruch gleich.) Sie, diese Konvention, kann aber nicht notwendig vorausgesetzt oder gar erzwungen werden, nur weil sich jemand auf den Geschmack beruft. Schon beim Pils hat sich gezeigt, dass Du damit Deine eigene Position abräumst, ein Umstand, den ich nur deshalb nicht ausnützen würde, weil ich diese Party mit Dir feiern möchte. Nur aus diesem Grund funktioniert die Konversation.

Im Falle von Gesellschaft aber kannst Du diese Voraussetzungen nicht mehr als gegeben annehmen; schon deshalb nicht, weil ich Dich explizit darauf hinweise, dass ich nicht bereit bin, die unhintergehbaren Bedingungen der Argumentationssituation, die wir implizit immer schon akzeptiert haben müssen, fallen zu lassen. Sofern Du übrigens nicht nur mit Dir allein in dieser "schönen neuen Welt" leben möchtest, die Du Dir ausdenkst, stellt das auch rein praktisch einen ziemlich gewichtigen Einwand dar.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Deinem eigenen Bekenntnis nach für Deine Aussage keine Geltung beanspruchst[...]
Ich beanspruche für meine Aussage nicht, dass sie sich vernünftig begünden lässt. Wie auch?
Trotzdem bin ich natürlich dafür Bitburger zu kaufen.
Das ist kein Widerspruch (denn ich mag Bitburger nunmal).
Und wir können natürlich trotz deiner Vorliebe für Jever zu einem Ergebnis kommen.
Ich könnte sagen: "Ja, Jever schmeckt auch sehr gut, kaufen wir das." oder "Wir kaufen Bitburger, basta! *böser Blick*".
Das alles ohne, dass einer von uns seine Aussage vernünftig begrünen könnte.
eluveitie hat geschrieben: Sofern wir aber keinen Streit wollen, müssen wir die unterschiedlichen Geschmäcker im Vorhinein als "Superargument", als ein paradoxes Argument, das Argumentieren ausschließt, verstehen können. Diesen Mechanismus anzuwenden, könnten wir im Umgang mit anderen Menschen zwar tatsächlich gelernt haben, doch dieses Handlungswissen kann trotzdem erst dann aktualisiert werden, nachdem die Argumentationssituation eingerichtet ist, da wir ja dann frühestens erfahren könnten, dass der Mitspieler überhaupt die Regeln in der spezifischen Weise jenes Handlungswissens über den Austausch von Geschmäckern ändern möchte. Diese Variation der Spielregeln stellt insofern eine soziale Konvention dar, die einen Ausweg aus dem Dilemma eröffnet, dass man über Geschmäcker - bekanntlich - nicht streiten könne.
Ich kann dir leider nicht ganz folgen.
- Dass es Geschmäcker gibt und wir diese als "Superargument" verstehen müssen, kann man nur im Umgang mit anderen Menschen erlernen. OK; man könnte sonst meinen, dass alle denselben Geschmack haben. Ich sehe allerdings nichts Paradoxes daran.
- Welche Regel will jemand verändern? Die Regel, dass alles vernünftig begründet werden muss? Dies sollte doch für jeden Menschen von vorneherein klar sein (es sei denn er hätte nie etwas mit anderen Menschen zu tun gehabt).
- Die "Variation der Spielregeln" ist also bei Geschmacksäußerungen auf vernünftige Begründungen zu verzichten? Ich sehe nicht, warum es sich dabei um eine Konvention handeln sollte, denn es gibt schließlich keine andere Möglichkeit. Man KANN ja nicht über Geschmäcker streiten. Oder behauptest du, dass doch?
eluveitie hat geschrieben: Schon beim Pils hat sich gezeigt, dass Du damit Deine eigene Position abräumst, ein Umstand, den ich nur deshalb nicht ausnützen würde, weil ich diese Party mit Dir feiern möchte. Nur aus diesem Grund funktioniert die Konversation.
Was meinst du in diesem Fall mit "funktionieren"?
Wir WERDEN am Ende zu einem Ergebnis kommen. Eine Party ohne Bier gibt es schließlich nicht.
Im schlimmsten Fall wird die Party für einen von uns zu einem Reinfall, da er das Bier überhaupt nicht mag.
eluveitie hat geschrieben: Im Falle von Gesellschaft aber kannst Du diese Voraussetzungen nicht mehr als gegeben annehmen; schon deshalb nicht, weil ich Dich explizit darauf hinweise, dass ich nicht bereit bin, die unhintergehbaren Bedingungen der Argumentationssituation, die wir implizit immer schon akzeptiert haben müssen, fallen zu lassen. Sofern Du übrigens nicht nur mit Dir allein in dieser "schönen neuen Welt" leben möchtest, die Du Dir ausdenkst, stellt das auch rein praktisch einen ziemlich gewichtigen Einwand dar.
Du musst sie fallen lassen, denn über Geschmack lässt sich nicht streiten. Ich verstehe nicht wie du das umgehen willst.
Wenn du trotzdem Ärger machst kommst du als Staatsfeind in den Knast. Ich finde schon Leute, die die schönen neue Welt mit mir teilen wollen (weil sie den gleichen Geschmack haben).
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Die "Variation der Spielregeln" ist also bei Geschmacksäußerungen auf vernünftige Begründungen zu verzichten? Ich sehe nicht, warum es sich dabei um eine Konvention handeln sollte, denn es gibt schließlich keine andere Möglichkeit.
Es handelt sich deshalb um eine Konvention, da es anstrengend ist, über Geschmack zu streiten, weil der beanspruchte Wahrheitsbegriff nicht auf Geltung abzielt. Der Mechanismus ist aber, wie im letzten Posting gezeigt, trotzdem abhängig von der Argumentationssituation, da der Spielzug "Geschmack" ja erst dann gemacht werden kann, wenn Du Dich schon mit jemandem (wie mir) unterhältst.
Perdedor hat geschrieben:Du musst sie fallen lassen, denn über Geschmack lässt sich nicht streiten.
Es gibt keinen Grund, Bedingungen fallen zu lassen, die Du akzeptiert haben musst, um überhaupt argumentieren zu können. Stellst Du Deinen Geschmack als Argument dar, was Du notwendig tun musst, um mich zur Rücknahme eines gegen Deinen Geschmack gerichteten Arguments zu bewegen, bleibt Dir bloß eine Alternative: Die Argumentation durch Verweis auf Deinen Geschmack auf ein Dogma zuzuspitzen und damit abzubrechen oder Gründe zu liefern. Nicht ich bin es, der zu Konzessionen gezwungen werden könnte oder etwas zu umgehen bräuchte, nur weil Du behauptest, ich müsste dies ohnehin tun, wenn Du für Dein Argument "Geschmack" reklamierst.

Vielmehr lässt sich Dein Anspruch ziemlich leicht zurückweisen:
- Perdedor: Nach meinem Geschmack sollte a gelten.
- eluveitie: Nach meinem Geschmack handelt es sich bei a nicht um eine Geschmacksfrage.

Dieses Argument schlägt. Wahrheit kann nur mit Gründen entschieden werden und es ist evident, dass Du zumindest für die implizite Behauptung, a sei eine Geschmacksfrage, Wahrheit beanspruchen musst. Sinngemäß hat es der Philosoph Vittorio Hösle dann so formuliert: Sich mit dem Anspruch auf Wahrheit aus der Argumentationssituation herauszureflektieren, sei hoffnungslos inkonsistent.

Im Übrigen ist die Aussage, dass man über Geschmack nicht streiten könne, selbst eine Erkenntnis, die sich durch Argumentation überhaupt erst hat herstellen lassen; sie ist kein Axiom.
Perdedor hat geschrieben:Wenn du trotzdem Ärger machst kommst du als Staatsfeind in den Knast. Ich finde schon Leute, die die schönen neue Welt mit mir teilen wollen (weil sie den gleichen Geschmack haben).
Unter diesen Umständen wäre meine These bewiesen, denn Du würdest Dich nicht auf Gründe beziehen, sondern auf Gewalt! Du stellst Dich vor mich, mit erhobenem Zeigefinger und sagst: "Hast Du mich verstanden? Wir kaufen Bitburger!" Auflösen kannst Du das Dilemma, in das Du Dich übrigens selbst hineinmanövriert hast, nur noch dadurch, indem Du nicht mehr auf Gründe zurechnest, sondern Dich und Dein Urteil über mich und mein Urteil stellst.

Du transformierst die Geltungsfrage in eine Machtfrage:

„In der pragmatischen Logik ist der Sprecher um des Erfolgs seiner eigenen Performanz willen verpflichtet, sie den Gültigkeitsbedingungen zu unterwerfen, die vom gegenseitigen Verstehen abhängen. Wenn nicht, unterliegt er einem »performativen Widerspruch«, der die Kraft seiner Aussage zerstört. »Habt ihr mich verstanden?« ist jedoch ein Performativ, dem der »performative Widerspruch« gleichgültig ist, weil seine Performanz, seine Weise, sich verständlich zu machen, darin besteht, eine Trennungslinie zwischen zwei Bedeutungen desselben Worts und zwei Kategorien von sprechenden Wesen zu ziehen. Dieses Performativ macht denen, an die es sich richtet, verständlich, dass es Leute gibt, die die Probleme verstehen, und Leute, die die Befehle zu verstehen haben, die Erstere ihnen geben“ (Jaqcues Rancière (1997): Das Unvernehmen, S. 58).
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Es gibt keinen Grund, Bedingungen fallen zu lassen, die Du akzeptiert haben musst, um überhaupt argumentieren zu können.
Ich will ja gar nicht mit dir argumentieren (bzw. nur bis zu einer bestimmten Ebene, nämlich der Geschmacksebene).
Ich will feststellen, wie sich unsere Geschmäcker zueinander verhalten.
Wenn sie sich widersprechen, kann man da nichts machen. Es läuft dann auf irgendeine Art von Gewalt hinaus (welche der "Unterlegene" u.U. auch akzeptiert ("Ok, wir nehmen Bitburger - ich will keinen Stress.")).

Du scheinst "Unterhaltung" mit "Argumentation" gleichzusetzen.
Wenn ich aber z.B. eine Frage stelle, oder dich über meine Absichten in Kenntnis setze, befinden wir uns nicht in einer Argumentationsituation.
eluveitie hat geschrieben: Nicht ich bin es, der zu Konzessionen gezwungen werden könnte oder etwas zu umgehen bräuchte, nur weil Du behauptest, ich müsste dies ohnehin tun, wenn Du für Dein Argument "Geschmack" reklamierst.
Doch. Wenn ich den Geschmack für meine Aussage reklamiere, musst du das wohl akzeptieren*. Es sei denn du könntest mich durch Argumente davon überzeugen, dass es sich nicht um eine Geschmacksfrage handelt. Wenn du für dich nur den Geschmack reklamierst, dass es sich nicht um eine Geschacksfrage handelt, ändert es nichts an der Situation, denn da würde ich nur sagen, dass es sich nach meinem Geschmack eben doch um eine Geschmacksfrage handelt. Und du hast soeben zugestanden, dass es sich bei der Frage nach der Geschmacksfrage um eine Geschmacksfrage handelt.
Das Ergebnis ist dasselbe: Wir sind auf einer Gemschacksebene angekommen und widersprechen uns.

*) Mit "akzeptieren" meine ich natürlich nicht, dass du mir zustimmen musst. Aber du kannst mich auch nicht durch Vernunft dazu bringen meine Position zu räumen. Selbst wenn ich grundsätzlich bereit bin Argumente zu akzeptieren und auch in der Lage sie zu verstehen. Denn du hast gesagt, dass es lediglich dein Geschmack ist, der dich glauben lässt es handele sich bei mir NICHT um eine Geschmacksäußerung. M.a.W. du hättest selbst keine Argumente.
eluveitie hat geschrieben: Wahrheit kann nur mit Gründen entschieden werden und es ist evident, dass Du zumindest für die implizite Behauptung, a sei eine Geschmacksfrage, Wahrheit beanspruchen musst.
Das tue ich.
Ich gehe davon aus, dass die Pilsvorliebe eine Geschmackfrage ist. Denn ich habe sie nicht vernünftig begründet und ich wüsste auch nicht, wie ich sie begründen sollte.
Widersprichst du dem (mit Argumenten)?
eluveitie hat geschrieben: Unter diesen Umständen wäre meine These bewiesen, denn Du würdest Dich nicht auf Gründe beziehen, sondern auf Gewalt!
Ja, natürlich. Wenn wir auf der Geschmacksebene angekommen sind und uns diametral widersprechen bleibt nichts anderes, als Gewalt.
Das ist die logische Konsequenz.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Denn ich habe sie nicht vernünftig begründet und ich wüsste auch nicht, wie ich sie begründen sollte.
Dein Eingeständnis, nicht zu wissen, wie Du eine Aussage begründen solltest, sie aus diesem Grunde auch nicht begründet hast, sagt nichts über die Begründungsfähigkeit der Aussage selbst aus, sondern bloß über Dich und Dein (Un-)Vermögen, sie zu begründen.
Perdedor hat geschrieben: Widersprichst du dem (mit Argumenten)?
Nein; im Gegenteil. Innerhalb der Argumentationssituation, in der Du mich aufforderst, Argumente (d.i. Gründe) gemäß den Bedingungen der Möglichkeit jeden Argumentierens anzuführen, insofern also einen gültigen Spielzug zu machen, um Dich davon zu überzeugen, keine Geschmacksfrage gestellt zu haben, gestehe ich Dir zu, dass es sich bei der Wahl der Biersorte tatsächlich um eine Geschmacksfrage handelt, zu dessen Entscheidung wir keine Gründe anführen können.

q.e.d
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Innerhalb der Argumentationssituation, in der Du mich aufforderst, Argumente (d.i. Gründe) gemäß den Bedingungen der Möglichkeit jeden Argumentierens anzuführen, insofern also einen gültigen Spielzug zu machen, um Dich davon zu überzeugen, keine Geschmacksfrage gestellt zu haben, gestehe ich Dir zu, dass es sich bei der Wahl der Biersorte tatsächlich um eine Geschmacksfrage handelt, zu dessen Entscheidung wir keine Gründe anführen können.
Ich hoffe ich kürze nicht sinnentstellend:
"Innerhalb der Argumentationssituation, in der Du mich aufforderst, [...] einen gültigen Spielzug zu machen, um Dich davon zu überzeugen, keine Geschmacksfrage gestellt zu haben, gestehe ich Dir zu, dass es sich bei der Wahl der Biersorte tatsächlich um eine Geschmacksfrage handelt [...]."

