Wie weiter mit Syrien ?

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Troh.Klaus
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Troh.Klaus »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(08 Jun 2018, 21:29)
Also nix Neues.....
Du hast doch nicht ernsthaft was anderes erwartet.
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nyan cat
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von nyan cat »

Mich deucht, der Nahe Osten ist insgesamt in dieser schlimmen Lage, weil sich der Westen zu sehr eingemischt hat. Weit in der Vergangenheit wurden die Weichen gestellt, die in die Katastrophe führten. Die Zerstückelung des Osmanischen Reiches in Nationalstaaten und die Expansionspolitik des British Empires sind nur zwei Faktoren, die die ganze Gegend in den Abgrund gerissen haben.

Das ist ähnlich wie mit Afrika, das durch den Kolonialismus geschreddert wurde.

Bashar, ISIS, die Shia-Milizen, usw. sind nur Symptome einer allgemeinen Verwirrung. Es ist die Suche nach der eigenen Identität. Bevor die nicht vorbei ist, wird die Region keinen Frieden finden.
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DarkLightbringer
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

nyan cat hat geschrieben:(08 Jun 2018, 21:34)

Mich deucht, der Nahe Osten ist insgesamt in dieser schlimmen Lage, weil sich der Westen zu sehr eingemischt hat. Weit in der Vergangenheit wurden die Weichen gestellt, die in die Katastrophe führten. Die Zerstückelung des Osmanischen Reiches in Nationalstaaten und die Expansionspolitik des British Empires sind nur zwei Faktoren, die die ganze Gegend in den Abgrund gerissen haben.

Das ist ähnlich wie mit Afrika, das durch den Kolonialismus geschreddert wurde.

Bashar, ISIS, die Shia-Milizen, usw. sind nur Symptome einer allgemeinen Verwirrung. Es ist die Suche nach der eigenen Identität. Bevor die nicht vorbei ist, wird die Region keinen Frieden finden.
Imperien zerfallen immer wieder mal, das ist gar nichts so besonderes. Beispiele: Österreich-Ungarn, Byzanz, Britisches und Französisches Empire, Sowjetunion.

Und wenn Mullahs oder IS auf Identitätssuche sind, sollten sie vielleicht mal eine Weltreise machen oder sich in Sport und Kultur engagieren.
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Kardux
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

DarkLightbringer hat geschrieben:Die erklärten Ziele der Syrischen Nationalen Koalition sind hier im Themenfaden schon öfters benannt und erörtert worden, aber sie seien nochmals erwähnt:

1. Erhaltung der syrischen nationalen Souveränität und Unabhängigkeit der syrischen nationalen Entscheidung.
2. Erhaltung der territorialen Integrität Syriens.
3. Die Einheit des syrischen Volkes zu bewahren.
4. Demontage des Assad-Apparates und Aufarbeitung der Verbrechen gegen das syrische Volk.
5. Aufbau eines demokratischen und pluralistischen Syriens.
Ja, schon klar. Assad stürzen, Einheit halten und den Staat weiterhin zentralistisch führen. Demokratie und Pluralismus hat in diesen Vorstellungen überhaupt keinen Platz. Die Sunniten würden Wahlen organisieren, diese entsprechend ihrer numerischen Überlegenheit klar gewinnen und ALLE Minderheiten marginalisieren. Diese Entwicklung kennt man schon aus dem Irak. Also sparen Sie sich doch bitte die Aufzählung solcher Ziele. In Syrien soll eine Machtverschiebung entstehen. UM NICHTS ANDERES GEHT ES.

Wenn Muslimbrüder von Pluralismus schwaffeln kann man als Mensch mit Verstand eigentlich auch nur müde lächeln.
DarkLightbringer hat geschrieben:Worüber sich die kurdischen Vertretungen nicht einigen konnten, hatte wohl mit der Frage der Einheit des Landes zu tun.
Und ob sich PKK-nahe "Arme" mit einem demokratischen und pluralistischen System anfreunden könnten, wäre ja nochmal eine ganz andere Frage.
Alle kurdischen Vertreter (also auch die ENKS) fordern eine Dezentralisierung! Wie oft denn noch? Nennen Sie mir eine Quelle die belegt, dass die PYD die Einheit Syriens infrage stellt! Die PKK ist selbstverständlich weit davon entfernt sich mit einem demokratischen und pluralistischen System anzufreunden. Aber sowas existiert im Nahen Osten auch gar nicht - außer in Israel.
DarkLightbringer hat geschrieben:Die verschiedenen Akteure - Russen, Iraner, Türken, Israelis - wollen Verschiedenes. Da denkt jeder mindestens "kantonal", wie die PYD auch.

Ich sag ja, man hätte zur rechten Zeit über den Tellerrand blicken müssen, dann hätte man heute eine völlig andere Situation.
Sie lenken wie immer vom Thema ab. Ihre lächerliche Behauptung von der demokratischen Transformation dürfen die Menschen überall in Syrien wo sunnitische Jihadisten regieren ja schon seit einiger Zeit miterleben. Seit Kurzem ja auch in Efrîn, wo Menschen willkürlich verschleppt werden und ethnische Säuberungen im großen Stil durchgeführt werden. So stellen sich Menschen wie Sie, das neue demokratische und pluralistische Syrien vor, nicht wahr? Und diesmal bitte nicht ablenken...
DarkLightbringer hat geschrieben:Ich muss nicht Kurde oder Sunnite sein, um das zu sehen, was aus westlicher Sicht wünschenswert wäre:
1. Bekämpfung des Terrorismus jedweder Form
2. Eindämmung des Irans
3. Nichtverbreitung von ABC-Waffen
4. Humanitär akzeptable Bedingungen
5. Ein politischer Prozess zur Teilhabe der jeweiligen Bevölkerung.
Ich sagte es doch, Sie sind nicht imstande sich in die Lage anderer Völker zu versetzen. Für Sie sind die Menschen vorort einfach nichts wert. Wichtig ist nur was aus "westlicher Sicht wünschenswert wäre".
DarkLightbringer hat geschrieben:Ihr Kalkül schätze ich so ein, dass aus einem Failed State das Optimale für einen bestimmten Kanton heraus zu ziehen wäre, wobei das Optimum nicht Demokratie ist, sondern Landgewinn und Unabhängigkeit.
Ein solches - ich nenne es mal "kantonales" - Kalkül ist sehr begrenzt.
Ich bin ein Realist. Ich glaube nicht an Pluralismus und Gleichberechtigung im Nahen Osten - derzeit zumindest nicht. Die Völker müssen sich trennen, dies ist alternativlos. Ob Sie das nun "verkantonisieren" möchten oder nicht, überlasse ich Ihnen. Und nur mal so zu Ihrer Info: Rojava ist kein Kanton, sondern besteht aus Kantonen.

Und natürlich ist das Optimum Unabhängigkeit - was sonst? Und von jemandem der die Bekämpfung des IS als unwichtig empfindet möchte ich in Sachen Demokratieverständnis nun wirklich keine Ratschläge erhalten. Das können Sie sich sparen.
DarkLightbringer hat geschrieben:Eine "Neuordnung" ist ja im Fluße, wenn auch nicht immer im günstigen Sinne.
Eigentlich sehe ich keine wirkliche Neuordnung. Am Ende wird es wohl darauf hinauslaufen, dass Assad die Kontrolle über ganz Syrien erlangt. Nur abwarten...
DarkLightbringer hat geschrieben:Wenn man sich frühzeitig um Assad gekümmert hätte, gäbe es verschiedene Probleme nicht. Um den IS hätte man sich ohnehin kümmern müssen. Das gefährlichste aber ist die iranische Variante des "IS". Der Iran hat einfach ganz andere Möglichkeiten, den kompletten Nahen Osten zu destabilisieren oder z. B. Atomwaffen zu produzieren.
Für "Kantonisten" mag das unwichtig sein, für den regionalen Frieden und den Weltfrieden ist das aber von enormer Bedeutung.
Ich bin nun wirklich kein Freund des Irans, aber den Iran mit dem IS gleichzusetzen bzw. ihn sogar als gefährlicher einzustufen ist absoluter Humbug. Natürlich muss der Einfluss des Irans zurückgedrängt werden, keine Frage, aber das bedeutet nicht das man Leute wie den IS gewähren lassen sollte.
DarkLightbringer hat geschrieben:Bislang hat sich auch das Blutregime als nicht moderat erwiesen.
Nichts dagegen, wenn moderate Kräfte da sind, noch besser Verbündete im Sinne der o. g. Ziele, aber IR und IS sind sicher nicht moderat, sowie weitere, ähnlich gelagerte Milizen. Das muss man so zur Kenntnis nehmen.

Der Westen wollte eigentlich eine gemäßigte Übergangsregierung, möglichst auf dem Verhandlungswege, und eine Transformation zur Stabilität. Das wäre dann moderat, gemäßigt, zukunftsorientiert.
Sie brauchen nicht zurückzurudern. Sie haben hier klar und deutliche die Bekämpfung des IS als Fehlprozess bezeichnet! Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätte der IS noch heute Menschen versklavt.

Aber hauptsache von Demokratie und Pluralismus schwaffeln...
DarkLightbringer hat geschrieben:Die Russen wollen Einfluß haben, die Türken ihren "Kanton" im grenznahen Bereich usw.
Und die Iraner wollen am liebsten den ganzen Nahen Osten.
Die Russen HABEN Einfluss. Sie haben die Mittelmeerroute fest in der Hand. Haben bereits einen Keil zwischen die USA und die Türkei getrieben und könnten (falls es zu einer Einigung zwischen den USA und der Türkei kommt) wieder die Kurden mit ins Boot holen. Wer möchte bitteschön Assad stürzen und wie sollte das gehen? Sie haben den Bezug zur Realität wohl endgültig verloren...
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nyan cat
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von nyan cat »

DarkLightbringer hat geschrieben: Imperien zerfallen immer wieder mal, das ist gar nichts so besonderes. Beispiele: Österreich-Ungarn, Byzanz, Britisches und Französisches Empire, Sowjetunion.
Ja, und am Ende des Zerfalls steht immer viel Chaos und Verwirrung. Womöglich ist die chaotische Zeit umso länger, je länger das Imperium bestanden hat.
DarkLightbringer hat geschrieben: Und wenn Mullahs oder IS auf Identitätssuche sind, sollten sie vielleicht mal eine Weltreise machen oder sich in Sport und Kultur engagieren.
Eine Tour durch die westliche Welt wird ihnen kaum helfen, an den Punkt anzuknüpfen, wo ihnen Selbstbestimmung und Identität genommen wurden. Das wird ja ständig versucht, bloß dass man sie nicht auf Reisen schickt, sondern die Segnungen des Westens ihnen frei Haus liefert. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Erst scheinen sie es anzunehmen, aber irgendwann kippt das Ganze. Es scheint offenbar nicht der richtige Weg zu sein, fremden Völkern etwas aufs Auge zu drücken, das für uns das Nonplusultra darstellt.
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Kardux
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

nyan cat hat geschrieben:(08 Jun 2018, 21:34)

Mich deucht, der Nahe Osten ist insgesamt in dieser schlimmen Lage, weil sich der Westen zu sehr eingemischt hat. Weit in der Vergangenheit wurden die Weichen gestellt, die in die Katastrophe führten. Die Zerstückelung des Osmanischen Reiches in Nationalstaaten und die Expansionspolitik des British Empires sind nur zwei Faktoren, die die ganze Gegend in den Abgrund gerissen haben.

Das ist ähnlich wie mit Afrika, das durch den Kolonialismus geschreddert wurde.

Bashar, ISIS, die Shia-Milizen, usw. sind nur Symptome einer allgemeinen Verwirrung. Es ist die Suche nach der eigenen Identität. Bevor die nicht vorbei ist, wird die Region keinen Frieden finden.
Ich stimme zwar zu, das der anglo-französische Imperialismus nach WW1 unterm Strich für das derzeitige Chaos mitverantwortlich ist, aber das Osmanische Reich wäre so oder so zerbrochen. Kein Vielvölkerstaat in solch einer Dimension hat sich gehalten. Ohne die Briten hätte sich das Osmanische Reich wohl nicht einmal so lange gegenüber den Russen behaupten können.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

nyan cat hat geschrieben:(08 Jun 2018, 22:09)

Ja, und am Ende des Zerfalls steht immer viel Chaos und Verwirrung. Womöglich ist die chaotische Zeit umso länger, je länger das Imperium bestanden hat.
Das kommt darauf an, ob sich das Kernland und die ehemaligen Föderaten neu erfinden können oder ob sie sich an Phantomschmerzen aufhalten. USA und Indien haben sich entwickelt, England und Frankreich sind moderner geworden.
Eine Tour durch die westliche Welt wird ihnen kaum helfen, an den Punkt anzuknüpfen, wo ihnen Selbstbestimmung und Identität genommen wurden. Das wird ja ständig versucht, bloß dass man sie nicht auf Reisen schickt, sondern die Segnungen des Westens ihnen frei Haus liefert. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Erst scheinen sie es anzunehmen, aber irgendwann kippt das Ganze. Es scheint offenbar nicht der richtige Weg zu sein, fremden Völkern etwas aufs Auge zu drücken, das für uns das Nonplusultra darstellt.
Manchmal wird Kolonialismus auch als Ausrede genommen, um sich nicht zu entwickeln. Was tun die Mullahs denn fürs eigene Volk?
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nyan cat
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von nyan cat »

DarkLightbringer hat geschrieben: Das kommt darauf an, ob sich das Kernland und die ehemaligen Föderaten neu erfinden können oder ob sie sich an Phantomschmerzen aufhalten. USA und Indien haben sich entwickelt, England und Frankreich sind moderner geworden.
Ja, aber nur die Kernländer. Sie haben aus ihren Fehlern gelernt, doch die einstigen Eroberungen haben sie einfach ausgespuckt und sich selbst überlassen.

