Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

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think twice
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

unity in diversity hat geschrieben:(16 Dec 2017, 13:30)

Gutmenschen zählen nicht zur verbindenden deutschen Kultur, weil sie ihre Ziele nur auf Kosten anderer erreichen können.
Ich z.B. zahle grade den Anwalt für das Gerichtsverfahren einer irakischen Familie aus eigener Tasche. Bis jetzt sind knapp 2000 Euro und das Verfahren ist noch nicht beendet. Also piss mich nicht ständig von der Seite an, OK?

Im Übrigen lege ich auch keinen Wert darauf, mich mit euch zu verbinden. Weder menschlich noch kulturell. Da kümmere ich mich lieber um eine schwerkranke Irakerin und ihre beiden kleinen Kinder und kämpfe darum, dass sie hier bleiben dürfen. Diese Menschen sind bescheiden, dankbar, integrationsbemueht und haben ein gutes Herz und haben es allemal verdient, dass ich mich mit ihnen verbinde.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Selina
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

think twice hat geschrieben:(16 Dec 2017, 14:02)

Ich z.B. zahle grade den Anwalt für das Gerichtsverfahren einer irakischen Familie aus eigener Tasche. Bis jetzt sind knapp 2000 Euro und das Verfahren ist noch nicht beendet. Also piss mich nicht ständig von der Seite an, OK?

Im Übrigen lege ich auch keinen Wert darauf, mich mit euch zu verbinden. Weder menschlich noch kulturell. Da kümmere ich mich lieber um eine schwerkranke Irakerin und ihre beiden kleinen Kinder und kämpfe darum, dass sie hier bleiben dürfen. Diese Menschen sind bescheiden, dankbar, integrationsbemueht und haben ein gutes Herz und haben es allemal verdient, dass ich mich mit ihnen verbinde.
Wahnsinn, think twice. Ich ziehe wieder mal den Hut vor dir :)
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think twice
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Selina hat geschrieben:(16 Dec 2017, 14:09)

Wahnsinn, think twice. Ich ziehe wieder mal den Hut vor dir :)
Ich hätte das gar nicht erwähnt, aber dieser Stalker geht mir langsam auf den Zeiger.
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unity in diversity
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von unity in diversity »

think twice hat geschrieben:(16 Dec 2017, 14:02)

Ich z.B. zahle grade den Anwalt für das Gerichtsverfahren einer irakischen Familie aus eigener Tasche. Bis jetzt sind knapp 2000 Euro und das Verfahren ist noch nicht beendet. Also piss mich nicht ständig von der Seite an, OK?

Im Übrigen lege ich auch keinen Wert darauf, mich mit euch zu verbinden. Weder menschlich noch kulturell. Da kümmere ich mich lieber um eine schwerkranke Irakerin und ihre beiden kleinen Kinder und kämpfe darum, dass sie hier bleiben dürfen. Diese Menschen sind bescheiden, dankbar, integrationsbemueht und haben ein gutes Herz und haben es allemal verdient, dass ich mich mit ihnen verbinde.
Dann möchte ich mich bei dir entschuldigen.
Du nimmst eine Bürde auf dich, die nur wenige tragen können.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von krone »

think twice hat geschrieben:(16 Dec 2017, 14:02)

Ich z.B. zahle grade den Anwalt für das Gerichtsverfahren einer irakischen Familie aus eigener Tasche. Bis jetzt sind knapp 2000 Euro und das Verfahren ist noch nicht beendet. Also piss mich nicht ständig von der Seite an, OK?

Im Übrigen lege ich auch keinen Wert darauf, mich mit euch zu verbinden. Weder menschlich noch kulturell. Da kümmere ich mich lieber um eine schwerkranke Irakerin und ihre beiden kleinen Kinder und kämpfe darum, dass sie hier bleiben dürfen. Diese Menschen sind bescheiden, dankbar, integrationsbemueht und haben ein gutes Herz und haben es allemal verdient, dass ich mich mit ihnen verbinde.
Pass bloß auf das du nicht am Kreuz landest ,gab's ja schonmal.

Im weiteren halt ich das für ausgemachten Blödsinn.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Dec 2017, 22:00)

Macht mit mir, was ihr wollt. Ich bin und bleibe grundsätzlich frei. Egal, ob es real so ist oder nicht. Und nun zeigte sich aber, dass man mit dieser zunächst absurd erscheinenden Behauptung letztendlich wesentlich, viel viel tiefer am Wesen des Menschseins angelangt war als mit biologischem Determinismus.
Naja, das konnte man aber auch schon vor den sogenannten "Existentialisten" klarer haben. Wobei es nun eigentlich das Eigentliche, die Eigenheit, der Selbstbesitz ist, und nicht die Freiheit:
Müssen Wir etwa, weil die Freiheit als ein christliches Ideal sich verrät, sie aufgeben? Nein, nichts soll verlorengehen, auch die Freiheit nicht; aber sie soll unser eigen werden, und das kann sie in der Form der Freiheit nicht.

Welch ein Unterschied zwischen Freiheit und Eigenheit! Gar vieles kann man loswerden, Alles wird man doch nicht los; von Vielem wird man frei, von Allem nicht. Innerlich kann man trotz des Zustandes der Sklaverei frei sein, obwohl auch wieder nur von Allerlei, nicht von Allem; aber von der Peitsche, der gebieterischen Laune usw. des Herrn wird man als Sklave nicht frei. »Freiheit lebt nur in dem Reich der Träume!« Dagegen Eigenheit, das ist mein ganzes Wesen und Dasein, das bin Ich selbst. Frei bin Ich von Dem, was Ich los bin, Eigner von dem, was Ich in meiner Macht habe, oder dessen Ich mächtig bin. Mein eigen bin Ich jederzeit und unter allen Umständen, wenn Ich Mich zu haben verstehe und nicht an Andere wegwerfe. Das Freisein kann Ich nicht wahrhaft wollen, weil Ich's nicht machen, nicht erschaffen kann: Ich kann es nur wünschen und darnach – trachten, denn es bleibt ein Ideal, ein Spuk. Die Fesseln der Wirklichkeit schneiden jeden Augenblick in mein Fleisch die schärfsten Striemen. Mein eigen aber bleibe Ich. Einem Gebieter leibeigen hingegeben, denke Ich nur an Mich und meinen Vorteil; seine Schläge treffen Mich zwar: Ich bin nicht davon frei; aber Ich erdulde sie nur zu meinem Nutzen, etwa um ihn durch den Schein der Geduld zu täuschen und sicher zu machen, oder auch um nicht durch Widersetzlichkeit Ärgeres Mir zuzuziehen. Da Ich aber Mich und meinen Eigennutz im Auge behalte, so fasse Ich die nächste, gute Gelegenheit beim Schopfe, den Sklavenbesitzer zu zertreten. Daß Ich dann von ihm und seiner Peitsche frei werde, das ist nur die Folge meines vorangegangenen Egoismus. Man sagt hier vielleicht, Ich sei auch im Stande der Sklaverei »frei« gewesen, nämlich »an sich« oder »innerlich«. Allein »an sich frei« ist nicht »wirklich frei« und »innerlich« nicht »äußerlich«. Eigen hingegen, mein eigen war Ich ganz und gar, innerlich und äußerlich. Von den Folterqualen und Geißelhieben ist mein Leib nicht »frei« unter der Herrschaft eines grausamen Gebieters; aber meine Knochen sind es, welche unter der Tortur ächzen, meine Fibern zucken unter den Schlägen, und Ich ächze, weil mein Leib ächzt. Daß Ich seufze und erzittere, beweist, daß Ich noch bei Mir, daß Ich noch mein eigen bin. Mein Bein ist nicht »frei« von dem Prügel des Herrn, aber es ist mein Bein und ist unentreißbar. Er reiße Mir's aus und sehe zu, ob er noch mein Bein hat! Nichts behält er in der Hand als den – Leichnam meines Beines, der so wenig mein Bein ist, als ein toter Hund noch ein Hund ist: ein Hund hat ein pulsierendes Herz, ein sogenannter toter Hund hat keines und ist darum kein Hund mehr.
Q: http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-ei ... um-4220/11

