Fragen zum Wahlrecht.

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Cat with a whip
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Cat with a whip »

garfield336 hat geschrieben:(28 Sep 2017, 16:59)


Das ist sehr kompliziert was ihr da macht :)
Es soll ja nicht einfach sein, sondern im Prinzip gerecht sein und dazu den Wählern einen gewissen Spielraum bei der personellen Mitbestimmung lassen. Dass man dieses Gerechtigkeitsprinzip mit Gedankenspielen ad absurdum führen kann liegt in der Freiheit die daneben noch existiert. Doch dieses Prinzip zu gewährleisten ist besser als es von vornherein nicht zu beachten.
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Adam Smith
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Adam Smith »

Kritikaster hat geschrieben:(28 Sep 2017, 15:23)

Interessanter Beitrag!

Ich bin nun kein Mathematiker, weshalb ich einfach mal die Frage in den Raum stelle, ob sich nicht doch eine rechnerisch theoretische Höchstzahl an Abgeordneten ermitteln ließe, ausgehend von einer Partei A, die 100% der Erst- und 0% der Zweitstimmen erhält
sowie es eine zweite Partei B gibt die 100% der Zweitstimmen erhält. Wer kommt hier auf die Lösung?
Das ist Kapitalismus:

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Der Neandertaler
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo garfield.
garfield336 hat geschrieben:Ich finde das Wahlgesetz komisch.
Insofern gebe ich Dir Recht!
  • ... aber ich würde es nicht komisch nennen, sondern kompliziert - typisch deutsch, eben.
Aber sieh mal:
  • eine Wahlrechtsreform wurde schon 1963 während der Ersten Großen Koalition erwogen. Union und SPD liebäugelten mit dem anglo-amerikanischen Mehrheitswahlsystem. Dies wäre aber zulasten der FDP gegangen - sie protestierte also dagegen. Vermutlich ging es ihnen weniger um die Begrenzung der Zahl von Bundestagsabgeordneten - die wäre nämlich danach maximal 299 (gleich der Anzahl der Wahlkreise), sondern, ihnen ging es wohl primär um den Machterhalt ... um ihre Ziele nach der Wahl hundertprozentig erfüllen zu können - da immer nur eine Partei regiert. Da aber die SPD eine sozial-liberale Koalition (SPD/FDP) in Aussicht hatte, nahm sie auf die FDP Rücksicht - also wurde aus der Wahlrechtsreform nichts.
Da aber eine reine Verhältniswahl auch Nachteile hat (ich kenne ja die Meinung meines Vorort-Abgeordneten, deshalb wähle ich ihn ja unter Umständen auch - dies wäre also die Erststimme), ... so hat man (wegen der Nachteile) von Anfang an auf eine "personalisierte Verhältniswahl" gesetzt. Deshalb auch die Komplexität des Wahlsystems - der Deutsche setzt nunmal gerne auf Konsenz ... auf Ausgleich, so wollte zumindest die FDP das bis dato gültige Wahlsystem beibehalten.
garfield336 hat geschrieben:Denn es könnte auch eine Partei auf die Idee kommen gar keine Direktkandidaten aufzustellen, sondern alle Kandidaten als Einzelbewerber aufzustellen.
Du scheinst da was zu verwechseln?!? Jeder Kandidat, den eine Partei aufstellt, ist ein potentieller Direktkandidat. Ob er nun ein Direktkandidat wird, stellt sich erst im Nachhinein heraus - anhand der Stimmen, die er bekommt. Was Du aber vermutlich meinst, ist die Tatsache, daß eine Partei nicht in allen 299 Wahlkreisen antritt - aufgrund der eventuell dünnen Personaldecke dieser Partei. Würde sie also keine Direktkandidat aufstellen, hieße dies: sie nimmt an der Wahl als Partei nicht teil.
garfield336 hat geschrieben:Die dann sobald sie dann gewählt werden in die Fraktion der Partei eintreten.
Es bleibt selbstredend jedem Abgeordneten frei, die Partei zu wechseln - ist ja auch schon immer geschehen.
  • Aktuell ist die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten im niedersächsischen Landtag aus der Grünen-Fraktion aus- und in die CDU-Fraktion eingetreten - womit sie Neuwahlen provuziert hat.
Ebenso dürfen sich mehrere fraktionslose Abgeordnete zu einer Fraktion zusammenschließen oder einer bestehenden Fraktion beitreten.
garfield336 hat geschrieben:Das ist sehr kompliziert was ihr da macht :)
Wen meinst Du mit "ihr"?
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Skull
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Skull »

