Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Moderator: Moderatoren Forum 9

Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Neandertaler hat geschrieben:(18 Aug 2018, 20:37)

Ich denke die Skandinavier sind mit ihren egalitären Systemen Jahrzehntelang sehr gut gefahren. Das Experiment Sozialismus ohne Demokratie ist hingegen natürlich von vornherein zum scheitern verurteilt.
Die Demokratie hat letztendlich auch dafür gesorgt, daß das "Rundum-sorglos-Paket" Schwedens aufgeschnürt und neu gepackt wurde. Die Schweden fanden ihre Vereinnahmung durch den Staat und ihre Steuerbelastung zu hoch. Leistungsträger verließen das Land: Kulturschaffende, Regisseure, Schauspieler. Weil sie so bekannt waren / sind wurde darüber berichtet.
Die Dänen fahren mit einer Krankenkasse super, die medizinische Versorgung ist sicher besser dort als in Deutschland.
Dänemark ist ein vergleichsweise kleines Land; ich würde das Land nicht vergleichen mit großen Staaten wie Italien, Frankreich, Großbritannien, Deutschland oder Polen. Da ist der gesellschaftliche Zusammenhalt weitaus stärker als in unseren volkreichen und stark durchmischten Staaten; ich vermute, daß dann auch eine staatliche Einengung leichter zu ertragen ist. Das gilt ja nicht nur für die Krankenversicherung.
Benutzeravatar
Neandertaler
Beiträge: 1699
Registriert: Mi 25. Mär 2009, 09:28
user title: neoliberalerSteinzeitkommunist

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Neandertaler »

Der Neandertaler hat geschrieben:(18 Aug 2018, 20:44)

Hallo Namensvetter
:) endlich ein Gespräch unter Neandertalern
Was hälst Du "für ein Gerücht"?
Daß die AfD die Grenzen komplett schließen will ohne ein Experte dafür zu sein bin ich mir sicher deren Vorstellungen gehen Richtung Dänemark nicht Richtung Nordkorea.
Daß fast alle Parteien (ungerechtfertigte) Migration begrenzen wollen ... sie zumindest in geordnete Bahnen lenken wollen?
hmm wenn ich darüber nachdenke, da Einwanderung übers Asylrecht auch bei nicht Asylberechtigten die Regel ist, von der Drittstaaten Regelung des Grundgesetzes Mal ganz abgesehen, würde ich das bestreiten. Ich habe nicht das Gefühl das da in geordnete Bahnen gelenkt wird
À propos:
  • Du solltest nicht versuchen, aus oder in meinen Aussagen das Gegenteil vermuten, als das was ich ausgesagt habe!
jetzt verwirrt du mich, habe ich was falsch interpretiert?
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
Benutzeravatar
Neandertaler
Beiträge: 1699
Registriert: Mi 25. Mär 2009, 09:28
user title: neoliberalerSteinzeitkommunist

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Neandertaler »

H2O hat geschrieben:(19 Aug 2018, 08:42)

Die Demokratie hat letztendlich auch dafür gesorgt, daß das "Rundum-sorglos-Paket" Schwedens aufgeschnürt und neu gepackt wurde. Die Schweden fanden ihre Vereinnahmung durch den Staat und ihre Steuerbelastung zu hoch. Leistungsträger verließen das Land: Kulturschaffende, Regisseure, Schauspieler. Weil sie so bekannt waren / sind wurde darüber berichtet.
Schweden ist aber nicht zusammengebrochen sondern hat Jahrzehnte gut funktioniert und dann ein paar Korrekturen vorgenommen. Ein normaler Vorgang in einer Demokratie das es mal ewas in die eine mal etwas in die andere Richtung geht.

Und klar sind die Skandinavier Hochsteuer Länder trotzdem zahlen sie zu denn beliebtesten Auswanderungsländern der deutschen.
Dänemark ist ein vergleichsweise kleines Land; ich würde das Land nicht vergleichen mit großen Staaten wie Italien, Frankreich, Großbritannien, Deutschland oder Polen. Da ist der gesellschaftliche Zusammenhalt weitaus stärker als in unseren volkreichen und stark durchmischten Staaten; ich vermute, daß dann auch eine staatliche Einengung leichter zu ertragen ist. Das gilt ja nicht nur für die Krankenversicherung.
wenn wirklich alles was in anderen Ländern besser ist, wie zum Beispiel auch die Demokratie in der Schweiz, nur deshalb funktionieren soll, weil dieser Länder kleiner sind, so sollten wir Deutschland dringend in kleinere Staaten aufteilen, hatten wir ja schonmal.
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
Benutzeravatar
Der Neandertaler
Beiträge: 2694
Registriert: Sa 12. Jul 2008, 03:48
user title: Experimentální králíci

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo Namensvetter.
  • (und da sage noch einer, die Neanderthaler seien ausgestorben ... tz, tz, tz ...)
Neandertaler hat geschrieben:Daß die AfD die Grenzen komplett schließen will ohne ein Experte dafür zu sein bin ich mir sicher deren Vorstellungen gehen Richtung Dänemark nicht Richtung Nordkorea.
Ich bin immer der Meinung, man sollte den Leuten zumindest zuhören. Damit man mit ihnen und nicht nur über sie reden kann. So habe ich auch ein Interview mit stellvertretenden Fraktionschefin der AfD Beatrix von Storch mitbekommen - ich habe es mir angetan, ihr zuzuhören. Ihre Spruchkarte:
  • "Wir können nicht weiter das Sozialamt der Welt sein."
Dem könnte ich ja noch zustimmen - dies könnte ja wohl jeder. Aber wenn sie äußert:
  • "Entweder hat ein Land einen Sozialstaat oder offene Grenzen. Beides gleichzeitig funktioniert nicht. Offene Grenzen sind mit unserer sozialen Ordnung nicht vereinbar."
2016 hatte sie noch geäußert:
  • "Wer das HALT an unserer Grenze nicht akzeptiert, der ist ein Angreifer. Und gegen Angriffe müssen wir uns verteidigen. Die Menschen sind in Österreich in Sicherheit. Es gibt keinen Grund, mit Gewalt unsere Grenze zu überqueren."
Zuvor sagte 2015 der ehemalige Fraktionsvorsitzender der NRW-AfD gegenüber der Deutschen Presse-Agentur:
  • "Die Verteidigung der deutschen Grenze mit Waffengewalt als Ultima Ratio ist eine Selbstverständlichkeit."
Der damalige stellvertretende Parteivorsitzende Alexander Gauland teilte diese Auffassung, indem er wenige Tage später der Zeitung "Handelsblatt" sagte: "ich sehe das genauso."

Also, wenn das nicht nach Grenzschließung ächzst ... ich-weiß-nicht?

Daß sie nun anders reden, ... klar, sie sitzen ja nun auch im Bundestag - sie sind also noch mehr unter (öffentlicher) Beobachtung. So könnte sich der Spitzenkandidat Alexander Gauland nun unter bestimmten Bedingungen ein Einwanderungsgesetz für qualifizierte Fachkräfte vorstellen:
  • "Ein vernünftiges Einwanderungsgesetz heißt, daß man Menschen, die in Deutschland gebraucht werden, die auch auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben, daß man denen dann auch eine solche Chance gibt."
In dem anderen Punkt gebe ich Dir Recht:
  • Einwanderung, auch wenn sie nur zum Arbeiten sein soll - also: die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge, ... dies geht zur Zeit alles nur über den Asylantrag - wird er abgelehnt, liegt uns dieser Probant erst recht "auf der Tasche".
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Neandertaler hat geschrieben:(19 Aug 2018, 09:34)

Schweden ist aber nicht zusammengebrochen sondern hat Jahrzehnte gut funktioniert und dann ein paar Korrekturen vorgenommen. Ein normaler Vorgang in einer Demokratie das es mal ewas in die eine mal etwas in die andere Richtung geht.

Und klar sind die Skandinavier Hochsteuer Länder trotzdem zahlen sie zu denn beliebtesten Auswanderungsländern der deutschen.
Da wäre ich schon etwas neugierig, wie viele junge Schweden sich im Gegenzug in unseren Großstädten der ausgeflippteren Art niedergelassen haben! Etwa Berlin, Köln oder München.
Mein Gefühl sagt mir, daß auch in Schweden der innere Zusammenhalt dieser Gesellschaft eine große Anziehungskraft ausübt. Mein Fall wäre dieses etwas behäbige Land wohl nicht, aber was ich auf Dienstreisen gesehen habe, das hat mir landschaftlich sehr gut gefallen. Mein Sohn klagte jüngst über nahezu unerschwingliche Preise in schwedischen Gaststätten.
wenn wirklich alles was in anderen Ländern besser ist, wie zum Beispiel auch die Demokratie in der Schweiz, nur deshalb funktionieren soll, weil dieser Länder kleiner sind, so sollten wir Deutschland dringend in kleinere Staaten aufteilen, hatten wir ja schonmal.
Aus meiner Sicht ist in kleineren Ländern nicht "alles" besser; wohl aber vieles anders. Mein Bestreben ist eher eine europäische Föderation, in der sich Lebensverhältnisse auf hohem Stand angleichen. Um diesen Stand werden wir in Europa hart ringen müssen.
Boracay
Beiträge: 3976
Registriert: So 30. Dez 2012, 23:26

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Boracay »

Neandertaler hat geschrieben: Schweden ist aber nicht zusammengebrochen sondern hat Jahrzehnte gut funktioniert und dann ein paar Korrekturen vorgenommen. Ein normaler Vorgang in einer Demokratie das es mal ewas in die eine mal etwas in die andere Richtung geht.

