Yossarian hat geschrieben:Guter Post, aber Nr 2 stammt nicht von mir^^
Ja, Nr. 2 stammt eigentlich vom User "Platon". Ich wollte seine Aussage (die im Kern ja stimmt) nur ein wenig präzisieren. Aber auch dieser Punkt kam zustande, weil Sie die Beziehungen zwischen der PDK und der AKP infrage gestellt haben. Diese sind, unabhängig vom offiziellen Standpunkt der Türken bezüglich zum Referendum, jedoch vorhanden.
Aber wie bereits gesagt, haben Sie im Bezug auf das Referendum und die türkische Meinung dazu nicht ganz unrecht. Auf der einen Hand pflegt die AKP Beziehungen zu Teilen der Südkurden (Kurden im Irak), dann wiederum lehnt man einen Kurdenstaat unter deren Führung kategorisch ab (zumindest offiziell). Für mich ist die medial präsentierte Ablehnung jedoch der ultimative Beweis für die Kurdophobie der Türkei, sprich seiner Mehrheitsgesellschaft. Entgegen der Behauptung, dass die Türkei kein Problem mit dem kurdischen Volk hat und nur einen Kampf gegen eine Terrororganisation führt (PKK), zeigt die Ablehnung zum Unabhängigkeitsreferendum, dass man das Selbstbestimmungsrecht der Kurden als Ganzes ablehnt.
Es könnte aber auch sein, dass Erdogan in Wahrheit einem pro-türkischen Kurdenstaat nicht abgeneigt ist, erst Recht nicht nachdem er erkannt hat das die USA die Kurden nicht komplett fallen lassen. Irgendwie muss er sich wohl mit der Situation arrangieren. Es ist quasi ein ständiges Lavieren von allen Seiten (auch von den USA). Das er jedoch im Moment, wo er einen türkisch-nationalistischen Weg eingeschlagen hat, sich nicht offen für kurdisches Selbstbestimmungsrecht aussprechen kann, sollte einleuchtend sein. Aber wirkliche Präventivmaßnahmen gegen die Unabhängigkeit der Kurden im Irak habe ich bisher noch nicht erkannt. Er könnte beispielsweise die Grenzen schliessen um so Druck auszuüben. Er tut es aber nicht. Das ist natürlich nur eine Annahme und ein Argument von Kurden die gewisse Sympathien für Erdogan hegen. Ich tue es nicht.
Ich persönlich unterstelle Erdogan eine tiefe Abneigung gegenüber einem kurdischen Selbstbewusstsein. Vielleicht auch deshalb weil man noch immer die Illusion hat, dass der Südosten mit seinen wichtigen Wasservorkommen komplett türkisiert werden könnte.
Yossarian hat geschrieben:Und was 1. angeht hatte mich meine Erinnerung also nicht getrübt, die Spirale der Gewalt begann mit der Ermordung 2er Polizisten durch die PKK.
Nach der Ermordung der zwei Polizisten kündigte Erdogan offiziell die Friedensverhandlungen - danach begann sein Feldzug. Aber ich hatte Ihnen ja ausführlich geschrieben, dass viele Sachen noch vor der Ermordung der beiden Polizisten geschahen. Die großen Anschläge in Suruc und Ankara die sich gegen pro-kurdische Gruppen richteten sollten eigentlich auch Ihnen noch in Erinnerung sein.
Yossarian hat geschrieben:Zu 3 und Rest
Sehr pro kurdisch und sehr optimistisch, meinen Segen hat ein kurdischer Staat, aber ohne Gewalt wird es ihn nicht geben.
Ich finde nicht, dass ich im Bezug auf das Referendum sehr optimistisch bin. Ich bin weiterhin der Meinung, dass ein Alleingang, falls es wirklich einer war, fatale Folgen für die Kurden haben könnte. Ich bin aber nicht darüber informiert was die kurdische Führung hinter verschlossenen Türen mit den Russen oder den Amerikanern besprochen hat. Das wird sich aber noch zeigen. Aber selbst wenn beide Weltmächte das OK geben, wären da noch immer die Türken, Perser und Araber die uns isolieren könnten. Das Risiko wird man aber eingehen - eingehen müssen. Wer an einer respektvollen Koexistenz nicht interessiert ist kann nicht erwarten, dass man sich nicht trennt.
Mein Eintreten für kurdisches Selbstbestimmungsrecht kann natürlich als pro-Kurdisch beschrieben werden, aber ich drückte auch den Schotten die Daumen bei ihrem Referendum und so werde ich es auch bei den Katalanen tun. Ich bevorzuge Kleinstaaterei, wenn dies der Wunsch der erdrückenden Mehrheit einer Volksgruppe ist (falls die Rahmenbedingungen dafür gegeben sind). Wie man zur Kleinstaaterei steht kann natürlich variieren, aber als freidenkender und friedliebender Mensch sollte man schon erkennen das im Falle der Kurden eine Unabhängigkeit unabdingbar ist. Die Deportationen, Massaker, Genozide, Assimilationspolitik, und Abstufung der Kurden in den vier Staaten Iran, Türkei, Syrien, und Irak sind keine Alternative - wir werden nicht von Engländern oder Spaniern besetzt. Das "Glück" hatten wir nicht.
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Ein weiterer kritischer Aspekt für die jetzige Terminfestsetzung des Referendums könnte auch das Argument Baghdads sein, dass man jetzt, wo man sich noch im Kampf mit dem IS befindet keine Volksabstimmung in den umstrittenen Gebieten (Kerkuk, Diyala, Niniveh) durchführen kann. Das Referendum würde juristisch gesehen immer angefochten werden, was gar nicht so abwägig ist. Aus kurdischer Sicht hingegen ist die Geduld am Ende. Denn für Baghdad wird es gewiss nie den richtigen Zeitpunkt für ein solches Referendum geben. Eine Ausrede wird sich immer finden.
Ein weiteres Problem ist natürlich auch, wie ich bereits in meinem ersten Beitrag erwähnt, dass das Parlament seit 2 Jahren ausgesetzt ist. Solch eine wichtige Entscheidung wird normal vom Parlament getragen.
Unterm Strich kann ich aber nur sagen, dass uns Kurden die Umstände egal sind wie wir zur Unabhängigkeit gelangen - gerade weil diese alternativlos ist. Es wird keinen geeinten und friedlichen Irak mehr geben. Vielleicht sollten das auch einmal Politiker außerhalb des Nahen Ostens realisieren - allen voran natürlich Sigmar Gabriel...
Make Kurdistan Free Again...