Wasteland hat geschrieben:(24 Aug 2016, 17:19)
Das sehe ich anders. Es ist nur so, das die anderen Offenbarungsreligionen kaum gesellschaftliche Relevanz oder politische Macht haben in den meisten Teilen der Welt.
Das war einmal anders und da hatten wir Zustände wie heute in Nahost.
Und ja, der Islam ist von den drei Religionen heute im miserabelsten Zustand, wobei das Judentum aufholt, was die Zahl der Extremisten in den eigenen Reihen angeht (wenn man von 1 Millionen ultraorthodoxen in Israel ausgeht, wie ich neulich las).
Da das Judentum aber im Vergleich eine verschwindend kleine Religion ist, macht sich das global fast nicht bemerkbar.
Aber auch die "Weiheitslehren" Asiens lassen sich hervorragend als gesellschaftliches Zwangskorsett, Legitimation für Krieg und Verfolgung und faschistoide Lehre gebrauchen.
Beispiele sind unter anderem dafür Tibet, Japan, Myanmar und Sri Lanka. Vom Hinduismus reden wir nicht, da sind der massive Terror und die Entmündigung der Menschen bekannt.
Was ich grundsätzlich für interessant, wenn nicht gar erschreckend halte, ist wie massiv Menschen doch durch ihr kulturelles Umfeld und Religionen geprägt werden können, egal ob nun positiv oder negativ,
Man kann religiöse Lehren und - auch die sollte man dazu packen - säkulare Ideologien - nicht unabhängig von den Menschen, die sie überzeugen, sehen. Es gibt zwar auch einige multireligiöse Staaten: diese sind aber in aller Regel jüngere politische Konstrukte. Viele Staaten haben eine klar dominierende Religion. Und die Menschen hängen dieser aus Überzeugung an! Auch Deutschland (fast ganz Europa) war solch ein von einer Religion dominierter Kulturkreis.
1950 waren laut Volkszählung noch 96% der Westdeutschen Kirchenmitglieder. Die religiöse Vielfalt im Imperium Romanum wurde klar vom Christentum aufgesogen. Einzige Ausnahme war das Judentum, das sich gehalten hat. Und man kann auch heute noch, obwohl nicht mehr ganz so offensichtlich, an den Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche und der katholischen Kirche aufgeschlüsselt nach Bundesländern, ablesen, welche weltlichen Obrigkeiten vor einigen Jahrhunderten bestimmt haben, welche Deutschen nun ab sofort Protestanten sind und welche weiterhin katholisch zu sein haben. Und kaum ein Christ heutzutage kommt auf die Idee, die Konfession zu wechseln, obwohl ihnen bekannt sein müsste, dass ihre Vorfahren diese sich in aller Regel nicht selbst ausgesucht haben.
Es scheint ganz wesentlich von den Theologen abzuhängen, an was Menschen glauben und vom politischen Druck. Dass die Nähe der Ditib zur Diyanet und damit zu Erdogan kritisch beäugt wird, darf da kein Wunder nehmen. Aber auch der Staatsatheismus im Realsozialismus scheint Wirkung gehabt zu haben. In Tschechien und Ostdeutschland zumindest. Interessanterweise in Polen kaum.
Dass die anderen Offenbarungsreligionen keine gesellschaftliche Relevanz besäßen, denke ich nicht. Nur ist das, was christliche Theologen heutzutage so aus den alten Schriften machen, nichts, womit ich nicht leben könnte. Nun ja, wenn Frau Käßmann mit den Taliban beten will, ist das vielleicht sogar schon gefährlich naiv.