Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

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Brainiac
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

franktoast hat geschrieben:(05 Jul 2017, 08:44)

Oh und ich dachte, ein Konzern wäre von seinen Käufern abhängig. Was ist Coca Cola, wenn keiner mehr deren Getränke kauft? Was ist Amazon, wenn keiner mehr dort einkauft? Wie bei einer Wahl hat jeder Kunde einen Stück dazu beigetragen, dass der Konzern "mächtiger" wurde.
Nur mit einem entscheidenden Unterschied: Der Käufer hat Alternativen. Wenn mir der Nike Schuh nicht gefällt, dann kauf ich ihn nicht oder einen anderen. Ich kann ihn sogar erstmal testen und dann zurück geben. Ich kann vergleichen. Stell dir mal vor, du wählst SPD und bekommst diese dann auch (unabhängig, was andere Wähler denken). Und wenn dir deren Politik nicht gefällt, kannst du es rückgängig machen.

Also:
1. Ein Wähler in der Marktwirtschaft bekommt das, was er will - egal was andere Wähler sagen
2. Ein Wähler kann vergleichen, testen und im Zweifel zurück geben. Er kann auch schauen, was der Nachbar(oder Person des Vertrauens) für ein Produkt hat und fragen, ob der damit zufrieden ist.

Man stelle sich mal Mehrheitsdemokratie vor:
Nike und Adidas versprechen beide, wie toll der Schuh ist, der ab September in jeden Haushalt kommt. Die Mehrheit entscheidet, welchen Schuh jeder bekommt und nach 4 Jahren wird wieder gewählt.

Deswegen gehe ich auch nicht zur politischen Wahl. Was ich wähle, bekomme ich ja nicht, sondern ich bekomme, was die Mehrheit wählt.
Ok, zugegeben, die Käuferseite hatte ich in meinem Beitrag nicht auf dem Schirm.

Der Unterschied ist aber: Durch mein Kaufverhalten bestimme ich sehr direkt, welches Produkt ich bekomme. Ich bestimme aber nur sehr indirekt die allgemeine Geschäftsstrategie der Konzerne (beispielsweise zu Einkauf, Personal, Finanzen, Auslandsinvestitionen etc). Ich denke, ja, ungefähr annähernd indirekt, wie meine einzelne Wählerstimme die Politik Deutschlands bestimmt.

Und dann gibt es sehr viele Konzerne, mit deren Produkten ich im Sinne einer Kaufentscheidung niemals oder zumindest sehr selten zu tun habe, Bzw. vielleicht schon öfter zu tun habe, es aber nicht weiß, da die Eigentümer- und Anteilsbeziehungen schwer durchschaubar sind und sich hinter Marken verbergen. Darüber kann man sich zwar informieren, dies ist aber aufwändig.
Zuletzt geändert von Brainiac am Mi 5. Jul 2017, 18:05, insgesamt 1-mal geändert.
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3x schwarzer Kater
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:00)

Und dann gibt es sehr viele Konzerne, mit deren Produkten ich im Sinne einer Kaufentscheidung niemals oder zumindest sehr selten zu tun habe,.
hmm... welche z.B.?
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Brainiac
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:03)

hmm... welche z.B.?
Nehmen wir zB Pharmakonzerne, Sanofi, Clariant oder so.

Ich nehme sehr selten Medikamente oder Arzneimittel, und wenn ja, steht die Frage des produzierenden Konzerns in der Regel nicht im Vordergrund, wenn ich das Rezept beim Apotheker einreiche.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Boracay »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:03)

hmm... welche z.B.?
Nimm mal einfach den DAX.

Mit den 4 größten hast du als Verbraucher nix zu tun.

Oder welche Produkte kaufst du von Siemens, Beyer, BASF oder SAP?

Bitte BSH Haushaltsgeräte nicht mit Siemens verwechseln. Beyer noch am ehesten, aber deren Pharmaprodukte bekommst du eher direkt im Krankenhaus....
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

Ich selbst habe übrigens keine besondere Abneigung gegenüber Konzernen, ua. da ich mehrere von innen kennengelernt habe. Ich habe nur versucht, eine Antwort auf die Fragestellung des Stranges zu geben, warum offenbar viele andere diese Abneigung haben.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Brainiac hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:00)

Ok, zugegeben, die Käuferseite hatte ich in meinem Beitrag nicht auf dem Schirm.

Der Unterschied ist aber: Durch mein Kaufverhalten bestimme ich sehr direkt, welches Produkt ich bekomme. Ich bestimme aber nur sehr indirekt die allgemeine Geschäftsstrategie der Konzerne (beispielsweise zu Einkauf, Personal, Finanzen, Auslandsinvestitionen etc). Ich denke, ja, ungefähr annähernd indirekt, wie meine einzelne Wählerstimme die Politik Deutschlands bestimmt.

Und dann gibt es sehr viele Konzerne, mit deren Produkten ich im Sinne einer Kaufentscheidung niemals oder zumindest sehr selten zu tun habe, Bzw. vielleicht schon öfter zu tun habe, es aber nicht weiß, da die Eigentümer- und Anteilsbeziehungen schwer durchschaubar sind und sich hinter Marken verbergen. Darüber kann man sich zwar informieren, dies ist aber aufwändig.
Wo genau ist nun das Problem? Facebook oder Google entscheiden nun, dass sie Daten von ihren Kunden anders erheben, was dir nicht gefällt. Was wirst du tun? Du wirst deren Produkte nicht mehr nutzen. Deine Wahl ändert 100%. Deine Daten werden nicht mehr missbraucht, gut. Ein Problem weniger für dich persönlich. Du nutzt dann zB. die Bing-Suche oder Snapchat. Da Facebook und Google eher keine Kunden verlieren wollen, wird das Management sich das genau überlegen.

Was machst, wenn unsre Regierung deine Daten missbraucht? Toll, du gehst in 4 Jahren wieder wählen. In der Zwischenzeit werden deine Daten missbraucht. Und dann hoffst du, dass du mit deinen 0,001% der Stimmen den Unterschied auszumachen.
Und bei der Wahl stellst du mit Pech fest? Die regierende Partei bietet unterm Strich trotzdem das beste Paket, also wählst du sie trotzdem.

Im Endeffekt wollen Konzerne das Gleiche wie Politiker. Sie wollen gewählt werden. Nur können Konzerne ihre Wähler nicht verarschen.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Boracay hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:16)

Nimm mal einfach den DAX.

Mit den 4 größten hast du als Verbraucher nix zu tun.

Oder welche Produkte kaufst du von Siemens, Beyer, BASF oder SAP?
...
indirekt wohl viele ....
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Boracay hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:16)

Nimm mal einfach den DAX.

Mit den 4 größten hast du als Verbraucher nix zu tun.

Oder welche Produkte kaufst du von Siemens, Beyer, BASF oder SAP?

Bitte BSH Haushaltsgeräte nicht mit Siemens verwechseln. Beyer noch am ehesten, aber deren Pharmaprodukte bekommst du eher direkt im Krankenhaus....
Du kaufst nix von Siemens. Aber die Verkäufer deiner Produkte. Du kaufst ja auch nix von Foxconn, aber Apple schon. Außerdem gibt es trotzdem noch den guten alten Druck über die Medien.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Boracay »

franktoast hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:19)

Du kaufst nix von Siemens. Aber die Verkäufer deiner Produkte. Du kaufst ja auch nix von Foxconn, aber Apple schon. Außerdem gibt es trotzdem noch den guten alten Druck über die Medien.
Wozu das bei Foxconn geführt hat kann man ja sehen. Ein sehr guter Arbeitgeber der exorbitant mehr bezahlt als üblich (und viele weitere Leistungen bietet wie Housing, günstige Lebensmittel usw.) wird öffentlich fertig gemacht wegen einer Erfindung in der Presse.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

franktoast hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:16)

Wo genau ist nun das Problem? Facebook oder Google entscheiden nun, dass sie Daten von ihren Kunden anders erheben, was dir nicht gefällt. Was wirst du tun? Du wirst deren Produkte nicht mehr nutzen. Deine Wahl ändert 100%. Deine Daten werden nicht mehr missbraucht, gut. Ein Problem weniger für dich persönlich. Du nutzt dann zB. die Bing-Suche oder Snapchat. Da Facebook und Google eher keine Kunden verlieren wollen, wird das Management sich das genau überlegen.

Was machst, wenn unsre Regierung deine Daten missbraucht? Toll, du gehst in 4 Jahren wieder wählen. In der Zwischenzeit werden deine Daten missbraucht. Und dann hoffst du, dass du mit deinen 0,001% der Stimmen den Unterschied auszumachen.
Und bei der Wahl stellst du mit Pech fest? Die regierende Partei bietet unterm Strich trotzdem das beste Paket, also wählst du sie trotzdem.

Im Endeffekt wollen Konzerne das Gleiche wie Politiker. Sie wollen gewählt werden. Nur können Konzerne ihre Wähler nicht verarschen.
Ich mach's mal platt. Wenn ich den Schokoriegel des einen und nicht des anderen Konzerns kaufe, bestimme ich meine persönliche Versorgung im Hier und Jetzt mit Schokoriegeln.

Ich bestimme vielleicht auch ein ganz klein wenig die Produktstrategie der Schokoriegelkonzerne für Deutschland.

Ich habe praktisch keinen Einfluss darauf (weil meine Kaufentscheidung dies nicht beeinflussen dürfte), ob diese Konzerne

- vielleicht internationale Sanktionen gegen Unrechtsstaaten unterlaufen,
- selbst zu ausbeuterischen Bedingungen produzieren, sei es hier oder in einem Dritte-Welt-Land,
- Anteile an anderen Firmen besitzen, die möglicherweise Chemiewaffen herstellen,
- an Banken beteiligt sind, die hochriskante "systemrelevante" Finanztransaktionen durchführen.