Die US-Regierung hat Förderprogamme für indigene Amerikaner, z.B. finanziert sie ihr Studium. Das ist löblich, kann aber nicht das wettmachen, was ihnen genommen wurde. Ihre komplette Kultur wurde so gut wie ausgelöscht. Natürlich war das so nicht gewollt. Aber es ist stellvertretend für die große Tragödie, die Europa der Welt beschert hat.

Viele Probleme auf diesem Planeten haben letztlich mit unserem Größenwahn und Sendungsbewusstsein zu tun. Wir meinten es gut, haben aber die Situation völlig falsch eingeschätzt und einen unglaublichen Schaden verursacht.
DarkLightbringer hat geschrieben: Manchmal wird Kolonialismus auch als Ausrede genommen, um sich nicht zu entwickeln. Was tun die Mullahs denn fürs eigene Volk?
Aus welchem Grund sollte man sich nicht entwickeln wollen? Konservatismus?

Ich kenne die Motive der Mullahs nicht. Vielleicht wollen sie das Kalifat wieder errichten? Das wollen viele Muslime. Die Sehnsucht danach scheint proportional zu den Problemen zu sein, mit denen die moderne Welt sich rumschlägt. Ein romantisches Verlangen nach der heilen Welt.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von tabernakel »

DarkLightbringer hat geschrieben:(08 Jun 2018, 23:12) Manchmal wird Kolonialismus auch als Ausrede genommen, um sich nicht zu entwickeln. Was tun die Mullahs denn fürs eigene Volk?
Naja, Tatenlos sind sie nicht. Heute haben sie für ihr Volk nen Al-Quds Day organisiert, und dabei Israel nen großen Krieg sowie Vertreibung und Tod vorausgesagt. Wie jedes Jahr. Und ihr Quasi-Angestellter Nasrallah hat es ihnen gleichgetan und Israel gedroht: ‘The day of the great war is coming’.

Da frage ich mich durchaus ob die eigentlich vergessen wie das letztes Mal lief als die Araber den Israelis 1967 gleichermassen gedroht haben und ihre Panzer massenhaft an deren Grenze aufmarschieren liessen?
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

nyan cat hat geschrieben:(08 Jun 2018, 23:36)

Ja, aber nur die Kernländer. Sie haben aus ihren Fehlern gelernt, doch die einstigen Eroberungen haben sie einfach ausgespuckt und sich selbst überlassen.

Die US-Regierung hat Förderprogamme für indigene Amerikaner, z.B. finanziert sie ihr Studium. Das ist löblich, kann aber nicht das wettmachen, was ihnen genommen wurde. Ihre komplette Kultur wurde so gut wie ausgelöscht. Natürlich war das so nicht gewollt. Aber es ist stellvertretend für die große Tragödie, die Europa der Welt beschert hat.

Viele Probleme auf diesem Planeten haben letztlich mit unserem Größenwahn und Sendungsbewusstsein zu tun. Wir meinten es gut, haben aber die Situation völlig falsch eingeschätzt und einen unglaublichen Schaden verursacht.


Aus welchem Grund sollte man sich nicht entwickeln wollen? Konservatismus?

Ich kenne die Motive der Mullahs nicht. Vielleicht wollen sie das Kalifat wieder errichten? Das wollen viele Muslime. Die Sehnsucht danach scheint proportional zu den Problemen zu sein, mit denen die moderne Welt sich rumschlägt. Ein romantisches Verlangen nach der heilen Welt.
Gemeint war, die ehemaligen Kolonien USA und Indien haben sich entwickelt, ohne sich allzu lange mit dem britischen Erbe aufzuhalten.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von nyan cat »

DarkLightbringer hat geschrieben:(08 Jun 2018, 23:45)

Gemeint war, die ehemaligen Kolonien USA und Indien haben sich entwickelt, ohne sich allzu lange mit dem britischen Erbe aufzuhalten.
Ach so, ja in dieser Entwicklungsphase haben die europäischen Siedler die Ureinwohner einfach verdrängt und sich vom Mutterland abgenabelt. Ist halt passiert. Was willst du damit sagen?
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

nyan cat hat geschrieben:(08 Jun 2018, 23:55)

Ach so, ja in dieser Entwicklungsphase haben die europäischen Siedler die Ureinwohner einfach verdrängt und sich vom Mutterland abgenabelt. Ist halt passiert. Was willst du damit sagen?
...dass man sich nicht der Steinzeit zuwenden muss, wenn man mal Kolonie war. Also nicht zwangsläufig.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von nyan cat »

DarkLightbringer hat geschrieben: ...dass man sich nicht der Steinzeit zuwenden muss, wenn man mal Kolonie war. Also nicht zwangsläufig.
Die europäischen Kolonialisten kamen ja auch nicht aus der Steinzeit. Aus der Steinzeit kamen diejenigen, die zuvor schon in der Region lebten. Die waren zu der Zeit aber ziemlich egal.

Als die US-Amerikaner feststellten, dass die Gründung ihrer Nation einen Völkermord beinhaltet, waren sie wohl betroffen, aber zu ändern war das auch nicht mehr.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

nyan cat hat geschrieben:(09 Jun 2018, 00:11)

Die europäischen Kolonialisten kamen ja auch nicht aus der Steinzeit. Aus der Steinzeit kamen diejenigen, die zuvor schon in der Region lebten. Die waren zu der Zeit aber ziemlich egal.

Als die US-Amerikaner feststellten, dass die Gründung ihrer Nation einen Völkermord beinhaltet, waren sie wohl betroffen, aber zu ändern war das auch nicht mehr.
Zur Zeit der Indianer-Kriege waren die Siedler und Kolonisten noch sehr stark von der europäischen Kultur und europäischen Einwanderern geprägt.
Von einer eigenständigen, US-amerikanischen Literatur beispielsweise, ist erst irgendwann im 19. Jahrhundert die Rede. Bis dahin las man das, was Europäer auch lasen, und rezipierte deren Themen. Die Identitätsfindung war erstmal nicht so klar, wenngleich etwa ein Mark Twain die "Americanness" betonte und gleichzeitig die Frage nach der Abgrenzung zur Alten Welt stellte.
Zugespitzt könnte man sagen, vor allem im Hinblick auf die frühen Indianerkriege, der Indianer war weit amerikanischer als die Briten oder die Armee der Siedler und die Siedler selbst.

Und wenn die Mullahs sich ab 1979 der "Steinzeit" - oder sagen wir dem "Mittelalter" - zuwendeten, dann ist das schwerlich ein persisches Erbe oder die Hauptverantwortung früherer britischer und französischer Mandatsgebiete im Nahen Osten.
Das war gemeint, Erzählweisen werden häufig zur Ausrede gebraucht, um eine fehlende Entwicklung bzw. Rückwärtsgewandtheit zu kaschieren.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

Kardux hat geschrieben:(08 Jun 2018, 22:07)

Ja, schon klar. Assad stürzen, Einheit halten und den Staat weiterhin zentralistisch führen. Demokratie und Pluralismus hat in diesen Vorstellungen überhaupt keinen Platz. Die Sunniten würden Wahlen organisieren, diese entsprechend ihrer numerischen Überlegenheit klar gewinnen und ALLE Minderheiten marginalisieren. Diese Entwicklung kennt man schon aus dem Irak. Also sparen Sie sich doch bitte die Aufzählung solcher Ziele. In Syrien soll eine Machtverschiebung entstehen. UM NICHTS ANDERES GEHT ES.
Wenn Muslimbrüder von Pluralismus schwaffeln kann man als Mensch mit Verstand eigentlich auch nur müde lächeln.
Im Irak gibt es auch einen destruktiven, iranischen Einfluß. Aber wenn man eine endgültige Lösung will, wird man an der Stabilisierung von Staaten nicht vorbei kommen.
Mit Failed States und unterschiedlichen Terror-Gruppen können Sie wohl sagen, dass da sind Sunniten und das da sind Kurden, Sie können auch sagen, die PYD sei alternativlos in Bezug auf die Region oder das Universum, Sie können eigentlich alles sagen, nur wird das nicht viel bringen.
Alle kurdischen Vertreter (also auch die ENKS) fordern eine Dezentralisierung! Wie oft denn noch? Nennen Sie mir eine Quelle die belegt, dass die PYD die Einheit Syriens infrage stellt! Die PKK ist selbstverständlich weit davon entfernt sich mit einem demokratischen und pluralistischen System anzufreunden. Aber sowas existiert im Nahen Osten auch gar nicht - außer in Israel.
Dann können sich die Kurdenvertreter ja nochmal zusammen setzen und überlegen, was sie voneinander trennt.
Sie lenken wie immer vom Thema ab. Ihre lächerliche Behauptung von der demokratischen Transformation dürfen die Menschen überall in Syrien wo sunnitische Jihadisten regieren ja schon seit einiger Zeit miterleben. Seit Kurzem ja auch in Efrîn, wo Menschen willkürlich verschleppt werden und ethnische Säuberungen im großen Stil durchgeführt werden. So stellen sich Menschen wie Sie, das neue demokratische und pluralistische Syrien vor, nicht wahr? Und diesmal bitte nicht ablenken...
Im Augenblick besteht kaum Aussicht auf eine gemäßigte Übergangsregierung, die eine Transformation in Angriff nehmen könnte. Auch in Afrin nicht, das ist ja klar.
Wenn Sie in Afrin die von Ihnen gewünschte Kantonalpolitik umsetzen wollen, bräuchten Sie jemanden, der das tun kann und ein Interesse daran hätte.
Ich sagte es doch, Sie sind nicht imstande sich in die Lage anderer Völker zu versetzen. Für Sie sind die Menschen vorort einfach nichts wert. Wichtig ist nur was aus "westlicher Sicht wünschenswert wäre".
Ein Failed State als Tummelplatz für Terrorismus diverser Formen und Ausprägungen kann nicht wünschenswert sein, ja.
Ich bin ein Realist. Ich glaube nicht an Pluralismus und Gleichberechtigung im Nahen Osten - derzeit zumindest nicht. Die Völker müssen sich trennen, dies ist alternativlos. Ob Sie das nun "verkantonisieren" möchten oder nicht, überlasse ich Ihnen. Und nur mal so zu Ihrer Info: Rojava ist kein Kanton, sondern besteht aus Kantonen.
Sie müssen ja aber auch irgendwas klären, sonst haben Linealzeichnungen keinen faktischen Sinn.
Und natürlich ist das Optimum Unabhängigkeit - was sonst? Und von jemandem der die Bekämpfung des IS als unwichtig empfindet möchte ich in Sachen Demokratieverständnis nun wirklich keine Ratschläge erhalten. Das können Sie sich sparen.
Die IR und ihre Terror-Proxys stellen technisch und personell eine große Herausforderung dar, der IS ist da wesentlich begrenzter in der ganzen Operabilität. Fragen Sie mal die Israelis, ob sie noch eine 3. Front haben wollen oder nicht.
Die Erfolge gegen den IS sind natürlich trotzdem Erfolge.
Eigentlich sehe ich keine wirkliche Neuordnung. Am Ende wird es wohl darauf hinauslaufen, dass Assad die Kontrolle über ganz Syrien erlangt. Nur abwarten...
Vor 10 Jahren sah Syrien und der Nahe Osten anders aus als heute. "Neuordnung" ist vielleicht das falsche Wort, man könnte es "Neuchaos" nennen.
Assad wird vorläufig als symbolischer Hüter der russischen Stützpunkte erhalten bleiben. Entscheidender Punkt ist die IR und deren Eindämmung.
Ich bin nun wirklich kein Freund des Irans, aber den Iran mit dem IS gleichzusetzen bzw. ihn sogar als gefährlicher einzustufen ist absoluter Humbug. Natürlich muss der Einfluss des Irans zurückgedrängt werden, keine Frage, aber das bedeutet nicht das man Leute wie den IS gewähren lassen sollte.
Klar, der IS muss auch weg. Aber die IR ist derzeit weit gefährlicher.
Sie brauchen nicht zurückzurudern. Sie haben hier klar und deutliche die Bekämpfung des IS als Fehlprozess bezeichnet! Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätte der IS noch heute Menschen versklavt.
Das Zaudern gegenüber Assad (IR) war ein Fehlprozess, die Bekämpfung des IS ist nicht per se ein Fehler - das wäre ja widersinnig, wenn man Terrorismus bekämpfen will.
Aber hauptsache von Demokratie und Pluralismus schwaffeln...
Despotie und Terror sind nunmal keine Lösung.
Die Russen HABEN Einfluss. Sie haben die Mittelmeerroute fest in der Hand. Haben bereits einen Keil zwischen die USA und die Türkei getrieben und könnten (falls es zu einer Einigung zwischen den USA und der Türkei kommt) wieder die Kurden mit ins Boot holen. Wer möchte bitteschön Assad stürzen und wie sollte das gehen? Sie haben den Bezug zur Realität wohl endgültig verloren...
Assad bleibt vorläufig als Hüter der heiligen Stützpunkte erhalten, weil die Russen darauf wert legen. Sollte Ihre PYD auf Assad setzen wollen, müssen die Kurden Assad als Gott anerkennen. Klingt komisch, aber es sind schon Leute gefoltert worden, nur weil sie gesagt haben, Assad sei nicht Gott. Es gibt Berichte, wonach auch Soldaten ein unmittelbares Gottesbekenntnis zu Assad verlangt haben.