Der Neandertaler hat geschrieben:(28 Sep 2017, 14:59)

Aber auch in Deiner jetzigen Logik ist etwas falsch:
  • Erststimme bedeutet ein-Direktmandat-geben - das sind diese 299 Sitze (= Anzahl der Wahlkreise). Als Verhältnis werden lediglich die restlichen (mindestens) 299 Sitze über die Zweitstimme vergeben - aber sie werden über Landeslisten vergeben.
Mein Fehler. Bei Partei A musste es Zweitstimmen heissen.
Habe meinen Beitrag korrigiert.
Nachfolgend schrieb ich dann ja auch von den Zweitstimmen.

Bleibe natürlich (erst einmal) bei meiner Meinung. :)

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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Europa2050 »

Adam Smith hat geschrieben:(28 Sep 2017, 18:25)

sowie es eine zweite Partei B gibt die 100% der Zweitstimmen erhält. Wer kommt hier auf die Lösung?
Wenn in dem Gesetz nicht irgend eine Sonderregelung ist,könnte die Partei unendlich viele Abgeordnete senden um das Verhältnis 0:100 herzustellen. Geht also nicht, da die Zahl der entsprechenden Deutschen beschränkt ist.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Adam Smith »

Europa2050 hat geschrieben:(28 Sep 2017, 23:33)

Wenn in dem Gesetz nicht irgend eine Sonderregelung ist,könnte die Partei unendlich viele Abgeordnete senden um das Verhältnis 0:100 herzustellen. Geht also nicht, da die Zahl der entsprechenden Deutschen beschränkt ist.
Die Anzahl der Deutschen ist beschränkt und aus dem Grund wäre das dann auch die Lösung. Oder ist einer anderer Ansicht?
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Europa2050 »

Adam Smith hat geschrieben:(29 Sep 2017, 06:11)

Die Anzahl der Deutschen ist beschränkt und aus dem Grund wäre das dann auch die Lösung. Oder ist einer anderer Ansicht?
Ich hab jetzt keine Lust mich durch das Gesetz zu arbeiten, aber irgend eine Einschränkung muss es schon geben. Denn der Effekt (Teilen durch 0) tritt ja nicht nur in dem zugegeben theoretischen Fall auf, sondern auch wenn ein parteiloser Kandidat ein Direktmandat erringen sollte, was ja durchaus möglich (wenn auch unwahrscheinlich) ist.
Aber vielleicht waren an dem Gesetz auch keine Mathematiker beteiligt. :D
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo.
Europa2050 hat geschrieben:Ich hab jetzt keine Lust mich durch das Gesetz zu arbeiten, ...
Brauchst Du auch nicht! Wenn Du erlaubst, versuche ich es Dir zu erklären - wenn Du Erklärungen zur Klärung zuläßt?
Vorab - falls Du es nicht mitbekommen hast:
  • Das Bundeswahlgesetz spricht nur von einer Mindestgrößen-Anzahl an Abgeordneten - aber nirgends ist von eine Obergrenze die Rede.
Grundsätzlich:
  • Das heutige Bundeswahlgesetz wurde 1949 als Rahmengesetz und in den heutigen Grundzügen geschrieben. Unter Anderem wurde damit die Sperrklausel (5%-Quote) sowie eine Grundmandatsklausel eingeführt - die sogenannte "personalisierte Verhältniswahl" Gleichzeitig wurde die Zahl der Wahlkreise auf 242 und die Anzahl der Abgeordneten, die in's Parlament einziehen sollten (Mindestgröße des Parlamentes) auf 484 festgesetzt - aber eben keine Obergrenze. 1953 erfolgte dann das "Wahlgesetz zum zweiten Bundestag". Darin wurde das Zweistimmenwahlrecht festgeschrieben.

