#MeTwo - Die Banalität des Rassismus

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ThorsHamar
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von ThorsHamar »

JJazzGold hat geschrieben:(28 Jul 2018, 12:31)

Ich kann dich beruhigen, ich habe das Grübeln darüber längst eingestellt, es ist viel zu heiß dazu. ;)
...schön, auf Frauen kann man sich verlassen .... ähm ...plus Wetter .... :thumbup:
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apartofme
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von apartofme »

Mahmoud hat geschrieben:(28 Jul 2018, 10:43)
Wenn ich irgendjemandem eine Frage stelle oder mit Irgendjemandem spreche, dann muss ich mir keinen Rassismus vorwerfen lassen, bloß weil man irgendein Wort oder irgendeine Redewendung mit viel schlechtem Willen auch falsch verstehen könnte. Wichtig und maßgeblich ist nur, was ich damit bezwecken
möchte.
Man könnte auch argumentieren: Ich bin nur verantwortlich für das, was ich sage; nicht für das, was Du verstehst.

Wenn ich jedes Wort auf die Goldwaage legen würde und es besser nicht sage, bloß weil man es auch falsch verstehen könnte, dann kommt am Ende nur noch nictssagende, seichte und unverfängliche Unterhaltung bei raus, ein "Merkelsches" Geschwurbel, wo man sich am Ende fragt: Was hat er/sie jetzt eigentlich gemeint?

Es wäre eine Mischung aus Lebensferne und Feigheit.
Die Sichtweise kann ich zwar relativ gut nachvollziehen - insbesondere die ihr zu Grunde liegenden Bedürfnisse, (1) sich in seiner Freiheit des Wortes nicht einschränken lassen zu wollen und (2) ein alltagstaugliches und kategorisierbares System zur Beurteilung von richtigen und falschen Handlungen zu haben --
aber ich denke, dass sie trotzdem auf einem Missverständnis beruht. Es geht nicht ausschließlich darum, wie bestimmte Dinge verstanden werden können, sondern durchaus auch darum, wie bestimmte Dinge gemeint sind, ohne dass diejenigen, die sie sagen, sich dessen bewusst sind - schlichtweg weil sie einer bestimmten Gewohnheit entspringen, die Teil des eigenen Habitus wird.

Ich mache dies vielleicht am besten einmal an einem relativ simplen Beispiel deutlich. Angenommen du bist Arzt und hast dementsprechend durch deine Profession einen relativ hohen sozialen Status. Du fragst dann eine andere Person, die du rein zufällig auf der Straße triffst, was sie beruflich macht. Da ist die Wahrscheinlichkeit einfach relativ groß, dass du hierbei mit einer Person zusammentriffst, die durch ihren Beruf einen geringeren sozialen Status hat. Du stellst diese Frage zwar nicht aus einer diskriminierenden Motivation heraus, aber du stellst sie, weil dir diese Frage ob des eigenen Erhabenheitsstatus, dass dir durch sie zuteil wurde, schon immer angenehm war. In anderen Worten: du beteiligst dich zwar nicht bewusst an dem System, das Menschen in einen höheren und niedrigeren sozialen Status kategorisiert, aber du profitierst trotzdem durch die Fragestellung ganz bewusst von diesem System, weil du vom System schon so konditioniert wurdest, dass dieses Profitieren für dich angenehm ist und somit Teil deines Habitus geworden ist.

Ich finde es interessant, dass du hierbei die Formulierung "auf die Goldwaage legen" verwendest, weil sie impliziert, dass hier eben doch etwas ist, was ein bestimmtes Gewicht hat. Vielleicht verstehe ich dich falsch, aber dir scheint schon intuitiv bewusst zu sein, dass da etwas mehr in der Luft liegt, als lediglich die Kommunikation von zwei Individuen. So einfach ist das ganz und gar nicht.

