Was macht eine Intervention im größeren Maßstab und in zeitlicher Dimension mit dem Interventionisten?
So eine Angelegenheit ist ja immer eine Schwingtür oder eine Straße, die man nach beiden Seiten benutzen kann. Wie die Globalisierung. Den Zusammenbruch der UdSSR führt man auf einen Blumenstrauß an Gründen zurück. Vom Vatikan (Polen) über Rüstungsspiralen oder z.B. dem Engagement in Afghanistan hin. Die USA haben durch die Vietnamkrieg sicher noch einmal richtig Zunder für Bürgerrechtsbewegungen, Flower Power u.ä. bekommen. Die Kriege von G.W.Bush in Afghanistan, Irak und die Konfrontation mit dem Iran haben sie von einer kurzeitigen Hypermacht auf Supermacht zurückgestuft. Und auch das bröckelt. Die Langzeitwirkungen sind noch zu untersuchen.
Die größten Interventionisten sind Iran, Russland, die USA, Saudi-Arabien und die Türkei. Was macht dieser Krieg (Syrien und Irak) mit dem Iran? Nicht nur, was macht Teheran mit ihnen. Die Interventionsgründe sind am Anfang bereits mal thematisiert worden. Darum geht es nicht. Um die Toten Irans in diesem Krieg(en?) machte man im Iran lange ein Geheimnis. Warum? Vermutlich mehrere Gründe. Man wollte nicht über ein gesteigertes Engagement sprechen. Das sieht nach Imperialismus aus. Persischen. Und man ist im Iran ja seit 1979 ein Gegner jeder Art von Imperialismus. Auch wollte man sicher nicht noch die Skeptiker im Iran, im Kontext der jetzigen Regierung/Führung noch Stoff bieten. Also, man habe ja schon genug Probleme und Ausgaben. Einfachen Bürgern mit dennoch wahrhaftigen Problemen kann man nicht mit Strategien o.ä. erklären, warum die Ausbildung der Kinder so teuer ist, oder Wohnraum. Der Krieg kommt aber langsam in den Familien im Iran an.
Es gibt keine exakten Zahlen, aber vermutlich sind ca. 1000 Iraner bisher in Syrien und Irak gefallen. Darunter viele Offiziere bis zum Generalsrang. Auffallend viele. Das liegt vermutlich am Korpsgeist und Selbstverständnis der eingesetzten Truppen. Es waren bis vor kurzem in der Hauptsache Iranische Revolutionsgarden (IRGC oder auch Sepah). Erst jüngst kamen Spezialeinheiten der regulären Armee (Artesh) dazu, Fallschirmjäger oder Scharfschützen. Erstere, gerade die Offiziere sind gewohnt in alter Manier in vorderster Front zu wirken und zu leiten. Das fordert Blutzoll. Deshalb so viele der Tote (Unter-)Offiziere. Ähnlich wie die Zenturionen Roms, die napoleonischen Offiziere der vormaligen Revolutionstruppen, den Offizieren der Waffen-SS oder der Roten Armee waren sie keine Gebildeten und Hochschulabsolventen in der Mehrzahl. Kamen aus Mannschaften und waren auch als Offiziere gewohnt "vorne mitzumischen". Da kann man dann auch mal einen Kopfschuss bekommen. Wie einem iranischen General passiert. Daneben sind natürlich viele Spezialisten dort tätig. Oft (Unter-)Offiziere.
Mittlerweile sind die Begräbnisse im Iran nicht mehr "als nebenbei" zu handhaben. Die Frage wird lauten, kann Teheran die "Kosten" niedrig halten? Vietnam, Afghanistan, Irak haben in den USA und Russland tiefe Spuren hinterlassen. Davor hat Teheran Angst. Eine Gegenmaßnahme war, daß ähnlich wie die USA oder Russland der Iran mit Proxies arbeitet. Die Hisbollah mußte ran. Sie haben einen hohen militärischen Wert, das meint auch Moskau, aber jeder Hisbollah-Kämpfer bedeutet einen Iraner weniger. Dazu Afghanen, Pakistaner. Alle nach Syrien und Irak geschickt. Spart Iraner. Dazu natürlich Syrer und Iraker selbst. Das führte in Syrien zu ca. 70 000 Mann unter direktem iranischen Kommando (mehr als die syrische Armee selbst) und im Irak zur PMF, ca. 100 000. Anders als die USA oder Russland kann der Iran gar nicht solche Kontingente selbst bestreiten bzw. fern der Heimat bewirtschaften. Auch das reichte nicht. Der Iran braucht mehr Firepower. So soll der iranischer Chef der Auslandstruppe der iranischen Revolutionsgarden General Suleimani Russland überzeugt haben dazuzukommen.
