Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

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Selina
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Diese ewige Merkel-Legende, sie habe die Grenzen für jedermann geöffnet und damit die "unkontrollierte Masseneinwanderung" erst in Gang gesetzt, ist nur heiße Luft. So war es wirklich:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ene-grenze

Am Rande: Nicht ich verorte Menschen als neurechts oder rechtsradikal, nein, das tun diese Leute selbst. Und zwar sehr deutlich. Sie forcieren immer wieder eine künstliche Debatte um "kulturelle Identität", Nation, Volk, Ethnie und Kultur (kann man hier im Strang deutlich sehen) mit der Absicht der Ausgrenzung dessen, was sie als "das Fremde" bezeichnen. "Das Eigene" wird zu diesem Zweck enorm überzeichnet und überbetont. Es sei durch fremde Einflüsse gefährdet und müsse verteidigt werden, heißt es bei der Neuen Rechten. Ihre Vertreter fühlen sich quasi ständig umzingelt, überrollt und unterwandert vom "Fremden" (Stichworte "Überfremdung", "Austausch"). Dazu findet man programmatische Aussagen bei der AfD und den Identitären, die ich weiter oben bereits mehrfach verlinkte. Und zur Auseinandersetzung mit deinen "Argumenten": Nur, weil ein führender FDP-Mann mal etwas von einem so genannten Linksruck bei SPD und CDU und von einer "Sozialdemokratisierung der CDU" gesagt hat und das nun viele nachplappern, muss das noch lange nicht stimmen. Wie soll sich denn die "Sozialdemokratisierung der CDU" geäußert haben? Aber gut: Wer weit rechts steht, für den ist dann fast alles links. Ein wirklicher Linksruck wäre etwas völlig anderes als etwa die Regierungspolitik der letzten Legislaturperioden. Bei Bedarf kann ich gerne detailliert erläutern, wie ein echter Linksruck im Land aussehen könnte :D
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Uffzach
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53)

Diese ewige Merkel-Legende, sie habe die Grenzen für jedermann geöffnet und damit die "unkontrollierte Masseneinwanderung" erst in Gang gesetzt, ist nur heiße Luft. So war es wirklich:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ene-grenze
Ich denke nicht, dass es angemessen ist die Fakten so dreist zu verleugnen. De facto hat Merkel ja auch nicht die Grenzen geöffnet, weil diese bereits offen waren. Sie hat aber de facto eine Einladung ausgesprochen und diese dann nicht zurückgenommen und nicht die Grenzen geschlossen. Denn nach der Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn, wäre die offizielle Betonung, dass dies eine einmalige Sonderhandlung gewesen ist und die vorrübergehende Grenzschließung die angezeigten Maßnahmen gewesen, um den Kollaps der bundesdeutschen kommunalen Verwaltung und der Judikative und des Sicherheitsapparates und zukünftige zweistellige jährliche Millardenausgaben und die Belastung des Sozialsystems durch illegale Masseneinwanderung zu verhindern.
Die Grenzschließung war ja auch schon bereits beschlossen, wurde dann aber wegen Feigheit des Innenministers und der Regierung nicht umgesetzt. u.a. Robin Alexander weiß zu berichten wie wirklich es gewesen ist und es gab mittlerweile auch schon einige TV-Reportagen u.a. auf Phoenix zum Thema, die Alexanders Recherche bestätigten. Warum also dein Ansinnen die Fakten zu leugnen? Vergötterst du Merkel derart?

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
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think twice
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Denn nach der Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn, wäre die offizielle Betonung, dass dies eine einmalige Sonderhandlung gewesen ist und die vorrübergehende Grenzschließung die angezeigten Maßnahmen gewesen, um den Kollaps der bundesdeutschen kommunalen Verwaltung und der Judikative und des Sicherheitsapparates und zukünftige zweistellige jährliche Millardenausgaben und die Belastung des Sozialsystems durch illegale Masseneinwanderung zu verhindern.
Garnichts ist kollabiert. Die Kommunen , die Justiz, die Gerichte, das BAMF, die Polizei standen unverhofft vor riesigen Herausforderungen. Im Grossen und Ganzen haben sie ihre Sache jedoch gut gemacht, mit viel Engagement und Einsatz der Einzelnen. Es gab zeitweise etwas Chaos, aber zu keinem Zeitpunkt einen Kollaps.

Lustig ist ja auch immer wieder die unlogische Argumentation, dass Merkel einerseits alle hereingebeten hat und gleichzeitig eine illegale Einwanderung stattgefunden hat. Naja, man weiss ja, von wem es kommt. :rolleyes:
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Sextus Ironicus
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
Hat es indirekt natürlich schon, wird aber ausführlich auch anderswo diskutiert, sodass man es hier nicht braucht.

Wie das Verbindende einer Kultur noch funktioniert, kann man einer Äußerung einer Pflegekraft entnehmen, über die im Wirtschaftsteil der ZEIT vom Donnerstag berichtet wird. Ganz zum Schluss des Artikels über die Misere des deutschen Pflegewesens sagte die nämlich, dass sie der Generation, die dieses Land aufgebaut hatte und nun die Pflegheime bevölkert, mit ihrer Arbeit jetzt etwas zurückgeben möchte. Auch diese Art des Verbundenseins ist ein Stück verbindende deutsche Kultur, allerdings natürlich keins, das es schaffen würde, über eine Sonntagsrede hinaus noch einen hippen Wert darzustellen. Das wäre dem sich selbst verwirklichenden Universalethiker vermutlich zu wenig besonders und zu anstrengend.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Ich denke nicht, dass es angemessen ist die Fakten so dreist zu verleugnen. De facto hat Merkel ja auch nicht die Grenzen geöffnet, weil diese bereits offen waren. Sie hat aber de facto eine Einladung ausgesprochen und diese dann nicht zurückgenommen und nicht die Grenzen geschlossen. Denn nach der Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn, wäre die offizielle Betonung, dass dies eine einmalige Sonderhandlung gewesen ist und die vorrübergehende Grenzschließung die angezeigten Maßnahmen gewesen, um den Kollaps der bundesdeutschen kommunalen Verwaltung und der Judikative und des Sicherheitsapparates und zukünftige zweistellige jährliche Millardenausgaben und die Belastung des Sozialsystems durch illegale Masseneinwanderung zu verhindern.
Die Grenzschließung war ja auch schon bereits beschlossen, wurde dann aber wegen Feigheit des Innenministers und der Regierung nicht umgesetzt. u.a. Robin Alexander weiß zu berichten wie wirklich es gewesen ist und es gab mittlerweile auch schon einige TV-Reportagen u.a. auf Phoenix zum Thema, die Alexanders Recherche bestätigten. Warum also dein Ansinnen die Fakten zu leugnen? Vergötterst du Merkel derart?

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
'tschuldige mal ... aber denkst du wirklich, die Flüchtlinge hätten sich in Luft aufgelöst ohne Merkels Selfie :?:
Das ist doch ein wenig kurz gedacht ... oder :p
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

think twice hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:59)
Lustig ist ja auch immer wieder die unlogische Argumentation, dass Merkel einerseits alle hereingebeten hat und gleichzeitig eine illegale Einwanderung stattgefunden hat. Naja, man weiss ja, von wem es kommt. :rolleyes:
Dir ist die Fähigkeit abhanden gekommen zu erkennen, dass alleine normative Regularien die Grundlage der Bewertung 'legal' und 'illegal' sind. Aber macht dir nichts draus, das geht allen 'evangelikalen' Pseudo-Politikern so. :D

Aber was bitte hat das mit dem Thema zu tun? :cool:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:16)

'tschuldige mal ... aber denkst du wirklich, die Flüchtlinge hätten sich in Luft aufgelöst ohne Merkels Selfie :?:
Das ist doch ein wenig kurz gedacht ... oder :p
Von 'Selfie' habe ich weder gesprochen noch daran gedacht.

Deine Argumentation lässt schließen, dass du folgerst, dass die bloße Existenz von Flüchtlingen es verbietet, dass der Staat die Hoheit über das Staatsgebiet innehat und seinem Auftrag illegale Einwanderung zu verhindern und Einwanderung insgesamt kontrolliert zu steuern nicht nach kommen darf.

Aber was bitte hat das mit dem Thema zu tun? :cool:
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:27)

Von 'Selfie' habe ich weder gesprochen noch daran gedacht.

