Kann ein Land zur Demokratie/Zivilisation gezwungen werden? - Schon die Frage ist falsch formuliert - Es geht ausschließlich um die Menschen die da warum auch immer, einen "Staat bilden". Was ist "Zivilisation" - nichts als die Vorstellung des Fragenden - hier User Katenberg. Er hat ganz offensichtlich eine Vorstellung wie ein "Zivilisation" beschaffen sein "müsste" und es soweit ich das herauslesen kann auf den Irak zu Zeiten Saddam Hussein, nicht zutraf.
Nun ich habe mich in dieser Zeit im Irak ein Jahr lang aufgehalten. Große zivilisatorische Mängel sind mir da nicht aufgefallen. Was drastisch unterschiedlich war, waren der Umgang der Machtträger mit ihren "Untertanen". Eine "wunderhübsche Diktatur" mit "Lebenshilfe" aus der ehemaligen DDR und dem, was damals unter "Ostblock" lief. Religion - der sunnitische / schiitische Islam - Christen - "Teufelsanbeter" (Jesiden) als "Äußerlichkeit". Volksgruppen - Kurden - ich war hauptsächlich im Norden, im kurdischen Gebiet - wurden mehr oder weniger offen unterdrückt (soweit das "kasernierte" Ausländer überhaupt mitbekommen haben) Mosul eine recht moderne Stadt, aber eben "orientalisch" geprägt, keinesfalls so modern wie z.B. Jeddah (S.A.) oder Frankfurt (D) das mein damals einziger Vergleich darstellte
Nachdem die Amis den Irak gründlich in eine "vorstaatliches Gebilde" zurückbefördert hatten, wurde der Irak wohl wieder das, was dieses Kunstgebilde immer war - archaisch religiös und wie allzeit jeder des andern (Clan) "Feind". Wer die Geschichte vor und nach den Osmanen kennt - es gibt reichlich Literatur dazu - weiß der Irak ist als Einheitsstaat nur unter Diktatur "einigermaßen" haltbar. Es gibt keinen "Nationalstaat" Irak. Also eher auch kein "Körper" und erst recht kein "Geist" der zu einer wunderbaren Demokratie nach unserer gegenwärtigen Vorstellung wandelbar wäre.
Was da eher kläglich existiert, ist ein sog. "Nationalstaat" des Völkerrechts, eine schlecht funktionierende kapitalistische Wirtschaft, nach Saddam Hussein die Dominanz der schiitischen Islamvariation über die zahlenmäßig unterlegenen Sunniten und den Restbeständen anderer einst starker Religionen. Allen ist die Idee einer Demokratie eher fremd und so lassen sich nur die "Äußerlichkeiten" - das "Bild" einer Demokratie aufoktroyieren. Die großen "intersubjektiven" Unterschiede der Protagonisten, trennen eher, so werden die "Iraker" (die untereinander nur wenig verbindet) wohl kaum die "Religion Demokratie" in der überschaubaren Zukunft annehmen.
Was erstaunlich gut funktioniert ist der Mythos "Geld" - da kommen alle anderen Vorstellung um Längen nicht mit - "Geld" ist ein System gegenseitigen Vertrauens, aber nicht nur irgendeines: Es ist das universellste und effizienteste System des gegenseitigen Vertrauens, das je erfunden wurde. Unser "kollektives intersubjektive Vertrauen" schwindet dagegen rasch, wenn kein Geld mehr zu holen ist. Können sich einige zwar keinen Gott, keine Demokratie, Menschenrechte usw. vorstellen oder gar im Sinn dieser Mythen handeln, beim Geld klappt das vorzüglich. Geld ist offensichtlich per se "intersubjektiv".
Demokratie - Menschenrechte sind es leider nicht... Weil eben keine objektive Fakten - ein Angehöriger von "SMERSch" (Главное управление контрразведки СМЕРШ Народного комиссариата обороны СССР) der gerade einen "erkannten Spion" per Genickschuss "liquidiert", fühlt sich völlig im Recht, er kann auf das "kollektives intersubjektive Gemeinsame" vertrauen. Um dem "Genossen" eine Demokratie schmackhaft zu machen, werden wohl hundert Sitzungen Gehirnwäsche nicht ausreichen. So auch sein Pendant aus dem faschistischen Lager, aber auch alle hardcore Muslime jeglicher Couleur.
So lautet die Antwort, ja, mit den richtigen Zwangsmethoden kann mindestens großen Teilen eines "Landes" Demokratie aufgezwungen werden. Womöglich müssen zunächst werbewirksam alle, als "gegnerischen Elemente" erkannten, werbewirksam liquidiert werden, der "Rest" wird nach einer Eingewöhnungsphase und ständigen eher drastischen Lektionen alsbald zu vorbildlichen Demokraten heranreifen. Ein kleiner Rest, wird davon völlig unbeeindruckt still und heimlich weiter "intersubjektiv" auf "seine Stunde" warten. Ein gutes Beispiel waren und sind "unsere Neonazis", an denen all dieses Demokratiegefasel ganz offensichtlich ohne jede Wirkung vorbeigegangen ist...
Auch für eher religiös tickende Zeitgenossen, ist "Demokratie" eigentlich ungeeignet - alle gleich ? - kein ("mein") Gott - auch keine Götter - die "alles" lenken und bestimmen ?
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (aus China)