Christliche Freiheit

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Antonius
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

Cappucino » Mi 18. Jul 2012, 17:28 hat geschrieben: Selbstverständlich, daher auch der Spruch "Religion ist Opium für das Volk"
Nun, der Spruch war wohl anders gemeint.


Vor einem Jahr hat der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Dr. Reinhard Marx, das Thema der Christlichen Freiheit angesprochen
und aus dem Brief des Hl. Apostels Paulus an die Galater zitiert: "Für die Freiheit hat Christus uns befreit." (Gal. 5,1).

Das Thema der Christlichen Freiheit ist essentiell für das christliche Leben.
In den Veröffentlichungen des Religionspädagogisches Institut Loccum habe ich nun gefunden:
  • Der im Glauben erfahrenen Freiheit entspricht eine Atmosphäre der Freiheit, die die verschiedenen Formen menschlicher Gemeinschaft bestimmen will – Familien und Freundeskreise, christliche Gemeinden und Schulklassen. Ich möchte hier von einer "Kultur der Freiheit" sprechen, die sich aus dem christlichen Glauben ergibt. Sie unterscheidet sich von jedem ideologischen Zwang und fundamentalistischen Fanatismus sowie von jeder moralistischen Enge. Es geht dabei nicht um Anpassung an den Zeitgeist, sondern um etwas, was sich aus dem Wesen des Glaubens selbst ergibt: Der im christlichen Glauben erfahrenen Befreiung entspricht in der Lebensgestaltung eine "Kultur der Freiheit".
    Prägnant bringt es Heinz Zahrnt zum Ausdruck: Bei Jesus und in seinem Geist herrscht eine besondere Atmosphäre.
    "Es ist der Luftzug der Erlösung – als gelangte man aus der Enge in einen weiten Raum. Die Freiheit hat schon begonnen."
http://www.rpi-loccum.de/krufrei.html

Das Leitbild unseres Handels ist das große Orientierungsbild der verantwortlichen Freiheit.
Zur jüdischen Gerechtigkeits- und zur christlichen Liebesethik gibt es bis heute keine Alternative.
Zuletzt geändert von Antonius am Mo 14. Jan 2013, 17:55, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von ThorsHamar »

Antonius » Mo 14. Jan 2013, 17:00 hat geschrieben:
..... Zur jüdischen Gerechtigkeits- und zur christlichen Liebesethik gibt es bis heute keine Alternative.
... ja, alternativlos ... :cool:
Dieser Spruch, wenn er denn auch für Nichtjuden und Nichtchristen gelten soll, ist Ausdruck der Absurdität der Kombination von Religion und Freiheit.
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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Antonius
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

ThorsHamar » Mo 14. Jan 2013, 17:09 hat geschrieben: ... ja, alternativlos ... :cool:
Dieser Spruch, wenn er denn auch für Nichtjuden und Nichtchristen gelten soll, ist Ausdruck der Absurdität der Kombination von Religion und Freiheit.
... ja, auch Nichtjuden und Nichtchristen sind herzlich eingeladen, sich zu beteiligen.
Die jüdische Gerechtigkeits- und die christliche Liebesethik ist - so gesehen - ein Angebot. :cool:
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Demokrat »

Allein die Wortkombination christlich und Freiheit ist ein Widerspruch. Das Christentum ist eine dogmatische Religion.
Wirklich demokratiefähig, freiheits- und selbstverantwortungsfördernd ist nur das Heidentum, der Buddhismus und Naturreligionen.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von ThorsHamar »

Antonius » Mo 14. Jan 2013, 17:45 hat geschrieben:... ja, auch Nichtjuden und Nichtchristen sind herzlich eingeladen, sich zu beteiligen.
Die jüdische Gerechtigkeits- und die christliche Liebesethik ist - so gesehen - ein Angebot. :cool:
Nun, ein Angebot, eine herzliche Einladung, welche von dem Spruch , dazu "gibt es bis heute keine Alternative" begleitet wird, ist doch wohl eher eine unmissverständliche Aufforderung, nicht wahr?
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Katenberg »

Demokrat » Di 15. Jan 2013, 16:43 hat geschrieben:Allein die Wortkombination christlich und Freiheit ist ein Widerspruch. Das Christentum ist eine dogmatische Religion.
Wirklich demokratiefähig, freiheits- und selbstverantwortungsfördernd ist nur das Heidentum, der Buddhismus und Naturreligionen.
Das stimmt so nicht, schon allein, weil es sehr viele (freie) Freikirchen gibt.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Freidenker1 »

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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Demokrat »

Freidenker1 » Mi 16. Jan 2013, 11:28 hat geschrieben:Der freie Wille ist eine Illusion!

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Nunja, aber Dogmagtismus ist für mich geistige Inzucht.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von logopath »

Nun ja, wenn man schon von vornherein behauptet, oder man kann auch sagen (dieses Dogma) festsetzt, dass "christlich" und "Freiheit" ein Widerspruch sei, ist das ja auch schon Dogmatismus, nicht wahr.
Denn eine Auseinandersetzung wird nicht geführt und eine Erklärung, wie diese Auffassung begründet wird, erhalten wir nicht.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von logopath »

Demokrat » Di 15. Jan 2013, 16:43 hat geschrieben:Allein die Wortkombination christlich und Freiheit ist ein Widerspruch. Das Christentum ist eine dogmatische Religion.
Wirklich demokratiefähig, freiheits- und selbstverantwortungsfördernd ist nur das Heidentum, der Buddhismus und Naturreligionen.

Der Begriff Dogma wird hier manipulativ als Schlagwort gebraucht. Selbstverständlich haben Heidentum, Buddhismus und andere Religione ebenso ihre "Dogmen"/Lehrsätze, welche die Grundlage des jeweiligen Glaubens darstellen.
Dogmatisch werden Menschen, sofern sie bestimmte Sätze aus dem Zusammenhang reißen und sie für die ganze Wahrheit ausgeben. Diese Form des Dogmatismus findet sich übrigens häufig bei Naturwissenschaft-Gläubigen.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Perdedor »

logopath hat geschrieben: Diese Form des Dogmatismus findet sich übrigens häufig bei Naturwissenschaft-Gläubigen.
Was soll das sein?
Naturwissenschaft ist per Definition offen für jede Beobachtung. Religiöser Glaube und Dogmatismus ist in dieser Hinsicht das Gegenteil von Naturwissenschaft.
Im Zusammenhang mit der Freiheit ist die Naturwissenschaft gewissermaßen Grundlage jeder Religion. Sie beschreibt, was der Mensch KANN, die Religionen legen fest, was der Mensch DARF (eine Untermenge von dem was er kann). Mir ist keine Religion bekannt, in der letzteres diskutabel wäre (Satanismus vielleicht). Insofern wären sie auch das Gegenteil von Freiheit.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