Deine Argumentation lässt schließen, dass du folgerst, dass die bloße Existenz von Flüchtlingen es verbietet, dass der Staat die Hoheit über das Staatsgebiet innehat und seinem Auftrag illegale Einwanderung zu verhindern und Einwanderung insgesamt kontrolliert zu steuern nicht nach kommen darf.

Aber was bitte hat das mit dem Thema zu tun? :cool:
Ja Moment einmal ... hat Merkel, eigentlich war es ja die Bundesregierung, die Flüchtlinge ins Land gelassen oder nicht :?:
Weil dann sind die Flüchtlinge ja nicht illegal hier.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:42)

Ja Moment einmal ... hat Merkel, eigentlich war es ja die Bundesregierung, die Flüchtlinge ins Land gelassen oder nicht :?:
Weil dann sind die Flüchtlinge ja nicht illegal hier.
Nur zu deiner Information: die Bundesregierung hat einen Chef und der heißt Bundeskanzler. Aber wenn du die Bundesregierung als 'Rat der Verantwortungslosen' - neudeutsch 'Team' ;) - verstehst, dann wird es dir natürlich auch nicht gelingen, Merkel als Verantwortliche zu identifizieren.

Dann: Legal wird ein Sachverhalt nicht dadurch, dass sich der Bundeskanzler und seine Regierung über geltendes Recht hinwegsetzen und die Aufgaben des Staates vernachlässigen. 'legal' ist eine normative Bewertung auf der Grundlage geltenden Rechts.

Selbst Touristen dürfen aus vielen Ländern nicht ohne Visum einreisen, auch dann nicht, wenn sie zu Fuß reisen. Spätestens dann, wenn sie den Schengenraum betreten, betreten sie ihn illegal und der Status bleibt auch dann illegal, wenn es innerhalb des Schengenraumes Reisefreiheit gibt.

Aber was hat dies bitte mit dem Thema zu tun? :cool:
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 10:55)

Nur zu deiner Information: die Bundesregierung hat einen Chef und der heißt Bundeskanzler. Aber wenn du die Bundesregierung als 'Rat der Verantwortungslosen' - neudeutsch 'Team' ;) - verstehst, dann wird es dir natürlich auch nicht gelingen, Merkel als Verantwortliche zu identifizieren.

Dann: Legal wird ein Sachverhalt nicht dadurch, dass sich der Bundeskanzler und seine Regierung über geltendes Recht hinwegsetzen und die Aufgaben des Staates vernachlässigen. 'legal' ist eine normative Bewertung auf der Grundlage geltenden Rechts.

Selbst Touristen dürfen aus vielen Ländern nicht ohne Visum einreisen, auch dann nicht, wenn sie zu Fuß reisen. Spätestens dann, wenn sie den Schengenraum betreten, betreten sie ihn illegal und der Status bleibt auch dann illegal, wenn es innerhalb des Schengenraumes Reisefreiheit gibt.

Aber was hat dies bitte mit dem Thema zu tun? :cool:
Ahhh schon wieder diese AfD Platte vom Rechtsbruch :eek:
Frau Weidel tingelt damit ja auch durch die Talkshows ... da kannst du sie ja mal fragen, gegen welchen Paragraphen die Bundesregierung genau verstoßen hat, um von einem Rechtsbruch zu sprechen :?:
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben: Frau Weidel tingelt damit ja auch durch die Talkshows ... da kannst du sie ja mal fragen, gegen welchen Paragraphen die Bundesregierung genau verstoßen hat, um von einem Rechtsbruch zu sprechen :?:
Ich spreche ausschließlich für mich. Was Frau Weidel sagt, kümmert mich nicht.
odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:02)

Ahhh schon wieder diese AfD Platte vom Rechtsbruch :eek:
Ich spreche ausschließlich für mich. Aber dein unangemessener Kommentar gibt mir die Gelegenheit zum Thema zurückzukommen: Recht und Ordnung ist ein wesentlicher Aspekt einer verbindenden deutschen Kultur.

Du scheinst dagegen Willkür zu bevorzugen oder eine Moral bzw Ethik, die sich herausnehmen kann, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen, ganz ähnlich der muslimischen Scharia. Was zeigt dies? Dass es von vornherein nichts Verbindendes gibt und dass nur der Staat Recht und Ordnung als Verbindendes setzen kann und dass es dieses Verbindende dann aber erst wirklich gibt, wenn der Staat es auch exekutiv durchsetzt.
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:12)

Ich spreche ausschließlich für mich. Was Frau Weidel sagt, kümmert mich nicht.



Ich spreche ausschließlich für mich. Aber dein unangemessener Kommentar gibt mir die Gelegenheit zum Thema zurückzukommen: Recht und Ordnung ist ein wesentlicher Aspekt einer verbindenden deutschen Kultur.

Du scheinst dagegen Willkür zu bevorzugen oder eine Moral bzw Ethik, die sich herausnehmen kann, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen, ganz ähnlich der muslimischen Scharia. Was zeigt dies? Dass es von vornherein nichts Verbindendes gibt und dass nur der Staat Recht und Ordnung als Verbindendes setzen kann und dass es dieses Verbindende dann aber erst wirklich gibt, wenn der Staat es auch exekutiv durchsetzt.
Ich würde immer noch gerne wissen, welches geltende Recht du meinst :?:
Weil weder in der Verfassung, noch in irgendwelchen Gesetzen, ja nicht einmal im Dublin III Abkommen steht, daß Deutschand keine Flüchtlinge im Rahmen einer humanitären Aktion aufnehmen darf.
Also wo ist das Gesetz, das Merkel und die Bundesregierung gebrochen haben soll :?:
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Sextus Ironicus
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:15)

Ich würde immer noch gerne wissen, welches geltende Recht du meinst :?:
Weil weder in der Verfassung, noch in irgendwelchen Gesetzen, ja nicht einmal im Dublin III Abkommen steht, daß Deutschand keine Flüchtlinge im Rahmen einer humanitären Aktion aufnehmen darf.
Also wo ist das Gesetz, das Merkel und die Bundesregierung gebrochen haben soll :?:
Kann man das nicht bitte in einem Flüchtlingsstrang diskutieren, statt den hier zu schreddern?
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Selina
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 09:35)

Aber, was bitte hat das eigentlich mit dem Thema zu tun? :cool:
Wenn du die Güte hättest, den Beitrag über meinem Kommentar von DA (Sa 9. Dez 2017, 23:38) zu lesen, wüsstest du, was es mit dem Thema zu tun hat. Ich hatte lediglich auf das Statement der Userin zur so genannten "unkontrollierten Masseneinwanderung" (sie nennt es "unkontrollierte Massenzuwanderung") geantwortet. Ein Begriff, der gerne von einigen konservativen, aber vor allem von rechtsnationalen und identitären Leuten verwendet wird. Genauso wie "ungebremster Flüchtlingsstrom" oder "unaufhaltsame Flüchtlingswelle, die über das Land rollt". Alles Formulierungen, die außer Acht lassen, dass es sich hier um einzelne Menschen handelt, die aus Krisen- und Kriegsgebieten fliehen. Nein, das ist eine "Welle", ein "Strom" und das Ganze ergießt sich noch dazu "unkontrolliert" ähnlich einem Tsunami über die armen gequälten deutschen Lande. Damit wird Angst geschürt und Panik verbreitet. Das ist demagogische Sprachregelung reinsten Wassers. Eine "verbindende AfD-Kultur".
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:15)

Ich würde immer noch gerne wissen, welches geltende Recht du meinst :?:
Weil weder in der Verfassung, noch in irgendwelchen Gesetzen, ja nicht einmal im Dublin III Abkommen steht, daß Deutschand keine Flüchtlinge im Rahmen einer humanitären Aktion aufnehmen darf.
Also wo ist das Gesetz, das Merkel und die Bundesregierung gebrochen haben soll :?:
Ich bezog mich ja auch nicht auf die einmalige Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn. Ich bezog mich auf den daraufhin folgenden Zustand der illegalen unkontrollierten Massenzuwanderung über Monate hinweg , der eindeutig gegen geltendes Recht, auch gegen Verfassungsrecht verstoßen hat wie das Verfassungsgericht im Nachinein festgestellt hat, indem es feststellte, dass der Bundestag für solche Einwanderungswellen hätte eingeschaltet werden müssen.