Die iranische Militärdoktrin (Politik - Clausewitz) wird durch diese Kriege verändert.
Auch das ist ein Ergebnis. Der Krieg mit Saddam war sehr statisch. Es ging nicht anders, weil dem Iran die industrielle und technologische Infrastruktur fehlte ähnlich wie die USA, GB, Frankreich, Deutschland oder Russland sich mit nötigen Kriegsmaterial selbst zu versorgen. Nach dem Krieg ging man darin über - da die USA als gefährlichster Gegner definiert wurde - zu einer asymmetrischen Kriegsführung (die im übrigen sogar vom Pentagon als defensiv eingestuft wurde). Weil eine konventionelle Kriegsführung gegen die USA hoffnungslos ist und der Iran da industriell sowieso nicht mithalten kann. Nicht mal Russland kann das. Das hat in der Anfangsphase der iranischen Intervention in Syrien und Irak sehr gut geklappt. Der Iran hat eine enorme soft power (Kontakte und Einfluß auf Personen und Organisationen) und die Strukturen der asymmetrischen Kriegsführung passten sehr gut zum Kampfstil der Fraktionen im Irak und Syrien. Irgendwann aber merkte man im Iran, daß das aber auch nicht reichte. Man konnte damit stabilisieren. Hier und da. Aber zu wuchtigen, nachhaltigen Operationen reichte es nicht. Dazu brauchte man die Russen. Diese hatten zwar schon im Afghanistankrieg eine teilweise bedauernswerte Performance. Noch als Supermacht. Aber das war noch deutlich mehr, wozu der Iran im Stande war. Das selbst die USA da teilweise schlecht da standen sei hier bemerkt. Als Rumsfeld die Truppen bei Bagdad besuchte, wurde ihm gezeigt, was man aus Ermangelung von Nachschub tun mußte (->Hillbilly Armour). In Syrien selbst war der russische Einsatz für den Iran von großen Vorteil. Vor allen Dingen die Luftwaffe, die Luftkriegsführung- und Aufklärung. Da mangelte es an Möglichkeiten. Auch das war fragil, wie das Beispiel Palmyra zeigte, als schiitische Milizen abgezogen wurden, überrannten IS-Truppen den großen russischen Stützpunkt dort. Keine Firepower aus der Luft konnte dem Einhalt gebieten. Aber, da wo iranische Bodenkriegsführung und russische Luftkriegsführung Hand in Hand ging, konnte man Erfolge erringen. Die könnten vermutlich viel größer sein, aber weder Teheran noch Moskau knien sich da voll rein. Und sie behindern sich auch gerne gegenseitig.
Was geschieht mit dem Iran durch diese "Erfahrungen"? Innenpolitisch? Die Gegner Teherans, auch die Gegner Irans, da muß man ja unterscheiden würden es sich wünschen, daß der Schaden groß ist. Die einen, weil sie sich davon erhoffen daß etwas aus ihrer Sicht positives geschieht, z.B. die Schwächung der bisherigen Führung, die andern, weil ein Konkurrent der hinfällt eben besser ist. Das ist ein buntgemischter Haufen. Menschenrechtler, Natonalisten, Islamisten anderer Staaten, Großmächte usw. Jeder hat aus einem anderen Grund die Hoffnung, daß vielleicht der militärische Engagement Teheran kulturell, politisch, wirtschaftlich schwer treffen kann und so für Veränderungen anfälliger machen könnte. Das das Auswirkungen hat, sah/sieht man klar an den USA und UdSSR/Russland. Nur um die beiden zu nennen.