Und klar sind die Skandinavier Hochsteuer Länder trotzdem zahlen sie zu denn beliebtesten Auswanderungsländern der deutschen.
Dann nehmen wir doch mal das Achso soziale Dänemark:

- Kündigungsschutz: gibt es nicht, 1/3-1/4 der Dänen verliert jedes Jahr ihren Job.
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Gibt es nur zwei Woche und nur bis zu einer lachhaften Obergrenze
- ALG1: Höhe sehr beschränkt
- Sanktionen: sehr viel heftiger als bei Hartz4
-Flüchtlinge: keine offenen Grenzen

Und das ist das soziale Paradies?
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Boracay hat geschrieben:(19 Aug 2018, 11:44)

Dann nehmen wir doch mal das Achso soziale Dänemark:

- Kündigungsschutz: gibt es nicht, 1/3-1/4 der Dänen verliert jedes Jahr ihren Job.
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Gibt es nur zwei Woche und nur bis zu einer lachhaften Obergrenze
- ALG1: Höhe sehr beschränkt
- Sanktionen: sehr viel heftiger als bei Hartz4
-Flüchtlinge: keine offenen Grenzen

Und das ist das soziale Paradies?
Diese Verhältnisse können aus Ihrer Sicht die wesentlichen Randbedingungen für das Leben in Dänemark sein. Die Dänen fühlen sich darin aber sehr wohl. Wiederholt wurden Dänen als das glücklichste Volk der Welt ermittelt. Das kann dann doch kein Zufall sein.
rain353
Beiträge: 1936
Registriert: Di 5. Dez 2017, 01:37

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von rain353 »

Und was ist mit Nobert Blüm??? Der war auch in der CDU und galt als Herz-Jesu-Marxist.
"Es ist nichts so klein und wenig, woran man sich nicht begeistern könnte." - Friedrich Hölderlin
Benutzeravatar
Katenberg
Beiträge: 12048
Registriert: Mo 12. Dez 2011, 20:06
user title: nationalliberal
Wohnort: Großherzogtum Hessen

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Katenberg »

Wenn ich mir den Anfangstweet schon anschaue, ist ja erstmal die Frage, was soziale Politik überhaupt sein soll. Den Leuten Geldgeschenke auf Kosten Anderer zu machen halte ich nicht gerade für "sozial", zumal auch fraglich bleibt, ob es den angesprochenen wirklich nützt.
Frei nach Ludwig Erhard ist eine freie Wirtschaft automatisch eine soziale, eine freie Gesellschaft vielleicht auch eine soziale(re)?
Will man eine Politik im Sinne der breiten Bevölkerung fahren, wäre es wohl sinnvoller, wenn es leicht ist, zu gründen und aufzubauen, seien es Familie, Gewerbe oder Vermögen. Die sogenannte "Umverteilung" ist genau das Gegenteil, das Fehlanreize setzt, dass die Menschen viel eher am Aufbau, also der Vergrößerung des Kuchens hindert.

Die Gegenposition, sei sie nun konservativ, liberal oder was auch immer, auf die Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Menschen zu setzen, sie von staatlicher Seite soweit wie möglich in Ruhe zu lassen, erscheint mir als der sozialere Weg.
There was blood upon t risers
there were brains upon t chute
Intestines were a-dangling from his paratroopers suit
He was a mess, they picked him up
and poured him from his boots
And he ain't gonna jump no more
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Katenberg hat geschrieben:(19 Aug 2018, 21:30)

Wenn ich mir den Anfangstweet schon anschaue, ist ja erstmal die Frage, was soziale Politik überhaupt sein soll. Den Leuten Geldgeschenke auf Kosten Anderer zu machen halte ich nicht gerade für "sozial", zumal auch fraglich bleibt, ob es den angesprochenen wirklich nützt.
Frei nach Ludwig Erhard ist eine freie Wirtschaft automatisch eine soziale, eine freie Gesellschaft vielleicht auch eine soziale(re)?
Will man eine Politik im Sinne der breiten Bevölkerung fahren, wäre es wohl sinnvoller, wenn es leicht ist, zu gründen und aufzubauen, seien es Familie, Gewerbe oder Vermögen. Die sogenannte "Umverteilung" ist genau das Gegenteil, das Fehlanreize setzt, dass die Menschen viel eher am Aufbau, also der Vergrößerung des Kuchens hindert.

Die Gegenposition, sei sie nun konservativ, liberal oder was auch immer, auf die Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Menschen zu setzen, sie von staatlicher Seite soweit wie möglich in Ruhe zu lassen, erscheint mir als der sozialere Weg.
Völlige Übereinstimmung in fast allen Punkten. In Sachen "Sozialer Marktwirtschaft" meine ich, daß Marktwirtschaft ohne gesetzliche Begrenzung zu Ergebnissen führt, die keineswegs ein gedeihliches Miteinander ermöglichen. Das wäre ein Haifischbecken, in dem die großen allmählich die Kleinen auffressen. Deshalb hatte Ludwig Erhard auch den Wettbewerb um den zahlenden Kunden oben an gestellt, vor allem aber Werkzeuge, die diesen Wettbewerb am Leben halten... etwa Kartellgesetze. Mitarbeiter in Unternehmen sollten ihre Interessen vertreten können, um am Erfolg der Wirtschaft angemessen teilhaben zu können.

Mit der Globalisierung der Wirtschaft und auch von Unternehmen sind aus meiner Sicht manche der sinnvollen Regeln unwirksam geworden. Regierungen von Staaten können nicht gut in die Wirtschaft anderer Staaten einwirken, um wirtschaftliche Übermacht zu zügeln. Noch fehlt eine Ordnungsmacht, die diesen freien Entfaltungsraum auch wieder mit verbindlichen Regeln führt. Auf dem Gebiet gibt es eher ein Gegeneinander von Staaten als ein Miteinander. "Die Wirtschaft" steht darüber und kann Staaten gegeneinander ausspielen.

Durchaus möglich, daß bestimmte Staaten auch gar keine soziale Marktwirtschaft einführen wollen, weil sie andere gesellschaftliche Vorstellungen haben.

Vermutlich müssen wir als Europäer viele Gedanken darauf verwenden, daß wenigstens in unserem großen Wirtschaftsraum eine soziale Marktwirtschaft entsteht, und sie die Herausforderungen der Globalisierung so gestaltet, das sie nicht schleichend verschwindet.
Boracay
Beiträge: 3976
Registriert: So 30. Dez 2012, 23:26

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Boracay »

H2O hat geschrieben:(19 Aug 2018, 14:56)

Diese Verhältnisse können aus Ihrer Sicht die wesentlichen Randbedingungen für das Leben in Dänemark sein. Die Dänen fühlen sich darin aber sehr wohl. Wiederholt wurden Dänen als das glücklichste Volk der Welt ermittelt. Das kann dann doch kein Zufall sein.
Glück ist ein nicht wirklich greifbares Thema. Vorne liegt im Jahr 2018 Finnland trotz hoher Arbeitslosigkeit, extrem hoher Jugendarbeitslosigkeit, viel Alkoholismus und niedrigen Sozialleistungen.

Wenn du Wohlstand vergleichen willst, dann nimm doch bitte den HDI. Da liegt Deutschland vor Dänemark.

Im übrigen bezweifle ich nicht dass ein heftig kapitalistisches Land wie z.B. die Schweiz mit ihrem amerikanischen Arbeitsrecht einen sehr hohen Wohlstand erreichen kann (und auch eher erreichen wird als soziale Staaten). Glücklich sein offensichtlich auch völlig ohne Kündigungsschutz. So führt eine Kündigung eben nicht zum sozialen Stigma sondern ist völlig normal.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Sicher ist Glück kaum meßtechnisch zu erfassen; dennoch gibt es aber ernsthafte Versuche von Soziologen, anhand vieler kleiner Beiträge zum Glück oder Unglück die Gesellschaft zu finden, in der die Glückspunkte sich häufen.

http://www.tt.com/panorama/gesellschaft ... nschen.csp

Leider kommen diese Wertungen dann doch sehr abstrakt in Rangfolgen an die Öffentlichkeit. Wichtig wäre schon eine Art statistischer Verteilung der Glückspunkte. In der genannten Quelle sind Finnen die glücklichsten Menschen der Welt und ihre Zuwanderer gleich noch die glücklichsten Zuwanderer der Welt.

Da reichen schon vernachlässigbare Unterschiede in der Punktewertung, um sich um einen oder gleich mehrere Ränge zu verbessern oder zu verschlechtern. Der Mangel liegt also in der Darstellung glücklicher Völker in Rangfolgen, die das Ausmaß der Unterschiede nicht verdeutlichen.
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Was ist "soziale Politik"?

Wer den Sozialstaat beschwört, hat sich längst mit ganz viel Armut abgefunden, die er gar nicht abgeschafft- sonder nur besser betreut sehen will. Diese reaktionäre Haltung ist bei allen bürgerlichen Parteien zu finden- auch bei der LINKEN. Und leider auch bei denen, die arm sind und sich jetzt "einsammeln" lassen, mit „Aufstehen“.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(20 Aug 2018, 10:04)

Was ist "soziale Politik"?

Wer den Sozialstaat beschwört, hat sich längst mit ganz viel Armut abgefunden, die er gar nicht abgeschafft- sonder nur besser betreut sehen will. Diese reaktionäre Haltung ist bei allen bürgerlichen Parteien zu finden- auch bei der LINKEN. Und leider auch bei denen, die arm sind und sich jetzt "einsammeln" lassen, mit „Aufstehen“.
Hallo,

analytisch ist die These von dem Gesellschaftlichen Beobachter nicht ganz verkehrt. Jedoch ist sie wenig gehaltvoll. Alle diese Parteien erzählen seit Jahrzehnten, dass sie auf die Marktwirtschaft schwören. Zu dieser gehört notwendig die Möglichkeit des Scheiterns mit Folgen, wie auch die Möglichkeit des herausragenden Erfolges samt persönlichem Reichtum in Größenordnungen, die man sich kaum noch als Vielfaches des Durchschnittslohnes ausmalen kann. Eine SPD oder Linke müsste ernsthaft mit Freiheit und Marktwirtschaft brechen wollen, um sich gegen dieses Betreuungswesen für eine fest eingeplante Unterschicht zu stellen. Wieviele würden da folgen wollen?
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(20 Aug 2018, 10:18)
Eine SPD oder Linke müsste ernsthaft mit Freiheit und Marktwirtschaft brechen wollen, um sich gegen dieses Betreuungswesen für eine fest eingeplante Unterschicht zu stellen. Wieviele würden da folgen wollen?
Mit "Freiheit und Marktwirtschaft brechen" wäre nichts anderes als eine sozialistische Revolution. Richtig, da würden heute nicht viele "folgen"- übrigens müsten die lieben Massen das schon selbst machen. Aber sie sind ja so folgsam...