Dann sind wir uns also einig, dass es sich bei der Wahl der Biersorte um eine Geschmacksfrage handelt.

Nachdem das geklärt ist, bleibt uns nun unsere Geschmäcker gegenüberzustellen und daraus jeweils Handlungsabsichten abzuleiten.
Im Idealfall sind unsere Geschmäcker gleich und die Bierfrage ist geklärt. Wenn sie nicht gleich sind, ist dies zwar unschön, aber letztendlich wird trotzdem ein Bier gekauft werden.
In unserer Unterhaltung zum Thema Bierfrage habe wir uns also (gezwungenermaßen) auf unsere Geschmäcker berufen. Am Ende der Unterhaltung steht ein Ergebnis (konkrete Handlungen).

Was ich im Grunde sagen wollte, war, dass Unterhaltungen zum Thema "Grundlagen der Gesellschaft" auf dieselbe Weise ablaufen. Im Einzelfall kannst du natürlich versuchen mit Argumenten zu belegen, dass ich mich fälschlich auf meinen Geschmack berufe, da es sich tatsächlich nicht um eine Geschmacksfrage handelt. Wenn du dazu allerdings nicht in der Lage bist (wie bei der Bierfrage), muss die Geschmacksäußerung als Grundlage herhalten.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben: Dann sind wir uns also einig, dass es sich bei der Wahl der Biersorte um eine Geschmacksfrage handelt.
Entscheidend ist nicht, dass wir uns einig sind, sondern wie wir diese Einigkeit hergestellt haben. Dies ist geschehen, indem wir uns innerhalb der Argumentationssituation darauf verständigten, gewissermaßen in einer Art Diskurs über die Geschäftsordnung, die Bierfrage als Geschmacksfrage abzuhandeln. Kaum jemand - zumindest ich nicht - würde Dir dieses Zugeständnis machen, wenn es um die Grundlagen der Gesellschaft, für die Geltung beansprucht wird (werden muss), geht. Mehr war es nicht, was ich zeigen wollte.

Insofern brauche ich auch kein Argument vorzulegen, das Dich von der Überzeugung abbringen könnte, es handele sich um eine Geschmacksfrage, da die Reklamation, es sei so, schlicht unerlaubt im Sinne der unhintergehbaren Regeln der Argumentationssituation ist, zumal Du, allein durch die Aufforderung, ich möge Dein Postulat durch ein Argument widerlegen, Du dieses selbst auf die Ebene eines Arguments hebst, das durch ein anderes Argument überhaupt zu widerlegen wäre. Genau das aber, die Widerlegbarkeit, ist durch die Art, die gemachte Aussage als Geschmacksfrage zu verstehen, ja gerade ausgeschlossen. Die Reflexion auf die Bedingungen der Möglichkeit jeden Arguments sind, in anderen Worten, sogar so stark, dass Du gezwungen bist, Deine eigene These, die eigentlich außerhalb stehen sollte, selbst wieder einzufangen.

Zu sagen, wie Du es getan hast, Du wolltest gar nicht argumentieren, ist außerdem performativ widersprüchlich, da diese Aussage, dass Du nicht argumentieren möchtest, selbst der Performanz des Argumentierens unterliegt, sonst wäre ich gar nicht dazu gezwungen, dem ebenso unhintergehbaren Satz vom Widerspruch folgend, diesbezügliche Einwände zurückzuziehen, geschweige denn, Deinen Spielzug überhaupt zu verstehen. Vulgär ausgedrückt: Es ist vollkommen scheißegal, was Du über die Qualität Deines Arguments behauptest, solange Du die Evidenz dessen, dass Du Deinen Einwand selbst als Argument vorbringen musst, damit er verständlich ist, nicht hintergehen kannst. Und genau das kannst Du nicht.

Um vielleicht letzte Unklarheiten zu beseitigen: Natürlich kannst Du ganz persönlich der Meinung sein, die Gesellschaft solle nach dieser oder jener Art beschaffen sein, doch in dem Moment, wo dies nicht nur ein Privatargument sein soll, Du es also öffentlich machst derart, dass Du für dessen Inhalt Geltung beanspruchst, was - wie gezeigt - für Dich unhintergehbar ist, kannst Du dies nur in einem performativen Akt tun, der so beschaffen sein muss, dass er, wortwörtlich: in der Tat dem gesprochenen Wort widersprechen würde; und zwar schon in dem Moment, wo Du ihn begehst.

Worüber wir übrigens nicht sprechen, um das klarzustellen, ist Faktizität. Handlungen ("konkrete Handlungen" hast Du gesagt) sind bloß empirische Ereignisse, die keinerlei Aussage über Geltung treffen, weil sie kontingent sind - d.h. sie sind, in ihrer konkreten Ausprägung, weder notwendig noch unmöglich, sie könnten so oder anders verlaufen. Das ist u.a. gemeint gewesen, als ich Dir gezeigt habe, wie Du die Geltungs- in eine Machtfrage transformiert hast.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Kaum jemand - zumindest ich nicht - würde Dir dieses Zugeständnis machen, wenn es um die Grundlagen der Gesellschaft, für die Geltung beansprucht wird (werden muss), geht.
Du musst es aber tun, wenn du nicht in der Lage bist mit Argumenten zu belegen, dass es sich nicht um eine Geschmacksfrage handelt.
Was willst du sonst tun (abgesehen natürlich von ignorieren, wenn dich die Geschmacksäußerung nicht betrifft)?
eluveitie hat geschrieben: Insofern brauche ich auch kein Argument vorzulegen, das Dich von der Überzeugung abbringen könnte, es handele sich um eine Geschmacksfrage, da die Reklamation, es sei so, schlicht unerlaubt im Sinne der unhintergehbaren Regeln der Argumentationssituation ist
Wir befinden uns ja NICHT mehr in einer Argumentationssituation, wenn wir auf der Geschmacksebene angekommen sind.
Dass dies auch überhaupt kein Problem darstellt, zeigt die Bierfrage. Du kannst die Situation ja 1:1 übertragen.
Es gehe um die Grundlagen der Gesellschaft. Ich mache eine Aussage, die ich als Geschmacksäußerung deklariere (nach bestem Wissen und Gewissen). Und wir haben festgestellt, dass es grundsätzlich Äußerungen dieser Art gibt (eben die Bierfrage). Nun kannst du entweder zustimmen, dass es sich um eine Geschmacksfrage handelt (und deinen eigenen Geschmack äußern), oder es mit Argumenten widerlegen (ein Widerspruch der sich auf den Geschmack beruft ist dasselbe, wie eine Zustimmung).
eluveitie hat geschrieben: zumal Du, allein durch die Aufforderung, ich möge Dein Postulat durch ein Argument widerlegen, Du dieses selbst auf die Ebene eines Arguments hebst, das durch ein anderes Argument überhaupt zu widerlegen wäre.
Eben nicht.
Ich gehe NICHT davon aus, dass die Geschmacksäußerung zu widerlegen wäre. Ich behaupte NICHT, dass es sich dabei um ein Argument in deinem Sinne handelt.
Im Einzelfall, kann ich mich natürlich irren. Wenn dem so wäre handelt es sich um eine Aussage, die du DANN natürlich widerlegen könntest.
eluveitie hat geschrieben: Genau das aber, die Widerlegbarkeit, ist durch die Art, die gemachte Aussage als Geschmacksfrage zu verstehen, ja gerade ausgeschlossen.
Nein. Dass "2+2=5" eine Geschmacksäußerung ist, lässt sich widerlegen.
eluveitie hat geschrieben: Vulgär ausgedrückt: Es ist vollkommen scheißegal, was Du über die Qualität Deines Arguments behauptest, solange Du die Evidenz dessen, dass Du Deinen Einwand selbst als Argument vorbringen musst, damit er verständlich ist, nicht hintergehen kannst.
Das war noch nicht vulgär genug. Mach doch nochmal mit der Bierfrage klar, was du damit meinst.
Du verstehst doch, was ich meine, wenn ich sage, nach meinem Geschmack, schmeckt Stauder am besten.
Was meinst du dann mit "verständlich sein"? Selbst wenn du im Einzelfall die Frage nicht als Geschmacksfrage betrachtest, weißt du doch was gemeint ist.
Und ich konnte ganz offenbar die Evidenz hintergehen, indem ich die Geschmacksäußerung getätigt habe.
Weiter oben sagst du, es wäre dir nur darum gegangen, dass du bei Gesellschaftsfragen keine Geschmacksfragen erkennen kannst (anderes Thema).
Was hat das jetzt mit der "Unhintergehbarkeit" zu tun. Bei der Bierfrage haben wir diese "Regeln" offenbar ohne Probleme hintergangen.
eluveitie hat geschrieben: Du es also öffentlich machst derart, dass Du für dessen Inhalt Geltung beanspruchst
Mit einer Geschmacksäußerung beanspruche ich keine Geltung im Sinne von vernünftig begründbar.
Auch nicht wenn ich sie in der Öffentlichkeit tätige.
Ich sehe nicht, wieso ich Geltung in diesem Sinne beanspruchen sollte, nur weil ich den Geschmack öffentlich kundtue. Der Sinn meiner Äußerung ist ja nicht, andere zu überzeugen, dass die Aussage "Paderborner Pils schmeckt am besten" wahr ist. Sondern ich äußere meinen Geschmack um ihn mit den Geschmäckern der anderen zu vergleichen und daraus gemeinsame Handlungen abzuleiten.
eluveitie hat geschrieben: in der Tat dem gesprochenen Wort widersprechen würde; und zwar schon in dem Moment, wo Du ihn begehst.
Konkret: Wieso gibt es diesen Widerspruch nicht bei der Bierfrage?
eluveitie hat geschrieben: Worüber wir übrigens nicht sprechen, um das klarzustellen, ist Faktizität.
Beim Geschmack geht es natürlich nicht um Faktizität (äußer natürlich der Tatsache, dass ich es tatsächlich für meinen Geschmack halte).
Trotzdem gibt es offenbar Geschmacksfragen (Krombacher oder Radeberger).
Was sagt eigentlich der Strangersteller dazu?
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben: Du musst es aber tun, wenn du nicht in der Lage bist mit Argumenten zu belegen, dass es sich nicht um eine Geschmacksfrage handelt.
Da brauche ich gar nicht zu belegen, da Du derjenige bist, der die Änderung der Geschäftsordnung beantragst - und im Falle der Grundlagen der Gesellschaft sage ich: Nein! Entscheiden musst Du Dich vielmehr: Soll Deine Äußerung Privatsache bleiben oder nicht? Falls nicht, dann bist Du auf die Zustimmung der Beteiligten angewiesen, sofern die Party nicht scheitern soll.

Im Übrigen ist es bereits ein krasses Zugeständnis Deinerseits, von mir zu verlangen, meine Geschmacksäußerung, dass es sich bei Deiner gar nicht um eine Geschmacksäußerung handeln würde, zu begründen, Du diese Pflicht bei Dir selbst aber nicht auch siehst.
Perdedor hat geschrieben: Wir befinden uns ja NICHT mehr in einer Argumentationssituation, wenn wir auf der Geschmacksebene angekommen sind.
Natürlich befinden wir uns in einer Argumentationssituation - wir sind uns bei der Bierfrage lediglich einig gewesen, die Regeln zu ändern.
Perdedor hat geschrieben: Ich gehe NICHT davon aus, dass die Geschmacksäußerung zu widerlegen wäre. Ich behaupte NICHT, dass es sich dabei um ein Argument in deinem Sinne handelt.
Das löst Dein Problem aber nicht. Du musst schließlich zunächst dafür argumentieren, Geschmacksäußerungen in der Argumentationssituation zuzulassen, um für Deine geschmacklichen Präferenzen werben zu können. Ein Anwendungsbeispiel hast Du selbst gebracht:
Perdedor hat geschrieben: Nein. Dass "2+2=5" eine Geschmacksäußerung ist, lässt sich widerlegen.
In diesem Fall setzt Du bereits bereits ein formales System voraus, von dem Du annimmst, ich verfüge über das entsprechende Handlungswissen im Umgang damit. Soll die Aussage "2 + 2 = 5" wahr werden, bin ich auf Deine Zustimmung angewiesen, nämlich darauf, das Axiomensystem zu verändern. Deine Zustimmung brauche ich, damit meine Äußerungen in dieser neuen Welt für Dich verständlich bleiben.

Genauso ist es in der Argumentationssituation, deren unhintergehbare Regeln Du gerne alterieren möchtest, um in ihr eine Geschmacksäußerung vorbringen zu können - denn diese ist schlicht nicht vorgesehen. Nun sagst Du, Du wolltest gar nicht argumentieren, sondern lediglich Deinem Geschmack Ausdruck verleihen - fein; dann handelst Du Dir aber die Konsequenz ein, für Deine Aussage weder Wahrheit noch Geltung beanspruchen zu können, sie bleibt Deine Privatsache.