Um mal einige der gängigen Vorurteile und Ängste zu nennen, ich versuche ja nur zu erklären.

All das muss mir kein Konzern direkt und ungefragt auf der Verpackung des Schokoriegels anzeigen. Wie ich schon schrieb, ich kann mich informieren, aber das ist aufwändig. Schon bei einem einzigen Konzern, um so mehr bei "den Konzernen" (also allen), und last not least, wie teile ich dem Konzern glaubhaft mit, dass mein Nichtkauf seines Schokoriegels als ein Votum gegen dessen Engagement in Simbabwe zu sehen ist?

Eine Partei muss für eine Wahl ein Wahlprogramm erstellen, das ich lesen kann. Ja, dieses ist nicht wirklich verbindlich, aber doch in den wesentlichen Punkten dahingehend aussagekräftig, dass die Partei Probleme bekommen kann, wenn sie später als Teil der Regierung ohne triftigen Grund davon abweicht. Das ist einfach eine andere Ebene von Commitment.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Boracay hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:21)

Wozu das bei Foxconn geführt hat kann man ja sehen. Ein sehr guter Arbeitgeber der exorbitant mehr bezahlt als üblich (und viele weitere Leistungen bietet wie Housing, günstige Lebensmittel usw.) wird öffentlich fertig gemacht wegen einer Erfindung in der Presse.
Das ist dann nun mal so. Medien berichten, was die Konsumenten eben hören/lesen/sehen wollen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Brainiac hat geschrieben:(05 Jul 2017, 18:35)

Ich mach's mal platt. Wenn ich den Schokoriegel des einen und nicht des anderen Konzerns kaufe, bestimme ich meine persönliche Versorgung im Hier und Jetzt mit Schokoriegeln.

Ich bestimme vielleicht auch ein ganz klein wenig die Produktstrategie der Schokoriegelkonzerne für Deutschland.

Ich habe praktisch keinen Einfluss darauf (weil meine Kaufentscheidung dies nicht beeinflussen dürfte), ob diese Konzerne

- vielleicht internationale Sanktionen gegen Unrechtsstaaten unterlaufen,
- selbst zu ausbeuterischen Bedingungen produzieren, sei es hier oder in einem Dritte-Welt-Land,
- Anteile an anderen Firmen besitzen, die möglicherweise Chemiewaffen herstellen,
- an Banken beteiligt sind, die hochriskante "systemrelevante" Finanztransaktionen durchführen.

Um mal einige der gängigen Vorurteile und Ängste zu nennen, ich versuche ja nur zu erklären.
Du hast als einzelner Käufer von Millionen sehr wenig Einfluss, das stimmt. Aber mehr Einfluss als bei einer politischen Wahl! Und das ist der Punkt. Außerdem kannst du aktiv bestimmen, ob du die Konzernpolitik mit deinem Geld unterstützt. Wenn die Regierung einen Krieg führt, dann nehmen die dein Geld. Du kannst ja nicht sagen, dass du jetzt für die Sache, die dir nicht gefällt, keine Steuer mehr bezahlst.
All das muss mir kein Konzern direkt und ungefragt auf der Verpackung des Schokoriegels anzeigen. Wie ich schon schrieb, ich kann mich informieren, aber das ist aufwändig. Schon bei einem einzigen Konzern, um so mehr bei "den Konzernen" (also allen), und last not least, wie teile ich dem Konzern glaubhaft mit, dass mein Nichtkauf seines Schokoriegels als ein Votum gegen dessen Engagement in Simbabwe zu sehen ist?
Ich weiß nicht. Wie vermittelst du einer Regierung, dass dir der Militäreinsatz nicht gefällt? Wie teilst du der regierenden Partei mit, dass du den Krieg schlecht findest, sie aber trotzdem noch wählst (wie gesagt, besseres Gesamtkonzept als bei anderen Parteien)?
Eine Partei muss für eine Wahl ein Wahlprogramm erstellen, das ich lesen kann. Ja, dieses ist nicht wirklich verbindlich, aber doch in den wesentlichen Punkten dahingehend aussagekräftig, dass die Partei Probleme bekommen kann, wenn sie später als Teil der Regierung ohne triftigen Grund davon abweicht. Das ist einfach eine andere Ebene von Commitment.
Wenn du gegen A und B bist und Partei 1 für A aber gegen B und Partei 2 gegen A und für B ist, wen wählst du?

In der Politik kannst du ja nicht mal für einzelne Sachen abstimmen. Man wählt ne Partei, die am ehesten das bietet, was man will. Vor der Wahl überbieten sich die Parteien mit Versprechungen.
Nehmen wir mal den Handyvertrag als Extrembeispiel, denn da verpflichtet man sich auch für 2 Jahre. Wie machst du das?
- du liest im Internet, wie Kunden bisher mit dem Anbieter zufrieden waren
- du fragst Freunde, wie sie zufrieden waren. Der eine hat Anbieter 1, der andere Anbieter 2.

Wie machst du das bei einer politischen Wahl?

Ansonsten gibt es natürlich auch handyverträge die man sofort kündigen kann. So wie es bei den allermeisten Produkten ist. Ein Konzern kann dich nicht verarschen. Wenn du mit dem Produkt nicht zufrieden bist, schickst du es zurück, oder kaufst absofort wo anders.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

franktoast hat geschrieben:(06 Jul 2017, 09:51)

Du hast als einzelner Käufer von Millionen sehr wenig Einfluss, das stimmt. Aber mehr Einfluss als bei einer politischen Wahl! Und das ist der Punkt.

Mehr Einfluss auf das Produkt, dass ich kaufe. Das ja.

Aber ganz bestimmt nicht mehr Einfluss auf das, was der dieses Produkt produzierende Konzern sonst noch so treibt.
Außerdem kannst du aktiv bestimmen, ob du die Konzernpolitik mit deinem Geld unterstützt. Wenn die Regierung einen Krieg führt, dann nehmen die dein Geld. Du kannst ja nicht sagen, dass du jetzt für die Sache, die dir nicht gefällt, keine Steuer mehr bezahlst.

Ok, das stimmt. Der Staat liefert mir aber auch, im Gegensatz zu irgendeinem Konzern, diverse Gegenleistungen, wie Verkehrsinfrastruktur, staatl. Schulsystem und Wirtschaftsförderung.
Ich weiß nicht. Wie vermittelst du einer Regierung, dass dir der Militäreinsatz nicht gefällt? Wie teilst du der regierenden Partei mit, dass du den Krieg schlecht findest, sie aber trotzdem noch wählst (wie gesagt, besseres Gesamtkonzept als bei anderen Parteien)?

Zum Wahlverhalten und dessen Begründungen gibt es viele Umfragen. Wenn zB eine Regierung einen Militäreinsatz plant, garantiert auch - und zwar differenziert danach, wen man wählt, so dass die jeweilige Partei ihre Schlussfolgerungen ziehen kann, und vermutlich auch wird.. Des weiteren gibt es in den meisten Parteiprogrammen grundsätzliche Aussagen zur Aussenpolitik und zur Verteidigung, die sich zwischen den Parteien durchaus signifikant unterscheiden. Wenn ich zB die Linkspartei wählen würde, dürfte ich mir relativ sicher sein, dass diese, gesetzt den Fall sie wäre an einer Regierung beteiligt, wohl nicht einen NATO-Einsatz in der Ukraine gegen Russland befürworten würde. ;)
Wenn du gegen A und B bist und Partei 1 für A aber gegen B und Partei 2 gegen A und für B ist, wen wählst du?

In der Politik kannst du ja nicht mal für einzelne Sachen abstimmen. Man wählt ne Partei, die am ehesten das bietet, was man will. Vor der Wahl überbieten sich die Parteien mit Versprechungen.

Das ist richtig, man kann nur ein Paket wählen, es aber nicht aufschnüren. Ich bin deswegen auch für mehr direkte Demokratie auf Bundesebene.

Würde dies deine grundsätzliche Abneigung ggü. Staat und Politik, die ich hier herauslese, denn verringern?

Nehmen wir mal den Handyvertrag als Extrembeispiel, denn da verpflichtet man sich auch für 2 Jahre. Wie machst du das?
- du liest im Internet, wie Kunden bisher mit dem Anbieter zufrieden waren
- du fragst Freunde, wie sie zufrieden waren. Der eine hat Anbieter 1, der andere Anbieter 2.

Wie machst du das bei einer politischen Wahl?

Na, ich informiere mich, was die Partei in den letzten 4 Jahren geleistet hat. Dass das jetzt wieder so sein wird, ist unsicher - dass der TK-Anbieter mir dieselbe Leistung erbringt wie anderen Kunden bislang, aber auch.
Ansonsten gibt es natürlich auch handyverträge die man sofort kündigen kann. So wie es bei den allermeisten Produkten ist. Ein Konzern kann dich nicht verarschen. Wenn du mit dem Produkt nicht zufrieden bist, schickst du es zurück, oder kaufst absofort wo anders.
Da sind wir wieder bei dem Kernthema: Ich kann mit meiner Kaufentscheidung sehr konkret meine Versorgung mit diesem Produkt bestimmen, und da kann mich der produzierende Konzern nicht "verarschen". Die Abneigung ggü. Konzernen bezieht sich aber mE. nicht darauf, sondern, dass diese Konzerne - deswegen sind sie ja welche - viele andere Dinge tun, die für mich schwer durchschaubar sind und die ich, wüsste ich Näheres dazu, vielleicht nicht gutheißen würde. Auf dieser Ebene kann mich ein Konzern sehr wohl verarschen. Ich kaufe einen Schokoriegel, oder einen Handyvertrag, oder Antithrombosespritzen, und finanziere damit vielleicht völlig andere Geschäfte.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Brainiac hat geschrieben:(06 Jul 2017, 17:38)

Mehr Einfluss auf das Produkt, dass ich kaufe. Das ja.

