Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

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schokoschendrezki
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(07 Nov 2017, 10:11)

Ich würde das weniger als Wert verstehen, vielmehr als eine Öffnung und Liberalisierung der Norm. Von "Wir strafen sie mit KZ" über "Wir strafen sie mit Geldzahlungen" zu "Wir strafen sie nicht mehr, weil wir erkennen, dass dieses Verhalten der Gesellschaft nicht schadet".
Wobei "Einstellung zur Homosexualität" in Bezug auf das Threadthema natürlich eine sehr interessante und geeignete Vorlage ist. Einerseits ist die Diskriminierung von Homosexuellen tatsächlich zu einem allgemeinen Standard-Big-No-No geworden. Andererseits braucht man nur mal aktuell auf die Themen "Schwule im Fußball" oder auch "Schwule in der Bundeswehr" hinweisen, um zu sehen, dass wir auch in diesem Punkt vielleicht eine verbindende, aber ganz sicher nicht verbindliche Kultur pflegen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2017, 10:52)

Wobei "Einstellung zur Homosexualität" in Bezug auf das Threadthema natürlich eine sehr interessante und geeignete Vorlage ist. Einerseits ist die Diskriminierung von Homosexuellen tatsächlich zu einem allgemeinen Standard-Big-No-No geworden. Andererseits braucht man nur mal aktuell auf die Themen "Schwule im Fußball" oder auch "Schwule in der Bundeswehr" hinweisen, um zu sehen, dass wir auch in diesem Punkt vielleicht eine verbindende, aber ganz sicher nicht verbindliche Kultur pflegen.
Also die Bundeswehr will ich da aber mal ganz klar ausnehmen. Die BW hat sogar schon Transsexuelle als Kommandeure. Wer sich hier intolerant zeigt, wird hart disziplinar geahndet, bis hin zur Entlassung.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von imp »

Provokateur hat geschrieben:(07 Nov 2017, 11:04)

Also die Bundeswehr will ich da aber mal ganz klar ausnehmen. Die BW hat sogar schon Transsexuelle als Kommandeure. Wer sich hier intolerant zeigt, wird hart disziplinar geahndet, bis hin zur Entlassung.
Das sind ganz exzellente Neuigkeiten. Das war mal anders, nicht nur beim Adolf und in der NVA.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Provokateur hat geschrieben:(07 Nov 2017, 10:11)

Ich würde das weniger als Wert verstehen, vielmehr als eine Öffnung und Liberalisierung der Norm. Von "Wir strafen sie mit KZ" über "Wir strafen sie mit Geldzahlungen" zu "Wir strafen sie nicht mehr, weil wir erkennen, dass dieses Verhalten der Gesellschaft nicht schadet".
Wenn Homosexualität nicht mehr unter das Strafrecht fällt, wie noch in den 60er Jahren, sondern der Heterosexualität gleichgestellt wird, liegt dem zweifellos eine Bewertung zu Grunde.

Von einer Liberalisierung kann beim § 218 gesprochen werden. Bei der Homosexualität liegt der Fall anders.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Provokateur »

Zunder hat geschrieben:(07 Nov 2017, 15:50)

Wenn Homosexualität nicht mehr unter das Strafrecht fällt, wie noch in den 60er Jahren, sondern der Heterosexualität gleichgestellt wird, liegt dem zweifellos eine Bewertung zu Grunde.

Von einer Liberalisierung kann beim § 218 gesprochen werden. Bei der Homosexualität liegt der Fall anders.
Bewertung ist aber etwas anderes als ein Wert im soziologischen Sinne. Von dem einen zum anderen komme ich höchsten über Umwege. Man kann ja nicht sagen, dass es sich bei Homosexualität um erwünschtes, aber nicht notwendiges Verhalten handelt (solches ergibt sich nämlich aus Werten). Die Akzeptanz ist vielleicht ein solcher Wert.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(07 Nov 2017, 10:40)

Die Nichtdiskriminierung von Homosexuellen ist letztendlich die sehr verspätete Anwendung des unter Ewigkeitsbindung stehenden Artikels 1 sowie des Artikels 2 (freie Entfaltung) des Grundgesetzes auf eine davon bis dato unrechtmäßig ausgeschlossene Menschengruppe. Allgemein ist die (tolerante) Einstellung zur Homosexualität eine im Zuge sozusagen verspäteter Aufklärung in großen Teilen der Welt sich vollziehende Entwicklung und die Änderung der Rechtsordnung in der Bundesrepublik eher ein Nachvollzug. Die Abstimmungen zur gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft (2001) und zur gleichgeschlechtlichen Ehe (2017) verliefen kontrovers. Selbst die Bundeskanzlerin hat anders gestimmt als die Mehrheit der Abgeordneten. Ich würde nicht sagen, dass die Rechtsordnung der Bundesrepublik in Fragen zur Homosexualität eine auch nur halbwegs einheitliche und repräsentative Wertvorstellung der Gesellschaft wiederspiegelt. Wesentlich ist, dass sie ohne Ausnahme für alle gilt. Auch für die, die sie ablehnen.
Es ist nicht unüblich, daß Gesetze auch für jene gelten, die sie inhaltlich ablehnen. Eigentlich gelten sie sogar in erster Linie für diejenigen, die gegen sie verstoßen. Wer ohnehin nicht klaut, muß weder per Strafandrohung am Stehlen gehindert werden, noch bekommt er die Kraft des Gesetzes zu spüren.
Die Allgemeingültigkeit gehört zu den Wesensmerkmalen einer Rechtsnorm. Und zwar jeder. Zum Beispiel galt auch § 175 StGB für jene, die ihn ablehnten - also die Schwulen. Einen Freiheitsgewinn hatten sie davon nicht. Die Strafgesetze im Iran haben auch Allgemeingültigkeit. Schwule und angebliche Ehebrecherinnen müssen diesen Gesetzen nicht zustimmen. Aufgeknüpft oder gesteinigt werden sie trotzdem.
Es ist der blanke Hohn, ein formales Kriterium wie die Allgemeingültigkeit zum Qualitätskriterium einer freiheitlichen Rechtsordnung zu erklären, wenn genau dasselbe Kriterium auch auf hochgradig menschenrechtsfeindliche Gesetze zutrifft.


Im Nachhinein so zu tun, als sei die Gleichstellung der Homosexualität mit der Heterosexualität eine selbstverständliche Maßnahme, ist historisch nicht haltbar. Weder die Aufklärer, noch die Mitglieder des Parlamentarischen Rates wären auf den Gedanken gekommen, daß Homosexualität eine vollkommen legitime sexuelle Orientierung darstellt, gleichwertig der Heterosexualität. Tatsächlich ist dieser Gedanke als Gemeingut relativ neu. Entwickelt hat er sich seit Mitte der 60er Jahre, als die gesellschaftlichen Verhältnisse ziemlich nachhaltig verändert wurden, nicht zuletzt auch der Umgang mit der Sexualität.
Eine späte Folge dieser Wandlungen betrifft auch die sexuelle Selbstbestimmung der Frau, die inzwischen eine solche Wertschätzung erfahren hat, daß auch der angetraute Gatte gezwungen werden kann, sie zu respektieren.
Selbstverständlich ist an diesen Veränderungen nichts - gar nichts.

