Sanity hat geschrieben:(24 Apr 2018, 11:34)
du hast meine Aussage offenbar nicht verstanden. Sie war im Zusammenhang mit Alternativen zur jetzigen Gesellschaft gemeint. Alternativen ohne Profitmaximierung werden oftmals als per se zum Scheitern verurteilt. Die Höhe des Einkommens ist aber nicht das entscheidende Motiv für Arbeit. Es geht um Belohnung allgemein, also das, was das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert. Wenn du meine Hinweise auf die Erkenntnisse der Verhaltensforschung ernst genommen und dich wirklich damit beschäftigt hättest, wärst du sicher auf eine Erkenntnis gestoßen: nicht die absolute Höhe des Einkommens stiftet die Befriedigung, sondern der Unterschied zu anderen Einkommen, der, wenn er als gerecht wahrgenommen wird, das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert. Eine Folgerung daraus könnte sein, dass eine gesellschaftlich akzeptierte Ungleichheit bei den Einkommen nur hoch sein müsste, dass gewisse "Wertigkeiten" abgebildet werden, um die gewünschten Anreizeffekte für Arbeitsleistungen abzubilden.
Ja, ist mir bekannt. Also kritisiert du, dass ein Arzt nach 6 Jahre Studiom das 5fache eines ungelernten Lagerarbeiters verdient? Nein, wahrscheinlich geht es um die Millionengehälter? Welches Gehalt ist für einen CEO gerecht, der zu den besten der Welt gehört, in dessen Unternehmen 10000e Arbeiten und der einen Unterschied von Milliarden ausmacht, je nach dem, was er macht? Man muss auch beachten, dass es heute schon einen gesellschaftlichen Druck gibt. Gäbe es den nicht, würden die DAX-CEOs wahrscheinlich das Vielfache verdienen.
Sollte der gesellschaftliche Druck steigen - auch im krassesten Hardcorekapitalismus - dann würden diese Vergütungen auch sinken.
Und auch wenn es andere Anreize gibt, klar. Geld versteht jeder und treibt (fast) jeden an. Von einem anerkennenden Kopfnicken kann ich erstmal keine Miete zahlen. Ich wünschte, man könnte die Anerkennung in eine Tüte packen und dem Vermieter geben. Aber halt, dann wäre es ja auch wieder ein Tauschmittel.
Es wird auch immer wieder behauptet, der Kapitalismus sei allen anderen Ordnungen in Sachen Wachstum durch wissensch.-technischen Fortschritt überlegen. Das mag sein, doch zu welchen Kosten für Umwelt, Menschen und Gesellschaft?! Es doch so, dass die Menschen vor 100 Jahren nicht "unglücklicher" waren als heute, nur weil sie kein Auto, keinen Fernseher und keine Computer und Handys hatten. Weniger Wachstum, dafür aber mehr Umweltbewusstsein, mehr staatlich geförderte Gesundheitsforschung, weniger Zeit- und Leistungsdruck, mehr Freiraum für familiäre Unternehmungen können zu mehr Glück der Menschen und damit zu mehr gesellschaftlichen Fortschritt führen.
https://www.dasgehirn.info/entdecken/ge ... r-fairness
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-82 ... 05-09.html
Das kann man so oder so sehen. Innovation lässt sich jetzt nicht künstlich bremsen. Und wenn ich mich jetzt 3 Jahre einschließe, dadurch ein Motor mit gleichem Aufwand (Herstellung, Wartung, Sprit, Schadstoffausstoß) dann 20% mehr Kilometer fährt, was wäre falsch daran, wenn dann jeder 20% mehr fahren würde?
Wenn es um andere Ordnungen geht, stellt sich aber die Frage, ob diese für Umwelt, Mensch und Gesellschaft weniger "Kosten" verursachen. In der Theorie womöglich, aber in der Praxis gab es das noch nicht. Stell dir vor, dir gehört ein Stück Wald, das 100 000€ wert ist. Nun komme ich und will meinen Giftmüll entsorgen. Du als gewinnorientierter Mensch wirst das nicht wollen. Dein Wald würde an Wert verlieren. Nun stell dir vor, das Stück Wald gehört niemandem bzw. allen? Ja, es kann dann auch Regeln geben, aber es fehlt dieses Urinteresse einer Person.
Für Friedman ist der Wohlfahrtsstaat ein Betrug an den Leuten, die noch arbeiten und Steuern zahlen. Hierzu zeigte er die Methoden auf, in welcher Art und Weise Geld ausgegeben wird:
eigenes Geld für sich selbst ausgeben, zum Beispiel beim Einkaufen im Schuhladen
eigenes Geld für andere ausgeben, was vor allem zu Weihnachten geschieht
anderer Leute Geld für sich selbst ausgeben, indem man auf Kosten der Firma speist oder mit dem Taxi fährt
anderer Leute Geld für andere ausgeben, was vornehmlich der Wohlfahrtsstaat macht
Friedman Wikipedia
Der Anreiz, etwas zu tun, ist nicht der einzige Punkt, die den Kaptialismus überlegen macht. Der andere sind Marktpreise, die dazu dienen, herauszufinden, welcher Produktionsweg effizienter ist.
Mein Beispiel:
Äpfel. Was ist besser? Mehr Äpfel in Deutschland anbauen und in Kühlhäusern konservieren, um sie im Spätfrühlung verkaufen zu können, oder Anbau in Neuseeland und per Schiff nach Deutschland? Bedenke: Knappheit von Platz, Personal(man benötigt andere Kräfte), Technologie(Kühltechnik vs. Erntetechnik?), usw. Der lange Transport des Schiffs kostet auch Aufwand. Aber vielleicht ist eh etwas nach Neuseeland transportiert worden und das Schiff würde ansonsten leer zurück fahren?
Bei Marktpreisen ist es relativ(!) einfach. Über Weg 1 kostet das Kilo dann 5€ im Laden und über Weg 2 3€. Einfache Sache. Aber nicht perfekt. Wie du dir schon denken kannst, gibt es externe Kosten zB. die Abgase in die Luft. Idealerweise müsste die Verursacher auch dafür aufkommen, aber ist ganz schwierig. Über Steuern versucht man sich heranzutasten (zB. Spritsteuer).
Vielleicht kämen auch Preise heraus, die so hoch sind, dass der Verbraucher im Spätfrühling doch keine Äpfel will und lieber etwas anderes? Gut möglich. Es ist nicht perfekt, aber eine relativ gute Heuristik.
Jetzt stell dir eine Welt ohne Marktpreise vor. Wie wilst du entscheiden? Man hat ja gar keinen Anhaltspunkt. Der Osten konnte sich damals ja noch am Westen orientieren, was die so machen. Aber sonst? Puh.
Vor dem Problem steht übrigens auch der Staat. Investitionen in Infrastruktur zahlen sich aus. Klar? Also 5Mrd. zusätzlich reinpumpen? Warum nicht 50Mrd.? Oder 500Mrd.? Warum arbeitet nicht jeder zweite bei der Verbesserung der Infrastruktur? Oder nur jeder 20te? Oder jeder 200ste?
Ein freier Mensch muß es ertragen können, daß seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muß sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.