Recht und Ordnung kann die verbindende deutsche Kultur sein, wenn man sich nicht drüber hinwegsetzt. :cool:
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:31)

Ich bezog mich ja auch nicht auf die einmalige Aufnahme der Flüchtlinge aus Ungarn. Ich bezog mich auf den daraufhin folgenden Zustand der illegalen unkontrollierten Massenzuwanderung über Monate hinweg , der eindeutig gegen geltendes Recht, auch gegen Verfassungsrecht verstoßen hat wie das Verfassungsgericht im Nachinein festgestellt hat, indem es feststellte, dass der Bundestag für solche Einwanderungswellen hätte eingeschaltet werden müssen.

Recht und Ordnung kann die verbindende deutsche Kultur sein, wenn man sich nicht drüber hinwegsetzt. :cool:
Es gibt ein Urteil des Bundes-Verfassungsgerichts über Merkles Flüchtlingspolitik :?:
Wo, wann, wie :?:
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Dark Angel
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53)

Diese ewige Merkel-Legende, sie habe die Grenzen für jedermann geöffnet und damit die "unkontrollierte Masseneinwanderung" erst in Gang gesetzt, ist nur heiße Luft. So war es wirklich:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2016 ... ene-grenze
Wenn man die Fakten do dreist leugnet und verdreht wie du, leidet man tatsächlich unter extremen Realitätsverlust!

"Das deutsche Fernsehen zeigt Bilder von Flüchtlingen am Budapester Bahnhof, die "Merkel, Merkel" rufen. Am 1. September lässt Orbán die ersten ausreisen. Bis Mitternacht kommen bis zu 600 in München an. "We love you, Germany", rufen sie bei ihrer Ankunft." [...]
" Merkel wird am Abend des 4. September vom österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann alarmiert, Flüchtlinge seien auf dem Weg zur Grenze.
Mitte September beginnt Ungarn damit, seine Grenze zu Kroatien mit Stacheldraht zu schließen.
Die beiden entscheiden, die Grenzen zu öffnen. Ganz unbürokratisch. Auf Kontrollen und Registrierungen wollen sie vorerst verzichten.
"[...]
"In einer Telefonkonferenz des CSU-Vorstandes sagt Seehofer, die Kanzlerin habe sich "leider im Alleingang für die Vision eines anderen Deutschland" entschieden. Es ist der Anfang des Bruches zwischen ihm und Merkel, der bis heute nicht gekittet ist."
Quelle


"Altmaier hat sich am Freitag früh aufgemacht. Er fliegt nach Frankfurt, weiter nach Genf, setzt dann auf dem französischem Teil des Sees über. In Evian soll er am Samstag eine Rede halten. Stundenlang ist er nicht zu erreichen, in den Stopps zwischen den Flügen: Hektische Telefonate mit Merkel. Um ein Uhr morgens legt der Saarländer das Handy aus der Hand. In Berlin steht die Entscheidung: Grenze öffnen. Die Argumentationslinie ist, dass man damit Zeit gewinne, um eine politische Lösung in der EU zu suchen." [...]
Merkel hat im Affekt gehandelt – ohne das Parlament zu beteiligen
Für den nächsten Morgen – gegen neun Uhr – ruft Altmaier die Chefs der Staatskanzleien der 16 Bundesländer zu einer Schaltkonferenz zusammen. Keiner hat sie gefragt, ob die Grenze geöffnet werden soll. Aber jetzt sind sie plötzlich gefragt, wenn es darum geht, die Flüchtlinge zu versorgen. Die Länder sind "not amused".

Merkel hat im Affekt gehandelt, am Telefon, unter (Zeit)Druck, ohne Blaupause, ohne die Länder zu informieren oder das Parlament zu beteiligen.
"
Quelle

Oder hier: Geschichte eines Staatsversagens

und dann noch:

"Bis jetzt ist die Rechtsgrundlage, auf der die Einreise von Asylsuchenden im Herbst 2015 genehmigt wurde, nicht geklärt.
Das haben Juristen der Wissenschaftliche Dienste des Bundestages festgestellt.
Eigentlich hätten die aus dem sicheren Drittstaat Österreich kommenden Flüchtlinge abgewiesen werden müssen."

"Wenige Tage vor der Bundestagswahl sorgt ein Gutachten zur Flüchtlingskrise für Aufregung. Ausgerechnet die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages stellen darin die Frage, ob das Parlament im Herbst 2015 nicht über den Massenzuzug hätte abstimmen müssen. Die Juristen des Parlaments stellen fest, dass die Bundesregierung bis heute nicht erklärt hat, auf welcher Rechtsgrundlage sie damals entschied." [...]
Quelle


Merkel hat sehr wohl im Alleingang - OHNE Einbeziehen und OHNE Abstimmung durch das Parlament - entschieden, die Grenzen zu öffnen und auf Grenzkontrollen zu verzichten.
Verzicht auf Grenzkontrollen ist nichts anderes als unkontrollierte Massenzuwanderung!

Also nix mit "Merkel-Legende, sondern Fakten - Merken HAT im Alleingang (OHNE Parlamentsentscheidung) die Grenzen geöffnet, sie HAT Gesetze missachtet und sie HAT mit der Aussetzung von Grenzkontrollen, eine unkontrollierte Massenzuwanderung in Gang gesezt!
Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53)Am Rande: Nicht ich verorte Menschen als neurechts oder rechtsradikal, nein, das tun diese Leute selbst. Und zwar sehr deutlich. Sie forcieren immer wieder eine künstliche Debatte um "kulturelle Identität", Nation, Volk, Ethnie und Kultur (kann man hier im Strang deutlich sehen) mit der Absicht der Ausgrenzung dessen, was sie als "das Fremde" bezeichnen.

Aber selbstverständlich legst DU fest, was rechts, neurechts oder rechtsradikal ist und verortest die Menschen in diesem politischem Spektrum. Beweist du doch gerade wieder!
Du kannst und willst nicht zwischen Abgrenzung und Ausgrenzung unterscheiden, unterstellst gewollte Ausgrenzung und damit diffamierst und denunzierst du Menschen als neurechts und rechtsradikal.
Zu kultureller Identität habe ich aus einer Habilitation zu diesem Thema zitiert, habe diese (einschließlich eines Kommentars dazu) verlinkt - nimmst du nicht zu Kenntnis, behauptest stattdessen weiterhin, es handele sich um einen neurechten oder gar rechtsradikalen Begriff und erhebst damit deine Meinung - die auf einer eingeschränkten, einseitigen Sicht (einseitgem Informationsbezug) - zur Allgemeingültigkeit.
Doch DU und niemand anders verortest Menschen - allein aufgrund einer, dir nicht genehmen Meinungsäußerung - im neurechten oder rechtsradikalen politischen Spektrum und genau das nennt man diffamieren und denunzieren.
q.e.d.

Und ganz nebenbei: Es handelt sich eben NICHT um eine künstliche Debatte, sondern um den ganz normalen Vorgang der ABgrenzung des Eigenen vom Fremden!
Selina hat geschrieben:(10 Dec 2017, 01:53) Und zur Auseinandersetzung mit deinen "Argumenten": Nur, weil ein führender FDP-Mann mal etwas von einem so genannten Linksruck bei SPD und CDU und von einer "Sozialdemokratisierung der CDU" gesagt hat und das nun viele nachplappern, muss das noch lange nicht stimmen.
Gerade weil ein FDP-Politiker davon spricht, hat die Aussage durchaus ihre Berechtigung, "stimmt diese Aussage".
Die Existenz einer Partei wie der AfD IST der Beweis dafür!
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Uffzach »

odiug hat geschrieben:(10 Dec 2017, 11:46)

Es gibt ein Urteil des Bundes-Verfassungsgerichts über Merkles Flüchtlingspolitik :?:
Wo, wann, wie :?:
Nein, hatte ich in der Eile falsch ausgedrückt. Es gab eine parlamentarische Anfrage an den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nach der Rechtsgrundlage für die 'Grenzöffnung' durch Merkel, die ja tatsächlich ein Offenlassen trotz massenhaften illegalen Grenzübertrittes war, und dieser bezog sich in seiner Darlegung, dass es keine Rechtsgrundlage gab, auf die Begründung eines Urteil des VerfG zum Familiennachzug ( "„… obliegt es der Entscheidung der Legislative … ob und bei welchem Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung die Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet begrenzt wird“), welches die Einschaltung des Bundestages erforderlich gemacht hätte. Folglich war Merkel's Grenzoffenhaltung nach der einmaligen Aufnahme der Flüchtlinge ein Verstoß gegen die verfassungsgemäße Ordnung, d.h. ein Rechtsbruch.