Politisch und um Clausewitz herbeizuholen, auch militärisch ist dieser Krieg in Syrien/Irak seit Jahrhunderten, wenn nicht gar seit Jahrtausenden die erste Intervention dieser Art. Deshalb auch die Sorge vor den alten persischen Imperien der Antike und Spätantike, die immer heraufbeschworen werden. Die Auseinandersetzungen mit Israel mit der Hisbollah sind damit in der Größenordnung nicht zu vergleichen. Auch war der Irak-Iran Krieg ein gänzlich anderer. Der Einsatz der kaiserlichen Truppen Irans in Oman kommen dem etwas näher. Aber auch nur etwas. Für den Iran ist das seit "langer" Zeit ein großer Einsatz fern der eigenen Grenzen.
"Iran is transforming its military to be able to conduct quasi-conventional warfare hundreds of miles from its borders. This capability, which very few states in the world have, will fundamentally alter the strategic calculus and balance of power within the Middle East."
http://www.expressnews.com/militarycity ... 945640.php
Die iranischen Militärs machen zur Zeit enorm viel Erfahrungen in Sachen Logistik, operativen Planungen und Handlungen über ein Kriegsgebiet teilweise fern der Heimatbasen auf einem Gebiet daß quasi die Levante umreißt. Das ist nicht gänzlich neu. Die Militärs der Vorgänger standen schon viel weiter in Europa, Afrika, Zentralasien oder Indien, mit deutlich mehr Truppen und Logistik in der Antike. Was jetzt dazu kommt ist die Kooperation mit Russland. Sprich einer Macht, die über entsprechende Technologie, Waffen und Möglichkeiten verfügt. Moderne Kriegsführung. Man kann natürlich darüber streiten, ob eine asymmetrische Kriegsführung nicht auch schon per se heutzutage modern wäre. Ja, sicherlich. Die iranischen Konzepte sind modern, da die Waffentechnik - mehr oder weniger - die dabei eingesetzt wird es auch sind. Es geht nicht nur um wild herumrasende Jeeps dabei. Das ist schon komplexer und vernetzter. Cyberwar ist im Iran weit entwickelt. Siehe Libanonkrieg Israel vs. Hisbollah. Aber das reicht eben nicht, um auf Schlachtfeldern oder in Staaten alle Ziele zu erreichen.
Iran Sends Military Students to Syrian Front
Iran is increasingly using Syrian battlefields as a proving ground for fresh military officers in training, according to Iranian media reports and Syrian opposition figures.
Tehran-based Imam Hossein University, a school affiliated with The Islamic Revolutionary Guard Corps (IRGC), said it recently deployed military leadership students to fight in Syria as part of an educational program designed for future officers, according to state-run media.
A vital training ground for battle
Syria has become a vital battlefield training ground for the IRGC, analysts say.
“The handling of the Syrian crisis presented the first example of real life training opportunity for Iran's military,” said Hooshang Aryanpour, a Washington-based retired Iranian general.
And Iranian officials say that despite growing causalities in their ranks in Syria, the country's military continues to benefit from engaging in battles there.
“We have gained technical and tactical advancements, militarily and in terms of intelligence collection," Brigadier General Hossein Salami, deputy commander of the IRGC, said in a television interview late last year.
General Salami gilt übrigens als Vater der asymmetrischen Kriegsführung Irans (im Kontext einer Auseinandersetzung mit den USA)
Iranian forces helped take Aleppo
Rebel leaders say Iran's role was evident in decisive battles in Aleppo where Syrian troops and their Iranian allies including the Lebanese Hezbollah ousted rebel forces in December of last year.
“The IRGC and Hezbollah militiamen were the ones who retook eastern Aleppo from us,” said Riad al-Asaad, a commander with the rebel group, the Free Syrian Army. “IRGC had brought many reinforcements to Aleppo, mainly new officers and students from its military academy.”
Iran also has relied on military students to help lead battles around Homs and Damascus where the IRGC is believed to have conducted full-scaled operations with foreign militias against rebels.
“The use of Shiite Afghans and Pakistanis, as well as Hezbollah and Iraqi Shiite militias in this conflict, was an unprecedented military experience for Iranian military units,” Daryoush Bourbour, a retired Iranian special forces commander told VOA.
Iran testing military equipment
Besides training its military forces, Iran has used the Syrian conflict to test its military equipment, according to analysts.
“Iran has tested many of its novice and newly-designed military equipment in Syria, and has tested them on a large scale,” said Bourbour.