Perdedor » Do 17. Jan 2013, 20:47 hat geschrieben: Was soll das sein?
Naturwissenschaft ist per Definition offen für jede Beobachtung. Religiöser Glaube und Dogmatismus ist in dieser Hinsicht das Gegenteil von Naturwissenschaft.
Im Zusammenhang mit der Freiheit ist die Naturwissenschaft gewissermaßen Grundlage jeder Religion. Sie beschreibt, was der Mensch KANN, die Religionen legen fest, was der Mensch DARF (eine Untermenge von dem was er kann). Mir ist keine Religion bekannt, in der letzteres diskutabel wäre (Satanismus vielleicht). Insofern wären sie auch das Gegenteil von Freiheit.
Als Naturwissenschaftler möchte ich dem widersprechen.
Naturwissenschaft ist zwar offen für jede Beobachtung, aber die Beobachtungsfelder sind begrenzt.
Wir wissen doch alle, daß die Wirklichkeit weit über das hinausgeht, was naturwissenschaftlich erforscht werden kann.
D.h. die Elemente der Naturwissenschaft sind nur eine Teilmenge der Gesamtmenge der Elemente der Wirklichkeit.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von logopath »

Perdedor » Do 17. Jan 2013, 20:47 hat geschrieben:
Was soll das sein?
Naturwissenschaft ist per Definition offen für jede Beobachtung. Religiöser Glaube und Dogmatismus ist in dieser Hinsicht das Gegenteil von Naturwissenschaft.
Im Zusammenhang mit der Freiheit ist die Naturwissenschaft gewissermaßen Grundlage jeder Religion. Sie beschreibt, was der Mensch KANN, die Religionen legen fest, was der Mensch DARF (eine Untermenge von dem was er kann). Mir ist keine Religion bekannt, in der letzteres diskutabel wäre (Satanismus vielleicht). Insofern wären sie auch das Gegenteil von Freiheit.
Der Begriff von Religion erscheint zu eng gefasst.
Religion öffnet den Blick und die Möglichkeiten jenseits dessen, was Naturwissenschaften leisten können.
Religion schafft Wertmaßstäbe und Handlungsorientierung, um dem Einzelnen in der Notwendigkeit von Entscheidungen über das, was richtig, angemessen und weiterführend ist, eine Orientierungshilfe zu geben.
Religion schafft einen Deutungshorizont über die sichtbare Wirkllickeit hinaus, die dem Einzelnen die Möglichkeit bietet, das unerklärliche, das Unbegreifliche in einem Wert- und Sinndhorizont einzuordnen.
Das Leben ist unüberschaubar, handlungen sind meist irrational und werden nachträglich rationalisiert. Daraus entsteht eine Deutung, ein Selbstbild und in den weniger geglückten Fällen eine Verschwörungstheorie à la "The gegen den Rest der Welt".
Christliche Religion ist von ihrem Ansatz her ausdrücklich Religion der Befreiung und der Freiheit. (vgl. Galaterbrief 5,1-15). Nicht ein bestimmtes Handeln ist Voraussetzung zur Freiheit, sondern die Freiheit zum handeln macht offen für die jeweils neue Situation.
Wenn sich in der Szene des Gottesoffenbarung im brennenden Dornbusch Gott selbst bezeichnet als der "Ich bin der ich bin/ ich werde sein, der ich sein werde" (2.Mose 3, 13-14), dann wird die Festlegung auf eine bestimmte sichtbare Form oder gestalt abgelehnt für die Offenheit der Gottesbegegnung, oder anders gesagt: auch hier wird die Offenheit für jede neue Situation und für jeden Moment diese Lebens nahegelegt.
Christliche Religion legt nicht fest, sondern öffnet für die Notwendigkeit des Widerstands gerade gegen Dogmatismus.
Soweit ich orientiert bin, konnte die Frage, ob es richtig sei die Atombombe abzuwerfen,mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht geklärt werden.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Perdedor »

Antonius hat geschrieben: Wir wissen doch alle, daß die Wirklichkeit weit über das hinausgeht, was naturwissenschaftlich erforscht werden kann.
Wer weiß das?
Wir wissen, dass wir noch nicht die gesamte Wirklichkeit erforscht haben. Aber woher sollen wir wissen, dass wir nicht die gesamte Wirklichkeit erforschen können?
Ich denke, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass es nicht möglich wäre, die gesamte Wirklichkeit zu erforschen.
Es sei denn man fasst den Begriff "Wirklichkeit" weiter, als es sinnvoll ist: Man kann natürlich behaupten es gäbe unsichtbare Elfen, die NIE irgendeine Auswirkung haben und daher natürlich auch nicht naturwissenschaftlich erforscht werden können. Aber welchen Sinn macht es, diese Elfen einer "Wirklichkeit" zuzuordnen?

logopath hat geschrieben: Religion schafft Wertmaßstäbe und Handlungsorientierung, um dem Einzelnen in der Notwendigkeit von Entscheidungen über das, was richtig, angemessen und weiterführend ist, eine Orientierungshilfe zu geben.
Das fasst den Begriff "Religion" meines Erachtens zu weit.
In der Religion ist das "Angemessene" verpflichtend. Die Hölle droht.
logopath hat geschrieben: Religion schafft einen Deutungshorizont über die sichtbare Wirkllickeit hinaus, die dem Einzelnen die Möglichkeit bietet, das unerklärliche, das Unbegreifliche in einem Wert- und Sinndhorizont einzuordnen.
Ich würde eher sagen, die Religion ist gerade der Glaube an eine nicht sichtbare "Wirklichkeit".
Dieser wird dann dazu verwendet, das oben genannte "Angemessene" zu legitimieren.
logopath hat geschrieben: Nicht ein bestimmtes Handeln ist Voraussetzung zur Freiheit, sondern die Freiheit zum handeln macht offen für die jeweils neue Situation.
Verstehe ich herlich gesagt nicht (Galaterbrief 5,1-15 hilft auch nicht weiter).
Ein konkretes Beispiel: Angenommen ich begehre das Weib meines Nächsten. Warum sollte ich es mir nicht nehmen?
Kants Imperativ? Um ein schlechtes Gewissen zu vermeiden? Ok, aber dafür brauchte ich das Christentum nicht. Ich nehme nicht an, dass es dem Christenum vom Ansatz her darum ging, sich selbst für überflüssig zu erklären. Und angenommen ein schlechtes Gewissen stellte sich nicht ein. Dann hätte ich gar keinen Grund mehr davon abzusehen.
Es geht wohl eher darum, dass es nicht gottgefällig wäre und ich daher mit Konsequenzen zu rechnen hätte.
logopath hat geschrieben: auch hier wird die Offenheit für jede neue Situation und für jeden Moment diese Lebens nahegelegt.
Soll das heißen Mord kann mit dem Christentum auch vereinbar sein? Wie soll es dann noch als Orientierunghilfe dienen?
logopath hat geschrieben: Soweit ich orientiert bin, konnte die Frage, ob es richtig sei die Atombombe abzuwerfen,mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht geklärt werden.
Richtig. Kann sie es denn mit dem Christentum? Nach deinem Beitrag habe ich den Eindruck du seist der Meinung dass nicht. Der Gott ist immerhin offen für jede Situation.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

Perdedor » Do 17. Jan 2013, 22:38 hat geschrieben: Wer weiß das?
Wir wissen, dass wir noch nicht die gesamte Wirklichkeit erforscht haben. Aber woher sollen wir wissen, dass wir nicht die gesamte Wirklichkeit erforschen können?
Ich denke, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass es nicht möglich wäre, die gesamte Wirklichkeit zu erforschen.
Es sei denn man fasst den Begriff "Wirklichkeit" weiter, als es sinnvoll ist: Man kann natürlich behaupten es gäbe unsichtbare Elfen, die NIE irgendeine Auswirkung haben und daher natürlich auch nicht naturwissenschaftlich erforscht werden können. Aber welchen Sinn macht es, diese Elfen einer "Wirklichkeit" zuzuordnen?
(...)
Wie können wir " gesamte Wirklichkeit erforschen", wenn unsere Sensoren und unser Analyseapparat ein Teil dieser Welt sind?
Also, unsere Fähigkeit zu denken und zu schlußfolgern steht nicht über der Wirklichkeit, ist nicht unabhängig von ihr, sie ist ein Teil von ihr.