Aber ganz bestimmt nicht mehr Einfluss auf das, was der dieses Produkt produzierende Konzern sonst noch so treibt.
Ich würd sagen, es kommt ein wenig drauf an. Wenn du allein das Management kritisierst, ist das so, wie wenn du als einziger die Brainiac-Partei wählst. Aber: Du bekommst du kannst du deine Kaufentscheidung dafür sorgen, dass du mit deinem Geld das Management nicht unterstützt. Wenn die CDU etwas macht, was dir nicht gefällt, zahlst du!

Ok, das stimmt. Der Staat liefert mir aber auch, im Gegensatz zu irgendeinem Konzern, diverse Gegenleistungen, wie Verkehrsinfrastruktur, staatl. Schulsystem und Wirtschaftsförderung.
Also wenn du ne Coke für 1€ kaufst, bekommst du von Coca Cola ja wohl auch ne Gegenleistung ;)
Zum Wahlverhalten und dessen Begründungen gibt es viele Umfragen. Wenn zB eine Regierung einen Militäreinsatz plant, garantiert auch - und zwar differenziert danach, wen man wählt, so dass die jeweilige Partei ihre Schlussfolgerungen ziehen kann, und vermutlich auch wird.. Des weiteren gibt es in den meisten Parteiprogrammen grundsätzliche Aussagen zur Aussenpolitik und zur Verteidigung, die sich zwischen den Parteien durchaus signifikant unterscheiden. Wenn ich zB die Linkspartei wählen würde, dürfte ich mir relativ sicher sein, dass diese, gesetzt den Fall sie wäre an einer Regierung beteiligt, wohl nicht einen NATO-Einsatz in der Ukraine gegen Russland befürworten würde. ;)
Zum Problem wird das, wenn du zB. die Ansicht vertrittst, dass in 5 Jahren keine Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden dürfen und die Steuern für Konzerne gesenkt werden. Wen wählst du dann?

Wie eine Partei ist ein Konzern sehr auf seine Außenwirkung bedacht, weil er weiß, dass Kunden eben drauf schauen und damit der Umsatz davon abhängt. Der Konzern kann das sogar ausrechnen. Keine Ahnung, zB. spart es dem Konzern 100Mio., wenn man Kinderarbeit einsetzt. Allerdings sinkt durch die Medienkritik der Gewinn um 1Mrd.
-> Einfache betriebswirtschaftliche Rechnung. Der breite Nutzen für die Bevölkerung sinkt, wenn man Kinder beschäftigt. Dafür haben die Kunden abgestimmt. Obwohl womöglich nur eine Minderheit der Coca-Käufer das Thema wichtig findet.

Wäre es so, dass nur dir das wichtig wäre, dann steht ein Gewinn von 100Mio. gegen einen Gewinnverlust von 10Cent (du kaufst ja nict mehr) gegenüber. Wie wurde abgestimmt.

Bei einer politischen Wahl läuft das etwas anders ab.

Das ist richtig, man kann nur ein Paket wählen, es aber nicht aufschnüren. Ich bin deswegen auch für mehr direkte Demokratie auf Bundesebene.

Würde dies deine grundsätzliche Abneigung ggü. Staat und Politik, die ich hier herauslese, denn verringern?
Naja, das würde das "Paket"-Problem verringern. Trotzdem würde ich nicht wählen gehen, weil mit der Aufwand für größer ist als der Nutzen. Da verbring ich lieber Zeit bei meiner Familie.

Das Gute ist ja, dass es die Mehrheitsdemokratie in der Regel nicht gut. Glücklicherweise. Anders formuliert: Die Mehrheit ist dafür, dass die Mehrheit oft nichts zu sagen hat. Wenn die Mehrheit n Festival kacke findet, kann die Minderheit trotzdem hingehen usw.

Da sind wir wieder bei dem Kernthema: Ich kann mit meiner Kaufentscheidung sehr konkret meine Versorgung mit diesem Produkt bestimmen, und da kann mich der produzierende Konzern nicht "verarschen". Die Abneigung ggü. Konzernen bezieht sich aber mE. nicht darauf, sondern, dass diese Konzerne - deswegen sind sie ja welche - viele andere Dinge tun, die für mich schwer durchschaubar sind und die ich, wüsste ich Näheres dazu, vielleicht nicht gutheißen würde. Auf dieser Ebene kann mich ein Konzern sehr wohl verarschen. Ich kaufe einen Schokoriegel, oder einen Handyvertrag, oder Antithrombosespritzen, und finanziere damit vielleicht völlig andere Geschäfte.
Deswegen gibt es die Medien, die Dinge offen legen, damit du dir nicht die Mühe machen musst. Ein Konzern, der wichtige Sachen verschweigt, versaut sich eh schon seinen Ruf.

Der Ruf eines Konzerns ist enorm wichtig. Und auch wenn du bei SAP jetzt selten einkaufen wirst, so geht es natürlich auch um die Arbeitnehmer, die dort arbeiten wollen. Keiner will sich sagen lassen müssen, dass er bei einem Verbrecherverein arbeitet. Zuletzt gibt es auch noch die Investoren bzw. Aktionäre. Ich lese das im Wertpapierforum oft, dass man keine Aktien von zB. Tabakkonzernen oder Waffenherstellern haben will. Nun, die können ihren schlechten Ruf wegen der Art des Geschäfts grundlegend nicht ändern, aber andere Konzerne schon. In der Regel ist der Ruf auch gut. Gegen Konzerne ist man ja oft nur anonym (genauso wie gegen Milliardäre, gibt man denen ein Gesicht und zählt Leistungen auf, kommt auch bei Linken die Bewunderung durch), wird es konkret, sieht es anders aus. Skandale gibt es aber trotzdem.

Nimm VW als Beispiel. Die haben beschissen. Die haben zum einen die Strafen, zum anderen den Umsatzrückgang. Aber letztlich entscheiden nun wieder die Kunden, wie schlimm sie das fanden. Und das sollte auch idealtypisch niemand anders entscheiden.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

franktoast hat geschrieben:(07 Jul 2017, 09:50)

Ich würd sagen, es kommt ein wenig drauf an. Wenn du allein das Management kritisierst, ist das so, wie wenn du als einziger die Brainiac-Partei wählst. Aber: Du bekommst du kannst du deine Kaufentscheidung dafür sorgen, dass du mit deinem Geld das Management nicht unterstützt. Wenn die CDU etwas macht, was dir nicht gefällt, zahlst du!
Ich kann aber eine andere Partei als die CDU wählen und damkit dazu beitragen, dass sie nicht regiert.

Du hattest behauptet, man hätte als Käufer mehr Einfluss als als Wähler. Das sehe ich nicht, zumindest nicht für die Aktivitäten des Konzerns, die nicht direkt mit dem verkauften Produkt zu tun haben.
Also wenn du ne Coke für 1€ kaufst, bekommst du von Coca Cola ja wohl auch ne Gegenleistung ;)
Habe ich nicht bestritten. Ich habe die staatlichen Leistungen erwähnt, weil du sagtest, "der nimmt mein Geld". Er gibt eben auch. Darüber kann ich keine Entscheidung treffen, aber so ist nun mal unser System und unsere Verfassung, und dafür haben die meisten Menschen in D Verständnis (da Einzelentscheidungen der Bürger über jeden einzelnen € an Staatsausgaben organisatorisch gar nicht umsetzbar sind). Zumindest wenn sie nicht libertär bzw. anarchistisch eingestellt sind.
Zum Problem wird das, wenn du zB. die Ansicht vertrittst, dass in 5 Jahren keine Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden dürfen und die Steuern für Konzerne gesenkt werden. Wen wählst du dann?

Wie eine Partei ist ein Konzern sehr auf seine Außenwirkung bedacht, weil er weiß, dass Kunden eben drauf schauen und damit der Umsatz davon abhängt. Der Konzern kann das sogar ausrechnen. Keine Ahnung, zB. spart es dem Konzern 100Mio., wenn man Kinderarbeit einsetzt. Allerdings sinkt durch die Medienkritik der Gewinn um 1Mrd.
-> Einfache betriebswirtschaftliche Rechnung. Der breite Nutzen für die Bevölkerung sinkt, wenn man Kinder beschäftigt. Dafür haben die Kunden abgestimmt. Obwohl womöglich nur eine Minderheit der Coca-Käufer das Thema wichtig findet.

Wäre es so, dass nur dir das wichtig wäre, dann steht ein Gewinn von 100Mio. gegen einen Gewinnverlust von 10Cent (du kaufst ja nict mehr) gegenüber. Wie wurde abgestimmt.

Bei einer politischen Wahl läuft das etwas anders ab.
Das Problem mit der Außenwirkung und dem Image haben Parteien genauso, wenn sie im Tagesgeschäft Entscheidungen treffen, die möglicherweise unpopulär sind. Konzerne stehen unter Beobachtung der Medien, ja, Parteien aber noch wesentlich mehr.

Ich versuche noch mal herauszuarbeiten, was eigentlich passiert.

Wenn ein Kunde ein Produkt eines Konzerns kauft, schließt er mit diesem implizit einen Kaufvertrag ab. Dafür gibt es gesetztliche Rahmenbedingungen, also zB wenn der Konzern auf der Verpackung gewisse Erwartungen erweckt, müssen diese bis zu einem gewissen Grade auch erfüllt sein, etc. Dafür bekommt der Konzern das Geld des Kunden. Der Kunde hat aber keinerlei Anspruch darauf, über die sonstigen Aktivitäten des konzerns, die Arbeitsbedingungen, die Finanzen etc. zu bestimmen, das geht ihn grundsätzlich nichts an. Wie du ausführst, vermeiden Konzern dennoch negative Imagewirkungen, weil der Kunde sonst ggf nicht mehr kaufen würde, dies ist aber die freie Entscheidung des Konzerns.