siehe auch Beitrag von Dark Angel gleich über diesem Beitrag.

https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... zoeffnung/
odiug

Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von odiug »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 16:42)

Nein, hatte ich in der Eile falsch ausgedrückt. Es gab eine parlamentarische Anfrage an den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages nach der Rechtsgrundlage für die 'Grenzöffnung' durch Merkel, die ja tatsächlich ein Offenlassen trotz massenhaften illegalen Grenzübertrittes war, und dieser bezog sich in seiner Darlegung, dass es keine Rechtsgrundlage gab, auf die Begründung eines Urteil des VerfG zum Familiennachzug ( "„… obliegt es der Entscheidung der Legislative … ob und bei welchem Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung die Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet begrenzt wird“), welches die Einschaltung des Bundestages erforderlich gemacht hätte. Folglich war Merkel's Grenzoffenhaltung nach der einmaligen Aufnahme der Flüchtlinge ein Verstoß gegen die verfassungsgemäße Ordnung, d.h. ein Rechtsbruch.

siehe auch Beitrag von Dark Angel gleich über diesem Beitrag.

https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... zoeffnung/
Gut ... das ist aber ein formaler Fehler von Merkel, angesichts der Mehrheitsverhältnisse im damaligen Bundestag.
Aber prinzipiell gebe ich dir da sogar recht, dieser formale Fehler zeigt ein zumindest fragwürdiges Demokratieverständnis über die Rolle des Parlaments der Bundesregierung ... ist aber kein Rechtsbruch ... deswegen ist Merkel nicht kriminell.
Und natürlich kann man dir auch den Europäischen Gerichtshof entgegenhalten:
Deutschland machte von „Eintrittsklausel“ Gebrauch

Gleichzeitig verwies der EuGH aber auf eine „Eintrittsklausel“ im EU-Flüchtlingsrecht. Diese erlaube es anderen Staaten, „einseitig oder in abgestimmter Weise im Geist der Solidarität“ Anträge von Flüchtlingen auf internationalen Schutz auch dann zu prüfen, wenn sie nach den Dublin-Regeln hierfür nicht zuständig sind.
http://www.focus.de/politik/deutschland ... 00677.html
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von think twice »

Uffzach hat geschrieben:(10 Dec 2017, 16:42)

Folglich war Merkel's Grenzoffenhaltung nach der einmaligen Aufnahme der Flüchtlinge ein Verstoß gegen die verfassungsgemäße Ordnung, d.h. ein Rechtsbruch.

siehe auch Beitrag von Dark Angel gleich über diesem Beitrag.

https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... zoeffnung/
Wurde das von offizieller Seite schon so festgestellt oder ist das die unmassgebliche Meinung von Tichy und seiner juristisch versierten Gefolgschaft?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(08 Dec 2017, 21:05)

Ehrliche Antwort? Ok. Hier ist sie: Mich stört das alles überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich finde nur, dass man über Selbstverständlichkeiten nicht so intensiv reden muss, wie das einige Leute seit einigen Jahren ständig tun. Meine Frage geht daher in die Richtung des Motivs, warum es diesen auffallenden Rückzug ins Nationale, in die "kulturelle Identität", ins "Eigene" und dergleichen mehr seit einigen Jahren gibt. Und warum solche Fragen so eine hohe Priorität haben in einigen Kreisen im Vergleich zu anderen existenziellen Fragen. Das ist es, was mich interessiert dabei. Worauf ich allerdings noch keine Antwort erhalten habe.
Da muss ich sagen: Das stört mich im Unterschied zu Dir ganz ungemein. Es gibt zum Beispiel Statistiken über den bekundeten kulturellen Nationalismus in (Nord- und Süd-)Amerika. Mexiko liegt auf einem der vorderen Plätze. Und ich habe einen ungarischen "Kindheitsfreund", der in jungen Jahren in die USA ausgewandert ist und dort eine Mexikanerin geheiratet hat. Sein Vater, immerhin Professor für ungarische Liteatur an einer Budapester Universität, musste am Telefon tatsächlich wortwörtlich bekunden, dass Ungarn als Nation weniger wert ist als Mexiko, um die beiden in den USA besuchen zu dürfen. Ich meine: Das muss man sich mal vorstellen! Das ist doch ungeheuerlich.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(07 Dec 2017, 14:40)

Du bist echt schon bewaffnet? :?

;)

Wir kommen darauf zurück, was diese Auflösung bedeutet, wenn wir den Reckwitz analysieren. Denn diese "Valorisierungskultur" hin zum Besonderen findet ja nicht ohne Grundlagen im leeren Raum statt und ist als systemische Beschreibung sehr präzise, allerdings sagt sie definitionsgemäß und in Einklang mit modernen Systemtheorien nichts über irgendwelche Akteure und die Voraussetzungen ihres Handelns. Und ich habe auch mal extra, weil ich so genervt war von diesen toten Systemen (was das Buch aber nicht schlecht machen soll) bei Sapolsky (Gewalt und Mitgefühl) die Kapitel über Individualkulturen und Kollektivkulturen aus Sicht der Neurowissenschaften/Biologie nachgelesen. Da steckt eins der fehlenden Glieder drin, für die Soziologen leider keinen Sinn haben (müssen).
Ja richtig. Das, was ich bis jetzt in "Die Gesellschaft der Singularitäten" gelesen habe, unterscheidet sich in (mindestens) zwei Punkten, von dem, was ich unter dem Stichwort "Kosmopolitismus vs. Kommunitarismus" mitbekommen habe. Reckwitz betrachtet den gesellschaftlichen Wandel in jüngerer Zeit wesentlich systemisch und nicht sozusagen als einen Mentalitätswechsel. Für ihn wandeln sich nicht nur die Menschen sondern auch die Dinge, die Städtearchitekturen, die Richtung des technologischen Fortschritts usw. Deshalb auch "Singularität" statt "Kosmopolitismus". Und dann, das ist (u.a.) das wirklich spannende: Er geht ausführlich auf die Entwertungsreflexe als Folge dieser Wandlung von der Industriegesellschaft der 60er-80er zur aktuellen postmodernen Gesellschaft ein. Dem Bedeutungszuwachs des Singulären stehen ausgesprochen heftige Abwertungsreaktionen gegenüber. Die Rechtsdrift bis hin zum Neonationalismus in Europa ist ein Teil dieser Gegenreaktion.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 08:46)

Ja richtig. Das, was ich bis jetzt in "Die Gesellschaft der Singularitäten" gelesen habe, unterscheidet sich in (mindestens) zwei Punkten, von dem, was ich unter dem Stichwort "Kosmopolitismus vs. Kommunitarismus" mitbekommen habe. Reckwitz betrachtet den gesellschaftlichen Wandel in jüngerer Zeit wesentlich systemisch und nicht sozusagen als einen Mentalitätswechsel. Für ihn wandeln sich nicht nur die Menschen sondern auch die Dinge, die Städtearchitekturen, die Richtung des technologischen Fortschritts usw. Deshalb auch "Singularität" statt "Kosmopolitismus". Und dann, das ist (u.a.) das wirklich spannende: Er geht ausführlich auf die Entwertungsreflexe als Folge dieser Wandlung von der Industriegesellschaft der 60er-80er zur aktuellen postmodernen Gesellschaft ein. Dem Bedeutungszuwachs des Singulären stehen ausgesprochen heftige Abwertungsreaktionen gegenüber. Die Rechtsdrift bis hin zum Neonationalismus in Europa ist ein Teil dieser Gegenreaktion.
Ja, ich bin jetzt fast durch, werde mir heute noch die Milieustudie des Heidelberger Sinus-Institus, auf die er sich stützt, anschauen. Im Grunde stehen für mich die 30 % der neuen kulturellen Mittelschicht für diejenigen, die die Herren über den gesamten Valorisierungsprozess sind. Die anderen 70 % (mit Ausnahme des 1 % der Superreichen) sind diejenigen, die nicht unbedingt sozial oder ökonomisch, aber auf jeden Fall kulturell abgehängt sind. Er hat das wirklich erstklassig herausgearbeitet. Es sollte Pflichtlektüre für einige hier sein :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 08:34)

