Misterfritz hat geschrieben:(15 Oct 2018, 21:17)
Du hast doch den Handwerker hier reingebracht...
...
Ich hab die Handwerker ohne Ahnung reingebracht die nur sinnlos rumschrauben und das Ganze dann mit Phrasen wie "So macht man das vernünftig" schönreden. Und daraus wurde dann gedreht, dass "Handwerker" die viel besseren Politiker sind...
Misterfritz hat geschrieben:(15 Oct 2018, 21:17)
...
Im übrigen kann sich Niemand in all diese Themen wirklich richtig einarbeiten, wann denn? Das schaffen vielleicht Abgeordnete, die mehrere Legislaturperioden im Parlament sitzen. Deshalb wählt ein Abgeordneter seine Ausschüsse, mit Themen, die ihm liegen, von denen er Ahnung hat (bestenfalls).
Warst Du schon mal aktiv in der Politik und wurdest in ein Parlament (sei es auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene) gewählt?
Ich geriet zumindest durch seltsame Umstände in den "Genuss" ein Jahr lang alle möglichen Ausschüsse und Gremien in der Kommunalpolitik mitzumachen. Dass es nur ein Jahr war lag übrigens nicht an mir... Kommunalpolitik ist ja nochmal was ganz spezielles. Besonders im Bauausschuss gab es ja eigentlich auf Politikerseite keinerlei richtige "Fachleute", da zum Beispiel (im Gegensatz zu mir) kaum jemand Städtebau, Architektur oder ähnliches studiert hat. Trotzdem haben sich einige Politiker dort natürlich in das Thema "hineinverteift", aber das würde ich dann nicht als "Fachmann" bezeichnen, eher als "Baupolitikfachmann". Die eigentlichen "Fachleute" waren die Dezernenten oder die Angestellten, die da glaube ich auch "Referenten" hießen. Besonders im Bauausschuss war es so, dass der Dezernent die allermeisten Vorlagen selbst erarbeitete (mit seinen Mitarbeiten) und der Ausschuss Ja und Amen sagte oder die Mehrheitsfraktionen die Sache in eine Richtung lenken indem sie vor oder hinter den Kullissen klar machten wofür es eine Mehrheit gibt und wofür nicht. Aber nochmal: Besonders in so ähm technisch anspruchsvollen Ausschüssen wie dem Bauausschuss war es so, dass eigentlich nur die gewählte Verwaltung (Dezernent...) wirklich "Fachleute" waren, nein eigentlich nicht mal das, eigentlich waren nur die Referenten des Dezernenten wirkliche Fachleute, der Dezernent war halb Politiker, halb Fachleut, die Kommunalpolitiker waren klassische Politiker mit ein bischen Fachwissen aber vor allem einer politischen Meinung. Natürlich hast du Recht, dass in so einem Ausschuss Sachen entstehen, aber das ist meiner Meinung nach klassische politische Arbeit, die Facharbeit wurde von der Verwaltung gemacht. Der Ausschuss beauftragt die Verwaltung, so ähnlich wie ein Kunde einen Handwerker beauftragt.
Etwas anders vielleicht im Sozialausschuss wo "Sozialpolitiker" sich naturgemäß noch mehr in Sachen reinverteifen oder mitreden wollen, da sie selber in irgendwelchen geförderten Projekten arbeiten usw. Aber auch da, der Fachmann war der Dezernent, bzw. seine Mitarbeiter.
So, was heißt das alles? In kommunalen Bauausschüssen sind meiner Erfahrung nach zu über 90% "Laien". Die Facharbeit wird von der Verwaltung gemacht. Die Aufgabe dieser "Baupolitiker" ist vor allem die Verwaltung auszuwählen und sie in eine bestimmte Richtung zu "lenken". Und das ist das was ich meine mit "Handwerker treffen keine Entscheidungen". Beispiel: Wenn es um die Frage geht ob Kleingärten für ein Bauprojekt weichen müssen, dann kann die Verwaltung beides handwerklich korrekt machen. Sie kann handwerklich korrekt einen Plan machen um das Gelände zu "räumen" und das dann ausführen bzw. veranlassen, sie kann auch "handwerklich korrekt" dem Investor schonend beibringen, dass er leider hier nicht bauen darf. Aber das was die Kommunalpolitiker machen, sehe ich eher als "Richtungsentscheidungen". Sicher ist manchmal auch ein Typ dabei der selber das Zeugs zum Fachdezernenten hätte, das ist aber eher die Ausnahme.