Kontoversen sind in einer freiheitlichen Gesellschaft vollkommen normal. Entscheidend ist, welche Wertvorstellungen am Ende in Rechtsnormen gegossen werden. Eine qualifizierte parlamentarische Mehrheit bildet die Gesellschaft sicherlich nicht maßstabsgetreu ab, aber als repräsentativ für die meinungsbildende Öffentlichkeit kann sie wohl gelten.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(07 Nov 2017, 22:08)

Es ist nicht unüblich, daß Gesetze auch für jene gelten, die sie inhaltlich ablehnen. Eigentlich gelten sie sogar in erster Linie für diejenigen, die gegen sie verstoßen. ...
Es geht darum, dass die Gesetze auch für die gelten, die die zugrunde liegenden Wertvorstellungen ablehnen. Der Rest deines Beitrags ist irgendwie eher Selbstgespräch. Lass dich nicht stören dabei ....
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

Ich denke mir, verstanden hast du es nicht worum es eigentlich geht. Zum erkenntnisgewinn solltest du als grundschullehrer dich verdingen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(08 Nov 2017, 08:02)

Es geht darum, dass die Gesetze auch für die gelten, die die zugrunde liegenden Wertvorstellungen ablehnen. Der Rest deines Beitrags ist irgendwie eher Selbstgespräch. Lass dich nicht stören dabei ....
Es geht darum, daß auch das Befolgen göttlicher Gebote als Wert gelten kann und deren Umsetzung auf einer Rechtsordnung basiert, die das Kriterium der Allgemeingültigkeit von Rechtsnormen durchaus erfüllt.
Das Qualitätsmerkmal liegt nunmal in den Werten und nicht in den Formalitäten.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Provokateur hat geschrieben:(07 Nov 2017, 17:39)

Bewertung ist aber etwas anderes als ein Wert im soziologischen Sinne. Von dem einen zum anderen komme ich höchsten über Umwege. Man kann ja nicht sagen, dass es sich bei Homosexualität um erwünschtes, aber nicht notwendiges Verhalten handelt (solches ergibt sich nämlich aus Werten). Die Akzeptanz ist vielleicht ein solcher Wert.
Für sich genommen ist die Homosexualität genauso wenig ein Wert wie die Heterosexualität. Ihre Wertschätzung besteht darin, daß sie aufhört, ein Unwert zu sein. Der Wert wird quasi von "Negativ" auf "Null" gestellt. Damit sind die moralischen Schulden der Schwulen gelöscht.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(08 Nov 2017, 12:26)

Es geht darum, daß auch das Befolgen göttlicher Gebote als Wert gelten kann und deren Umsetzung auf einer Rechtsordnung basiert, die das Kriterium der Allgemeingültigkeit von Rechtsnormen durchaus erfüllt.
Das Qualitätsmerkmal liegt nunmal in den Werten und nicht in den Formalitäten.
Jedes Inidividuum hat in einer pluralistischen Gesellschaft seine eigenen, ganz persönlichen Vorstellungen von "Qualität", die es völlig unabhängig von Gemeinschaften selbst definiert. Und dass das nicht nur möglich ist sondern wunderbar funkioniert, dafür sorgt die Verbindlichkeit, Allgemeingültigkeit und Formalität einer Rechtsordnung. Deren Grundlage die durch die Mühle des Gesetzgebuingsprozesses gegangenen Wertvorstellungen sind, die den Mehrheitsverhältnisssen der Legislative entsprechen.

Nochmal ein Zitat (aber nicht von Spaemann sondern von der wesentlich jüngeren Journalistin Claudia Keller):
Das Beschwören „unserer Werte“ tut gut in diesen angstvollen Tagen, es klingt feierlich, nach Autorität. Menschen in Berlin, Brüssel und Paris sind auf einmal mehr als nur Bürger, Verbraucher oder Verkehrsteilnehmer, die ihren schnöden Alltag leben. Sie sind eine „Wertegemeinschaft“, wehrhaft und stark. Die Rede von den Werten soll zusammenschweißen, zur Selbstvergewisserung beitragen. Jetzt, wo so viel von Krieg gesprochen wird, ist die Wertegemeinschaft aber auch zum Kampfbegriff geworden: gegen islamistischen Terror. Für manche auch zum Kampfbegriff gegen den Islam an sich, gegen Flüchtlinge und alles Fremde.
...
Was mit den Werten gemeint ist, bleibt diffus

Schutz ist wichtig. Wir sollten uns mithilfe von Polizei und Geheimdiensten vor Terror schützen, so gut es geht. Doch wir sollten rhetorisch abrüsten. Deutschland hat eine sehr gute und stabile Rechtsordnung. Sie garantiert viele Freiheitsrechte und schafft die Grundlage dafür, dass jeder auf seine eigene Art leben, lieben und trauern kann, jeder glauben und zweifeln darf. Denn das Leben ist so vielfältig und widersprüchlich wie jedes einzelne Individuum.
http://www.tagesspiegel.de/politik/euro ... 22464.html
Das genau ist es! Dem habe ich kaum etwas hinzuzufügen. Man beachte auch die herrliche Karikatur in dem Artikel: Unter der Überschrift "Wir brauchen Orientierung und Werte!" schleppen die heiligen drei Könige Geldsäcke weg, die mit den Namen der drei großen Rating-Agenturen beschriftet sind. Sprich: Du sollst nicht pathetisch feierlich von "Werten" faseln sondern kühl, analytisch und so unabhängig wie nur möglich die Prozesse versuchen zu durchschauen, die den Lauf der Welt bestimmen. Und die ihn desto mehr und unbekümmerter bestimmen je betrunkener sich Menschen zu "Wertegemeinschaften" bekennen. Und dass das tägliche Leben trotzdem funktioniert ... genau dafür sorgt eine stabile, formalisierte Rechtsordnung.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Wer so pathetisch von einer Rechtsordnung faselt, die angeblich die Freiheit garantiert, sollte sich mal Gedanken machen, woher diese Rechtsordnung eigentlich kommt und wer für ihren Bestand einstehen kann und auch einstehen muß, wenn er seine ach so stabile Freiheit nicht verlieren will.
Ergänzend darf er sich gerne auch mit den Jahren 1932/1933 beschäftigen. Vielleicht kommt er dann darauf, daß die freiheitliche Rechtsordnung keinen Pifferling wert ist, wenn ihre legitimatorische Basis nicht in der Gesellschaft verankert ist.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 09:35)

Wer so pathetisch von einer Rechtsordnung faselt, die angeblich die Freiheit garantiert, sollte sich mal Gedanken machen, woher diese Rechtsordnung eigentlich kommt
Das habe ich doch geschrieben: Durch das formal exakt festgelegte Gesetzgebungsverfahren der Bundesrepublik. Welches dafür sorgt, dass sich die Mehrheitsverhältnisse auch in der Rechtsordnung widerspiegeln. Siehe die Grafik unter (https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Ges ... hland).svg) (1)
Ergänzend darf er sich gerne auch mit den Jahren 1932/1933 beschäftigen.
;) Einen Versuch wars vielleicht wert!
Vielleicht kommt er dann darauf, daß die freiheitliche Rechtsordnung keinen Pifferling wert ist, wenn ihre legitimatorische Basis nicht in der Gesellschaft verankert ist (2).
(2) ergibt sich vollständig aus (1)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Das Gesetzgebungsverfahren ist Teil der Rechtsordnung.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 10:04)