Da muss ich sagen: Das stört mich im Unterschied zu Dir ganz ungemein. Es gibt zum Beispiel Statistiken über den bekundeten kulturellen Nationalismus in (Nord- und Süd-)Amerika. Mexiko liegt auf einem der vorderen Plätze. Und ich habe einen ungarischen "Kindheitsfreund", der in jungen Jahren in die USA ausgewandert ist und dort eine Mexikanerin geheiratet hat. Sein Vater, immerhin Professor für ungarische Liteatur an einer Budapester Universität, musste am Telefon tatsächlich wortwörtlich bekunden, dass Ungarn als Nation weniger wert ist als Mexiko, um die beiden in den USA besuchen zu dürfen. Ich meine: Das muss man sich mal vorstellen! Das ist doch ungeheuerlich.
Dann muss das wohl ein Missverständnis sein. Selbstverständlich lehne ich ebenfalls jegliche Überspitzungen und auch den "kulturellen Nationalismus" ab. Ich hab so etwas mal bei meinen polnischen Freunden erlebt. Wir sprachen aber ausgiebig darüber und näherten uns irgendwie an in diesen Punkten. Aber die gegenseitige Sympathie war sowieso immer das Ausschlaggebende dabei. Ist auch alles etliche Jahre her. Was ich mit meinem Posting meinte, ist, dass ich einfach unheimlich skeptisch bin, wenn Leute die "kulturelle Identität" so dermaßen betonen und wie eine Monstranz vor sich hertragen. Und dann noch das ganze Vokabular (hab ich dann später noch was dazu geschrieben hier)... Und ja, auch dieses ständige angebliche Mehr-wert-Sein als andere finde ich einfach nur entsetzlich. Das macht mir alles große Sorgen, vielleicht auch deshalb, weil ich altersmäßig noch näher an der Nachkriegszeit dran bin als du.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

Selina hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:06)

Dann muss das wohl ein Missverständnis sein. Selbstverständlich lehne ich ebenfalls jegliche Überspitzungen und auch den "kulturellen Nationalismus" ab. Ich hab so etwas mal bei meinen polnischen Freunden erlebt. Wir sprachen aber ausgiebig darüber und näherten uns irgendwie an in diesen Punkten. Aber die gegenseitige Sympathie war sowieso immer das Ausschlaggebende dabei. Ist auch alles etliche Jahre her. Was ich mit meinem Posting meinte, ist, dass ich einfach unheimlich skeptisch bin, wenn Leute die "kulturelle Identität" so dermaßen betonen und wie eine Monstranz vor sich hertragen. Und dann noch das ganze Vokabular (hab ich dann später noch was dazu geschrieben hier)... Und ja, auch dieses ständige angebliche Mehr-wert-Sein als andere finde ich einfach nur entsetzlich. Das macht mir alles große Sorgen, vielleicht auch deshalb, weil ich altersmäßig noch näher an der Nachkriegszeit dran bin als du.

Wer konkret sagt, er sei mehr wert als andere?
Dieser Schwachsinn ist doch an den Haaren herbeigezogen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:12)

Wer konkret sagt, er sei mehr wert als andere?
Dieser Schwachsinn ist doch an den Haaren herbeigezogen.
Na Mensch, B.H., ich hab' doch grad' zwei Beiträge weiter oben ein Beispiel aus der Realität beschrieben, die genau das verdeutlichen.

Und einfach nur fünf Minuten Radio-Nachrichten werden das mit großer Wahrscheinlichkeit bestätigen. Es gibt einen seltsamen westlichen Idealismus, der zum Beispiel seine eigene Sichtweise auf den Buddhismus als angeblich sanfte, friedliche Religion entwickelt hat und nicht wahrhaben will, dass buddhistische Mönche in Myanmar einfach so Andersgläubige als minderwertig und quasi zum Abschusss Freigegebene behandelt.

Dass in Deutschland wahrscheinlich nur wenige offen sagen, dass sie sich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit als mehr wert ansehen als andere, ändert daran ja nix.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(11 Dec 2017, 08:54)

Ja, ich bin jetzt fast durch, werde mir heute noch die Milieustudie des Heidelberger Sinus-Institus, auf die er sich stützt, anschauen. Im Grunde stehen für mich die 30 % der neuen kulturellen Mittelschicht für diejenigen, die die Herren über den gesamten Valorisierungsprozess sind. Die anderen 70 % (mit Ausnahme des 1 % der Superreichen) sind diejenigen, die nicht unbedingt sozial oder ökonomisch, aber auf jeden Fall kulturell abgehängt sind. Er hat das wirklich erstklassig herausgearbeitet. Es sollte Pflichtlektüre für einige hier sein :D
Ob Du nicht mit der Bezeichnung "Herren" über irgendeinen Prozess doch irgendwie dabei bist, menschliche Tätigkeiten zu verdammen statt sie zu begreifen ... da bin ich mir nicht so ganz sicher. Es findet einfach statt. In sehr vielen Fällen dürfte die Ablehnung von Dingen wie Leitkultur, Identität, "Werte", Kulturgemeinschaft usw. eher Konsequenz aus einer Selbsbetroffenheit von objektiv laufenden gesellschaftlichen Prozessen sein. Die man keineswegs selbst angestoßen hat und die man auch nicht "beherrscht". Man hat nur eingesehen, dass es auf Dauer unsinnig ist, sich ihnen entgegenzustellen. Die Welt in soundsoviel Dekaden wird eben doch eine ganz grundsätzlich andere sein.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:32)

Ob Du nicht mit der Bezeichnung "Herren" über irgendeinen Prozess doch irgendwie dabei bist, menschliche Tätigkeiten zu verdammen statt sie zu begreifen ... da bin ich mir nicht so ganz sicher. Es findet einfach statt. In sehr vielen Fällen dürfte die Ablehnung von Dingen wie Leitkultur, Identität, "Werte", Kulturgemeinschaft usw. eher Konsequenz aus einer Selbsbetroffenheit von objektiv laufenden gesellschaftlichen Prozessen sein. Die man keineswegs selbst angestoßen hat und die man auch nicht "beherrscht". Man hat nur eingesehen, dass es auf Dauer unsinnig ist, sich ihnen entgegenzustellen. Die Welt in soundsoviel Dekaden wird eben doch eine ganz grundsätzlich andere sein.
Reckwitz beschreibt einen Prozess, er nimmt dazu wenig Stellung. Unsere Aufgabe ist es, das zu verstehen und zu interpretieren. Er beschäftigt sich ja nicht mit den Folgen, wobei er als Linker gegen Ende hin schon unterschwellig sein Unbehagen an der kulturellen Ökonomisierung durchscheinen lässt. Wolfgang Ullrich, auf den er sich teilweise stark stützt, hat den Valorisierungsprozess in seinem "Wahre Meisterwerte" genau auf die Folgen für die Gesellschaft hin untersucht.

Was deinen Fatalismus ;) angeht: Reckwitz sagt schon deutlich, dass der Prozess eine ökonomische Grundlage hat, denn das, was in den privaten Bereichen Essen, Wohnen etc. passiert, muss man sich auch leisten können. Er wäre ab der zweiten Hälfte (nach dem Kapitel über die Arbeit) eigentlich Wasser auf die Mühlen von Linken, deren Linkssein sich nicht auf dieses kulturelle Bessersein beschränkt, sondern die den Kapitalismus in progress sehen und kritisieren wollen. Aber hier tappen dann einige Linke in ihre eigenen Fallen: Sie fühlen sich kulturell den 30 % kulturell Mittelschichtigen zugehörig, müssten aber für die kulturell Abgehängten, also für die, die sie im Grunde ihres kulturellen Werte-Herzens verachten, Politik machen. Frau Wagenknecht weiß das, aber schon die Mehrheit der Linkspartei bekommt das nicht mehr auf die Reihe. Und deshalb muss man sich auch nicht wundern, dass die Linke prozentual den höchsten Aderlass an die AfD hinnehmen musste.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:24)

Na Mensch, B.H., ich hab' doch grad' zwei Beiträge weiter oben ein Beispiel aus der Realität beschrieben, die genau das verdeutlichen.

Und einfach nur fünf Minuten Radio-Nachrichten werden das mit großer Wahrscheinlichkeit bestätigen. Es gibt einen seltsamen westlichen Idealismus, der zum Beispiel seine eigene Sichtweise auf den Buddhismus als angeblich sanfte, friedliche Religion entwickelt hat und nicht wahrhaben will, dass buddhistische Mönche in Myanmar einfach so Andersgläubige als minderwertig und quasi zum Abschusss Freigegebene behandelt.