Und wieder näher am ursprünglcihen Thema (aus der Zeit vor der Geburt der dt. Nation):
Es mag hierbei an die »Nationalen« erinnert werden. Von den achtunddreißig Staaten Deutschlands verlangen, daß sie als Eine Nation handeln sollen, kann nur dem unsinnigen Begehren an die Seite gestellt werden, daß achtunddreißig Bienenschwärme, geführt von achtunddreißig Bienenköniginnen, sich zu Einem Schwarme vereinigen sollen. Bienen bleiben sie alle; aber nicht die Bienen als Bienen gehören zusammen und können sich zusammentun, sondern nur die untertänigen Bienen sind mit den herrschenden Weiseln verbunden. Bienen und Völker sind willenlos, und es führt sie der Instinkt ihrer Weisel.
Verwiese man die Bienen auf ihr Bienentum, worin sie doch Alle einander gleich seien, so täte man dasselbe, was man jetzt so stürmisch tut, indem man die Deutschen auf ihr Deutschtum verweist. Das Deutschtum gleicht ja eben darin ganz dem Bienentum, daß es die Notwendigkeit der Spaltungen und Separationen in sich trägt, ohne gleichwohl bis zur letzten Separation vorzudringen, wo mit der vollständigen Durchführung des Separierens das Ende desselben erscheint: Ich meine, bis zur Separation des Menschen vom Menschen. Das Deutschtum trennt sich zwar in verschiedene Völker und Stämme, d. h. Bienenkörbe, aber der Einzelne, welcher die Eigenschaft hat, ein Deutscher zu sein, ist noch so machtlos, wie die vereinzelte Biene. Und doch können nur Einzelne miteinander in Verein treten, und alle Völker-Allianzen und Bünde sind und bleiben mechanische Zusammensetzungen, weil die Zusammentretenden, soweit wenigstens die »Völker« als die Zusammengetretenen angesehen werden, willenlos sind. Erst mit der letzten Separation endigt die Separation selbst und schlägt in Vereinigung um.
Nun bemühen sich die Nationalen, die abstrakte, leblose Einheit des Bienentums herzustellen; die Eigenen aber werden um die eigen gewollte Einheit, den Verein, kämpfen. Es ist dies das Wahrzeichen aller reaktionären Wünsche, daß sie etwas Allgemeines, Abstraktes, einen leeren, leblosen Begriff herstellen wollen, wogegen die Eigenen das stämmige, lebenvolle Einzelne vom Wust der Allgemeinheiten zu entlasten trachten. Die Reaktionären möchten gerne ein Volk, eine Nation aus der Erde stampfen; die Eigenen haben nur Sich vor Augen. Im Wesentlichen fallen die beiden Bestrebungen, welche heute an der Tagesordnung sind, nämlich die Wiederherstellung der Provinzialrechte, der alten Stammeseinteilungen (Franken, Bayern usw., Lausitz usw.) und die Wiederherstellung der Gesamt-Nationalität in Eins zusammen. Die Deutschen werden aber nur dann einig werden, d. h. sich vereinigen, wenn sie ihr Bienentum sowohl als alle Bienenkörbe umstoßen; mit andern Worten: wenn sie mehr sind als – Deutsche; erst dann können sie einen »Deutschen Verein« bilden. Nicht in ihre Nationalität, nicht in den Mutterleib müssen sie zurückkehren wollen, um wiedergeboren zu werden, sondern in sich kehre Jeder ein. Wie lächerlich-sentimental, wenn ein Deutscher dem andern den Handschlag gibt und mit heiligem Schauer die Hand drückt, weil »auch er ein Deutscher ist«! Damit ist er was Rechtes! Aber das wird freilich so lange noch für rührend gelten, als man für »Brüderlichkeit« schwärmt, d. h. als man eine »Familiengesinnung« hat. Vom Aberglauben der »Pietät«, von der »Brüderlichkeit« oder »Kindlichkeit«, oder wie die weichmütigen Pietäts-Phrasen sonst lauten, vom Familiengeiste vermögen die Nationalen, die eine große Familie von Deutschen haben wollen, sich nicht zu befreien.
Q: http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-ei ... um-4220/14
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 12:26)

Hää? Wo siehst du einem "Exkurs über Soziobiologie"? Es geht um Evolution bzw evolutionäre Überlebensvorteile!
Nimm bitte zur Kenntnis, dass der Mensch weder außerhalb, noch über der Evolution und damit auch nicht außerhalb oder über der Biologie steht.
Pseudointellektuell ist ledigleich die (verbreitete) anthropozentrische Sichtweise.
Ja ja ja ... Sozialbilogie, Evolutionssoziologie ... nenn es wie du willst, es tut hier nichts zur Sache, erklärt nichts, bleibt eine nebolöse Spekulation, vor allem in den Händen von Laien, die mit ihrem abgelesenen Wikiwissen die Foren und Chaträume zumüllen. :rolleyes:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von unity in diversity »

krone hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:12)

Pass bloß auf das du nicht am Kreuz landest ,gab's ja schonmal.

Im weiteren halt ich das für ausgemachten Blödsinn.
Da lügt jemand sobald er das Maul aufreißt.
Zur verbindenden deutschen Kultur gehören keine diffamierenden Unterstellungen.
Klappt zwar nicht immer, sollte aber ruhig öfter funktionieren.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:15)

Naja, das konnte man aber auch schon vor den sogenannten "Existentialisten" klarer haben. Wobei es nun eigentlich das Eigentliche, die Eigenheit, der Selbstbesitz ist, und nicht die Freiheit:

Q: http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-ei ... um-4220/11

Und wieder näher am ursprünglcihen Thema (aus der Zeit vor der Geburt der dt. Nation):

Q: http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-ei ... um-4220/14
Max Stirners "Eigner" und Andreas Reckwitz' Singularitäten ... das ist schon eine interessante Parallelität. Max Stirner, leider habe ich zuwenig von und über ihn gelesen, gilt ja als krasser Außenseiter. Als eigentlicher Vorläufer existenzialisitischen Denkens wird ja meist Kierkegard genannt ...
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von krone »

unity in diversity hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:31)

Zur verbindenden deutschen Kultur gehören keine diffamierenden Unterstellungen.
Klappt zwar nicht immer, sollte aber ruhig öfter funktionieren.
Den scheinheiligen jeden Blödsinn abzukaufen gehört dazu?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von unity in diversity »

krone hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:36)

Den scheinheiligen jeden Blödsinn abzukaufen gehört dazu?
Scheinheilig sind eher jene Nihilisten, die von Kulturalismus, Existenzialismus und anderen Ismen schwätzen.
Sinnlose Mitesser, die keine Gesellschaft brauchen und die keine Gesellschaft braucht.
Das sind Entartungen, die schon immer und überall nach der Schule verprügelt wurden.
Zuletzt geändert von unity in diversity am Samstag 16. Dezember 2017, 15:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 12:44)

Was soll das denn sein "der Kern des Menschseins"?
Die Antwort auf die Frage, worin eigentlich der Sinn besteht, als Mensch in die Welt "geworfen" zu sein. Und die Antwort lautet, dass es einen solchen Sinn nicht gibt. Und die nächste Schlussfolgerung lautet, dass man damit vor dem Problem oder der Aufgabe oder der Möglichkeit (je nachdem wie mans sieht), seinem Leben selbst einen Sinn zu geben. Genau das meint "Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt". Die Aktualität dieses Ansatzes besteht darin, dass diese unabweisbare Freiheit auch darin gesehen werden kann, soziale Verantwortung zu übernehmen, Siehe das Beispiel Think Twice weiter oben.

Es gibt wahrscheinlich ein Missverständnis auszuräumen: Philosophie lässt sich nicht auf "Erkenntnis" (wie in den Naturwissenschaften) reduzieren. Philosophische Gedankengebäude enthalten in der Regel auch eine Art Lebensumgangsentwurf. Schon allein diese Fähigkeit, diese Möglichkeit, die Entwicklung einer solchen Kulturpraxis, schon seit der Antike zeigt: Der Mensch ist mitnichten durch seine biologischen Gegebenheiten eingeschränkt.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

krone hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:12)

Pass bloß auf das du nicht am Kreuz landest ,gab's ja schonmal.