Das Gesetzgebungsverfahren ist Teil der Rechtsordnung.
Ja richtig. Und? Die Frage war "Woher kommt diese Rechtsordnung?". Na, sie wird durch das "Gesetzgebungsverfahren" in die Welt gesetzt. Das sagt doch schon der Begriff. Und die wesentliche Rolle dabei spielt die Legislative in Form des Bundestags. Diese Tatsache sorgt dafür, dass die Rechtsordnung in Form erlassener Gesetze einen Kompromiss zwischen den Wertvorstellungen der beteiligten Parteien und Institutionen widerspiegelt. Was auch sonst? Die Details sorgen dafür, dass die spezifische Form der Bundesrepublik als föderaler Staat berücksichtigt wird. Indem nämlich der Bundesrat daran beteiligt ist und so Länderangelegenheiten mit ihren jeweils regionalen Wertvorstellungen berücksichtigt werden. Der "Wert"-Begriff spielt dabei selbstverständlich eine Rolle. Aber in einer völlig rationalen und praktischen Art. Man sollte das dialektisch betrachten: Werte fließen in die Gesetzgebung ein und ziehen sich gleichzeitig aus ihr zurück.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Frage: Woher kommt die Rechtsordnung?
Antwort: Aus der Rechtsordnung.

Da erübrigt sich jeder Kommentar.

Die Werte ziehen sich nicht aus den Gesetzen zurück. Sie werden überhaupt erst als Rechte politisch durchsetzbar.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 10:48)

Frage: Woher kommt die Rechtsordnung?
Antwort: Aus der Rechtsordnung.
Nein. Die Rechtsordnung wird durch das Gesetzgebungsverfahren bestimmt, welches die Art des Einflusses der verschiedenen Institutionen bestimmt. Und das Gesetzgebungsverfahren ergibt sich aus dem Grundgesetz. Dass das eine Teil des anderen ist, ist kein Widerspruch, weil es sich nicht einfach um Teilmengen sondern um hierarchische Ordnungen handelt. Der Fachbegriff dafür lautet "Stufenbau der Rechtsordnung".
Nach der Lehre vom „Stufenbau der Rechtsordnung“ bezieht jede Rechtsnorm ihre Geltung aus einer höheren, wodurch sich diese bis zur Ebene der jeweiligen Verfassung zurückverfolgen lässt.
(Röhl: Allgemeine Rechtslehre)
Das Gesetzgebungsverfahren steht dabei zwischen dem Grundgesetz und den explizit geltenden Rechtsnormen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 11:01)

Nein. Die Rechtsordnung wird durch das Gesetzgebungsverfahren bestimmt, welches die Art des Einflusses der verschiedenen Institutionen bestimmt. Und das Gesetzgebungsverfahren ergibt sich aus dem Grundgesetz. Dass das eine Teil des anderen ist, ist kein Widerspruch, weil es sich nicht einfach um Teilmengen sondern um hierarchische Ordnungen handelt. Der Fachbegriff dafür lautet "Stufenbau der Rechtsordnung".
(Röhl: Allgemeine Rechtslehre)
Das Gesetzgebungsverfahren steht dabei zwischen dem Grundgesetz und den explizit geltenden Rechtsnormen.
Du hast es immer noch nicht kapiert - unsere Rechtsordnung IST Bestandteil verbindender Kultur.
OHNE die kulturelle Basis ==> Humanismus, Aufklärung und sogar Christentum und Judentum gäbe es weder diese Rechtsordnung noch das Grundgesetz, auch KEINE Demokratie (auf die du dich so gerne berufst) UND es gäbe keine pluralistische Gesellschaft!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Nov 2017, 11:08)

Du hast es immer noch nicht kapiert - unsere Rechtsordnung IST Bestandteil verbindender Kultur.
OHNE die kulturelle Basis ==> Humanismus, Aufklärung und sogar Christentum und Judentum gäbe es weder diese Rechtsordnung noch das Grundgesetz, auch KEINE Demokratie (auf die du dich so gerne berufst) UND es gäbe keine pluralistische Gesellschaft!
Du hast insofern Recht, als dass es bei einer solchen Hierarchiepyramide irgendwo einen Anfang geben muss. In diesem Falle ist dies das (ursprüngliche) Grundgesetz. Sozusagen der Induktionsanfang. Das ursprüngliche Grundgesetz entstand jedoch bekanntlich nicht etwa auf der Basis "unserer" (wer immer auch das wir sein mag) Kultur sondern - ganz im Gegenteil! - als Ergebnis unserer Unkultur, nämlich als Reflexion auf Nazizeit und Weltkrieg.

Dass freiheitliche, pluralistische Kultur gerade und nur dann entsteht, wenn die Rechtsordnung getrennt von Kultur begriffen wird, ist vielleicht nicht einfach zu verstehen. Oder ist nur durch eine dialektische Betrachtung zu verstehen. Bei der zwei verschiedene Beziehungen gleichzeitig existieren können und je nach Betrachtungsweise gültig sind. Aber das genau macht einen Rechtsstaat zum Rechtsstaat.

Unabhängig davon hat die weiter oben zitierte Journalistin vollkommen Recht, wenn sie schreibt, dass Schlagwörter wie "Kultur" und "Wertegemeinschaft" zu bloßen ideologischen Kampfbegriffen und Gesinnungsfloskeln verkommen sind.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Und davon mal abgesehen, kann es eine einheitliche Kultur als Basis von Rechtsnormen nicht geben solange die entscheidende gesetzgebende Institution, die Legislative, ein Parlament mitsamt Opposition ist und nicht eine Einparteienregierung. Ob man die Kompromissbereitschaft, die bei der Gesetzgebung zwingend notwendig ist, als "verbindend" ansieht, könnte man diskutieren.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 11:16)