    Das BWahlG wurde von Zeit zu Zeit verändert ... es wurde sukzessive angepaßt. Vornehmlich wurden in diesen Überarbeitungen einerseits die Wahlkreise verändert (sowohl in der Anzahl, als auch in ihrem Zuschnitt), aber auch wurden dann folgerichtig die Anzahl der Abgeordneten erhöht. Ab und zu wurde auch das Berechnungsverfahren geändert - um mehr Gerechtigkeit herzustellen - es waren sehrwohl Mathematiker daran beteiligt. Zwar wurde dadurch der Zuschnitt und die Zusammensetzung des Bundestages verändert, aber nie wurde ein Höchstzahl an Abgeordneten eingeführt. Man sah zu dessen Einführung auch wenig Anlaß, weil es ja "nur" Überhangmandate gab. Und anfangs, bei lediglich drei Fraktionen (Union/SPD/FDP), war diese Anzahl ja auch noch überschaubar.

    1998 gab es dann einen Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes, daß kein Nachrücken in Wahlkreismandate möglich und nötig sei, "solange die Partei des weggefallenen Wahlkreisabgeordneten in dem betreffenden Land über Überhangmandate verfügt". Somit wurde vorerst einer weiteren Aufblähung des Bundestages ein kleiner Riegel vorgeschoben.

    Als allerdings dann 2008 das BVerfG in seinem Urteil bezüglich des "Negativen Stimmgewichtes" zum Ausgleich der Überhangmandate eine Änderung des BWG forderte (bis das Verhältnis zu anderen Parteien wieder stimmt), ... danach blähte der Bundestag folgerichtig weiter auf. Sodann gab es Überhangmandate und zusätzlich Ausgleichsmadate - heute sind es derer nun 111!
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Senexx »

Die Sperrklausel wurde erst 1953 eingeführt.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Dampflok94 »

Skull hat geschrieben:(27 Sep 2017, 20:34)

Meines Wissens...wenn ich es richtig im Kopf habe...schrieb ich.

Vor gefühlten 100 Jahren habe ich mich mich mal damit beschäftigt.
Entsprechend der Gesetztestexte, des Wahlrechtes und des angewandten Sitzverteilungverfahrens.

Und da kam im Grundprinzip heraus:

Partei A erhält 100 Prozent aller Zweitstimmen. Partei B setzt sich mit 100 Prozent der Direktkandidaten durch.

100 Prozent Sitzverteilung bedeutet 598 Abgeordnete von 598 Abgeordneten, die im Gesetz eigentlich vorgesehen sind.

299 Direktkandidaten ziehen natürlich TROTZDEM durch die Erststimme ein.

Somit verbleibt im extremsten Fall immerhin noch eine zweidrittel Mehrheit für die Partei der 100 Prozent Zweitstimmen.
Überhangmandate und frühere Ausgleichmandate können und konnten das noch modifizieren.

Da sollte sich mal jemand EXAKT mit allen geltenden Gesetzten Regeln im Wahlrecht vertraut machen.