Natürlich, unsere Fähigkeit zu denken und zu schlußfolgern hat auf manchen Gebieten, zum Beispiel auf dem Gebiet der Physik, zu großartigen Erkenntnissen geführt.
Aber Physik, die Lehre der meßbaren Naturerscheinungen, ist ein Teil der Wirklichkeit.
Zur Wirklichkeit gehören beispielsweise auch die menschlichen Vorstellungen, Träume, Gefühle, Phantasien, etc. Oder etwa nicht?
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Perdedor »

Antonius hat geschrieben: Wie können wir " gesamte Wirklichkeit erforschen", wenn unsere Sensoren und unser Analyseapparat ein Teil dieser Welt sind?
Wo siehst du da den Widerspruch?
Man muss ein Ding ja nicht von Außen betrachten um es zu verstehen. Insbesondere dann nicht, wenn es gar kein Außen gibt (z.B. bezogen auf das Universum).
Antonius hat geschrieben: Zur Wirklichkeit gehören beispielsweise auch die menschlichen Vorstellungen, Träume, Gefühle, Phantasien, etc. Oder etwa nicht?
Doch, aber wieso sollte man diese Dinge nicht (naturwissenschaftlich) erforschen können (man tut es)?
Natürlich findet diese Forschung auf verschiedenen Ebenen statt: Biologie, Neurologie, Psychologie etc., aber ich sehe keinen Grund anzunehmen, dass diese Ebenen nicht zusammenhängen oder sich einer Erforschung prinzipiell verschließen.
Praktische Hürden, wie mangelnde Rechenkapazität oder das auftreten eines echten Zufalls gibt es sicherlich (und gab es schon immer), aber diese stellen wohl kein Hindernis zum Verständnis der grundlegenden Zusammenhänge dar.
Zuletzt geändert von Perdedor am Fr 18. Jan 2013, 18:19, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von logopath »

Karl Murx » So 11. Mär 2012, 12:21 hat geschrieben:
Dieses Christentum musst du mir mal zeigen. :rolleyes:

Ich kenne jetzt nicht jede christliche Sekte, aber die 2 großen, sprich Katholizismus und lutherisch-reformiert kommen ohne Dogmen nicht aus.
Versuch's doch mal mit der Bruderschaft von Taizé, gegründet 1942/1949 von Roger Schütz.
Grundverständnis: Jede Situation muss völlig neu betrachtet und bewertet werden. Darum wird Jesus durch seine Botschaft in jeder Entscheidungssituation aufs Neue zu uns sprechen und möglicherweise auch früheren Entscheidungen gegenläufige Aspekte hervorheben.
Klar - ich weiß natürlich, dass Jesus so wie Du Dir das wünschst, nicht zu uns spricht. Das bewirkt der sogenannte Heilige Geist. Andere nennen es vielleicht kreatives Denken und Proaktives Denken - im Cjristentum ist es der Heilige Geist.
Frère Roger hat jede Art von Dogmenbilsdung abgelehnt mit der begründung, dass die Botschaft immer neu ist.

Übrigens spricht diese Art jedes Jahr über 50.000 Jugendliche an, die dorthin fahren und Tage und Wochen dort verbringen.
Taizé, ein kleiner Ort etwa eine Autostunde von Chalon-sur-Saone entfernt.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

Perdedor » Fr 18. Jan 2013, 18:13 hat geschrieben: Wo siehst du da den Widerspruch?
Man muss ein Ding ja nicht von Außen betrachten um es zu verstehen. Insbesondere dann nicht, wenn es gar kein Außen gibt (z.B. bezogen auf das Universum).
Nichts gegen das Verstehen, wenn es möglich ist.
Aber wenn der Beobachtende Teil des Systems des zu Beobachtenden ist, sind sicherlich die Forschungsergebnisse nicht unabhängig vom Beobachter.
Also, der Begriff der Objektivität verliert damit offenbar seine Gültigkeit. Oder etwa nicht?
Perdedor » Fr 18. Jan 2013, 18:13 hat geschrieben: Doch, aber wieso sollte man diese Dinge nicht (naturwissenschaftlich) erforschen können (man tut es)?
Natürlich findet diese Forschung auf verschiedenen Ebenen statt: Biologie, Neurologie, Psychologie etc., aber ich sehe keinen Grund anzunehmen, dass diese Ebenen nicht zusammenhängen oder sich einer Erforschung prinzipiell verschließen.
Praktische Hürden, wie mangelnde Rechenkapazität oder das auftreten eines echten Zufalls gibt es sicherlich (und gab es schon immer), aber diese stellen wohl kein Hindernis zum Verständnis der grundlegenden Zusammenhänge dar.
Natürlich versucht man die Welt zu erforschen, Gott-sei-Dank, aber warum sollte man unbedingt alles in ein naturwissenschaftliches Korsett zwängen wollen.
Damit begibt man sich m.E. eines Teils der Möglichkeiten.
Die Geisteswissenschaften bieten doch ein viel angemesseneres Format, diese Dinge, zu erklären.
Mit anderen Worten Metaphysik geht über Physik, oder man kommt ohne den umfassenderen Begriff des Glaubens nicht aus.

Man könnte das Problem des Wissens und Glaubens auch mengentheoretisch betrachten:
(Das habe ich einmal an anderer Stelle getan und möchte es hier wiederholen.)
  • Geht man der von Vorstellung aus, daß die Wirklichkeit (die Realität) in ihrer Gesamtheit aus Elementen besteht, so kann man diese als die Gesamtmenge R bezeichnen. Dabei besteht die Menge R aus allen materiellen und immateriellen Dingen dieser Welt, also auch aus Vorstellungen, Träumen, Philosophien, Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung und natürlich auch aus den materiellen Dingen. Eine Teilmenge W definieren wir als die Elemente des Wissens, eine andere Teilmenge G definieren wir als die Elemente des Glaubens.
    Die Frage ist nun: Sind die Teilmengen W un G disjunkt (elementfremd)?
    Ich sage nein, denn kein Element des Wissens ist dem Glauben fremd oder steht mit ihm in Widerspruch, d.h. alle Elemente von W sind auch in G enthalten.
    Folglich ist W eine Teilmenge von G.
    D.h. der Glauben umfaßt das gesamte Wissen und damit auch die ganze Wirklichkeit.
    q.e.d.
Zugegeben, eine etwas ungewöhnliche Sichtweise, aber gibt es Gegenargumente? :)
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von ThorsHamar »

Antonius » Mo 21. Jan 2013, 10:28 hat geschrieben:Nichts gegen das Verstehen, wenn es möglich ist.
Aber wenn der Beobachtende Teil des Systems des zu Beobachtenden ist, sind sicherlich die Forschungsergebnisse nicht unabhängig vom Beobachter.
Also, der Begriff der Objektivität verliert damit offenbar seine Gültigkeit. Oder etwa nicht?