Bei einer Wahl wählt man (auch) ein Wahlprogramm, in dem Dinge aufgelistet sind, die diese Partei tun würde, sollte und müsste, wenn sie in eine Alleinregierung käme und sich nichts sonst an den Rahmenbedingungen ändern würde. Ein solches Wahlprogramm ist normalerweise thematisch vollständig, dh. es umfasst alle wesentlichen Teilgebiete staatlicher Aktivität (Wirtschaft, Soziales, Verteidigung, Bildung etc.). Zu all diesen Themen findet man in den meisten Wahlprogrammen sowohl strategische Richtungsaussagen als auch konkrete Maßnahmen in einer insgesamt konsistenten Form dargestellt. Es ist eine Absichtserklärung, man kann diese nicht juristisch einklagen - dennoch hat dies eine höhere Verbindlichkeit, als wenn ein solches Wahlprogramm nicht existieren würde.

Wenn ein Konzern etwas tut, was legal ist, aber auf Kritik stößt, dann schadet er vielleicht seinem öffentlichen Image. Vielleicht tangiert dies die Käufer dieses Konzerns aber nicht sonderlich, da es sich nicht um einen Massenmarktanbieter handelt. Er hat gegen nichts verstoßen, was er irgendwem zugesagt hätte.
Wenn eine Regierungspartei gegen ihr Wahlprogramm verstößt, dann wird sie wortbrüchig, und das wird in fast allen Fällen auch medial thematisiert. So etwas versuchen Parteien nach Möglichkeit zu vermeiden.

Ausgangspunkt war doch die Frage, woher die Abneigung gegenüber Konzernen kommt, und wir hatten uns in unserer Diskussion auf den Vergleich Konzerne vs. Parteien fokussiert. Wie gesagt, ich denke, dass die Abneigung bei Konzernen hauptsächlich aus der Vorstellung kommt, dass diese riesige, undurchschaubare, unkontrolliere Gebilde seien, die insgeheim viele negative Dinge tun, von denen man nichts mitkriegt. Und auf die man keinen Einfluss hat, außer, auf die freiwillige Entscheidung der Konzerne zu hoffen, solche Dinge aus Imagegründen nicht zu tun. Ich denke auch nicht, dass der Ruf der Konzerne schlechter sei als der der Parteien, aber eben auch nicht besser, aus den erwähnten Gründen.
Naja, das würde das "Paket"-Problem verringern. Trotzdem würde ich nicht wählen gehen, weil mit der Aufwand für größer ist als der Nutzen. Da verbring ich lieber Zeit bei meiner Familie.

Das Gute ist ja, dass es die Mehrheitsdemokratie in der Regel nicht gut. Glücklicherweise. Anders formuliert: Die Mehrheit ist dafür, dass die Mehrheit oft nichts zu sagen hat. Wenn die Mehrheit n Festival kacke findet, kann die Minderheit trotzdem hingehen usw.
Das stimmt nur teilweise. Wenn die Mehrheit für rot/grün ist, wird etwas andere Politik gemacht und es werden andere Schwerpunkte gesetzt, als wenn die Mehrheit für schwarz/gelb ist.

Deswegen gibt es die Medien, die Dinge offen legen, damit du dir nicht die Mühe machen musst. Ein Konzern, der wichtige Sachen verschweigt, versaut sich eh schon seinen Ruf.

Der Ruf eines Konzerns ist enorm wichtig. Und auch wenn du bei SAP jetzt selten einkaufen wirst, so geht es natürlich auch um die Arbeitnehmer, die dort arbeiten wollen. Keiner will sich sagen lassen müssen, dass er bei einem Verbrecherverein arbeitet. Zuletzt gibt es auch noch die Investoren bzw. Aktionäre. Ich lese das im Wertpapierforum oft, dass man keine Aktien von zB. Tabakkonzernen oder Waffenherstellern haben will. Nun, die können ihren schlechten Ruf wegen der Art des Geschäfts grundlegend nicht ändern, aber andere Konzerne schon. In der Regel ist der Ruf auch gut. Gegen Konzerne ist man ja oft nur anonym (genauso wie gegen Milliardäre, gibt man denen ein Gesicht und zählt Leistungen auf, kommt auch bei Linken die Bewunderung durch), wird es konkret, sieht es anders aus. Skandale gibt es aber trotzdem.
Siehe oben.
Nimm VW als Beispiel. Die haben beschissen. Die haben zum einen die Strafen, zum anderen den Umsatzrückgang. Aber letztlich entscheiden nun wieder die Kunden, wie schlimm sie das fanden. Und das sollte auch idealtypisch niemand anders entscheiden.
Da stimme ich zu.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(08 Jul 2017, 10:11)

Wie gesagt, ich denke, dass die Abneigung bei Konzernen hauptsächlich aus der Vorstellung kommt, dass diese riesige, undurchschaubare, unkontrolliere Gebilde seien, die insgeheim viele negative Dinge tun, von denen man nichts mitkriegt. Und auf die man keinen Einfluss hat, außer, auf die freiwillige Entscheidung der Konzerne zu hoffen, solche Dinge aus Imagegründen nicht zu tun.
Das ist wohl der Punkt. Und ich erkenne das auch an deiner Wortwahl. Vielleicht sollten wir uns erstmal bewusst werden, dass ein Konzern keine Dinge tut. Er trifft auch keine Entscheidungen. Ein Konzern ist letztendlich ja kein Wesen mit Bewußtsein, er ist nur ein rechtliches Gebilde. Die Abneigung gegen Konzerne resultiert letztendlich aus der Tatsache, dass man mit dem Begriff "Konzern" ja letztendlich Verantwortung depersonalisiert. Man schiebt die Schuld für bestimmte Zustände auf ein rechtliches Gebilde, das plötzlich in der Lage sein soll Entscheidungen zu treffen, irgendetwas zu beeinflussen. Dem ist aber nicht so. Das machen Menschen und dazu gehören die Menschen die diesen Konzern leiten genauso, wie diejenigen, die dort ihr Kapital investieren oder diejenigen die dort arbeiten oder diejenigen, die die Produkte kaufen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(08 Jul 2017, 10:27)

Das ist wohl der Punkt. Und ich erkenne das auch an deiner Wortwahl. Vielleicht sollten wir uns erstmal bewusst werden, dass ein Konzern keine Dinge tut. Er trifft auch keine Entscheidungen. Ein Konzern ist letztendlich ja kein Wesen mit Bewußtsein, er ist nur ein rechtliches Gebilde. Die Abneigung gegen Konzerne resultiert letztendlich aus der Tatsache, dass man mit dem Begriff "Konzern" ja letztendlich Verantwortung depersonalisiert. Man schiebt die Schuld für bestimmte Zustände auf ein rechtliches Gebilde, das plötzlich in der Lage sein soll Entscheidungen zu treffen, irgendetwas zu beeinflussen. Dem ist aber nicht so. Das machen Menschen und dazu gehören die Menschen die diesen Konzern leiten genauso, wie diejenigen, die dort ihr Kapital investieren oder diejenigen die dort arbeiten oder diejenigen, die die Produkte kaufen.
An "meiner Wortwahl"? :D

Ansonsten d'accord, wobei, wir waren ja beim Vergleich mit Parteien und Regierungen, letztere auch keine "Wesen mit Bewusstsein" sind. Und ja, klar geht es um die Identifizierung von vermeintlichen, griffigen "Schuldigen" an den Mißständen in dieser, für Menschen im Grunde viel zu komplexen, Welt.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(08 Jul 2017, 10:51)

An "meiner Wortwahl"? :D
ja genau daran. Du sprichst ja auch von Konzernen als hätten sie ein Bewusstsein ;)
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(08 Jul 2017, 11:13)

ja genau daran. Du sprichst ja auch von Konzernen als hätten sie ein Bewusstsein ;)
Deine Antwort auf die Strangfrage ist also, dass diese Abneigung gegen etwas, was gar kein Bewußtsein hat, unsinnig sei, richtig? ;)

Nun, das ist einfach umgangssprachlich. Wir reden ja auch von "den USA" oder "Russland", das dieses und jenes tut, als wäre es eine Person. Dient dazu, nicht zu komplizierte Gedanken und Sätze bilden zu müssen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

Im übrigen dürfte es unmöglich sein, wissenschaftlich zu beweisen, dass Konzerne kein Bewußtsein hätten. :D
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(08 Jul 2017, 11:21)

Deine Antwort auf die Strangfrage ist also, dass diese Abneigung gegen etwas, was gar keine Person ist, unsinnig sei, richtig? ;)
genau, sie ist letztendlich unsinnig... Du hast es erfasst. Wobei Person es ja nicht wirklich trifft, denn rechtlich gesehen ist auch ein Konzern eine Person, keine natürliche zwar, aber eine juristische.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(08 Jul 2017, 11:27)

Im übrigen dürfte es unmöglich sein, wissenschaftlich zu beweisen, dass Konzerne kein Bewußtsein hätten. :D
das ist einfach, wenn man sich denn im Klaren ist, was Bewusstsein bedeutet


https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(08 Jul 2017, 11:32)

das ist einfach, wenn man sich denn im Klaren ist, was Bewusstsein bedeutet


https://de.wikipedia.org/wiki/Bewusstsein
Dann mach mal.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Organis ... ntelligenz
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

das bestätigt ja nur meine These
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(08 Jul 2017, 11:55)

das bestätigt ja nur meine These
Sehe ich nicht so.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Pro&Contra »

franktoast hat geschrieben:(29 Jun 2017, 12:05)


Also, lasst uns diskutieren. Wer ist euer Lieblingssündenbock?
Ich mag es nicht besonders, wenn Großkonzerne betrügen oder moralisch verwerflich handeln oder einfach zu dumm sind.