Tausende von Abgeordnete schliesse ich...in jedem Fall aus. :D

mfg
Interesssant würde es doch dann, wenn Partei A 99% der Zweitstimmen erhält. Aber kein einziges Direktmandat. Die Ausgleichsmandate sollten ja gewährleisten, daß das Zweitsimmenergebnis zählt. Sprich die 298 Direktmandate entsprechen dann 1% der Parlamentssitze. :cool:
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Senexx.
Senexx hat geschrieben:Die Sperrklausel wurde erst 1953 eingeführt.
... für das Bundesgebiet - das ist richtig!
Da sich aber der Parlamentarische Rat 1949 nicht auf eine verfassungsrechtliche Festlegung des Wahlsystems einigen konnte, darum gab es für die erste Bundestagswahl ein eigenes Wahlgesetz -... ein Rahmengesetz. Darin wurde festgelegt, daß jedes Bundesland ein abgeschloßenes Wahlgebiet mit festgelegter Anzahl proportional zu vergebender Mandate war ... daß also die Mandate auf Länderebene verteilt wurden.
Das heißt einerseits, daß die 5 %-Klausel innerhalb eines jeden Bundeslandes seperat galt. Diese bedeutete wiederum, daß eine Partei, um in den Bundestag einzuziehen, nur in einem Bundesland fünf Prozent der Stimmen zu erzielen oder einen Wahlkreis direkt zu gewinnen brauchte.

Andererseits:
  • Die Fünf-Prozent-Hürde galt zwar nur landesweit, was die Wirkung der Sperrklausel dann doch einschränkte - aber sie wurde definitiv schon 1949 eingeführt.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Dampflok94.
Dampflok94 hat geschrieben:Interesssant würde es doch dann, wenn Partei A 99% der Zweitstimmen erhält. Aber kein einziges Direktmandat. Die Ausgleichsmandate sollten ja gewährleisten, daß das Zweitsimmenergebnis zählt. Sprich die 298 Direktmandate entsprechen dann 1% der Parlamentssitze. :cool:
Ungeachtet der Rechnung, ...
ein derartige, theoretische These sollte doch zumindest etwas die Realität berücksichtigen, find ich. Es ist wenig realitätsbezogen, anzunehmen, eine Partei könnte, bei unserer heutigen sechs-Fraktionslandschaft, 99 oder gar 100 Prozent der Stimmen bekommen. Es ist ja schon (fast) unmöglich, daß eine Fraktion gut 50 Prozent der Stimmen bekommt - also quasi allein regieren kann, ... dann aber annähernd 100 Prozent der Stimmen?

Jeder Mathematiker (oder sonstwer), der sich mit dieser Frage beschäftigt (wieviel Aufblähung ist möglich?), würde ein paar Grundsätze anerkennen ... würde diese vorausschicken (müssen).
Zwar kann zu jeder Zeit die ein oder andere Partei wieder verschwinden - wie es schon häufiger Protestparteien ergangen ist, aber zur Klärung der Frage (wieviel Aufblähung ...?) muß ich vom jetzigen Ist-Zustand ausgehen.

Also würden sich das Eingangsszenario ... die Eingangs-These wohl erübrigen. Ein Sechser im Lotto ist wohl wahrscheinlicher, als daß es künftig nur noch zwei Fraktionen über die 5%-Hürde schaffen ... daß es also die restlichen Fraktionen zerschlägt!?!
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Dampflok94 »

Der Neandertaler hat geschrieben:(29 Sep 2017, 12:08)

Hallo Dampflok94.Ungeachtet der Rechnung, ...
ein derartige, theoretische These sollte doch zumindest etwas die Realität berücksichtigen, find ich. Es ist wenig realitätsbezogen, anzunehmen, eine Partei könnte, bei unserer heutigen sechs-Fraktionslandschaft, 99 oder gar 100 Prozent der Stimmen bekommen. Es ist ja schon (fast) unmöglich, daß eine Fraktion gut 50 Prozent der Stimmen bekommt - also quasi allein regieren kann, ... dann aber annähernd 100 Prozent der Stimmen?
Natürlich ist das völlig irreal. Es ging um die theoretische Frage, wie viele Abgeordnete das Wahlrecht hergibt. Und das wären eine ganze Menge. ;)
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Dampflok94.
Dampflok94 hat geschrieben:Natürlich ist das völlig irreal. Es ging um die theoretische Frage, wie viele Abgeordnete das Wahlrecht hergibt. Und das wären eine ganze Menge. ;)
Selbstverständlich wird sich, bei Beibehaltung der jetzigen Wahlrechtsgrundlage, der Bundestag aufblähen - aber um wieviel, wäre eine theoretische Rechnung!
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Cat with a whip »