Im weiteren halt ich das für ausgemachten Blödsinn.
Da lügt jemand sobald er das Maul aufreißt.
Du solltest dich schon entscheiden, ob ich am Kreuz lande oder ausgemachten Blödsinn erzähle.
Es soll auch uebrigens auch schon Leute gegeben haben, die an ihrem eigenen Geifer erstickt sind.
Ein Deutschkurs könnte dir auch nicht schaden. Oder am besten gleich ein Integrationskurs. ;)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

unity in diversity hat geschrieben:(16 Dec 2017, 13:30)

Gutmenschen zählen nicht zur verbindenden deutschen Kultur, weil sie ihre Ziele nur auf Kosten anderer erreichen können.
Die ganze Verunglimpfung vom sogenannten "Gutmenschentum" ist derselbe Unsinn wie die von der angeblichen "Beanspruchung einer Deutungshoheit". Das eine läuft darauf hinaus, dass man nicht mehr machen dürfen soll, was alle machen. Und das andere läuft darauf hinaus, dass man nicht mehr sagen dürfen soll, was alle sagen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von unity in diversity »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 16:02)

Die ganze Verunglimpfung vom sogenannten "Gutmenschentum" ist derselbe Unsinn wie die von der angeblichen "Beanspruchung einer Deutungshoheit". Das eine läuft darauf hinaus, dass man nicht mehr machen dürfen soll, was alle machen. Und das andere läuft darauf hinaus, dass man nicht mehr sagen dürfen soll, was alle sagen.
Was er sagen will, darf er nicht sagen.
Und was er sagen darf, will er nicht sagen.
Geht es dir darum?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:49)

Es gibt wahrscheinlich ein Missverständnis auszuräumen: Philosophie lässt sich nicht auf "Erkenntnis" (wie in den Naturwissenschaften) reduzieren. Philosophische Gedankengebäude enthalten in der Regel auch eine Art Lebensumgangsentwurf. Schon allein diese Fähigkeit, diese Möglichkeit, die Entwicklung einer solchen Kulturpraxis, schon seit der Antike zeigt: Der Mensch ist mitnichten durch seine biologischen Gegebenheiten eingeschränkt.
Der letzte Satz ist einfach ein sinnloser Satz. Mit einem Kalauer ließe sich sagen: Keiner denkt klüger, als er ist. Soll heißen: die Möglichkeiten des Menschen finden ihre Grenzen in seiner "natürlichen Ausstattung". Und wenn man daraus nun kein Sollen in irgendeiner Form ableitet, ist das auch eine ziemlich triviale Angelegenheit. Du kannst nun einmal nur wie ein Mensch denken, es gibt keine sogenannte Freiheit, plötzlich in den Delphin- oder den Fledermausmodus umzuschalten. Dein Denken bleibt also immer an das gebunden, was du bist: Ein Angehöriger der Gattung Mensch. Was daran problematisch sein soll, erschließt sich mir nicht.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:15)
Und wieder näher am ursprünglcihen Thema (aus der Zeit vor der Geburt der dt. Nation):
Q: http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-ei ... um-4220/14
Aus diesem zitierten Stirner-Text will ich nochmal eine Passage hervorheben. Und vielleicht kommen wir damit ja auch a) ein Stück weit zum aktuellen Thema zurück und b) an die aktuellen laufenden gesellschaftspolitischen Themen,
Max Stirner hat geschrieben: Verwiese man die Bienen auf ihr Bienentum, worin sie doch Alle einander gleich seien, so täte man dasselbe, was man jetzt so stürmisch tut, indem man die Deutschen auf ihr Deutschtum verweist.
Gestern bei einem Empfang in der israelischen Botschaft unser Bundespräsident Steinmeier:
Wer Flaggen verbrennt, versteht nicht, was es heißt deutsch zu sein.
Ein Satz, der mir wirklich schwer zu denken gibt. Fast suggeriert er, dass zur Flaggenverbrennungsablehnung notwendig Deutschsein gehört. Ich weiß, dass dieser Satz logisch-semantisch diese Interpretation nicht zwingend hergibt. Aber eine gewisse Suggestion liegt da schon in der Luft. Es gibt ein Buch, das (in deutscher Fassung) betitelt ist mit. "Ich liebe das Leben, und das Leben liebt mich . Was es heißt, Franzose zu sein", ich habs gelesen. Steinmeier sagt nicht: "... was es heißt Deutscher zu sein". Er sagt auch nicht "was es heißt, in Deutschland geboren zu sein" oder "seine Wurzeln in Deutschland zu haben" oder "deutsch zu sprechen" oder "sich der Vergangenheit Deutschlands bewusst zu sein" ... sondern: "deutsch zu sein". Nur mal überlegen: Was soll das eigentlich bedeuten: "deutsch sein" (anstelle von: "Deutscher sein"). Nicht als Herkunft sondern als Aggregatzustand. Wie kann ein Mensch, der Mama und Papa hat, Vorlieben, eine bestimmte Muttersprache "deutsch sein". Ehrlich gesagt: Ich war entsetzt. Das vorsichtigste, was ich dazu sagen kann: Dass diese Formulierung einfach unüberlegt und schlampig war. Dafür ist ein Mann wie Steinmeier aber eigentlich nicht der Typ.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Samstag 16. Dezember 2017, 16:31, insgesamt 1-mal geändert.
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Re:

Beitrag von unity in diversity »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 16:21)

Aus diesem zitierten Stirner-Text will ich nochmal eine Passage hervorheben. Und vielleicht kommen wir damit ja auch a) ein Stück weit zum aktuellen Thema zurück und b) an die aktuellen laufenden gesellschaftspolitischen Themen,

Gestern bei einem Empfang in der israelischen Botschaft unser Bundespräsident Steinmeier:

Ein Satz, der mir wirklich schwer zu denken gibt. Fast suggeriert er, dass zur Flaggenverbrennungsablehnung notwendig Deutschsein gehört. Ich weiß, dass dieser Satz logisch-semantisch diese Interpretation nicht zwingend hergibt. Aber eine gewisse Suggestion liegt da schon in der Luft. Es gibt ein Buch, das (in deutscher Fassung) betitelt ist mit. "Ich liebe das Leben, und das Leben liebt mich . Was es heißt, Franzose zu sein", ich habs gelesen. Steinmeier sagt nicht: "... was es heißt Deutscher zu sein". Er sagt auch nicht "was es heißt, in Deutschland geboren zu sein" oder "seine Wurzeln in Deutschland zu haben" oder "deutsch zu sprechen" oder "sich der Vergangenheit Deutschlands bewusst zu sein" ... sondern: "deutsch zu sein". Nur mal überlegen: Was soll das eigentlich bedeuten: "deutsch sein" (anstelle von: "Deutscher sein"). Wie kann ein Mensch, der Mama und Papa hat, Vorlieben, eine bestimmte Muttersprache "deutsch sein". Ehrlich gesagt: Ich war entsetzt. Das vorsichtigste, was ich dazu sagen kann: Dass diese Formulierung einfach unüberlegt und schlampig war. Dafür ist ein Mann wie Steinmeier aber eigentlich nicht der Typ.
Also, kurz und bündig:
Ich bin deutsch, ein Stolzer zu sein.
Richtig?
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Re:

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 16:21)

Aus diesem zitierten Stirner-Text will ich nochmal eine Passage hervorheben. Und vielleicht kommen wir damit ja auch a) ein Stück weit zum aktuellen Thema zurück und b) an die aktuellen laufenden gesellschaftspolitischen Themen,

Gestern bei einem Empfang in der israelischen Botschaft unser Bundespräsident Steinmeier:

Ein Satz, der mir wirklich schwer zu denken gibt. Fast suggeriert er, dass zur Flaggenverbrennungsablehnung notwendig Deutschsein gehört. Ich weiß, dass dieser Satz logisch-semantisch diese Interpretation nicht zwingend hergibt. Aber eine gewisse Suggestion liegt da schon in der Luft. Es gibt ein Buch, das (in deutscher Fassung) betitelt ist mit. "Ich liebe das Leben, und das Leben liebt mich . Was es heißt, Franzose zu sein", ich habs gelesen. Steinmeier sagt nicht: "... was es heißt Deutscher zu sein". Er sagt auch nicht "was es heißt, in Deutschland geboren zu sein" oder "seine Wurzeln in Deutschland zu haben" oder "deutsch zu sprechen" oder "sich der Vergangenheit Deutschlands bewusst zu sein" ... sondern: "deutsch zu sein". Nur mal überlegen: Was soll das eigentlich bedeuten: "deutsch sein" (anstelle von: "Deutscher sein"). Nicht als Herkunft sondern als Aggregatzustand. Wie kann ein Mensch, der Mama und Papa hat, Vorlieben, eine bestimmte Muttersprache "deutsch sein". Ehrlich gesagt: Ich war entsetzt. Das vorsichtigste, was ich dazu sagen kann: Dass diese Formulierung einfach unüberlegt und schlampig war. Dafür ist ein Mann wie Steinmeier aber eigentlich nicht der Typ.
Was gibt es daran auszusetzen, außer dass der BP halt wie immer im Schwurbelmodus spricht? Er hat ja eine ganz konkrete Fahne gemeint, und er hat auf seine typisch verquaste Beamtensprechweise eben versucht zu sagen, dass zum "Deutschsein" die Anerkennung jener besonderen Beziehung zu Israel gehört. Den Zündlern fehlt es eben an diesem Stück des kollektiven Gedächtnisses, das ein Teil der verbindenden deutschen Kultur ist (bzw. sie sch*ßen halt wie Neonazis auch drauf).
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(16 Dec 2017, 16:16)