Beispiel VW und der Abgasskandal
Oder Nestle, die zwar Milchpulver verkauft haben, aber zu kurzsichtig waren, um an das verunreinigte Wasser zu denken. Und das ist eine gutgemeinte Unterstellung von mir. Vielleicht haben sie ja auch dran gedacht und haben es einfach in Kauf genommen. Da gehe ich jetzt aber mal nicht von aus. Es war wohl eher reine Kurzsichtigkeit. Jetzt mal davon abgesehen, dass es auch gar nicht nötig ist ein Kind mit Milchpulver zu füttern, wenn die Mutter genug Muttermilch zur Verfügung hat. Aber Nestle kann halt keine Muttermilch verkaufen.

Das ist aber keine Abneigung gegenüber Konzernen, sondern eine Abneigung gegenüber Betrug oder unlauteren Methoden.

Dazu kommt natürlich noch, dass gerade Großkonzerne ein starke Lobby haben und Politiker sich auch mal von dieser Lobby beeinflussen lassen.

Aber grundsätzlich habe ich nichts gegen Großkonzerne, wenn sie sich korrekt verhalten.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(08 Jul 2017, 12:58)

Sehe ich nicht so.

Letztendlich schon, denn der Begriff der "Organisationsintelligenz" ziehlt ja letztendlich die auf tatsächliche Intelligenz eines virtuellen Gebildes ab, sondern besagt lediglich, dass etwas Ganzes mehr ist, als die Summe seiner Teile. Man also in einer Gemeinschaft mehr erreichen kann, als die einzelnen Beteiligten in Summe für sich. Das ist aber ein alter Hut, dazu braucht man den Begriff der Organisationsintelligenz nicht. Der Mensch hat das ja schon sehr früh erkannt und sich deshalb zur Erreichung von Zielen mit anderen zusammengeschlossen, sei es nun zu Familien, Stämmen, Staaten oder auch Unternehmen.

Dennoch agieren alle diese Gebilde nicht losgelöst von den Individuen, die ihnen angehören. Denn die sind es letztendlich, die die Entscheidungen treffen auf der anderen Seite bietet die Organisation natürlich auch Schutz, dass eben nicht offensichtlich ist, wer den tatsächlich die Entscheidung getroffen hat.

Daher ist meines Erachtens auch die Abneigung gegen Organisationen (wie in diesem Fall Konzerne) der Versuch seinen Unmut auf etwas zu projezieren, was weder Gefühle, noch Bewusstsein hat und letztendlich auch keine -Entscheidungen treffen kann. Also ein Schutz in dem Verantwortung entpersonalisiert wird.

Im politischen Kontext wird das bewußt auch in der Rhetorik eingesetzt. Das sehen wir an Sätzen wie "Konzerne zahlen keine Steuern" oder "Die Wirtschaft muss den Menschen dienen, nicht der Mensch der Wirtschaft".
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von BlueMonday »

Sobald man jedoch den Begriff der Intelligenz auf Organisationen anwendet, wird deutlich, dass es sich um ein emergentes Phänomen handelt: alle hinreichend komplexen Systeme sind dadurch gekennzeichnet, dass die Gesamtheit mehr ist als die Summe der Komponenten: das Verhalten und die Fähigkeiten der Gesamtheit lassen sich nicht vorhersagen und begreifen allein aufgrund einer ausreichenden Kenntnis ihrer konstituierenden Komponenten.
Widersinnig. Wenn die Kenntnis der Teile ausreichend wäre ... dann könnte man von den Teilen auf das Ganze vollständig schließen. Dass man es nicht kann, liegt ja gerade daran, die Teile nicht völlig zu erfasst und verstanden zu haben. "Emergenz" ist auch nur ein überkandidelter Begriff der Verlegenheit. Man könnte auch den Begriff "Gott" dafür verwenden. Gott als Erstursache in einer Begründungskette, auf die man alles verschiebt, was man nicht weiter begrifflich erklären kann.
Man könnte diesen Begründungsabbruch auch farbloser benennen mit: "Ich weiß es nicht."
Und der Abbruch ist immer nötig, weil wir als endliche Wesen keine Zeit für einen "infiniten Regress" haben, wir uns nicht endlos die Begründungskette zurückhangeln können. Und in der Endlosigkeit würde es auch kein Endergebnis, keinen Urgrund geben, viel mehr wäre die Bewegung in der Kette der Grund selbst. Man bewegt sich, weil immer noch "Fragen" offen sind.
Begriffssysteme sind dabei mit Leichtigkeit völlig abzuschließen, als "Logik". Sie sind ja der Schluss. Sie sind das Ganze, das aus nichts anderem als den eingeschlossenen Begriffssteilen besteht. Die Begriffe selbst sind dabei immer das Offengebliebene. Das Begreifen, also der Begriff als noch leere Hülle füllt sich erst durch das Verstehen. Verstehen vs Begreifen (s.a. http://new.mises.de/public_home/article/275/1) Die Bedeutung des Begriffs, worauf er also eigentlich deutet, wird prinzipbedingt immer "metaphysisch", rätselhaft, mystisch bleiben.

Jemand brachte mal das Beispiel der einzelnen Tönen, die noch keine Melodie seien. Nun, wenn man den Tonbegriff hinreichend oder ausreichend anfüllt (zeitliche Position, Frequenz, Amplitude, Länge...), dann sind die einzelnen Töne sehr wohl vollständig ausreichend, um eine Melodie (Tonfolge) zu beschreiben. Aber das, was dann beim Rezipienten(Hörer) "ankommt", was er dann versteht, fühlt etc. wenn aufgrund einer solchen Tonfolge jemand die Luft zum Schwingen bringt -mit irgendeinem Instrument - das liegt jenseits der Begriffe, der Formalismen, der Symbole, des Notenblatts etc.

So gesehen lässt sich ein "Konzern" praktisch vollständig auf die beteiligten Personen, ihre Handlungen, ihre Beziehungen zueinander reduzieren. Was soll er mehr sein?
Wenn jemand "bei VW" eine Software manipuliert hat, dann sind das doch ganz konkrete Personen, aus irgendeiner Motivlage, weil jemand daran Interesse hatte.
Und darüber lässt sich ja dann diskutieren, sinnvoller jedenfalls als über "VW" als Ganzes, als Ding, gegen das man eine "Abneigung" entwickelt hat. So auch nicht anders beim "Staat". Welches Denken, welche Moral, welche Motive konstituieren einen Staat? Und er wird auch nicht mehr sein können als die Summe daraus. Er wird den Teilen nur geben können, was er zuvor den Teilen genommen hat. Er ist kein Mehr, allenfalls ein Anders.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(09 Jul 2017, 10:57)

Letztendlich schon, denn der Begriff der "Organisationsintelligenz" ziehlt ja letztendlich die auf tatsächliche Intelligenz eines virtuellen Gebildes ab, sondern besagt lediglich, dass etwas Ganzes mehr ist, als die Summe seiner Teile. Man also in einer Gemeinschaft mehr erreichen kann, als die einzelnen Beteiligten in Summe für sich. Das ist aber ein alter Hut, dazu braucht man den Begriff der Organisationsintelligenz nicht. Der Mensch hat das ja schon sehr früh erkannt und sich deshalb zur Erreichung von Zielen mit anderen zusammengeschlossen, sei es nun zu Familien, Stämmen, Staaten oder auch Unternehmen.

Dennoch agieren alle diese Gebilde nicht losgelöst von den Individuen, die ihnen angehören. Denn die sind es letztendlich, die die Entscheidungen treffen auf der anderen Seite bietet die Organisation natürlich auch Schutz, dass eben nicht offensichtlich ist, wer den tatsächlich die Entscheidung getroffen hat.

Daher ist meines Erachtens auch die Abneigung gegen Organisationen (wie in diesem Fall Konzerne) der Versuch seinen Unmut auf etwas zu projezieren, was weder Gefühle, noch Bewusstsein hat und letztendlich auch keine -Entscheidungen treffen kann. Also ein Schutz in dem Verantwortung entpersonalisiert wird.

Im politischen Kontext wird das bewußt auch in der Rhetorik eingesetzt. Das sehen wir an Sätzen wie "Konzerne zahlen keine Steuern" oder "Die Wirtschaft muss den Menschen dienen, nicht der Mensch der Wirtschaft".
http://m.tagesspiegel.de/wissen/koerper ... 550-2.html
Ist es möglich, Bewusstsein nicht nur in einem „Computer aus Fleisch“, sondern in einem aus Kunststoff und Halbleitern zu erzeugen? Christof Koch, einer der profiliertesten Hirnforscher, bejaht diese Frage. Zumindest im Prinzip. Der Amerikaner, der das Allen-Institut für Hirnforschung in Seattle leitet, belebt damit den Panpsychismus wieder. Das ist jene romantische Vorstellung, nach der das ganze Universum beseelt ist. Ganz so umfassend ist Kochs Version der All-Seele jedoch nicht. Er vertritt die Ansicht, dass Bewusstsein eine grundlegende Eigenschaft komplexer Systeme ist .