Schlußendlich:
Israelis und Russen scheinen sich darauf geeinigt zu haben, sich nicht in die Quere zu kommen. Amis und arabische Staaten wollen gegen die IR vorgehen und Syrien bleibt vorerst ein Provisorium der Einflußsphären und Kontrollabschnitte.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

DarkLightbringer hat geschrieben:Im Irak gibt es auch einen destruktiven, iranischen Einfluß. Aber wenn man eine endgültige Lösung will, wird man an der Stabilisierung von Staaten nicht vorbei kommen.
Natürlich gibt es im Irak einen destruktiven, iranischen Einfluß. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Schiiten im Irak auch nach einem Regimechange im Iran weiterhin alle Minderheiten marginalisieren werden. Als der Irak sunnitisch dominiert war und eben nicht unter iranischen Einfluß stand war es doch genauso - nur umgekehrt. In Syrien wird dasselbe geschehen. Abgesehen davon steht die sunnitische Opposition in Syrien unter dem destruktiven Einfluß von Ankara, Doha und Riad.

Eine endgültige Lösung ist die Trennung! Anders kann keine Stabilisierung realisiert werden. Sie machen hier den Iran und die schiitische Seite zum Kernproblem ohne zu erwähnen, das die Schiiten außerhalb des Irans sich nicht wie Jahrhunderte zuvor marginalisieren lassen werden von den Sunniten. Mit einer Machtübernahme der Sunniten über ganz Syrien würde der Teufelskreis ja nur weiter gehen. Interessant ist es auch, dass die sunnitische Opposition in seinen Forderungen in den ersten Punkten so vehement auf die Einheit Syriens drängt - Pluralismus und Demokratie kamen erst als letzter Punkt (glaubt sowieso niemand daran). Dieses Drängen auf die Einheit Syriens zeigt doch das es sich um territoriale Interessen handelt - die Sunniten möchten die alleinige Kontrolle über die Westküste (die nunmal nicht von Sunniten besiedelt wird).
DarkLightbringer hat geschrieben:Mit Failed States und unterschiedlichen Terror-Gruppen können Sie wohl sagen, dass da sind Sunniten und das da sind Kurden, Sie können auch sagen, die PYD sei alternativlos in Bezug auf die Region oder das Universum, Sie können eigentlich alles sagen, nur wird das nicht viel bringen.
Ich habe zwar keine Ahnung wovon Sie schreiben (Sie eigentlich?), aber die PYD ist keineswegs alternativlos.
DarkLightbringer hat geschrieben:Dann können sich die Kurdenvertreter ja nochmal zusammen setzen und überlegen, was sie voneinander trennt.
Das heißt, dass Sie mir keine Quelle vorlegen können, die Ihre unwahren Behauptungen bestätigen? Wieso wiederholen Sie Ihre Lügen dann so oft? Weder die PYD noch die ENKS haben von einer Trennung Syriens gesprochen. Das stimmt nicht! Was weder Assad noch die sunnitische Opposition in Syrien wollen ist jedoch eine Autonomie für die Kurden und eine dementsprechende Dezentralisierung. Das ist der springende Punkt! Und das beweist ja auch, dass weder die Sunniten noch die Alawiten gewillt sind einen demokratischen Staat aufzubauen. Ende der Geschichte...
DarkLightbringer hat geschrieben:Im Augenblick besteht kaum Aussicht auf eine gemäßigte Übergangsregierung, die eine Transformation in Angriff nehmen könnte. Auch in Afrin nicht, das ist ja klar.
Wenn Sie in Afrin die von Ihnen gewünschte Kantonalpolitik umsetzen wollen, bräuchten Sie jemanden, der das tun kann und ein Interesse daran hätte.
In erster Linie möchte ich in Efrîn eine "Politik" umsetzen, in dem unschuldige Menschen nicht gezwungen werden den Platz für andere Binnenflüchtlinge zu räumen. Die sunnitische Opposition in Syrien unterstützt ja das Vorhaben der Türkei - das Vorhaben der Entvölkerung! Und auf solch einem Fundament soll dann eine "demokratische Transformation (wie Sie es lächerlicherweise bezeichnen) stattfinden? Gewiss.
DarkLightbringer hat geschrieben:Ein Failed State als Tummelplatz für Terrorismus diverser Formen und Ausprägungen kann nicht wünschenswert sein, ja.
Ich schrieb davon, dass Sie sich in die Lage der Kurden versetzen sollen und Sie sprechen hier pauschal von einem Tummelplatz für Terrorismus. Damit rechtfertigen Sie doch nur die Unterdrückung und die Massaker an den "terroristischen Kurden". Was der IS, die pro-türkischen Jihadisten und Assad machen ist sozusagen Terrorbekämpfung. Der Kampf gegen den "kurdischen Terrorismus" - um es in Theresa Mays Worten zu beschreiben. Der Kampf gegen ein Volk...
DarkLightbringer hat geschrieben:Die IR und ihre Terror-Proxys stellen technisch und personell eine große Herausforderung dar, der IS ist da wesentlich begrenzter in der ganzen Operabilität. Fragen Sie mal die Israelis, ob sie noch eine 3. Front haben wollen oder nicht.
Israel hat sowieso unendlich viele Fronten, dementsprechend wird die Gesellschaft ja auch militarisiert. Im Grunde ist der Iran aber nur ein temporärer Feind Israels - mit einem Regimewechsel würde sich das Verhältnis schlagartig verändern. Der permanente Feind sind und bleiben die sunnitischen Araber. Ändert an der derzeitigen Lage natürlich wenig - der Iran ist aus Sicht Israels das größte Problem zur Zeit, auch als der IS am stärksten war. Das ändert trotzdem nichts an der Notwendigkeit den IS, der Menschen versklavte, zu zerschlagen.
DarkLightbringer hat geschrieben:Das Zaudern gegenüber Assad (IR) war ein Fehlprozess, die Bekämpfung des IS ist nicht per se ein Fehler - das wäre ja widersinnig, wenn man Terrorismus bekämpfen will.
Für Sie war der Kampf gegen den IS reinste Zeitverschwendung - ein Fehlprozess. Die Welt hätte sich um den Iran kümmern sollen (wie denn?), nicht um den IS. So gefährlich waren die Taten des IS ja nicht. Sie betrachten den IS als nebensächlich, als eine Sekte (eine indirekte Anerkennung des IS) unter vielen. Und Sie wollen von den Interessen westlicher Mächte schreiben? Dann erzählen Sie mir mal wieviele Terroranschläge in Europa auf das Konto des Irans und wieviele auf des IS gehen? Wenn für Sie primär ja nur westliche Interessen von Belangen sind...
DarkLightbringer hat geschrieben:Despotie und Terror sind nunmal keine Lösung.
Ja, für Despotie und Terror steht die sunnitisch-syrische Opposition. Das beweisen sie ja seit 7 Jahren eindrucksvoll.
DarkLightbringer hat geschrieben:Assad bleibt vorläufig als Hüter der heiligen Stützpunkte erhalten, weil die Russen darauf wert legen. Sollte Ihre PYD auf Assad setzen wollen, müssen die Kurden Assad als Gott anerkennen. Klingt komisch, aber es sind schon Leute gefoltert worden, nur weil sie gesagt haben, Assad sei nicht Gott. Es gibt Berichte, wonach auch Soldaten ein unmittelbares Gottesbekenntnis zu Assad verlangt haben.
1. Die PYD ist nicht "meine" Partei.
2. Ja, Assad wird weiterhin Gott spielen (wobei ich mir gerade die Frage stelle, was dann Putin sein soll?)
3. Die Kurden sollten auch den Teufel als Gott anerkennen, solange dadurch wenigstens ihre Existenz gesichert ist. Ist das "kantonistisch" oder opportunistisch? Um ehrlich zu sein, ich pfeiffe auf die Antwort. Wenn die USA unsere Existenz aufs Spiel setzen und vor haben alle Gebiete in Nordsyrien, für welche Konzessionen auch immer, den Türken zu übergeben, dann sollte die PYD schon heute handeln. Denn eines steht fest, in solch einem Ausmass wie die Türkei derzeit Efrîn entkurdisiert, hat dies weder Hafiz Assad noch sein Sohn getan. Spielball hin oder her, irgendwo gibt es auch Grenzen.

Und jetzt können Sie weiterhin dem IS nachtrauern - dem Fehlprozess, das man den IS zerschlagen hat und nicht Assad.
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Cobra9
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Cobra9 »

Die beste Chance wäre eine Verwaltung unter der UN. China könnte das übernehmen. Neutral, notfalls bereit durchzugreifen. Aber wird nie passieren.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

Cobra9 hat geschrieben:(10 Jun 2018, 09:56)

Die beste Chance wäre eine Verwaltung unter der UN. China könnte das übernehmen. Neutral, notfalls bereit durchzugreifen. Aber wird nie passieren.
Ja, Verwaltung unter der UN wäre DIE Lösung. Es gibt ja auch so viele erfolgreiche Beispiele, die man nennen könnte. Und das China bei ethnischen Konflikten gut schlichten kann zeigt ja auch ihre eigene perfekte Situation (Stichwort: Uiguren).
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Cobra9 »

Kardux hat geschrieben:(10 Jun 2018, 11:47)

Ja, Verwaltung unter der UN wäre DIE Lösung. Es gibt ja auch so viele erfolgreiche Beispiele, die man nennen könnte. Und das China bei ethnischen Konflikten gut schlichten kann zeigt ja auch ihre eigene perfekte Situation (Stichwort: Uiguren).

Wenn eine UN Mission richtig ausgestattet ist mit Regeln und Truppen kann es funktionieren. Gibt such positive Missionen.

China ist kein Engel, dürfte aber der einzige Staat sein wo allen Parteien genehm sein könnte. Eventuell Indien noch. Welche Alternativen hast Du realistisch anzubieten ?
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

Cobra9 hat geschrieben:(10 Jun 2018, 11:53)

Wenn eine UN Mission richtig ausgestattet ist mit Regeln und Truppen kann es funktionieren. Gibt such positive Missionen.

China ist kein Engel, dürfte aber der einzige Staat sein wo allen Parteien genehm sein könnte. Eventuell Indien noch. Welche Alternativen hast Du realistisch anzubieten ?
Ja, wenn man über Google "erfolgreiche Missionen der Vereinten Nationen" eingibt häufen sich die Ergebnisse. Ruanda, Bosnien, Kaschmir, usw. Eine Mission erfolgreicher als die andere.

Es ist völlig belanglos mit welchen Mitteln die UN antanzt, es geht am Ende des Tages darum (bzw. es sollte), dass sich die Menschen vorort selbst regieren. Ansonsten wären solche Missionen ja nur eine sanfte Art des Kolonialismus. Wie lange möchte man bitte Syrien unter UN-Aufsicht stellen? Werden so die territorialen Streitigkeiten gelöst? Wie sieht es mit der Machtverteilung aus? Wer kann welche Garantien geben, dass nach dem Abzug der UN nicht wieder Chaos entsteht? Sogar Modelle wie im Libanon, wo die Macht offiziell geteilt wird (Premier Sunnit, Präsident Christ, Parlament Schiit) haben sich als unsinnig herausgestellt. Am Ende ist nur die militärische Stärke ausschlaggebend. Die Schiiten dominieren de facto den ganzen Libanon.

Für mich gibt es nur eine einzige konsequente Lösung - eine Neuordnung nach ethno-konfessionellen Linien ohne am Ende irgendwelche "Verlierer" zurückzulassen. Diesen Prozess könnte die UN übernehmen (Referenden, ggf. Bevölkerungsaustausch, Kompensationen, etc.). Die Lösung wird auf jedenfall nicht in dreckigen Hinterzimmern zwischen imperialen Kräften gefunden werden, das bestimmt nicht!
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von King Kong 2006 »

Im Grund genommen müsste Syrien, wie auch der Irak aufgeteilt werden. Das haben die Kolonialmächte vermasselt. Und zwar gewaltig. Da wurden signifikante Grundlagen für die heutigen Konflikte gelegt. Das hat sogar der brit. Ex-Primier Cameron zugegeben. Ganz klar.

Jetzt haben wir die realpolitische Verhältnisse, daß man daran nicht mehr so einfach rütteln kann. Die Türkei will das nicht. Der Iran. Der Irak und Syrien. auch Saudi-Arabien. Auch nicht die USA oder Russland oder China. Das sind schon alles Kavenzmänner.