"Heute über "Revolution" oder gar über ihre Notwendigkeit zu debattieren, hat etwas Gespenstisches an sich. Der Kontrast zwischen einem solchen Anliegen und einer Gesellschaft, in der sich die absolute Mehrheit ihrer Bürger regelmäßig per Wahlstimme zur Herrschaftsform der Demokratie und der von ihr verwalteten kapitalistischen Ökonomie bekennt, könnte nicht größer sein." (F. Huisken)
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(20 Aug 2018, 10:18)

Hallo,

analytisch ist die These von dem Gesellschaftlichen Beobachter nicht ganz verkehrt. Jedoch ist sie wenig gehaltvoll. Alle diese Parteien erzählen seit Jahrzehnten, dass sie auf die Marktwirtschaft schwören. Zu dieser gehört notwendig die Möglichkeit des Scheiterns mit Folgen, wie auch die Möglichkeit des herausragenden Erfolges samt persönlichem Reichtum in Größenordnungen, die man sich kaum noch als Vielfaches des Durchschnittslohnes ausmalen kann. Eine SPD oder Linke müsste ernsthaft mit Freiheit und Marktwirtschaft brechen wollen, um sich gegen dieses Betreuungswesen für eine fest eingeplante Unterschicht zu stellen. Wieviele würden da folgen wollen?
Dieser Überlegung kann ich folgen! Ich versuche ein Beispiel aus einer ganz anderen Welt, nämlich dem sportlichen Wettkampf. Da gibt es -zig Veranstaltungen mit Gold, Silber, Bronze und Preisgeldern. Und es gibt Siegertypen, die immer wieder auf dem Treppchen landen und Preisgeld kassieren. Andere gehen ständig leer aus, sind aber für die Wettbewerbe wertvoll, weil sie die Spitzenleister zu immer mehr Leistung zwingen. Da wäre es doch im Sinne der Wettkämpfe klug, diesen "ewigen Verlieren" ebenfalls Preisgelder für die folgenden Plätze zu bezahlen, damit sie weiter machen und sich auch als "ewige Verlierer" weiterhin anstrengen.

Unser Wirtschaftsleben ist natürlich deutlich verzwickter. In Wirtschaftsbetrieben werden nicht sämtliche im Lande verfügbaren Kräfte gebraucht. Aber für die Gesamtgesellschaft ist es sinnvoll, die nicht eingesetzten Kräfte aus öffentlichen Kassen leistungsfähig zu halten, damit sie bei Notwendigkeit und Bedarf als notwendige Mitarbeiter in Betrieben eingesetzt werden können. Leider liegen im Wirtschaftsleben die Dinge nicht so einfach wie im Sport mit der Hoffnung auf Sieg und Platz... aber so ungefähr. Ohne Leistung ist weder hier noch dort ein Blumentopf zu gewinnen.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(20 Aug 2018, 10:33)

Mit "Freiheit und Marktwirtschaft brechen" wäre nichts anderes als eine sozialistische Revolution. Richtig, da würden heute nicht viele "folgen"- übrigens müsten die lieben Massen das schon selbst machen. Aber sie sind ja so folgsam...
Wie folgsam die sind, wenn sie zwischen Kindergeld und Kommunismus wählen sollen, das kann man sich leicht ausrechnen. Ein "Bewegung" könnte allenfalls anführen im Sinne von Popularisierung von Zusammenhängen und Erkenntnissen, Popularisierung eines mutigen Standpunktes gegenüber all den Notwendigkeiten, denen man doch nicht so leicht auskommt. Aus der Sicht eines Wahlwerbers ist das alles anstrengender Klimbim, Zusatzarbeit, die noch dazu bestimmte Milieus verschreckt und kurzfristig zu nichts konkretem führt. Da ist bei Wagenknecht nichts zu holen, bei Kippings "Utopien schaffen" und "weiterdenken, hinterfragen" erst recht nichts.

"Heute über "Revolution" oder gar über ihre Notwendigkeit zu debattieren, hat etwas Gespenstisches an sich. Der Kontrast zwischen einem solchen Anliegen und einer Gesellschaft, in der sich die absolute Mehrheit ihrer Bürger regelmäßig per Wahlstimme zur Herrschaftsform der Demokratie und der von ihr verwalteten kapitalistischen Ökonomie bekennt, könnte nicht größer sein." (F. Huisken)
Auch diese Erkenntnis ist älter als "Die Linke". Das Dilemma des Reformismus und seiner populistisch-innerparteilichen Kritikasterei von links ist doch ein alter Hut.
"Im Übrigen fängt Kritik nicht damit an, daß sie an sich die kri­tische Frage stellt, ob sie weitergeht, praktisch und konstruktiv ist. Sie beginnt damit, daß man sich Rechenschaft ablegt darüber, woher all das kommt, was man als Belästigung und Schaden wahr­nimmt. Wer auf das bißchen Ursachenforschung verzichtet, vertut sich womöglich im Engagement, sucht sich Ort, Zeit und Adressat wie Gegner seiner Bemühungen verkehrt aus. Dann vergeht seine Ju­gend, und er war in Gorleben zelten, hat seine Zeit im Frauenbuchladen verplempert und Grüne gewählt, während die Klassengesellschaft funktioniert, daß es kracht."
(Die Klassen (II), MSZ - Gegen die Kosten der Freiheit - Dem Satzbau nach vermutlich Theo Wentzke oder Karl Held)
Besser, das zu lassen. Aber 10 Euro sind eben 10 Euro.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(20 Aug 2018, 10:47)

Wie folgsam die sind, wenn sie zwischen Kindergeld und Kommunismus wählen sollen, das kann man sich leicht ausrechnen. Ein "Bewegung" könnte allenfalls anführen im Sinne von Popularisierung von Zusammenhängen und Erkenntnissen, Popularisierung eines mutigen Standpunktes gegenüber all den Notwendigkeiten, denen man doch nicht so leicht auskommt. Aus der Sicht eines Wahlwerbers ist das alles anstrengender Klimbim, Zusatzarbeit, die noch dazu bestimmte Milieus verschreckt und kurzfristig zu nichts konkretem führt. Da ist bei Wagenknecht nichts zu holen, bei Kippings "Utopien schaffen" und "weiterdenken, hinterfragen" erst recht nichts.




Auch diese Erkenntnis ist älter als "Die Linke". Das Dilemma des Reformismus und seiner populistisch-innerparteilichen Kritikasterei von links ist doch ein alter Hut.

Besser, das zu lassen. Aber 10 Euro sind eben 10 Euro.
Ja, richtig. Politik ist keine Wissenschaft. In der Wissenschaft findest du allerdings Erkenntnisse, die wahr sind. Egal, wie alt sie sind.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Betrachter hat geschrieben:(20 Aug 2018, 10:55)

Ja, richtig. Politik ist keine Wissenschaft. In der Wissenschaft findest du allerdings Erkenntnisse, die wahr sind. Egal, wie alt sie sind.
Gelegentlich werden auch in der Wissenschaft, sogar in den Naturwissenschaften,
Erkenntnisse/Gesetzmäßigkeiten nur noch in Teilbereichen sinnvoll anwendbar, und wenn man weiter in den Nebel vordringt, dann sind sie nicht mehr brauchbar. Und so manches hochkomplizierte Verfahren verschwindet völlig, obwohl sich tausende von Wissenschaftlern damit und mit Verbesserungen daran befaßt hatten.

In der Naturwissenschaft haben wir die Forderung, daß eine Erkenntnis unter kontrollierten Versuchsbedingungen wieder und wieder zum bekannten Ergebnis führt. Das gibt es auf meinem Kenntnisstand in den Geisteswissenschaften so leider nicht.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(20 Aug 2018, 10:55)

Ja, richtig. Politik ist keine Wissenschaft. In der Wissenschaft findest du allerdings Erkenntnisse, die wahr sind. Egal, wie alt sie sind.
Ja, Erkenntnisse sind, solange der Gegenstand sich nicht ändert, dauerhaft (oder falsch). Unter der Überschrift "konservative und soziale Politik unvereinbar" findet aber nicht das Durchschauen der gesellschaftlichen Konflikte in diesem Sinne statt. Eine soziale Politik im Sinne einer echten Abschaffung der Zustände, die diese ergänzenden Sozialsysteme sinnvoll erscheinen lassen, scheitert schon an Worten. Nicht wenige würden schon darüber diskutieren, ob ein Leben in ALG II überhaupt eine Armut ist.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

H2O hat geschrieben:(20 Aug 2018, 11:09)


In der Naturwissenschaft haben wir die Forderung, daß eine Erkenntnis unter kontrollierten Versuchsbedingungen wieder und wieder zum bekannten Ergebnis führt. Das gibt es auf meinem Kenntnisstand in den Geisteswissenschaften so leider nicht.
Ja, der schöne Pluralismus in den bürgerlichen Wissenschaften. Es wäre doch auch höchst komisch, wenn an einer UNI erklärt werden würde, was Kapitalismus ist.
Und nicht, warum es ihn gab (Historiker tun das gern) und welche verschiedenen Meinungen es zu Marx gibt.
Marx wird schon besprochen aber vor allem als "Philosoph" oder "Soziologe". Dabei war er, wenn überhaupt etwas, Ökonom.