Koch bezieht sich auf eine Theorie des Psychiaters Giulio Tononi von der Universität Wisconsin-Madison. Tononi behauptet, dass bewusste Erfahrung ein fundamentaler Aspekt der Realität ist und gleichbedeutend mit einem bestimmten Typ von Information, den er „integrierte Information“ nennt. Sie ist hochgradig verknüpft und organisiert. Sie lässt sich laut Tononi berechnen und mit einem Zahlenwert namens „Phi“ versehen. Sogar einen „Bewusstseins-Meter“ hat Tononi konstruiert. Um ein „Phi“ größer als null zu besitzen, muss ein Gegenstand ein „integriertes System“ sein. Er muss also zum Beispiel viele Nervenzellen und Synapsen, Nervenzell-Kontakte, besitzen. Das trifft für Mensch und Tier zu, aber nicht für einen Sandhaufen eine Galaxie oder ein Schwarzes Loch. „Diese Objekte sind nicht integriert“, schreibt Koch im Magazin „Scientific American Mind“. „Sie haben kein Bewusstsein und keine mentalen Eigenschaften.“

Wie sieht es mit Computern, einem Smartphone oder gar dem Internet aus? Die Zahl seiner Schalter (in Form von Transistoren) entspricht derjenigen der „Schalter“ im Gehirn von 10 000 Menschen, in Form von Synapsen. Gibt es bewusste Maschinen? Prinzipiell ist das vorstellbar, argumentiert Koch. Allerdings sei die Annahme, das Internet habe so etwas wie Selbstbewusstsein, momentan „völlig spekulativ“.

Wenn, nach dieser Definition, "das Internet" theoretisch ein Bewußtsein haben kann, dann auch ein Konzern. Das wirst du kaum widerlegen können.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(09 Jul 2017, 12:16)

http://m.tagesspiegel.de/wissen/koerper ... 550-2.html


Wenn, nach dieser Definition, "das Internet" theoretisch ein Bewußtsein haben kann, dann auch ein Konzern. Das wirst du kaum widerlegen können.
Von künstlicher Intelligenz sind wir noch weit entfernt. Ich streite ja nicht ab, dass es die mal geben wird.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

BlueMonday hat geschrieben:(09 Jul 2017, 11:50)
So gesehen lässt sich ein "Konzern" praktisch vollständig auf die beteiligten Personen, ihre Handlungen, ihre Beziehungen zueinander reduzieren. Was soll er mehr sein?
Einverstanden - wenn man das könnte. Es ist aber eine viel zu komplexe Aufgabe, dies zu tun. Daher fokussiert man sich auf wahrgenommene oder vermutete Eigenschaften oder Verhaltensweisen des Gesamtgebildes, das dient der Komplexitätsreduktion und ist völlig legitim, auch wenn man dabei natürlich falsch liegen kann. Es gibt aber auch durchaus valide Beobachtungen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(09 Jul 2017, 12:26)

Von künstlicher Intelligenz sind wir noch weit entfernt. Ich streite ja nicht ab, dass es die mal geben wird.
Das ist nicht der Punkt, sondern war nur ein Beispiel, dass zumindest hinterfragt werden kann, ob nur Menschen ein Bewußtsein haben können.

Der Punkt ist, dass wir als Menschheit im Grunde noch viel zu wenig darüber wissen, was Bewußtsein eigentlich ausmacht. Somit könnte bereits heute das Internet eines haben, und ein Konzern ebenso.

Das ist natürlich eine sehr theoretische Diskussion. ;)
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Brainiac hat geschrieben:(09 Jul 2017, 12:43)

Das ist nicht der Punkt, sondern war nur ein Beispiel, dass zumindest hinterfragt werden kann, ob nur Menschen ein Bewußtsein haben können.

Der Punkt ist, dass wir als Menschheit im Grunde noch viel zu wenig darüber wissen, was Bewußtsein eigentlich ausmacht. Somit könnte bereits heute das Internet eines haben, und ein Konzern ebenso.

Das ist natürlich eine sehr theoretische Diskussion. ;)
Nun, nehmen wir mal ein konkretes Beispiel. Speziell Konzerne. Vereinfacht ausgedrückt gibt es ja die Meinung, dass Konzerne wenig bis gar keine Steuern zahlen, während der Arbeitnehmer diese Möglichkeit nicht hat. Schon diese Einstellung ist absurd. Wie kann ein Konzern überhaupt in der Lage sein, Steuern zu bezahlen? Einem Konzern ist es doch vollkommen egal, wieviel Steuern er bezahlt. Ich sage, natürlich zahlt ein Konzern keine Steuern. Er hat weder ein Bewusstsein, noch konsumiert er. Wenn wir uns statt dieser Polemik klar werden, und erkennen, dass unser Steuersystem letztendlich auf dem Vorhandensein unternehmerischer Tätigkeit beruht, dann wird auch klar, dass Steuern letztendlich nur von denen bezahlt werden, die sich daran beteiligen, sei es nun als Arbeitnehmer oder Kapitalgeber.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Wähler »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(09 Jul 2017, 12:59)
Wie kann ein Konzern überhaupt in der Lage sein, Steuern zu bezahlen? Einem Konzern ist es doch vollkommen egal, wieviel Steuern er bezahlt. Ich sage, natürlich zahlt ein Konzern keine Steuern. Er hat weder ein Bewusstsein, noch konsumiert er.
Unter den Prinzipien, auf denen das Steuerrecht beruht, ist auch das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip. Gewerbesteuern sollen Ausgaben der Gemeinden für öffentliche Infrastruktur finanzieren, von denen alle natürlichen und juristischen Personen profitieren, auch Unternehmen. Unternehmen sind wie alle Körperschaften Gruppen von Menschen mit ähnlichen oder gar gleichen Interessen gegenüber der Gemeinschaft. Es darf nicht sein, dass allein gestellte Arbeitslose und Geringverdiener besonders unter einer schlechten öffentlichen Infrastruktur leiden. Von den Ländern und dem Bund wird ebenso Infrastruktur aus Steuermitteln finanziert. Dafür braucht es adäquate Steuereinnahmen, auch die Körperschaftssteuer von Unternehmen. Die Kapitaleigner der Unternehmen werden vor Doppelbesteuerung durch das Halb- oder Teileinkünfteverfahren angemessen geschützt.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Wähler hat geschrieben:(09 Jul 2017, 13:57)

Unter den Prinzipien, auf denen das Steuerrecht beruht, ist auch das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip. Gewerbesteuern sollen Ausgaben der Gemeinden für öffentliche Infrastruktur finanzieren, von denen alle natürlichen und juristischen Personen profitieren, auch Unternehmen. Unternehmen sind wie alle Körperschaften Gruppen von Menschen mit ähnlichen oder gar gleichen Interessen gegenüber der Gemeinschaft. Es darf nicht sein, dass allein gestellte Arbeitslose und Geringverdiener besonders unter einer schlechten öffentlichen Infrastruktur leiden. Von den Ländern und dem Bund wird ebenso Infrastruktur aus Steuermitteln finanziert. Dafür braucht es adäquate Steuereinnahmen, auch die Körperschaftssteuer von Unternehmen. Die Kapitaleigner der Unternehmen werden vor Doppelbesteuerung durch das Halb- oder Teileinkünfteverfahren angemessen geschützt.

Nun, wo die Besteuerung tatsächlich ansetzt, also bei welchem Steuersubjekt oder Steuerobjekt ändert ja nichts an der Tatsache, dass die unser Steuersystem letztendlich nur auf dem Grundprinzip unternehmerischer Betätigung basiert und daher die Steuerlast die gesamte Steuerlast nur diejenigen zu tragen haben, die sich daran beteiligen, also Arbeitnehmer und Kapitalgeber. Schon absurd ist die Vorstellung, dass letztendlich der Staat per se schon eine Infrastruktur finanziert, damit irgendjemand Gewinne macht. Wenn er sie vorfinanziert, dann nur deswegen, damit er auch Steuern generiert. Oder wenn wir eben auch das nicht entpersonalisieren wollen. Wir als Bürger haben natürlich ein Interesse daran, dass im nahen Umfeld Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden, von denen wir letztendlich leben.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(09 Jul 2017, 13:57)
Unter den Prinzipien, auf denen das Steuerrecht beruht, ist auch das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip. Gewerbesteuern sollen Ausgaben der Gemeinden für öffentliche Infrastruktur finanzieren, von denen alle natürlichen und juristischen Personen profitieren, auch Unternehmen. Unternehmen sind wie alle Körperschaften Gruppen von Menschen mit ähnlichen oder gar gleichen Interessen gegenüber der Gemeinschaft. Es darf nicht sein, dass allein gestellte Arbeitslose und Geringverdiener besonders unter einer schlechten öffentlichen Infrastruktur leiden. Von den Ländern und dem Bund wird ebenso Infrastruktur aus Steuermitteln finanziert. Dafür braucht es adäquate Steuereinnahmen, auch die Körperschaftssteuer von Unternehmen. Die Kapitaleigner der Unternehmen werden vor Doppelbesteuerung durch das Halb- oder Teileinkünfteverfahren angemessen geschützt.
3x schwarzer Kater hat geschrieben:(09 Jul 2017, 14:14)
Nun, wo die Besteuerung tatsächlich ansetzt, also bei welchem Steuersubjekt oder Steuerobjekt ändert ja nichts an der Tatsache, dass die unser Steuersystem letztendlich nur auf dem Grundprinzip unternehmerischer Betätigung basiert und daher die Steuerlast die gesamte Steuerlast nur diejenigen zu tragen haben, die sich daran beteiligen, also Arbeitnehmer und Kapitalgeber. Schon absurd ist die Vorstellung, dass letztendlich der Staat per se schon eine Infrastruktur finanziert, damit irgendjemand Gewinne macht. Wenn er sie vorfinanziert, dann nur deswegen, damit er auch Steuern generiert. Oder wenn wir eben auch das nicht entpersonalisieren wollen. Wir als Bürger haben natürlich ein Interesse daran, dass im nahen Umfeld Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden, von denen wir letztendlich leben.
Wir leben aber auch von der öffentlichen Daseinsvorsorge in Kindertagesstätten, Schulen, öffentliche Infrastruktur und andere Bereiche, in denen private Unternehmen nicht so gerne Verantwortung für alle Mitbürger und nicht nur für ihr Kundenzielgruppe übernehmen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Wähler hat geschrieben:(09 Jul 2017, 14:20)