Der letzte Satz ist einfach ein sinnloser Satz. Mit einem Kalauer ließe sich sagen: Keiner denkt klüger, als er ist. Soll heißen: die Möglichkeiten des Menschen finden ihre Grenzen in seiner "natürlichen Ausstattung". Und wenn man daraus nun kein Sollen in irgendeiner Form ableitet, ist das auch eine ziemlich triviale Angelegenheit. Du kannst nun einmal nur wie ein Mensch denken, es gibt keine sogenannte Freiheit, plötzlich in den Delphin- oder den Fledermausmodus umzuschalten. Dein Denken bleibt also immer an das gebunden, was du bist: Ein Angehöriger der Gattung Mensch. Was daran problematisch sein soll, erschließt sich mir nicht.
Das ist auch so eine Banalität.
Aber sie stimmt so auch nicht in ihrer Absolutheit, denn der Mensch kann seinen Erfahrungshorizont erweitern, weit über seine biologische Determination hinaus.
Außerdem hat er die Möglichkeit sein Wissen zu kulminieren, von der Höhlenzeichnung über die Bibliotheken bis hin zum Supercomputer.
Der Mensch ist eben nicht ausschließlich auf seine unmittelbare Erfahrung angewiesen, um sich in der Welt zurechtzufinden.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

odiug hat geschrieben:(16 Dec 2017, 16:59)

Das ist auch so eine Banalität.
Aber sie stimmt so auch nicht in ihrer Absolutheit, denn der Mensch kann seinen Erfahrungshorizont erweitern, weit über seine biologische Determination hinaus.
Außerdem hat er die Möglichkeit sein Wissen zu kulminieren, von der Höhlenzeichnung über die Bibliotheken bis hin zum Supercomputer.
Der Mensch ist eben nicht ausschließlich auf seine unmittelbare Erfahrung angewiesen, um sich in der Welt zurechtzufinden.
Und inwiefern widerspricht das alles nun dem, was ich schrieb?
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Na ja ... der Mensch kann vielleicht nicht denken wie ein Delphin oder eine Fledermaus, aber er kann es imitieren und auch simulieren.
Wie gesagt, der Mensch ist nicht auf seine unmittelbaren Erfahrungshorizont limitiert.
Zwar kann er nicht aus seiner Haut, aber er kann seine Haut allem möglichen und Unmöglichen überstülpen :p
Oder anders ausgedrückt, er kann die Erfahrungen einer Fledermaus zwar nicht unmittelbar für sich erfahren,aber er kann sie erforschen und für sich übersetzen und nutzbar machen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

odiug hat geschrieben:(16 Dec 2017, 17:38)

Na ja ... der Mensch kann vielleicht nicht denken wie ein Delphin oder eine Fledermaus, aber er kann es imitieren und auch simulieren.
Wie gesagt, der Mensch ist nicht auf seine unmittelbaren Erfahrungshorizont limitiert.
Zwar kann er nicht aus seiner Haut, aber er kann seine Haut allem möglichen und Unmöglichen überstülpen :p
Oder anders ausgedrückt, er kann die Erfahrungen einer Fledermaus zwar nicht unmittelbar für sich erfahren,aber er kann sie erforschen und für sich übersetzen und nutzbar machen.
Ja, kann er. Weil er ein mit einem hierfür geeigneten "Organ" ausgestattet ist: dem Gehirn. Das ist Basis all seiner Leistungen. Und dass es davor etwas wie Freiheit geben soll, ist im Zweifelsfall einfach ein (unwissenschaftliches) Narrativ zur Bewältigung des Alltags wie andere Geschichten auch. Ohne Gehirn keine Freiheit.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:26)

Ja ja ja ... Sozialbilogie, Evolutionssoziologie ... nenn es wie du willst, es tut hier nichts zur Sache, erklärt nichts, bleibt eine nebolöse Spekulation, vor allem in den Händen von Laien, die mit ihrem abgelesenen Wikiwissen die Foren und Chaträume zumüllen. :rolleyes:
Das nennt sich nicht "Evolutionssoziologie" sondern Evolutionäre Psychologie.
Und wenn Naturwissenschaften keine Erklärung zu menschlichen Verhaltensweisen liefern können, dann kannst du sicherlich erklären wer bzw was Erklärungen liefern kann.
Lass doch eine Dumme an deiner Weisheit teilhaben.

Und nebenbei - weder Bischof-Köhler noch Campbell haben irgendwas mit Wiki zu tun. Ich bevorzuge Fachbücher und nicht Wiki!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 15:49)

Die Antwort auf die Frage, worin eigentlich der Sinn besteht, als Mensch in die Welt "geworfen" zu sein. Und die Antwort lautet, dass es einen solchen Sinn nicht gibt. Und die nächste Schlussfolgerung lautet, dass man damit vor dem Problem oder der Aufgabe oder der Möglichkeit (je nachdem wie mans sieht), seinem Leben selbst einen Sinn zu geben. Genau das meint "Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt". Die Aktualität dieses Ansatzes besteht darin, dass diese unabweisbare Freiheit auch darin gesehen werden kann, soziale Verantwortung zu übernehmen, Siehe das Beispiel Think Twice weiter oben.

Es gibt wahrscheinlich ein Missverständnis auszuräumen: Philosophie lässt sich nicht auf "Erkenntnis" (wie in den Naturwissenschaften) reduzieren. Philosophische Gedankengebäude enthalten in der Regel auch eine Art Lebensumgangsentwurf. Schon allein diese Fähigkeit, diese Möglichkeit, die Entwicklung einer solchen Kulturpraxis, schon seit der Antike zeigt: Der Mensch ist mitnichten durch seine biologischen Gegebenheiten eingeschränkt.
Der ganze lange Sermon beantwortet aber meine Frage nicht.
Was ist denn nun "der Kern des Menschseins"?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(16 Dec 2017, 18:27)

Ja, kann er. Weil er ein mit einem hierfür geeigneten "Organ" ausgestattet ist: dem Gehirn. Das ist Basis all seiner Leistungen. Und dass es davor etwas wie Freiheit geben soll, ist im Zweifelsfall einfach ein (unwissenschaftliches) Narrativ zur Bewältigung des Alltags wie andere Geschichten auch. Ohne Gehirn keine Freiheit.
Ha jo ... natürlich im eigentlichen Sinn des Wortes.
Aber der Sandstein als Baumaterial erklärt nicht die architektonische Struktur des Kölner Doms und das Gehirn als biologische Maschine erklärt auch nicht den Begriff Freiheit.
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Re: Re:

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(16 Dec 2017, 16:52)

Was gibt es daran auszusetzen, außer dass der BP halt wie immer im Schwurbelmodus spricht? Er hat ja eine ganz konkrete Fahne gemeint, und er hat auf seine typisch verquaste Beamtensprechweise eben versucht zu sagen, dass zum "Deutschsein" die Anerkennung jener besonderen Beziehung zu Israel gehört. Den Zündlern fehlt es eben an diesem Stück des kollektiven Gedächtnisses, das ein Teil der verbindenden deutschen Kultur ist (bzw. sie sch*ßen halt wie Neonazis auch drauf).
Ich empfinde es so, dass er mir das Recht oder auch überhaupt die Möglichkeit abspricht, ganz genau so eine besondere Beziehung zu Israel zu haben, wie es sich eben daraus ergibt, dass ich in Deutschland geboren bin, deutsch meine Muttersprache ist, ich deutscher Staatsbürger bin und ich über die historischen Hintergründe einigermaßen Bescheid weiß ... nur: ich kann eben nicht "deutsch sein", weil meine familiären Wurzeln nicht nur in Deutschland liegen.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Samstag 16. Dezember 2017, 20:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 18:40)

Der ganze lange Sermon beantwortet aber meine Frage nicht.
Was ist denn nun "der Kern des Menschseins"?
Sich solche Fragen überhaupt stellen zu können und zu wollen. Sich absichtlich und ganz bewusst gegen seine biologischen Prägungen stellen zu können. Zu seinem eigenen Schaden handeln zu können. Gegen alle Vernunft, Optimierung und Rationalität handeln zu können. Mit aller Kraft und auch mit Erfolg seiner Herkunft als "Rudeltier" entkommen zu können.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 18:37)

Das nennt sich nicht "Evolutionssoziologie" sondern Evolutionäre Psychologie.
Und wenn Naturwissenschaften keine Erklärung zu menschlichen Verhaltensweisen liefern können, dann kannst du sicherlich erklären wer bzw was Erklärungen liefern kann.
Lass doch eine Dumme an deiner Weisheit teilhaben.
Es kann logischerweise keine "Erklärung" für etwas geben, was nicht Folge irgendeiner Naturgesetzlichkeit sondern bewusster Selbstentscheidung ist. Sonst wäre eine Selbstentscheidung nicht eine solche.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(16 Dec 2017, 18:27)