Hier eine marxistische Betrachtung des Pluralismus: http://www.wissenschaftskritik.de/der-p ... n-vortrag/
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(20 Aug 2018, 11:18)

Ja, Erkenntnisse sind, solange der Gegenstand sich nicht ändert, dauerhaft (oder falsch). Unter der Überschrift "konservative und soziale Politik unvereinbar" findet aber nicht das Durchschauen der gesellschaftlichen Konflikte in diesem Sinne statt. Eine soziale Politik im Sinne einer echten Abschaffung der Zustände, die diese ergänzenden Sozialsysteme sinnvoll erscheinen lassen, scheitert schon an Worten. Nicht wenige würden schon darüber diskutieren, ob ein Leben in ALG II überhaupt eine Armut ist.
"Sozial" ist Politik immer- gesellschaftlich eben. Die Frage ist, welchen Interessen nützt sie. Das dürfte in der wesentlichsten "sozialen" Frage, dem Eigentum, leicht zu beantworten sein. Auch dies zu vermitteln, ist schwer, ich weiß. Es beginnt oft damit, jemandem sagen zu müssen: "Kein Kommunist will deine Zahnbürste klauen. Aber deine Zahnbürstenfabrik, die wird vergesellschftet."

"Konservative und soziale Politik" ist fast das Gleiche. Auch die LINKE ist konservativ mit ihren Rufen nach "Gerechtigkeit" und allerlei Forderungen nach besserer Armutsbetreuung.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(20 Aug 2018, 11:35)

"Sozial" ist Politik immer- gesellschaftlich eben. Die Frage ist, welchen Interessen nützt sie. Das dürfte in der wesentlichsten "sozialen" Frage, dem Eigentum, leicht zu beantworten sein. Auch dies zu vermitteln, ist schwer, ich weiß. Es beginnt oft damit, jemandem sagen zu müssen: "Kein Kommunist will deine Zahnbürste klauen. Aber deine Zahnbürstenfabrik, die wird vergesellschftet."
Die typische Befassung mit Kommunismus endet heute meist nicht mit der Frage, was aus deiner aktuellen Zahnbürste wird, sondern mit der, wann du die nächste bekommen kannst. Man verweist dabei gern auf Kuba, auf Venezuela, auf die DDR - wie passend oder unpassend das auch ist. Marktwirtschaft schafft die Dinge, die du willst, in den Laden. "Im Kommunismus" gibt es nur eine Sorte Zahnbürste und die ist nur donnerstags für 12 Stunden zu haben. Auch bei "kleinen Leuten" und "dem Mittelstand" (also etwas begüterten Angestellten, echter Mittelstand ist zahlenmäßig wurscht) dreht sich die Angst vor der Enteignung selten um die eigenen zweieinhalb abbezahlten Wände sondern um Konsummöglichkeiten einerseits, "Arbeitsplätze" andererseits. Wie die Zahnbürste vom Laden in dein Bad kommt, ist da noch gar nicht Thema.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Benutzeravatar
Neandertaler
Beiträge: 1699
Registriert: Mi 25. Mär 2009, 09:28
user title: neoliberalerSteinzeitkommunist

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Neandertaler »

Boracay hat geschrieben:(20 Aug 2018, 07:47)

Im übrigen bezweifle ich nicht dass ein heftig kapitalistisches Land wie z.B. die Schweiz mit ihrem amerikanischen Arbeitsrecht einen sehr hohen Wohlstand erreichen kann (und auch eher erreichen wird als soziale Staaten). Glücklich sein offensichtlich auch völlig ohne Kündigungsschutz. So führt eine Kündigung eben nicht zum sozialen Stigma sondern ist völlig normal.
Ich halte die Schweiz für wesentlich sozialer als Deutschland. Die Leistungen sind höher und der Umgang mit den betroffenen ist ein ganz anderer.

Aber wir können natürlich immer bei einzelnen Ländern einzelne Punkte herausgreifen, warum dieses oder jenes Land nun kapitalistischer oder sozialistischer sein soll als Deutschland.
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
Benutzeravatar
Neandertaler
Beiträge: 1699
Registriert: Mi 25. Mär 2009, 09:28
user title: neoliberalerSteinzeitkommunist

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Neandertaler »

Katenberg hat geschrieben:(19 Aug 2018, 21:30)

Die Gegenposition, sei sie nun konservativ, liberal oder was auch immer, auf die Eigenverantwortung und Selbstorganisation der Menschen zu setzen, sie von staatlicher Seite soweit wie möglich in Ruhe zu lassen, erscheint mir als der sozialere Weg.
Wie leben nicht mehr in quasi autarken einsamen mittelalterlichen Dörfern. Die Frage in unserem hochkomplexen mit eineinander Verwobenen Gesellschaften ist nicht ob der Staat eingreift sondern wie.

Und oft ist der Ruf nach weniger Staat ein verklausoliertes der Staat hat meinen Reichtum zu schützen und zu mehren aber die Probleme der anderen gehen mich nichts an.

Oder zu deinen Ausgangspost der Staat kann Selbstorganisation fördern oder behindern, sich neutral einfach raushalten geht in einer vielfach von Staat geprägten Gesellschaft nicht mehr.
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
Benutzeravatar
Neandertaler
Beiträge: 1699
Registriert: Mi 25. Mär 2009, 09:28
user title: neoliberalerSteinzeitkommunist

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Neandertaler »

Boracay hat geschrieben:(19 Aug 2018, 11:44)

Dann nehmen wir doch mal das Achso soziale Dänemark:

- Kündigungsschutz: gibt es nicht, 1/3-1/4 der Dänen verliert jedes Jahr ihren Job.
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Gibt es nur zwei Woche und nur bis zu einer lachhaften Obergrenze
- ALG1: Höhe sehr beschränkt
- Sanktionen: sehr viel heftiger als bei Hartz4
Du weißt so gut wie ich das das nur die eine Seite der Medaille ist.

-Flüchtlinge: keine offenen Grenzen
Offene Grenze auf der einen und Hochlohnland, Sozial bzw. gar Wohlfahrtsstaat auf der anderen Seite sind ja auch sich kontrahierende Ziele.
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(20 Aug 2018, 12:22)

"Im Kommunismus" gibt es nur eine Sorte Zahnbürste und die ist nur donnerstags für 12 Stunden zu haben.
Du setzt selbst "Kommunismus" in Anführungszeichen. Dann lass uns einen Thread mit dem Thema "Fehler des "Realsozialismus" aufmachen.
Siehe Gewinnwirtschaft, Lohnsystem und Direktvergleich mit Kapitalismus.
Boracay
Beiträge: 3976
Registriert: So 30. Dez 2012, 23:26

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Boracay »

Neandertaler hat geschrieben:(20 Aug 2018, 12:49)
Ich halte die Schweiz für wesentlich sozialer als Deutschland.
Dann beleuchten wir die soziale Schweiz mal näher:
- Betriebsräte gibt es nicht
- Kündigungsschutz gibt es nicht
- Kindergeld liegt auf deutschem Niveau, kaufkraftbereinigt ca. die Hälfte
- Familienversicherung gibt es nicht, du darfst jedes Familienmitglied extra versichern und zahlst noch monströse Selbstbehalte
- Sozialhilfe liegt kaufkraftbereinigt auf dem Niveau von Hartz 4, um die zu bekommen musst du erst mal dein Vermögen aufbrauchen (gab es schon lange vor Hartz 4)
- Sanktionen gab es ebenfalls schon immer
- Sozialhilfe kann zurück gefordert werden wenn sich die Situation ändert
- Vermögensschonbetrag ist niedriger als in Deutschland obwohl die Lebenshaltungskosten drastisch höher sind
- Kita usw. für ein 200€ im Monat ist für Schweizer nicht mal erträumbar. Da bist du schnell 1.000 - 3.500 CHF im Monat los
- Urlaub ist ein Witz
- Wochenarbeitszeit ist höher als in Deutschland
...-
Die Leistungen sind höher und der Umgang mit den betroffenen ist ein ganz anderer.
Was? Viel strenger als in D?

Die Schweiz als besonders sozial darzustellen ist ja wohl der Witz des Jahrhunderts? was kommt als nächstes? Die USA als der kommunistische Traum?

Das oben genannte funktioniert wunderbar, weil es die üblichen Schnorrer (gerade jetzt im Sommer sind die typischen Hartz 4 Eltern im Freibad zu sehen, fette Deutsche Alleinerziehende und Migranten) nicht duldet. Generationen die vom Staat leben sind so nicht möglich.
Zuletzt geändert von Boracay am Mo 20. Aug 2018, 21:07, insgesamt 1-mal geändert.
Boracay
Beiträge: 3976
Registriert: So 30. Dez 2012, 23:26

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Boracay »

Neandertaler hat geschrieben:(20 Aug 2018, 13:07)

Du weißt so gut wie ich das das nur die eine Seite der Medaille ist.
Und die heißt? Weiterbildungen? Das sollte man mal versuchen in D einzuführen, die Linken Vollpfosten hier im Forum würden von Zwangsarbeit schreien und sich die Sackhaare einzel ausrupfen.

Es gibt kein Land auf der Welt in dem man so einfach gar nix tun kann wie in Deutschland (Ausnahme sind vielleicht Ölstaaten), aber da heulen die Linken immer noch und schreien "Zwangsarbeit" und "Ausbeutung".
Benutzeravatar
TheManFromDownUnder
Beiträge: 11029
Registriert: Do 8. Feb 2018, 04:54
Wohnort: Queensland Australien

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Boracay hat geschrieben:(20 Aug 2018, 21:01)




Was? Viel strenger als in D?

Die Schweiz als besonders sozial darzustellen ist ja wohl der Witz des Jahrhunderts? was kommt als nächstes? Die USA als der kommunistische Traum?