So, und was heißt das alles? So generelle Aussagen sind immer schwer, aber ich glaube es ist realitätfremd wenn man die Rolle des Politikers allein als "Handwerker" oder "Fachidiot" (sorry) sieht. Es ist sicher ganz toll wenn Kommunalpolitiker, die über einen neuen Straßenbau in der Stadt entscheiden sollen auch einen Plan lesen können und erkennen wenn der Vorschlag der Verwaltung dazu führen würde, dass alle Radfahrer ständig gegen den Bus fahren der an der Haltestelle hält, das ist sicher super, aber das ist ja eher die Ausnahme.
Also die Wortphrase "vernünftig" ist ja eher nichtssagend. Bei "uns" waren auch so Typen, meist von der CDU und SPD, die da große Töne gespuckt haben alla "Wir machen vernünftige Baupolitik" oder "Wir machen seriöse Wirtschftspolitik", aber die die das gesagt haben, das waren keine Fachleute, das waren normale Politiker, die die Vorlagen "ihrer" Verwaltung abnickten und ab und zu mal Änderungen erwirkten. Und wenn jetzt die Frage ist ob in der Innenstadt eine Straße, eine Fußgängerzone oder ein lustiges Planschbecken hinkommt, dann ist da zum Glück auch niemand der da sagt "wir machen eine vernünftige Lösung". Was heißt das denn? Man muss sich halt für eine dieser drei "Visionen" entscheiden. Und wenn sich dann die Mehrheit für den seltsamen Vorschlag eines "Planschbeckens" entscheidet, dann sagt die Opposition halt, dass diese sinnlose Stadtverschönerung "unvernünftig" ist, und die Mehrheitsfraktionen sagen, dass das "vernüftig" ist, da durch diese Stadtverschönerung Fördergelder in die Stadt kommen.
Und wenn der Freie Wähler da von "vernünftig" redet, dann ist das meiner Meinung nach auch nur Wahlkampf und heißt nichts. Auch die Freien Wähler müssen sich zwischen "Visionen" entscheiden, müssten sich entscheiden ob die "Vision" einer Kita für alle befürwortet wird oder die "Vision" dass die Eltern alleine ihr Kind erziehen.
Oh, hier was interessantes:
http://www.fw-bayern.de/mittelfranken/r ... einkommen/
Die Freien Wähler dort informieren sich bei einem "Fachmann" über das BGE. Und ich vermute mal dann bilden sie sich eine Meinung und machen Richtungsentscheidungen. Oder auch nicht, da das Thema ja nicht in Bayern entschieden wird. Das wäre mir eigentlich fast zu wenig. Ich würde mir eher wünschen, dass auch manche Politiker mal selber durchrechnen wie das geht und gehen soll. "BGE Handwerker" quasi als Politiker. Aber auch das ist offenbar meist Wunschdenken. Der Normalfall, auch bei den Freien Wählern, sieht so aus, dass man diskutiert, sich "Fachleute" anhört und dann entscheidet. So, und as ist jetzt das normaler "Politikerhandwerk"? Offenbar das Entscheiden zwischen "Visionen". Und manche geschickte Wahlkämpfer, die sich konservativ geben, stellen es halt so dar, dass es um Entscheidungen zwischen "Visionen" und "vernünftig" geht. Und wenn man über den Mindestlohn entscheidet, was ist da "vernünftig"? Nichts. Beides sind erstmal "Visionen", sowohl der Mindestlohn, als auch der absolut freie Markt wo der Lohn ausgehandelt wird, "Vernünftig" kann ja alles heißen. Wenn Politiker das sagen ist es meiner Erfahrung nach meist Wahlkampf oder Image.
Wie ihr seht, habe ich jetzt auch ein Profilbild wo das Portrait eines großen politischen Denkers aus der Vergangenheit abgebildet ist. Damit ist jetzt jede meiner Aussagen wahr und absolut seriös.