Iran's arms industry is the largest and most sophisticated among its neighboring countries, analysts say.
http://www.voanews.com/a/iran-sends-mil ... 35710.html
HOW IRAN IS LEARNING FROM RUSSIA IN SYRIA
Iranian military cooperation with Russia in Syria is dramatically increasing Tehran’s ability to plan and conduct complex conventional operations. Iranians are learning by seeing and by doing, and are consciously trying to capture lessons-learned in Syria for use throughout their military and para-military forces. Iran is fielding a conventional force capability to complement and in some cases supplant its reliance on asymmetric means of combat. Russia is assisting Iran’s military leadership conduct this effort.
It is introducing Iran and its proxies to signature Russian campaign-design concepts such as cauldron battles, multiple simultaneous and successive operations, and frontal aviation in Syria. These concepts are the fruit of almost a century of advanced Soviet and Russian thought and hard-won experience in conventional military operations. This knowledge-transfer can help the Iranian military advance its understanding of conventional war far more rapidly than it might otherwise be able to do.
It can help Iran become a formidable conventional military power in the Middle East in relatively short order, permanently changing the balance of power and the security environment in the region.
The Iranian military is using the Syrian conflict as a learning environment for its forces. The Islamic Revolutionary Guards Corps (IRGC)’s Imam Hossein University (IHU), which is home to the IRGC’s advanced military education programs, has deployed students to Syria almost certainly as part of an internal study and educational program for Iranian officers. Iranian officers recognize the benefits of experiencing Russian military operations. One Iranian major general, for example, praised Russia’s use of the Shahid Nojeh Air Base in Iran’s Hamedan province for exposing Iranian Air Force personnel to “[Russian] planes and the way they were operated.” Iran has also recently conducted exercises specifically to capture and practice lessons learned from Syria.
http://understandingwar.org/backgrounde ... ssia-syria
Nun ja, Russland und Iran brauchen sich dort. Ohne die Bodenpräsenz Irans kann Russland keinen Stützpunkt halten. Ohne Russland kommt der Iran nicht an moderne Waffensysteme heran. Langfristig versucht Teheran natürlich eine eigene Basis dafür zu schaffen. Im Rahmen seiner industriellen Möglichkeiten. Russland ist ein großer Waffenhändler. Sicher wird Moskau sich nicht entbehrlich machen und in dem Maße liefern, wie Teheran das gern hätte. Das wäre ja unsinnig aus russischer Sicht. Wozu braucht man dann noch Russland? Wobei auch schon die politische Macht (Vetomacht) sehr hilfreich ist.
Der Schah von Persien verstand sein Land schon als ein wichtiges dominierendes Element in der Region. Der Maelstrom der Entwicklungen in der Region hat noch mal etwas durcheinandergewürfelt. Der Iran handelt so, wie seit sehr langer Zeit nicht mehr. Teilweise aktiv, teilweise als Getriebener. Was dieses Engagement aus dem Land machen wird, bleibt abzuwarten.
Iranian media confirmed the deaths of Colonel Zulfighar Nesab, 2nd Lieutenants Mohsen Ghiatsalu and Mojtaba Yadollahi, and Captain Morteza Zaharand. Two Revolutionary Guards members were also slain over the weekend, according to reports.
Iran’s
Revolutionary Guards have put in more commanders and troops since last October, when Tehran worked with Russia on multiple offensives — also including Hezbollah and Iranian-led foreign militias — to prop up President Assad and push back rebels, especially in northwest Syria. However, the despatch of the 65th Airborne Special Forces, the 45th and 258th Special Forces, and the 388th Mechanized Infantry are the first deployments of
Iranian Army units in the five-year conflict.
http://eaworldview.com/2016/04/iran-dai ... -in-syria/
Im Irak ist ein Denkmal für einen gefallenen iranischen General der Revolutionsgarden errichtet worden. Er war im engen Kontakt mit irakischen Führern und Gruppen, organisierte die PMF mit und war oft an der Front als kommandierender Offizier.
Wie gesagt, es gibt nicht nur Auswirkungen auf die Länder, in denen interveniert wird, sondern auch bei denen die intervenieren. Obama hat sich deswegen herausgehalten. Und Trump verwandelt dies propagandistisch in sowas wie "America first!". Klingt nicht so schwächlich wie unter Obama.