Ja, kann er. Weil er ein mit einem hierfür geeigneten "Organ" ausgestattet ist: dem Gehirn. Das ist Basis all seiner Leistungen. Und dass es davor etwas wie Freiheit geben soll, ist im Zweifelsfall einfach ein (unwissenschaftliches) Narrativ zur Bewältigung des Alltags wie andere Geschichten auch. Ohne Gehirn keine Freiheit.
Diese Frage des Verhältnisses von "Gehirn und Freiheit" ist in jüngerer Zeit ja häufig thematisiert worden. Es gibt zwei Pole: Entweder mein Gehirn determiniert vollständig meine Entscheidungen und ich bilde mir nur ein, einen freien Willen zu haben. Oder es gibt überhaupt keine Determiniertheit. Was dann aber heißt, dass ich
auch auf nix fokussieren kann. In beiden Fällen bin ich vollkommen unfrei und dieser logische Widerspruch lässt sich auch nicht auflösen. An dieser Stelle setzt die Notwendigkeit ein, sich eine Philosophie zu eigen zu machen. Das ist der einzige Ausweg aus dem Dilemma. Sich ein System von Anschauungen über sich selbst, die Welt und das gegenseitige Verhältnis zu schaffen. Zum Beispiel eine solche, die eine Absolute Freiheit deklariert.

Ich gebe es ganz ehrlich und offen zu: Ich habe eine Abneigung gegen die Schweiz, gegen die Schweizer. Man könnte meinen, ich könne nix dagegen machen. Das sei eben irgendwie tiefenpsychologisch oder meinetwegen auch flachpsychologisch so determiniert. Ich bin aber in der Lage, ganz bewusst darauf hinzuweisen, dass kaum jemand so klar und überzeugend über dieses Scheinproblem von Willensfreiheit und Gehirndeterminiertheit schreiben kann wie der Schweizer Philosoph Peter Bieri. Na Bitte: Ich kann mich durchaus über gehirnliche Prägungen hinwegsetzen. Nur als Beispiel von vielen vielen Äußerungen Bieris:Das Gehirn entscheidet gar nichts
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 20:27)

Sich solche Fragen überhaupt stellen zu können und zu wollen. Sich absichtlich und ganz bewusst gegen seine biologischen Prägungen stellen zu können. Zu seinem eigenen Schaden handeln zu können. Gegen alle Vernunft, Optimierung und Rationalität handeln zu können. Mit aller Kraft und auch mit Erfolg seiner Herkunft als "Rudeltier" entkommen zu können.
Abgesehen davon, dass Mensch sich NICHT gegen seine Biologie stellen kann und auch ohne Gesellschaft/Gemeinschaft nicht überlebensfähig ist, ist das immer noch keine Antwort auf meine Frage.

Sorry, aber wer vom "Kern des Menschseins" schwurbelt sollte diesen "Kern" auch benennen können und nicht irgendwelchen Unsinn daher reden.

Was den Sinn bzw Wert des Lebens anbelangt, halte ich es mit Herrn Kant.
Ansonsten: Menschsein -ein biologisches Wesen mit der Fähigkeit zur Selbstreflektion und der Tendenz zur Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung und zumindest bei sehr vielen das Nichterkennen-/Nichtanerkennenwollen, dass Mensch auch nur ein völlig unbedeutendes Steinchen im großen "Mosaik der Evolution" ist.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 21:03)

Abgesehen davon, dass Mensch sich NICHT gegen seine Biologie stellen kann und auch ohne Gesellschaft/Gemeinschaft nicht überlebensfähig ist, ist das immer noch keine Antwort auf meine Frage.

Sorry, aber wer vom "Kern des Menschseins" schwurbelt sollte diesen "Kern" auch benennen können und nicht irgendwelchen Unsinn daher reden.

Was den Sinn bzw Wert des Lebens anbelangt, halte ich es mit Herrn Kant.
Ansonsten: Menschsein -ein biologisches Wesen mit der Fähigkeit zur Selbstreflektion und der Tendenz zur Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung und zumindest bei sehr vielen das Nichterkennen-/Nichtanerkennenwollen, dass Mensch auch nur ein völlig unbedeutendes Steinchen im großen "Mosaik der Evolution" ist.
Tja ...
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 20:33)

Es kann logischerweise keine "Erklärung" für etwas geben, was nicht Folge irgendeiner Naturgesetzlichkeit sondern bewusster Selbstentscheidung ist. Sonst wäre eine Selbstentscheidung nicht eine solche.
Dummerweise ist der Mensch aber das Ergbnis "irgendeiner Naturgesetzlichkeit" (was immer das in diesem Zusammenhang sein soll) und kann sich dieser eben nicht entziehen.
Mensch kann sich nicht für irgendetwas entscheiden, was nicht seiner Biologie entspricht.
Der Mensch ist ein Mensch - vorläufiges Endergebnis der Evolution - und er bleibt Mensch.
Da isse doch wieder, die anthropozentrischen Selbstüberschätzung und Selbsterhöhung - der Hang sich unbedingt als etwas ganz besonderes zu sehen. :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 20:46)

Diese Frage des Verhältnisses von "Gehirn und Freiheit" ist in jüngerer Zeit ja häufig thematisiert worden. Es gibt zwei Pole: Entweder mein Gehirn determiniert vollständig meine Entscheidungen und ich bilde mir nur ein, einen freien Willen zu haben. Oder es gibt überhaupt keine Determiniertheit. Was dann aber heißt, dass ich
auch auf nix fokussieren kann. In beiden Fällen bin ich vollkommen unfrei und dieser logische Widerspruch lässt sich auch nicht auflösen. An dieser Stelle setzt die Notwendigkeit ein, sich eine Philosophie zu eigen zu machen. Das ist der einzige Ausweg aus dem Dilemma. Sich ein System von Anschauungen über sich selbst, die Welt und das gegenseitige Verhältnis zu schaffen. Zum Beispiel eine solche, die eine Absolute Freiheit deklariert.

Ich gebe es ganz ehrlich und offen zu: Ich habe eine Abneigung gegen die Schweiz, gegen die Schweizer. Man könnte meinen, ich könne nix dagegen machen. Das sei eben irgendwie tiefenpsychologisch oder meinetwegen auch flachpsychologisch so determiniert. Ich bin aber in der Lage, ganz bewusst darauf hinzuweisen, dass kaum jemand so klar und überzeugend über dieses Scheinproblem von Willensfreiheit und Gehirndeterminiertheit schreiben kann wie der Schweizer Philosoph Peter Bieri. Na Bitte: Ich kann mich durchaus über gehirnliche Prägungen hinwegsetzen. Nur als Beispiel von vielen vielen Äußerungen Bieris:Das Gehirn entscheidet gar nichts
Also, mein Gehirn arbeitet ganz nach meinen Vorgaben und entscheidet nichts gegen meinen Willen. Ob ich zur BTW gehe oder nicht (natürlich nicht) ist meine Entscheidung. Da hat "mein Gehirn" keine eigene Stimme. :D

Das Interview mit Bieri ist alt, das war die große Zeit von Roth und Singer, die inzwischen deutlich abgeklungen ist. Bieri hat übrigens in "Eine Art zu leben" eine schöne Definition von Philosophie gegeben: "Philosophie, wie ich sie verstehe, ist der Versuch, begriffliches Licht in wichtige Erfahrungen des menschlichen Lebens zu bringen." Das ist genau mein Programm, so nähere ich mich auch politischen Themen und Begriffen. Deshalb hätte ich zum Beispiel die Ausgangsfrage auch nie im "es gibt"-Modus gestellt, sondern etwa gefragt: Worüber sprechen wir eigentlich, wenn von einer verbindenden Kultur die Rede ist? Das ist etwas mehr Einladung zu einem Gespräch, denn es ist eine Ergänzungsfrage, fordert also keine Entscheidung.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 21:10)

Dummerweise ist der Mensch aber das Ergbnis "irgendeiner Naturgesetzlichkeit" (was immer das in diesem Zusammenhang sein soll) und kann sich dieser eben nicht entziehen.
Mensch kann sich nicht für irgendetwas entscheiden, was nicht seiner Biologie entspricht.
Inwieweit entspricht die Entscheidung, in einem Internetforum zu behaupten, es könne keine Entscheidungen gegen deine Biologie geben, deiner Biologie?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 20:46)

Diese Frage des Verhältnisses von "Gehirn und Freiheit" ist in jüngerer Zeit ja häufig thematisiert worden. Es gibt zwei Pole: Entweder mein Gehirn determiniert vollständig meine Entscheidungen und ich bilde mir nur ein, einen freien Willen zu haben. Oder es gibt überhaupt keine Determiniertheit. Was dann aber heißt, dass ich
auch auf nix fokussieren kann. In beiden Fällen bin ich vollkommen unfrei und dieser logische Widerspruch lässt sich auch nicht auflösen. An dieser Stelle setzt die Notwendigkeit ein, sich eine Philosophie zu eigen zu machen. Das ist der einzige Ausweg aus dem Dilemma. Sich ein System von Anschauungen über sich selbst, die Welt und das gegenseitige Verhältnis zu schaffen. Zum Beispiel eine solche, die eine Absolute Freiheit deklariert.