Sofern Du sie also auch nur einmal öffentlich äußerst, müsstest Du sie immer mit dem Beisatz versehen, keinerlei Nachfragen zu beantworten oder Gründe angeben zu können. Du müsstest immer sagen: "Weil es so ist (mein Geschmack)." Es ist klar, dass es sich hierbei um das handelt, was wir unserem Handlungswissen vom Argumentieren nach einen dogmatischen Abbruch nennen. Genau dies aber möchtest Du als gültigen Spielzug einführen, d.h. das System so verändern, das es fortdauern kann. Du möchtest, dass "2 + 2 = 5" gilt, um ein Zahlenspiel vorzuführen, eines, das es sonst nicht gäbe.
Perdedor hat geschrieben: Das war noch nicht vulgär genug. Mach doch nochmal mit der Bierfrage klar, was du damit meinst.
Du verstehst doch, was ich meine, wenn ich sage, nach meinem Geschmack, schmeckt Stauder am besten.
Natürlich "verstehe" ich, was Du mit dieser Aussage meinst, genauso, wie Du verstanden haben musst, was ich mit "2 + 2 = 5" gemeint habe, sonst könntest Du mir den (vermeintlich) offensichtlichen Fehler, den gewissermaßen unverständlichen Spielzug innerhalb des Systems, ja gar nicht aufzeigen. Sofern ich meinen trivialen Fehler nicht einsehen, sondern darauf bestehen würde, ihn als gültigen Spielzug machen zu dürfen, kann das Gespräch offensichtlich nur dann fortgesetzt werden, wenn Du damit einverstanden bist, die systemischen Randbedingungen so zu verändern, dass meine Aussage tatsächlich in diesem Sinne verständlich wird.

Was ich also verstehe, wenn Du sagst, dieses oder jenes sei eine Geschmacksfrage, zu der Du Dich in einer bestimmten Weise verhalten möchtest, ist Dein Wunsch, die Bedingungen des Spiels zu ändern, denn innerhalb der Argumentationssituation, von der Du außerdem sagst, Du wolltest sie verlassen, ist es nicht erlaubt, den Spielzug zu machen, den Du gerne machen würdest.

Konkret: Wie lassen alle Argumente beiseite, die uns sagen, wir sollten kein Bier trinken. Wir lassen alle Argumente beiseite, die aufgrund objektiver Kriterien, wie Inhaltsstoffen, Alkoholgehalt oder die Einhaltung des Reinheitsgebots eine Entscheidungshilfe sein könnten. Wir haben uns entschieden, allein auf Grundlage unserer Geschmäcker zu entscheiden. Nicht nur müssten wir dies jedem, der kopfschüttelnd neben uns im Laden steht und gar nicht verstehen kann, wie man überhaupt Bier trinken könne, bekannt machen, wir müssen uns auch zuvor gemeinsam entschieden haben, dass wir entscheiden wollen (die Aktion also nicht wegen Uneinigkeit abbrechen) und wie wir entscheiden wollen (anhand unserer Geschmäcker).

Kurz und gut: Was wir vorhaben, ist ungemein viel voraussetzungsvoller als bloß zu argumentieren, da es für unser Unterfangen keine unhintergehbaren (Geschäftsordnungs-)Bedingungen gibt.
Perdedor hat geschrieben:Und ich konnte ganz offenbar die Evidenz hintergehen, indem ich die Geschmacksäußerung getätigt habe.
Dies ist ausnahmsweise ein sehr leicht zu einzusehender Irrtum, denn in der Tat wird die Aussage "2 + 2 = 5" nicht allein durch die Tatsache wahrer, dass sie getan werden kann. Demonstriert wird damit lediglich, ein bestimmtes Instrument (hier: Sprache) sinnwidrig verwenden zu können.
Perdedor hat geschrieben: Mit einer Geschmacksäußerung beanspruche ich keine Geltung im Sinne von vernünftig begründbar.
Um einen Geltungsanspruch irgendeiner Art kommst Du gar nicht herum, immerhin muss er ja stark genug sein, um Akzeptanz für den Kauf der von Dir präferierten Biersorte herzustellen. Im Prinzip schlägst Du vor, das gängige Handlungswissen über das Argumentieren nicht zu aktualisieren, da Du es für inadäquat in Bezug auf die Art der Entscheidungsfindung hältst: Dir schmeckt dieses eine Bier nun mal am besten.

Was nun folgen wird, ist irgendein wie auch immer geartetes Gespräch darüber, ob alle damit leben können oder nicht, ob ein Kompromiss gefunden werden soll, wie dieser aussehen könnte, usw. usf. In jedem Fall, egal wie es läuft, bist Du auf die Kooperation (!) der übrigen Spieler angewiesen. Sie müssen zunächst akzeptieren, Geschmack als Geltungskriterium zuzulassen, ebenso wie Du es zuerst akzeptieren müsstest, innerhalb eines bestimmten formalen Systems zu operieren, damit wir darin bestimmte Aussagen als wahr oder falsch identifizieren und uns darüber sinnvoll verständigen zu können.
Perdedor hat geschrieben: Konkret: Wieso gibt es diesen Widerspruch nicht bei der Bierfrage?
Diesen Widerspruch gibt es, er ist bloß nicht länger relevant. Als ich Dir zugestanden habe, die Geschäftsordnung so zu ändern, dass wir die Bierfrage von unseren Geschmäckern abhängig machen wollen, haben wir Einigkeit darüber erzielt, den von Dir gewünschten Spielzug als gültigen Spielzug zuzulassen.
Perdedor hat geschrieben:Was sagt eigentlich der Strangersteller dazu?
Humm... vermutlich nimmt er nicht ganz ohne Grund an, dass wir etwas abgeschweift sind ;) - auch wenn ich das Gespräch sehr spannend fand. Die ausschlaggebenden Einsichten haben wir in den letzten zwei bis drei Postings erlangt, als Du mich gebeten hast, Argumente für mein Ansinnen vorzulegen, die Einbringung Deines Geschmacks in die Argumentation abzulehnen, ein Vorgang, der überhaupt nicht hätte stattfinden brauchen, wenn Geschmäcker von vornherein gültige Spielzüge gewesen wären.

Perdedor: Ich gehe davon aus, dass die Pilsvorliebe eine Geschmackfrage ist (Anmerkung: Dies sei die These "s"). Denn ich habe sie nicht vernünftig begründet und ich wüsste auch nicht, wie ich sie begründen sollte. Widersprichst du dem (mit Argumenten)?

eluveitie: Nein; im Gegenteil. Innerhalb der Argumentationssituation, in der Du mich aufforderst, Argumente (d.i. Gründe) gemäß den Bedingungen der Möglichkeit jeden Argumentierens anzuführen, insofern also einen gültigen Spielzug zu machen, um Dich davon zu überzeugen, keine Geschmacksfrage gestellt zu haben, gestehe ich Dir zu, dass es sich bei der Wahl der Biersorte tatsächlich um eine Geschmacksfrage handelt, zu dessen Entscheidung wir keine Gründe anführen können.

Perdedor: Dann sind wir uns also einig, dass es sich bei der Wahl der Biersorte um eine Geschmacksfrage handelt.

eluveitie: Entscheidend ist nicht, dass wir uns einig sind, sondern wie wir diese Einigkeit hergestellt haben. Dies ist geschehen, indem wir uns innerhalb der Argumentationssituation darauf verständigten, gewissermaßen in einer Art Diskurs über die Geschäftsordnung, die Bierfrage als Geschmacksfrage abzuhandeln.

In Wolfgang Kuhlmanns Worten klingt die Schlussfolgerung so:

"Du hast das zugegeben im Rahmen eines Gesprächs, das wir qua Mitspieler in der Diskussion über die Wahrheit von s führten, qua Mitspieler, die sich zwischendurch okkasionell und nur im Rekurs auf ihr Handlungswissen vom Argumentieren, um Missverständnisse und Hindernisse für das Spiel zu beheben, über das Spiel und seine Regeln verständigen, und nicht aus der Position von Argumentationstheoretikern, die sich auf ihre falliblen Zwischenresultate beziehen. Das war es, was ich zeigen wollte." - ebd, 116.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Soll die Aussage "2 + 2 = 5" wahr werden, bin ich auf Deine Zustimmung angewiesen, nämlich darauf, das Axiomensystem zu verändern.
Das Beispiel sollte verdeutlichen, wie man eine Aussage fälschlich als Geschmacksäußerung (Gä) deklariert.
Dafür ist es natürlich Vorrausetzung, dass über das Axiomsystem Einigkeit herrscht.
Wir beide kennen die Axiome und wollen sie verwenden. Deine Aussage "2+2=5" nennst du im Beispiel nur deshalb "Geschmacksäußerung" weil dir nicht bewusst ist, dass es einen Zusammenhang dieser Aussage mit den Axiomen gibt.
Daher kann ich auch mit Argumenten widerlegen, dass es sich um eine Gä handelt (indem ich von den, von uns beiden akzeptierten, Axiomen ausgehe und den Zusammenhang zu deiner Aussage herstelle).

Wenn ich es hingegen nicht widerlegen kann, muss ich davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um eine Gä deinerseits handelte.
Wir müssen uns hier auf nichts einigen. Entweder kann ich widerlegen, dass es sich um eine Gä handelt, oder nicht. "Es nicht zu können" ist gleichbedeutent mit "es als Gä akzeptieren". Denn wenn ich es nicht mit Argumenten widerlegen kann, bleibt mit nur zu sagen, dass es nach meinem Geschmack keine Gä ist. Da ich dies aber nur aus dem Grund machen würde um deine Gä abzulehen, könnte ich sie auch direkt dadurch ablehnen, dass ich selbst eine deiner Gä widersprechende Gä tätige.
eluveitie hat geschrieben: Da brauche ich gar nicht zu belegen, da Du derjenige bist, der die Änderung der Geschäftsordnung beantragst
Um sicher zu gehen: Mit "Geschäftsordnung" meinst du die Regel, dass jede Aussage vernünftig begründet werden muss.
Und handelt sich um die Geschätsordnung einer Argumentationssituation.
?

In blau wiederhole ich nochmal das im letzten Absatz Gesagte, bezogen auf konkrete Zitate von dir (nur zur Verdeutlichung - da es nichts Neues ist, kannst du es auch ignorieren).


Ich beantrage nichts. Ich stelle dich vor die Wahl: Entweder zu widerlegen, dass es sich bei meiner Aussage um eine Gä handelte, oder sie zu akzeptieren.
Es gibt kein drittes. Du machst automatisch eins von beiden.
(Du könntest natülich auch schlicht gar nichts mehr sagen. Aber keine Antwort ist auch eine Antwort. Wenn du z.B. nach meiner Aussage zum Biergeschmack, dich einfach wegdrehst, würde ich daraus schließen, dass du einen anderen Geschmack hast (womit du es natürlich wieder als Gä akzeptierst hast).)

eluveitie hat geschrieben: Natürlich befinden wir uns in einer Argumentationssituation - wir sind uns bei der Bierfrage lediglich einig gewesen, die Regeln zu ändern.


Du konntest nicht widerlegen, dass es sich um eine Gä handelte.

eluveitie hat geschrieben: Du musst schließlich zunächst dafür argumentieren, Geschmacksäußerungen in der Argumentationssituation zuzulassen, um für Deine geschmacklichen Präferenzen werben zu können.


Du lässt sie dadurch zu, dass du sie nicht argumentativ widerlegst.

