Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Ich verstehe die Haltung zu Assad, die der Westen generell und auch viele hier im Forum einnehmen, nicht so ganz.
Das wundert mich nun wirklich nicht.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Ich denke, die meisten, mich inbegriffen, sind sich einig, dass Assad nicht demokratisch gewählt ist, und dass das von ihm und vorher von seinem Vater angeführte Regime repressiv ist und beispielsweise nicht davor zurückschreckt, Menschen zu foltern oder anderweitig massive Gewalt einsetzt, unter der die Zivilbevölkerung leidet. Meinungsfreiheit, Pluralismus, demokratische Teilhabe, all dies wird man unter solch einem Regime nur sehr wenig bis gar nicht finden. Und sicher sind außenpolitisch gesehen auch die Allianz mit dem islamistischen Mullah-Regime, der negative Einfluss auf den Libanon und die unversöhnliche Haltung Israel gegenüber als Minuspunkte zu werden.
Bis auf die Tatsache, das die Allianz nicht zwischen Teheran und Damaskus besteht sondern zwischen Damaskus und Moskau, hat du die politischen Gegebenheiten gut oberflächlich wiedergeben.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Dennoch wird hier meiner Meinung nach mit zweierlei Maß gemessen. Wie steht es denn um Meinungsfreiheit, Pluralismus, und demokratische Teilhabe in Saudi Arabien?
Überlegen wir uns mal, ob Saudi-Arabien denn ein Bürgerkriegsproblem hat................hm...........nein, ist nicht vorhanden. Warum also, sollten wir hier ein Maß anlegen? Mir ist es durchaus bewusst, das Saudi-Arabien ein absolutistisches Königreich ist, aber im Gegensatz zu Syrien kann es sich Saudi-Arabien schlichtweg leisten gesellschaftlich im tiefsten Mittelalter auszuharren. Dieses Land sitzt auf Erdöl und solange die Welt nicht lernt, auf dieses immer knapper werdendes Gut zu verzichten, wird dieses Königreich stabil sein. Es kann - und das wieder schön im Gegensatz zu Syrien nicht nur die Einflussreichen sondern eben auch bis zu den normalen Bürgern einen Reichtum verteilen und somit die Menschen bei Laune halten. Für die Drecksarbeit gibt's die Wanderarbeiter aus Pakistan und gut ist.
Also, warum sollte ich bei einer Bewertung einer Kriegslage in einem Bürgerkriegsland Syrien die, durchaus berechtigten, theoretischen Fragen einer demokratischen Öffnung des Königreichs Saud.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Wie um seine Außenpolitk, beispielsweise im Jemen oder auch in Syrien? Ist es so viel verwerflicher, ob sich ein Politiker mit einem Vertreter des Assad-Regimes oder des saudischen Regimes ablichten lässt? Ich finde nicht, und ehrlich gesagt, ist Saudi Arabien in vielen Belangen noch übler als Syrien unter Assad.
Ein netter Ablenkungsversuch, wirklich. So weit ich mich richtig entsinne gibt es einen Thread über den Bürgerkrieg im Jemen und ich glaube auch das es einen separaten Thread über den Konflikt zwischen dem Königreich Saudi-Arabien und der Islamischen Republik Iran geht.
Und nein, ich bin mit Sicherheit kein Freund der militärischen Interventionen von SA im Jemen oder in Syrien. Nur ist dieses Themenfeld zu komplex um es in einer geschickten Ablenkungsfrage zu diskutieren.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Weiterhin stellt sich die Frage, wer denn alternativ Syrien regieren soll.
Ja, das ist eine sehr berechtigte Frage. Ich denke aber, das das Land Syrien als solches nicht ohne langjährige Besatzung befriedet werden könnte. Was aber bedeuten würde, das sich die USA, Frankreich, Russland, der Iran, Israel UND die Türkei an einen Tisch setzen müssten. Da ich das für unwahrscheinlich in der nächsten Zeit halte wird wohl Syrien das passieren, wie dem Irak.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Dazu bitte ich doch, die Berichte über die sogenannten Rebellen in Ost-Ghouta wahrzunehmen, Berichte, die inzwischen auch in der als seriös geltenden Mainstream-Presse erscheinen. Die Wahrheit ist: Es handelt sich bei den Rebellen um Islamisten, deren Ziel es ist, ein islamistisches Regime zu errichten, und die von Terror zur Erreichung ihrer Ziele Gebrauch machen.