Das oben genannte funktioniert wunderbar, weil es die üblichen Schnorrer (gerade jetzt im Sommer sind die typischen Hartz 4 Eltern im Freibad zu sehen, fette Deutsche Alleinerziehende und Migranten) nicht duldet. Generationen die vom Staat leben sind so nicht möglich.
Dann ist es auch so (falls ich mich recht erinnere), das die Schweizer wesentlich zufriedenere Buerger sind als die Deutschen?
Support the Australian Republican Movement
Benutzeravatar
TheManFromDownUnder
Beiträge: 11029
Registriert: Do 8. Feb 2018, 04:54
Wohnort: Queensland Australien

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Betrachter hat geschrieben:(20 Aug 2018, 11:35)

"Sozial" ist Politik immer- gesellschaftlich eben. Die Frage ist, welchen Interessen nützt sie. Das dürfte in der wesentlichsten "sozialen" Frage, dem Eigentum, leicht zu beantworten sein. Auch dies zu vermitteln, ist schwer, ich weiß. Es beginnt oft damit, jemandem sagen zu müssen: "Kein Kommunist will deine Zahnbürste klauen. Aber deine Zahnbürstenfabrik, die wird vergesellschftet."

"Konservative und soziale Politik" ist fast das Gleiche. Auch die LINKE ist konservativ mit ihren Rufen nach "Gerechtigkeit" und allerlei Forderungen nach besserer Armutsbetreuung.
Ich habe bereits weiter oben geschrieben, das konservative bessere Sozialpolitik betreiben als Sozialisten, ganz einfach weil sie besser haushalten und nicht auf Pump "soziales" finanzieren.

Sozialpolitik ist auch stark wahhpolitisch bedingt und nicht nur ideologisch. Eine Partei bzw deren Vertreter wollen gewaehlt werden. Die Mehrheit des Wahlvolkes versteht keine komplexen Wahlprogramme und Zukunftsvisionen. Sie verstehen aber Kindergeld, Mutterschaftsurlaub, Arbeitlosengeld und waehlen dementsprechend.

Gute Politik hat immer einen sozialen Aspekt. Die Gewaehlten nennt man ja nicht umsonst Volksvertreter.

Soziale Rahmenbedingungen wie

Erschwingliche "commodities" also Elektrizitaet, Gas und Wasser und Sicherung der Energieerzeugung und Verteilung
Gesundheitswesen
Ausbildungswesen (Schulen, Universitaeten)
Erschwingliche Wohnungen
Altersversorgung

sollten selbstverstaendlich sein und gekoppelt mit

Innerer und auesserer Sicherheit
Kaufkraft der Waehrung staerken und Hilfe zur Vermoegensbildung
Massnahmen die Wohlfahrtsabhaengigkeit verhindern und Unabahengigkeit foerdern. Dazu gehoeren auch gute Rahmenbedingungen fuer junge start up Unternehmen
Lebensqualitaet durch Umweltschutz und gute Infrastruktur,

Sicher kann man diese Liste ergaenzen.

Gute Sozialpolitik bedeuted nicht es allen Recht machen zu wollen oder alle gleich machen zu wollen.
Support the Australian Republican Movement
Boracay
Beiträge: 3976
Registriert: So 30. Dez 2012, 23:26

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Boracay »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(21 Aug 2018, 02:45)

Dann ist es auch so (falls ich mich recht erinnere), das die Schweizer wesentlich zufriedenere Buerger sind als die Deutschen?
Das will ich in keinster Weise bezweifeln. Generationen von Schnorrern (davon ein Großteil Migranten) durch zu füttern macht eben nicht glücklich und zufrieden.

CH macht alles richtig, ohne soziale Wohltaten.
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(21 Aug 2018, 03:08)
Gute Politik hat immer einen sozialen Aspekt. Die Gewaehlten nennt man ja nicht umsonst Volksvertreter.
Du fällst auf die Urlüge der Demokratie herein: Dass Regieren etwas ganz anderes wäre als Herrschen, Unterdrücken.
Dass die Unterdrückten notwendig arm sind, macht ja erst einen Sozialstaat notwendig, der diese Leute arbeitsfähig erhalten und den "sozialen Frieden" erhalten will.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(21 Aug 2018, 07:42)

Du fällst auf die Urlüge der Demokratie herein: Dass Regieren etwas ganz anderes wäre als Herrschen, Unterdrücken.
Dass die Unterdrückten notwendig arm sind, macht ja erst einen Sozialstaat notwendig, der diese Leute arbeitsfähig erhalten und den "sozialen Frieden" erhalten will.
Die Rede von der Unterdrückung ist mißverständlich. Die Demokratie (demos - Volk, kratein - Herrschaft), wie fast jede Form der Herrschaft, fußt darauf, dass die Beherrschten die Herrschaft in Grundzügen goutieren. Der Staat tritt dem Beherrschten zwar in konkreten Fällen als eine Gewalt gegenüber, gegen die er einzeln nicht ankommen kann, im Allgemeinen nimmt der Beherrschte aber die Funktionen des Staates als richtig wahr. Gutes Kindergeld, böses Finanzamt. Die prinzipielle Zustimmung zur Herrschaft drückt sich auch aus in der Teilnahme an der Wahl. In der Wahl gibt der Einzelne ganz wörtlich seine Stimme ab - er trägt zu einer Ermächtigung auf Zeit bei und akzeptiert das Ergebnis, wie auch immer es ausfällt als gültig. Unter diesen Umständen ist Unterdrückung ein unangebrachtes Sprachbild. Die Menschen werden dir da intuitiv widersprechen. Sie stehen nicht prinzipiell im Konflikt mit der vorfindlichen Ordnung.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(21 Aug 2018, 08:36)

Die Rede von der Unterdrückung ist mißverständlich. Die Demokratie (demos - Volk, kratein - Herrschaft), wie fast jede Form der Herrschaft, fußt darauf, dass die Beherrschten die Herrschaft in Grundzügen goutieren. Der Staat tritt dem Beherrschten zwar in konkreten Fällen als eine Gewalt gegenüber, gegen die er einzeln nicht ankommen kann, im Allgemeinen nimmt der Beherrschte aber die Funktionen des Staates als richtig wahr. Gutes Kindergeld, böses Finanzamt. Die prinzipielle Zustimmung zur Herrschaft drückt sich auch aus in der Teilnahme an der Wahl. In der Wahl gibt der Einzelne ganz wörtlich seine Stimme ab - er trägt zu einer Ermächtigung auf Zeit bei und akzeptiert das Ergebnis, wie auch immer es ausfällt als gültig. Unter diesen Umständen ist Unterdrückung ein unangebrachtes Sprachbild. Die Menschen werden dir da intuitiv widersprechen. Sie stehen nicht prinzipiell im Konflikt mit der vorfindlichen Ordnung.
Das ist doch aber nur ein Teil der Wahrheit... die Zustimmung in Wahlen. Der andere Teil, nämlich die Möglichkeit der Mitgestaltung der Herrschaft scheint dabei gar keine Rolle zu spielen. Nun mag es die eine oder andere Entartung geben, etwa durch "Politiker von der Wiege bis zur Bahre". Aber grundsätzlich hat erst einmal jeder volljährige Deutsche die Möglichkeit, sich über politische Parteien als Mitglied oder als Unabhängiger um Mitgestaltung der Herrschaft zu bewerben, und es liegt an den Wahlberechtigten, ihm diese Aufgabe zu erteilen. In der Natur von Wahlen liegt aber die Auswahl von Bewerbern in einem Wettbewerb um die größtmögliche Zustimmung. Ich meine, daß darin der große Unterschied zu anderen Herrschaftsformen liegt.
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(21 Aug 2018, 08:36)

Die Rede von der Unterdrückung ist mißverständlich. Die Demokratie (demos - Volk, kratein - Herrschaft), wie fast jede Form der Herrschaft, fußt darauf, dass die Beherrschten die Herrschaft in Grundzügen goutieren. Der Staat tritt dem Beherrschten zwar in konkreten Fällen als eine Gewalt gegenüber, gegen die er einzeln nicht ankommen kann, im Allgemeinen nimmt der Beherrschte aber die Funktionen des Staates als richtig wahr. Gutes Kindergeld, böses Finanzamt. Die prinzipielle Zustimmung zur Herrschaft drückt sich auch aus in der Teilnahme an der Wahl. In der Wahl gibt der Einzelne ganz wörtlich seine Stimme ab - er trägt zu einer Ermächtigung auf Zeit bei und akzeptiert das Ergebnis, wie auch immer es ausfällt als gültig. Unter diesen Umständen ist Unterdrückung ein unangebrachtes Sprachbild. Die Menschen werden dir da intuitiv widersprechen. Sie stehen nicht prinzipiell im Konflikt mit der vorfindlichen Ordnung.
Dass sich das gute Proletariat falsche Gedanken zu seiner Unterdrückung macht, ändert nichts an seiner objektiven Unterdrückung. Unterdrückt werden die Leute in ihrer

- Zeit. „Ich habe keine Zeit“ ist eine allseits anerkannte Absage an die Bedürfnisse ihrer Lieben, gemeinsam Zeit zu verbringen.

- Gesundheit. „Mir geht’s heute nicht gut“, „Ich habe immer mehr Schmerzen“, „Wofür habe ich mein Leben lang gearbeitet- um als Rentner ständig beim Arzt zu sitzen?“- alles bekannte Belege dafür, dass Gesundheit unterdrückt wird, weil Lohnarbeit eben ihre unvermeidlichen Folgen hat.

- Bedürfnisentwicklung. Wie viele Rentner langweilen sich, weil sie ihr Leben lang nicht dazu kamen, vernünftige Hobbys zu entwickeln? Wie viele haben ständig Streit mit ihrem lieben Gatten, weil sie sich daran gewöhnt haben, dem anderen kaum zuzuhören und weil sie in engen Wohnungen leben müssen, wo ihnen der andere ständig auf den Zeiger geht? Das Bedürfnis nach einem freundlichen Miteinander mag vorhanden sein, doch wie kann es sich entwickeln und befriedigt werden in den gegeben, ihnen aufgeherrschten Verhältnissen?

Ein „notwendig falsches Bewusstsein“ (Marx, der alte Idiot, hätte mal lieber sagen sollen „falsches Bewusstsein“, das reicht doch) ist kein notwendig falsches Sein. Notwendig falsch wird das Leben erst, wenn man sich dauernd falsche Gedanken dazu macht. Das richtige Leben kann sehr wohl im falschen Leben vorhanden sein, nämlich mit den richtigen Gedanken dazu.