Du hast insofern Recht, als dass es bei einer solchen Hierarchiepyramide irgendwo einen Anfang geben muss. In diesem Falle ist dies das (ursprüngliche) Grundgesetz. Sozusagen der Induktionsanfang. Das ursprüngliche Grundgesetz entstand jedoch bekanntlich nicht etwa auf der Basis "unserer" (wer immer auch das wir sein mag) Kultur sondern - ganz im Gegenteil! - als Ergebnis unserer Unkultur, nämlich als Reflexion auf Nazizeit und Weltkrieg.
Du redest immer noch Unsinn! Es gibt keine Hierarchiepyramide!
Wenn du schon Vergleiche ziehen willst, dann vergleiche unsere Kultur mit einem Haus, welches Stockwerk um Stockwerk auf einem soliden Fundament wächst.
Unsere Kultur, das ist die Europäische - habe ich dir schon mehrfach erklärt - und diese Kultur ist maßgeblich geprägt durch die antike griechisch-römische Philosophie, auf welcher die gesamte europäische Philosophie aufbaut, sind die Ideen des Humanismus und Aufklärung, sind Demokratie und Rechtssystem.
Und genau diese prägenden Merkmale unserer Kultur bilden gleichzeitig das Fundament, auf dem europäische Kultur aufbaut.
Krieg(e) gehören ebenfalls zur Kultur, sind keine Unkultur. So etwas ie "Unkultur" gibt es nicht!
schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 11:16)
Dass freiheitliche, pluralistische Kultur gerade und nur dann entsteht, wenn die Rechtsordnung getrennt von Kultur begriffen wird, ist vielleicht nicht einfach zu verstehen. Oder ist nur durch eine dialektische Betrachtung zu verstehen. Bei der zwei verschiedene Beziehungen gleichzeitig existieren können und je nach Betrachtungsweise gültig sind. Aber das genau macht einen Rechtsstaat zum Rechtsstaat.
Und noch mehr Unsinn! Ein Rechtssystem ist niemals getrennt von der Kultur, in der es entstanden ist und kann auch nicht getrennt von Kultur begriffen werden. Es ist und bleibt integraler Bestandteil der Kultur in der es entstanden ist und weiter entickelt wurde. Es gibt auch keine freiheitliche, pluralistische Kultur, sondern nur eine freiheitliche, pluralistische Gesellschaft IN dieser Kultur. Und eben diese freiheitliche pluralistische Gesellschaft kann OHNE Humanismus und Aufklärung a) gar nicht erst entstehen und b) nicht existieren.
Ebenso wenig kann es einen Rechtsstaat ohne humanistische Grundlage nicht geben.
schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 11:16)Unabhängig davon hat die weiter oben zitierte Journalistin vollkommen Recht, wenn sie schreibt, dass Schlagwörter wie "Kultur" und "Wertegemeinschaft" zu bloßen ideologischen Kampfbegriffen und Gesinnungsfloskeln verkommen sind.
Nee nicht unabhängig ... Die Journalistin macht Kultur und Wertegemeinschaft erst zu Schlagwörtern und diffamiert sie als ideologische Kampfbegriffe.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Nov 2017, 12:40)
Du redest immer noch Unsinn! Es gibt keine Hierarchiepyramide!
Der Fachbegriff lautet "Stufenbau der Rechtsordnung". Habe ich schon weiter oben erklärt. :rolleyes: Aus einem weiteren normalen Basiswissen-Standardtext:
1. Normenhierarchie
Nach der Lehre vom „Stufenbau der Rechtsordnung“ bezieht jede Rechtsnorm ihre Geltung aus einer höheren, wodurch sich diese bis zur Ebene der jeweiligen Verfassung zurückverfolgen lässt.
Die in dieser kodifizierte Rangordnung der Gesetzgebungskompetenzen führt zu einer Rangordnung der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtssätze, wonach rangniedere Normen inhaltlich keine im Verhältnis zu ranghöheren Normen gegenläufigen Regelungen treffen dürfen. Hierdurch sollen Widersprüche in der rechtlichen Verhaltensordnung vermieden werden.
Wenn Du nicht verstehst, dass sich aus der Zuweisung einer Rangordnung eine hierarchische Gliederung ergibt, kann ich dir auch nicht helfen.
Die Journalistin macht Kultur und Wertegemeinschaft erst zu Schlagwörtern und diffamiert sie als ideologische Kampfbegriffe.
Mit ihrer Einschätzung zur ideologischen Verwertung und zum inflationären Gebrauch von "Kultur" und "Wertegemeinschaft" steht sie allerdings weiß Gott nicht allein da. Man kann jedem vernünftigen, politisch denkenden Menschen nur raten, sich von diesen Begriffen fernzuhalten und sich stattdessen unbekümmert und frei seinem eigenen Leben, so unabhängig und gleichzeitig sozial verantwortlich wie möglich zu widmen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 12:57)

Der Fachbegriff lautet "Stufenbau der Rechtsordnung". Habe ich schon weiter oben erklärt. :rolleyes: Aus einem weiteren normalen Basiswissen-Standardtext:

Wenn Du nicht verstehst, dass sich aus der Zuweisung einer Rangordnung eine hierarchische Gliederung ergibt, kann ich dir auch nicht helfen.

Mit ihrer Einschätzung zur ideologischen Verwertung und zum inflationären Gebrauch von "Kultur" und "Wertegemeinschaft" steht sie allerdings weiß Gott nicht allein da. Man kann jedem vernünftigen, politisch denkenden Menschen nur raten, sich von diesen Begriffen fernzuhalten und sich stattdessen unbekümmert und frei seinem eigenen Leben, so unabhängig und gleichzeitig sozial verantwortlich wie möglich zu widmen.
Was hat der Stufenaufbau der Rechtsordnung mit dem entstehen der rechtsordnung zu tun? Nichts, nada, nichts. Der stufenaufbau ist eine schematische ordnung, die Werte , die in eine rechtsordnung eingeflossen sind, stellen einen fundus hin zu einer rechtsordnung dar.

Das ist entgegen deiner s ist das gg nicht aus hitler und co entstanden, sondern es ist durch die kanonisierten entwickelten werte, die in dt. landen sich herausschälten und sich als wirksam für das Zusammenleben erwiesen haben, entstanden. Das gg ist normierte wertfindung stand heute.

Was einige Hänschen meinen, dem Begriff Kultur und Wertgemeinschaft entgegen halten zu müssen ist deren Meinung , irgendwie commedy. Deine im letzten halbsatz dargelegten auffasung der beliebigkeit kannst du trump verkaufen. Eine gemeinschaft hält so nicht zusammen. Ist vielleicht auch gut so .dann haben wir endlich das tägliche Kabarett der egotripe verstärkt auf Sendung.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 12:57)

Mit ihrer Einschätzung zur ideologischen Verwertung und zum inflationären Gebrauch von "Kultur" und "Wertegemeinschaft" steht sie allerdings weiß Gott nicht allein da. Man kann jedem vernünftigen, politisch denkenden Menschen nur raten, sich von diesen Begriffen fernzuhalten und sich stattdessen unbekümmert und frei seinem eigenen Leben, so unabhängig und gleichzeitig sozial verantwortlich wie möglich zu widmen.
Richtig. Diese Wertediskussion wird immer wieder aufs Neue angeschoben, um zu verdeutlichen, dass man keine Muslime "integrieren" will. Nur "gute" Ausländer dürfen rein, solche, die sich so assimilieren, dass ihre Herkunft möglichst nicht mehr erkennbar ist. Wertediskussion als Abgrenzungsdebatte.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 11:01)

Nein. Die Rechtsordnung wird durch das Gesetzgebungsverfahren bestimmt, welches die Art des Einflusses der verschiedenen Institutionen bestimmt. Und das Gesetzgebungsverfahren ergibt sich aus dem Grundgesetz. Dass das eine Teil des anderen ist, ist kein Widerspruch, weil es sich nicht einfach um Teilmengen sondern um hierarchische Ordnungen handelt. Der Fachbegriff dafür lautet "Stufenbau der Rechtsordnung".
(Röhl: Allgemeine Rechtslehre)
Das Gesetzgebungsverfahren steht dabei zwischen dem Grundgesetz und den explizit geltenden Rechtsnormen.
Die Rechtsordnung wird nicht durch das Gesetzgebungsverfahren bestimmt, sondern das Gesetzgebungsverfahren durch die Rechtsordnung, deren Teil sie ist.