eluveitie hat geschrieben: Wir haben uns entschieden, allein auf Grundlage unserer Geschmäcker zu entscheiden.
Natürlich war das Beispiel auf das Wesentliche reduziert. Also den Geschmack (auf der Zunge). Dass es noch andere Aspekte gibt, die zur Entscheidung beitragen können, ist klar.
Diese laufen aber am Ende auch auf eine Geschmacksfrage hinaus:
"Nach meinem Geschnack, sollten wir auf unsere Gesundheit achten." vs "Nach meinem Geschmack ist der Rausch wichtiger." etc.
Aber das bringt nichts Neues in die Diskussion, sondern ist nur eine Vervielfachung derselben Diskussionslinie.
eluveitie hat geschrieben: Entscheiden musst Du Dich vielmehr: Soll Deine Äußerung Privatsache bleiben oder nicht? Falls nicht, dann bist Du auf die Zustimmung der Beteiligten angewiesen, sofern die Party nicht scheitern soll.
Die Party findet so oder so statt. Und es wird auch ein Bier geben.
Die Frage ist lediglich, wie es danach um unsere Freundschaft bestellt ist.
eluveitie hat geschrieben: Was nun folgen wird, ist irgendein wie auch immer geartetes Gespräch darüber, ob alle damit leben können oder nicht, ob ein Kompromiss gefunden werden soll, wie dieser aussehen könnte, usw. usf. In jedem Fall, egal wie es läuft, bist Du auf die Kooperation (!) der übrigen Spieler angewiesen.
Ja, für die konkrete Handlung bin ich auf Kooperation angewiesen (wobei auch hier ein Spieler, der in der Minderheit ist, unter die Räder kommen kann).
Nicht allerdings für meine Gä an sich.
eluveitie hat geschrieben: Nun sagst Du, Du wolltest gar nicht argumentieren, sondern lediglich Deinem Geschmack Ausdruck verleihen - fein; dann handelst Du Dir aber die Konsequenz ein, für Deine Aussage weder Wahrheit noch Geltung beanspruchen zu können, sie bleibt Deine Privatsache.
Wie gesagt: Ich beanspruche keine Geltung im Sinne von "meine Aussage ist vernünftig begründbar".
Da ich sie aber in der Öffentlichkeit getätigt habe, ist sie automatisch nicht mehr meine Privatsache.
Und die Anderen können auch etwas mit meiner Gä anfangen. Z.B. können sie feststellen, dass sie den gleichen Geschmack haben, was dann dazu führen kann, dass wir eben dieses Bier kaufen. Die Gä hat also durchaus einen Sinn und ist sogar notwendig, wenn man seine Handlungen in der Gesellschaft planen will.
eluveitie hat geschrieben: Deine Zustimmung brauche ich, damit meine Äußerungen in dieser neuen Welt für Dich verständlich bleiben.
Die Äußerung ist auch so für mich verständlich. Sie kann natürlich falsch sein.
eluveitie hat geschrieben: Dies ist ausnahmsweise ein sehr leicht zu einzusehender Irrtum, denn in der Tat wird die Aussage "2 + 2 = 5" nicht allein durch die Tatsache wahrer, dass sie getan werden kann.
Das war ja auch keine Geschmacksäußerung. Die bevorzugte Pilssorte war eine.
eluveitie hat geschrieben: Humm... vermutlich nimmt er nicht ganz ohne Grund an, dass wir etwas abgeschweift sind
Nicht unbedingt. Der Geschmack ist ja gewissermaßen die Gegenthese zur vernünftigen Begründung. Und die Frage war, ob Vernunft noch zeitgemäß wäre.
Ich vermute eher, dass wir zu viel Text produzieren.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Das Beispiel sollte verdeutlichen, wie man eine Aussage fälschlich als Geschmacksäußerung (Gä) deklariert.
Dieses Problem stellt sich doch überhaupt gar nicht. Sobald jemand akzeptiert, dass eine Proposition als Geschmacksäußerung vorgetragen worden ist, kann die Irrtumswahrscheinlichkeit getilgt gelten.
Perdedor hat geschrieben: Dafür ist es natürlich Vorrausetzung, dass über das Axiomsystem Einigkeit herrscht.
Wir beide kennen die Axiome und wollen sie verwenden. Deine Aussage "2+2=5" nennst du im Beispiel nur deshalb "Geschmacksäußerung" weil dir nicht bewusst ist, dass es einen Zusammenhang dieser Aussage mit den Axiomen gibt.
Nein. Entscheidend ist, dass mir dieses Axiomensystem bekannt gemacht wird, nicht, dass Du - mit welchen Gründen (sic!) auch immer - voraussetzen darfst, dass es bereits bekannt ist.
Perdedor hat geschrieben: Daher kann ich auch mit Argumenten widerlegen, dass es sich um eine Gä handelt (indem ich von den, von uns beiden akzeptierten, Axiomen ausgehe und den Zusammenhang zu deiner Aussage herstelle).
Von Akzeptanz ist in diesem Moment noch gar keine Rede. Dass "2 + 2 = 5" eine falsche Aussage ist, impliziert bereits das Vorhandensein des Handlungswissens über die Argumentation innerhalb eines spezifischen Systems. Genau das aber kannst Du nicht voraussetzen, wenn noch gar keine Einigkeit erzielt worden ist.
Perdedor hat geschrieben: Wenn ich es hingegen nicht widerlegen kann, muss ich davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um eine Gä deinerseits handelte.
Auf keinen Fall. Die Implikation ist falsch. Dein Unvermögen ist kein Argument zu meinen Gunsten - und umgekehrt.
Perdedor hat geschrieben: Wir müssen uns hier auf nichts einigen.
Absolut: doch! Wir müssen uns darauf einigen, innerhalb der Argumentationssituation, die unhintergehbar ist, gewisse Einwände, die uns eigentlich zur Verfügung stünden, nicht zur Anwendung zu bringen. Ganz plastisch ausgedrückt: Wir einigen uns zumindest darauf, nicht ständig die Frage des Fünfjährigen zu wiederholen, die da lautet: warum?
Perdedor hat geschrieben: Entweder kann ich widerlegen, dass es sich um eine Gä handelt, oder nicht.
Die Idee ist zwar nett, sie scheitert aber entweder an dem fehlenden Kriterium der WIderlegbarkeit, des Arguments des unterstellten Unvermögens oder aber an der trivialen Gegenüberstellung von Argumenten, die beide jeweils für sich in Anspruch nehmen, als Geschmacksäußerung verstanden werden zu wollen.
Perdedor hat geschrieben: "Es nicht zu können" ist gleichbedeutent mit "es als Gä akzeptieren".
Auf keinen Fall!!! Unvermögen rechtfertigt gar nicht, egal wie viel es entschuldigend mag.
Perdedor hat geschrieben: Denn wenn ich es nicht mit Argumenten widerlegen kann, bleibt mit nur zu sagen, dass es nach meinem Geschmack keine Gä ist. Da ich dies aber nur aus dem Grund machen würde um deine Gä abzulehen, könnte ich sie auch direkt dadurch ablehnen, dass ich selbst eine deiner Gä widersprechende Gä tätige.
Zugegeben: ein netter Versuch. Aber Du kannst nicht ein Argument gegen mich verwenden, das ich bereits gegen Dich verwendet habe. Dieser infinite Regress. den ich Dir bereits nachgewiesen habe, wendet sich gegen Dich, sobald Du ihn selbst als Argument aktualisierst.
Perdedor hat geschrieben: Ich beantrage nichts. Ich stelle dich vor die Wahl: Entweder zu widerlegen, dass es sich bei meiner Aussage um eine Gä handelte, oder sie zu akzeptieren.
Das ist doch ein Antrag! Es steht Dir gar nicht zu, von mir eine Entscheidung zu fordern, da Du den Nachweis, dass es sich bei meiner Äußerung um eine Geschmacksäußerung handelt, für Deine eigene Äußerung verweigerst! Ohne meine Zustimmung, etwas als Geschmacksfrage problematisieren zu dürfen, bist Du aufgeschmissen. Ende. Aus.
Perdedor hat geschrieben: Wenn du z.B. nach meiner Aussage zum Biergeschmack, dich einfach wegdrehst, würde ich daraus schließen, dass du einen anderen Geschmack hast (womit du es natürlich wieder als Gä akzeptierst hast.
Selbst wenn die empirischen Annahmen stimmten, würdest Du einem Fehlschluss erliegen, da Deine Schlüsse, die Du aus welchen Gründen auch immer gezogen haben magst, keine Gültigkeit beanspruchen könnten, die nicht selbst problematisiert werden könnte.

Kurz: Du bist nicht der Mittelpunkt des Universums.
Perdedor hat geschrieben: Du konntest nicht widerlegen, dass es sich um eine Gä handelte.
Brauche ich nicht. Das gleiche Problem hast Du, wenn ich sage, ich halte es für eine Geschmacksäußerung, Deine Äußerung nicht als Geschmacksäußerung zu verstehen, womit die Beweislast auf Dich zurückfallen würde. Dein Einwand ist keiner. Punkt.
Perdedor hat geschrieben: Du lässt sie dadurch zu, dass du sie nicht argumentativ widerlegst.
Nein. Zu fordern, eine Aussage widerlegen zu können, impliziert notwendig, diese Aussage als Argument vorgebracht zu haben, das der Widerlegung überhaupt fähig ist. Genau dies aber sprichst Du selbst der Geschmacksäußerung ab, so dass Du Dich notwendig dem Widerspruch ausgesetzt siehst, einen Einwand gegen eine Tautologie zu fordern.
Perdedor hat geschrieben:Diese laufen aber am Ende auch auf eine Geschmacksfrage hinaus
Tun sie nicht. Es ist eine bewusste Entscheidung, nicht nach vernünftigen Kriterien zu entscheiden, sondern nach denen des Geschmacks.
Perdedor hat geschrieben: Aber das bringt nichts Neues in die Diskussion, sondern ist nur eine Vervielfachung derselben Diskussionslinie.
Blödsinn. Du setzt bereits voraus, dass es sich um eine Diskussion über den Geschmack handelt, was es nicht tut. Wenn es Deinem Geschmack entspricht, empirische Fakten zu ignorieren - was nur eine soziale Konvention sein kann - ist jede Diskussion immanent sinnlos!
Perdedor hat geschrieben: Die Party findet so oder so statt. Und es wird auch ein Bier geben.
Die Frage ist lediglich, wie es danach um unsere Freundschaft bestellt ist.
Selbst wenn unsere Freundschaft an der Bierfrage scheitern sollte, ist noch nichts darüber gesagt, ob Deine Aussage irgendeine Stufe von Geltung erreicht haben kann, da Du lediglich - schon wieder (!) - die Geltungs- in eine Machtfrage überführt hast. In anderen Worten: Du knüpfst die Geltung Deines Geschmacks an die Frage über Freund und Feind in Bezug auf eine soziale Beziehung,

Das ist nicht nur arm, sondern bestätigt obendrein meine (!) These: Du stehst mit leeren Händen da.
Perdedor hat geschrieben: Wie gesagt: Ich beanspruche keine Geltung im Sinne von "meine Aussage ist vernünftig begründbar".
Wie gesagt: Irgendeine Geltung musst Du beanspruchen, sonst könntest Du gar nicht wollen, das Deinem Wunsch Geltung verschafft würde. Egal wie es läuft: Deine Position ist unhaltbar.
Perdedor hat geschrieben: Die Äußerung ist auch so für mich verständlich. Sie kann natürlich falsch sein.
Sicher gestehe ich Dir zu, meine Äußerung falsch zu verstehen, doch selbst wenn ich Dir zugestehen würde, mich in Bezug auf Deinen Irrtum irren zu können, entstünde darauf noch keinerlei Geltungsanspruch für die Gegenthese, da diese schlicht darauf basieren müsste, meine Zustimmung einzuholen, die Du zuvor für irrelevant erklärt hättest - kurz: Du redest tautologischen Unfug! Zu deutsch: Irrtümer begründen gar nichts.
Perdedor hat geschrieben: Das war ja auch keine Geschmacksäußerung. Die bevorzugte Pilssorte war eine.
Das ist bloß Deine Behauptung - zugegeben: Ich stelle sie nicht in Frage. Doch für Dich in Anspruch zu nehmen, der Gegenüber würde nicht darauf bestehen, das eigene Argument zu entfalten, ist geltungstheoretisch vollkommen irrelevant.

Was Du hier tust, apodiktisch zu behaupten, die Pilsfrage sei eine Geschmacksfrage, ist das, was Philosophen Petitio Principii nennen: Du nimmst den Beweisgrund in der Beweisführung bereits in Anspruch.
Perdedor hat geschrieben: Ich vermute eher, dass wir zu viel Text produzieren.
Für kluge Anschlusskommunikation brauchen wir uns aber sicher nicht zu schämen; oder? :)
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Perdedor hat geschrieben:
Wenn ich es hingegen nicht widerlegen kann, muss ich davon ausgehen, dass es sich tatsächlich um eine Gä deinerseits handelte.

Auf keinen Fall. Die Implikation ist falsch. Dein Unvermögen ist kein Argument zu meinen Gunsten - und umgekehrt.
Doch. Denn es gehört ja gerade zur Definition einer (echten - nicht irrigen) Geschmacksäußerung, dass sie sich nicht vernünftig widerlegen lässt.
Konkret:
Was hat dich dazu bewogen, meine Äußerung zur Bierfrage als Geschmacksäußerung "zuzulassen"?
Wenn du widerlegen hättest können, dass es sich um eine Gä handelt, hättest du es ja gemacht, denn du WÜSSTEST dann ja dass ich mich irre.
Was für eine andere Wahl, als sie als Gä zu akzeptieren hattest du überhaupt? Was hättest du tun können?
Was gibt es dMn neben einer Gä noch, was nicht vernünftig widerlegbar ist?

Dass es noch andere Aspekte beim Bierkauf gibt, als welches am besten schmeckt (z.B. der Preis, die Gesundheitsbelastung etc.) tangiert obige Fragen nicht.
Ebenso ist die Frage, welche Aussagen wir als Grundlage für unsere Entscheidung nehmen, eine andere. Es geht nur darum ob die Äußerung eine Gä war, oder nicht.
Konkret:
"Nach welchen Kriterien sollen wir unser Bier auswählen?" ist eine andere Frage als "Welches Bier schmeckt am besten?".
eluveitie hat geschrieben: Perdedor hat geschrieben:
Das Beispiel sollte verdeutlichen, wie man eine Aussage fälschlich als Geschmacksäußerung (Gä) deklariert.

Dieses Problem stellt sich doch überhaupt gar nicht.
Du sagtest:
Genau das aber, die Widerlegbarkeit, ist durch die Art, die gemachte Aussage als Geschmacksfrage zu verstehen, ja gerade ausgeschlossen.