Die einzige Chance ist durch gewaltsame Entwicklungen im Bürgerkrieg. Dinge, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Wie z.B. im Falle Jugoslawiens.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Tom Bombadil »

Der Libanon, Syrien und Irak sowie Teile des Irans und der Türkei gehören neu aufgeteilt. Es müsste dann diese neuen Staaten geben: Kurdistan, der schiitische Irak, das sunnitische Syrien und im Libanon einen säkularen Staat für Christen, Drusen, Atheisten und andere verfolgte Minderheiten in Nahost, in einem Aufwasch müsste man dann noch Gaza an Ägypten und das WJL an Jordanien angliedern. Das ganze wäre mit Grenzverschiebungen und großen Umsiedlungen verbunden. Und dann braucht es 50 Jahre robuste Besatzung, bis sich das alles beruhigt hat, ähnlich wie in Deutschland. Chance auf Umsetzung? Null Prozent.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von King Kong 2006 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(10 Jun 2018, 14:41)

Der Libanon, Syrien und Irak sowie Teile des Irans und der Türkei gehören neu aufgeteilt. Es müsste dann diese neuen Staaten geben: Kurdistan, der schiitische Irak, das sunnitische Syrien und im Libanon einen säkularen Staat für Christen, Drusen, Atheisten und andere verfolgte Minderheiten in Nahost, in einem Aufwasch müsste man dann noch Gaza an Ägypten und das WJL an Jordanien angliedern. Das ganze wäre mit Grenzverschiebungen und großen Umsiedlungen verbunden. Und dann braucht es 50 Jahre robuste Besatzung, bis sich das alles beruhigt hat, ähnlich wie in Deutschland. Chance auf Umsetzung? Null Prozent.
So etwas wie Besatzung bringt nichts. Abgesehen, daß es technisch ja nicht geht. Israel besetzt auch seit 50 Jahren Jahren Gebiete im Westjordanland, oder besetzte lange Jahre den Gazastreifen. Da ist nichts demokratisiert worden, eher als Folge radikalisiert. Es ist ja auch die Frage, was man da überhaupt, wozu will.

Es ist immer nicht zielführend Europa mit Asien zu vergleichen. Die dt. Gesellschaft, die sozioökonomischen Verhältnisse in Mitteleuropa mit denen z.B. im Vorderen Orient gleichzusetzen. Ein fataler Fehler. Im Falle Iraks hieß es auch immer, mit Deutschland hats doch auch geklappt. Man will doch nicht ernsthaft ein mitteleuropäisches Land, kulturell, gesellschaftlich, geschichtlich mit einem von Stämmen bewohnten Vielvölkerkunststaat im Orient vergleichen? Als ob es keine Geschichte vor 1933 gegeben hätte. War Deutschland da ein wildes Stammesland?

Das muß sich über Generationen, Jahrhunderte entwicklen und ausbrennen. Was dann übrigbleibt, von den Staaten, von Israel usw. wird man sehen. Das kann man nur homöopatisch von der UN begleiten. Viel stärker sind die Interventionen der Mächte wirksam. Der Industriemächte(ex-Kolonialmächten) oder auch Russlands oder Irans, der Türkei, Israel und in der Zukunft Chinas. Die können vielleicht noch marginal mitformen. Ob im Interesse der Betroffenen ist die Frage und Ansichtssache.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Tom Bombadil »

Okay, dann kann man wohl nur noch eine hohe Mauer um diese Staaten herum bauen und in 100 Jahren nochmal gucken.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von King Kong 2006 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(10 Jun 2018, 15:56)

Okay, dann kann man wohl nur noch eine hohe Mauer um diese Staaten herum bauen und in 100 Jahren nochmal gucken.
Das ist irgendwie schon wie eine Babooshka-Figur. Die Türkei hat Sperranlagen zu Syrien und Irak hin. Baut welche zum Iran. Der Iran hat exezssive Graben- und Garnisionsanlagen zu Afghanistan und Pakistan hin. Die Saudis beobachten die Grenzen zum Irak und Syrien genau. Israel zum Libanon, Gaza und Syrien. Trotzdem gibt es Fluchtbewegungen und Transit von Extremisten durch die Länder. Relativ offene Flanken aus Perspektive Europas gibt es zur Türkei und das Mittelmeer.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von nyan cat »

Wegen sowas gehören Bashar und Putin für den Rest ihres jämmerlichen Lebens ins Gefängnis, diese verdammten Hunde!


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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

Es gab offenbar Luftangriffe auf pro-iranische Terroristen im Osten Syriens. Das Assad-Regime macht dafür die us-geführte Koalition verantwortlich.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 45738.html

Die USA dementiert aber.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/s ... 13520.html
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von zollagent »

DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Jun 2018, 14:52)

Es gab offenbar Luftangriffe auf pro-iranische Terroristen im Osten Syriens. Das Assad-Regime macht dafür die us-geführte Koalition verantwortlich.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 45738.html

Die USA dementiert aber.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/s ... 13520.html
Wer käme sonst noch in Frage? Israel? Oder friendly fire?
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

zollagent hat geschrieben:(18 Jun 2018, 16:26)

Wer käme sonst noch in Frage? Israel? Oder friendly fire?
Gute Frage, nächste Frage. Für Luftangriffe kommt kommt eigentlich nur noch Israel in Frage.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Vongole »

DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Jun 2018, 16:36)

Gute Frage, nächste Frage. Für Luftangriffe kommt kommt eigentlich nur noch Israel in Frage.
In diesem Fall wohl nicht. Erstens hätte Assad sofort Israel beschuldigt, zweitens liegt der der Angriffsort an der Grenze zum Irak.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von DarkLightbringer »

Vongole hat geschrieben:(18 Jun 2018, 16:49)

In diesem Fall wohl nicht. Erstens hätte Assad sofort Israel beschuldigt, zweitens liegt der der Angriffsort an der Grenze zum Irak.
Der Koalitionssprecher hat jedenfalls dementiert.
Da müssen wir also eine Untersuchung abwarten.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von zollagent »

DarkLightbringer hat geschrieben:(18 Jun 2018, 17:34)

Der Koalitionssprecher hat jedenfalls dementiert.
Da müssen wir also eine Untersuchung abwarten.
Erwartet irgendwer vernünftige Ergebnisse? :D :D :D
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von keinproblem »

Tom Bombadil hat geschrieben:(10 Jun 2018, 14:41)

Der Libanon, Syrien und Irak sowie Teile des Irans und der Türkei gehören neu aufgeteilt. Es müsste dann diese neuen Staaten geben: Kurdistan, der schiitische Irak, das sunnitische Syrien und im Libanon einen säkularen Staat für Christen, Drusen, Atheisten und andere verfolgte Minderheiten in Nahost, in einem Aufwasch müsste man dann noch Gaza an Ägypten und das WJL an Jordanien angliedern. Das ganze wäre mit Grenzverschiebungen und großen Umsiedlungen verbunden. Und dann braucht es 50 Jahre robuste Besatzung, bis sich das alles beruhigt hat, ähnlich wie in Deutschland. Chance auf Umsetzung? Null Prozent.
Zum Glück gibt es keine realistische Erfolgchance eines Unterfangens wie du es hier beschreibst. Die Zeiten des Kolonialismus sind vorbei und wir haben heute eine UN Charta (zB Selbstbestimmungsrecht der Völker). Langfristig wäre schon mal ein großer Schritt getan, keine Mordwerkzeuge mehr in besagte Länder zu liefern. Vor der Kolonialisierung waren Libanon, Irak etc. übrigens Provinzen des Osmanischen Reichs. Die verschiedenen Minderheiten hatten über ein Jahrtausend kaum bis keine Probleme miteinander und schon im Mittelalter unter pluralistischen Umständen koexistieren können wie es in viele unserer europäischen Regionen ein Wunschtraum gewesen wäre. Die einzige Gewalt ging eigentlich vom und gegen das repressive Staatswesen aus. Vielen hätte es wohl schon gereicht nicht auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit nieder behandelt zu werden, andere wollten definitiv mehr Autonomie, manche sogar die Unabhängigkeit. Am Ende haben dann alle (bis auf die Kurden) letzteres ungefragt nach Jahren der Kolonieherrschaft erhalten. Die enormen Fehler der Briten und Franzosen aufzuzählen wäre Binsentum.

Ich habe natürlich auch keine Patentlösung, aber langfristig stabilisierende und non-militärische Maßnahmen sollten Kern jedes Ansatzes sein, der Restaufwand würde dagegen wohl nur marginal sein. Empirisch kann bewiesen werden, dass Gewalt und Konflikte mit mehr Waffengewalt zu lösen sich historisch als destruktives Konzept erwiesen hat.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

keinproblem hat geschrieben:(20 Jun 2018, 14:39)

Zum Glück gibt es keine realistische Erfolgchance eines Unterfangens wie du es hier beschreibst. Die Zeiten des Kolonialismus sind vorbei und wir haben heute eine UN Charta (zB Selbstbestimmungsrecht der Völker). Langfristig wäre schon mal ein großer Schritt getan, keine Mordwerkzeuge mehr in besagte Länder zu liefern. Vor der Kolonialisierung waren Libanon, Irak etc. übrigens Provinzen des Osmanischen Reichs. Die verschiedenen Minderheiten hatten über ein Jahrtausend kaum bis keine Probleme miteinander und schon im Mittelalter unter pluralistischen Umständen koexistieren können wie es in viele unserer europäischen Regionen ein Wunschtraum gewesen wäre. Die einzige Gewalt ging eigentlich vom und gegen das repressive Staatswesen aus. Vielen hätte es wohl schon gereicht nicht auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit nieder behandelt zu werden, andere wollten definitiv mehr Autonomie, manche sogar die Unabhängigkeit. Am Ende haben dann alle (bis auf die Kurden) letzteres ungefragt nach Jahren der Kolonieherrschaft erhalten. Die enormen Fehler der Briten und Franzosen aufzuzählen wäre Binsentum.

Ich habe natürlich auch keine Patentlösung, aber langfristig stabilisierende und non-militärische Maßnahmen sollten Kern jedes Ansatzes sein, der Restaufwand würde dagegen wohl nur marginal sein. Empirisch kann bewiesen werden, dass Gewalt und Konflikte mit mehr Waffengewalt zu lösen sich historisch als destruktives Konzept erwiesen hat.
Es gibt sehr wohl realistische Erfolgschancen eines solchen Unterfangens. Irgendwann wird es auf genau solch ein Szenario (oder ein ähnliches) hinauslaufen. Weshalb auch nicht? Was der User Tom Bombadil beschrieb ist keine Utopie. Schiiten, Kurden, orientalische Christen, Drusen waren und sind eine Realität im Nahen Osten. In der Vergangenheit bzw. in der Gegenwart wurden sie marginalisiert, aber sie waren stets eine Entität die sich abgrenzten und nationale Ambitionen erklärten.

Auch wenn ich den Kern Ihrer obigen Kritik teile, wäre es zu vereinfacht zu behaupten, dass der europäische Kolonialismus die ALLEINIGE Schuld an der jetzigen Misere im Nahen Osten trägt. Ihre eurozentrische Sichtweise ist hierbei ungewollt, aber symptomatisch für postkoloniale Denker und Vertreter. Eine ausgewogene Analyse bzw. selbstkritische Herangehensweise ist kaum möglich.

Ja, der Libanon, Irak, usw. waren Provinzen des Osmanischen Reichs.
Ja, das Osmanische Reich war im zeitgeschichtlichen Kontext halbwegs pluralistisch und tolerant.

Aber wieso betrachtet man als Orientale z.B. die Ausbreitung der Briten in Indien als Kolonialismus (was es natürlich war), jedoch nicht die Machtübernahme Indiens vonseiten der turko-mongolischen Moguln? Wieso war die Ausbreitung der Araber nach Mesopotamien, Persien und Nordafrika kein Kolonialismus? Und wieso durften die Osmanen von Ungarn bis zum persischen Golf regieren, ohne das dies von Menschen wie Ihnen als Kolonialismus wahrgenommen wird? Wieso sprechen heute alle von den weißen Sklaventreibern und verheimlichen die Rolle der arabischen Sklaventreiber? Solche Fragen sollte man sich stellen, bevor man in Edward Said-Manier den Westen für alles Schlechte verantwortlich macht. Verteidige ich hier den westlichen Imperialismus? Nein. Aber wieso wird so oft der orientalische Kolonialismus geleugnet?

Natürlich hatten die Türken schon vor Jahrhunderten die arabische Welt erobert - die arabischen Abbasiden abgelöst. Dies wurde zwar von den Arabern hingenommen, aber auch nur deshalb weil man großzügige Autonomie genoss. Das heißt aber nicht, dass es keine eigenständigen arabisch-nationalen Ambitionen gab. Zu behaupten oder zu denken, dass das Osmanische Reich ohne den 1.WK nicht zerbrochen wäre ist naiv und ignorant.

Die tolerante Haltung der Osmanen ging auch nur mit der stetigen Expansion einher. Die Minderheitenpolitik wurde proportional zum Territorialverlust immer regressiver - eines blieb aber immer konstant. Die Lage der orientalischen Christen war niemals hervorragend. Die von Ihnen gepriesene Koexistenz bestand darin, dass Juden und Christen Menschen dritter Klasse waren. Sie hatten ihren Platz in der Gesellschaft. Völker sunnitischen Glaubens wie die Kurden, Araber, Tscherkessen waren zweite Klasse und konnten Steuern von den Christen eintreiben. Nicht nur Steuern. Die Christen waren oftmals der Willkür der militarisierten zweiten Klasse, insbesondere der Kurden, ausgesetzt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Sie begehen einen Fehler wenn Sie behaupten, dass es vor der Ankunft der Briten und Franzosen keinen Kolonialismus im Nahen Osten gab. Genausowenig endete der Kolonialismus mit der Flucht der Briten und Franzosen seit den 50er und 60er Jahren. Der Kolonialismus der Türken besteht weiterhin. Mittlerweile sind auch wieder Araber Kolonialherren - auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen...
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von keinproblem »

Kardux hat geschrieben:(21 Jun 2018, 16:06)

Es gibt sehr wohl realistische Erfolgschancen eines solchen Unterfangens. Irgendwann wird es auf genau solch ein Szenario (oder ein ähnliches) hinauslaufen. Weshalb auch nicht? Was der User Tom Bombadil beschrieb ist keine Utopie. Schiiten, Kurden, orientalische Christen, Drusen waren und sind eine Realität im Nahen Osten. In der Vergangenheit bzw. in der Gegenwart wurden sie marginalisiert, aber sie waren stets eine Entität die sich abgrenzten und nationale Ambitionen erklärten.