Die Leute widersprechen all dem in ihrer Mehrheit, jawohl. Aber nicht „intuitiv“, sondern aus Dummheit, die ihnen eingeblasen wurde.
Diese Dummheit braucht es bereits „für die geistige Ausstattung der Heranwachsenden. Gefordert ist sie für Leistungen, die mündige Bürger ständig zu erbringen haben: nämlich für die freiwillige Unterordnung unter alle Zwänge und Sachzwänge dieser Gesellschaft. Und weil die Lebensplanung aller Bürger in der Konkurrenzgesellschaft nicht aufgehen kann, deswegen gehört zu den Dummheiten, die man lernen soll, auch die Ausstattung des Verstandes mit lauter falschen Urteilen über die Gründe, warum das mit Karriere und Selbstverwirklichung so häufig nicht klappt.“ (F. Huisken)
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(21 Aug 2018, 09:28)

Das ist doch aber nur ein Teil der Wahrheit... die Zustimmung in Wahlen. Der andere Teil, nämlich die Möglichkeit der Mitgestaltung der Herrschaft scheint dabei gar keine Rolle zu spielen. Nun mag es die eine oder andere Entartung geben, etwa durch "Politiker von der Wiege bis zur Bahre". Aber grundsätzlich hat erst einmal jeder volljährige Deutsche die Möglichkeit, sich über politische Parteien als Mitglied oder als Unabhängiger um Mitgestaltung der Herrschaft zu bewerben, und es liegt an den Wahlberechtigten, ihm diese Aufgabe zu erteilen. In der Natur von Wahlen liegt aber die Auswahl von Bewerbern in einem Wettbewerb um die größtmögliche Zustimmung. Ich meine, daß darin der große Unterschied zu anderen Herrschaftsformen liegt.
Die Parteien nehmen an der Herrschaft nicht unmittelbar teil. Die Gesetzgebung liegt beim Parlament, das von den Bürgern unmittelbar gewählt wird. Die praktische Herrschaft innerhalb der Gesetze liegt bei der Regierung, die vom Parlament abhängt, also vom Wähler nur mittelbar. Die Kontrollinstanz in Form der Gerichte, Rechnungshöfe usw ist relativ weit vom direkten Zugriff der Regierung abgekoppelt.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Stoner

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Stoner »

Betrachter hat geschrieben:(21 Aug 2018, 09:35)

Proletariat
Wen umfasst das Proletariat Ihrer Meinung nach heute?
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(21 Aug 2018, 09:44)

Die Parteien nehmen an der Herrschaft nicht unmittelbar teil. Die Gesetzgebung liegt beim Parlament, das von den Bürgern unmittelbar gewählt wird. Die praktische Herrschaft innerhalb der Gesetze liegt bei der Regierung, die vom Parlament abhängt, also vom Wähler nur mittelbar. Die Kontrollinstanz in Form der Gerichte, Rechnungshöfe usw ist relativ weit vom direkten Zugriff der Regierung abgekoppelt.
Nein, das hervorstechende Merkmal ist schon, daß jeder unbescholtene volljährige Deutsche sich für die Volksvertretung zur Wahl stellen kann (grundsätzlich). Er kann sich also an der Ausübung der Herrschaft beteiligen. Er kontrolliert so auch die Regierung, die ihm in Zweifelsfragen Rechenschaft ab zu legen hat. Er kontrolliert im Ernstfall sämtliche Organe der Machtausübung, auch die der Gerichte und Verwaltungen. Natürlich gibt es hier viele "Wenn und Aber". Im Grundsätzlichen trifft aber wohl doch zu, daß auch in einer repräsentativen Demokratie unserer Art das Volk über sich selbst herrscht.

Mich wundert, daß dieser Sachverhalt so weit in den Hintergrund getreten ist.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

MäckIntaier hat geschrieben:(21 Aug 2018, 09:53)

Wen umfasst das Proletariat Ihrer Meinung nach heute?
Aus meiner Sicht alle Menschen, die nur weisungsgebunden ihre Erwerbsarbeit verrichten, sie also nicht mitgestalten... aus Mangel an Gestaltungswillen oder an Durchdringung durchführbarer Veränderungen.
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

MäckIntaier hat geschrieben:(21 Aug 2018, 09:53)

Wen umfasst das Proletariat Ihrer Meinung nach heute?
Das Proletariat (von lateinisch proles ‚die Nachkommenschaft‘) beinhaltet alle Nachkommen von Menschen, die kein Eigentum hatten, außer ihrer Arbeitskraft. Klingt etwas dämlich- aber für die Herkunft des Begriffs kann ich nichts.

Proletarier sind Eigentumslose, die nichts haben als ihre Arbeitskraft. Du magst einwenden, Arbeiter haben doch alles Mögliche- bis hin zum Auto. All das dient ihnen jedoch hauptsächlich dazu, ihre Arbeitskraft zu reproduzieren. Sie bleiben lebenslang abhängig von Kapitalisten und dem Staat.
Im Gegensatz zu jenen, welche nicht arbeiten müssen, um leben zu können.
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(21 Aug 2018, 09:35)

Dass sich das gute Proletariat falsche Gedanken zu seiner Unterdrückung macht, ändert nichts an seiner objektiven Unterdrückung. Unterdrückt werden die Leute in ihrer

- Zeit. „Ich habe keine Zeit“ ist eine allseits anerkannte Absage an die Bedürfnisse ihrer Lieben, gemeinsam Zeit zu verbringen.

- Gesundheit. „Mir geht’s heute nicht gut“, „Ich habe immer mehr Schmerzen“, „Wofür habe ich mein Leben lang gearbeitet- um als Rentner ständig beim Arzt zu sitzen?“- alles bekannte Belege dafür, dass Gesundheit unterdrückt wird, weil Lohnarbeit eben ihre unvermeidlichen Folgen hat.

- Bedürfnisentwicklung. Wie viele Rentner langweilen sich, weil sie ihr Leben lang nicht dazu kamen, vernünftige Hobbys zu entwickeln? Wie viele haben ständig Streit mit ihrem lieben Gatten, weil sie sich daran gewöhnt haben, dem anderen kaum zuzuhören und weil sie in engen Wohnungen leben müssen, wo ihnen der andere ständig auf den Zeiger geht? Das Bedürfnis nach einem freundlichen Miteinander mag vorhanden sein, doch wie kann es sich entwickeln und befriedigt werden in den gegeben, ihnen aufgeherrschten Verhältnissen?
Lassen wir mal die Liebe aus dem Spiel. Da erhoffen sich die Leut teilweise von den Partnern eine Breite an Zuwendungen, die ein einzelner Mensch nur schwer aufbringen kann, ohne selbst unglücklich zu sein (und dann praktisch auch nicht).

Es ist richtig, Arbeit macht Arbeit. Arbeit raubt freie Zeit, Arbeit belastet Körper und Geist. Wer total ausgelaugt ist, guckt vielleicht abends nur noch Lindenstraße und wartet auf den blow job. Da fehlt jetzt aber der Bezug zwischen Demokratie, Marktwirtschaft und Arbeit. Arbeiten musste man auch im Feudalismus, im Realsozialismus oder in Syrien. Und nicht zu knapp. Was ist das besondere an Arbeit unter Demokratie und Marktwirtschaft, das dich an Unterdrückung denken lässt?
Ein „notwendig falsches Bewusstsein“ (Marx, der alte Idiot, hätte mal lieber sagen sollen „falsches Bewusstsein“, das reicht doch) ist kein notwendig falsches Sein. Notwendig falsch wird das Leben erst, wenn man sich dauernd falsche Gedanken dazu macht. Das richtige Leben kann sehr wohl im falschen Leben vorhanden sein, nämlich mit den richtigen Gedanken dazu.
Zur Arbeit kannst du dir denken, was du willst. Du wirst ihr nur bedingt auskommen hier oder anderswo.
Diese Dummheit braucht es bereits „für die geistige Ausstattung der Heranwachsenden. Gefordert ist sie für Leistungen, die mündige Bürger ständig zu erbringen haben: nämlich für die freiwillige Unterordnung unter alle Zwänge und Sachzwänge dieser Gesellschaft. Und weil die Lebensplanung aller Bürger in der Konkurrenzgesellschaft nicht aufgehen kann, deswegen gehört zu den Dummheiten, die man lernen soll, auch die Ausstattung des Verstandes mit lauter falschen Urteilen über die Gründe, warum das mit Karriere und Selbstverwirklichung so häufig nicht klappt.“ (F. Huisken)
Heranwachsende lernen zunächst einmal, dass der Bäcker Brot backt, damit man welches kaufen und essen kann. Dass die Eltern auf die Arbeit gehen, damit sie Geld haben und Brot kaufen können. Die jeweilige Arbeit wird aus ihrem unmittelbaren Nutzen erklärt: Autos bauen, Feuer löschen, Fische fangen, Kinder hüten, Astronaut (wozu ist der eigentlich gut? Klar, für die Raumfahrt), sogar der Polizist, der die Bösen fängt. Der Schüler mit der schlechten Note lernt später, dass er zu faul war, nicht genug aufgepasst hat, sich nicht konzentriert hat - oder dass er leider dumm ist und schlecht lernt. Man sagt heute nicht mehr dumm, aber im Effekt ist es das. In jedem Fall liegt die schlechte Note an ihm selbst, wie er sich bemüht und wie er kann. Damit ist sein weiterer Lebensweg in Ansätzen vorgezeichnet.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(21 Aug 2018, 09:59)

Nein, das hervorstechende Merkmal ist schon, daß jeder unbescholtene volljährige Deutsche sich für die Volksvertretung zur Wahl stellen kann (grundsätzlich). Er kann sich also an der Ausübung der Herrschaft beteiligen.
Beteiligung an der Herrschaft geht los, wenn du gewählt bist. Zur Wahl stellen ist erstmal nichts.
Im Grundsätzlichen trifft aber wohl doch zu, daß auch in einer repräsentativen Demokratie unserer Art das Volk über sich selbst herrscht.
Mich wundert, daß dieser Sachverhalt so weit in den Hintergrund getreten ist.
Es ist nüchtern betrachtet nur in einem sehr abstrakten Sinn wahr, dass "das Volk" herrscht. Die Kontrolle des Parlaments durch die Nichtgewählten ist eine reine Fiktion. Gegen den Willen des Parlaments ist es nicht vorzeitig durch das Volk auflösbar. (Der genaue Mechanismus ist sogar etwas komplexer, tut hier aber nichts zur Sache). Es bleibt allenfalls die Drohung mit dem nächsten Wahltermin, der potentiell andere Gewählte ermächtigt, die dann auch wieder frei sind in ihrem Mandat.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(21 Aug 2018, 10:56)

Es ist richtig, Arbeit macht Arbeit. Arbeit raubt freie Zeit, Arbeit belastet Körper und Geist. Wer total ausgelaugt ist, guckt vielleicht abends nur noch Lindenstraße und wartet auf den blow job. Da fehlt jetzt aber der Bezug zwischen Demokratie, Marktwirtschaft und Arbeit. Arbeiten musste man auch im Feudalismus, im Realsozialismus oder in Syrien. Und nicht zu knapp. Was ist das besondere an Arbeit unter Demokratie und Marktwirtschaft, das dich an Unterdrückung denken lässt?