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Tja - dumm nur, dass die Neurowissenschaften zu anderen Ergebnissen kommen als Philosophen.
Neurowissenschaftler haben nämlich nachgewiesen, dass freier Wille nur eine schöne Illusion ist, dass unser Gehirn tatsächlich die Entscheidungen trifft und zwar "lange" bevor uns diese Entscheidungen überhaupt bewusst werden.

Du kannst dich eben NICHT über deine "Prägungen" hinwegsetzen, kannst neurale Prozesse NICHT bewusst "ausschalten".
Das menschliche Gehirn trifft die Entscheidungen - immer! Was denn sonst?
Da können Philosophen, da kannst DU noch so sehr eine Verweigerungshaltung einnehmen, kannst das noch so sehr leugnen.
Das ändert gaaar nichts.
Das (menschliche) Gehirn und nur das Gehirn steuert unsere Körperfunktionen, unsere Emotionen und trifft (unsere) Entscheidungen. Ohne das Gehirn geht gar nichts.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 21:28)

Inwieweit entspricht die Entscheidung, in einem Internetforum zu behaupten, es könne keine Entscheidungen gegen deine Biologie geben, deiner Biologie?
Die Entscheidung, ein Internetforum zu nutzen IST eine Entscheidung meiner Biologie. Diese Entscheidung trifft mein Gehirn und sonst gar nichts. Das Gehirn ist nunmal die "Steuerzentrale" von der aus alle Körperfunktionen gesteuert werden, von der alle Befehle zu bestimmten Handlungen ausgehen und in der sämtliche Entscheidungen getroffen werden.
Ohne (das) Gehirn geht gar nix, da bist du nur eine leere Hülle. Sonst nichts!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 21:29)

Tja - dumm nur, dass die Neurowissenschaften zu anderen Ergebnissen kommen als Philosophen.
Neurowissenschaftler haben nämlich nachgewiesen, dass freier Wille nur eine schöne Illusion ist, dass unser Gehirn tatsächlich die Entscheidungen trifft und zwar "lange" bevor uns diese Entscheidungen überhaupt bewusst werden.
Also, wenn das eine Anspielung auf die Libet-Geschichte ist: Da würde ich aussteigen, und es wurden auch von Wissenschaftlern selbst die überbordnenden Deutungen dieses Versuchs zurückgewiesen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

DarkAngel hat geschrieben: Die Entscheidung, ein Internetforum zu nutzen IST eine Entscheidung meiner Biologie. Diese Entscheidung trifft mein Gehirn und sonst gar nichts. Das Gehirn ist nunmal die "Steuerzentrale" von der aus alle Körperfunktionen gesteuert werden, von der alle Befehle zu bestimmten Handlungen ausgehen und in der sämtliche Entscheidungen getroffen werden.
Ohne (das) Gehirn geht gar nix, da bist du nur eine leere Hülle. Sonst nichts!
Wie ich schon schrieb: Die Philosophen wetteifern nicht mit den Naturwissenschaftlern um richtigere Erkenntnisse sondern stellen Wetlerklärungsmodelle im Zusammenhang mit Lebensgrundsätzlichkeiten zur Diskussion. Es gibt eigentlich auch gar keine "Philosophen" so wie "Chemiker" sondern nur "Philosophien".
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Dec 2017, 21:03)

Abgesehen davon, dass Mensch sich NICHT gegen seine Biologie stellen kann und auch ohne Gesellschaft/Gemeinschaft nicht überlebensfähig ist, ist das immer noch keine Antwort auf meine Frage.

Sorry, aber wer vom "Kern des Menschseins" schwurbelt sollte diesen "Kern" auch benennen können und nicht irgendwelchen Unsinn daher reden.

Was den Sinn bzw Wert des Lebens anbelangt, halte ich es mit Herrn Kant.
Ansonsten: Menschsein -ein biologisches Wesen mit der Fähigkeit zur Selbstreflektion und der Tendenz zur Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung und zumindest bei sehr vielen das Nichterkennen-/Nichtanerkennenwollen, dass Mensch auch nur ein völlig unbedeutendes Steinchen im großen "Mosaik der Evolution" ist.
http://www.philosophieverstaendlich.de/ ... libet.html
Nur mal als Anstoß für deine Biologie :p
Grundsätzlich würde ich auch einwenden, daß die Entscheidung aufgrund eines Reiz einen Knopf zu drücken noch keine wirkliche Aussage über die Freiheit des Willens zulässt.
Ich würde sogar soweit gehen, daß die Entscheidung zwischen Käsekuchen oder Kirschtorte zum Kaffee noch nicht wirklich eine bewußte, freie Willensentscheidung ist.
Aber ob ich mich bei einer Wahl für die eine oder andere Partei entscheide, im Rahmen meiner Überlegungen, die ja oft Wochen andauern, bis ich das Kreuzlein mache, das ist dann doch etwas anderes, als die bloße Reaktion auf einen Reiz oder auch Appetit .
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Dec 2017, 12:00)

https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendunge ... nn100.html
Das ist kein Quatsch-Nachgeplappere sondern Teil eines der wichtigsten außeruniversitären Philsophie-Foren in Deutschland. Das vom WDR (auch mit einer regelmäßigen Sendung) organisierte "Philosophische Radio". Dir ist hoffentlich klar, dass man zwar, ich habe es mehrfach erwähnt, natürlich nicht eins zu eins die damaligen Aussagen zu übernehmen hat, und dass es einen kritischen Diskurs dazu zu geben hat ... dass man aber völlig außerhalb des allgemein akzeptierten Konsenses und auf Kindergarten-Niveau steht, wenn man das existenzialistische Denken und die existenzialistische Philsophie wörtlich als "Quatsch" bezeichnet.
Thematisch sinnvolle Äußerungen halte ich nicht für Quatsch. Die Verkürzung von Sartres Freiheitsbegriff auf eine falsch verstandene Parole allerdings schon.

Sartre schreibt:

"Wenn wiederum Gott nicht existiert, so finden wir uns keinen Werten, keinen Geboten gegenüber, die unser Betragen rechtfertigen. So haben wir weder hinter uns noch vor uns, im Lichtreich der Werte, Rechtfertigungen oder Entschuldigungen. Wir sind allein, ohne Entschuldigungen. Das ist es, was ich durch die Worte ausdrücken will: Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein. Verurteilt, weil er sich nicht selbst erschaffen hat, anderseits aber dennoch frei, weil er, einmal in die Welt geworfen, für alles verantwortlich ist, was er tut."

Jean-Paul Sartre: Ist der Existenzialismus ein Humanismus?
(in: Drei Essays, Ullstein 1975, S.16)

Mit einem solchen Geschwafel

"Wenn der Mensch grundsätzlich frei ist, ist er es auch in der Todeszelle."
"Man ist selbst in der Todeszelle vollkommen frei. Vollkommen unabhängig."

hat das nichts zu tun. Sartre konstruiert die Bedingung für eine mögliche Freiheit, die ohnehin immer situationsgebunden ist, also alles andere "grundsätzlich" oder "vollkommen". Über die reale Freiheit als Handlungsfreiheit oder Willensfreiheit ist damit nichts gesagt.
schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Dec 2017, 15:33)
Ich habe das Beispiel "Todeszelle" auch nicht willkürlich gewählt. In Sartres "Le Mer" (Die Wand) gehts genau um solche Grenzsituationen.
In der Erzählung "Le Mur" geht es um einen unbeabsichtigten Verrat, nicht um das, was du dir aus den Fingern saugst.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(17 Dec 2017, 01:16)

Thematisch sinnvolle Äußerungen halte ich nicht für Quatsch. Die Verkürzung von Sartres Freiheitsbegriff auf eine falsch verstandene Parole allerdings schon.