Deiner Quelle zufolge sind Verfassungen Teil der Rechtsordnung. Das ist vollkommen richtig.
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schokoschendrezki
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Tinkerbell hat geschrieben:(09 Nov 2017, 13:59)

Was hat der Stufenaufbau der Rechtsordnung mit dem entstehen der rechtsordnung zu tun? Nichts, nada, nichts. Der stufenaufbau ist eine schematische ordnung, die Werte , die in eine rechtsordnung eingeflossen sind, stellen einen fundus hin zu einer rechtsordnung dar.
Das lässt sich sehr leicht erklären. Das Gesetzgebungsverfahren auf der mittleren Ebene dieses Stufenbaus schreibt vor, wie die Rechtsnormen als Gesetze auf der unteren Ebene entstehen und wurde seinerseits auf der Basis des Grundgesetzes auf der obersten Ebene entwickelt.
Das ist entgegen deiner s ist das gg nicht aus hitler und co entstanden, sondern es ist durch die kanonisierten entwickelten werte, die in dt. landen sich herausschälten und sich als wirksam für das Zusammenleben erwiesen haben, entstanden. Das gg ist normierte wertfindung stand heute.
Formal nicht weiter zurückführbar ist das Grundgesetz in seiner ursprünglichen Fassung. Und dessen Ausarbeitung begann mit einem von den Westalliierten ermächtigten Verfassungskonvent. Ich wüsste erstens nicht auf welchem Wege da sich "herausgeschälte Werte" eingeflossen sind. Die vielzitierten Mütter und Väter des Grundgesetzes zogen im wesentlichen eine Bilanz aus dem Scheitern der Weimarer Republik, aus der Nazizeit und dem zweiten Weltkrieg und verbanden dies mit der alliierten Vorgabe, die Grundlagen für einen föderalen demokratischen Staat zu erarbeiten. Was dabei herauskam, stieß in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung sowie bei der CSU auf heftigen Widerstand. Man müsste umgekehrt sagen: Nicht die Werte der Gesellschaft flossen in die Verfassung ein, sondern der demokratische Geist dieses neuen Grundgesetzes wurden tröpfchenweise der in weiten Teilen entdemokratisierten und enthumanisierten deutschen Bevölkerung verabreicht.
Was einige Hänschen meinen, dem Begriff Kultur und Wertgemeinschaft entgegen halten zu müssen ist deren Meinung , irgendwie commedy. Deine im letzten halbsatz dargelegten auffasung der beliebigkeit kannst du trump verkaufen. Eine gemeinschaft hält so nicht zusammen. Ist vielleicht auch gut so .dann haben wir endlich das tägliche Kabarett der egotripe verstärkt auf Sendung.
Der Zauber und die Verlockung dieses "Gemeinschaftsgeists" besteht im Wesentlichen in einer leistungslosen Überhöhung des Individuums. Einfach durch Beitritt. Durch Zugehörigkeit. Nochmal kurz aus dem Tagesspiegel-Artikel:
Das Beschwören „unserer Werte“ tut gut in diesen angstvollen Tagen, es klingt feierlich, nach Autorität. Menschen in Berlin, Brüssel und Paris sind auf einmal mehr als nur Bürger, Verbraucher oder Verkehrsteilnehmer, die ihren schnöden Alltag leben. Sie sind eine „Wertegemeinschaft“, wehrhaft und stark.
Das ist der Grund für den Aufstieg von stark gemeinschaftsorientierten Gesellschaftsmodellen wie dem "islamischen Staat" oder Autokratien neuen Typus wie Polen, Türkei, Russland oder Ungarn. Es wäre töricht und ist entlarvend, dem als Gegenentwurf nun eine westlich geprägte Gemeinschaftsorientierung entgegenzusetzen. Auch wenn die sich auf ganz andere Werte beruft. Eine der Lösungen für die Paradoxie, dass diese gemeinschaftlichen Werte auf Pluralismus, Liberalismus, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Gewaltenteilung hinauslaufen, die Rolle des Individuums also höher ansetzen als die der Gemeinschaft, besteht darin, dass die Rechtsordnung neutral ist. In einer "Wertegemeinschaft" bekommt Beate Zschäpe einen anderen Prozess als in einer Gesellschaft, in der das Recht von "Kultur" abgekoppelt zu sein hat.

War das jetzt zu hoch für dich?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 12:57)


Mit ihrer Einschätzung zur ideologischen Verwertung und zum inflationären Gebrauch von "Kultur" und "Wertegemeinschaft" steht sie allerdings weiß Gott nicht allein da.
Wenn sie behauptet, es sei besser, ein ganz normales Leben zu führen, bemüht sie den Komparativ von "gut". D.h. sie benutzt einen selbsterfundenen (höheren!) Wert, um den Wertbegriff zu denunzieren.
Daß du nicht merkst, wie dämlich ein solcher Ansatz ist, überrascht nach deinem Umgang mit den zig Belegen, die alle Robert Spaemann heißen, auch nicht mehr.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 14:46)

Die Rechtsordnung wird nicht durch das Gesetzgebungsverfahren bestimmt, sondern das Gesetzgebungsverfahren durch die Rechtsordnung, deren Teil sie ist.

Deiner Quelle zufolge sind Verfassungen Teil der Rechtsordnung. Das ist vollkommen richtig.
Das Gesetzgebungsverfahren ist (mittlerer) Teil einer gestuften, hierarchischen Rechtsordnung. Das ist das eine (eher formale) Wesentliche. Es bestimmt die Rechtsordnung in den konkreten Gesetzen, Rechtsnormen und wird selbst durch das Grundgesetz bestimmt. Vielleicht noch wesentlicher ist, dass es einen bestimmten Institutionendurchlauf vorgibt. In dessen Zentrum die Legislative, der Bundestag steht. Der bekanntermaßen nicht nur aus Regierungsvertretern sondern auch aus Opposition besteht. Wenn damit nicht auch divergierende Wertvorstellungen in die Rechtsordnung einfließen würden, könnten wir uns eine Legisvlative auch sparen und zum SED-Staat zurückkehren.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 15:47)

Wenn sie behauptet, es sei besser, ein ganz normales Leben zu führen, bemüht sie den Komparativ von "gut". D.h. sie benutzt einen selbsterfundenen (höheren!) Wert, um den Wertbegriff zu denunzieren.
Nee. Sie setzt der pathetischen und abstrakten "Wert"orientierung die Orientierung auf die Realität entgegen. Das ist doch offensichtlich. Eine genaue und nüchterne Analyse und Prognose politischer, sozialer, wirtschaftlicher Prozesse - in der Regel anhand sehr lückenhafter Fakten - ist mir hundertmal sympatischer als das ganze "Wert"-Geraune.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

Wenn eine Rechtsordnung neutral sein soll, muß man die Inhalte aus den Gesetzen entfernen.
Was für ein Schwachsinn!