Wir leben aber auch von der öffentlichen Daseinsvorsorge in Kindertagesstätten, Schulen, öffentliche Infrastruktur und andere Bereiche
Deswegen gibt es Steuern ... und die basieren letztendlich auf unternehmerischer Tätigkeit. Und die bezahlen immer die, die sich genau daran beteiligen, also Arbeitnehmer und Kapitalgeber. Und zwar ausschließlich.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Wähler »

Wähler hat geschrieben:(09 Jul 2017, 14:20)
Wir leben aber auch von der öffentlichen Daseinsvorsorge in Kindertagesstätten, Schulen, öffentliche Infrastruktur und andere Bereiche, in denen private Unternehmen nicht so gerne Verantwortung für alle Mitbürger und nicht nur für ihr Kundenzielgruppe übernehmen.
3x schwarzer Kater hat geschrieben:(09 Jul 2017, 14:27)
Deswegen gibt es Steuern ... und die basieren letztendlich auf unternehmerischer Tätigkeit. Und die bezahlen immer die, die sich genau daran beteiligen, also Arbeitnehmer und Kapitalgeber. Und zwar ausschließlich.
Interessanterweise hast Du den zweiten Halbsatz nicht zitiert. Eine Gesellschaft ist mehr als die Summe ihrer arbeitsfähigen Individuen. Auch Körperschaften sind mehr als die Summe ihrer natürlichen Personen, wie man es beim Lobbyismus studieren kann. Die Gesamtheit der Gesellschaft als Nebeneinander von verschiedenen Interessengruppen sollte die Politik auf dem Radarschirm haben.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Wähler hat geschrieben:(09 Jul 2017, 14:38)

Interessanterweise hast Du den zweiten Halbsatz nicht zitiert. Eine Gesellschaft ist mehr als die Summe ihrer arbeitsfähigen Individuen. Auch Körperschaften sind mehr als die Summe ihrer natürlichen Personen, wie man es beim Lobbyismus studieren kann. Die Gesamtheit der Gesellschaft als Nebeneinander von verschiedenen Interessengruppen sollte die Politik auf dem Radarschirm haben.
Was ändert das an der Tatsache, dass nur unternehmerische Tätigkeit tatsächlich Steuereinnahmen ermöglicht, also letztendlich diejenigen Steuern bezahlen, die sich irgendwie daran beteiligen?
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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franktoast
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Brainiac hat geschrieben:(08 Jul 2017, 10:11)

Ich kann aber eine andere Partei als die CDU wählen und damkit dazu beitragen, dass sie nicht regiert.

Du hattest behauptet, man hätte als Käufer mehr Einfluss als als Wähler. Das sehe ich nicht, zumindest nicht für die Aktivitäten des Konzerns, die nicht direkt mit dem verkauften Produkt zu tun haben.
Ich habe eigentlich nicht direkt gesagt, dass der Wähler mehr Einfluss auf einen Konzern als auf eine Partei hätte. Ich habe gesagt, dass einer von Tausenden oder Millionen nicht wirklich etwas ausrichten kann. Aber der Wähler des Konzerns richtet etwas für sich selber aus. Es hat etwas damit zu tun, welchen Aufwand man in eine Sache steckt und welchen Nutzen kann daraus erhält. Ein Wahlprogramm durchlesen? Loszugehen, um einen Zettel irgendwo auszufüllen? Und im Gegenzug ist man eine von Millionen stimmen? Dazu macht verspricht die Partei nicht mal genau das, was man will. Wenn ich viel Aufwand reinstecke, welches Smartphone ich kaufe, ist das ne andere Sache. Stell dir vor, du brauchst ein neues Smartphone. Du beschäftigst dich damit, was soll es können? Wie viel soll es kosten? Wie soll es aussehen? Nach langer Überlegung kommst du zum Entschluss, dass das I-Phone 6 (nicht das neue 7) die beste Wahl für dich ist. Sehr gut. Im September ist die Wahl. Auch brauchst du einen neuen Fernseher. Hier gefällt dir nach langer Überlegung der von LG am besten, 42Zoll sind mehr als ausreichend, da die Couch nicht so weit weg von der Wand ist. Dein Kühlschrank ist gut.

Nun hast du Glück. Im September ist Wahl. Dort wird abgestimmt, welcher Hersteller die Haushälte mit neuen Produkten ausstattet. Aktuell liegt Samsung vorne. In deren Wahlprogramm steht, sie statten die Haushalte mit ihrem neue Galaxy Handy aus. Dazu gibt es den 55 Zoll Fernseher und den Kühlschrank mit Bluetooth. Dabei hat Samsung selber intern lange überlegt, mit welcher Produktpalette sie in die Wahl gehen. Das Paket kostet insgesamt 3000€ und würde dann entsprechend von jedem Bürger eingezogen werden. Auch LG, Apple und Co. stehen zur Wahl. Aber aktuell scheint Samsung bei Umfragen mehr als 35% der Stimmen auf sich zu vereinen und liegt damit weit vor dem Zweiten (Apple mit 21%).

Natürlich hast du hier die Wahl und trägst dazu bei, welches Produkt du bekommst. Keine Frage.
Aber es ist doch meilenweit davon entfernt, wie es ist, wenn du dir einfach das Handy, den Fernseher und Kühlschrank deiner Wahl kaufst - egal was die Mehrheit will.

Ich will damit sagen: Mit dem Kauf eines Produktes oder mit dem Nichtkauf, beeinflusst man die Firmenpolitik des Konzern nur minimal. Aber man entscheidet zu 100%, was man von dem eigenem Geld bekommt. Deswegen lohnt es sich, sich darüber zu informieren. Genau deswegen beschäftigt sich der Durchschnittsdeutsche 3mal so lange damit, welches Handy er kauft im Vergleich dazu, welche Partei er wählt. Ok, das war ne geratene Zahl, aber könnte doch so sein. Ein Handy ist eh viel wichtiger als ob SPD oder CDU regiert. Mal ehrlich...

Habe ich nicht bestritten. Ich habe die staatlichen Leistungen erwähnt, weil du sagtest, "der nimmt mein Geld". Er gibt eben auch. Darüber kann ich keine Entscheidung treffen, aber so ist nun mal unser System und unsere Verfassung, und dafür haben die meisten Menschen in D Verständnis (da Einzelentscheidungen der Bürger über jeden einzelnen € an Staatsausgaben organisatorisch gar nicht umsetzbar sind). Zumindest wenn sie nicht libertär bzw. anarchistisch eingestellt sind.
Sicherlich. Und wenn Coca Cola absofort 50€ von deinem Konto monatlich abbucht und dir 3 Kasten Coke vor die Haustüre stellt, dann bekommst du von denen ja auch ne Leistung. Also brauchst du dich ja nicht beschweren.

Das Problem mit der Außenwirkung und dem Image haben Parteien genauso, wenn sie im Tagesgeschäft Entscheidungen treffen, die möglicherweise unpopulär sind. Konzerne stehen unter Beobachtung der Medien, ja, Parteien aber noch wesentlich mehr.

Ich versuche noch mal herauszuarbeiten, was eigentlich passiert.

Wenn ein Kunde ein Produkt eines Konzerns kauft, schließt er mit diesem implizit einen Kaufvertrag ab. Dafür gibt es gesetztliche Rahmenbedingungen, also zB wenn der Konzern auf der Verpackung gewisse Erwartungen erweckt, müssen diese bis zu einem gewissen Grade auch erfüllt sein, etc. Dafür bekommt der Konzern das Geld des Kunden. Der Kunde hat aber keinerlei Anspruch darauf, über die sonstigen Aktivitäten des konzerns, die Arbeitsbedingungen, die Finanzen etc. zu bestimmen, das geht ihn grundsätzlich nichts an. Wie du ausführst, vermeiden Konzern dennoch negative Imagewirkungen, weil der Kunde sonst ggf nicht mehr kaufen würde, dies ist aber die freie Entscheidung des Konzerns.

Bei einer Wahl wählt man (auch) ein Wahlprogramm, in dem Dinge aufgelistet sind, die diese Partei tun würde, sollte und müsste, wenn sie in eine Alleinregierung käme und sich nichts sonst an den Rahmenbedingungen ändern würde. Ein solches Wahlprogramm ist normalerweise thematisch vollständig, dh. es umfasst alle wesentlichen Teilgebiete staatlicher Aktivität (Wirtschaft, Soziales, Verteidigung, Bildung etc.). Zu all diesen Themen findet man in den meisten Wahlprogrammen sowohl strategische Richtungsaussagen als auch konkrete Maßnahmen in einer insgesamt konsistenten Form dargestellt. Es ist eine Absichtserklärung, man kann diese nicht juristisch einklagen - dennoch hat dies eine höhere Verbindlichkeit, als wenn ein solches Wahlprogramm nicht existieren würde.

Wenn ein Konzern etwas tut, was legal ist, aber auf Kritik stößt, dann schadet er vielleicht seinem öffentlichen Image. Vielleicht tangiert dies die Käufer dieses Konzerns aber nicht sonderlich, da es sich nicht um einen Massenmarktanbieter handelt. Er hat gegen nichts verstoßen, was er irgendwem zugesagt hätte.
Wenn eine Regierungspartei gegen ihr Wahlprogramm verstößt, dann wird sie wortbrüchig, und das wird in fast allen Fällen auch medial thematisiert. So etwas versuchen Parteien nach Möglichkeit zu vermeiden.