Adam Smith hat geschrieben:(28 Sep 2017, 18:25)

sowie es eine zweite Partei B gibt die 100% der Zweitstimmen erhält. Wer kommt hier auf die Lösung?
Wenn Partei A alle Wahlkreise gewinnt und Partei B 100% der Zweitstimmen werden die 598 Sitze nach dem BWahlG genau gleich aufgeteilt.
Lesen sie halt mal selber nach.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von garfield336 »

Dampflok94 hat geschrieben:(29 Sep 2017, 12:19)

Natürlich ist das völlig irreal. Es ging um die theoretische Frage, wie viele Abgeordnete das Wahlrecht hergibt. Und das wären eine ganze Menge. ;)
Ja das wollte ich wissen
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von garfield336 »

Der Neandertaler hat geschrieben:(28 Sep 2017, 18:32)

Hallo garfield.Insofern gebe ich Dir Recht!
  • ... aber ich würde es nicht komisch nennen, sondern kompliziert - typisch deutsch, eben.
Aber sieh mal:
  • eine Wahlrechtsreform wurde schon 1963 während der Ersten Großen Koalition erwogen. Union und SPD liebäugelten mit dem anglo-amerikanischen Mehrheitswahlsystem. Dies wäre aber zulasten der FDP gegangen - sie protestierte also dagegen. Vermutlich ging es ihnen weniger um die Begrenzung der Zahl von Bundestagsabgeordneten - die wäre nämlich danach maximal 299 (gleich der Anzahl der Wahlkreise), sondern, ihnen ging es wohl primär um den Machterhalt ... um ihre Ziele nach der Wahl hundertprozentig erfüllen zu können - da immer nur eine Partei regiert. Da aber die SPD eine sozial-liberale Koalition (SPD/FDP) in Aussicht hatte, nahm sie auf die FDP Rücksicht - also wurde aus der Wahlrechtsreform nichts.
Da aber eine reine Verhältniswahl auch Nachteile hat (ich kenne ja die Meinung meines Vorort-Abgeordneten, deshalb wähle ich ihn ja unter Umständen auch - dies wäre also die Erststimme), ... so hat man (wegen der Nachteile) von Anfang an auf eine "personalisierte Verhältniswahl" gesetzt. Deshalb auch die Komplexität des Wahlsystems - der Deutsche setzt nunmal gerne auf Konsenz ... auf Ausgleich, so wollte zumindest die FDP das bis dato gültige Wahlsystem beibehalten.
Es gibt auch andere mögliche Wege das Ziel zu erreichen aber dennoch die Zahl der Abgeordneten zu begrenzen.

btw empfinde ich ganz und gar nicht gerecht oder fair, wenn Abgeordnete nummer 700 in den Bundestag einzieht, obwohl er nicht unter dem vermeintlich 600erstgewählten ist.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Dampflok94 »

garfield336 hat geschrieben:(29 Sep 2017, 15:10)
btw empfinde ich ganz und gar nicht gerecht oder fair, wenn Abgeordnete nummer 700 in den Bundestag einzieht, obwohl er nicht unter dem vermeintlich 600erstgewählten ist.
Und warum nicht? Die Zusammensetzung des Bundestages entspricht dem Wählerwillen. Das ist die Hauptsache. Die Anzahl der Parlamentarier ist doch nur nebensächlich.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von garfield336 »