Daß der Prozeß gegen Beate Zschäpe sich über Jahre hinzieht, ergibt sich übrigens nicht aus den Rechtsnormen, sondern aus der partiell extrem peniblen Prozeßführung, die dem Rechtsverständnis des Richters geschuldet ist.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 16:11)

Wenn eine Rechtsordnung neutral sein soll
Wer sagt, dass sie (inhaltlich) neutral sein soll? Sie soll, das wurde hier schon zigmal angesprochen, für alle in gleicher Weise gültig sein. Auch für die, die die Werte, auf denen sie fußt, nicht anerkennen. Die Durchsetzung der Rechtsordnung muss neutral sein.

Und was den inhaltlichen Teil anbelangt: Der zentrale Punkt, nochmal, des bundesdeutschen Gesetzgebungsprozesses, ist die Rolle der Legislative. Es ist beabsichtigt, dass dabei unterschiedliche, differierende, divergierende Wertvorstellungen - nämlich die der Regierungsparteien wie auch der Opposition - einfließen. Man könnte ja auch einfach eine Regierung demokratisch wählen lassen und die Aufgabe der Gesetzgebung dieser Exekutive zuweisen. Ist aber nicht. Von daher soll die Rechtsordnung der Bundesrepublik keine Wertegemeinschaft repräsentieren sondern - wenn überhaupt - herstellen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 16:23)

Wer sagt, dass sie (inhaltlich) neutral sein soll? Sie soll, das wurde hier schon zigmal angesprochen, für alle in gleicher Weise gültig sein. Auch für die, die die Werte, auf denen sie fußt, nicht anerkennen. Die Durchsetzung der Rechtsordnung muss neutral sein.

Und was den inhaltlichen Teil anbelangt: Der zentrale Punkt, nochmal, des bundesdeutschen Gesetzgebungsprozesses, ist die Rolle der Legislative. Es ist beabsichtigt, dass dabei unterschiedliche, differierende, divergierende Wertvorstellungen - nämlich die der Regierungsparteien wie auch der Opposition - einfließen. Man könnte ja auch einfach eine Regierung demokratisch wählen lassen und die Aufgabe der Gesetzgebung dieser Exekutive zuweisen. Ist aber nicht. Von daher soll die Rechtsordnung der Bundesrepublik keine Wertegemeinschaft repräsentieren sondern - wenn überhaupt - herstellen.
Selten so einen wahren schotten gelesen. Einfach mal daran denken, dass alles das , was du als eine paradoxie darstellen willst und gegeneinander stellen willst ( s. deinen Post oben) ohne wertmaßstab bezogenen auf die einzelnen dort angeführten parameter im grunde nach gar nicht möglich wäre. Du kämmest ohne Gegenläufe Auslegung von WERTEN sonst nie zu einer Paradoxie.

Also.....danke für das gespräch
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Tinkerbell hat geschrieben:(09 Nov 2017, 16:52)

Selten so einen wahren schotten gelesen. Einfach mal daran denken, dass alles das , was du als eine paradoxie darstellen willst und gegeneinander stellen willst ( s. deinen Post oben) ohne wertmaßstab bezogenen auf die einzelnen dort angeführten parameter im grunde nach gar nicht möglich wäre. Du kämmest ohne Gegenläufe Auslegung von WERTEN sonst nie zu einer Paradoxie.

Also.....danke für das gespräch
Hä? Gibts das auch in vollständiger deutscher Sprache? Hier ist doch der entsprechende Thread dafür, wo alles schön ordentlich deutsch sein soll :D
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von PeterK »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Nov 2017, 12:40)
Die Journalistin macht Kultur und Wertegemeinschaft erst zu Schlagwörtern und diffamiert sie als ideologische Kampfbegriffe.
Die Begriffe werden leider von manchen aus der "rechten Ecke" missbraucht.

Um mal wieder zum Thema zurückzukommen: Nein, es gibt keine "verbindende deutsche Kultur". Die Idee, dass es sie geben könnte, beruht auf der irrigen Annahme/Behauptung/Hoffnung, es gebe eine Kongruenz zwischen Kollektiv und Kultur.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

PeterK hat geschrieben:(09 Nov 2017, 17:29)

Die Begriffe werden leider von manchen aus der "rechten Ecke" missbraucht.

Um mal wieder zum Thema zurückzukommen: Nein, es gibt keine "verbindende deutsche Kultur". Die Idee, dass es sie geben könnte, beruht auf der irrigen Annahme/Behauptung/Hoffnung, es gebe eine Kongruenz zwischen Kollektiv und Kultur.
Tatsächlich gibt keine kongruenz zwischen kollektiv und kltur. Die Frage warum es diese grundsätzlich nicht geben kann, kannst du dir sicher selber beantworten. Das hat aber mit Werten und Wertgemeinschaft nichts zu tun.

Kollektive bilden sich nämlich nach Interesse nachfolgend deren Untermauerung.

Und natürlich gibt es eine verbindende dt. Kultur. Diese zeigt sich z.b. in der kanonisierten Fassung im GG und in den Formen der rechtsauslrägung durch dt.gestze ( wunderbar in der Entwicklung des Erbrechts in d zu beobachten) . sie zeigt sich in der Übernahmefähigkeit von Lebensgrundlage, die sich durch sprachliche, nachbarschaftlichen Verbundenheit und persönliche gleichgelagertem Erlebnishorizont ( wunderbar erkennbar durch das was so ein zum Nazikopp erklarter Turnvater geschaffen hat) entwickelte.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von PeterK »

Tinkerbell hat geschrieben:(09 Nov 2017, 18:17)
Tatsächlich gibt keine kongruenz zwischen kollektiv und kltur.
Und natürlich gibt es eine verbindende dt. Kultur.
Erkennst Du die Widersprüchlichkeit Deiner Aussagen?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

PeterK hat geschrieben:(09 Nov 2017, 18:48)

Erkennst Du die Widersprüchlichkeit Deiner Aussagen?
Ich erkenne was ganz anderes. Dein verharren in kategoriefehlern. Damit du weiter komst nur der Hinweis, das deutsche ein kollektiv sein können.....eine verbindende Kultur der deutschen sich so zeigt, dasdiese innerhalb untereinander der kollektive wirkt, wirken kan.

Raffst das oder bleibst du bei deinen üblichen kurzschlüssen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von PeterK »

Tinkerbell hat geschrieben:(09 Nov 2017, 19:21)
...eine verbindende Kultur der deutschen sich so zeigt, dasdiese innerhalb untereinander der kollektive wirkt, wirken kan.
Aha. EOD (mit Dir)
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 12:57)

Der Fachbegriff lautet "Stufenbau der Rechtsordnung". Habe ich schon weiter oben erklärt. :rolleyes: Aus einem weiteren normalen Basiswissen-Standardtext:

Wenn Du nicht verstehst, dass sich aus der Zuweisung einer Rangordnung eine hierarchische Gliederung ergibt, kann ich dir auch nicht helfen.
Wir sprechen von Kultur und zwar von verbindender Kultur. Das Rechtssystem ist Teil der Kultur, von und durch diese Kultur geprägt. Das Rechtssystem existiert nicht losgelöst und unabhängig von der Kultur, in der es entwickelt wurde und kann entsprechend auch nicht losgelöst von dieser Kultur betrachtet werden!

