Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

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TheManFromDownUnder
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Re: Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

Beitrag von TheManFromDownUnder »

aleph hat geschrieben:(20 Apr 2018, 02:09)

darf der ag regeln aufstellen, die der Verfassung widersprechen?

wenn die Religion mit der Tätigkeit direkt nichts zu tun hat?

ähnliche Regel wäre es, wenn der ag nur Frauen einstellt, die nicht schwanger sind. wenn schwangere eine Tätigkeit ausführen können, geht das dem ag nichts an.

daher ist das jetzt konsequent.
Du vergleichst Aepfel mit Orangen.

Ausserdem kann niemand verfassungswidrige Regeln aufstellen, da mittels Strafanzeige geklagt (sagt man das so in D) werden koennen.

Dein Beispiel "mit der Schwangeren" gilt auch fuer den kirchlichen Arbeitgeber.
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Zinnamon
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Re: Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

Beitrag von Zinnamon »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(20 Apr 2018, 02:29)

Du vergleichst Aepfel mit Orangen.

Ausserdem kann niemand verfassungswidrige Regeln aufstellen, da mittels Strafanzeige geklagt (sagt man das so in D) werden koennen.

Dein Beispiel "mit der Schwangeren" gilt auch fuer den kirchlichen Arbeitgeber.
Du kannst dich auch einfach informieren, bevor du meinst. Stichwort Tendenzbetriebe. Davon ab gibt es im Forum Religion zahlreiche Stränge zum Thema Trennung von Kirche und Staat/Finanzierung der Kirchen/Kirchenarbeitsrecht usw die ebenso ein gutes Basiswissen vermitteln könnten.
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TheManFromDownUnder
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Re: Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Zinnamon hat geschrieben:(20 Apr 2018, 11:37)

Du kannst dich auch einfach informieren, bevor du meinst. Stichwort Tendenzbetriebe. Davon ab gibt es im Forum Religion zahlreiche Stränge zum Thema Trennung von Kirche und Staat/Finanzierung der Kirchen/Kirchenarbeitsrecht usw die ebenso ein gutes Basiswissen vermitteln könnten.
Ich meine nicht ich bin mir sicher das niemand verfassungswidrige Arbeitsbedingungen Aufrecht erhalten kann ohne das entsprechende Klagen erfolgreich eingereicht werden koennen.
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Zinnamon
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Re: Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

Beitrag von Zinnamon »

ok.
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Re: Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

Beitrag von immernoch_ratlos »

Erstaunlich - niemand scheint hier vom aktuellen Urteil des EuGH Notiz zu nehmen. :( Hier mal die Süddeutsche Zeitung :

"11.09.2018 EuGH-Urteil zum Arbeitsrecht - Machtwort gegen selbstgemachte Sonderregeln der Kirche"
SZ hat geschrieben:Der EuGH fasst das kirchliche Selbstbestimmungsrecht sehr viel enger als Karlsruhe
Zwar hat auch die katholische Kirche inzwischen ihr Anforderungsprofil zumindest ein wenig den Scheidungsraten angepasst. Die Chefarzt-Kündigung beruhte noch auf den strengen Regeln der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" von 1993. Weil die Ehe nach kanonischem Recht unauflöslich ist, drohte bei einer neuerlichen standesamtlichen Heirat regelmäßig der Rauswurf.
Auf der zweiten Seite des SZ-Artikels wird auf den "bemerkenswert kirchenfreundlichen Beschluss gegen die liberale Rechtsprechung der obersten Arbeitsrichter" durch das Bundesverfassungsgericht eingegangen.

Diese rechtliche Zurückweisung von religiösen Vorstellungen, finde ich im Zusammenhang mit den "Eingriffen" anderer Religionen in die eigentlich "neutrale" Rechtsvorstellung, welche alle Religionen betrifft, schließt nach meiner Auffassung ein "Einfallstor" für die Durchsetzung rein religiöser Vorstellungen - zu mindestens teilweise.