Wieso war es mir klar, das diese Aussage von dir kommen musste. War es nicht der Großmufti aus Damaskus, jener dieser welcher wo sich deine Parteigenossen haben sehen lassen, der Europa mit Terror gedroht hat? Das macht die Gefahr durch wirklich existierende islamistischen Rebellengruppen nicht kleiner, aber wenn du das als Argument anführst, dann muss ich dich darauf hinweisen, das Terrordrohungen nicht nur von Seiten der Rebellen kommen, die Islamisten sind. Und das sind auch nicht alle, so wie du es hier zu verkaufen versuchst.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Es mag sein, dass ganz am Anfang des Konfliktes eine bürgerliche Opposition eine größere Rolle gespielt hat; nun aber sind Islamisten am Drücker, die von Saudi Arabien und der Türkei, aber leider offenbar auch vom Westen unterstützt werden.
Nachdem die bürgerliche Opposition entweder es geschafft hat, sich abzuseilen oder aber in den Folterkellern des Regimes Assad hingerichtet wurden haben natürlich die bewaffneten Rebellen den Kampf gegen Assad weitergeführt. Und ja, es sind dort radikalste Islamistengruppen darunter. Aber es gibt auch andere Rebellengruppen.
Ich weiß nicht wie viele "westliche" Staaten über den Umweg Saudi-Arabien an die Rebellengruppen Waffen geliefert haben, aber dieses Vorgehen halte ich nach wie vor für militärisch falsch und geopolitisch für zu gefährlich. Da gab es eine Diskussion zwischen DLB und mir im alten Syrienthread, wo wir genau diese Situationen diskutiert haben und ich damals - sinngemäss - geschrieben hatte, das ich Waffenlieferungen an Rebellengruppen ablehne aufgrund der Gefahr, das diese Waffen in Hände von islamistischen Spinnern geraten könnte. Glaub mir, ich wünschte ich hätte mich da geirrt.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Was soll denn passieren, wenn Assad weg ist, außer weiterer Bürgerkrieg, Kampf von Rebellengruppen untereinander, islamistische Anschläge, Chaos allenthalben? Vielleicht noch Mord und Vertreibung an den ungläubigen Schiiten, Christen, Jesiden etc. durch die Sunniten? War das Beispiel Irak nicht lehrreich genug?
Ich hoffe inständig, das sich die Konfliktparteien an einen grünen Tisch setzen können. Ansonsten wird das ein zweiter Irak.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Und zum Einsatz von Chemiewaffen ist zu sagen, dass es durchaus möglich ist, dass das Assad-Regime diese eingesetzt hat.
Ebenso ist es aber möglich, dass es andere interessierte Kreise waren, die diese eingesetzt haben, beispielsweise die Rebellen selbst.
Mit welchen militärischen Mitteln denn? Das sind ja keine Handgranaten.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Auffallend ist, dass nun, da die Rebellen stark zurückgedrängt werden, es zum Einsatz solcher Waffen kommt, obwohl Assad das doch gar nicht nötig hätte. Die Rebellen hätten es aber nötig, wenn sie einen Angriff des Westens provozieren wollen.
Ich dachte die Rebellen wäre so gut wie besiegt? Was denn nun? So gut wie besiegte Rebellen, ohne nennenswerte Militärbasen und nötigen Equipment schaffen so ein Ding?
Sollte das der Fall sein, sollte "der Westen" diese Soldaten als Ausbilder einstellen.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Ich bin alt genug, die Angelegenheit von 2002/2003 im Irak mitverfolgt zu haben - und wie sehr der Westen bereit war entweder zu lügen oder Falschinformationen aufzusitzen. Für einen Kriegseinsatz wünsche ich mir bedeutend mehr Evidenz, vor allem, wenn dabei eine Eskalation mit weiteren Mächten, etwa Russland, möglich ist.
Komisch, ich kann mich daran erinnern, das es kaum eine Zeit gab, wo "der Westen" zerstrittener war als zur Zeit der Planung und den Angriffs auf den Irak.