Natürlich versucht man die Welt zu erforschen, Gott-sei-Dank, aber warum sollte man unbedingt alles in ein naturwissenschaftliches Korsett zwängen wollen.
Damit begibt man sich m.E. eines Teils der Möglichkeiten.
Die Geisteswissenschaften bieten doch ein viel angemesseneres Format, diese Dinge, zu erklären.
Mit anderen Worten Metaphysik geht über Physik, oder man kommt ohne den umfassenderen Begriff des Glaubens nicht aus.

Man könnte das Problem des Wissens und Glaubens auch mengentheoretisch betrachten:
(Das habe ich einmal an anderer Stelle getan und möchte es hier wiederholen.)
  • Geht man der von Vorstellung aus, daß die Wirklichkeit (die Realität) in ihrer Gesamtheit aus Elementen besteht, so kann man diese als die Gesamtmenge R bezeichnen. Dabei besteht die Menge R aus allen materiellen und immateriellen Dingen dieser Welt, also auch aus Vorstellungen, Träumen, Philosophien, Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung und natürlich auch aus den materiellen Dingen. Eine Teilmenge W definieren wir als die Elemente des Wissens, eine andere Teilmenge G definieren wir als die Elemente des Glaubens.
    Die Frage ist nun: Sind die Teilmengen W un G disjunkt (elementfremd)?
    Ich sage nein, denn kein Element des Wissens ist dem Glauben fremd oder steht mit ihm in Widerspruch, d.h. alle Elemente von W sind auch in G enthalten.
    Folglich ist W eine Teilmenge von G.
    D.h. der Glauben umfaßt das gesamte Wissen und damit auch die ganze Wirklichkeit.
    q.e.d.
Zugegeben, eine etwas ungewöhnliche Sichtweise, aber gibt es Gegenargumente? :)
Sind bei Dir denn "der Glaube" ( also religiös - spirituelles Wissen) und "das Glauben" ( der Vorgang des Akzeptierens ) identisch?
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von ThorsHamar »

logopath » Fr 18. Jan 2013, 23:17 hat geschrieben:
Versuch's doch mal mit der Bruderschaft von Taizé, gegründet 1942/1949 von Roger Schütz.
Grundverständnis: Jede Situation muss völlig neu betrachtet und bewertet werden. Darum wird Jesus durch seine Botschaft in jeder Entscheidungssituation aufs Neue zu uns sprechen und möglicherweise auch früheren Entscheidungen gegenläufige Aspekte hervorheben.
Klar - ich weiß natürlich, dass Jesus so wie Du Dir das wünschst, nicht zu uns spricht. Das bewirkt der sogenannte Heilige Geist. Andere nennen es vielleicht kreatives Denken und Proaktives Denken - im Cjristentum ist es der Heilige Geist.
Frère Roger hat jede Art von Dogmenbilsdung abgelehnt mit der begründung, dass die Botschaft immer neu ist.

Übrigens spricht diese Art jedes Jahr über 50.000 Jugendliche an, die dorthin fahren und Tage und Wochen dort verbringen.
Taizé, ein kleiner Ort etwa eine Autostunde von Chalon-sur-Saone entfernt.
Falls das eine Art Qualitätsmerkmal sein soll:
Noch mehr junge Leute verbringen Tage und Wochen bei der jährlich neuen Botschaft von DSDS und pilgern zu den verschiedenen Stätten der Verkündung.
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von aleph »

Freidenker1 » Mi 16. Jan 2013, 11:28 hat geschrieben:Der freie Wille ist eine Illusion!

Ich denke, eines Tages werden die Hirnforscher endgültige Beweise bringen.

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Haben sie schon. Ist aber eine Scheindebatte. Was ist Freiheit? In der Zelle kann ich Freiheit natürlich nicht erkennen, nur ein Tor forscht dort danach. Vielleicht entschärft folgende These die Diskussion: Der Mensch ist ein Lebewesen, das Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen kann.
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
Besser schweigen und als Narr zu scheinen, als sprechen und jeden Zweifel zu beseitigen. Abraham Lincoln
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von aleph »

Antonius » Mo 14. Jan 2013, 17:00 hat geschrieben:Nun, der Spruch war wohl anders gemeint.


Vor einem Jahr hat der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Dr. Reinhard Marx, das Thema der Christlichen Freiheit angesprochen
und aus dem Brief des Hl. Apostels Paulus an die Galater zitiert: "Für die Freiheit hat Christus uns befreit." (Gal. 5,1).

Das Thema der Christlichen Freiheit ist essentiell für das christliche Leben.
In den Veröffentlichungen des Religionspädagogisches Institut Loccum habe ich nun gefunden:
  • Der im Glauben erfahrenen Freiheit entspricht eine Atmosphäre der Freiheit, die die verschiedenen Formen menschlicher Gemeinschaft bestimmen will – Familien und Freundeskreise, christliche Gemeinden und Schulklassen. Ich möchte hier von einer "Kultur der Freiheit" sprechen, die sich aus dem christlichen Glauben ergibt. Sie unterscheidet sich von jedem ideologischen Zwang und fundamentalistischen Fanatismus sowie von jeder moralistischen Enge. Es geht dabei nicht um Anpassung an den Zeitgeist, sondern um etwas, was sich aus dem Wesen des Glaubens selbst ergibt: Der im christlichen Glauben erfahrenen Befreiung entspricht in der Lebensgestaltung eine "Kultur der Freiheit".
    Prägnant bringt es Heinz Zahrnt zum Ausdruck: Bei Jesus und in seinem Geist herrscht eine besondere Atmosphäre.
    "Es ist der Luftzug der Erlösung – als gelangte man aus der Enge in einen weiten Raum. Die Freiheit hat schon begonnen."
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Das Leitbild unseres Handels ist das große Orientierungsbild der verantwortlichen Freiheit.
Zur jüdischen Gerechtigkeits- und zur christlichen Liebesethik gibt es bis heute keine Alternative.
Gegen verantwortliche Freiheit hat niemand etwas und ist sicherlich nicht nur christlich, sondern jeder Mensch kann das. Ich sehe bei Christen keine überdurchschnittliche Verantwortungsbereitschaft, mehr Freiheit zur Selbstverwirklichung.
Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Perdedor »