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 12:57)
Mit ihrer Einschätzung zur ideologischen Verwertung und zum inflationären Gebrauch von "Kultur" und "Wertegemeinschaft" steht sie allerdings weiß Gott nicht allein da. Man kann jedem vernünftigen, politisch denkenden Menschen nur raten, sich von diesen Begriffen fernzuhalten und sich stattdessen unbekümmert und frei seinem eigenen Leben, so unabhängig und gleichzeitig sozial verantwortlich wie möglich zu widmen.
Natürlich entwickeln sich in einer gemeinsamen Kultur auch gemeinsame Werte, das ist vollkommen normal.
DAS (gefettet) ist Gesinnungs- und Meinungsdiktat! Typisch links - Menschen vorschreiben, was sie zu denken haben und welche Begriffe sie benutzen dürfen und welche verboten sind. Wer verbotene Begriffe benutzt ist Nazi, ist Identitär, ist gaanz phöse.
Mit Liberalismus oder Pluralismus hat das aber herzlich wenig zu tun.
Zuletzt geändert von Dark Angel am Do 9. Nov 2017, 20:08, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Dark Angel »

PeterK hat geschrieben:(09 Nov 2017, 17:29)

Die Begriffe werden leider von manchen aus der "rechten Ecke" missbraucht.

Um mal wieder zum Thema zurückzukommen: Nein, es gibt keine "verbindende deutsche Kultur". Die Idee, dass es sie geben könnte, beruht auf der irrigen Annahme/Behauptung/Hoffnung, es gebe eine Kongruenz zwischen Kollektiv und Kultur.
Ach - weil die von einigen aus der "rechten Ecke" missbraucht werden, muss deren Gebrauch verboten werden.
Dann darf also nicht mehr über Kultur - "kulturelle Werte" - oder Werte ganz allgemein gesprochen werden.
Werte wie Humanismus, Ethik etc auch nicht von einer Gemeinschaft, die diese Werte verinnerlich hat, die nach diesen Werten lebt.
Ganz dolle Show!
Humanismus, Ethik, Moral, solidarisches Verhalten sind gesellschaftliche (gemeinschaftliche) Werte, die NICHT per Gesetz vorgeschrieben und durchgesetzt werden können, sondern durch Sozialisation, Erziehung etc weiter gegeben werden.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von PeterK »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Nov 2017, 20:02)
Ach - weil die von einigen aus der "rechten Ecke" missbraucht werden, muss deren Gebrauch verboten werden.
Nein, wie kommst Du auf derlei Gedanken?

Du weichst übrigens aus (und vom Thema ab):
Nein, es gibt keine "verbindende deutsche Kultur". Die Idee, dass es sie geben könnte, beruht auf der irrigen Annahme/Behauptung/Hoffnung, es gebe eine Kongruenz zwischen Kollektiv und Kultur.
Meinst Du, es gebe diese Kongruenz?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 15:56)
Nee.
Doch.
Zu behaupten, etwas sei besser als ein anderes, bedeutet selbstverständlich eine Wertsetzung.
schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 15:56)
Sie setzt der pathetischen und abstrakten "Wert"orientierung die Orientierung auf die Realität entgegen. Das ist doch offensichtlich.
Mit Orientierung auf die Realität hat das Geschwätz schon gar nichts zu tun, weil nach den Terroranschlägen von Paris die Forderung, ein normales Leben zu führen, ohnehin zum Standardrepertoire von Politikern und Publizisten gehörte.
Mit einem selbsterfundenen Wert den Wertbegriff zu denunzieren und ein ohnehin angemahntes Verhalten als Alternative anzumahnen, ist nicht einfach dämlich - es ist doppelt dämlich.
schokoschendrezki hat geschrieben:(09 Nov 2017, 15:56)
Eine genaue und nüchterne Analyse und Prognose politischer, sozialer, wirtschaftlicher Prozesse - in der Regel anhand sehr lückenhafter Fakten - ist mir hundertmal sympatischer als das ganze "Wert"-Geraune.
Gegen nüchterne Analysen ist nun wirklich nichts einzuwenden, sofern es dergleichen gibt. Das ist aber nicht die Alternative zur Verteidigung der christlich-jüdisch-atheistisch-humanistisch-aufgeklärt-abendländischen Werte, sondern eines ihrer Mittel.

Die Rede über den Wert der Religionsfreiheit als Geraune zu denunzieren, während Seyran Ate Morddrohungen erhält, weil sie sich um einen aufgeklärten Islam bemüht, halte ich für ziemlich ambitioniert.
Die Rede über den Wert der Meinungsfreiheit als Geraune zu denunzieren, während Deniz Yücel neben vielen anderen in der Türkei inhaftiert ist, halte ich auch für ziemlich ambitioniert.
Die Rede über den Wert der individuellen Selbstbestimmung als Geraune zu denunzieren, während Millionen eine fremdbestimmte Existenz führen müssen, halte ich erst recht für ziemlich ambitioniert.

Anstelle von "ziemlich ambitioniert" darfst du auch gerne lesen "ignorant, zynisch und selbstherrlich".
Das wäre aber nur die freundliche Variante.
Zuletzt geändert von Zunder am Fr 10. Nov 2017, 01:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Zunder »

PeterK hat geschrieben:(09 Nov 2017, 20:47)
Meinst Du, es gebe diese Kongruenz?
Es gibt auch keine Kongruenz von Kollektiv und Automobilindustrie.
Trotzdem gibt es eine deutsche Automobilindustrie.
Was für ein Mysterium!
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 23:35)

Es gibt auch keine Kongruenz von Kollektiv und Automobilindustrie.
Trotzdem gibt es eine deutsche Automobilindustrie.
Was für ein Mysterium!
Ja so ist das :-) das mysterium im Kopf derer, die eine Deckungsgleichheit von kollektiv und Kultur konstruieren wollen können nur therapeuthen auflösen. Immvolksmund reicht es denen zu sagen, dass mit den äpfel und birnen hast nicht verstanden.

Es gibt auch wchtel diese konstruktion herbeizaubern , um wieder was mit dem bösen nazis präsentieren zu wollen.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 23:31)

Doch.
Zu behaupten, etwas sei besser als ein anderes, bedeutet selbstverständlich eine Wertsetzung.

Mit Orientierung auf die Realität hat das Geschwätz schon gar nichts zu tun, weil nach den Terroranschlägen von Paris die Forderung, ein normales Leben zu führen, ohnehin zum Standardrepertoire von Politikern und Publizisten gehörte.
Mit einem selbsterfundenen Wert den Wertbegriff zu denunzieren und ein ohnehin angemahntes Verhalten als Alternative anzumahnen, ist nicht einfach dämlich - es ist doppelt dämlich.

Gegen nüchterne Analysen ist nun wirklich nichts einzuwenden, sofern es dergleichen gibt. Das ist aber nicht die Alternative zur Verteidigung der christlich-jüdisch-atheistisch-humanistisch-aufgeklärt-abendländischen Werte, sondern eines ihrer Mittel.

