McKnee hat geschrieben:(06 Dec 2018, 06:53)
Wenn aber die Erfahrung aus dem Projekt die ist, dass sich "aufrechte" Bürger nun sittlich und moralisch aufgefordert und gerrechtfertigt fühlen an diesem Pranger mitzuwirken?
Dann haben sie drüber nachgedacht, sich entweder bei einem folgenlosen Fehler ertappt oder selbst gezögert. Vielleicht peinlich, in jedem Fall kein Schaden.
Wir sind ein sehr oberflächliches Volk und beschäftigen uns nicht ausreichend mit den Abgrenzungen. Gerade aus staatskritsichen Lagern kommt oft der Denunziationsvorwurf. Dieser wird aber nicht im engeren Sinne verwandt und bezieht sich auf jede Form der Kooperation mit den Ermittlungsbehörden. Das wirkt nach, wie viele Unweahrheiten, denen die Menschen auf den Leim gehen (aber das ist ein anderes Thema).
Man muss schon unterscheiden, ob man der Polizei mitteilt, dass nebenan gerade einer zusammengeschlagen wird oder ob man die auffälligen Grünpflanzen des ungeliebten Nachbarn ungefragt thematisiert - besonders, wenn man um deren Legalität weiß. Staatskritik ist indessen etwas anderes.
Für den Denunzianten kommt ein persönlicher Aspekt hinzu, der sich gegen eine bestimmte Person oder Personengruppe richtet und das eigentliche Motiv für die Anzeige bei staatlichen Institutionen darstellt. Das wird leider nur zu oft vergessen und auf jede Form der Anzeige oder Zeugenaussage herunter gebrochen.
Ich denke nicht, dass der Zeuge von Verkehrsunfall oder Selbstmordversuch nun davon absieht, die Polizei zu rufen.
Auch nicht ausgeschlossen durch diese Aktion, dass sich viele durch die Art und Weise tatsächlich inspiriert fühlen den von ihnen identifizierten Rechten auf die ein oder andere Art und Weise zu denunzieren. Das der geneigte und subjektiv gesteuerte Mensch da dann nicht immer ins Schwarze trifft würde dann als Kollateralschaden verbucht?
Der Irrtum ist immer möglich. Typischerweise kommen Menschen nicht ins Gerede, weil sie mal am Rande einer Demo gesehen wurden, sondern weil sie wiederholt und mehr oder minder offen in Wort und Tat entsprechende Standpunkte vertritt.
Indessen ist es nicht verkehrt, über sowas zu reden. Es ist auch nicht verkehrt, aus dem Wissen, das man hat, Konsequenzen zu ziehen oder bei den Betreffenden mal nachzufragen. Das gilt insbesondere, wenn jemand sich um herausgehobene gesellschaftliche oder berufliche Positionen bemüht.
Der Stiftungsrat, der vor einigen Jahren mal für eine frauenfeindliche Organisation gespendet hat, ist Thema. Der Handelskammer-Chef, der mal beim MfS-Wachregiment war, ist Thema. Der Abgeordnete, der die Fraktion führen will und früher mal gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe stimmte, ist Thema. Der Bürgermeister, der nachts Studenten anpöbelt und schon eine Vorgeschichte mit grenzwertigen Aussagen hat, ist Thema. Der Autor, der vor 70 Jahren als Jugendlicher bei der SS war, ist Thema. Ist das in jedem Fall ein Problem? Kommt darauf an, was man dazu zu sagen hat, wenn man gefragt wird - und was die Entscheider davon halten. So ist es auch richtig. Wenn ein Arbeitgeber informiert wird, dass jemand öffentlich unschickliche Dinge mitteilt, muss er eben überlegen, wie er damit umgeht. So ist es immer.