Also habe ich ein Beispiel gebracht, in dem widerlegt werden kann, dass es sich um eine Gä handelte.
In dem Beispiel war Vorraussetzung, dass die Axiome der Addition von beiden Gesprächsteilnehmern akzeptiert wurden. In diesem Beispiel konnte widerlegt werden, dass es sich um eine Gä handelte. Obwohl der eine Sprecher die Aussage als Gä deklarierte. Er hatte sich eben geirrt, was zu beweisen war, indem man von den gemeinsam akzeptierten Axiomen ausging.
eluveitie hat geschrieben: Wir einigen uns zumindest darauf, nicht ständig die Frage des Fünfjährigen zu wiederholen, die da lautet: warum?
M.a.W. wir einigen uns darauf Gä zuzulassen. Wobei ich das bereits als Vorraussetzung für ein solches Gespräch angenommen hatte.
Denn sonst würde ein Gespräch nie zu einem Ergebnis führen, was ja jeder Mensch weiß.
Erkennen lassen sich die Gä schlicht daran, dass der Gesprächpartner nicht widerlegen kann dass es sich um eine Gä handelte.
eluveitie hat geschrieben: Die Idee ist zwar nett, sie scheitert aber [...] an der trivialen Gegenüberstellung von Argumenten, die beide jeweils für sich in Anspruch nehmen, als Geschmacksäußerung verstanden werden zu wollen.
Warum sollte es daran scheitern? Geschmäcker sind nunmal verschieden. Das belegt die Sache doch gerade.
eluveitie hat geschrieben: Dieser infinite Regress. den ich Dir bereits nachgewiesen habe, wendet sich gegen Dich, sobald Du ihn selbst als Argument aktualisierst.
Es gibt keinen infiniten Regress.
Ich: "Nach meinem Geschmack sollte..."
Du: "Nach meinem Geschmack war das keine Gä."
Ich: "Nach meinem Geschmack doch."
Fertig (über Geschmack lässt sich nicht streiten).
Du hättest natürlich auch direkt sagen können "Nach meinem Geschmack sollte... NICHT.".
Ebenfalls fertig.
Wäre aufs selbe hinausgelaufen.

Das ist auch die Antwort auf:
eluveitie hat geschrieben: Es steht Dir gar nicht zu, von mir eine Entscheidung zu fordern, da Du den Nachweis, dass es sich bei meiner Äußerung um eine Geschmacksäußerung handelt, für Deine eigene Äußerung verweigerst!
Und:
eluveitie hat geschrieben: Das gleiche Problem hast Du, wenn ich sage, ich halte es für eine Geschmacksäußerung, Deine Äußerung nicht als Geschmacksäußerung zu verstehen, womit die Beweislast auf Dich zurückfallen würde.
eluveitie hat geschrieben: Zu fordern, eine Aussage widerlegen zu können, impliziert notwendig, diese Aussage als Argument vorgebracht zu haben, das der Widerlegung überhaupt fähig ist.
Ist es ja, wenn ich mich irre.
Siehe das Rechenbeispiel.
Aber vielleicht kommen wir der Sache jetzt näher:
Unser Problem liegt anscheinend daran, dass manche Aussagen nur falsifiziert werden können nicht verifiziert:

Ich mache eine Aussage und deklariere sie als Gä.
Natürlich kann ich zunächst nicht BElegen, dass es sich um eine Gä handelt. Ich weiß nur, dass ich mir keine vernünftige Begründung denken kann.
WENN es sich aber um KEINE Gä handelt, ist es möglich zu WIDERLEGEN, dass es sich um eine Gä handelt (Rechenbeispiel).
Nämlich indem die Aussage an sich be- oder widerlegt wird.
Wenn du nun allerdings selber angibst, dass du NICHT WIDERlegen kannst, dass es sich um eine Gä handelt,
indem du nämlich deine Ablehnung selbst als Gä deklarierst, akzeptierst du meine Aussage als Gä.
Du WÄRST in der Lage gewesen zu BELEGEN, dass es sich um KEINE Gä handelt, WENN es tatsächlich keine gewesen wäre.
(Es besteht natürlich immernoch die Möglichkeit, dass wir uns beide irren, aber das ändert an der Situation nichts, dass wir die Äusserung als Gä akzeptieren müssen, weil wir es beide (also alle Gesprächsteilnehmer) nicht besser wissen.)

Das Problem der Falsifizierbarkeit ist insb bekannt aus der Naturwissenschaft. Vielleicht macht ein Beispiel daraus es deutlicher:
Wenn ich sage "Überall gelten die Newtonschen Gesetze." kann ich das aufgrund des riesigen (u.U. unendlich großen) Universums nicht (nie) beweisen.
Ich kann es aber sehr leicht widerlgen indem ich nur ein einziges Beispiel finde, wo die Gesetze nicht gelten.
Ebenso bei den Gä: Wenn ich sage "Es gibt KEINE vernünftige Begründung oder Widerlegung meiner Aussage A." (nichts anderes bedeutet ja Gä), kann ich das nicht beweisen (da es praktisch unendlich viele Gedankengänge gibt, die ich noch nicht hatte). Es ließe sich aber leicht widerlegen, indem die Aussage A an sich einfach widerlegt oder bewiesen wird.
Wenn DU nun sagst "Es GIBT eine vernünftige Begründung oder Widerlegung deiner Aussage A (m.a.W. es war keine Gä). Aber eben diese MEINE Aussage ist nicht vernünftig begründ- oder widerlegbar.", so widersprichst du dir. Denn
entweder gibt es eine vernünftige Begründung oder Widerlegung meiner Aussage A, dann kann sie prinzipiell auch gefunden werden, womit dein zweiter Satz widerlegt wäre,
oder es gibt sie nicht, womit dein erster Satz falsch wäre.

eluveitie hat geschrieben: Selbst wenn unsere Freundschaft an der Bierfrage scheitern sollte, ist noch nichts darüber gesagt, ob Deine Aussage irgendeine Stufe von Geltung erreicht haben kann, da Du lediglich - schon wieder (!) - die Geltungs- in eine Machtfrage überführt hast.
Hier drehen wir uns im Kreis. Natürlich läuft es auf eine Machtfrage hinaus, wenn wir auf der Geschmacksebene angekommen sind.
Ich beanspruche eben keine Geltung für meine Gä im Sinne von vernünftig begründbar.
eluveitie hat geschrieben: Irgendeine Geltung musst Du beanspruchen, sonst könntest Du gar nicht wollen, das Deinem Wunsch Geltung verschafft würde.
Gä dienen dazu andere über meinen Geschmack zu informieren. Was natürlich wichtig für ein gemeinsames Vorgehen ist.
eluveitie hat geschrieben: Für kluge Anschlusskommunikation brauchen wir uns aber sicher nicht zu schämen; oder? :)
Im Gegenteil.
Ich denke Wolfgang Kuhlmann könnte hier viel lernen. ;)
Zuletzt geändert von Perdedor am Mi 9. Jun 2010, 22:06, insgesamt 2-mal geändert.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Denn es gehört ja gerade zur Definition einer (echten - nicht irrigen) Geschmacksäußerung, dass sie sich nicht vernünftig widerlegen lässt.
Das ist bloß Deine Definition - und diese müsstest Du zur Prüfung innerhalb der Argumentationssituation vorbringen. Anders als ihre Bedingungen der Möglichkeit ist Deine Definition aber nicht unhintergehbar, da es offensichtlich ist, auch solche Dinge zu einer Geschmacksfrage machen zu können, die sich vernünftig begründen ließen.

Im Übrigen ist das Kriterium - Unwiderlegbarkeit - schlecht gewählt, da es sich niemals nachweisen lassen könnte. Gegen das Argument, man würde im Zweifelsfall bloß an die Grenzen des eigenen Horizonts stoßen, ist kein Kraut gewachsen. Worauf es ankommt, ist die Übereinstimmung, einen Gegenstand als Geschmacksfrage zu verhandeln.
Perdedor hat geschrieben: Dass es noch andere Aspekte beim Bierkauf gibt, als welches am besten schmeckt (z.B. der Preis, die Gesundheitsbelastung etc.) tangiert obige Fragen nicht.
Natürlich tangieren sie die obigen Fragen, da sie klar offenlegen, dass es Kriterien gibt, die vernünftiger Würdigung zugänglich wären, wenn man es denn nur wollte. Wir wollen aber nicht: wir wollen nach Geschmack entscheiden - und das ist eine Konvention innerhalb der Argumentationssituation.
Perdedor hat geschrieben: In dem Beispiel war Vorraussetzung, dass die Axiome der Addition von beiden Gesprächsteilnehmern akzeptiert wurden.
Exakt! Aber diese Voraussetzungen sind nicht unhintergehbar gewesen. Du schreibst selbst, Du hättest vorausgesetzt, dass die Beteiligten die relevanten Axiome akzeptiert haben, doch die Mathematik weist einen über das Alltagswissen hinausgehenden Horizont unabweisbar aus. Es ist durchaus möglich, ein System zu entwerfen, in dem "2 + 2 = 5" aufgrund der zugelassenen Rechenregeln als wahr ausgezeichnet werden kann, doch die Akzeptanz dieser Regeln müsste zuvor eingeholt werden - ganz genau wie im Falle der Geschmacksäußerung.
Perdedor hat geschrieben: Erkennen lassen sich die Gä schlicht daran, dass der Gesprächpartner nicht widerlegen kann dass es sich um eine Gä handelte.
In Deinem Modell basiert eine Geschmacksäußerung schlicht auf Deklaration der eigenen Unfähigkeit zur vernünftigen Begründung. Der Proponent hätte also gar keinen Grund, seine Behauptung von a als Geschmacksäußerung zu revidieren, selbst wenn es gute Gründe dafür gäbe. Das hast Du mit Deinem ungeschickt gewählten Rechenbeispiel selbst bewiesen.
Perdedor hat geschrieben: Es gibt keinen infiniten Regress.
Ich: "Nach meinem Geschmack sollte..."
Du: "Nach meinem Geschmack war das keine Gä."
Ich: "Nach meinem Geschmack doch."
Fertig (über Geschmack lässt sich nicht streiten).
Genau dies ist ein infiniter Regress. Das "Fertig" ist von Dir bloß willkürlich eingeführt worden - argumentationstheoretisch haben wir es erneut mit einem dogmatischen Abbruch zu tun, da das "Nein"-"Doch"-Schema offensichtlich niemals terminiert, sofern nicht irgendwann irgendwer "Fertig" sagt.
Perdedor hat geschrieben:Du WÄRST in der Lage gewesen zu BELEGEN, dass es sich um KEINE Gä handelt, WENN es tatsächlich keine gewesen wäre.
Das ist doch offensichtlich Quatsch. Nach dieser Logik bräuchte ich mich bloß mit einer hinreichend dummen Person zu unterhalten, um alles erdenklich mögliche als Geschmacksäußerung "ausweisen" zu können.
Perdedor hat geschrieben: Es besteht natürlich immernoch die Möglichkeit, dass wir uns beide irren, aber das ändert an der Situation nichts, dass wir die Äusserung als Gä akzeptieren müssen, weil wir es beide (also alle Gesprächsteilnehmer) nicht besser wissen.
Nehmen wir an, dies sei wahr, dann folgte darauf unmittelbar, dass zumindest die gegenseitige Versicherung, dass wir unfähig sind, vernünftige Argumente anzuführen, innerhalb der Argumentationssituation geschehen müsste.
Perdedor hat geschrieben: Hier drehen wir uns im Kreis. Natürlich läuft es auf eine Machtfrage hinaus, wenn wir auf der Geschmacksebene angekommen sind.
Ich beanspruche eben keine Geltung für meine Gä im Sinne von vernünftig begründbar.
Wir drehen uns nicht im Kreis, da die Pointe nicht darin besteht, es bereits als Machtfrage zu begreifen, dass wir unterschiedlicher Meinung sind und überdies zu beschränkt, geeignete Argument zu finden, sondern erst dasjenige Moment, in dem jemand trotz fehlender Vernünftigkeit Geltung beansprucht und diese durchzusetzen sucht.

Tatsächlich ist es aber so, dass der Umgang mit konfligierenden Geschmäckern gelerntem Verhalten entspricht, da es eben keine unhintergehbaren Bedingungen dafür gibt.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Das ist bloß Deine Definition - und diese müsstest Du zur Prüfung innerhalb der Argumentationssituation vorbringen.
Nein. In der Argumentationssituation ÜBER die wir hier diskutieren geht es ja nicht darum, wie eine bestimmte Aussage in unserer jetzigen Diskussion genannt wird.
Es ist vielleicht sinnvoll mal ein paar Begrifflichkeiten für unsere Diskussion festzulegen. Das sind nur Namen. Von mir aus kannst du andere vorschlagen.

Ich definiere für unsere Diskussion: Eine Aussage, die sich nicht vernünftig begründen/widerlegen lässt nenne ich Geschmacksäußerung (Gä).
Wenn in einer Argumentationssituation eine Aussage A mit "Nach meinem Geschmack gilt..." eingeleitet wird, so will der Proponent damit seine Aussage A als Gä deklarieren, also behaupten, dass seine Aussage A nicht vernünftig zu begründen/widerlegen sei.
Diese Behauptung steht natürlich zur Debatte. Nicht allerdings obige Definition. Diese ist nur eine Namensgebung.
eluveitie hat geschrieben: [...]da es offensichtlich ist, auch solche Dinge zu einer Geschmacksfrage machen zu können, die sich vernünftig begründen ließen.
Das geht nach obiger Definition trivialerweise nicht. Man könnte eine Aussage höchstens fälschlich als Gä deklarieren. Es ließe sich dann widerlegen, dass es eine Gä ist. Wenn es hingegen tatsächlich eine Gä ist, kann die Aussage nicht widerlegt/begründet werden.
eluveitie hat geschrieben: Gegen das Argument, man würde im Zweifelsfall bloß an die Grenzen des eigenen Horizonts stoßen, ist kein Kraut gewachsen.
Richtig. Wenn beide Gesprächsteilnehmer an die Grenzen ihres Horizontes stoßen, bedeutet dies nichts anderes, als dass beide die Aussage NICHT vernünftig begründen oder widerlegen können. Für sie handelt es sich also tatsächlich um eine Gä.
Das Beispiel ist die Bierfrage. Keiner von uns konnte vernünftig begründen oder widerlegen, dass Königpilsener am besten schmeckt. Also mussten wir es als Gä anerkennen. Was hätten wir sonst tun können?