Die Rede über den Wert der Religionsfreiheit als Geraune zu denunzieren, während Seyran Ate Morddrohungen erhält, weil sie sich um einen aufgeklärten Islam bemüht, halte ich für ziemlich ambitioniert.
Die Rede über den Wert der Meinungsfreiheit als Geraune zu denunzieren, während Deniz Yücel neben vielen anderen in der Türkei inhaftiert ist, halte ich auch für ziemlich ambitioniert.
Die Rede über den Wert der individuellen Selbstbestimmung als Geraune zu denunzieren, während Millionen eine fremdbestimmte Existenz führen müssen, halte ich erst recht für ziemlich ambitioniert.

Anstelle von "ziemlich ambitioniert" darfst du auch gerne lesen "ignorant, zynisch und selbstherrlich".
Das wäre aber nur die freundliche Variante.
Der rafft es nicht, dass es unmöglich ist, eine analyse im Bereich des sozialen oder kulturellen zu machen ohne sich auf ( falsifizierte) Werte zu stützen. Das ganze formalistische Gehampel um Rechtsstruktur, rechtsordnung und missverstandener entwicklung des gg geht total an der Musik vorbei.

Beliebigkeitsgeplärre wird mit der kundgetanenen ansicht esd posters doch nur vorschub geleistet.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(09 Nov 2017, 19:49)
Wir sprechen von Kultur und zwar von verbindender Kultur. Das Rechtssystem ist Teil der Kultur, von und durch diese Kultur geprägt. Das Rechtssystem existiert nicht losgelöst und unabhängig von der Kultur, in der es entwickelt wurde und kann entsprechend auch nicht losgelöst von dieser Kultur betrachtet werden!
Das ist zwar nicht die Antwort auf meinen Einwand, dass die Rechtsordnung hierarchisch strukturiert ist - von Grundgesetz bis hinunter zu den Paragraphen des Strafgesetzbuchs ... aber, ja, natürlich existiert das Rechssystem nicht losgelöst von Kultur und Werten. Ich habe ja schon weiter oben geschrieben, dass ich das Verhältnis dialektisch verstehe: Einerseits werden Gesetze und wird das Grundgesetz nicht vom lieben Gott sondern von Menschen gemacht. Logisch, dass deren Wertvorstellungen darin einfließen. Wie auch sonst. Aber andererseits stellt die Rechtsordnung den unabhängigen und festen Rahmen dar, innerhalb dessen sich Kultur, Praxis, wertorientiertes Handeln überhaupt erst abspielt. Man kann mit seinen Kindern zum Gottesdienst gehen oder sie zum Klavierunterricht schicken oder mit ihnen nach islamischen Grundsätzen leben oder sie einfach machen lassen. Nur: Wenn man sie verprügelt macht man sich (inzwischen) strafbar. Die Gesetze ziehen die Grenzen, zäunen ein Areal ab, innerhalb dessen sich das Leben der Gesellschaft abspielt. Wenn man das nicht so sehen könnte, hieße das, Gesetze werden nach gusto ausgelegt. Das Problem dürfte nicht darin bestehen, dass das eine unzutreffende Sicht ist, sondern eher, dass es sich um triviale Feststellungen und Selbstverständlichkeiten handelt.

Ein wirklich echter Dissenz in dieser Diskussion besteht eher in der Frage, ob es sich um unsere Werte handelt. Für mich gibt es kein "uns" oder "wir" in dieser Hinsicht. Das liegt objektiv betrachtet vor allem an der konkreten Art und Weise, wie hier Gesetze, Rechtsnormen gemacht werden. Das Entscheidende ist, dass an der Gesetzgebung die gesamte Legislative beteiligt ist, zur Zeit also alle Fraktionen von AfD bis Die Linke. Wenn auch einflussmäßig entsprechend des Abgeordnetenanteils. Der Sinn dieses Verfahrens als Teil der Gewaltenteilung besteht u.a. darin, solche Übermächtigkeiten wie sie sich in einem gesellschaftlichen Wir-Empfinden ausdrücken, zu verhindern. Man muss nur diesen Prozess der forcierten Wir-Bildung in Ländern wie Ungarn oder Polen verfolgen, um zu sehen, dass das in demokratischem Sinne vernünftig ist.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Selina »

Genau. Jetzt müsste nur mal einer beantworten, warum manche immerzu so nach diesem "Verbindenden" in der "deutschen Kultur", nach diesem "wir gehören zusammen, weil wir uns beim Grüßen die Hand geben"-Quatsch lechzen. Warum? Was ist das Motiv? Sich ein bisschen größer und stärker fühlen zu können in seiner eigentlichen Un­be­deu­tend­heit? Will man endlich wieder wer sein? Oder was steckt dahinter?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Tinkerbell »

Selina hat geschrieben:(10 Nov 2017, 08:49)

Genau. Jetzt müsste nur mal einer beantworten, warum manche immerzu so nach diesem "Verbindenden" in der "deutschen Kultur", nach diesem "wir gehören zusammen, weil wir uns beim Grüßen die Hand geben"-Quatsch lechzen. Warum? Was ist das Motiv? Sich ein bisschen größer und stärker fühlen zu können in seiner eigentlichen Un­be­deu­tend­heit? Will man endlich wieder wer sein? Oder was steckt dahinter?
Was ist das eine zu kurze Denke, die etwas unterjubeln will, wofür es in derDebatte keine Anhaltspunkte gibt. Es geht darum wie das, was in die Rechtsordnung, die Rechtsauslegung und somit dem einzâunen iin recht in europa an werten in der HIER entwickelte sicht auf diese Werte entstanden ist und das erhalten bleiben muss, Weil das, was in Europa geschaffen wurde zum vorteil der hier lebenden Individuen erhalten bleiben sollte

Die Grundwerte kennen kein wir und die da. Die Interpretation der Werte mit dem daraus folgenden Auswirkungen auf das Individuum ist maßgeblich. Über unsere Werte ist die Kritik der Aufklärung gelaufen, deshalb hat europa und d leider später die menschenfreundlichste form der Rechtsstaatlichkeit für sich verfasst. Die Denke von wo anders soll erst mal auf Stand hier und heute kommen, sonst kann sie da bleiben, wo sie dem Individuum eher den kopf anschlägt als dass er sich aufklären kann.
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von PeterK »

Zunder hat geschrieben:(09 Nov 2017, 23:35)
Es gibt auch keine Kongruenz von Kollektiv und Automobilindustrie.
Trotzdem gibt es eine deutsche Automobilindustrie.
Was für ein Mysterium!
Ja, erstaunlich. Handelt es sich denn um eine "verbindende" deutsche Automobilindustrie?
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Re: Gibt es eine verbindende Deutsche Kultur?

Beitrag von Billie Holiday »

Selina hat geschrieben:(10 Nov 2017, 08:49)

Genau. Jetzt müsste nur mal einer beantworten, warum manche immerzu so nach diesem "Verbindenden" in der "deutschen Kultur", nach diesem "wir gehören zusammen, weil wir uns beim Grüßen die Hand geben"-Quatsch lechzen. Warum? Was ist das Motiv? Sich ein bisschen größer und stärker fühlen zu können in seiner eigentlichen Un­be­deu­tend­heit? Will man endlich wieder wer sein? Oder was steckt dahinter?
So unbedeutend finde ich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und Gewaltentrennung gar nicht.

Aber tut mir leid, dass du dich so klein und unbedeutend fühlst. :(
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