DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Der Bürger selbst kann zu einem Anteil darüber befinden, welcher Wertigkeit er den Vorzug einzuräumen gedenkt. Der Staat ist nicht als Erziehungsberechtigter zu verstehen, sondern als Partner. Von Wachstums- und Wohlstandsgewinnen sollen beide Partner profitieren, Bürger und Staat, und zwar in fairer Balance. Das ist alles.
In einer Demokratie ist "Bürger" und "Staat" notwendigerweise identisch. Gehst du davon aus, nicht in einer Demokratie zu leben, wenn du glaubst, dass beide "nur Partner" sind, dass also "Staat" etwas anderes ist als "vom Volk/Bürger gesteuert" und damit vollständig bürgerlichen Zielen unterworfen?
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Das geht von fragwürdigen Prämissen aus, die sich zudem noch an ideologischen Kampfbegriffen entlang hangeln. Was soll denn daran "neoliberal" sein, wenn der Bürger nicht alle Mehreinnahmen konsumtiv "verbrät", sondern einen Teil zur strategischen oder operativen Rücklage verwendet?
"Neoliberal" ist daran der behauptete Liberalitätsanspruch, gesellschaftliche Aufgaben (Gesundheit, Rente, Bildung, etc.) in die privaten Hände zu legen. Das ist nicht neu, hat allerdings noch nie auf diesem Planeten funktioniert. Das wiederum heißt nicht, dass es nicht dieses Mal funktionieren kann; nur lässt man dabei bewusst - und mittlerweile unzweifelhaft zahlen-gestützt - mehr als die Hälfte der Bevölkerung (vulgo: Bürger) hinten runterfallen. Keine besonders gute Prämisse für ein Konstrukt, das wenigstens eine Generation überdauern soll.
Schon mal nachgerechnet? Das sind runde 27 Mrd Euro pro Jahr; also rund 335 Euro pro Nase und Jahr; brutto, wohlgemerkt. Wenn du also nicht vom steuerfreien Helikoptergeld träumst, bleiben davon nach Abzug von Steuern und Abgaben zum gegenwärtigen Stand umme 200 Euro in der Tasche. Pro Jahr. Das macht eine Kaufkrafterhöhung von round about 16 Euro im Monat. Gibt aber nicht alles auf einmal aus, versprochen?!
BTW: Deine vorgeschlagenen 30 Mrd ... sind übrigens runde 91,50 Euro pro Nase und Jahr; monatlich also 7,50 Euro. Ebenfalls brutto. Natürlich.
Und selbst wenn - Immerhin geht's ja in der Summe um Milliarden, nicht wahr?! - wir diese Kaufkrafterhöhung zusammenziehen: Wird das Geld bei Konzernen (etwa in Supermärkten) ausgegeben, führt das lediglich zu Gewinnsteigerungen der Konzerne, und damit zu marginalen Steuermehreinnahmen; jedoch zu keinen anderen Seiteneffekten, wie etwa "neuen Jobs", etc. Du müsstest also diese Kaufkraft-Erhöhung durch "Kauf-Orientierungen" binden, wenn du vermehrte Umlauf-Effekte haben wolltest. Mein Vorschlag: Lebensmittel-Marken-Äquivalente mit Ladenbindung im Gegenwert von 16 Euro pro Marke; je 12 pro Person und Jahr. Nur dann würde es auch gesellschaftlichen Nutzen bringen.
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Die Steuerschätzung geht von einem zusätzlichen Aufkommen von mehr als 110 Milliarden Euro bis 2021 aus. Ein Entlastungsziel von 30 Milliarden Euro ist daher angemessen, gleichwohl es natürlich an das tatsächliche Eintreffen der Prognose zu koppeln ist.
"Steuerschätzungen für die Zukunft" sind empirisch qualitativ minderwertiger als "Wahrsagerei auf dem Jahrmarkt", weil letztere nachgewiesenermaßen statistisch seltener irrt.