Villeicht weil ich es gewohnt bin wenn Personen namentlich gewãhlt werden
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo garfield.
garfield336 hat geschrieben:Villeicht weil ich es gewohnt bin wenn Personen namentlich gewãhlt werden
Das solltest Du konkretisieren!
Es gibt nur zwei ernsthafte Wahlverfahren, die es zu unserem gäben könnte. Entweder das anglo-amerikanische Mehrheitswahlsystem (entspricht unserer Erststimme) oder die reine Verhältniswahl (entspricht unserer Zweitstimme). Oder möchtest Du, daß jeder Kanditat ... daß jede Frau oder jeder Mann, der in einem Walkreis zur Wahl steht und der in diesem Wahlkreis auch nur ein Kreuz bekommt, sich als gewählt betrachten kann? Dies würde ja unser Parlamenterst erst recht aufblähen.

Selbst das französische Wahlsystem, mit mehreren Wahlgängen,entspräche nur einem erweiterten Mehrheitswahlsystem.

Also, was möchtest Du nun?
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von garfield336 »

Ich finde es gerechter wenn die Zahl der Sitze feststeht.

Verhältniswahl bevorzuge ich.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Dampflok94 »

garfield336 hat geschrieben:(01 Oct 2017, 20:04)

Ich finde es gerechter wenn die Zahl der Sitze feststeht.

Verhältniswahl bevorzuge ich.
Könnte man machen. In dem man z. B. auf die Direktkandidaten verzichtet und den Bundestag rein nach der "Zweitstimme" (die ja dann die einzige wäre) besetzt. Ob das wirklich gut wäre?
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von garfield336 »

Dampflok94 hat geschrieben:(03 Oct 2017, 13:45)

Könnte man machen. In dem man z. B. auf die Direktkandidaten verzichtet und den Bundestag rein nach der "Zweitstimme" (die ja dann die einzige wäre) besetzt. Ob das wirklich gut wäre?
Ich fand das einfach sehr kompliziert. Ich mus aber zugeben ich habe mich davor nicht damit beschäftigt. Ich wähle ja nicht bei euch.

Es ist wohl dennoch nicht sonderlich schlecht wenn ich mir das so genau überlege, andere Lösungen sind zwar denkbar,
Aber bei 30!? Parteien und mehreren 1000? Kandidaten auf den Listen sollte man auch dafür sorgen dass die Wahlzettel klein bleiben.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo garfield.
garfield336 hat geschrieben: kompliziert ... andere Lösungen ... Aber bei 30!? Parteien und mehreren 1000? Kandidaten auf den Listen sollte man auch dafür sorgen dass die Wahlzettel klein bleiben.
Mal 'ne dumme Frage:
  • was bitteschön hat das Wahlsystem mit der Anzahl der Parteien oder mit den Kandidaten zu tun?
Gut, in Großbritannien oder den USA ... in Ländern mit einem Mehrheitswahlsystem gibt es größtenteils nur zwei oder drei Parteien. Aber dies ist aber zwangsweise so, weil kleinere und Kleinst-Parteien sich wenig Gewinnchancen ausrechnen können.

Selbst in einem Mehrheitswahlsystem, mit einer begrenzten Abgeordnetenzahl in dem jeweiligen Parlament, ... dadurch wird wohl die Anzahl der Parteien "auf den Listen" nicht kleiner. Aufgrund des Verhältnisses der Parteien untereinander, was mit und in dem jeweiligen Parlament abgebildet werden soll, werden wohl die Anzahl der Parteien eventuell so gar größer - da ja die personalisierte Wahl (Erststimme) wegfällt.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von garfield336 »

Der Neandertaler hat geschrieben:(03 Oct 2017, 16:45)

Hallo garfield.Mal 'ne dumme Frage:
  • was bitteschön hat das Wahlsystem mit der Anzahl der Parteien oder mit den Kandidaten zu tun?
Gut, in Großbritannien oder den USA ... in Ländern mit einem Mehrheitswahlsystem gibt es größtenteils nur zwei oder drei Parteien. Aber dies ist aber zwangsweise so, weil kleinere und Kleinst-Parteien sich wenig Gewinnchancen ausrechnen können.