Auch wenn ich den Kern Ihrer obigen Kritik teile, wäre es zu vereinfacht zu behaupten, dass der europäische Kolonialismus die ALLEINIGE Schuld an der jetzigen Misere im Nahen Osten trägt. Ihre eurozentrische Sichtweise ist hierbei ungewollt, aber symptomatisch für postkoloniale Denker und Vertreter. Eine ausgewogene Analyse bzw. selbstkritische Herangehensweise ist kaum möglich.

Ja, der Libanon, Irak, usw. waren Provinzen des Osmanischen Reichs.
Ja, das Osmanische Reich war im zeitgeschichtlichen Kontext halbwegs pluralistisch und tolerant.

Aber wieso betrachtet man als Orientale z.B. die Ausbreitung der Briten in Indien als Kolonialismus (was es natürlich war), jedoch nicht die Machtübernahme Indiens vonseiten der turko-mongolischen Moguln? Wieso war die Ausbreitung der Araber nach Mesopotamien, Persien und Nordafrika kein Kolonialismus? Und wieso durften die Osmanen von Ungarn bis zum persischen Golf regieren, ohne das dies von Menschen wie Ihnen als Kolonialismus wahrgenommen wird? Wieso sprechen heute alle von den weißen Sklaventreibern und verheimlichen die Rolle der arabischen Sklaventreiber? Solche Fragen sollte man sich stellen, bevor man in Edward Said-Manier den Westen für alles Schlechte verantwortlich macht. Verteidige ich hier den westlichen Imperialismus? Nein. Aber wieso wird so oft der orientalische Kolonialismus geleugnet?

Natürlich hatten die Türken schon vor Jahrhunderten die arabische Welt erobert - die arabischen Abbasiden abgelöst. Dies wurde zwar von den Arabern hingenommen, aber auch nur deshalb weil man großzügige Autonomie genoss. Das heißt aber nicht, dass es keine eigenständigen arabisch-nationalen Ambitionen gab. Zu behaupten oder zu denken, dass das Osmanische Reich ohne den 1.WK nicht zerbrochen wäre ist naiv und ignorant.

Die tolerante Haltung der Osmanen ging auch nur mit der stetigen Expansion einher. Die Minderheitenpolitik wurde proportional zum Territorialverlust immer regressiver - eines blieb aber immer konstant. Die Lage der orientalischen Christen war niemals hervorragend. Die von Ihnen gepriesene Koexistenz bestand darin, dass Juden und Christen Menschen dritter Klasse waren. Sie hatten ihren Platz in der Gesellschaft. Völker sunnitischen Glaubens wie die Kurden, Araber, Tscherkessen waren zweite Klasse und konnten Steuern von den Christen eintreiben. Nicht nur Steuern. Die Christen waren oftmals der Willkür der militarisierten zweiten Klasse, insbesondere der Kurden, ausgesetzt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Sie begehen einen Fehler wenn Sie behaupten, dass es vor der Ankunft der Briten und Franzosen keinen Kolonialismus im Nahen Osten gab. Genausowenig endete der Kolonialismus mit der Flucht der Briten und Franzosen seit den 50er und 60er Jahren. Der Kolonialismus der Türken besteht weiterhin. Mittlerweile sind auch wieder Araber Kolonialherren - auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen...
Vielen Dank für den wertvollen Beitrag, ich fand ihn hoch interessant. Nur ein paar Einzelheiten sehe ich anders, vor allem nämlich, dass eine Jahrzehnte lange Besetzung durch einen Drittstaat die Region befrieden würde. Ich bin schon der Auffassung, dass es unklug wäre bestimmte politische und gesellschaftliche Vorgänge die sich für gewöhnlich über Jahre oder Dekaden fließend formen, mit plumper Gewalt erzwingen zu wollen. Warum kann man als EU nicht einfach Bewegungen bzw. bestimmte Regierungen die eine mutmaßlich friedensstiftende Agenda haben politisch und wirtschaftlich Unterstützen ohne Waffen und anderes Mordwerkzeug zu verkaufen? Klar die meisten Zivilisationen wie wir sie heute kennen haben sich über Jahrhunderte voll blutiger Waffengewalt gebildet, aber wir haben doch mittlerweile einen derartigen zivilisatorischen und technologischen Fortschritt erreicht, dass man seinen Mitmenschen tatsächlich unterstützend unter die Arme greifen kann ohne ausschließlich das eigene Interesse im Visier zu haben. Ich weiß schon, klingt für manche recht naiv. Übrigens sehe ich das Problem nicht am Kapitalismus per se, sondern eher am Raubtierkapitalismus bzw. diversen gesellschaftlichen Krankheiten die er mit sich bringt.

So wie du Kolonialismus beschreibst, habe ich ihn zugegeben noch nie betrachtet, danke nochmal dafür. Meiner Einschätzung nach sind Kurden nicht zwangsläufig darauf erpicht einen eigenen Staat zu haben. Viele Kurden die ich kenne (u.a. meine Verlobte) sehen das Problem eher an den Versuchen der türkischen Mehrheitsgesellschaft bzw. Regierung die Kurden zu assimilieren. Das mit den assimilieren scheint Erdogan zwar mehr oder weniger aufgegeben zu haben, aber das ungleiche Behandeln und Morden hat ja immer noch nicht sein Ende gefunden - demzufolge habe ich selbstredend auch ein erhöhtes Interesse an einer Autonomie der Kurden (besonders in der Türkei). Ich muss aber der Ehrlichkeit halber auch zugeben, dass ich eigentlich kein Freund von Kleinstaaterei bin. Stell dir mal vor allein die Drusen, Christen und Yeziden auf syrischem Gebiet hätten eine eigene Nation. Natürlich gewährt ihnen das Selbstbestimmungsrecht der Völker eben dieses Anrecht, nur ist es fraglich ob solche winzigen Länder zudem noch im Zeitalter der Globalisierung lang- und mittelfristig wirklich erstrebenswert sind. Oder ein anderes Beispiel: Iran. Der Iran ist auch ein Vielvölkerstaat, der nicht annähernd so stark wie heute wäre, würde sich jedes der Völker abspalten. Ich würde es tatsächlich sogar eher begrüßen, wenn zB die schiitischen Azerbaijaner, Araber (Irak, Bahrain) und Perser (Afghanistan) zu einem neuen Land zusammenschmelzen würden, als dass der Iran in 5 oder 6 Kleinstaaten zersplittert.

Aber noch mal wegen der Kolonialismus Ausführung: Wäre es, selbst im weitesten Sinne, immer noch Kolonialismus, wenn die Menschen die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören gleichberechtigte Bürger sind und auch die Chance hätten Staatsführer zu werden? Vielen Dank.

Freundliche Grüße
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Tom Bombadil »

keinproblem hat geschrieben:(20 Jun 2018, 14:39)

Zum Glück gibt es keine realistische Erfolgchance eines Unterfangens wie du es hier beschreibst
Tja, du hast das posting offensichtlich nicht verstanden, macht aber nix.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von keinproblem »

Tom Bombadil hat geschrieben:(21 Jun 2018, 20:29)

Tja, du hast das posting offensichtlich nicht verstanden, macht aber nix.
Bist du dir sicher? Ich sehe da jetzt nicht viel Interpretationsraum, aber wenn ich mich irre kannst du mich ja korrigierend drauf hin weisen, würde mich freuen.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

keinproblem hat geschrieben:Nur ein paar Einzelheiten sehe ich anders, vor allem nämlich, dass eine Jahrzehnte lange Besetzung durch einen Drittstaat die Region befrieden würde. Ich bin schon der Auffassung, dass es unklug wäre bestimmte politische und gesellschaftliche Vorgänge die sich für gewöhnlich über Jahre oder Dekaden fließend formen, mit plumper Gewalt erzwingen zu wollen.
Natürlich sind Besatzungen niemals die Ideallösung weil sie langfristig gesehen gar nicht im Interesse der lokalen Bevölkerung sein können. Der Besatzer wird immer seine Interessen verfolgen. Das stimmt zwar. Es gibt aber auch Fälle wo sich politische Vorgänge über Jahre oder Dekaden fließend formen die in ein Chaos enden. Als Beispiel könnte man hier die Herrschaft Saddam Husseins nehmen. Wie sollte man dann vorgehen? Weiter "fließen" lassen?
keinproblem hat geschrieben:Warum kann man als EU nicht einfach Bewegungen bzw. bestimmte Regierungen die eine mutmaßlich friedensstiftende Agenda haben politisch und wirtschaftlich Unterstützen ohne Waffen und anderes Mordwerkzeug zu verkaufen? Klar die meisten Zivilisationen wie wir sie heute kennen haben sich über Jahrhunderte voll blutiger Waffengewalt gebildet, aber wir haben doch mittlerweile einen derartigen zivilisatorischen und technologischen Fortschritt erreicht, dass man seinen Mitmenschen tatsächlich unterstützend unter die Arme greifen kann ohne ausschließlich das eigene Interesse im Visier zu haben. Ich weiß schon, klingt für manche recht naiv.
Die "moralisch überlegenen" EU-Staaten betrachten sich zwar als das Zentrum des Humanismus (was im Vergleich zum Rest der Welt auch stimmen mag), aber betrachten das Treiben in der Welt sehr pragmatisch. Kriege wird es immer geben, wenn "wir" (gemeint sind die EU-Staaten) keine Waffen verkaufen, tun es andere. Und so überwiegt nunmal die Profitgier.
keinproblem hat geschrieben:Meiner Einschätzung nach sind Kurden nicht zwangsläufig darauf erpicht einen eigenen Staat zu haben. Viele Kurden die ich kenne (u.a. meine Verlobte) sehen das Problem eher an den Versuchen der türkischen Mehrheitsgesellschaft bzw. Regierung die Kurden zu assimilieren. Das mit den assimilieren scheint Erdogan zwar mehr oder weniger aufgegeben zu haben, aber das ungleiche Behandeln und Morden hat ja immer noch nicht sein Ende gefunden - demzufolge habe ich selbstredend auch ein erhöhtes Interesse an einer Autonomie der Kurden (besonders in der Türkei).
Inwieweit Kurden darauf erpicht sind einen eigenen Staat auszurufen lehrt uns a) die Geschichte der vielen Aufstände und Rebellionen seit dem 19. Jahrhundert und b) die Tatsache das sich alle vier Staaten (Irak, Iran, Syrien und die Türkei) bereits scheuen den Kurden Autonomie zu gewähren, weil der nächste Schritt (Unabhängigkeit) absehbar ist. Natürlich gibt es viele Kurden die sich mit Autonomie oder mehr kulturellen Rechten zufrieden geben. Solche Menschen begreifen aber nicht, dass sowas aufgrund der Psyche der jeweiligen Kolonialherren (Perser, Araber, Türken) nur temporär ist.

Beispiel? Als die Südkurden (Kurden aus dem Nordirak) letztes Jahr ihr Unabhängigkeitsreferendum gegen den Willen der Regionalmächte UND der USA vollzogen (natürlich gab es eine Zustimmung) kam es im Anschluss daran zur Annexion der "umstrittenen Gebiete" seitens der schiitischen Araber (und Iraner). Die USA gab hierzu - zur Überraschung vieler - ihr grünes Licht. So konnte die Zentralregierung mithilfe ihrer schiitischen Jihadisten (die in ihren Praktiken teils wie der IS agieren) die Kurdenstadt Kerkûk, den Mosul-Staudamm und weitere "umstrittene Gebiete" annektieren. War dies aber das Ende ihrer Operation? Nein. Gegen den Willen der USA wollte die Zentralregierung danach auch Hewlêr/Erbil (HAuptstadt der Autonomieregion) und den Grenzübergang zur Türkei (Ibrahim Khalil bei Zaxo) erobern - quasi den Autonomiestatus der Kurden ein für allemal tilgen. Dies gelang ihnen militärisch zwar nicht (wegen der USA), aber seitdem wurden viele politische Massnahmen getroffen um den Autonomiestatus zu unterminieren. Auch war die Rhetorik des irakischen PM, Abadi, sehr interessant. Über Monate hinweg sprach er nicht mehr von der Autonomieregion Kurdistan, sondern lediglich vom Nordirak oder sonstiges. Das ist die Psyche der Kolonialherren. Genau aus diesem Grund kann es für die Kurden auch nur eine einzige Lösung geben - die Unabhängigkeit. Die Kurden haben nicht solange Zeit bis sich ihre Kolonialherren von selbst demokratisieren. Das wird noch lange dauern.