Wo auch immer du deine Zahl her hast: Noch im Mai dieses Jahres ging man von knapp mehr als der Hälfte aus. (
http://www.n-tv.de/politik/Staat-kassie ... 33900.html ) Wenn sich innerhalb von fünf Monaten Zahlen um nahezu 100 Prozent ändern, kann das in weiteren fünf Monaten ebenfalls (und auch umgekehrt) der Fall sein. Darauf aufzubauen, und jetzt so schnell wie möglich zu verfrühstücken, was da ist, zeugt ebenfalls nicht gerade von eigenem Vertrauen in diese Zahlen.
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Diese 2 Billionen müssen auch nicht "umgehend" beglichen werden.
Nochmals, DarkLightbringer: Das hat auch niemand gesagt. Abgesehen davon ist es rein rechnerisch gar nicht möglich, weil die Schuldenberge - angehäuft von CDU, CSU, FDP, SPD und GRÜNEN - so gigantisch sind.
Allein die Rückzahlung über die "erwarteten Überschüsse", und wir nehmen deine euphemistische Zahl als Grundlage, reden also schon gar nicht mehr von "Abbau des Investitionsstaus; auch der zugigen Fenster in den Schulen!", sondern nur von "Alles den Schulden!", würde mindestens 72 Jahre dauern, wäre also frühestens 2090(!) beendet. Immer vorausgesetzt, die Überschüsse bleiben in den kommenden 72 Jahren - und das ist länger, als die Bundesrepublik überhaupt bisher besteht - mindestens in dieser Höhe.
Selbst in diesem Fall würden also frühestens deine Ur-Enkel sagen können: "
Mein Ur-Opa hat's damals auf die Bahn gebracht. Endlich haben wir es geschafft, den gesellschaftlich belastenden Schuldenhaushalt, den er einst von seinen Eltern erbte, weil die in kaum 5 Jahrzehnten verfraßen, was da (und nicht da) war, abschaffen zu können."
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Ein gemäßigter Schuldendienst tut es ebenso, ...
Eine 72-Jahres-Perspektive, also ein Blick über drei Generationen, ist "nicht gemäßigt"? Was verstehst du dann unter "Mäßigung", DarkLightbringer?
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
... wichtiger sind Wohlstandsgewinne, Teilhabe und Investitionen zur perspektivischen Mehreinnahme. Beispiel Bildung. Klar kostet die Anschaffung moderner Ressourcen etwas, unterm Strich und mittelfristig zahlt sich gute Ausbildung jedoch aus. Die Schüler und Studenten entrichten letztlich wieder Steuern, in der Gesamtbetrachtung bringen sie deutlich mehr als sie kosten.
Und genau deshalb rede ich den Ausgaben für Bildung das Wort; doch du schneidest es ab und verweist auf Kaufkraft, um jetzt auf Bildungs-Ausgaben zu verweisen. Oder möchtest du lieber "tröpfchenweise Bildung" realisieren, indem du über einen "gemäßigten Ausgabenplan für Bildung" nachdenkst? Vielleicht ja - äquivalent zum "gemäßigten Schuldenabbau" - sowas, wie "
Innerhalb von 72 Jahren sanieren wir alle zugigen Fenster in den Schulen einmal! Versprochen!"?
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Für den Bürger ist es ebenfalls der maximale Zeitpunkt, zinsgünstige Kredite aufzunehmen, Eigentum zu schaffen oder konsumtive Finanzierung in Anspruch zu nehmen. Das schließt einen gemäßigten Schuldendienst des Staates nicht aus, es schließt nur Einseitigkeit bzw. die Nichtbeachtung des privaten Akteurs aus.
Niemand hält "den Bürger" auf, sich zinsgünstige Kredite zu beschaffen. ... Oh, warte! ... Doch! ... Die Banken. Die vertrauen "dem Bürger" nämlich nicht. Aber das ist ein anderes Thema.