Antonius hat geschrieben: Aber wenn der Beobachtende Teil des Systems des zu Beobachtenden ist, sind sicherlich die Forschungsergebnisse nicht unabhängig vom Beobachter.
Was ist mit "Beobachterabhängigkeit" gemeint? Inwiefern widerspricht sie der Objektivität?
In der Relativitätstheorie ist die Gleichzeitigkeit beispielsweise abhängig vom Beobachter. Dennoch lässt sich diese Abhängigkeit objektiv beschreiben. "Objektivität" würde ich in diesem Zusammenhang über die Falsifizierbarkeit definieren. Es ist ja gerade eine zentrale Anforderung an Naturgesetze, dass sie sich falsifizieren lassen müssen, was natürlich impliziert dass jeder prinzipiell in der Lage sein muss jederzeit ein dazu geeignetes Experiment durchzuführen. Eine Erklärung ist genau dann erwiesenermaßen objektiv, wenn sie von allen zu allen Zeiten experimentell bestätigt wird. Aber selbst wenn dieser Beweis noch nicht erbracht ist, kann eine Aussage objektiv sein, nur eben nicht erwiesenermaßen. Oder andersherum: Die Objektivität ist eben auch nicht widerlegt.
Desweiteren würde ich die Tatsache, dass der Beobachter Teil des zu Beobachtenden ist, als Vorrausetzung für Objektivität betrachten. Denn wenn er kein Teil wäre, wäre die Verbindung zwischen Beobachter und System unklar und damit wäre es schwer festzustellen, was mit Objektivität überhaupt gemeint ist. Die Naturwissenschaft erhebt Anspruch das Gesamtsystem, also Beobachter+Beobachtungsgegenstand zu beschreiben. Gerade aus diesem Zusammenwirken ergeben sich ja die Beobachtungen.
Antonius hat geschrieben: Natürlich versucht man die Welt zu erforschen, Gott-sei-Dank, aber warum sollte man unbedingt alles in ein naturwissenschaftliches Korsett zwängen wollen.
Ich denke nicht, dass man das tut. Aber bisher hat sich die Naturwissenschaft als äußerst erfolgreich herausgestellt und die eigentliche Frage ist ja: Wieso sollte sie irgendwo scheitern? Ausschließen kann man das natürlich nicht, aber es gibt m.E. keinen Grund davon auszugehen.
Antonius hat geschrieben: Die Geisteswissenschaften bieten doch ein viel angemesseneres Format, diese Dinge, zu erklären.
Aber nur aus der praktischen Perspektive. Klarerweise dürfte es in der Praxis schwer möglich sein z.B. die Träume eines Menschens durch eine atomare Simulation des Gehirns vorherzusagen (fehlende Rechenkapazität...). Aber hier stellt sich wieder dieselbe Frage: Ist dies nur praktisch oder auch prinzipiell nicht möglich. Und ich sehe keinen Grund, warum man von letzterem ausgehen sollte.
Antonius hat geschrieben: Mit anderen Worten Metaphysik geht über Physik, oder man kommt ohne den umfassenderen Begriff des Glaubens nicht aus.
Ich denke nicht, dass Vorstellungen, Träume, Gefühle, Phantasien, etc. der Metaphysik zuzuordnen sind. Man kann sie aus praktischen Gründen in der Geisteswissenschaft behandeln, aber Metaphysik ist nach meinem Verständnis gar keine Wissenschaft. Wir brauchen keine metaphysischen Annhamen, wenn wir die Entstehung von Träumen untersuchen wollen. Die Psychologie (Geisteswissenschaft) und Neurologie sind hier geeignet.
Antonius hat geschrieben: Eine Teilmenge W definieren wir als die Elemente des Wissens, eine andere Teilmenge G definieren wir als die Elemente des Glaubens.
Kannst du mal ein Beispiel für ein Element auch G geben? Weiter oben nennst du z.B. Träume. Aber wieso sollten diese kein Element von W sein? Träume lassen sich doch naturwissenschaftlich untersuchen. Sie entsprechen bestimmten Vorgängen im Gehirn. Man kann ja beispielsweise nachweisen, dass auch Tiere träumen.
Deine Terminologie verwendent würde sich sagen, dass R und W identisch ist, während G eine Untermenge menschlicher Gedankenkonstrukte darstellt (welche wiederum eine Untermenge der gesamten Wirklichkeit sind), die natürlich auch z.B. durch die Religionswissenschaft untersucht werden können.

Um es zusammenzufassen: Wenn ich dich richtig verstehe gehst du a piori davon aus, dass R aus mehr als nur W besteht. Ich würde aber sagen,
1. dass auch immaterielle Dinge der Naturwissenschaft zugänglich sind (selbst wenn nur prinzipiell)
2. dass es keinen Grund gibt davon auszugehen, dass es etwas über W hinaus gibt (man kann es lediglich nicht ausschließen).
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Helmut III. »

[quote="Antonius » Do 8. Mär 2012, 12:58"]Der Begriff der Freiheit spielt im Christentum eine hervorragende Rolle.

Zum Thema Christliche Freiheit hat Kardinal Dr. Reinhard Marx,
Erzbischof des Erzbistum München und Freising, seine Silvesterpredigt vom 31.12.2011 gehalten.

Für Kardinal Marx spielte der Begriff der Freiheit im Christentum immer schon eine besondere Rolle;
Sein Kardinalswappen (und auch seine vorangegangenen Bischofswappen) enthalten die Inschrift:
UBI SPIRITUS DOMINI IBI LIBERTAS (2 Kor 3,17)
("Wo der Geist des Herrn wirkt, dort ist Freiheit“),
aus dem 2. Brief des Hl. Apostels Paulus an die Korinther.
http://de.wikipedia.org/w/index.php?tit ... 1121182535
Kardinal Marx schreibt dazu: "Mit diesem Wort (...) wollte ich deutlich machen, dass Freiheit das wesentliche Thema unseres Glaubens ist. (...)
In der modernen Welt wurde dem Glaube ja unterstellt, dass er mit einem Freiheitsverlust einhergeht. Aber das Gegenteil ist der Fall.
Freiheit ist die Voraussetzung für Verantwortung und Liebe.

In seiner Silvesterpredigt nimmt Kardinal Marx Bezug auf den Brief des Hl. Apostels Paulus an die Galater:

"Für die Freiheit hat Christus uns befreit." (Gal. 5,1) und postuliert in seiner Predigt u.a.:

[list]
Das Leitbild des Christlichen Lebens ist (...) für mich das Leitbild der verantwortlichen Freiheit.
Die Freiheit ist Ausdruck der Gottesebenbildlichkeit.
Zur Freiheit hat euch Christus berufen, so haben wir es eben gehört, lasst euch nicht neu unter die Knechtschaft bringen,
lasst euch nicht neu versklaven durch die Zwänge, die von außen kommen, die nicht dem entsprechen,
was der Christlichen Freiheit entspricht.

Das Leitbild unseres Handels, das große Orientierungsbild ist das Bild der Freiheit, die sich darüber freut,
geschaffene Freiheit zu sein, das Ja zu unserer Verantwortung(...).[/list]

Kardinal Marx fährt dann fort in seiner Beschreibung der Freiheit, die natürlcherweise an die Verantwortung geknüpft ist. Er nennt auch die Feinde der Freiheit, die vor allem gegeben sind im Relativismus, Fatalismus, Populismus und der Ökonomisierug vieler Lebensbereiche.
Hier ist die Predigt zu hören:

http://www.erzbistum-muenchen.de/Page001585.aspx

Hat der Kardinal die Freiheit, die ein überragendes universales Menschenrecht ist, sehr zutreffend charkterisiert?[/quote]


Alles eine Frage des Blickwinkels. Christen wie Marx haben die Gabe ihre Ansichten der Dinge durch Worthülsen zu belegen wollen.