Ausgangspunkt war doch die Frage, woher die Abneigung gegenüber Konzernen kommt, und wir hatten uns in unserer Diskussion auf den Vergleich Konzerne vs. Parteien fokussiert. Wie gesagt, ich denke, dass die Abneigung bei Konzernen hauptsächlich aus der Vorstellung kommt, dass diese riesige, undurchschaubare, unkontrolliere Gebilde seien, die insgeheim viele negative Dinge tun, von denen man nichts mitkriegt. Und auf die man keinen Einfluss hat, außer, auf die freiwillige Entscheidung der Konzerne zu hoffen, solche Dinge aus Imagegründen nicht zu tun. Ich denke auch nicht, dass der Ruf der Konzerne schlechter sei als der der Parteien, aber eben auch nicht besser, aus den erwähnten Gründen.
Ein Konzern will Gewinne machen. Das ist der Grund seiner Existenz. Natürlich können Eigentümer auch noch andere Motive haben (wie Zb. die Jungs von Google oder Facebook), aber auch dazu benöltigt man Gewinne. Gewinne macht man nur, wenn man Kunden von seinem Produkt zu kaufen überzeugt. Neben vielen Punkten gibt es immer einen Tradeoff: Je besser ein Produkt werden soll, desto höher sind die Kosten. Nun gibt es auch Kosten, die ein Produkt nicht "intrinisch" verbessern wie zB. freiwillig dafür zu sorgen, dass der Müll besser entsorgt wird oder Spenden für wohltätige Zwecke. Aber sie verbessern das Image bzw. die Außenwirkung des Konzerns. Das ist gut für die Kunden, aber natürlich auch für die Arbeitnehmer und Investoren. Niemand will etwas mit Verbrechern zu tun haben.
Nun stellt sich die Frage, wie wichtig den Stakeholdern Dinge sind. Man kann sich ja nicht hinstellen und fordern, Konzerne sollen dies und das tun, aber gleichzeitig die Preise niedrig halten. Das geht nicht. Die meisten Kunden wissen das wohl auch.

In erster Linie verbindet man Coca Cola ja mit dem Produkt, dass sie vermarkten. Coca Cola exisiert nicht wegen etwas anderem. Die machen etwas zu trinken.

Vielleicht ist es einem auch nicht so wichtig, was Coca Cola sonst noch so macht, weil man sich eh auf die Politik verlässt. Als Beispiel: Ich geh jeden Tag an den Pennern ohne Spende vorbei, weil ich mir denke, dass ich 50% Steuern zahle und mit dem Geld doch diesen geholfen wird.

Das stimmt nur teilweise. Wenn die Mehrheit für rot/grün ist, wird etwas andere Politik gemacht und es werden andere Schwerpunkte gesetzt, als wenn die Mehrheit für schwarz/gelb ist.
Das stimmt schon. Eine andere Politik würde zB. Bereiche, die heute noch privat organisiert sind, dann in staatliche Hand nehmen. Aber ich nehme an, dass selbst die Linkspartei es tolerieren wird, welche Musik ich höre, wen ich heitrate etc. Aber natürlich ist es ein Paketproblem wie oben auch im Samsung-Apple-LG-beispiel.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Pro&Contra hat geschrieben:(08 Jul 2017, 13:47)

Ich mag es nicht besonders, wenn Großkonzerne betrügen oder moralisch verwerflich handeln oder einfach zu dumm sind.

Beispiel VW und der Abgasskandal
Oder Nestle, die zwar Milchpulver verkauft haben, aber zu kurzsichtig waren, um an das verunreinigte Wasser zu denken. Und das ist eine gutgemeinte Unterstellung von mir. Vielleicht haben sie ja auch dran gedacht und haben es einfach in Kauf genommen. Da gehe ich jetzt aber mal nicht von aus. Es war wohl eher reine Kurzsichtigkeit. Jetzt mal davon abgesehen, dass es auch gar nicht nötig ist ein Kind mit Milchpulver zu füttern, wenn die Mutter genug Muttermilch zur Verfügung hat. Aber Nestle kann halt keine Muttermilch verkaufen.

Das ist aber keine Abneigung gegenüber Konzernen, sondern eine Abneigung gegenüber Betrug oder unlauteren Methoden.

Dazu kommt natürlich noch, dass gerade Großkonzerne ein starke Lobby haben und Politiker sich auch mal von dieser Lobby beeinflussen lassen.

Aber grundsätzlich habe ich nichts gegen Großkonzerne, wenn sie sich korrekt verhalten.
Klar, wer hat was gegen Entitäten, die sich "korrekt" verhalten, wobei "korrekt" ja hier schon subjektiv gemeint ist. Ein Konzern will ja Geld machen und das macht man nur, indem man möglichst viele Kunden von seinem Produkt überzeugt. Höhere Kosten, dass nicht unweigerlich zu einem deutlich besseren Produkt führen, werden gemieden. Eben weil es der Kunde nicht schätzt.
Betrug wie bei VW ist immer eine Verführung. Dazu spart man öfter an Punkten, was sich im Nachhinein als Fehler herausstellt. Hätte man doch lieber gleich... Das kennt ja jeder von uns. Da die Zukunft unsicher ist, passiert das auch Konzernen.

Ja, ein Konzern mit 100 000 Mitarbeitern beeinflusst die Politik. Das lässt sich zum einen wirklich nicht vermeiden (ähnlich wie der Einfluss von Gewerkschaften auf die Politik), ist aber meiner Ansicht nach nicht unbedingt falsch.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von Brainiac »

franktoast hat geschrieben:(10 Jul 2017, 08:50)

Ich habe eigentlich nicht direkt gesagt, dass der Wähler mehr Einfluss auf einen Konzern als auf eine Partei hätte. Ich habe gesagt, dass einer von Tausenden oder Millionen nicht wirklich etwas ausrichten kann. Aber der Wähler des Konzerns richtet etwas für sich selber aus. Es hat etwas damit zu tun, welchen Aufwand man in eine Sache steckt und welchen Nutzen kann daraus erhält. Ein Wahlprogramm durchlesen? Loszugehen, um einen Zettel irgendwo auszufüllen? Und im Gegenzug ist man eine von Millionen stimmen? Dazu macht verspricht die Partei nicht mal genau das, was man will.

[...]

Ich will damit sagen: Mit dem Kauf eines Produktes oder mit dem Nichtkauf, beeinflusst man die Firmenpolitik des Konzern nur minimal. Aber man entscheidet zu 100%, was man von dem eigenem Geld bekommt. Deswegen lohnt es sich, sich darüber zu informieren. Genau deswegen beschäftigt sich der Durchschnittsdeutsche 3mal so lange damit, welches Handy er kauft im Vergleich dazu, welche Partei er wählt. Ok, das war ne geratene Zahl, aber könnte doch so sein. Ein Handy ist eh viel wichtiger als ob SPD oder CDU regiert. Mal ehrlich...

Ja, unbestritten, mit dem Kauf eines Produktes habe ich ungleich mehr unter Kontrolle, was ich bekomme, als bei einer politischen Wahl. Das ist sicher nicht der Grund für die Abneigung ggü. Konzernen, die wir hier diskutieren. Der liegt woanders, aber dazu habe ich genug gesagt, denke ich. Und sicher ist da viel Irrationalität dabei.

Deine Haltung zur schlechten Kosten/Nutzen-Rechnung einer politischen Wahl sei dir unbenommen, ich sehe das allerdings anders. Ich bin da eher bei Kant's Imperativ, nach dem Motto, wenn ich will, dass viele wählen gehen - und das will ich - muss ich es selbst auch tun.
History doesn't repeat itself, but it often rhymes (Twain). Unfortunately, we can't predict the rhyme.
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Re: Woher kommt die Abneigung gegenüber Konzernen?

Beitrag von franktoast »

Brainiac hat geschrieben:(10 Jul 2017, 20:27)
Ja, unbestritten, mit dem Kauf eines Produktes habe ich ungleich mehr unter Kontrolle, was ich bekomme, als bei einer politischen Wahl. Das ist sicher nicht der Grund für die Abneigung ggü. Konzernen, die wir hier diskutieren. Der liegt woanders, aber dazu habe ich genug gesagt, denke ich. Und sicher ist da viel Irrationalität dabei.
Das stimmt. Das hatte eigentlich nicht so viel mit der Abneigung gegen Konzernen zu tun. Es ging ja nur darum, wer Konzerne kontrolliert. Und das sind meiner Ansicht nach sowohl die Arbeiter als auch Kunden. Natürlich auch die Kapitalgeber, auch die kleinen Aktiinäre. Je weniger eine Einzelperson mit dem Konzern zu tun hat, desto weniger Einfluss hat man. Allerdings lohnt es sich selbst für kleine Käufer, denn sie können immer "nein" sagen. Anders als bei einer politischen Wahl. Da kann man auch "nein" sagen, bekommt es aber trotzdem.
Deine Haltung zur schlechten Kosten/Nutzen-Rechnung einer politischen Wahl sei dir unbenommen, ich sehe das allerdings anders. Ich bin da eher bei Kant's Imperativ, nach dem Motto, wenn ich will, dass viele wählen gehen - und das will ich - muss ich es selbst auch tun.
Es gibt ja auch noch andere Gründe, warum man wählen geht. zB. hat Wählen einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Wer nicht wählen geht, senkt sein Ansehen. Oder man hat auch mal das Gefühl, als kleiner Mann es "denen da oben" zeigen zu können. Man könnte auch argumentieren, dass die Politik bzw. der Staat die Kriterien eines Gottes erfüllt. Immerhin wird man durch den Staat bzw. Gott sehr stark und kann es mit Mächten aufnehmen, zu denen man alleine nicht im Stande wäre. Zudem gibt es viele Versprechungen wie ewiges Leben oder die Finanztransaktionssteuer.
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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