Gut ... nehmen wir Archäologie.Dark Angel hat geschrieben:(15 Jun 2017, 13:45)
So gesehen hast du natürlich recht.
Dazu müsste man zunächst mal definieren, was Sprache ist. Nur die verbale Kommunikation? Wertet man Kommunitation mittels Zeichen auch als Sprache?
Ein differenziertes Weltbild und Wirklichkeitswahrnehmung basieren zunächst auf der Fähigkeit zu beobachten, Beoachtungen zu abstrahieren, Erkenntnisse und Erklärungen zu gewinnen. Über diese Fähigkeit verfügten bereits Homo erectus und Homo Neanderthalensis - sie konnten jedoch nicht sprechen, mussten sich anderer Kommunikationsmittel bedienen. Welcher Art und wie differenziert diese Kommunikationsmittel waren, wissen wir nicht. Es besteht nicht einmal Konsens darüber, ob diese Kommunikationsmittel mit der, aus(verbaler) Sprache abgeleiteten, Zeichensprache Taubstummer vergleichbar sind.
Die Sprachentwicklung des Homo sapiens sapiens ist etwa 50.000 Jahre zurück verfolgbar. Er verfügte aber seit seiner Entstehung über das gleiche intellektuelle Potential wie heute.
Mit deiner obigen Aussage sprichst du dem frühen HSS quasi die Fähigkeit zur differenzierten Wirklichkeitswon Wert istahrnehmung ab, weil erst er die Voraussetzungen besaß, eine differenzierte Sprache zu entwickeln und du sprichst diese Fähigkeit Homo Neanderthalensis ab.
Sprache stößt an die Grenzen der Wirklichkeitsbeschreibung? Wäre mir neu.
Aber gut, ich bin Archäologe, kein Philosoph.
Die Frage, was bei einer Ausgrabung von Wert ist, also erfaßt, gesammelt und untersucht wird , ergibt sich aus der Frage, nach was man sucht und nicht aus den Tatsachen, die man findet.
Beispiel: In New York baut man einen neuen Wolkenkarzer.
Dabei werden menschliche Knochen entdeckt ... ein Friedhof.
Vor 50 Jahren machte man noch eine klare Unterscheidung, was von Wert sei, und damit auch Teil der New Yorker Geschichte und was eben nicht.
So fand sich zB ein Sklavenfriedhof, der einfach zugeschüttet, bzw auf der Mülldeponie landete.
Einen Siedlerfriedhof hätte, bzw hat man auch, anders behandelt.
Das heißt, die Wirklichkeit wird zerstört, weil man sie nicht wahrnimmt, bzw, aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen, nicht wahrnehmen will.
Und nein, ich spreche damit auch früheren Generationen nicht die Fähigkeit zu einer differenzierten Wirklichkeitswahrnehmung ab.
Für ihre Wirklichkeit, war ihre Sprache adäquat und funktional.
Für unsre Wirklichkeit wäre sie das nicht, wie auch unsre Sprache und Wirklichkeitswahrnehmung zB im Mittelalter völlig deplaziert wäre, ja wahrscheinlich für uns auf dem Scheiterhaufen enden würde.
Und ja ja ja ... die schlimmsten Hexenverfolgungen und Ketzerprozesse fanden nicht im Mittelalter statt, sondern in der frühen Neuzeit ... schon klar ...