Ich muss niemanden lieben um für mich frei zu sein. Verantwortung für oder was? Für Gott oder die Gesellschaft oder für mich? Verantwortung hat man, weil man Teil der Gesellschaft ist. Dazu braucht es keinen Hinweis zur Freiheit.

Aber versklavt nicht die Lehre Jesus seine Menschen? Denn er fordert bedingungslosen Gehorsam und dieser ist im Gegenspruch zur Freiheit.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Helmut III. »

Jekyll » Do 8. Mär 2012, 19:22 hat geschrieben:Wer wirkliche Freiheit will, sollte Buddhist werden.

Iss meine Meinung.

Der sollte Atheist werden.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Demokrat »

logopath » Do 17. Jan 2013, 20:32 hat geschrieben:

Der Begriff Dogma wird hier manipulativ als Schlagwort gebraucht. Selbstverständlich haben Heidentum, Buddhismus und andere Religione ebenso ihre "Dogmen"/Lehrsätze, welche die Grundlage des jeweiligen Glaubens darstellen.
Dogmatisch werden Menschen, sofern sie bestimmte Sätze aus dem Zusammenhang reißen und sie für die ganze Wahrheit ausgeben. Diese Form des Dogmatismus findet sich übrigens häufig bei Naturwissenschaft-Gläubigen.
Hast du das mal genau geprüft, was du da schreibst?
Heidentum war und ist diesseitsbezogen, tolerant und polytheistisch und unterscheidet sich insofern grundsätzlich von dogmatischen, monotheistischen Religionen.
Viellleicht ist das für uns, die in einem christlich abendländischen Umfeld aufgewachsen sind, nicht ganz einfach zu verstehen, aber wir haben heute die Chance, uns wieder an unsere alten Wurzeln zu erinnern.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

Perdedor » Mo 21. Jan 2013, 17:14 hat geschrieben: Was ist mit "Beobachterabhängigkeit" gemeint? Inwiefern widerspricht sie der Objektivität?
In der Relativitätstheorie ist die Gleichzeitigkeit beispielsweise abhängig vom Beobachter. Dennoch lässt sich diese Abhängigkeit objektiv beschreiben. "Objektivität" würde ich in diesem Zusammenhang über die Falsifizierbarkeit definieren. Es ist ja gerade eine zentrale Anforderung an Naturgesetze, dass sie sich falsifizieren lassen müssen, was natürlich impliziert dass jeder prinzipiell in der Lage sein muss jederzeit ein dazu geeignetes Experiment durchzuführen. Eine Erklärung ist genau dann erwiesenermaßen objektiv, wenn sie von allen zu allen Zeiten experimentell bestätigt wird. Aber selbst wenn dieser Beweis noch nicht erbracht ist, kann eine Aussage objektiv sein, nur eben nicht erwiesenermaßen. Oder andersherum: Die Objektivität ist eben auch nicht widerlegt.
Desweiteren würde ich die Tatsache, dass der Beobachter Teil des zu Beobachtenden ist, als Vorrausetzung für Objektivität betrachten. Denn wenn er kein Teil wäre, wäre die Verbindung zwischen Beobachter und System unklar und damit wäre es schwer festzustellen, was mit Objektivität überhaupt gemeint ist. Die Naturwissenschaft erhebt Anspruch das Gesamtsystem, also Beobachter+Beobachtungsgegenstand zu beschreiben. Gerade aus diesem Zusammenwirken ergeben sich ja die Beobachtungen.
Danke, Perdedor, für Deine ausführliche Stellungnahme.
Leider komme ich erst jetzt dazu, wenigstens kurz zu antworten.

Mit Deinem Begriff der Objektivität habe ich Schwierigkeiten. Ich selbst meine mit Objektivität die absolute Unabhängigkeit des Beobachters vom Experiment.
Diese ist beispielsweise bei Experimenten in der der Mechanik oder der Elektrodynamik gegeben.
Keinesfalls würde ich es als Vorausetzung für Objektivität betrachten, daß der Beobachter Teil des zu Beobachtenden ist, im Gegenteil.
Nun ist mir natürlich bekannt, daß im subatomaren Bereich nicht immer die gewünschte Unabhängigkeit gegeben ist (Heisenbergsche Unschärferelation, Quantenmechanik, etc.) und daß man dort im Ergebnis nur zu Wahrscheinlichkeitsaussagen kommt.
(Zur Information: Ich war während meiner aktiven Zeit hauptsächlich mit der numerischen Behandlung von Problemen der klassischen Elektrodynamik beschäftigt.)
Perdedor » Mo 21. Jan 2013, 17:14 hat geschrieben: Ich denke nicht, dass man das tut. Aber bisher hat sich die Naturwissenschaft als äußerst erfolgreich herausgestellt und die eigentliche Frage ist ja: Wieso sollte sie irgendwo scheitern? Ausschließen kann man das natürlich nicht, aber es gibt m.E. keinen Grund davon auszugehen.
Ohne Zweifel ist die naturwissenschaftliche Forschung äußerst erfolgreich bei der Klärung naturwissenschaftlicher Fragestellungen.
Aber - frei nach Goethes Faust - was die Welt im Innersten zusammenhält, das wissen wir nicht.
Perdedor » Mo 21. Jan 2013, 17:14 hat geschrieben: Aber nur aus der praktischen Perspektive. Klarerweise dürfte es in der Praxis schwer möglich sein z.B. die Träume eines Menschens durch eine atomare Simulation des Gehirns vorherzusagen (fehlende Rechenkapazität...). Aber hier stellt sich wieder dieselbe Frage: Ist dies nur praktisch oder auch prinzipiell nicht möglich. Und ich sehe keinen Grund, warum man von letzterem ausgehen sollte.

Ich denke nicht, dass Vorstellungen, Träume, Gefühle, Phantasien, etc. der Metaphysik zuzuordnen sind. Man kann sie aus praktischen Gründen in der Geisteswissenschaft behandeln, aber Metaphysik ist nach meinem Verständnis gar keine Wissenschaft. Wir brauchen keine metaphysischen Annhamen, wenn wir die Entstehung von Träumen untersuchen wollen. Die Psychologie (Geisteswissenschaft) und Neurologie sind hier geeignet.
Ob man jemals die Träume eines Menschens durch Simulation der Vorgänge im Gehirn wird vorhersagen können, wage ich zu bezweifeln.
Perdedor » Mo 21. Jan 2013, 17:14 hat geschrieben: Kannst du mal ein Beispiel für ein Element auch G geben? Weiter oben nennst du z.B. Träume. Aber wieso sollten diese kein Element von W sein? Träume lassen sich doch naturwissenschaftlich untersuchen. Sie entsprechen bestimmten Vorgängen im Gehirn. Man kann ja beispielsweise nachweisen, dass auch Tiere träumen.
Deine Terminologie verwendent würde sich sagen, dass R und W identisch ist, während G eine Untermenge menschlicher Gedankenkonstrukte darstellt (welche wiederum eine Untermenge der gesamten Wirklichkeit sind), die natürlich auch z.B. durch die Religionswissenschaft untersucht werden können.