Dass in Deutschland wahrscheinlich nur wenige offen sagen, dass sie sich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit als mehr wert ansehen als andere, ändert daran ja nix.
Du kannst also in die Köpfe gucken. Ist dir schon in den Sinn gekommen, wer sich über seinen vermeintlichen Mehrwert nicht äußert, empfindet diesen auch nicht?
Hauptsache, sich moralisch als mehrwertig fühlen, nicht wahr? :D
Letztlich spielen du oder Selina sich erstmal als mehrwertig auf, indem anderen unterstellt wird, sich mehrwertig zu fühlen. Selbsternannte moralische Instanzen.
Hoffentlich ist es bequem dort oben auf dem moralischen Thron.
Nenn doch mal außerhalb rechtsextremen Spacken noch andere, die den ganzen Tag darüber nachdenken, dass sie besser seien als andere.
Unterschiede zu sehen ist erlaubt?
Ich bleibe mal hier in Deutschland, irgendwelche Buddhisten interessieren mich nicht.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Dec 2017, 10:03)

Du kannst also in die Köpfe gucken. Ist dir schon in den Sinn gekommen, wer sich über seinen vermeintlichen Mehrwert nicht äußert, empfindet diesen auch nicht?
Hauptsache, sich moralisch als mehrwertig fühlen, nicht wahr? :D
Letztlich spielen du oder Selina sich erstmal als mehrwertig auf, indem anderen unterstellt wird, sich mehrwertig zu fühlen. Selbsternannte moralische Instanzen.
Hoffentlich ist es bequem dort oben auf dem moralischen Thron.
Nenn doch mal außerhalb rechtsextremen Spacken noch andere, die den ganzen Tag darüber nachdenken, dass sie besser seien als andere.
Unterschiede zu sehen ist erlaubt?
Ich bleibe mal hier in Deutschland, irgendwelche Buddhisten interessieren mich nicht.
Warum du dich immer angesprochen fühlst. Schleierhaft. Die Rede ist doch gerade von deinen viel zitierten "Spacken", nur um in deiner Diktion zu bleiben, also von Nationalisten und solchen, die sich ihnen nahe fühlen. Wenn du dich nicht dazugehörig fühlst, ist doch alles bestens. Wo ist das Problem?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(11 Dec 2017, 09:53)

Reckwitz beschreibt einen Prozess, er nimmt dazu wenig Stellung. Unsere Aufgabe ist es, das zu verstehen und zu interpretieren. Er beschäftigt sich ja nicht mit den Folgen, wobei er als Linker gegen Ende hin schon unterschwellig sein Unbehagen an der kulturellen Ökonomisierung durchscheinen lässt. Wolfgang Ullrich, auf den er sich teilweise stark stützt, hat den Valorisierungsprozess in seinem "Wahre Meisterwerte" genau auf die Folgen für die Gesellschaft hin untersucht.

Was deinen Fatalismus ;) angeht: Reckwitz sagt schon deutlich, dass der Prozess eine ökonomische Grundlage hat, denn das, was in den privaten Bereichen Essen, Wohnen etc. passiert, muss man sich auch leisten können. Er wäre ab der zweiten Hälfte (nach dem Kapitel über die Arbeit) eigentlich Wasser auf die Mühlen von Linken, deren Linkssein sich nicht auf dieses kulturelle Bessersein beschränkt, sondern die den Kapitalismus in progress sehen und kritisieren wollen. Aber hier tappen dann einige Linke in ihre eigenen Fallen: Sie fühlen sich kulturell den 30 % kulturell Mittelschichtigen zugehörig, müssten aber für die kulturell Abgehängten, also für die, die sie im Grunde ihres kulturellen Werte-Herzens verachten, Politik machen. Frau Wagenknecht weiß das, aber schon die Mehrheit der Linkspartei bekommt das nicht mehr auf die Reihe. Und deshalb muss man sich auch nicht wundern, dass die Linke prozentual den höchsten Aderlass an die AfD hinnehmen musste.
Nicht, dass ich nicht wüsste oder zumindest ahnte, welchen Bevölkerungsteil Du mit den "kulturell Besserseienden" meinst. Die Tatsache, dass ich nicht zu den schon mal so bezeichneten "Luxuslinken" gehöre sondern morgens in der Regel an Obdachlosen in Schöneweide und abends an russischen oder russlanddeutschen Jugendlichen in Marzahn vorbeiradle und auch sehr gut die prekären Verhältnisse in Osteuropa kenne, hält mich nicht im Mindesten davon ab, gegen die Wiederhinwendung zu "Kulturzusammengehörigkeit" einzutreten.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 10:19)

Nicht, dass ich nicht wüsste oder zumindest ahnte, welchen Bevölkerungsteil Du mit den "kulturell Besserseienden" meinst. Die Tatsache, dass ich nicht zu den schon mal so bezeichneten "Luxuslinken" gehöre sondern morgens in der Regel an Obdachlosen in Schöneweide und abends an russischen oder russlanddeutschen Jugendlichen in Marzahn vorbeiradle und auch sehr gut die prekären Verhältnisse in Osteuropa kenne, hält mich nicht im Mindesten davon ab, gegen die Wiederhinwendung zu "Kulturzusammengehörigkeit" einzutreten.
Ich meine damit jenen von Reckwitz mit 30 % angegebenen Teil des neuen Mittelstandes, der den alten abgelöst hat. Jene, die in dem von ihm im Paternosterbild als diejenigen beschriebenen wurden, die in der nach oben fahrenden Kabine sitzen. (Ich persönlich habe immer versucht, die Treppe zu nehmen, weil mich vor Automatismen graust.) Mit Luxuslinken hat das nichts zu tun, denn Reckwitz sagt ja klar, dass Geld zwar eine Rolle spielt, aber auf der Ebene der Valorisierungen dann nicht die vordergründige.

Frau Kipping und Frau Wagenknecht sind sicher exemplarisch. Sozial ähneln die sich sicher, aber Sarah Wagenknecht reiht sich anders als Frau Kipping nicht in die neue Werteklasse ein, sondern richtet den Blick weiterhin etwas konservativer bevorzugt auf das Soziale und nicht das Kulturelle. Frau Kipping kann nur bei den 30 % neuer Mittelklasse fischen, Sarah Wagenknecht überall. Das ist der Unterschied. Mit Luxus hat das nichts zu tun, sondern mit kulturellen Werten. Wagenknecht beugt sich dem Entwerten nicht, Kipping ist Teil derer, die entwerten. So würde ich das etwas sehr verkürzt sehen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

Selina hat geschrieben:(11 Dec 2017, 10:09)

Warum du dich immer angesprochen fühlst. Schleierhaft. Die Rede ist doch gerade von deinen viel zitierten "Spacken", nur um in deiner Diktion zu bleiben, also von Nationalisten und solchen, die sich ihnen nahe fühlen. Wenn du dich nicht dazugehörig fühlst, ist doch alles bestens. Wo ist das Problem?

Nur dass Du und deinesgleichen die Deutungshoheit haben wollt, wer denn ein rechter Spacken ist. Mittlerweile ja wohl nahezu jeder.

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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Dec 2017, 10:03)
Letztlich spielen du oder Selina sich erstmal als mehrwertig auf, indem anderen unterstellt wird, sich mehrwertig zu fühlen.
Nicht um unterstellte Mehrwertigkeit geht es. Von meiner Seite jedenfalls. Eher um unterstellte grundsätzliche "Inkompatibilität". Schau doch nur mal auf die Entwicklung islamisch geprägter Gemeinschaften im Westbalkan oder im Nordkaukasus. Noch vor kurzer Zeit absolut liberal, friedlich, modern. Schweinfleisch? Schnaps? Minirock? Privatsache! Es ist doch völlig offensichtlich, dass es sich nicht um grundsätzliche Inkompatibilitäten sondern um Reaktionen auf aktuelle gesellschaftliche, weltpolitische Veränderungen handelt.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:25)

Nur dass Du und deinesgleichen die Deutungshoheit haben wollt, wer denn ein rechter Spacken ist. Mittlerweile ja wohl nahezu jeder.