Und zu Erdogan und seinen Assimilationsvorhaben: natürlich wurde dieses türkische Vorhaben NICHT aufgegeben. In der Türkei verfolgt man weiterhin dieses Ziel. Im Grunde hat sich seit der AKP-Herrschaft verfassungsrechtlich NICHTS für die Kurden verändert. Auf dem Papier existieren sie weiterhin nicht - sie besitzen keinen festen Minderheitenstatus. Die Kurden werden lediglich als "Brüder und Schwester" verklärt. Hierzu eine kleine Erklärung:
Feinde, Freunde, Brüder, Schwestern

Doch die Verfolgungen gehen weiter. Sie sollen den Druck auf die Kurden erhöhen. Die Armee liefert sich harte Gefechte mit der PKK. Im vorigen Jahr wurden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation IHD 4.418 Kurden verhaftet, jeder Zehnte von ihnen war jugendlich. In den Gefängnissen sitzen Studenten, weil sie demonstriert, Journalisten, weil sie berichtet, Bürgermeister, weil sie regiert haben. Das türkische Antiterrorgesetz macht jeden politisch interessierten Kurden zum potenziellen Straftäter.

Eines ärgert Servet Öner besonders: Viele Türken sehen die Kurden nicht als eigenständiges Volk mit gleichen Rechten, sondern nur als »Brüder und Schwestern« der Türken. »Freunde« wäre schon besser, seufzt sie. »Den Bruder kann man sich nicht aussuchen.« Wer Bruder sage, meine oft Unterdrückung; die Familie betrachtet Öner als Miniaturausgabe der staatlichen Hierarchie: oben der Patriarch, dann der große Bruder, unten die jüngeren Geschwister. Genauso funktioniere die Türkei seit 1923. »Die Kurden wurden assimiliert, ihre Kultur und Sprache negiert, sie wurden zu Brüdern und Schwestern erklärt.« Eigentlich seien sie nur Stiefgeschwister, sagt Servet Öner.

»Freundschaft geht nur auf absolut gleicher Ebene«, sagt Öner – und volle Gleichberechtigung sei es, was die Kurden wollen. Die größte kurdische Partei BDP, die viele Türken als politischen Arm der PKK sehen, fordert »demokratische Autonomie«. Der Gouverneur solle nicht aus Ankara geschickt, sondern in Diyarbakr gewählt werden. »Wir wollen gewählte Gemeinderäte und Regionalparlamente«, sagt die BDP-Co-Vorsitzende in Diyarbakr, Zübeyde Zümrüt. Dann könnten Kurden und Türken Freunde werden.
https://www.zeit.de/2013/07/Kurden-Tuer ... ng/seite-2

Ein Blick auf den Strang "Ist die Türkei faschistisch?" in diesem Forum (Türkei-Subforum) verdeutlich ja auch noch einmal in welche extreme Richtung die Türkei seit 2015 geht. Das die kurdische Identität heute überhaupt noch erwähnenswert ist, ist nicht der AKP-Lockerungspolitik in der Kurdenfrage zu verdanken, sondern den hartnäckigen kurdischen Studenten die demonstrieren, den vielen jungen Menschen die in die Berge gehen um militärisch Widerstand zu leisten, den vielen kurdischen Politikern die sich im Parlament einsetzen und den Müttern die weiterhin ihren Kindern die Muttersprache beibringen. Es ist der Wille einer Nation nicht unterzugehen - sich kulturell vernichten zu lassen. So wie es die Türken bereits bei den Lazen und Tscherkessen geschafft haben.
keinproblem hat geschrieben:Ich muss aber der Ehrlichkeit halber auch zugeben, dass ich eigentlich kein Freund von Kleinstaaterei bin. Stell dir mal vor allein die Drusen, Christen und Yeziden auf syrischem Gebiet hätten eine eigene Nation. Natürlich gewährt ihnen das Selbstbestimmungsrecht der Völker eben dieses Anrecht, nur ist es fraglich ob solche winzigen Länder zudem noch im Zeitalter der Globalisierung lang- und mittelfristig wirklich erstrebenswert sind.
In Europa klappt es doch auch. Oder welche Existenzberechtigung sollen Staaten wie Luxemburg, Liechtenstein, Malta, Zypern, San Marino, Andorra - wenn man Ihrer Logik folgt - haben? Ich stelle es mir sehr wohl vor wie Drusen und Orientchristen einen eigenen Staat haben. Im Grunde ist dies die einzige Möglichkeit, dass sie längerfristig ihre Identität wahren. Das Zeitalter der Globalisierung setzt keine Großreiche voraus. Wenn Großreiche erstrebenswert gewesen wären, dann gäbe es noch heute das Mongolenreich, Römische Reich, usw.

Die negative Haltung zur Kleinstaaterei ist übrigens ein sehr interessantes Phänomen. Sie wird, ironischerweise, in Europa, den Leuten bewusst eingeimpft. Kleinstaaterei und Provinzialismus ist etwas schlechtes. Glaubhaft wirkt das nicht, wenn man die Anzahl der europäischen Staaten durchgeht.
keinproblem hat geschrieben: Oder ein anderes Beispiel: Iran. Der Iran ist auch ein Vielvölkerstaat, der nicht annähernd so stark wie heute wäre, würde sich jedes der Völker abspalten. Ich würde es tatsächlich sogar eher begrüßen, wenn zB die schiitischen Azerbaijaner, Araber (Irak, Bahrain) und Perser (Afghanistan) zu einem neuen Land zusammenschmelzen würden, als dass der Iran in 5 oder 6 Kleinstaaten zersplittert.
Und wieso würden Sie es nicht begrüßen, wenn sich Österreich und die Schweiz, Deutschland anschliessen? Die Benelux-Staaten Frankreich? Spanien und Portugal ein Land wären? Wieso vereinen sich nicht alle slawischen Staaten? Ja, es gibt einen sehr guten Grund wieso das nicht begrüßenswert ist. Wieso sollte es dann aber im Orient begrüßenswert sein?

Abgesehen davon profitiert nur eine kleine Herrscherklasse von der "Stärke des Irans" (damit meine ich den Kreis der Theokraten). Das Szenario welches sie beschreiben könnte kaum unrealistischer sein. Schon heute, wo der Iran und der Irak noch keine gemeinsamen Staaten sind, gibt es ständig Meldungen über ethnisch motivierte Konflikte innerhalb der Schiiten. Lesen Sie doch Artikel zu den arabisch-schiitischen Pilgern im persisch-schiitischen Maschhad. Wirklich willkommen sind die "Glaubensbrüder" dort gewiss nicht. Ein Zusammenbruch des Vielvölkerstaates Irans ist so oder so unausweichlich. Die Kurden und Azeris haben 1946 gezeigt, dass sie jede Schwäche der Kolonialherren in Teheran ausnutzen werden. Und die Zeiten der Schwäche werden folgen.
keinproblem hat geschrieben:Aber noch mal wegen der Kolonialismus Ausführung: Wäre es, selbst im weitesten Sinne, immer noch Kolonialismus, wenn die Menschen die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören gleichberechtigte Bürger sind und auch die Chance hätten Staatsführer zu werden?
Es geht nicht darum, dass einzelne Personen aufsteigen. In der Türkei gelangten und gelangen Kurden auch in die höchsten Ämter. Der derzeitige Geheimdienstchef der Türkei ist sogar ethnischer Kurde. Das ist nicht der Punkt. Es geht um Gleichberechtigung für ALLE Teile der Gesellschaft dieser Minderheit. Es geht um die Dezentralisierung und lokale Selbstverwaltung. Um Anerkennung, die sich in der Verfassung wiederfindet. Aber das setzt nunmal eine demokratische Entwicklung derer voraus, die genau diese Macht abgeben müssen. Und dazu ist die türkische Gesellschaft nicht bereit. Im Gegenteil. Die Türken begrüßen territoriale Ausdehnung - im genauen Wissen darüber, dass man sich wieder über fremde Völker stellt. Das ist der Kern des Kolonialismus.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von keinproblem »

Kardux hat geschrieben:(24 Jun 2018, 08:42)

Natürlich sind Besatzungen niemals die Ideallösung weil sie langfristig gesehen gar nicht im Interesse der lokalen Bevölkerung sein können. Der Besatzer wird immer seine Interessen verfolgen. Das stimmt zwar. Es gibt aber auch Fälle wo sich politische Vorgänge über Jahre oder Dekaden fließend formen die in ein Chaos enden. Als Beispiel könnte man hier die Herrschaft Saddam Husseins nehmen. Wie sollte man dann vorgehen? Weiter "fließen" lassen?

Die "moralisch überlegenen" EU-Staaten betrachten sich zwar als das Zentrum des Humanismus (was im Vergleich zum Rest der Welt auch stimmen mag), aber betrachten das Treiben in der Welt sehr pragmatisch. Kriege wird es immer geben, wenn "wir" (gemeint sind die EU-Staaten) keine Waffen verkaufen, tun es andere. Und so überwiegt nunmal die Profitgier.
Was wäre die Alternative? Sanktionen treffen primär die kleinen Leute, ist aber wohl noch das humanste Vorgehen. Oppositionelle ausrüsten oder gar selber Soldaten schicken? Hat die Situation in den wenigsten Fällen verbessert. Ich bin der Meinung, dass die Welt eine deutlich bessere wäre, wenn Krieg nur als Mittel zur Selbstverteidigung dient. Das ist die einzige Möglichkeit die Gewaltspirale zu langfristig zu unterbrechen. Diplomatischer Frieden sind Leichenbergen, einbeinigen Müttern und Waisenkindern vorzuziehen. Wenn es auch eine Alternative gibt, die ich gerade nicht auf dem Schirm habe, wäre ich echt froh wenn du mir sie erzählst - ich bin auch entschieden gegen Saddam Husseins für die Welt.


Inwieweit Kurden darauf erpicht sind einen eigenen Staat auszurufen lehrt uns a) die Geschichte der vielen Aufstände und Rebellionen seit dem 19. Jahrhundert und b) die Tatsache das sich alle vier Staaten (Irak, Iran, Syrien und die Türkei) bereits scheuen den Kurden Autonomie zu gewähren, weil der nächste Schritt (Unabhängigkeit) absehbar ist. Natürlich gibt es viele Kurden die sich mit Autonomie oder mehr kulturellen Rechten zufrieden geben. Solche Menschen begreifen aber nicht, dass sowas aufgrund der Psyche der jeweiligen Kolonialherren (Perser, Araber, Türken) nur temporär ist.
Die Rebellionen gab es ja auch wegen der Unterdrückung durch die Kolonialherren, ist de facto das selbe wie heute. Ich halte es für recht vorhersehbar, dass die genannten Staaten Angst haben den Kurden mehr Autonomie einzuräumen, wenn dieses strategisch ideal gelegene Volk gut für externe Zwecke zu instrumentalisieren ist, wie auch jüngste Ereignisse aus Rojava wiederspiegeln. Perser, Araber und Türken sehe ich nicht als die Kolonialherren, nur weil sie die selbe Volkszugehörigkeit haben und dementsprechend über die Jahrzehnte indoktriniert wurden und werden.



Beispiel? Als die Südkurden (Kurden aus dem Nordirak) letztes Jahr ihr Unabhängigkeitsreferendum gegen den Willen der Regionalmächte UND der USA vollzogen (natürlich gab es eine Zustimmung) kam es im Anschluss daran zur Annexion der "umstrittenen Gebiete" seitens der schiitischen Araber (und Iraner). Die USA gab hierzu - zur Überraschung vieler - ihr grünes Licht. So konnte die Zentralregierung mithilfe ihrer schiitischen Jihadisten (die in ihren Praktiken teils wie der IS agieren) die Kurdenstadt Kerkûk, den Mosul-Staudamm und weitere "umstrittene Gebiete" annektieren. War dies aber das Ende ihrer Operation? Nein. Gegen den Willen der USA wollte die Zentralregierung danach auch Hewlêr/Erbil (HAuptstadt der Autonomieregion) und den Grenzübergang zur Türkei (Ibrahim Khalil bei Zaxo) erobern - quasi den Autonomiestatus der Kurden ein für allemal tilgen. Dies gelang ihnen militärisch zwar nicht (wegen der USA), aber seitdem wurden viele politische Massnahmen getroffen um den Autonomiestatus zu unterminieren. Auch war die Rhetorik des irakischen PM, Abadi, sehr interessant. Über Monate hinweg sprach er nicht mehr von der Autonomieregion Kurdistan, sondern lediglich vom Nordirak oder sonstiges. Das ist die Psyche der Kolonialherren. Genau aus diesem Grund kann es für die Kurden auch nur eine einzige Lösung geben - die Unabhängigkeit. Die Kurden haben nicht solange Zeit bis sich ihre Kolonialherren von selbst demokratisieren. Das wird noch lange dauern.
Die Kurden brauchen eine Verhandlungsbasis (Melierdialog - "Recht kann es nur zwischen Gleich-Starken geben"). Wenn es eine menge Blut kostet eine Gleichberechtigung zu erreichen und sich sogar zeitweise gewaltsam abspalten muss um für voll genommen zu werden, dann ist dem eben so. Warum ich einen eigenen kurdischen bzw. iranische, Drusische (etc.) Staaten nicht für die ideale Lösung halte führe ich später aus. Und auch wenn ich die Barzanis und deren Art Politik zu machen in wenigen Punkten gut heiße, ist es natürlich ein monumentales Problem wenn die süd-kurdische Souveränität nicht hingenommen wird. Einen beinharten Unabhängigkeitskrieg durch zu ziehen würde ich trotzdem ablehnen, solange Alternativen bleiben. Das militärische Ungleichgewicht ist da nochmal auf einer ganz anderen Stufe als das der Palästinenser gegenüber den Israelis.