Neues und altes Europa nannte Rumsfeld das. Die Koalition der Willigen. Da ja Onkel Joschka erst neulich seinen 70er hatte kam eben auch diese Gegenrede gegen Rumsfeld auf der SiKo. Also da war "der Westen" alles andere als sehr bereit.
Und Gott bewahre, ich möchte auch keinen Kriegseinsatz. Das hier Tweety Donald das Trumpeltier im Porzellanladen gibt finde ich sehr beängstigend. Und leider ist grad niemand da, der ihm auf die Finger klopft. Hoffentlich wird McCain nochmal fit.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Und selbst wenn der Krieg in Syrien mit harten Bandagen gekämpft wird - warum sollte das den Westen, vor allem Deutschland interessieren? Manche Kriege müssen ausgefochten werden, damit danach Ruhe ist. Dass ein kleines Land wie Deutschland "Fluchtursachen" wirksam bekämpfen könnte, halte ich für eine Mär; man sieht das ja sehr gut in Afghanistan, wo der versammelte Westen in Jahrzehnten nichts Wesentliches erreicht hat.
In Afghanistan ist "der versammelte Westen" erst seit eineinhalb Jahrzehnte aktiv. Bitte bei der Wahrheit bleiben.
Das Problem bei der Geschichte "Deckel drauf und warten bis es aufhört zu rumpeln" ist, das dieser Zeitpunkt verstrichen ist, sofern er überhaupt greifbar war. Dafür ist Syrien zu wichtig und seid Hotel Ruanda und Srebrenica sind die Menschen im "Westen" nun mal sensibilisiert.
Nein, der Zeitpunkt war 2013 - da hätte man mit Russland und UN Truppen das Land besetzen können. Aber das wollte keiner und dann kam der IS.
Julian hat geschrieben:(11 Apr 2018, 20:04)
Man kann die Leute nicht zu ihrem Glück zwingen; eine Entwicklung, die westliche Länder über viele Jahrhunderte, ja, Jahrtausende vollzogen haben, können nicht in wenigen Jahren oder Jahrzehnten einfach aufgezwungen oder kopiert werden. Und was muslimische Bevölkerungen tun, wenn man sie frei wählen lässt, dürfte klar sein, dafür reicht ein Blick nach Ägypten oder in die Türkei.
Zwei ganz schlechte Beispiele. Und ich bin gerne bereit dir das kurz zu erklären, warum ich das so sehe.
In der Türkei wurde nicht der islamistische Diktator Erdogan gewählt, sondern der konservative Demokrat. Und er wurde ja von allen hofiert. Er hat sich mit den Kurden arrangiert, hat das übermächtige Militär zurückgedrängt und vor allem einen wahnsinnigen wirtschaftlichen Erfolg gehabt, was ihm die zweite Wiederwahl einbrachte. Ob Erdogan von vorne herein vorhatte sich zum neuen Sultan am Bosporus zu installieren oder ob ihm das im Laufe seiner Amtszeiten gekommen ist, weiß ich nicht. Aber WIE er es gemacht hat ist ein gutes Lehrbeispiel dafür das nicht solide Demokratien von innen heraus übernommen werden können.
Und nun zu Ägypten. Die einzige organisierte Opposition zu Mubarak waren die Moslembrüder. Ägypten hat in den Zeiten der beiden Militärdiktaturen Saddat und Mubarak den Fehler begangen, weite Teile der Bevölkerung in Armut zu halten. Und da griffen die Moslembrüder ein. Barmherzigkeit ist eine der fünf Säulen des Islam und wären die Moslembrüder nicht gewesen hätte es wesentlich mehr Hungerrevolten gegeben. Das Problem ist aber, das nicht nur Barmherzigkeit stark ausgelebt wurde sondern eben auch einen strenge orthodoxe Haltung in allen Fragen der islamischen Lehre. Und deswegen hatte Mursi relativ leichtes Spiel bei der ersten und einzigen demokratischen Präsidentschaftswahl in Ägypten
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
Baier is ma ned so - Baier sei is a Lebenseinstellung
Mia glangt das i woas das i kennt wenn i woin dadat