Um es zusammenzufassen: Wenn ich dich richtig verstehe gehst du a piori davon aus, dass R aus mehr als nur W besteht. Ich würde aber sagen,
1. dass auch immaterielle Dinge der Naturwissenschaft zugänglich sind (selbst wenn nur prinzipiell)
2. dass es keinen Grund gibt davon auszugehen, dass es etwas über W hinaus gibt (man kann es lediglich nicht ausschließen).
Elemente des Glaubens G wären beispielsweise die Gestalt der Schöpfung, die Erlösung, die göttliche Gnade, die Liebe, die Hoffnung, die Freiheit, etc.
Ich denke nicht, daß "G eine Untermenge menschlicher Gedankenkonstrukte darstellt", sondern daß alle Elemente W in G enthalten sind.
Damit folgt, daß das Wissen W eine Teilmenge der Glaubenselemente G ist.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

Helmut III. » Mo 21. Jan 2013, 21:32 hat geschrieben: (...)Aber versklavt nicht die Lehre Jesus seine Menschen? Denn er fordert bedingungslosen Gehorsam und dieser ist im Gegenspruch zur Freiheit.
Keineswegs versklavt die Lehre Jesu Christi die Menschen.
Jesus Christus fordert nicht bedingungslosen Gehorsam, sondern er bietet seine Liebe und seine Gnade an.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Helmut III. »

Antonius » Do 24. Jan 2013, 20:47 hat geschrieben:Keineswegs versklavt die Lehre Jesu Christi die Menschen.
Jesus Christus fordert nicht bedingungslosen Gehorsam, sondern er bietet seine Liebe und seine Gnade an.

Aber um die Liebe und Gnade zu erhalten, müssen die Gläubigen Regeln befolgen. Ich sage nicht, das alle Regeln schlecht wären, viele sind sogar gut, wie Vergebung. Denn Vergebung macht das Leben leichter. Aber er verbietet auch negative Gefühle, die nun mal auch zum Menschen gehören. So darf man nicht hassen. Hassen ist nicht gut, das macht unfrei. Aber es ist jeden seine Privatsache, wenn er jemanden hasst oder nicht.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Perdedor »

Antonius hat geschrieben: Ich selbst meine mit Objektivität die absolute Unabhängigkeit des Beobachters vom Experiment.
Diese ist aber streng genommen nie gegeben. Der Beobachter muss das Experiment konstruieren und die Ergebnisse ablesen und anschließend interpretieren. Mir ist nicht klar, wie man sich ein Experiment ohne Beobachter vorstellen soll. Ist es nicht gerade die Definition eines Experiments, dass eine Beobachtung angestellt wird? Woher weiß ein Beobachter überhaupt von einem Experiment, wenn er vollkommen unabhängig von ihm ist?

Aus deinem Hinweis auf die Quantenmechanik könnte man folgern, dass du vielleicht meinst, dass der Experimentator nach dem Start des Experiments keinen Einfluss mehr nehmen soll um es objektiv zu machen. Aber wieso? Jeder Einfluss des Experimentators ist doch wiederum quantifizier- und erforschbar (wenn z.B. eine Probe verunreinigt wird). Auf jeden Fall in der klassischen Physik. In der QM (die ja grundlegender ist), ist es sogar gerade dieser Einfluss, der das Experiment definiert. Dennoch ist sie in ihren Wahrscheinlichkeitsaussagen 100% objektiv (also falsifizierbar).
Antonius hat geschrieben: Aber - frei nach Goethes Faust - was die Welt im Innersten zusammenhält, das wissen wir nicht.
Noch nicht. Die Frage ist, ob wir es wissen können (durch die Wissenschaft).
Du meinst offenbar nein. Aber warum?
Antonius hat geschrieben: Elemente des Glaubens G wären beispielsweise die Gestalt der Schöpfung, die Erlösung, die göttliche Gnade, die Liebe, die Hoffnung, die Freiheit, etc.
Nehmen wir beispielsweise die "Liebe". Eine menschliche Emotion, die bestimmten Prozessen im menschlichen Körper entspricht. Wieso ist sie kein Element von W?
Inwiefern ist "Freiheit" eine Aussage, die man glauben oder wissen kann? D.h. wie passt sie überhaupt in W oder G? Ob eine bestimmte Person frei ist, kann man anhand der Definitionskriterien dieses Begriffs trivial feststellen. Wenn du z.B. sagst "frei ist der, welcher nicht dem Willen anderer Menschen unterworfen ist", dann kannst du die Menge der "Menschen" in die Untermengen "Freie" und und "Unfreie" aufteilen. Wo kommt da nun W oder G ins Spiel?
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Antonius »

Perdedor » Fr 25. Jan 2013, 18:50 hat geschrieben: Diese ist aber streng genommen nie gegeben. Der Beobachter muss das Experiment konstruieren und die Ergebnisse ablesen und anschließend interpretieren. Mir ist nicht klar, wie man sich ein Experiment ohne Beobachter vorstellen soll. Ist es nicht gerade die Definition eines Experiments, dass eine Beobachtung angestellt wird? Woher weiß ein Beobachter überhaupt von einem Experiment, wenn er vollkommen unabhängig von ihm ist?

Aus deinem Hinweis auf die Quantenmechanik könnte man folgern, dass du vielleicht meinst, dass der Experimentator nach dem Start des Experiments keinen Einfluss mehr nehmen soll um es objektiv zu machen. Aber wieso? Jeder Einfluss des Experimentators ist doch wiederum quantifizier- und erforschbar (wenn z.B. eine Probe verunreinigt wird). Auf jeden Fall in der klassischen Physik. In der QM (die ja grundlegender ist), ist es sogar gerade dieser Einfluss, der das Experiment definiert. Dennoch ist sie in ihren Wahrscheinlichkeitsaussagen 100% objektiv (also falsifizierbar).

Noch nicht. Die Frage ist, ob wir es wissen können (durch die Wissenschaft).
Du meinst offenbar nein. Aber warum?
Ich plane, auf den angesprochenen Themenkreis später ausführlicher zurückzukommen.
Im Moment soviel: Der Mensch (Physiker) als beobachtendes Subjekt ist prinzipiell gebunden an Zeit, Raum und Kausalität,
er kann also die Wahrheitsgehalt der Forschungsergebnisse gar nicht erkennen, denn dazu müßte er außerhalb des Systems stehen.
Perdedor » Fr 25. Jan 2013, 18:50 hat geschrieben: Nehmen wir beispielsweise die "Liebe". Eine menschliche Emotion, die bestimmten Prozessen im menschlichen Körper entspricht. Wieso ist sie kein Element von W?
Inwiefern ist "Freiheit" eine Aussage, die man glauben oder wissen kann? D.h. wie passt sie überhaupt in W oder G? Ob eine bestimmte Person frei ist, kann man anhand der Definitionskriterien dieses Begriffs trivial feststellen. Wenn du z.B. sagst "frei ist der, welcher nicht dem Willen anderer Menschen unterworfen ist", dann kannst du die Menge der "Menschen" in die Untermengen "Freie" und und "Unfreie" aufteilen. Wo kommt da nun W oder G ins Spiel?
Ich komme auf Goethes Faust zurück, auf den Monolog des Faust:
  • Habe nun, ach! Philosophie,
    Juristerei und Medizin,
    Und leider auch Theologie
    Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
    Da steh' ich nun, ich armer Tor,
    Und bin so klug als wie zuvor!
    Heiße Magister, heiße Doktor gar,
    Und ziehe schon an die zehen Jahr'
    Herauf, herab und quer und krumm
    Meine Schüler an der Nase herum -
    Und sehe, daß wir nichts wissen können!
    Das will mir schier das Herz verbrennen.
Ich denke, daß Faust (Goethe) hier sehr gut den Menschen, der Erkenntnisse erwerben will, darstellt.