Sartre schreibt:

"Wenn wiederum Gott nicht existiert, so finden wir uns keinen Werten, keinen Geboten gegenüber, die unser Betragen rechtfertigen. So haben wir weder hinter uns noch vor uns, im Lichtreich der Werte, Rechtfertigungen oder Entschuldigungen. Wir sind allein, ohne Entschuldigungen. Das ist es, was ich durch die Worte ausdrücken will: Der Mensch ist dazu verurteilt, frei zu sein. Verurteilt, weil er sich nicht selbst erschaffen hat, anderseits aber dennoch frei, weil er, einmal in die Welt geworfen, für alles verantwortlich ist, was er tut."

Jean-Paul Sartre: Ist der Existenzialismus ein Humanismus?
(in: Drei Essays, Ullstein 1975, S.16)

Mit einem solchen Geschwafel

"Wenn der Mensch grundsätzlich frei ist, ist er es auch in der Todeszelle."
"Man ist selbst in der Todeszelle vollkommen frei. Vollkommen unabhängig."

hat das nichts zu tun. Sartre konstruiert die Bedingung für eine mögliche Freiheit, die ohnehin immer situationsgebunden ist, also alles andere "grundsätzlich" oder "vollkommen". Über die reale Freiheit als Handlungsfreiheit oder Willensfreiheit ist damit nichts gesagt.


In der Erzählung "Le Mur" geht es um einen unbeabsichtigten Verrat, nicht um das, was du dir aus den Fingern saugst.
Es geht darum, dass es völlig legitim und intellektuell achtbar ist, die Positionen des Existenzialismus abzulehnen oder auch als irrelevant anzusehen. Aber eine geistig-philosophische Strömung, die derart nachhaltig die ganze zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts beeinflusste und die gerade heute wiederentdeckt wird als "Quatsch" zu bezeichnen ... das geht eben nicht. Was Du schreibst bestätigt nur noch einmal was ich schon weiter oben geschrieben habe: Dass der Freiheitsbegriff ambivalent ist. Die Unterscheidbarkeit von "Willensfreiheit" und "Handlungsfreiheit" steht zum Beispiel dafür. Die Aufklärung prägte die Vorstellung von Freiheit als "Grundrecht". Deine Formulierung "reale Freiheit" suggeriert, dass es eigentlich nur eine einzige Auslegung dafür gibt und alle anderen irreal sind. Sartre gibt zu - ich finde momentan die Quelle nicht - dass die Handlungsfreiheit, zum Beispiel in diktatorischen Sysemen extrem eingeschränkt sein kann, dass es aber praktisch keine Situation gebe, in der der Mensch von seiner Verurteilung zur Entscheidungsfreiheit befreit sei. Und das schließt selbstverständlich auch die Situation ein, in der Todeszelle zu sitzen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

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Also, wenn das eine Anspielung auf die Libet-Geschichte ist: Da würde ich aussteigen, und es wurden auch von Wissenschaftlern selbst die überbordnenden Deutungen dieses Versuchs zurückgewiesen.
Nöö ist keine Anspielung auf die Libet-Geschichte, sondern eine Anspielung auf die Ergebnisse des Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité Berlin. Diesen Untersuchungen zufolge gibt es einen Point of no Return, ab dem Prozesse im Gehirn, die zur Entscheidungsfindung führen, unumkehrbar sind.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(16 Dec 2017, 23:41)

http://www.philosophieverstaendlich.de/ ... libet.html
Nur mal als Anstoß für deine Biologie :p
Grundsätzlich würde ich auch einwenden, daß die Entscheidung aufgrund eines Reiz einen Knopf zu drücken noch keine wirkliche Aussage über die Freiheit des Willens zulässt.
Was ist denn unsere Willensfreiheit ohne unsere Biologie, ohne Gehirn? Gar nichts!
Freier Wille/Willensfreiheit hat etwas mit der Fähigkeit zur Selbsreflektion und zur Abstraktion zu tun.
Das was wir als freie Entscheidung bezeichnen, ist doch "nur" das Ergebnis unbewusst ablaufender Prozesse.
Ich stelle mir das wie einen Eisberg vor, bei dem nur 1/8 über die Wasseroberfläche ragt und vergleiche das mit unseren bewussten Wahrnehmungen, Denkprozessen und Entscheidungsfindungen.
Die 7/8 unter der Wasserobefläche sind die Gesamtheit der unbewusst ablaufenden Prozesse im Gehirn, welche die Entscheidungsfindung vorbereiten.
Würden bzw müssten wir die unbewusst ablaufenden Prozesse bewusst "durchkauen" wären wir wahrscheinlich gar nicht in der Lagen rechtzeitig Entscheidungen zu treffen.
Ich meine, dass man Willensfreiheit nocht unabhängig oder losgelöst von (unserer) Biologie betrachten kann, sondern dass Biologie erst die Voraussetzungen schafft.
odiug hat geschrieben:(16 Dec 2017, 23:41)
Ich würde sogar soweit gehen, daß die Entscheidung zwischen Käsekuchen oder Kirschtorte zum Kaffee noch nicht wirklich eine bewußte, freie Willensentscheidung ist.
Aber sicher ist sie das.
odiug hat geschrieben:(16 Dec 2017, 23:41)Aber ob ich mich bei einer Wahl für die eine oder andere Partei entscheide, im Rahmen meiner Überlegungen, die ja oft Wochen andauern, bis ich das Kreuzlein mache, das ist dann doch etwas anderes, als die bloße Reaktion auf einen Reiz oder auch Appetit .
Sowohl das eine wie das andere ist eine bewussten Entscheidung.
Für eine bewusste Entscheidung ist es doch irrelvant, ob die (scheinbar) spontan erfolgt - bloße Reaktion auf den Reiz, wie du das nennst - oder ob sie das Ergebnis längerer bewusster Auseinandersetzungen mit einer Sache/einem Sachverhalt ist.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Dec 2017, 10:40)

Was ist denn unsere Willensfreiheit ohne unsere Biologie, ohne Gehirn? Gar nichts!
Freier Wille/Willensfreiheit hat etwas mit der Fähigkeit zur Selbsreflektion und zur Abstraktion zu tun.
Das was wir als freie Entscheidung bezeichnen, ist doch "nur" das Ergebnis unbewusst ablaufender Prozesse.
Ich stelle mir das wie einen Eisberg vor, bei dem nur 1/8 über die Wasseroberfläche ragt und vergleiche das mit unseren bewussten Wahrnehmungen, Denkprozessen und Entscheidungsfindungen.
Die 7/8 unter der Wasserobefläche sind die Gesamtheit der unbewusst ablaufenden Prozesse im Gehirn, welche die Entscheidungsfindung vorbereiten.
Würden bzw müssten wir die unbewusst ablaufenden Prozesse bewusst "durchkauen" wären wir wahrscheinlich gar nicht in der Lagen rechtzeitig Entscheidungen zu treffen.
Das betrifft Entscheidungen wie die, bei einem plötzlich auftauchenden Hindernis aufs Bremspedal zu treten. Bei der Schaffung geistig-kultureller Dinge bin ich ja nicht nur auf mein Unterbewusstsein angewiesen. Sondern zum Beispiel auf den Anfang eines Artikels, den ich gestern begonnen habe, aufzuschreiben. Ich kann an dem, was ich da aufgeschrieben habe, nicht vorbei. Und auch nicht an dem, was ich die letzte Woche so gelesen habe. Das determiniert in weit höherem Maße das, was ich nun und jetzt schreibe als meine gegenwärtige schlechte Laune.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Spannendes Thema. Vor einiger Zeit habe ich einen interessanten Pressetext über den "freien Willen" gelesen (finde ihn nur gerade nicht), aus der Sicht von Neurologen geschrieben. Da ging es ebenfalls darum, dass das, was wir scheinbar frei entscheiden, schon Sekunden (oder auch länger) vorher im Gehirn, im Unterbewussten entschieden ist. Ich kann es mir gut vorstellen, dass das so ist, denn alle Erfahrungen, Erkenntnisse und Entscheidungen, die dieser einen "neuen" Entscheidung vorausgegangen sind, haben ja Spuren im Gehirn hinterlassen. Und aus der Art der neuronalen Verknüpfungen ergibt sich dann eine "neue" Entscheidung, die irgendwo quasi abrufbereit vorhanden ist im Unterbewusstsein (nur mal als Bild formuliert). Insofern sehe ich das so ähnlich wie Dark Angel. Was mich dabei in diesem speziellen Thread hier allerdings interessieren würde, wäre folgende Frage: Welche Auswirkungen hätte dieses Wissen denn auf unser tägliches Handeln? Ist das nicht wirklich vollkommen egal für uns als Nicht-Neurologen, ob so eine scheinbar spontane oder "freie" Entscheidung doch gar nicht so spontan ist, sondern ein Ergebnis längerer komplizierter Prozesse im Unterbewussten, die sich unabhängig vom momentanen Willen des Einzelnen vollziehen?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Dec 2017, 10:54)