Davon unberührt ist die Frage ob Geschmack beim Bierkauf das wichtigste Kriterium ist. Zunächst haben wir die Biervorliebe aber als Gä anerkannt. Und in diesem konkreten Fall sind wir uns auch einig, dass es ein wichtiges Kriterium ist. Bei anderen Fällen mag das anders sein, aber selbst wenn wir bezüglich der Wichtigkeit unterschiedlicher Meinung wären, stimmten wir doch überein, dass es sich um eine Gä handelte. Wir konnten nicht anders. Wir haben uns nicht darauf geeinigt. Jeder von uns war FÜR SICH nicht in der Lage, die Vorliebe vernünftig zu begründen/widerlegen. Dazu hätten wir uns noch nicht einmal in einem Gespräch befinden müssen. Du kannst dich auch selber fragen, welches Bier dir am besten schmeckt und versuchen es zu begründen.

Die Frage, wie wichtig der Geschmack des Bieres ist (vs den Preis etc) ist auch selbst wieder eine Geschmacksfrage. Aber das ist für unsere Diskussion irrelevant, denn wir wollen ja nur fesststellen, dass "welches Bier am besten schmeckt" eine Geschmacksfrage ist.
eluveitie hat geschrieben: Aber diese Voraussetzungen sind nicht unhintergehbar gewesen. Du schreibst selbst, Du hättest vorausgesetzt, dass die Beteiligten die relevanten Axiome akzeptiert haben, doch die Mathematik weist einen über das Alltagswissen hinausgehenden Horizont unabweisbar aus. Es ist durchaus möglich, ein System zu entwerfen, in dem "2 + 2 = 5" aufgrund der zugelassenen Rechenregeln als wahr ausgezeichnet werden kann, doch die Akzeptanz dieser Regeln müsste zuvor eingeholt werden - ganz genau wie im Falle der Geschmacksäußerung.
Ja, und? In dem Beispiel waren die Axiome akzeptiert. Und daher konnte bewiesen werden, dass es sich bei 2+2=5 nicht um eine Gä handelte. Das sage ich ja gerade: Wenn sich jemand irrtümlich auf eine Gä beruft, so ist es möglich dies zu beweisen.
eluveitie hat geschrieben: In Deinem Modell basiert eine Geschmacksäußerung schlicht auf Deklaration der eigenen Unfähigkeit zur vernünftigen Begründung.
Nein. Der Unfähigkeit ALLER Gesprächsteilnehmer.
eluveitie hat geschrieben: Der Proponent hätte also gar keinen Grund, seine Behauptung von a als Geschmacksäußerung zu revidieren, selbst wenn es gute Gründe dafür gäbe.
Wieso das denn nicht? Wenn ihm bewiesen wird, dass er sich irrtümlich auf eine Gä beruft, wird es es natürlich revidieren.
Wir gehen hier ja immer von der Situation aus, dass alle Gesprächsteilnehmer willens sind vernünftige Argumente zu akzeptieren.
eluveitie hat geschrieben: Das "Fertig" ist von Dir bloß willkürlich eingeführt worden - argumentationstheoretisch haben wir es erneut mit einem dogmatischen Abbruch zu tun
Ja, genau. Wie du schon sagtest: "Wir einigen uns zumindest darauf, nicht ständig die Frage des Fünfjährigen zu wiederholen, die da lautet: warum?"
Genau deswegen ist es ja kein infiniter Regress.
Diese Einigung, nicht ständig die Frage des Fünfjährigen zu wiederholen, ist ja gerade der Grund warum Gä funktionieren und sogar notwendig sind. Wie bei der Bierfrage, ohne die Gä wären wir zu gar keinem Ergebnis gekommen.
eluveitie hat geschrieben: Das ist doch offensichtlich Quatsch. Nach dieser Logik bräuchte ich mich bloß mit einer hinreichend dummen Person zu unterhalten, um alles erdenklich mögliche als Geschmacksäußerung "ausweisen" zu können.
Wie schon gesagt. Wir gehen hier natürlich von einer Situation aus, in der jeder bereit ist vernünftige Argumente zu akzeptieren.
Dass man durch Lügen, Täuschung und Betrug auch weiterkommen kann ist klar, aber nicht nur auf Geschmacksäußerungen beschränkt.

In der idealen Situation, in der man zwei hinreichend intelligente Gesprächspartner hat, werden irrige Gä natürlich immer erkannt und es bleiben nur die echten Gä stehen. Auch hier ist die Akzeptanz einer Aussage als Gä keine Konvention. Wenn nicht widerlegt werden kann, dass es sich bei einer Aussage um eine Gä handelt, ist es nach Definition tatsächlich eine.
eluveitie hat geschrieben: Nehmen wir an, dies sei wahr, dann folgte darauf unmittelbar, dass zumindest die gegenseitige Versicherung, dass wir unfähig sind, vernünftige Argumente anzuführen, innerhalb der Argumentationssituation geschehen müsste.
Ja. Die Versicherung des Proponenten besteht ja alleine darin, dass er seine Aussage als Gä deklariert. Die Versicherung des Diskussionspartners darin, dass er die Eigenschaft der Aussage als Gä nicht widerlegt. Ich wiederhole nochmal: Wir gehen hier von der Situation aus, dass beide diskutieren wollen und vernünftige Argumente akzeptieren.
Wenn der eine den anderen täuschen will, braucht er dazu keine Gä. Im Gegenteil, eine gelogene vermeintlich vernünftige Begründung wäre viel wirkungsvoller.
eluveitie hat geschrieben: Wir drehen uns nicht im Kreis, da die Pointe nicht darin besteht, es bereits als Machtfrage zu begreifen, dass wir unterschiedlicher Meinung sind und überdies zu beschränkt, geeignete Argument zu finden, sondern erst dasjenige Moment, in dem jemand trotz fehlender Vernünftigkeit Geltung beansprucht und diese durchzusetzen sucht.
Die Machtfrage kommt erst ins Spiel, wenn wir auf der Geschmacksebene angelangt sind. In bestimmten Situationen ist es natürlich möglich, den Geschmack des anderen zu ignorieren. Es ist für mich z.B. unerheblich welche Musik du bei dir zu Hause hörst. Wenn es aber um die Grundlagen einer Gesellschaft geht, gibt es Situationen, da können Geschmacksdifferenzen nicht ignoriert werden, weil sie u.U. komplementär zueinander sind. Dann läuft es unweigerlich auf die Machtfrage hinaus.
eluveitie hat geschrieben: Tatsächlich ist es aber so, dass der Umgang mit konfligierenden Geschmäckern gelerntem Verhalten entspricht, da es eben keine unhintergehbaren Bedingungen dafür gibt.
Der Umgang damit, von mir aus.
Die Akzeptanz einer echten Gä als Gä ist aber unausweichlich (sofern man sich nicht prinzipiell einer Diskussion verschließt).
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben: Ich definiere für unsere Diskussion: Eine Aussage, die sich nicht vernünftig begründen/widerlegen lässt nenne ich Geschmacksäußerung (Gä).
Nur damit ich das richtig verstehe: Du definierst, es handele sich dann um eine Geschmacksäußerung, sofern sie sich nicht vernünftig begründen bzw. widerlegen lasse. Auf meinen schlagenden Einwand, man könne Geschmacksäußerungen offensichtlich auch zu begründungs- bzw. widerlegungsfähigen Aussagen machen, da es ja gerade zum Wesen solcher Art Äußerungen gehört, nach ihrer Annahme die Diskursregeln zu ändern, antwortest Du nun: das sei qua definitionem ausgeschlossen.

So versuchen wollen zu argumentieren, nennt man Petitio Principii. Im Übrigen ist Deine Definition erwiesenermaßen einfach bloß Quatsch und ich stimme einer weiteren Verwendung ausdrücklich nicht zu.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Du definierst, es handele sich dann um eine Geschmacksäußerung, sofern sie sich nicht vernünftig begründen bzw. widerlegen lasse.
Ja, das war mein Vorschlag. Wenn es dir nicht passt, können wir Aussagen, die sich nicht begründen oder widerlegen lassen auch "Bananen" nennen oder "Grmblfjx". Ich hatte aber bisher das Wort "Geschmacksäußerung" verwendet und halte das auch für intuitiv.
eluveitie hat geschrieben: Auf meinen schlagenden Einwand, man könne Geschmacksäußerungen offensichtlich auch zu begründungs- bzw. widerlegungsfähigen Aussagen machen[...]
Du bist der Meinung, dass Aussagen, die NICHT begründungs- oder widerlegungsfähig sind, begründungs- oder widerlegunsfähig sind?
Was heißt "machen"? Wie willst die Aussage, welches Bier dMn am besten schmeckt, begründbar machen (also so, dass jemand, der sich auf vernünftige Argumente einlässt und diese auch verstehen kann, von der Begründung überzeugt wütrde, dass dieses Bier das beste ist)? Das wäre wirklich interessant, da es die Bierfrage vor jeder Party sehr vereifachen würde.
eluveitie hat geschrieben: So versuchen wollen zu argumentieren, nennt man Petitio Principii.
Nein. Sowas nennt man schlicht "Definition".
Ich definiere: Es sei espilon eine Zahl größer Null.
Du sagst: Machen wir epsilon kleiner Null...
Ich: Nein. Es ist per Definition größer Null.
Ich behaupte nicht, dass es keine Zahlen kleiner Null gäbe. Das Zeichen "epsilon" soll aber für eine Zahl größer Null stehen.
eluveitie hat geschrieben: Im Übrigen ist Deine Definition erwiesenermaßen einfach bloß Quatsch und ich stimme einer weiteren Verwendung ausdrücklich nicht zu.
Eine Definition kann nicht Quatsch sein (außer sie wäre in sich widersprüchlich).
Aber wenn es die Diskussion vereinfacht, nennen wir Aussagen die nicht begründungs- oder widerlegunsfähig sind, so wie du willst. Sag' einfach ein Wort. Ich akzeptiere es. Ich hab nur keine Lust jedesmal "Aussage die nicht begründungs- oder widerlegunsfähig ist" zu schreiben.
Zuletzt geändert von Perdedor am Fr 11. Jun 2010, 21:04, insgesamt 4-mal geändert.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben: Ich behaupte nicht, dass es keine Zahlen kleiner Null gäbe. Das Zeichen "epsilon" soll aber für eine Zahl größer Null stehen.
In einem philosophischen Diskurs interessieren keine Wortprobleme, sondern Erkenntnis - und Deine Definition ist - abgesehen von der bereits vorgeführten Widerlegung - weder notwendig noch unmöglich. Somit scheidet sie als Bedingung der Möglichkeit für Argumentation aus. Kurz: Geschmacksäußerungen sind per se nicht Teil des Spiels. Ende. Aus.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: In einem philosophischen Diskurs interessieren keine Wortprobleme[...]
Na, offenbar doch. Dir passt einfach ein Begriff nicht und blockierst damit jedes weitere Gespräch.
Ich habe dir angeboten selbst das Wort vorzuschlagen, das wir dann in Zukunft verwenden.
Du machst es aber nicht. Wenn du keine Lust mehr hast zu Diksutieren, ist das ja in Ordnung, aber auf diese Weise kommt das etwas albern rüber.
eluveitie hat geschrieben: Deine Definition ist - abgesehen von der bereits vorgeführten Widerlegung - weder notwendig noch unmöglich.
Du kannst eine Wortdefinition nicht widerlegen. Und selbstverständlich ist eine bestimmte Definition weder notwendig noch unmöglich. Es ist einfach ein möglicher Vorschlag.
Aber seis drum. Ich verzichte auf die Definition. Gib mir DEINE.
Welchen Begriff sollen wir für Aussagen, die sich nicht begründen oder widerlegen lassen, verwenden?
Es ist die Grundlage eines jeden Gesprächs sich über die Worte, die man verwendet klar zu werden. sonst redet man aneinander vorbei.
eluveitie hat geschrieben: Geschmacksäußerungen sind per se nicht Teil des Spiels. Ende. Aus.
Ach, so solls laufen?
Nach gut:
Ich hab recht und du hast unrecht. Ende. Aus. :roll:
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Es ist nicht wichtig, wie Du dieses Ding nennst, über das Dein Argument laufen soll, da Dir bereits bei der Konstruktion eine Petitio Principii nachzuweisen ist. Immer wieder denselben Scheiß zu tippen, um es einmal deutlich zu sagen, scheint Dich inzwischen schon selbst zu frustrieren, hm? - anders lassen sich die billigen Schuldzuweisungen in Deinem letzten Posting kaum erklären.

In der Tat: Die Diskussion ist nun beendet.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Es ist nicht wichtig, wie Du dieses Ding nennst, über das Dein Argument laufen soll, da Dir bereits bei der Konstruktion eine Petitio Principii nachzuweisen ist.
Dann hast du offenbar etwas nicht verstanden.
Aber es fällt mir in der Tat schwer, deinen Fehler klar aufzuzeigen, wenn du plötzlich darauf umsteigst, nur noch Wortdefinitionen zu kritisieren und damit jede Diskussion zu verunmöglichen. Falls dein Interesse trotzallem irgendwann wieder aufkeimen sollte, kann ich dir nur empfehlen meinen letzteren längeren Beitrag genau zu lesen. Insbesondere den ersten Absatz, der die Sache eigentlich recht deutlich macht. Vielleicht hast du auch nur einen Teil überlesen (siehe Hervorhebung)?