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Mit den Überschüssen soll gearbeitet werden, unter Einbeziehung des Bürgers zum fairen Anteil.
Richtig. Und was kann "fairer" sein, als eigene Schulden zurückzahlen, bevor man sich die eigenen Taschen vollstopft? Denn irgendwer wird diese Schulden begleichen müssen. Und ob es noch einmal eine Phase mit Niedrig- und sogar Negativ-Zins geben wird, ist höchst ungewiss.
Ich verstehe deine Habgier, DarkLightbringer. Es ist keine besonders tolle Position, ständig geschröpft zu werden. Ganz besonders gilt das, wenn zwar das Volksvermögen stetig steigt; davon aber wenig bis gar nichts in den eigenen Taschen ankommt. Doch dieses Erbe haben wir so von unseren Eltern übernommen. Und, ganz ehrlich, ich hasse meine Kinder einfach nicht genug, um ihnen das Versagen meiner Eltern, aber auch mein eigenes Versagen, weil mich die Habgier erblinden ließ, mit den Worten "
Seht doch zu, wie ihr klarkommt!" aufzudrücken.
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Der Finanzminister des Bundes macht im übrigen auch nichts anderes als das, was jeder Bürger macht - investieren, sparen, "frühstücken" oder tilgen, womöglich alles gleichzeitig. Du selbst hälst einerseits dem Staat vor, er würde seit vielen Jahren alles falsch machen, auch unter SPD-Verantwortung, und forderst dann gleichzeitig, es sei dem Bürger aber nichts zu übertragen. Das ist doch widersprüchlich.
Ich halte der konservativen, liberalen und spezialdemokratischen Politik vor, in den vergangenen Jahrzehnten unsere Eltern auf unsere Kosten durchgefüttert (genauer: bestochen) zu haben. Jetzt jedoch die gleiche Bestechung auf mich anwenden zu lassen, um die Lasten an meine Kinder weiterzureichen, bedarf einer guten Begründung.
Meine Eltern konnten sich noch damit herausreden, auf die Politik vertraut, den "politischen & wirtschaftlichen Experten" geglaubt zu haben. Das können sie, weil es an entsprechender Empirie fehlte und "(Gott-)Vertrauen" so ziemlich alles war, worauf man setzen konnte (und musste). Den gleichen Fehler heute im Angesicht der Empirie zu wiederholen, ist widersprüchlich, DarkLightbringer. Wir WISSEN, zu welchen Schuldenbergen das stetige Verfressen von (oft nur virtuellen) Überschüssen geführt hat. Wir WISSEN um die Defizite und Löcher in der Staatsquote. Wir KENNEN die Investitionsstaus bis auf Heller und Pfennig.
Welche Ausrede können wir eines Tages unseren Kindern vortragen? Wird "
Ich war halt habgierig. Schließlich ist mir das Hemd näher als die Hose." ihnen ausreichen?
DarkLightbringer hat geschrieben:(15 Oct 2017, 13:31)
Abstraktionen können die zugigen Fenster in der Schule nicht ersetzen. Ich verstehe die Mentalität einer schwäbischen Hausfrau ja schon, sie ist aber so nicht auf eine Nationalökonomie übertragbar. Sinnvoller ist ein 40/20/40-Modell, 40 % Sozialabgaben, 20 % Steuerquote und 40 % Staatsquote.
Die "Mentalität der schwäbischen Hausfrau" ist etwas, auf das Herr Schäuble (CDU) sich seit Jahrzehnten beruft. Wohin uns das geführt hat, ist offensichtlich, ja?! Insofern wäre es sicherlich konstruktiver, wenn du nicht mit offensichtlichen Pseudo-Argumenten parlierst, DarkLightbringer.
In einem Punkt hat die "schwäbische Hausfrau" namens Schäuble aber Recht: "
Du kannst einen Euro nur einmal ausgeben. Überlege dir gut, wofür du ihn auf den Tisch legst."