Heranwachsende lernen zunächst einmal, dass der Bäcker Brot backt, damit man welches kaufen und essen kann. Dass die Eltern auf die Arbeit gehen, damit sie Geld haben und Brot kaufen können. Die jeweilige Arbeit wird aus ihrem unmittelbaren Nutzen erklärt: Autos bauen, Feuer löschen, Fische fangen, Kinder hüten, Astronaut (wozu ist der eigentlich gut? Klar, für die Raumfahrt), sogar der Polizist, der die Bösen fängt. Der Schüler mit der schlechten Note lernt später, dass er zu faul war, nicht genug aufgepasst hat, sich nicht konzentriert hat - oder dass er leider dumm ist und schlecht lernt. Man sagt heute nicht mehr dumm, aber im Effekt ist es das. In jedem Fall liegt die schlechte Note an ihm selbst, wie er sich bemüht und wie er kann. Damit ist sein weiterer Lebensweg in Ansätzen vorgezeichnet.
Arbeit ist nicht gleich Arbeit. Arbeit kann etwas Positives sein, wenn sie mit so wenig wie möglich Aufwand ein Bedürfnis befriedigt. "Ich gehe pinkeln" und "Ich koche mir Suppe" sind solche Arbeiten. Davon wird in der Regel niemand krank und dumm.
Krank und dumm werden Menschen von der Arbeit, wenn sie dauernd arbeiten müssen, einseitige Bewegungen und Denkvorgänge verrichten müssen- nicht für Bedürfnisbefriedigung, sondern zur Gewinnmehrung. Und da gibt es durchaus Gemeinsamkeiten im Feudalismus, "Realsozialismus" und Kapitalismus.
Das Besondere an Arbeit unter Demokratie und Marktwirtschaft, das durchaus Unterdrückung ist, besteht in der Freiheit, dass man die Lohnarbeit auch sein lassen darf und lediglich der "stumme Zwang der Verhältnisse" Menschen dazu bringt, sich selbst zu schädigen, indem sie dauernd lohnarbeiten. Das war im Feudalismus nicht so- und im schönen Realsozialismus konntest du in den Knast wandern, wenndu keine Arbeitslust zeigtest.

Sind wir uns etwa darüber uneinig, ob Unterdrückung nur dann diesen Namen verdient, wenn sie von den Unterdrückten als solche reflektiert wird?
Wenn der Mond die Sonne nicht reflektiert- ist sie dann weg?

Deine Bemerkungen zur Dummheit sagen nichts anderes, als was Huisken in dem Zitat sagt- oder habe ich da etwas übersehen?
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(21 Aug 2018, 11:18)

Arbeit ist nicht gleich Arbeit. Arbeit kann etwas Positives sein, wenn sie mit so wenig wie möglich Aufwand ein Bedürfnis befriedigt. "Ich gehe pinkeln" und "Ich koche mir Suppe" sind solche Arbeiten. Davon wird in der Regel niemand krank und dumm.
Man sollte beide Arbeiten unbedingt getrennt verrichten ;)

Du behauptest, Arbeit sei automatisch gut, wenn sie nur zweckmäßig dein Bedürfnis befriedigt. Ich entgegne, dass es immer noch ein Abzug von der Freizeit ist. Meinetwegen ein notwendiger oder begründeter. Holz hacken, damit ich den Ofen anmachen kann ist Zeit und Nutzung von Körperkraft, die ich nicht mit Nintendo, Ehefrau oder Internetforum verbringen kann.

Offenbar gibt es also gute Arbeit und böse, schlechte Arbeit?
Krank und dumm werden Menschen von der Arbeit, wenn sie dauernd arbeiten müssen, einseitige Bewegungen und Denkvorgänge verrichten müssen- nicht für Bedürfnisbefriedigung, sondern zur Gewinnmehrung. Und da gibt es durchaus Gemeinsamkeiten im Feudalismus, "Realsozialismus" und Kapitalismus.
Arbeit für mehr Gewinn ist also schlecht, weil sie einseitig ist? Ab wieviel Gewinn ist das so? Was ist mit Arbeit für mehr Gewinn, die körperlich ausgewogen, gesundheitsmäßig optimiert ist? Wie steht die Zweckmäßigkeit von Arbeit, also das zügige fertigwerden, in Relation zu der Forderung, Einseitigkeit zu vermeiden? Spezialisierung durch Faktenlernen und Training in bestimmten Fertigkeiten sind schließlich Aufwände, die sich für das Ergebnis rechtfertigen sollen.
Das Besondere an Arbeit unter Demokratie und Marktwirtschaft, das durchaus Unterdrückung ist, besteht in der Freiheit, dass man die Lohnarbeit auch sein lassen darf und lediglich der "stumme Zwang der Verhältnisse" Menschen dazu bringt, sich selbst zu schädigen, indem sie dauernd lohnarbeiten. Das war im Feudalismus nicht so- und im schönen Realsozialismus konntest du in den Knast wandern, wenndu keine Arbeitslust zeigtest.
Wenn das die Auswahl ist, nehme ich aber Demokratie und Marktwirtschaft.
Sind wir uns etwa darüber uneinig, ob Unterdrückung nur dann diesen Namen verdient, wenn sie von den Unterdrückten als solche reflektiert wird?
Wenn der Mond die Sonne nicht reflektiert- ist sie dann weg?
Die Erde kreist weiter um sie, die Wirkungen kann man sehen. Anders ist es mit "Unterdrückungen", die mich nicht betreffen, nicht auf mich wirken. Ich darf keinen Sexualverkehr mit kleinen Kindern haben und ich darf den Mann, der nachts die Gläser in den Container wirft, nicht erschießen. Unterdrückt mich das? Nein, denn ich habe auch gar kein Verlangen danach. Die Frage nach der Unterdrückung stellt sich also nur für die Menschen, die das Arbeiten für den Lohn überhaupt kritikabel finden.
Deine Bemerkungen zur Dummheit sagen nichts anderes, als was Huisken in dem Zitat sagt- oder habe ich da etwas übersehen?
Bei Huisken schwingt eine Lust mit, zu erklären, wieso der Schüler falsch liege mit der Erkenntnis, sein Scheitern in der Schule liege in ihm selbst begründet. Das leistet das Zitat aber selbstverständlich nicht, dazu braucht man viel mehr Worte. Ich habe das vorfindliche in meinen Worten ausgedrückt, ohne einen bestimmten Standpunkt dazu einzunehmen.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 46989
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von H2O »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(21 Aug 2018, 11:06)

Beteiligung an der Herrschaft geht los, wenn du gewählt bist. Zur Wahl stellen ist erstmal nichts.
Das ist doch nicht nichts! Ich kann gewählt werden, wenn die Wähler mir ihr Vertrauen in Form ihrer Stimme geben. Aus praktischen Gründen kann nicht an jedem Morgen eine Wahl durchgeführt werden. Deshalb haben wir die Repräsentative Demokratie, in der der Wählerwille auf die Abgeordneten übergeht. Von einer Stimme unter 60 Mio wird ein Stimme unter 700.. dennoch viel zu viele Abgeordnete! Es ist klar, daß die Sache viel verzwickter ist, aber im Grundsatz ist das doch so.
Es ist nüchtern betrachtet nur in einem sehr abstrakten Sinn wahr, dass "das Volk" herrscht. Die Kontrolle des Parlaments durch die Nichtgewählten ist eine reine Fiktion.
Das ist so; mit einer Blitzlichtaufnahme wird der Wählerwille für eine Wahlperiode festgelegt. Geht doch gar nicht anders!
Gegen den Willen des Parlaments ist es nicht vorzeitig durch das Volk auflösbar. (Der genaue Mechanismus ist sogar etwas komplexer, tut hier aber nichts zur Sache).
Das wäre ja schrecklich, wenn irgendwelche Populisten mit jedem Klemmer in der Tagespolitik die Wähler in Gang setzen könnten, man also das Land mit wechselnden Stimmungen steuern könnte.
Es bleibt allenfalls die Drohung mit dem nächsten Wahltermin, der potentiell andere Gewählte ermächtigt, die dann auch wieder frei sind in ihrem Mandat.
Diese "Drohung" nehmen die Gewählten sehr ernst; nicht aus Versehen sind in Deutschland "Sonntagsfragen" als Stimmungsbild und Abbildung der Zufriedenheit der Wähler mit den Gewählten so beliebt.
Betrachter
Beiträge: 547
Registriert: Mo 20. Aug 2018, 09:33

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von Betrachter »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(21 Aug 2018, 12:08)

Man sollte beide Arbeiten unbedingt getrennt verrichten ;).
Richtig. Übrigens:

>>Arbeit für mehr Gewinn ist also schlecht, weil sie einseitig ist? Ab wieviel Gewinn ist das so? Was ist mit Arbeit für mehr Gewinn, die körperlich ausgewogen, gesundheitsmäßig optimiert ist? Wie steht die Zweckmäßigkeit von Arbeit, also das zügige fertigwerden, in Relation zu der Forderung, Einseitigkeit zu vermeiden? Spezialisierung durch Faktenlernen und Training in bestimmten Fertigkeiten sind schließlich Aufwände, die sich für das Ergebnis rechtfertigen sollen.<<

Gewinn ist definiert durch Geldgewinn, der mit anderen Gewinnen konkurriert. Da kann gar nicht genug gearbeitet werden- mit den entsprechenden Folgen.
Wie " körperlich ausgewogen, gesundheitsmäßig optimiert" das ist, darfst du in den Krankenstatistiken einsehen. "Zügig fertig werden" ist da gar nicht eingeplant, weil Arbeit für Gewinn niemals fertig wird.