"Ich definiere für unsere Diskussion: Eine Aussage, die sich nicht vernünftig begründen/widerlegen lässt nenne ich Geschmacksäußerung (Gä).
Wenn in einer Argumentationssituation eine Aussage A mit "Nach meinem Geschmack gilt..." eingeleitet wird, so will der Proponent damit seine Aussage A als Gä deklarieren, also behaupten, dass seine Aussage A nicht vernünftig zu begründen/widerlegen sei.
Diese Behauptung steht natürlich zur Debatte. Nicht allerdings obige Definition. Diese ist nur eine Namensgebung.
"
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Aber es fällt mir in der Tat schwer, deinen Fehler klar aufzuzeigen
Mute Dir nicht Dinge zu, die nicht gelingen können. Einen Fehler habe ich gar nicht gemacht. Kritisieren tue ich Deinen Argumentationsstil, der heißt, etwas zu definieren, um anschließend das, was eigentlich begründet werden müsste, durch diese Definition zu "beweisen".

Genau das ist es nämlich, was Du tust - Du bestehst ja sogar noch darauf, es tun zu dürfen, insofern ist Deine Hervorhebung falsch gesetzt. Besser wäre es so:
Perdedor hat geschrieben: Diese Behauptung steht natürlich zur Debatte. Nicht allerdings obige Definition. Diese ist nur eine Namensgebung.
Außerdem kommt das Zugeständnis, dass es bloß eine Namensgebung ist, von Dir. Das ist nichts, was ich Dir (in diesem Moment) vorgeworfen habe, sondern etwas, dass Du - als Wortproblem! - an dieser Stelle selbst einräumst.

Viel entscheidender ist aber ohnehin, dass Deine Position nicht stark genug ist, um den Nachweis zurückzuweisen, bei einer Geschmacksäußerung handele es sich um einen unerlaubten Spielzug, zu dessen Vorbereitung Du eine Änderung der Geschäftsordnung in der Argumentationssituation beantragen müsstest. Das gilt selbst dann, wenn ich Deiner Definition zustimmen würde, da wir uns hierbei ja lediglich uneinig darüber sind, was als ihr Inhalt zu verstehen sei. Der geltungsrelevante Einspruch richtet sich aber nicht gegen diesen Inhalt, sondern weist auf den performativen Widerspruch hin, in den sich jemand begibt, der eine Geschmacksäußerung als Argument vorbringt, einen Satz also, über den gar nicht sinnvoll argumentiert werden kann. Deshalb braucht es ja zuvor eine Änderung der Geschäftsordnung, um solche Sätze für das Spiel zuzulassen und im Sinne seiner Regeln verständlich zu machen.

Genau dies, diese Änderung der Geschäftsordnung, haben wir in unserem privaten Sprachspiel hergestellt, als Du mich gebeten hast, Argumente vorzulegen und ich Dir zugestand, mit einer Änderung der Regeln einverstanden zu sein, als dass ich Dich (!) aus der Pflicht entlassen würde, einen gültigen Spielzug zu machen und Dir stattdessen erlaube, von Geschmack zu reden. Das Gesagte beschreibt dabei nicht einen Prozess, gewissermaßen ein Schauspiel, das wir aufzuführen bräuchten, wenn wir vor dem Bierregal stehen, vielmehr ist es das, was tatsächlich in dem Wesen unserer Tun begründet liegt, was wir als sozial gelerntes Verhalten an den Tag leben - und so das Theaterstück gedanklich verkürzen. Das ist übrigens auch nur deshalb möglich, weil der andere sofort versteht, worauf Du hinaus willst, sobald Dir die Abscheu ins Gesichts fährt und Dir die Worte entgleiten: "iih, Warsteiner..." Das Gespräch könnte sich so fortsetzen:

a: "Wieso iiih?"
b: "Warstein schmeckt nicht."
a: "Was schmeckt denn daran nicht?"
b: "Der Geschmack."
a: "Ja, aber wie meinst Du denn das? Ist es Dir zu süß, zu weich...?"
b: "Es schmeckt einfach nicht."

Am Ende läuft es darauf hinaus, dass a irgendwann akzeptiert, dass b ständig unerlaubte Züge macht. Es wird ihm klar, dass der Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung auf dem Tisch liegt.

Was den eigentlichen Gegenstand unserer Diskussion anbelangt, sind wir also bereits fertig: Ich habe recht. "Blockieren" - wie Du es genannt hast - tue ich nicht das Gespräch, sondern lediglich den Fortgang eines Gesprächs, dessen Verlauf Du mit einer unakzeptablen Definition bereits vorprogrammiert hast. Für einen bereits determinierten Prozess brauchst Du aber keine Gesprächspartner mehr; dafür ist mir meine Zeit auch zu schade.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Kritisieren tue ich Deinen Argumentationsstil, der heißt, etwas zu definieren, um anschließend das, was eigentlich begründet werden müsste, durch diese Definition zu "beweisen".
Anscheinend ist es immernoch nicht klar geworden.
Ich definiere nur, was das Wort bedeuten soll. Da gibt es noch nichts zu beweisen. Du sagts selber "Es ist nicht wichtig, wie Du dieses Ding nennst".
Eine Aussage, die sich nicht vernünftig begründen lässt NENNE ich Geschmacksäußerung.
Hiermit habe ich noch keine Behauptung aufgestellt, die ich beweisen müsste.
eluveitie hat geschrieben: Außerdem kommt das Zugeständnis, dass es bloß eine Namensgebung ist, von Dir. Das ist nichts, was ich Dir (in diesem Moment) vorgeworfen habe, sondern etwas, dass Du - als Wortproblem! - an dieser Stelle selbst einräumst.
Das Problem war, dass du diese Definition bereits zur Prüfung vorgelegt haben wolltest.
"Das ist bloß Deine Definition - und diese müsstest Du zur Prüfung innerhalb der Argumentationssituation vorbringen."
Da ich mit dieser Definition (also der Zuweisung einer Wortbedeutung) alleine aber noch nichts behauptet habe, gibt es nichts zu prüfen. Wir können höchstens ein anderes Wort verwenden.

Zu prüfen gibt es erst etwas, wenn ich behaupte, dass eine bestimmte Aussage A von mir eine Geschmacksäußerung sei. M.a.W., wenn ich behaupte, dass sich eine bestimmte Aussage A von mir nicht vernünftig begründen lässt. (Dies sei die Behauptung B.)

Wie ich weiter oben dargelegt habe, ist es nicht möglich zu beweisen, dass meine Behauptung B wahr ist (Falsifizierbarkeit etc.).
Allerdings ist es möglich sie zu widerlegen, wenn sie falsch ist. Dann hätte ich mich geirrt und es handelt sich bei A tatsächlich NICHT um eine Gä.
Da wir natürlich vorrausgesetzt haben, dass beide Seiten an einer konstruktiven Diskussion interessiert sind, wäre es natürlich deine Pflicht meinen Irrtum aufzuzeigen, wenn du könntest. Wenn du es nicht tust, bedeutet das dann nichts anderes, als dass wir beide meine Aussage A tatsächlich nicht vernünftig begründen können, meine Behauptung B also wahr war.

An dieser Stelle kann man sich auf nichts mehr "einigen". Entweder du kannst meine Behauptung B widerlegen, oder nicht.
eluveitie hat geschrieben: Deshalb braucht es ja zuvor eine Änderung der Geschäftsordnung, um solche Sätze für das Spiel zuzulassen und im Sinne seiner Regeln verständlich zu machen.
Ich hatte weiter oben mal nachgefragt, was genau mit "Änderung der Geschäftsordnung" gemeint ist, aber keine klare Antwort erhalten. Vielleicht ergeben sich lediglich hieraus die Missverständnisse.
Wenn ich mich mit dir auf ein Gespräch mit der Bierfrage als Thema einlasse, so habe ich nie eine Geschäftsordnung akzeptiert, die vorschreibt, dass ich keine Gä tätigen darf. Das wäre auch sinnlos, da ja bekannt ist, dass es Geschmacksfragen gibt (wie ja gerade das Bierbeispiel gezeigt hat).
Sag bitte nochmal in einem Satz, wieso "der Spielzug unerlaubt ist".
Ich stelle lediglich die Behauptung auf, dass man eine bestimmte Aussage nicht vernünftig begründen kann. Was ist an dieser Behauptung dMn problematisch? Sie ließé sich ja widerlegen, wenn sie falsch wäre.

Wenn du lediglich das Tätigen einer Gä "Beantragung einer Änderung der Geschäftsordnung" NENNEN willst, dann gibts da natürlich nichts mehr zu diskutieren. Nennen wir es halt so.
Dennoch ist es eine konstruktive und bisweilen notwendige Aktion innerhalb eines Gesprächs, dass keinen der Teilnehmer vor logische Probleme stellt.
eluveitie hat geschrieben: Genau dies, diese Änderung der Geschäftsordnung, haben wir in unserem privaten Sprachspiel hergestellt, als Du mich gebeten hast, Argumente vorzulegen und ich Dir zugestand, mit einer Änderung der Regeln einverstanden zu sein, als dass ich Dich (!) aus der Pflicht entlassen würde, einen gültigen Spielzug zu machen und Dir stattdessen erlaube, von Geschmack zu reden.
Hierzu hatte ich ebenfalls schonmal gefragt:
Was sonst hättest du denn tun können? Konkret im Bierbeispiel?
Wenn ich mich irrtümlich auf den Geschmack berufen hätte, hättest du meinen Irrtum aufzeigen müssen. Wenn nicht, bleibt dir keine Wahl.
eluveitie hat geschrieben: Das Gesagte beschreibt dabei nicht einen Prozess, gewissermaßen ein Schauspiel, das wir aufzuführen bräuchten, wenn wir vor dem Bierregal stehen, vielmehr ist es das, was tatsächlich in dem Wesen unserer Tun begründet liegt, was wir als sozial gelerntes Verhalten an den Tag leben - und so das Theaterstück gedanklich verkürzen.
Dass man nicht alles vernünftig begründen kann, kann auch jeder für sich feststellen. Du kannst dich ja selbst fragen, warum ein bestimmtes Bier dir am besten schmeckt (und das Theaterstück in deinem Kopf aufführen).
Sozial gelernt ist lediglich, dass Geschmäcker sich von Mensch zu Mensch unterscheiden können.
eluveitie hat geschrieben: a: "Wieso iiih?"
b: "Warstein schmeckt nicht."
a: "Was schmeckt denn daran nicht?"
b: "Der Geschmack."
a: "Ja, aber wie meinst Du denn das? Ist es Dir zu süß, zu weich...?"
b: "Es schmeckt einfach nicht."
Spätestens die zweite Frage von a ist bereits unsinnig, da b ja bereits zugestanden hat, dass er seinen Ekel nicht vernünftig begründen kann. Daraufhin nach einer Begründung zu fragen deutet auf Ignoranz hin.
Auf die letzte Frage von a hätte b aber durchaus sinnvoller antworten können. Denn natürlich kann man dem Bier Eigenschaften, wie Süße etc. zuordnen. Das wäre natürlich keine Begründung dafür, warum diese Eigenschaften gerade Ekel hervorrufen. Insofern bringt es die Diskussion auch nicht weiter.