"Karlsruhe" - sicher auch im Hinblick auf das gültige Reichskonkordat - ließen (in diesem Fall) der katholischen Kirche einen zu großen Raum für eigene, glaubensgebundene Rechtsvorstellungen. Nun muss diese "religiöse Parallelwelt" eine von "außen" kommende Rechtsprechung hinnehmen. Das man derartiges durchaus auch auf andere Religionsgemeinschaften übertragen kann, scheint mir ein weiterer Schritt heraus aus deren Vorstellungen, welche je nach Stand deren Überzeugung über menschlichen Rechtsvorstellungen "herrschen" sollen.
SZ hat geschrieben:Das oberste EU-Gericht schickte sich an, ihren Schutz gegen Diskriminierungen aus Gründen der Religion stark zu machen, auch dort, wo Kirchen das Sagen haben.

Die Bischhofskonferenz ist gar nicht einverstanden :?

Das ist nicht weniger als ein Paradigmenwechsel, der womöglich auch auf andere arbeitsrechtliche Schutzreservate der Kirchen ausstrahlen könnte, vermutet Norbert Müller. Jedenfalls ist die Definitionsmacht der Kirchen für kirchliche Sonderregeln deutlich geschrumpft. Nach dem EU-Urteil können sie nicht mehr in eigener Hoheit festlegen, wie viel Glaubensnähe für das Heilen von Patienten oder das Pflegen alter Menschen in kirchlichen Einrichtungen notwendig ist. Darüber befinden staatliche Gerichte.
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Cat with a whip
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Re: Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

Beitrag von Cat with a whip »

In einer Grundsatzentscheidung urteilt das höchste deutsche Arbeitsgericht endlich aufgrund einer EU-Vorgabe gegen die Kirche als Arbeitgeber. Der AG Kirche darf nicht mehr pauschal auf Religionszugehörigkeit bei Stellenvergabe pochen. Die übergeordnete EU-Gerichtsbarkeit modernisert somit das antiliberal verstaubte konservativ dominierte Deutschland, das ist sehr schön. Ein Anfang ist gemacht.

https://www.tagesspiegel.de/politik/kla ... 30978.html
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immernoch_ratlos
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Re: Arbeitnehmerdiskriminierung: Kirchliche Arbeitgeber verstossen gegen EU-Recht

Beitrag von immernoch_ratlos »

Damit ist das noch lange "nicht vom Tisch" Hier hat zwar das Bundesarbeitsgericht entschieden, aber die Beklagte wird nach allem was bekannt ist, das übergeordnete Bundesverfassungsgericht anrufen. Im verlinkten Artikel wird das so "Die Kirchen haben in Deutschland ein vom Grundgesetz verbrieftes Selbstbestimmungsrecht, das auch für ihre Rolle als Arbeitgeber gilt" zumindest erwähnt.

Eben dieses Gericht (BVerfGE), hat gleich in mehreren früheren Entscheidungen sowohl das Reichskonkordat, als entsprechende Länderkonkordate und die Staatsverträge mit den evangelischen Kirchen für weiterhin rechtens und gültig erklärt. Das wurde explizit geprüft, weil das Reichskonkordat noch (am 20. Juli 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich) mit dem sog. "Dritten Reich" abgeschlossen wurde (der Vertrag trägt die Unterschrift des damaligen Reichskanzler Adolf Hitler). Es handelt sich dabei um einen Supranationalen Vertrag, für den kein dt. Gericht, auch und gerade das Bundesverfassungsgericht zuständig ist - nach eigener Aussage sein kann. Sollte die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht, supranationale Vereinbarungen betreffen, muss das Bundesverfassungsgericht das Urteil wegen "Nichtzuständigkeit" wieder aufheben.

Es wird spannend, was - sollte es zu dieser Auseinandersetzung kommen - das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. Die dt. Verfassung aka das Grundgesetz kann durch kein supranationales Gericht (hier EuGH) das in toto (aber auch in Teilen) für ungültig erklärt werden. Die Beklagte (EKD) könnte allerdings ihrerseits diesen Vertrag aufheben - was sicher nicht sehr klug wäre...

Schau mer mal....
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