Der Einwand, die ständige Berücksichtigung dieser Umstände sei lebensfern, lasse ich gern gelten. Man kann sich gar nicht immer vollkommen bewusst sein, was man tut und wie die Dinge, die man sagt, in ihrem gesellschaftlichen Kontext wirken. Diese Dinge zu erkennen und sich ihnen bewusst zu sein, ist jedoch ganz und gar nicht feige, sondern ganz im Gegenteil empfinde ich es als feige, einfach davon auszugehen, als seien sie bedeutungslos, nur weil man Angst davor hat, man müsste dadurch ggf. seine eigenen Handlungen hinterfragen und würde durch relativ 'normales' Verhalten irgendwie 'Schuld' auf sich laden. "Ignorance is a bliss" sagt man ja so schön.

Dass man sich der gesellschaftlichen Implikationen der eigenen Verhaltensweisen bewusst ist, bedeutet übrigens nicht, dass man zwangsläufig auf sie verzichten muss. Ich persönlich frage Menschen nach wie vor gern, wo sie herkommen, oder was sie beruflich machen, auch dann wenn ich weiß, dass ich hierbei ggf. gesellschaftliche Unterdrückungsmechanismen unterstütze. Sich der negativen Auswirkungen des eigenen Verhaltens bewusst zu sein, obwohl man weiß, dass es kaum Alternativen dazu gibt - das erfordert jedoch einen gewissen Grad an persönlicher Reife.
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schokoschendrezki
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von schokoschendrezki »

Wenn Frikadelle auf Köttbullar trifft, Gauchos gegen Wikinger anrennen, beim Tor Panamas nur die Briefkästen klappern und nach dem Sieg Mexikos der Sombrero-Hut gezogen wird, dann ist mal wieder Weltmeisterschaft im Stereotypen-Bingo.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/di ... _id=422544
Rassismus ist das für mich nicht. Es erinnert mich weit eher an diese Welt der 50er, 60er-Jahre-Schlager (und der entsprechenden Filme). "Zwei kleine Italiener", "Beim Calypso ist dann alles wieder gut, ja, das ist mexikanisch", "Ein Student aus Upsala", Vico Torrianis "In der Schweiz" oder dann etwas später auch "Haut die Gläser an die Wand, Russland ist ein schönes Land" usw. usf. Psychologisch - das ist jetzt nur eine Vermutung meinerseits - hat das mit dem WUnsch der Übersichtlichkeitswiederherstellung zu tun. Entweder nach traumatischen Massenerlebnissen wie dem weltkrieg oder eben der neuen ökonomischen und politischen Unübersichtlichkeit des beginnenden 21. Jahrhunderts.

Rassistisch und auch gefährlich wirds, wenn daraus Angstbesetzungen und Aufhetzereien gemacht werden. Wenn eine Vera Lengsfeld unter der Überschrift "Danke Mesut Özil" ganz unumwunden den Fall Özil begrüßt, weil sich damit Gruppen von Menschen in Deutschland, noch dazu mit der katalytischen Wirkung des populären Themas Fußball bwz. des vorzeitigen Ausscheidens Deutschlands gegeneinander hetzen lassen. AUch wenn sie den entsprechenden Artikel nur zustimmend weiterveröffentlicht. Warum freut man sich über Unfrieden?`https://www.epochtimes.de/politik/deuts ... 00917.html

Fragen nach der familiären Herkunft sind hoch interessant und geben in so gut wie jedem Fall Stoff für einen ganzen Roman her. Ich weiß es wegen meiner eigenen mehrfach zusammengesetzten und heterogenen Herkunft nur zu gut.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von Troh.Klaus »

Senexx hat geschrieben:(28 Jul 2018, 12:13)
Die "Out-Of-Afrika"-Hypothese wird ja neuerdings aus Wissenschaftskreisen stark angezweifelt.
Welche Out-of-Africa-Hypothese?
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think twice
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von think twice »

Die Intention des Threaderstellers ist so durchschaubar wie dämlich. Es gibt bei metwo über 50.000 tweets, die teilweise ueblen Rassismus dokumentieren. Um davon abzulenken, sucht man sich einen vermeintlich belanglosen Tweet und diskutiert diesen mehrere Seiten lang... als ob es keine weiteren gäbe.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
(Mahatma Gandhi)
Mahmoud

Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von Mahmoud »

apartofme hat geschrieben:


Ich mache dies vielleicht am besten einmal an einem relativ simplen Beispiel deutlich. Angenommen du bist Arzt und hast dementsprechend durch deine Profession einen relativ hohen sozialen Status. Du fragst dann eine andere Person, die du rein zufällig auf der Straße triffst, was sie beruflich macht. Da ist die Wahrscheinlichkeit einfach relativ groß, dass du hierbei mit einer Person zusammentriffst, die durch ihren Beruf einen geringeren sozialen Status hat. Du stellst diese Frage zwar nicht aus einer diskriminierenden Motivation heraus, aber du stellst sie, weil dir diese Frage ob des eigenen Erhabenheitsstatus, dass dir durch sie zuteil wurde, schon immer angenehm war. ....., dass dieses Profitieren für dich angenehm ist und somit Teil deines Habitus geworden ist.

.
Das ist ein interessanter Aspekt, den Ich so noch nicht gesehen habe.

Wenn ein Arzt eine neue Bekanntschaft fragt "Was machst Du so beruflich?" und diese neue Bekanntschaft ist Müllmann, dann wäre es dem Müllmann möglicherweise unangenehm zu antworten, während der Arzt nicht viel zu "befürchten" hätte.

Aber soll der Arzt deswegen auf eine solche Frage verzichten?
Und weiter: Sind die negativen Gefühle des Befragten wichtiger oder schwerwiegender als die positiven Gefühle des Fragestellers?

Oder allgemein und etwas provokanter gefragt: Hat der, der sich diskriminiert fühlt, immer Recht? :cool:

Und jetzt noch etwas Anderes: apartofme, das war ein sehr guter Beitrag von Dir! Sehr gut formuliert, frei von Polemik und treffend. Wer bist Du?
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von Troh.Klaus »

ThorsHamar hat geschrieben:(28 Jul 2018, 12:10)
Wenn man also so einen ( politisch konnotierten ) Blödsinn verkauft, dass alle Menschen aus Afrika stammen, ist es genau so korrekt, zu sagen, dass alle Menschen aus Mali stammen.
Der ehemalige Besitzer von UR 501 lebte "dort" vor 2,5 Millionen Jahren und hiess Rudi ( natürlich 'n Spitzname )
Was genau ist die "politische Konnotation" der Out-of-Africa-Hypothese?
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von Tom Bombadil »

Kommen wir alle vom Balkan: https://www.welt.de/wissenschaft/articl ... uropa.html ? Oder ist das für unseren Alltag nicht eigentlich völlig wurscht und nur für die Wissenschaft interessant?
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von apartofme »

Mahmoud hat geschrieben:(29 Jul 2018, 11:51)

Das ist ein interessanter Aspekt, den Ich so noch nicht gesehen habe.

Wenn ein Arzt eine neue Bekanntschaft fragt "Was machst Du so beruflich?" und diese neue Bekanntschaft ist Müllmann, dann wäre es dem Müllmann möglicherweise unangenehm zu antworten, während der Arzt nicht viel zu "befürchten" hätte.

Aber soll der Arzt deswegen auf eine solche Frage verzichten?
Und weiter: Sind die negativen Gefühle des Befragten wichtiger oder schwerwiegender als die positiven Gefühle des Fragestellers?

Oder allgemein und etwas provokanter gefragt: Hat der, der sich diskriminiert fühlt, immer Recht? :cool:
Eher nicht. Die Frage ist an dieser Stelle tatsächlich, ob derjenige, der sich diskriminiert fühlt, auch diskriminiert ist. Es ist ja nun auch kein Zufall, dass die größte Kritik an diesen Dingen ausgerechnet aus der marxistischen Fraktion kommt, die wirtschaftliche Disparität schon immer als einen Unterdrückungsmechanismus aufgefasst haben.