>>Die Erde kreist weiter um sie, die Wirkungen kann man sehen. Anders ist es mit "Unterdrückungen", die mich nicht betreffen, nicht auf mich wirken. Ich darf keinen Sexualverkehr mit kleinen Kindern haben und ich darf den Mann, der nachts die Gläser in den Container wirft, nicht erschießen. Unterdrückt mich das? Nein, denn ich habe auch gar kein Verlangen danach. Die Frage nach der Unterdrückung stellt sich also nur für die Menschen, die das Arbeiten für den Lohn überhaupt kritikabel finden.<<

Betrifft dich Lohnarbeit nicht? Mieterhöhungen? Du Glücklicher... wie kommst du eigentlich auf Sex mit Kindern?
Dass viele Lohnarbeit nicht kritisieren als das, was sie nunmal ist- Unterdrückung- müsste doch Leuten wie dir ein Anlass sein, ihnen diese tatsache zu erklären- oder betrifft dich fremdes - und dein eigenes (?)- Elend nicht, nur weil du bei der Agitation keine raschen Erfolge erwarten kannst?


>>Bei Huisken schwingt eine Lust mit, zu erklären, wieso der Schüler falsch liege mit der Erkenntnis, sein Scheitern in der Schule liege in ihm selbst begründet. Das leistet das Zitat aber selbstverständlich nicht, dazu braucht man viel mehr Worte. Ich habe das vorfindliche in meinen Worten ausgedrückt, ohne einen bestimmten Standpunkt dazu einzunehmen.<<

Hier sind noch mehr Worte, die Huiskens ganz richtige Lust an Erklärungen zu falschen Schülermeinungen zeigen:
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(21 Aug 2018, 12:13)

Das ist doch nicht nichts! Ich kann gewählt werden, wenn die Wähler mir ihr Vertrauen in Form ihrer Stimme geben.
Richtig, gewählt werden ist was. Gewählt werden können ist was anderes.
Deshalb haben wir die Repräsentative Demokratie, in der der Wählerwille auf die Abgeordneten übergeht. Von einer Stimme unter 60 Mio wird ein Stimme unter 700.. dennoch viel zu viele Abgeordnete!

...
Das ist so; mit einer Blitzlichtaufnahme wird der Wählerwille für eine Wahlperiode festgelegt. Geht doch gar nicht anders!
...
Das wäre ja schrecklich, wenn irgendwelche Populisten mit jedem Klemmer in der Tagespolitik die Wähler in Gang setzen könnten, man also das Land mit wechselnden Stimmungen steuern könnte.
Regulär wollen wir 299 Wahlkreise und doppelt so viele Abgeordnete haben. Alles darüber hinaus ist aufgrund eines schlecht verbesserten Wahlgesetzes. Nur, da geht kein anderer Wille über als "Dieser Abgeordnete soll schalten und walten" - und streng genommen nicht mal dieser sehr präzise. Warum ich diesen wollte, was ich von ihm erwarte, das alles wird nicht abgefragt und spielt auch keine Rolle. Das Mandat ist frei. Jeglichen Durchgriff oder Rückruf abseits der erneuten Abstimmung am Wahltag findest du sogar erklärt schrecklich.
Diese "Drohung" nehmen die Gewählten sehr ernst; nicht aus Versehen sind in Deutschland "Sonntagsfragen" als Stimmungsbild und Abbildung der Zufriedenheit der Wähler mit den Gewählten so beliebt.
Im Gegenteil werden Politiker dafür gelobt, wenn sie auf Umfragen nichts geben und nach Gutdünken handeln, sogar wenn sie (mutmaßlich) deswegen abgewählt wurden. Eine Regierung "nach Wählergeschmack", wie man sie Horst Seehofer aktuell vorwirft, wird kritisiert.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Benutzeravatar
imp
Beiträge: 16690
Registriert: Fr 14. Jul 2017, 20:37
user title: Freiheit ist unser Ideal.

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von imp »

Betrachter hat geschrieben:(21 Aug 2018, 12:38)
>>Arbeit für mehr Gewinn ist also schlecht, weil sie einseitig ist? Ab wieviel Gewinn ist das so? Was ist mit Arbeit für mehr Gewinn, die körperlich ausgewogen, gesundheitsmäßig optimiert ist? Wie steht die Zweckmäßigkeit von Arbeit, also das zügige fertigwerden, in Relation zu der Forderung, Einseitigkeit zu vermeiden? Spezialisierung durch Faktenlernen und Training in bestimmten Fertigkeiten sind schließlich Aufwände, die sich für das Ergebnis rechtfertigen sollen.<<

Gewinn ist definiert durch Geldgewinn, der mit anderen Gewinnen konkurriert. Da kann gar nicht genug gearbeitet werden- mit den entsprechenden Folgen.
Wie " körperlich ausgewogen, gesundheitsmäßig optimiert" das ist, darfst du in den Krankenstatistiken einsehen. "Zügig fertig werden" ist da gar nicht eingeplant, weil Arbeit für Gewinn niemals fertig wird.
Wenn die Arbeit zu bewältigen ist, wird der Maßstab also zwingend erhöht. Das ist am Markt naheliegend, denn jeder Firma droht Ungemach, wenn die Konkurrenz das tut und sie nicht - umgekehrt ist das der Weg zu Marktanteil und Gewinn, immer weitere Optimierungen zu suchen und umzusetzen.
>>Die Erde kreist weiter um sie, die Wirkungen kann man sehen. Anders ist es mit "Unterdrückungen", die mich nicht betreffen, nicht auf mich wirken. Ich darf keinen Sexualverkehr mit kleinen Kindern haben und ich darf den Mann, der nachts die Gläser in den Container wirft, nicht erschießen. Unterdrückt mich das? Nein, denn ich habe auch gar kein Verlangen danach. Die Frage nach der Unterdrückung stellt sich also nur für die Menschen, die das Arbeiten für den Lohn überhaupt kritikabel finden.<<

Betrifft dich Lohnarbeit nicht? Mieterhöhungen? Du Glücklicher... wie kommst du eigentlich auf Sex mit Kindern?
Dass viele Lohnarbeit nicht kritisieren als das, was sie nunmal ist- Unterdrückung- müsste doch Leuten wie dir ein Anlass sein, ihnen diese tatsache zu erklären- oder betrifft dich fremdes - und dein eigenes (?)- Elend nicht, nur weil du bei der Agitation keine raschen Erfolge erwarten kannst?
Die Kinder habe ich gewählt, weil dir da mutmaßlich wie Schuppen von den Augen fällt, wie wenig die Allgemeinheit sich grundsätzlich an Lohnarbeit stört. Mieterhöhungen interessieren mich tatsächlich eher am Rande. Sie machen die wunderbaren kleinen Inseln des Feierabendglückes kaputt, sie lassen die Freunde umziehen, usw. Trotzdem lässt sich jeder einleuchten, dass Miete sein muss, um Häuser zu bauen, zu unterhalten, die Grundsteuer zu zahlen usw. Genauso lässt sich jeder einleuchten, dass der Unternehmer das Unternehmen für den Gewinn macht (und nicht für die Brötchen, wie die Kinder lernen) und dass da die Arbeitsplätze herkommen. Umgekehrt muss sich der Arbeitnehmer fragen, inwieweit die Sache für ihn aufgeht. Welche Alternativen hat er dabei? Kann der Arbeitnehmer andere Arbeiten annehmen? Kann er einfach nicht arbeiten? Kann er Unternehmer werden?


Hier sind noch mehr Worte, die Huiskens ganz richtige Lust an Erklärungen zu falschen Schülermeinungen zeigen:
Ein interessanter Link. Ich muss leider die ganze Hörung erst einmal verschieben, mehr als reinhören ist aktuell nicht. Vielleicht am Abend.
"Don't say words you gonna regret" - Eric Woolfson
Benutzeravatar
TheManFromDownUnder
Beiträge: 11029
Registriert: Do 8. Feb 2018, 04:54
Wohnort: Queensland Australien

Re: Konservative und soziale Politik unvereinbar?

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Betrachter hat geschrieben:(21 Aug 2018, 07:42)

Du fällst auf die Urlüge der Demokratie herein: Dass Regieren etwas ganz anderes wäre als Herrschen, Unterdrücken.
Dass die Unterdrückten notwendig arm sind, macht ja erst einen Sozialstaat notwendig, der diese Leute arbeitsfähig erhalten und den "sozialen Frieden" erhalten will.
Keinesfalls. Und deine Logik ist nicht nachvollziehbar.

Ich bin weder unterdrueckt noch arm und Demokratie ist keine Luege sondern die einzige Staatsform die freie Meinung und Selbstgestaltung erlaubt. Es gibt keine Gesellschaft wo alle gleich sind. Eine gute Gesellschaft schafft aber die Rahmenbedingungen das alle Grundbeduerfnisse wie von mir weiter oben aufgezaehlt weitgehenst erfuellt werden.
Support the Australian Republican Movement
Antworten