Und zu Erdogan und seinen Assimilationsvorhaben: natürlich wurde dieses türkische Vorhaben NICHT aufgegeben. In der Türkei verfolgt man weiterhin dieses Ziel. Im Grunde hat sich seit der AKP-Herrschaft verfassungsrechtlich NICHTS für die Kurden verändert. Auf dem Papier existieren sie weiterhin nicht - sie besitzen keinen festen Minderheitenstatus. Die Kurden werden lediglich als "Brüder und Schwester" verklärt. Hierzu eine kleine Erklärung:
Die kurdische Assimilierung ist zur Zeit nicht im selben Tempo voranzutreiben, und das weiß Erdogan selbst auch. Der Mann braucht soviel Rückhalt und Stabilität im Inland wie er haben kann und auch außenpolitisch sitzt die Türkei gerade zwischen den Stühlen und muss schauen wen sie sich nun als langfristige Verbündete sucht. Das Vorhaben ist sicherlich nicht aufgegeben, aber Alles in Allem eingestellt.

https://www.zeit.de/2013/07/Kurden-Tuer ... ng/seite-2
Ein Blick auf den Strang "Ist die Türkei faschistisch?" in diesem Forum (Türkei-Subforum) verdeutlich ja auch noch einmal in welche extreme Richtung die Türkei seit 2015 geht. Das die kurdische Identität heute überhaupt noch erwähnenswert ist, ist nicht der AKP-Lockerungspolitik in der Kurdenfrage zu verdanken, sondern den hartnäckigen kurdischen Studenten die demonstrieren, den vielen jungen Menschen die in die Berge gehen um militärisch Widerstand zu leisten, den vielen kurdischen Politikern die sich im Parlament einsetzen und den Müttern die weiterhin ihren Kindern die Muttersprache beibringen. Es ist der Wille einer Nation nicht unterzugehen - sich kulturell vernichten zu lassen. So wie es die Türken bereits bei den Lazen und Tscherkessen geschafft haben.
Da hast du recht. Wie ist deine Meinung zur PKK und Öcalan selbst? Ich habe so Gott will auch bald PKK Funktionäre in der Familie und habe etwas den Eindruck, der Widerstand sei ins Stocken geraten (habe noch mit keinem der genannten Personen gesprochen).


In Europa klappt es doch auch. Oder welche Existenzberechtigung sollen Staaten wie Luxemburg, Liechtenstein, Malta, Zypern, San Marino, Andorra - wenn man Ihrer Logik folgt - haben? Ich stelle es mir sehr wohl vor wie Drusen und Orientchristen einen eigenen Staat haben. Im Grunde ist dies die einzige Möglichkeit, dass sie längerfristig ihre Identität wahren. Das Zeitalter der Globalisierung setzt keine Großreiche voraus. Wenn Großreiche erstrebenswert gewesen wären, dann gäbe es noch heute das Mongolenreich, Römische Reich, usw.

Die negative Haltung zur Kleinstaaterei ist übrigens ein sehr interessantes Phänomen. Sie wird, ironischerweise, in Europa, den Leuten bewusst eingeimpft. Kleinstaaterei und Provinzialismus ist etwas schlechtes. Glaubhaft wirkt das nicht, wenn man die Anzahl der europäischen Staaten durchgeht.
Ich bin für eine engere Europäische Union (unter der Voraussetzung der Demokratisierung und Autonomie der Regionen). Die europäische Kleinstaaterei hat sich eben aus historischen Begebenheiten so ergeben, trotzdem sehe ich, dass es uns enorm schwächt. Was ist ein Frankreich auf der Weltbühne denn heute schon? Ein weiterer NATO-Bully der Amerikaner, mehr eigentlich nicht, Deutschland steht wirtschaftlich ja (noch) recht solide da. Aber eine Europäische Union? 700 Millionen Einwohner, größter Markt der Welt und technologische Infrastruktur? Die Kleinstaaterei ist das einzige was europäische Staaten ab der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts daran gehindert hat statt der ausschließlichen Vasallen-Rolle, der dominierende Spieler der nördlichen Hemisphere zu sein.

Und wieso würden Sie es nicht begrüßen, wenn sich Österreich und die Schweiz, Deutschland anschliessen? Die Benelux-Staaten Frankreich? Spanien und Portugal ein Land wären? Wieso vereinen sich nicht alle slawischen Staaten? Ja, es gibt einen sehr guten Grund wieso das nicht begrüßenswert ist. Wieso sollte es dann aber im Orient begrüßenswert sein?
Welchen guten Grund? Die Welt schließt sich zu immer größeren Verbünden zusammen, das scheint historisch wohl einfach der Lauf der Dinge zu sein.
Abgesehen davon profitiert nur eine kleine Herrscherklasse von der "Stärke des Irans" (damit meine ich den Kreis der Theokraten). Das Szenario welches sie beschreiben könnte kaum unrealistischer sein. Schon heute, wo der Iran und der Irak noch keine gemeinsamen Staaten sind, gibt es ständig Meldungen über ethnisch motivierte Konflikte innerhalb der Schiiten. Lesen Sie doch Artikel zu den arabisch-schiitischen Pilgern im persisch-schiitischen Maschhad. Wirklich willkommen sind die "Glaubensbrüder" dort gewiss nicht. Ein Zusammenbruch des Vielvölkerstaates Irans ist so oder so unausweichlich. Die Kurden und Azeris haben 1946 gezeigt, dass sie jede Schwäche der Kolonialherren in Teheran ausnutzen werden. Und die Zeiten der Schwäche werden folgen.
Das genannte Beispiel sollte keinen Anspruch auf Realitätsnähe haben, war eher prinzipiell gemeint.
Es geht nicht darum, dass einzelne Personen aufsteigen. In der Türkei gelangten und gelangen Kurden auch in die höchsten Ämter. Der derzeitige Geheimdienstchef der Türkei ist sogar ethnischer Kurde. Das ist nicht der Punkt. Es geht um Gleichberechtigung für ALLE Teile der Gesellschaft dieser Minderheit. Es geht um die Dezentralisierung und lokale Selbstverwaltung. Um Anerkennung, die sich in der Verfassung wiederfindet. Aber das setzt nunmal eine demokratische Entwicklung derer voraus, die genau diese Macht abgeben müssen. Und dazu ist die türkische Gesellschaft nicht bereit. Im Gegenteil. Die Türken begrüßen territoriale Ausdehnung - im genauen Wissen darüber, dass man sich wieder über fremde Völker stellt. Das ist der Kern des Kolonialismus.
Ich stimme dem zu 100% zu, nur sehe ich Gewalt und absolute Gewalt (Krieg) als aller letzte Option, da hängen viel zu viele Menschenleben dran.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Kardux »

keinproblem hat geschrieben:Was wäre die Alternative? Sanktionen treffen primär die kleinen Leute, ist aber wohl noch das humanste Vorgehen. Oppositionelle ausrüsten oder gar selber Soldaten schicken? Hat die Situation in den wenigsten Fällen verbessert. Ich bin der Meinung, dass die Welt eine deutlich bessere wäre, wenn Krieg nur als Mittel zur Selbstverteidigung dient. Das ist die einzige Möglichkeit die Gewaltspirale zu langfristig zu unterbrechen. Diplomatischer Frieden sind Leichenbergen, einbeinigen Müttern und Waisenkindern vorzuziehen. Wenn es auch eine Alternative gibt, die ich gerade nicht auf dem Schirm habe, wäre ich echt froh wenn du mir sie erzählst - ich bin auch entschieden gegen Saddam Husseins für die Welt.
Das ist schwer zu beantworten. Denn auch wenn man "einheimische Herrscher" walten lässt, kann es Leichenberge geben. Genau deshalb wäre eine unabhängige UN die Lösung. Aber die existiert nunmal nicht.
keinproblem hat geschrieben:Die Rebellionen gab es ja auch wegen der Unterdrückung durch die Kolonialherren, ist de facto das selbe wie heute. Ich halte es für recht vorhersehbar, dass die genannten Staaten Angst haben den Kurden mehr Autonomie einzuräumen, wenn dieses strategisch ideal gelegene Volk gut für externe Zwecke zu instrumentalisieren ist, wie auch jüngste Ereignisse aus Rojava wiederspiegeln. Perser, Araber und Türken sehe ich nicht als die Kolonialherren, nur weil sie die selbe Volkszugehörigkeit haben und dementsprechend über die Jahrzehnte indoktriniert wurden und werden.
Ich verstehe Ihren letzten Satz nicht. Kurden sollen dieselbe Volkszugehörigkeit wie Perser, Araber und Türken haben? Oder wie soll man Ihren Satz verstehen?

Und die Rebellionen, von denen ich noch schreibe, richteten sich einzig und allein gegen Osmanen und Iraner.
keinproblem hat geschrieben:Die Kurden brauchen eine Verhandlungsbasis (Melierdialog - "Recht kann es nur zwischen Gleich-Starken geben"). Wenn es eine menge Blut kostet eine Gleichberechtigung zu erreichen und sich sogar zeitweise gewaltsam abspalten muss um für voll genommen zu werden, dann ist dem eben so. Warum ich einen eigenen kurdischen bzw. iranische, Drusische (etc.) Staaten nicht für die ideale Lösung halte führe ich später aus. Und auch wenn ich die Barzanis und deren Art Politik zu machen in wenigen Punkten gut heiße, ist es natürlich ein monumentales Problem wenn die süd-kurdische Souveränität nicht hingenommen wird. Einen beinharten Unabhängigkeitskrieg durch zu ziehen würde ich trotzdem ablehnen, solange Alternativen bleiben. Das militärische Ungleichgewicht ist da nochmal auf einer ganz anderen Stufe als das der Palästinenser gegenüber den Israelis.
Ja, "Recht kann es nur zwischen Gleich-Starken geben". Genau das ist die derzeitige Logik im Nahen Osten. Sonst kommt derzeit niemand auf die Idee von selbst, Recht walten zu lassen. Auch die türkischen, arabischen und persischen Kolonialherren wissen, dass ihr Kolonialismus Unrecht ist. Verhandlungsbasis hin oder her, die Kurden werden den Kolonialherren noch sehr lange im Nacken sitzen. Das Unrecht wird nicht einfach so hingenommen.

Niemand müsste einen "beinharten Unabhängigkeitskrieg" durchziehen. Man wird dazu stets gezwungen.
keinproblem hat geschrieben:Die kurdische Assimilierung ist zur Zeit nicht im selben Tempo voranzutreiben, und das weiß Erdogan selbst auch. Der Mann braucht soviel Rückhalt und Stabilität im Inland wie er haben kann und auch außenpolitisch sitzt die Türkei gerade zwischen den Stühlen und muss schauen wen sie sich nun als langfristige Verbündete sucht. Das Vorhaben ist sicherlich nicht aufgegeben, aber Alles in Allem eingestellt.
Nein ist es nicht. Ihnen scheint wohl entgangen zu sein, dass Erdogan in den letzten Jahren viele Araber in Nordkurdistan ansiedeln ließ - kürzlich sogar im westkurdischen Efrîn. Die Assimilationspolitik ist nicht eingestellt. Es ist einzig und allein auf den Willen der Kurden zurückzuführen, dass die Assimilierung unwirksamer als Jahrzehnte zuvor ist. Die Nordkurden sind aus einer Starre erwacht - dies ist u.a. der große Verdienst der PKK.
keinproblem hat geschrieben:Wie ist deine Meinung zur PKK und Öcalan selbst? Ich habe so Gott will auch bald PKK Funktionäre in der Familie und habe etwas den Eindruck, der Widerstand sei ins Stocken geraten (habe noch mit keinem der genannten Personen gesprochen).
Es ist eine Wunschvorstellung vieler Türken, dass der Widerstand ins Stocken geraten sei. Er ist es nicht. Die PKK hatte niemals in ihrer Geschichte so viele Anhänger wie heute.

Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich diese Partei trotz einiger Verdienste, an die eigene Nase fassen muss was ihren Status als Terrororganisation betrifft. Viel zu oft wurden falsche Entscheidungen getroffen, weil sich zu viele irrationale Radikale in der Partei tummeln. Der Ausgang in Efrîn war ein weiterer Beweis dafür, dass die Interessen des Volks nicht immer an erster Stelle stehen. Von Öcalan und dem Personenkult um ihn, halte ich rein gar nichts. Das Vorhaben der PKK so drastisch gegen den Tribalismus und den konservativen Lebensstil zu agieren hielt und halte ich ebenfalls für einen Fehler. Dies ist mitunter ein Grund dafür, wieso Erdogan und seine AKP gestern verhältnismäßig viele Stimmen in Nordkurdistan erhielten. Die PKK treibt die Konservativen und Religiösen in die Arme der Türken - ein großes Problem, welches bis heute nicht wirklich behandelt wird. Eine nationale Bewegung in der jetzigen Situation muss anders propagieren und agieren.
keinproblem hat geschrieben:Die europäische Kleinstaaterei hat sich eben aus historischen Begebenheiten so ergeben, trotzdem sehe ich, dass es uns enorm schwächt. Was ist ein Frankreich auf der Weltbühne denn heute schon? Ein weiterer NATO-Bully der Amerikaner, mehr eigentlich nicht, Deutschland steht wirtschaftlich ja (noch) recht solide da. Aber eine Europäische Union? 700 Millionen Einwohner, größter Markt der Welt und technologische Infrastruktur? Die Kleinstaaterei ist das einzige was europäische Staaten ab der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts daran gehindert hat statt der ausschließlichen Vasallen-Rolle, der dominierende Spieler der nördlichen Hemisphere zu sein.
Hier beginnt doch schon der Denkfehler. Sie haben den Anspruch an der EU ein "dominierender Spieler" zu sein. In einer Welt von dominierenden Spielern gibt es nunmal immer "die zu dominierenden". Wo wir wieder beim verdrehten Kolonialismusverständnis angelangt wären.