Ich habe keine Probleme, weder benötige ich dringend Nazis, noch suche ich sie.
Ich möchte nur mal wissen, was es mit diesem Narrativ von der "Deutungshoheit" auf sich hat. Man sagt oder schreibt, was man denkt. Naja. Was ich für völlig normal und jedem zugestanden halte ist nun plötzlich die "Inanspruchnahme einer Deutungshoheit". Hört sich irgendwie vornehm an. Ist aber einfach nur normal. Soll ich das als meine Meinung ausgeben, was andere denken, nur um dem Vorwurf der Deutungshoheitinanspruchnahme zu begegnen?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:27)

Es ist doch völlig offensichtlich, dass es sich nicht um grundsätzliche Inkompatibilitäten sondern um Reaktionen auf aktuelle gesellschaftliche, weltpolitische Veränderungen handelt.
Dann erklär doch mal bitte, warum sich Muslime im Westbalkan oder Nordkaukasus wegen der Weltpolitik radikalisieren müssen!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Billie Holiday hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:25)

Nur dass Du und deinesgleichen die Deutungshoheit haben wollt, wer denn ein rechter Spacken ist. Mittlerweile ja wohl nahezu jeder.
Wer ausgrenzt, muss das rationalisieren. "Rechts" ist einer der Ausgrenz(ungs)steine. Pater Lorenzo (Goyas Geister) ist derzeit halt im Weltlichen aktiv. Am Ende frisst ihn die selbst provozierte Restauration oder die eigene Revolution (wie, da ich gerade bei Filmen bin, im Hotel Lux so schön gezeigt).
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:36)

Ich möchte nur mal wissen, was es mit diesem Narrativ von der "Deutungshoheit" auf sich hat. Man sagt oder schreibt, was man denkt. Naja. Was ich für völlig normal und jedem zugestanden halte ist nun plötzlich die "Inanspruchnahme einer Deutungshoheit". Hört sich irgendwie vornehm an. Ist aber einfach nur normal. Soll ich das als meine Meinung ausgeben, was andere denken, nur um dem Vorwurf der Deutungshoheitinanspruchnahme zu begegnen?
Am Ende des Reckwitz kannst du feststellen: Die von ihm als die tonangebende kulturelle Mittelschicht angeführte "Klasse" ist meinungssetzend. Die gesamte politische Klasse (außer AfD) und sicher um die 90 % der schreibenden Zunft aus der Qualitätspresse gehören diesem Segment an- und Meinungen bilden sich nun einmal in solchen Räumen. In diesem Milieu liegt die absolute Lufthoheit über den Diskurs, also die Wertungen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Tom Bombadil hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:37)

Dann erklär doch mal bitte, warum sich Muslime im Westbalkan oder Nordkaukasus wegen der Weltpolitik radikalisieren müssen!
Das ist ein höchst interessantes Thema. Und von "müssen" ist gar nicht die Rede. Sie tuns einfach. Es hat mit dem ganzen Themenbereich Kulturalisierung, Singularitäten vs. Allgemeines zu tun. Auch auf Gruppen trifft diese Tendenz zur Singularisierung zu. Man will sich unterscheiden, abgrenzen. Es ist auch nicht so sehr die Weltpolitik der Politiker sondern überhaupt die Entwicklung der Welt in vielfacher Hinsicht. Es ist nichts an die Stelle der Ideologien der ehemaligen Sowjetunion und des ehemaligen Jugoslawiens getreten. Insbesondere die 90er Jahre wurden von den Menschen in diesen Regionen als Jahrzehnte von Konsum, Geld, Globalisierung, Entwurzelung wahrgenommen. Die globale Ökonomie arbeitet ohnehin unablässig an Entgrenzungen. Es ist völlig sinnlos, gegen diese Entgrenzungen kulturelle Abgrenzungen zu setzen. Es wird unablässig Öl und Gas aus dem arabischen Raum nach Europa strömen und die Gewinne aus diesen Geschäften werden in europäische Unternehmen und westbalkanesische Einkaufszentren fließen. Nötig wäre die Schaffung eines neuen welteinigenden Grundgedankens. Über alle Nationen und Religionen hinweg.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:44)

Am Ende des Reckwitz kannst du feststellen: Die von ihm als die tonangebende kulturelle Mittelschicht angeführte "Klasse" ist meinungssetzend. Die gesamte politische Klasse (außer AfD) und sicher um die 90 % der schreibenden Zunft aus der Qualitätspresse gehören diesem Segment an- und Meinungen bilden sich nun einmal in solchen Räumen. In diesem Milieu liegt die absolute Lufthoheit über den Diskurs, also die Wertungen.
Ja Gott. Verbietet irgendjemand einem anderen, seine Meinung schreibend oder sagend zu äußern? Oder umgekehrt, sich einer geäußerten Meinung anzuschließen? In der nächsten Tankstelle lag sogar illegalerweise seinerzeit ein Sarrazin-Buch zum Verkauf aus, ohne dass das den Betreibern verboten wurde.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:55)

Das ist ein höchst interessantes Thema. Und von "müssen" ist gar nicht die Rede. Sie tuns einfach.
"Muss" als unausweichliche Folge der Weltpolitik. Aber ich finde es interessant, dass Verständnis für das Verhalten von Muslimen im Westbalkan und Nordkaukasus aufgebracht wird, während man für Deutsche, die mit der sich immer schneller drehenden Welt nicht klarkommen, nur Hohn und Spott übrig hat.
Nötig wäre die Schaffung eines neuen welteinigenden Grundgedankens. Über alle Nationen und Religionen hinweg.
Wer soll so etwas erschaffen?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von krone »

Schoko will den Weltfrieden.
Wird jährlich bei hunderten mißwahlen gefordert.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:55)

Nötig wäre die Schaffung eines neuen welteinigenden Grundgedankens. Über alle Nationen und Religionen hinweg.
Genau diese Unmöglichkeit, bzw. die Auflösung dessen beschreibt doch Reckwitz. Es ist doch genau das Allgemeine, das sich in der Gesellschaft der Singularitäten auflöst, und "Valorisierung" des Besonderen ist ja nichts als eine unendliche Kultur des Plapperns, des sozialen Konstruierens, nach dem Vorbild des Marktes. Der Grundgedanke ist darin längst enthalten: Alles kann ver-wertet, zu etwas Besonderem werden. Aber dazu muss das Individuum alle anderen Bindungen über Bord werfen, sonst wird das nichts.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(11 Dec 2017, 11:57)

Ja Gott. Verbietet irgendjemand einem anderen, seine Meinung schreibend oder sagend zu äußern? Oder umgekehrt, sich einer geäußerten Meinung anzuschließen? In der nächsten Tankstelle lag sogar illegalerweise seinerzeit ein Sarrazin-Buch zum Verkauf aus, ohne dass das den Betreibern verboten wurde.
Niemandem ist es verboten seine Meinung zu äußern.
Aufgabe der Medien (Presse, Funk, TV) zu informieren - und zwar neutral, vorurteilfrei - und nicht meinungsbildend zu agieren.
Genau dieser Informationsaufgabe kommen sie Medien nicht (mehr) nach, stattdessesn agieren sie meinungsbildend - heißt sie beanspruchen die Deutungshoheit darüber, welche Meinung politisch korrekt und damit akzeptabel ist (ihre natürlich) und welche nicht - nennt sich auch indoktrinieren.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(11 Dec 2017, 12:25)

Genau diese Unmöglichkeit, bzw. die Auflösung dessen beschreibt doch Reckwitz. Es ist doch genau das Allgemeine, das sich in der Gesellschaft der Singularitäten auflöst, und "Valorisierung" des Besonderen ist ja nichts als eine unendliche Kultur des Plapperns, des sozialen Konstruierens, nach dem Vorbild des Marktes. Der Grundgedanke ist darin längst enthalten: Alles kann ver-wertet, zu etwas Besonderem werden. Aber dazu muss das Individuum alle anderen Bindungen über Bord werfen, sonst wird das nichts.
Nun - in diesem Zusammenhang frage ich mich, ob diejenigen, die als "Abgehängte" bezeichnet werden, wirklich die "Abgehängten" sind, weil sie sich gegen Entwurzelung, gegen das Überbordwerfen jeglicher Bindungen zur Wehr setzen oder ob das im Gegenteil diejenigen sind, die die menschliche Natur (Neurobiologie, evolutionäre Psychologie etc) anerkennen statt zu leugnen und entsprechend dieser Natur leben - also eigentlich die Realisten sind.
Während die anderen, die sich Kosmopoliten nennen, die Verfechter des Sozialkonstruktivismus, die alles zu entwerten suchen, der Entwurzelung und Bindungsfreieheit das Wort reden, eigentlich "Abgehobene" sind, die jeglicher "Bodenhaftung" und jeglichen Realitätsbezugs verlustig gegangen sind.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Dark Angel hat geschrieben:(11 Dec 2017, 12:55)

Nun - in diesem Zusammenhang frage ich mich, ob diejenigen, die als "Abgehängte" bezeichnet werden, wirklich die "Abgehängten" sind, weil sie sich gegen Entwurzelung, gegen das Überbordwerfen jeglicher Bindungen zur Wehr setzen oder ob das im Gegenteil diejenigen sind, die die menschliche Natur (Neurobiologie, evolutionäre Psychologie etc) anerkennen statt zu leugnen und entsprechend dieser Natur leben - also eigentlich die Realisten sind.
Während die anderen, die sich Kosmopoliten nennen, die Verfechter des Sozialkonstruktivismus, die alles zu entwerten suchen, der Entwurzelung und Bindungsfreieheit das Wort reden, eigentlich "Abgehobene" sind, die jeglicher "Bodenhaftung" und jeglichen Realitätsbezugs verlustig gegangen sind.
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Ja, das steht im Reckwitz auch irgendwo, der letzte Satz. Man zockt beim Werten auch immer, und da sind Aufstiegshöhe und Fallhöhe unter Umständen enorm.