Das betrifft Entscheidungen wie die, bei einem plötzlich auftauchenden Hindernis aufs Bremspedal zu treten. Bei der Schaffung geistig-kultureller Dinge bin ich ja nicht nur auf mein Unterbewusstsein angewiesen. Sondern zum Beispiel auf den Anfang eines Artikels, den ich gestern begonnen habe, aufzuschreiben. Ich kann an dem, was ich da aufgeschrieben habe, nicht vorbei. Und auch nicht an dem, was ich die letzte Woche so gelesen habe. Das determiniert in weit höherem Maße das, was ich nun und jetzt schreibe als meine gegenwärtige schlechte Laune.
Merkst du eigentlich, was du für einen Unsinn von dir gibst?
Ohne dein Gehirn - ohne deine Biologie - gibt es kein Unbewusstes, kein Bewusstsein und auch kein Selbstbewusstsein und damit auch kein - auf Selbstreflektion basierendes - "ICH".
Für alles, was du bewusst denkst, fühlst, tust ist dein Gehirn zuständig, genauso wie es für die unbewusst ablaufenden Prozesse zuständig ist, die für dein (bewusstes) Denken, Fühlen und Handeln erst die Voraussetzungen liefern.
Du kannst dich nicht gegen deine Biologie wenden, kannst nicht gegen diese entscheiden.
Ohne Dein Gehirn bist du nichts als eine leere tote Hülle.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(17 Dec 2017, 12:41)

Spannendes Thema. Vor einiger Zeit habe ich einen interessanten Pressetext über den "freien Willen" gelesen (finde ihn nur gerade nicht), aus der Sicht von Neurologen geschrieben. Da ging es ebenfalls darum, dass das, was wir scheinbar frei entscheiden, schon Sekunden (oder auch länger) vorher im Gehirn, im Unterbewussten entschieden ist. Ich kann es mir gut vorstellen, dass das so ist, denn alle Erfahrungen, Erkenntnisse und Entscheidungen, die dieser einen "neuen" Entscheidung vorausgegangen sind, haben ja Spuren im Gehirn hinterlassen. Und aus der Art der neuronalen Verknüpfungen ergibt sich dann eine "neue" Entscheidung, die irgendwo quasi abrufbereit vorhanden ist im Unterbewusstsein (nur mal als Bild formuliert). Insofern sehe ich das so ähnlich wie Dark Angel. Was mich dabei in diesem speziellen Thread hier allerdings interessieren würde, wäre folgende Frage: Welche Auswirkungen hätte dieses Wissen denn auf unser tägliches Handeln? Ist das nicht wirklich vollkommen egal für uns als Nicht-Neurologen, ob so eine scheinbar spontane oder "freie" Entscheidung doch gar nicht so spontan ist, sondern ein Ergebnis längerer komplizierter Prozesse im Unterbewussten, die sich unabhängig vom momentanen Willen des Einzelnen vollziehen?
Jetzt haben wir beide ausnahmsweise mal einen Konsens gefunden.
Darum auch mein Vergleich mit dem Eisberg. Die unbewussten Prozesse laufen sehr viel schneller ab, als die bewussten und die ermöglichen es uns, beispielsweise in Gefahrensituationen sehr viel schneller eine Entscheidung zu treffen, als wenn wir alle Faktoren ganz bewusst gegeneinander abwägen müssten.
Natürlich ist es im Endeffekt wurscht, ob wir nun genau wissen welche neuralen Prozesse zu unseren Entscheidungen beitragen.
Die neuralen Prozesse (und damit unsere Biologie) bilden aber die Grundlage, die Voraussetzung dafür, DASS wir über uns selber nachdenken KÖNNEN, dass wir Fragen nach dem Sinn des Lebens stellen können etc.
Wir können sogar bis zu einem gewissen Punkt bestimmte Signale ignorieren - aber eben nur bis zu einem gewissen Punkt - den die Neurologen als "Point of no Return" bezeichen, ab denn übernimmt ein System die "Führung", welches wir nicht beeinflussen können.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(17 Dec 2017, 10:40)

Was ist denn unsere Willensfreiheit ohne unsere Biologie, ohne Gehirn? Gar nichts!
Freier Wille/Willensfreiheit hat etwas mit der Fähigkeit zur Selbsreflektion und zur Abstraktion zu tun.
Das was wir als freie Entscheidung bezeichnen, ist doch "nur" das Ergebnis unbewusst ablaufender Prozesse.
Ich stelle mir das wie einen Eisberg vor, bei dem nur 1/8 über die Wasseroberfläche ragt und vergleiche das mit unseren bewussten Wahrnehmungen, Denkprozessen und Entscheidungsfindungen.
Die 7/8 unter der Wasserobefläche sind die Gesamtheit der unbewusst ablaufenden Prozesse im Gehirn, welche die Entscheidungsfindung vorbereiten.
Würden bzw müssten wir die unbewusst ablaufenden Prozesse bewusst "durchkauen" wären wir wahrscheinlich gar nicht in der Lagen rechtzeitig Entscheidungen zu treffen.
Ich meine, dass man Willensfreiheit nocht unabhängig oder losgelöst von (unserer) Biologie betrachten kann, sondern dass Biologie erst die Voraussetzungen schafft.


Aber sicher ist sie das.


Sowohl das eine wie das andere ist eine bewussten Entscheidung.
Für eine bewusste Entscheidung ist es doch irrelvant, ob die (scheinbar) spontan erfolgt - bloße Reaktion auf den Reiz, wie du das nennst - oder ob sie das Ergebnis längerer bewusster Auseinandersetzungen mit einer Sache/einem Sachverhalt ist.
Wieso ist es irrelevant, ob ich vorher abwäge, mir das lange durch den Kopf gehen lasse oder ob ich mal spontan lieber meinem Bauchgefühl nachgebe :?:
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Sextus Ironicus
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Dec 2017, 10:54)

Das betrifft Entscheidungen wie die, bei einem plötzlich auftauchenden Hindernis aufs Bremspedal zu treten. Bei der Schaffung geistig-kultureller Dinge bin ich ja nicht nur auf mein Unterbewusstsein angewiesen. Sondern zum Beispiel auf den Anfang eines Artikels, den ich gestern begonnen habe, aufzuschreiben. Ich kann an dem, was ich da aufgeschrieben habe, nicht vorbei. Und auch nicht an dem, was ich die letzte Woche so gelesen habe. Das determiniert in weit höherem Maße das, was ich nun und jetzt schreibe als meine gegenwärtige schlechte Laune.
Ich glaube, so ein bisschen ist es jetzt ein Aneinandervorbeireden. Sartre (dessen Philosophie heute allenfalls in therapeutisch orientierten Philosophiezirkeln rezipiert wird) setzt einfach ein paar verkehrte Eckpunkte. Sätze wie "Ich existiere meinen Körper" sind einfach Glaubessätze wie Sätze aus der Bibel oder einem anderen religiösen Werk. Sein Versuch, alle Wesensbestimmung des Menschen aufzuheben, sodass Philosophen weder inhaltlich noch formal von einem Wesen des Menschen reden können, welches verbindlich und allgemeingültig dem jeweiligen konkreten Handeln vorausgeht, ist einfach gescheitert. Kein Säugling existiert seinen Körper, sondern der Säugling wird in Übereinstimmung mit seinen individuellen Möglichkeiten und der soziokulturellen Umgebung eine ganz bestimmte Entwicklung durchlaufen (Stichwort Ontogenese). Und wenn Sartre behauptet, man müsse zeigen, dass das Wesen des Menschen darin bestünde, ständig dagegen anzugehen, sich selbst durch eine bestimmte Seinsstruktur festgelegt zu betrachten, wirft (für mich jedenfalls) Ontologisches und Normatives durcheianander. Schließlich ergibt sich ja aus der einfachen und entgegen Sartres Behauptung obejektiven Tatsache, dass der Mensch ein biologisches Wesen ist, keine irgendwie geartete normative Richtung. Insofern stellt der Existenzialismus eben einerseits eine nette Kaffeehausphilosophie dar, andererseits (man denke an Améry) auch eine Weltanschauung zum Umgang mit der Erfahrung absoluter Negativität. Aber sie steht in diesem Sinne eben in einer "religiösen" Tradition, einer therapeutisch-funktionalen, und als solche wiederum ist sie eben eine Reaktion auf eine ganz bestimmte Zeit.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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