Die Kleinstaaterei hat niemanden gehemmt. Ganz im Gegenteil. Der Lebensstandard in den europäischen Kleinstaaten ist mitunter der höchste in der Welt. Man kann auch nicht politische Entwicklungen auf historische Begebenheiten reduzieren. Wenn man schon den Revisionismus ins Spiel bringt, müsste man viel weiter in die Geschichte zurückgehen als Sie es tun. Weshalb haben sich Menschen überhaupt in Stämme unterteilt? Woher rührt der Wunsch sich abzuspalten und zu trennen?
keinproblem hat geschrieben:Welchen guten Grund? Die Welt schließt sich zu immer größeren Verbünden zusammen, das scheint historisch wohl einfach der Lauf der Dinge zu sein.
Viel eher ist es historisch der Lauf der Dinge, das sich Grenzen stetig verschieben. Ich sehe derzeit aber nicht mehr wirklich die Großreiche die sich über mehrere Kontinente erstrecken. Und leider war es selten so das sich die "Welt" zusammengeschlossen hat. Ein Volk hat das andere erobert - das ist die Wahrheit.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von King Kong 2006 »

Die syrische Armee marschiert in Daraa. Sozusagen im Süden gegenüber Israel und Jordanien die letzte Hochburg der Oppositionsgruppen.
Syria: If Daraa falls, could it be the beginning of the end of the civil war?

Daraa province and its capital of the same name lies on the Jordanian border.

This rebel stronghold that includes parts of Quneitra province stretches all the way to the Golan Heights — an area of Syrian territory held by Israel since the Six-Day War in 1967.

It is the last remnant of opposition to the government in Syria's south.
Evacuation deals saw rebels and civilians put in buses and driven to rebel-held territory in northern Syria.
"We've got more to go but this is irreversible now."

The focus for Damascus is now on rebuilding the economy and resuming foreign trade, a priority which Mr Lister says will put the military focus heavily on regaining Daraa's border crossing with Jordan.

http://www.abc.net.au/news/2018-06-23/c ... xt/9809420
Der letzte Kampf? Zum Angriff auf Daraa

In aller Entschlossenheit lässt Assad eine der letzten Rebellen-Bastionen, die Stadt Daraa, bekämpfen. Sein Sieg dort ist absehbar, doch der dürfte weder Assads Herrschaft über Syrien sichern, noch die Region beruhigen.
Gibt es Deals?
Könnte es darum vor den Angriffen auf Daraa zu Absprachen zwischen Israel und Russland, der Schutzmacht Baschar al-Assads, gekommen sein - mit dem Ziel, unter der Hand zu einer Einigung zu kommen? Der libanesische Journalist Tony Abu Najm schloss das im arabischen TV-Programm der Deutschen Welle nicht aus. Das Assad-Regime habe nicht nur von Russland, sondern auch von Israel ein OK für die Angriffe auf Daraa erhalten, sagte Abu Najm in der Sendung "Massaiya". Im Gegenzug sei garantiert worden, dass die iranischen Truppen - und in ihrem Gefolge die Milizen der Hisbollah - zur israelischen Grenze einen Mindestabstand von 30 bis 40 Kilometern zu halten hätten. Damit solle den israelischen Sicherheitsbedenken entsprochen werden.
Ähnlich sieht es auch Nahost-Experte Khattar Abu Dia. Auch er hält es für möglich, dass es vor dem Angriff auf Daraa Gespräche zwischen Russland und Israel gegeben habe. Russland könnte sich in Teheran dafür eingesetzt haben, dass sich Iran zumindest in Teilen aus Syrien zurückziehe, sagte Abu Dia der DW. Offen sei allerdings, inwieweit sich Iran auf dieses Anliegen eingelassen habe. "Bislang gibt es keine entsprechende Verpflichtungserklärung Irans. Russland hält den Iran zwar auf Distanz, bombt dafür aber seinerseits."

Dem widersprach die syrische Abgeordnete Ashwaq Abbas entschieden. Es habe keinerlei Absprachen gegeben, erklärte sie in der DW-Sendung "Massaiya". Das syrische Militär habe bereits mehrere Städte von den Rebellen zurückerobert. Nun sei eben Daraa an der Reihe.

"Bewaffneter Widerstand ist an sein Ende gekommen"

Zudem hätten sich Teile der Rebellen mit der syrischen Armee zusammengeschlossen, so Abbas. Nun bekämpften sie gemeinsam die dschihadistischen Truppen, allen voran die Dschabhat Fath asch-Scham, ehemals bekannt als al-Nusra-Front. Ausgeschlossen ist ein solcher Zusammenschluss nicht. Die Lage der nach sieben Kriegsjahren ohnehin zermürbten, womöglich demoralisierten und in verschiedene, teils miteinander konkurrierende Gruppen zersplitterten Rebellen ist durch die Angriffe noch verzweifelter geworden. Wäre es tatsächlich zu einem Zusammenschluss mit den einstigen Gegnern gekommen, könnte dies auch dem schlichten Bedürfnis entsprungen sein, zumindest das eigene Leben zu retten.

Es liege aber auf der Hand, dass die Rebellen durch die jüngste Offensive ans Ende ihrer Kräfte gekommen sind, sagt Bente Scheller. "Die Aufständischen waren schon lange in der Defensive. Zudem haben sie ihre internationalen Unterstützer nach und nach verloren. Lange Zeit hatten die USA die Rebellen an deren Süd-Front unterstützt. Nun haben sie diese sich selbst überlassen."

https://www.dw.com/de/der-letzte-kampf- ... a-44427734
Natürlich ist die Eroberung dieser Provinz kein Garant, daß die Kämpfe vollends vorbei sind. Was wir allerdings jetzt erleben könnten, ist das die Nachkriegsordnung geformt wird.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Tom Bombadil »

keinproblem hat geschrieben:(21 Jun 2018, 20:37)

Bist du dir sicher?
Ja, sehr sicher, deinen Widerspruch hatte ich schon antizipiert.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von King Kong 2006 »

Rückeroberung rollt weiter. Es geht auf die israelische Grenze zu.
Rebel-held towns in southwestern Syria surrender

Syrian state television broadcast scenes of people in the town of Dael in Deraa province celebrating its return to government control.

Southwestern Syria is one of two remaining rebel strongholds, along with a region of the northwest that President Bashar al-Assad has sworn to recapture.

http://www.euronews.com/2018/07/01/rebe ... -surrender
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
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keinproblem
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von keinproblem »

King Kong 2006 hat geschrieben:(01 Jul 2018, 10:30)

Rückeroberung rollt weiter. Es geht auf die israelische Grenze zu.
Nicht mehr lange und die Achse des Guten hat keine Rechtfertigung mehr syrische Stützpunkte zu bombardieren. Hoffe zumindest, dass die "den Diktator muss man wegbomben" - Schiene dann nicht mehr ausreicht, um Rückhalt in der eigenen Bevölkerung fortbestehen zu lassen.
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zollagent
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von zollagent »

keinproblem hat geschrieben:(01 Jul 2018, 12:40)

Nicht mehr lange und die Achse des Guten hat keine Rechtfertigung mehr syrische Stützpunkte zu bombardieren. Hoffe zumindest, dass die "den Diktator muss man wegbomben" - Schiene dann nicht mehr ausreicht, um Rückhalt in der eigenen Bevölkerung fortbestehen zu lassen.
Diktatoren haben IMMER "Rückhalt in der eigenen Bevölkerung", bis die irgendwann vor seinen Rachegelüsten sicher ist. Dann enden sie wie Saddam Hussein, Ceaucescu oder Gadhaffi. Du wirst doch nicht wirklich erzählen wollen, daß eine Diktatur, die sich mit einem Spitzelsystem, das der Stasi nachempfunden wurde, einem Polizeistaat und letztlich militärischer Gewalt vor der eigenen Bevölkerung "schützen" mußte, wirklich dem Willen des syrischen Volkes entspricht. Ohne Putins Bomber gäbe es den Despoten nicht mehr.
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keinproblem
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von keinproblem »

zollagent hat geschrieben:(01 Jul 2018, 13:14)

Diktatoren haben IMMER "Rückhalt in der eigenen Bevölkerung", bis die irgendwann vor seinen Rachegelüsten sicher ist. Dann enden sie wie Saddam Hussein, Ceaucescu oder Gadhaffi. Du wirst doch nicht wirklich erzählen wollen, daß eine Diktatur, die sich mit einem Spitzelsystem, das der Stasi nachempfunden wurde, einem Polizeistaat und letztlich militärischer Gewalt vor der eigenen Bevölkerung "schützen" mußte, wirklich dem Willen des syrischen Volkes entspricht. Ohne Putins Bomber gäbe es den Despoten nicht mehr.
Ich rede von Rückhalt in der Bevölkerung der Länder die zur Achse des Guten gehören, sprich jene welche sich anmaßen das Recht zu haben ihr politisches System in andere Nationen exportieren zu dürfen. Das diktatorische Regime hat jedoch nicht weniger sondern mehr Unterstützer als vor den Angriffen im Land, desto mehr Externe Städte bombardieren, desto mehr schweißt das die Internen zusammen. Kann man in gewissen Punkten mit den Alliierten Bombardements Ende des Zweiten Weltkriegs vergleichen.

Aussage meines Beitrages war, dass die NATO völkerrechtswidrige Mittel zur Absetzung Assads einsetzte und ich hoffe, dass das wohl absehbare Ende des innersyrischen Kampfes bedeutet, dass man einen Strategiewechsel vornimmt.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von zollagent »

keinproblem hat geschrieben:(01 Jul 2018, 14:32)

Ich rede von Rückhalt in der Bevölkerung der Länder die zur Achse des Guten gehören, sprich jene welche sich anmaßen das Recht zu haben ihr politisches System in andere Nationen exportieren zu dürfen. Das diktatorische Regime hat jedoch nicht weniger sondern mehr Unterstützer als vor den Angriffen im Land, desto mehr Externe Städte bombardieren, desto mehr schweißt das die Internen zusammen. Kann man in gewissen Punkten mit den Alliierten Bombardements Ende des Zweiten Weltkriegs vergleichen.

Aussage meines Beitrages war, dass die NATO völkerrechtswidrige Mittel zur Absetzung Assads einsetzte und ich hoffe, dass das wohl absehbare Ende des innersyrischen Kampfes bedeutet, dass man einen Strategiewechsel vornimmt.
Nein, das stimmt so definitiv nicht. Daß in einer Diktatur viele pro-forma "begeistert" sind vom Diktator, ist dem Selbsterhaltungstrieb geschuldet. Und es gab ja auch in Syrien Forderungen nach "Import des Politischen Systems", das dir offenbar große Probleme bereitet. Damit fing ja der ganze Ärger in Syrien an.

Es gibt übrigens kein Recht für das Unrecht. Und eine Diktatur ist IMMER Unrecht.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Alter Stubentiger »

keinproblem hat geschrieben:(01 Jul 2018, 14:32)

Ich rede von Rückhalt in der Bevölkerung der Länder die zur Achse des Guten gehören, sprich jene welche sich anmaßen das Recht zu haben ihr politisches System in andere Nationen exportieren zu dürfen. Das diktatorische Regime hat jedoch nicht weniger sondern mehr Unterstützer als vor den Angriffen im Land, desto mehr Externe Städte bombardieren, desto mehr schweißt das die Internen zusammen. Kann man in gewissen Punkten mit den Alliierten Bombardements Ende des Zweiten Weltkriegs vergleichen.

Aussage meines Beitrages war, dass die NATO völkerrechtswidrige Mittel zur Absetzung Assads einsetzte und ich hoffe, dass das wohl absehbare Ende des innersyrischen Kampfes bedeutet, dass man einen Strategiewechsel vornimmt.
Die NATO ist unbeteiligt.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von Alter Stubentiger »

zollagent hat geschrieben:(01 Jul 2018, 13:14)

Diktatoren haben IMMER "Rückhalt in der eigenen Bevölkerung", bis die irgendwann vor seinen Rachegelüsten sicher ist. Dann enden sie wie Saddam Hussein, Ceaucescu oder Gadhaffi. Du wirst doch nicht wirklich erzählen wollen, daß eine Diktatur, die sich mit einem Spitzelsystem, das der Stasi nachempfunden wurde, einem Polizeistaat und letztlich militärischer Gewalt vor der eigenen Bevölkerung "schützen" mußte, wirklich dem Willen des syrischen Volkes entspricht. Ohne Putins Bomber gäbe es den Despoten nicht mehr.
Tatsächlich haben nach dem Krieg SS-Offiziere die Systeme installiert die die Bevölkerung kontrollieren. Das ist die Basis auf die sich schon der alte Assad stützte.
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Re: Wie weiter mit Syrien ?

Beitrag von zollagent »

Alter Stubentiger hat geschrieben:(01 Jul 2018, 16:36)

Die NATO ist unbeteiligt.
Für Fans des russischen Autokraten ist die NATO IMMER SCHULD, denn man wähnt sich in einem Wettbewerb mit ihr. Das ist die Neuauflage eines kalten Krieges.
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