Der entscheidende Punkt ist, das dieses "Theaterspiel" nicht gespielt werden muss, da selbst b sofort einsehen kann, dass der Biergeschmack nicht vernünftig begründet werden kann (sogar bevor er die Diskussion mit a beginnt).
eluveitie hat geschrieben: Was den eigentlichen Gegenstand unserer Diskussion anbelangt, sind wir also bereits fertig: Ich habe recht.
:D
Bist du mal auf die Idee gekommen, dass es dem Lernerfolg zuträglich sein könnte, nicht davon auszugehen alles schon vorher zu wissen?
Ich zweifle nicht, dass dich Kuhlmann überzeugt hat. Aber vielleicht irrt er sich ja?
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Wenn ich mich mit dir auf ein Gespräch mit der Bierfrage als Thema einlasse, so habe ich nie eine Geschäftsordnung akzeptiert, die vorschreibt, dass ich keine Gä tätigen darf.
Die Situation, in der wir uns befinden, ist nicht so beschaffen, dass sie Geschmacksäußerungen nicht zulassen würde, sondern so, dass sie unverständlich im Sinne der Spielregeln sind. Unhintergehbar sind die angenommene Existenz von Wahrheit oder die Akzeptanz des Widerspruchssatzes, nicht aber der Geschmack. Eben deshalb hast weder Du akzeptiert, keine Geschmacksäußerung machen zu dürfen, noch habe ich akzeptiert, sie zulassen zu müssen - ergo: wir müssen uns einigen. Dies ist die Metadebatte über die Debatte, das, was mit Geschäftsordnung gemeint ist.
Perdedor hat geschrieben: Sozial gelernt ist lediglich, dass Geschmäcker sich von Mensch zu Mensch unterscheiden können.
Nein - sozial gelernt ist der Umgang mit verschiedenen Geschmäckern, sozial gelernt ist die "barmherzige Korrektur", dem Gegenüber mitzuteilen, "ja, ich habe Dich verstanden. Du möchtest Geschmack geltend machen und die Argumentationssituation entsprechend anpassen", ohne dies verbal zu explizieren oder dies verbal von dieser Person expliziert zu bekommen.
Perdedor hat geschrieben: Spätestens die zweite Frage von a ist bereits unsinnig, da b ja bereits zugestanden hat, dass er seinen Ekel nicht vernünftig begründen kann. Daraufhin nach einer Begründung zu fragen deutet auf Ignoranz hin.
Blödsinn! Aufrichtiges Interesse an den Gründen für Ablehnung zu bekunden, ist sicherlich keine Ignoranz, zumal Du, um diese Aussage treffen zu können, Deine bereits als falsch erwiesene und im übrigen abgelehnte Definition heranziehst. Noch schlimmer; selbst dann, wenn wir Deine Definition heranzögen, wäre Deine Schlussfolgerung falsch, da ja erst durch das Nachfragen überhaupt festzustellen wäre, ob der Betroffene Gründe anführen kann oder nicht.
Perdedor hat geschrieben: Auf die letzte Frage von a hätte b aber durchaus sinnvoller antworten können. Denn natürlich kann man dem Bier Eigenschaften, wie Süße etc. zuordnen. Das wäre natürlich keine Begründung dafür, warum diese Eigenschaften gerade Ekel hervorrufen. Insofern bringt es die Diskussion auch nicht weiter.
Natürlich bringt es die Diskussion weiter, schließlich erhält der Fragende Informationen darüber, was dem Befragten schmeckt und was nicht.
Perdedor hat geschrieben: Ich zweifle nicht, dass dich Kuhlmann überzeugt hat. Aber vielleicht irrt er sich ja?
Möglich ist es. Allerdings sind Deine Irrtümer bereits erwiesen - die von Kuhlmann nicht.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Eben deshalb hast weder Du akzeptiert, keine Geschmacksäußerung machen zu dürfen, noch habe ich akzeptiert, sie zulassen zu müssen
Beantworte bitte mal die Frage, die ich schon mehrmals stellte. Anders kommen wir wohl nicht weiter.
Was ist deine Alternative zur Akzeptanz?
Ich: "Warsteiner schmeckt am besten. Ich kann das aber nicht vernünftig begründen (so dass es dich überzeugen würde, wenn du ihm nicht ohnehin zustimmtest)."
Du: "..."?
eluveitie hat geschrieben: ergo: wir müssen uns einigen.
Was sagst du konkret zu meinen obigen Ausführungen? Ich denke, ich habe ziemlich klar dargelegt, dass es in dieser Situation nichts zu einigen gibt.
eluveitie hat geschrieben: Aufrichtiges Interesse an den Gründen für Ablehnung zu bekunden, ist sicherlich keine Ignoranz
Wenn vorher explizit mitgeteilt wurde, dass man keine Gründe dafür hat (bzw keine kennt), ist dies durchaus Ignoranz.
eluveitie hat geschrieben: Deine bereits als falsch erwiesene und im übrigen abgelehnte Definition heranziehst.
Ist es nun plötzlich doch wichtig, wie ich Dinge nenne?
eluveitie hat geschrieben: Noch schlimmer; selbst dann, wenn wir Deine Definition heranzögen, wäre Deine Schlussfolgerung falsch, da ja erst durch das Nachfragen überhaupt festzustellen wäre, ob der Betroffene Gründe anführen kann oder nicht.
Eben nicht!
Indem ich es als Gä bezeichne, will ich damit sagen, dass ich keine Gründe anführen kann.
eluveitie hat geschrieben: Natürlich bringt es die Diskussion weiter, schließlich erhält der Fragende Informationen darüber, was dem Befragten schmeckt und was nicht.
Es ist sicherlich eine interessante Information, beantwortet aber nicht die Frage, warum eben dieser Geschmack des Bieres (wie man ihn auch immer beschreiben mag) mir nicht zusagt. Es wird dich also weiterhin nicht überzeugen.
Zuletzt geändert von Perdedor am Do 17. Jun 2010, 22:32, insgesamt 3-mal geändert.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben: Ich: "Warsteiner schmeckt am besten. Ich kann das aber nicht vernünftig begründen (so dass es dich überzeugen würde, wenn du ihm nicht ohnehin zustimmtest)."
Du: "..."?
Ich: "Gut. Dann kaufen wir kein Warsteiner." Ende der Geschichte.
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Ich: "Gut. Dann kaufen wir kein Warsteiner."
Damit hast du aber nicht meine Gä abgelehnt, sondern ihr eine weitere (ihr widersprechende) entgegengesetzt. Sofern ich mit der Äußerung meiner Vorliebe auch den Kaufwillen impliziert habe, läuft es nun notwendig auf die Machtfrage hinaus.
So ist es nunmal, wenn Geschmäcker sich unterscheiden (hatten wir ja schon weiter vorne).
Und wo war in diesem Gespräch nun das Problem?
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Damit hast du aber nicht meine Gä abgelehnt, sondern ihr eine weitere (ihr widersprechende) entgegengesetzt.
Deine Geschmacksäußerung ist für mich nicht einmal verständlich, da Du ja nach wie vor darauf beharrst, die dafür notwendige Änderung der Geschäftsordnung nicht beantragen zu müssen. Entgegengestellt habe ich Dir deshalb auch keine Geschmacksäußerung, sondern eine Konsequenz: Es wird kein Warsteiner gekauft.
Perdedor hat geschrieben:Und wo war in diesem Gespräch nun das Problem?
Das Problem liegt in Deinem paradoxen - vielmehr: performativ-selbstwidersprüchlichen - Verhalten, Dir zu wünschen, Deine Wünsche mögen nicht in Erfüllung gehen. Problematisch ist, in anderen Worten, dass Du nicht verstehst, was Du eigentlich selbst tust.

Nun habe ich übrigens endgültig die Lust verloren. Kein Warsteiner - wirklich nicht!
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Deine Geschmacksäußerung ist für mich nicht einmal verständlich
Du verstehst nicht was "Warsteiner schmeckt am besten." bedeuten soll? Schmeckt dir kein Bier am besten?
eluveitie hat geschrieben: Entgegengestellt habe ich Dir deshalb auch keine Geschmacksäußerung, sondern eine Konsequenz: Es wird kein Warsteiner gekauft.
Wie die Konsequenz ist, wird die Machtfrage entscheiden.
Zunächst mal hast du nur deine Vorliebe (kein Warsteiner) geäußert (ebenfalls ohne Begründung).
eluveitie hat geschrieben: Das Problem liegt in Deinem paradoxen - vielmehr: performativ-selbstwidersprüchlichen - Verhalten, Dir zu wünschen, Deine Wünsche mögen nicht in Erfüllung gehen.
Ich wünsche mir das durchaus. Und wie ich mir mit der Aussage "Warsteiner schmeckt am besten." widersprechen soll, bleibt weiter unklar. Dass ich das nicht so begründen kann, dass du dem zustimmen würdest, ist ebenfalls kein Widerspruch (sondern liegt in der Natur der Sache, wie du ja selber weisst). Und dass ich wegen meiner Vorliebe dafür bin Warsteiner zu kaufen ebensowenig.
eluveitie hat geschrieben: Nun habe ich übrigens endgültig die Lust verloren. Kein Warsteiner - wirklich nicht!
Schmeckt sowieso nicht.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Wie die Konsequenz ist, wird die Machtfrage entscheiden.
Zunächst mal hast du nur deine Vorliebe (kein Warsteiner) geäußert (ebenfalls ohne Begründung).
Bedaure - beides ist falsch. Es gibt keine Machtfrage und ich habe nicht gesagt, Warsteiner sollte nicht gekauft werden. brutum factum: Warsteiner wird nicht gekauft. Das ist die unumgängliche Konsequenz Deines eigenen Standpunktes. Ende. Aus. :cool:
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Warsteiner wird nicht gekauft. Das ist die unumgängliche Konsequenz Deines eigenen Standpunktes.
Wie du meinen Äußerungen entnehmen kannst ist es mein Wunsch Warsteiner zu kaufen.
Wenn du das verhindern willst musst du Gewalt anwenden (-> Machtfrage). Ganz einfach.
Arbeit. Leben. Zukunft.
eluveitie

Re: Die Aufklärung

Beitrag von eluveitie »

Perdedor hat geschrieben:Wenn du das verhindern willst musst du Gewalt anwenden (-> Machtfrage). Ganz einfach.
Es ist viel einfacher: Die von Dir gewünschte - Du sagst es selbst! - Änderung der Geschäftsordnung nehme ich an, kaufe anschließend Jever und grille ohne Dich. :cool:
Benutzeravatar
Perdedor
Beiträge: 3475
Registriert: Do 5. Jun 2008, 23:08

Re: Die Aufklärung

Beitrag von Perdedor »

eluveitie hat geschrieben: Die von Dir gewünschte - Du sagst es selbst! - Änderung der Geschäftsordnung nehme ich an, kaufe anschließend Jever und grille ohne Dich.
Wir haben aber nur einen Grill und unser Geld reicht zusammen nur für einen Kasten Bier.
Wir müssen ja eine Situation konstruieren, in der sich unsere Interessen widersprechen. Wenn es sowieso kein Problem darstellt, dass jeder macht, was er will, da eben beide Vorlieben ohne Widerspruch unter einen Hut gebracht werden können, war die ganze Vorraussetzung für eine Diskussion nicht gegeben.

Da ich gerade ausnahmsweise mal Zeit habe, fasse ich nochmal zusammen, wie eine Diskussion, in der Geschmäcker relevant sind, üblicherweise abläuft. Ich versuche es - eingedenk unserer Diskussion hier - möglichst ausführlich darzustellen. In der Realität läuft das ganze natürlich in der Regel in Kurzform. Wenn du Lust hast, kannst du nochmal genau die Stelle markieren, in der ich mir deiner Ansicht nach "performativ widerspreche". Wäre doch schade, wenn wir hier gar nichts aus der Diskussion mitnähmen. ;)


Es steht die Frage im Raum: "Welches Bier sollen wir für unsere Grillparty kaufen?"

Ich sage: "Ich bin dafür, Bitburger zu kaufen."
Und liefere auch gleich die Begründung mit: "Weil es am besten schmeckt."
Jeder Mensch der schonmal etwas geschmeckt hat, weiß, was diese Aussage bedeutet. Insbesondere wird jeder, der schonmal Bier getrunken hat, eine Biersorte einer anderen vorziehen. Dazu ist keine Sozialisation notwendig. Selbst ein Höhlenmensch, der noch nie mit einem anderen Menschen etwas zu tun hatte, wird ein Bier lieber mögen als ein anderes.
Soweit ist also alles für jeden verständlich.
Nun ist es so, dass meine Begründung der Wahrheit entspricht. Ich habe viele Biere getestet und Bitburger schmeckt mir wirklich am besten. ALLERDINGS bin ich trotz langen Nachdenkens nicht auf ein vernünftiges Argument gestoßen, welches einem anderen Menschen, dem Bitburger nicht am besten schmeckt, davon überzeugen würde, dass es doch am besten schmeckt. (Möglicherweise kann ich mir eine Begründung denken, warum Bitburger MIR am besten schmeckt - also z.B. indem ich die Funktionsweise meines Gehirns analysiere - nur wird diese Erklärung trotzdem nicht die Vorliebe eines anderen Menschen beeinflussen.) Oder anders: Wenn sich meine Vorliebe irgendwann ändern sollte, könnte ich nicht einmal mich selbst durch meine Vernunft zur vorherigen Vorliebe zurückbekehren.
Für diese Erkenntnis, dass ich keinen überzeugenden Grund habe, warum Bitburger anderen am besten schmecken sollte, brauche ich ebenfalls nicht erst mit anderen zu kommunizieren. Selbst der Höhlenmensch, kann versuchen eine überzeugende Begründung zu finden und scheitern.
Aus diesem Grund füge ich meinem "Weil es am besten schmeckt." noch hinzu: "Aber wenn es dir nicht am besten schmeckt, kann ich dich nicht mit vernünftigen Argumenten davon überzeugen, dass es doch so ist. Kurz (wenn dir nur diese Kurzform Probleme bereitet, dann ignoriere sie bitte - sie ist nicht wichtig): Es ist eine Geschmacksäußerung.".

Nun bist du am Zug: Du weißt nun, was meine Biervorliebe ist und dir ist bekannt, dass ich dich nicht durch vernünftige Argumente zu meiner Vorliebe bekehren kann (weil ich es gesagt habe). Außerdem kennst du deine eigene Vorliebe. Da du ja an einer konstruktiven Diskussion interessiert bist, überlegst du nun, ob DU deine Vorliebe so begründen kannst, dass ich meine Vorliebe ändere. Wir haben weiter oben festgestellt, dass du es im konkreten Fall der Bierfrage auch nicht kannst. Wenn du es könntest, würdest du deine Begründung jetzt natürlich vorbringen und, wenn sie tatsächlich vernünftig ist, hättest du mich überzeugt. Wenn du es nicht kannst, bestätigst du mich, dass sich die Vorliebe anscheinend nicht auf die besagte Weise begründen lässt. Dennoch weißt du natürlich immernoch, was deine eigene Vorliebe ist. Und du wirst sie nun einbringen, da wir ja eine Entscheidung in der Bierfrage benötigen und diese Entscheidung anhand der Vorlieben getroffen werden kann. Da wir ja keine Fanatiker sind, werden wir realistischerweise nun ein paar Biersorten durchgehen und unsere jeweilige Meinung dazu kundtun ("Nee, Bitburger mag ich nicht, wie findest du Jever?" - "Jever finde ich auch sehr gut, nehmen wir also Jever."). Im schlimmsten Fall sind unsere Biervorlieben allerdings komplementär und da es eine Party ohne Bier nicht geben kann, wird sich der mächtigere durchsetzen (das ist bei diesem Beispiel natürlich etwas konstruiert, aber wir haben ja immer die Gesellschaftsfragen im Hinterkopf und dort gibt es ja Beispiele für komplementäre Vorlieben, bei der einer Entscheidung nicht aus dem Weg gegangen werden kann).
Arbeit. Leben. Zukunft.
Antworten