Durch alle Erkenntnisse wird er jedoch nicht das Reich der Freiheit erreichen, denn dieses ist durch Gott gegeben.
Wie eingangs erwähnt:
UBI SPIRITUS DOMINI IBI LIBERTAS (2 Kor 3,17)
("Wo der Geist des Herrn wirkt, dort ist Freiheit“),
aus dem 2. Brief des Hl. Apostels Paulus an die Korinther.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Perdedor »

Antonius hat geschrieben: Ich plane, auf den angesprochenen Themenkreis später ausführlicher zurückzukommen.
Im Moment soviel: Der Mensch (Physiker) als beobachtendes Subjekt ist prinzipiell gebunden an Zeit, Raum und Kausalität,
er kann also die Wahrheitsgehalt der Forschungsergebnisse gar nicht erkennen, denn dazu müßte er außerhalb des Systems stehen.
Ich bin auf deine Ausführungen gespannt, aber um einem Mißverständnis vorzubeugen, möchte ich nochmal betonen, dass man genau auf die Formulierung der Frage achten muss. Lautet sie:
1. Können wir die Wahrheit erkennen?
2. Können wir erkennen, dass es sich dabei auch tatsächlich um die Wahrheit handelt?

Um es an einem konkreten Beispiel zu verdeutlichen:
Wenn ein physikalisches Gesetz aufgestellt wird, kann es wahr sein (d.h. die Wirklichkeit korrekt beschreiben) oder nicht. Aber selbst wenn es wahr ist, bedeutet dies nicht, dass wir wissen, dass es wahr ist.
Im Extremfall bedeutet das: Angenommen wir haben die "Weltformel" gefunden. Dann haben wir die Antwort auf ALLE grundlegenden Fragen, die Wirklichkeit betreffend. (Nebenbei: Das bedeutet natürlich nicht, dass alle konkreten Fragen beantwortet werden können, da, wie du vermutlich aus deiner früheren Arbeit weisst, z.B. nicht alle Differentialgleichungen analytisch gelöst werden können. Es geht bei der Weltformel nur über die grundlegenden Gesetze.) Aber selbst dann wissen wir nicht, ob es sich um die Weltformel handelt. M.a.W. es ist denkbar, dass wir über alles Wissen verfügen, es uns aber nicht bewusst ist. U.a. aufgrund unserer begrenzten Lebensspanne, können wir die Weltformel nunmal nicht in jeder Situation überprüfen. Daraus folgt aber NICHT, dass es sich nicht um die Weltformel handeln kann.

Auf deine Beiträge bezogen:
Deiner Aussage "er kann also die Wahrheitsgehalt der Forschungsergebnisse gar nicht erkennen" kann ich in gewissem Sinne zustimmen, nicht jedoch der Aussage, dass nicht alle Elemente der Wirklichkeit erforscht werden können.
Es gibt m. E. keinen Grund davon auszugehen, dass der Mensch nicht die gesamte Wirklichkeit verstehen kann. Es ist lediglich so, dass, wenn er über das vollständige Wissen über die Wirklichkeit verfügt, er sich trotzdem nicht sicher sein kann, dass es vollständig ist. Das widerspricht aber nicht der Möglichkeit. Du kannst im vorraus nicht wissen, ob deine Lottozahlen die richtigen sind, aber das schließt nicht aus, dass sie es sind.
Antonius hat geschrieben: Ich denke, daß Faust (Goethe) hier sehr gut den Menschen, der Erkenntnisse erwerben will, darstellt.
Ich denke Faust hat hier schlicht eine depressive Phase. Letztendlich fehlt ihm die Frau.
Er fragt Mephistopheles ja auch nicht nach dem, was die Welt nun zusammenhält, sondern will mit Gretchen ins Bett. Und am Ende ist er glücklich, weil er glaubt etwas geschaffen zu haben. Die vermeintlich unverständliche Welt ist nur vorgeschoben und wird im Folgenden nicht weiter erörtert.

Wie dem auch sei. Mit Aussagen, wie "Durch alle Erkenntnisse wird er jedoch nicht das Reich der Freiheit erreichen, denn dieses ist durch Gott gegeben." kann ich leider gar nichts Anfangen. Bei deinen weiteren Ausführungen wäre es daher hilfreich, wenn du explizit auf meine obigen Fragen eingingest.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Helmut III. »

[quote="Demokrat » Di 15. Jan 2013, 16:43"]Allein die Wortkombination christlich und Freiheit ist ein Widerspruch. Das Christentum ist eine dogmatische Religion.
Wirklich demokratiefähig, freiheits- und selbstverantwortungsfördernd ist nur das Heidentum, der Buddhismus und Naturreligionen.[/quote]


Seit wann ist ist Buddhismus frei? Da muss man meditieren, darf auch keine negativen Gefühle haben, sonst wird man immer wieder geboren.

[quote="Katenberg » Di 15. Jan 2013, 21:59"]

Das stimmt so nicht, schon allein, weil es sehr viele (freie) Freikirchen gibt.[/quote]


Die haben meist schlimmere Dogmen als die kath. Kirche.

[quote="Freidenker1 » Mi 16. Jan 2013, 11:28"]Der freie Wille ist eine Illusion!

Ich denke, eines Tages werden die Hirnforscher endgültige Beweise bringen.

"Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben." André Gide


Schöne Grüsse aus der Freidenker Galerie

Love and Peace
Rainer[/quote]


Es ist eine Mischung aus freier Wille und uns Handlungen, die uns das Hirn vorgibt. Wir können nicht ständig überlegen, was wir tun. Dann würde uns das ständige Überlegen von der Bewältigung des Alltags abhalten. Wäre aber alles gesteuert vom Hirn, gäbe es auch keinen Fortschritt. Warum sollte das Hirn eines Forschers ihn automatisch zum Forschen anhalten? Er muss da schon mit freien Willen denken. Natürlich wird er aufgrund seiner Erfahrungen und seines Wissen auch viel aus dem Bauch herausmachen.
Daneben kann ein Mörder, also einer der mit voller Absicht tötet, immer noch nachdenken mit seinem freien Willen, ob dies richtig oder falsch ist, einen anderen zu töten.
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Re: Christliche Freiheit

Beitrag von Ein Terraner »

Antonius hat geschrieben:(08 Mar 2012, 12:58)

Der Begriff der Freiheit spielt im Christentum eine hervorragende Rolle.
Wie weit ist es bei einem Allmächtigen Dauerüberwacher mit der Freiheit denn her?
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