Das soll aber keineswegs bedeuten, dass diese Diskriminierung lediglich subjektiv ist. Sie lässt sich doch auch objektiv messen. Es ist vermutlich immer einfacher, das in anderen Gesellschaften zu erkennen. Beispielsweise in Gesellschaften, in denen die Religionszugehörigkeit auf das Ausweispapier gedruckt wird. Da wird ja auch argumentiert, dass das an und für sich überhaupt keine Diskriminierung sei. Die Diskriminierung wird aber im gesellschaftlichen Kontext real - und wir können nur aus diesem gesellschaftlichen Kontext den gewaltigen qualitativen Unterschied zwischen dieser Praxis und beispielsweise der deutschen Praxis der Angabe der Konfession für die Kirchensteuerabrechnung erkennen, obwohl beide Praktiken dem Anschein nach ähnlich sind.

Meine persönliche Meinung ist übrigens, dass diese Diskussionsfrage eine sehr kritische ist. Zwar ist mir sehr klar, dass diese gesellschaftlichen Verhältnisse existieren, dass sie extrem problematisch sind und dass sie durch bestimmte Verhaltensweisen reproduziert werden, aber gleichzeitig glaube ich in der Tat, dass die Versuche, sie in einem ethnisch-moralischen oder gar legalen Kontext zu antizipieren auch sehr stark nach hinten los gehen können. Sie können nämlich, wie hier bereits auch schon angedeutet wurde, die 'Opferrolle' dieser Menschen noch zusätzlich verfestigen und den natürlichen Emanzipationsprozess untergraben. Was ich damit sagen möchte: Dieses Thema ist noch ganz und gar nicht ausdiskutiert, sondern die Diskussion hat eigentlich gerade erst begonnen.
Und jetzt noch etwas Anderes: apartofme, das war ein sehr guter Beitrag von Dir! Sehr gut formuliert, frei von Polemik und treffend. Wer bist Du?
Ich schreibe schon seit 2004 unter diesem Nick und habe auch sonst keinen anderen zum Schreiben verwendet. War aber schon eine ganze Weile nicht mehr auf einem Usertreffen.
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Re: #MeTwo - Die Banalität des Rassismus

Beitrag von TheManFromDownUnder »

apartofme hat geschrieben:(28 Jul 2018, 03:34)

Viele arabische Staaten, streng religiöse Teile Südamerikas, Bible Belt*.

Gläubige Muslime in arabischen Staaten aber (neuerdings) auch in Indonesien** fragen Europäer relativ oft nach deren Religion. Wenn man sie fragt, warum, geben die Menschen oft recht glaubhaft zu erkennen, dass sie lediglich etwas suchen würden, worüber man sich gut unterhalten kann. Das kann für diese Menschen auch subjektiv 'wahr' sein, aber wer die gesellschaftlichen und kulturellen Umstände etwas kennt, kann schnell erkennen, dass die Gründe komplexer sind.

*In den USA ist es oftmals eher die Denomination, die nachgefragt wird

**Indonesien erlebt bekanntlich ein Revival des religiösen Herrschaftsanspruchs. Dieser Umstand geht auch nicht an den 'einfachen religiösen Leuten' vorbei, die mit diesen intoleranten Bewegungen nichts zu tun haben möchten. Das ist genau das Interessante: dass man sich den Herrschaftsmechanismen gar nicht entziehen kann, sondern sie direkt in die Intuition übergehen.
Ich war sehr viel im Mittleren Osten unterwegs. Niemand hat mich jemals nach meiner Religion befragt. In den USA hat mich auch niemand nach meiner Religion gefragt. Ich lebte und arbeitet in Malaysia und niemand hat mich nach meiner Religion gefragt in Indonesien auch nicht.

Woher hast du deine Erkenntnisse?

Das jemand fragt "Wo kommst du her" ist normale menschliche Neugier. Hier in Australien fraegt man oft " Where do you come originally from" Das ist ok, insbesondere hier weil wir alle irgendwo herkommen.
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