Abgehängt ist als neutraler Ausdruck schon richtig, denn aus Sicht der Zeitgeistdefinierer ist das so, ohne dass damit natürlich die Frage nach Vernunft oder Sinn des Prozesses beantwortet wäre. Reckwitz' Blick ist überwiegend rein systemisch und nicht psychologisch, und in diesem Falle fand ich das sehr hilfreich, weil man mit ihm versteht, was stattfindet und wie das abläuft. Eine moralische Rechtfertigung oder Ablehnung ist sein Auftrag nicht gewesen. Da hat er überwiegend einen guten Job gemacht. Die Werteseite kann man wie gesagt bei Ullrich kurz und knackig nachlesen, die Überforderungsseite dieser Wertespieler hat Ehrenberg in seinen beiden Büchern in epischer Breite dargestellt - wobei man lustigerweise sagen muss, dass selbst noch der Burnout, der sich aus der Erschöpfung ergibt, wiederum als Besonderes ver-wertbar ist, siehe Miriam Meckel oder Tim Mälzer, die den Burnout mit ihren Schriften und Bekenntnissen auch ins Besondere gehoben haben.

Werte, so sieht man, sind die neue Realität. :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(11 Dec 2017, 12:45)

Niemandem ist es verboten seine Meinung zu äußern.
Aufgabe der Medien (Presse, Funk, TV) zu informieren - und zwar neutral, vorurteilfrei - und nicht meinungsbildend zu agieren.
Genau dieser Informationsaufgabe kommen sie Medien nicht (mehr) nach, stattdessesn agieren sie meinungsbildend - heißt sie beanspruchen die Deutungshoheit darüber, welche Meinung politisch korrekt und damit akzeptabel ist (ihre natürlich) und welche nicht - nennt sich auch indoktrinieren.
Ersteinmal haben in einem System mit Pressefreiheit die Medien keine "Aufgabe". Die Medien können Comic-Serien oder Nacktfotos oder sonsterwas produzieren. Der öffentlich-rechtliche Bereich lediglich hat den Auftrag einer Grundversorgung. (Auch wenn er den zunehmend nicht mehr wahnimmt). Und es gibt den besonders aus dem anglo-amerikanischen Bereich kommenden Usus, zwischen Information und Meinungsäußerung zu trennen. Aber selbst bei den verbliebenen, nach diesem klassischen Prinzip arbeitenden Medien ist selbstverständlich auch Meinungsäußerung angesagt. Sonst müsste man sie ja nicht von neutraler Information trennen sollen.

Berechtigterweise müsste man von einer Deutungshoheitsinanspruchnahme sprechen, wenn es irgendwelche Kartellstrukturen gäbe. Wenn Banken genötigt würden, neuen Medien keine Kredite zu geben oder wenn Distributoren genötigt würden, bestimmte Presseerzeugnisse nicht zu verteilen. Nix dergleichen ist jedoch der Fall. So wie - innerhalb der Verfassung - jeder 'ne Partei gründen kann, so kann auch jeder 'ne Zeitung gründen, in einem Internetblog schreiben, was er oder sie will usw. usf. Das Bestehen auf irgendeinem Problem "Deutungshoheit" läuft dann letztendlich darauf hinaus, es zu verbieten, dass das, was ein Herr x schreibt von einem Herrn y als schlüssig wahrgenommen wird.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Sextus Ironicus hat geschrieben:(11 Dec 2017, 12:25)

Genau diese Unmöglichkeit, bzw. die Auflösung dessen beschreibt doch Reckwitz. Es ist doch genau das Allgemeine, das sich in der Gesellschaft der Singularitäten auflöst, und "Valorisierung" des Besonderen ist ja nichts als eine unendliche Kultur des Plapperns, des sozialen Konstruierens, nach dem Vorbild des Marktes. Der Grundgedanke ist darin längst enthalten: Alles kann ver-wertet, zu etwas Besonderem werden. Aber dazu muss das Individuum alle anderen Bindungen über Bord werfen, sonst wird das nichts.
Das ist - logisch gesehen - ein erst mal nicht ganz unberechtigter Gedanke. Auch wenn das Faktische das eine und das Notwendige das andere ist. Wir hatten in einer früheren Phase der Diskussion die Frage der Rechtsordnung als Basis für individuelle Freiheit als liberales Grundprinzip. Auch ich sehe gegenwärtig keinen Weg, dieses Grundprinzip als einigenden Gedanken bei religiösen Menschen (gleich welcher Religion) zu popularisieren. Ja. Aber genau das oder etwas in der Art meinte ich schon.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(11 Dec 2017, 12:55)

Nun - in diesem Zusammenhang frage ich mich, ob diejenigen, die als "Abgehängte" bezeichnet werden, wirklich die "Abgehängten" sind, weil sie sich gegen Entwurzelung, gegen das Überbordwerfen jeglicher Bindungen zur Wehr setzen oder ob das im Gegenteil diejenigen sind, die die menschliche Natur (Neurobiologie, evolutionäre Psychologie etc) anerkennen statt zu leugnen und entsprechend dieser Natur leben - also eigentlich die Realisten sind.
Während die anderen, die sich Kosmopoliten nennen, die Verfechter des Sozialkonstruktivismus, die alles zu entwerten suchen, der Entwurzelung und Bindungsfreieheit das Wort reden, eigentlich "Abgehobene" sind, die jeglicher "Bodenhaftung" und jeglichen Realitätsbezugs verlustig gegangen sind.
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Die Kausalrichtung ist in beiden Fällen genau anderstherum. Der Mensch ist in erster Linie von den ihn umgebenden Gegebenheiten geprägt. Kaum jemand wird sich freiwillig "entwurzeln". Den Du Kosmopolit nennst, ist es, versucht aber, damit zurechtzukommen, es zu akzeptieren oder sogar ins Positive zu wenden.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Sextus Ironicus »

Dark Angel hat geschrieben:(11 Dec 2017, 12:55)

Nun - in diesem Zusammenhang frage ich mich, ob diejenigen, die als "Abgehängte" bezeichnet werden, wirklich die "Abgehängten" sind, weil sie sich gegen Entwurzelung, gegen das Überbordwerfen jeglicher Bindungen zur Wehr setzen oder ob das im Gegenteil diejenigen sind, die die menschliche Natur (Neurobiologie, evolutionäre Psychologie etc) anerkennen statt zu leugnen und entsprechend dieser Natur leben - also eigentlich die Realisten sind.
Während die anderen, die sich Kosmopoliten nennen, die Verfechter des Sozialkonstruktivismus, die alles zu entwerten suchen, der Entwurzelung und Bindungsfreieheit das Wort reden, eigentlich "Abgehobene" sind, die jeglicher "Bodenhaftung" und jeglichen Realitätsbezugs verlustig gegangen sind.
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Noch einmal einen Extra-Satz dazu: Ich würde das nicht primär als aktive Entwertung sehen, sondern überwiegend als sekundäre Folge einer "Umwertung aller Werte". Da dies im Zuge des reinen Konstruktivismus erfolgt, wären Verhaltensbiologie oder Entwicklungspsychologie nur störend. Das Individuum agiert rein wertegebunden, wertegesteuert, in ihm verwirklicht sich dann Nietzsches Übermensch tatsächlich. Ein vermeintlich allen Grundlagen enthobenes ätherisches Wertewesen.
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