Selbst in einem Mehrheitswahlsystem, mit einer begrenzten Abgeordnetenzahl in dem jeweiligen Parlament, ... dadurch wird wohl die Anzahl der Parteien "auf den Listen" nicht kleiner. Aufgrund des Verhältnisses der Parteien untereinander, was mit und in dem jeweiligen Parlament abgebildet werden soll, werden wohl die Anzahl der Parteien eventuell so gar größer - da ja die personalisierte Wahl (Erststimme) wegfällt.
Das Wahlsystem hat nichts mit der Anzahl der Parteien oder Kandidaten zu tun.

Aber das Wahlsystem ist aber trotzdem für die grösse der Wahlzettel verantwortlich.:

Ich hatte letztesmal einen Wahlzettel auszufüllen wo mehr als 200 Namen drauf standen.
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Re: Fragen zum Wahlrecht.

Beitrag von Der Neandertaler »

garfield336 hat geschrieben:Aber das Wahlsystem ist aber trotzdem für die grösse der Wahlzettel verantwortlich.:
aber nicht zwangsläufig!
An der letzten Bundestagswahl haben insgesamt 48 Parteien teilgenommen - allerdings hat nicht jede Partei in jedem Wahlkreis auch teilgenommen bzw. auch nicht in jedem Wahlkreis einen Kandidaten aufgestellt. Insofern waren auch die Wahlzettel nicht überlang. Der Wahlzettel etwa in unserem Wahlkreis zeigte nur 22 Parteien und sechs Direktkandidaten.
garfield336 hat geschrieben:Ich hatte letztesmal einen Wahlzettel auszufüllen wo mehr als 200 Namen drauf standen.
Dies mag unbestritten der Fall gewesen sein. dies heißt aber nicht folgerichtig, daß auch soviel Parteien um Deine Gunst gestritten haben.

Vorstellen könnte ich mir diese üppige Anzahl an Kandidaten, wenn etwa dem Wähler die Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens gegeben wird, mit sogenannten offenen oder freien Listen - wie etwa in Bayern, Bremen oder Hamburg. So Wenn etwa der Wähler keine Lust hat, es sich beim Wählen einfach zu machen und sein Kreuz einfach bei einer der entsprechenden Liste machen möchte, kann er aus verschiedenen Wahlvorschlägen auswählen. Dann kann er einfach mal ein paar Namen quer durch alle Parteien hindurch rauspicken und/oder andere durchstreichen. Zwar können auch dabei zusätzlich die zuvergeben Abgeordneten-Plätze begrenzt werden, aber die Wahlzettel können dadurch oder damit in der Tat etwas länger werden.

Die Länge der Wahlzettel hat aber nur bedingt mit dem Wahlsystem zu tun, eher mit dessen Ausgestaltung. Wenn etwa eine "reine" Verhältniswahl mit einer gewißen Prozentklausel begrenzt wird, kann und wird sich eine kleinst-Partei ausrechnen können, daß sie kaum eine Chance hat, jeh in's Parlament einzuziehen. Daß Aussicht besteht, in's Parlament einzuziehen, und daher trotzdem kleinst-Parteien antreten, hat vielleicht etwas mit der Möglichkeit zu tun, daß diese Partei in's Parlament einzieht, wenn "mindestens drei Direktmandate" errungen werden.

Sollten also die Direktmandate (Erststimme) wegfallen (wie etwa im Saarland: reine Verhältniswahl), und/oder sollte zusätzlich der Einzug entfallen, wenn "mindestens drei Direktmandate" errungen werden, wird sich wohl ebenfalls die Anzahl der Parteien reduzieren.
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