Die Deutschen - wir Deutschen?

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odiug

Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von odiug »

JJazzGold hat geschrieben:(21 Oct 2016, 10:50)


Anlässlich der Unterhaltung von Alex und Schelm, habe ich mich gefragt, was "die Deutschen" ausmacht.





Was verbindet mich mit anderen Deutschen, um uns zu "die Deutschen - wir Deutschen" zu formen.

Wahrscheinlich betrachten sich die meisten User ebenfalls als Person der Mitte, also habe mich in die Mitte gestellt.
Links von mir eine Vertreterin des linken Spektrums, von SPD bis Die Linke und rechts von mir ein Vertreter des rechten Spektrums, von CSU bis AfD.
Dann habe ich mich gefragt, was verbindet mich mit diesen beiden Menschen, um ein "wir Deutsche" anzuregen?

Das ist wenig genug,

-eine Geburtsurkunde
-ein Ausweisdokument
-die Sprache
-ein gemeldeter Wohnsitz
-Steuern
-eine EU Mitgliedschaft
-dieses Forum

Ansonsten teilen wir nichts. Weder gemeinsame gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche Position, noch gemeinsames Interesse, noch ein gemeinsamer Familien-/Freundes-/Bekanntenkreis, weder Freundschaft, noch Bekanntschaft.

Was sollte uns ergo zu "wir" verbinden, wenn nichts anderes als das oben gelistete existiert?

Benötigen "wir" einen gemeinsamen Feind, um zum "wir" zu werden?
Benötigen "wir" eine Katastrophe?
Benötigen "wir" ein sportliches Großereignis?
Und sind das nichts alles nur kurze Abschnitte, ergo nichts was ein nachhaltiges "wir" produziert?

Ich empfinde offen gestanden kein "wir Deutsche" Gefühl und je mehr sich der nationalistische Gedanke versucht in den Vordergrund zu schieben, desto mehr verweigere ich dieses "wir".

Wer auch immer meint dieses "wir" Gefühl zu haben, fühle sich frei mir zu erklären, worauf das beruht.
Was macht uns also zu "wir Deutschen"? Oder gibt es die "Die Deutschen" in diesem Sinn gar nicht?
Sprache ... klaro ... wobei ich einen Tiroler oder Vorarlberger eher verstehe, als einen Sachsen oder Friesen.
Aber es ist mehr ein gemeinsames Verstaendnis von Geschichte, das Deutsche verbindet.
Was jetzt nicht heissen soll, dass man eine gemeinsame Meinung haben muss ueber Ereignisse in der deutschen Geschichte.
Sicherlich habe ich eine ganz andere Sicht auf das Dritte Reich als ein Neo Nazi.
Aber dass mich das Dritte Reich so sehr beschaeftigt, das habe ich mit einen Neo Nazi gemein.
Einen Ami interessiert das weit weniger, ausser es kommt ein neuer Spielberg Film ueber irgend ein Ereignis waerend des Dritten Reichs heraus.
Ein anderes Beispiel: Inflation.
Ich kenne noch die Geschichten meiner Grossmutter ueber ihre Mutter, wie sie das Geld Schubkarrenweise zum Baecker brachte um einen Laib Brot zu kaufen.
Ein Italiener kennt das nicht aus seiner Familie.
Fuer ihn ist Geldentwertung ein voellig normaler Prozess, der nichts erschreckendes fuer ihn hat.
Ein Deutscher kennt die Schrecken einer Hyperinflation und schaut deswegen mit Entsetzen auf Draghi ...zumindest weit skeptischer als Draghis Landsleute.
Noch ein Beispiel waere der dreissigjaehrige Krieg, der in Deutschland zu einer gewissen, religioesen Toleranz fuehrte, nachdem man sich abschlachtete und dann vor Erschoepfung aufhoerte.
In Spanien gibt es keine Protestanten und in England keine Katholiken und in Frankreich ersetzt man Religion mit einem manchmal fanatisch anmutenden Saekularismus.
Es ist der Blick durch die jeweilige Geschichte des eigenen Landes auf die Weltund die Zeit, was einen Deutschen zu einem Deutschen macht, einen Franzosen zu einem Franzosen und einem Englaender zu einem Englaender.
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Jekyll
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Jekyll »

Aussehen
Sprache
Vorfahren
Kultur (inkl. Religion und Geschichte)


Mehr braucht es nicht, um Deutscher zu sein.
Staatsbürgertechnisch gesehen reicht natürlich eine Einbürgerung aus (+ Sprachkenntnisse).
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Welfenprinz »

Jekyll hat geschrieben:(21 Oct 2016, 18:35)

Aussehen
).
:p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :D :D
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Laertes
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Laertes »

JJazzGold hat geschrieben:(21 Oct 2016, 10:50)
Was verbindet mich mit anderen Deutschen, um uns zu "die Deutschen - wir Deutschen" zu formen.
Interessante Frage. Kommt darauf an welche Art von Verbindung du suchst. Ich jedenfalls habe mit Sicherheit keine dauerhafte emotionale Verbindung zu 80 Mio. bundesdeutschen Mitbürgern. Und wenn, dann häufig nicht mal eine positive, sondern eher eine in Richtung 'Fremdschämen'.

Wir-Gefühl im Kleinen entsteht für mich daraus, dass man z. B. als Team oder Gemeinschaft zusammen etwas erreicht oder durchgestanden hat. Dafür ist aber die ethnische Zusammenarbeit der Gruppe ohne Belang (beruflich arbeite ich z. B. häufig in ethnisch sehr heterogenen Teams wobei alle eine vergleichbare akademische Ausbildung haben).

Ich denke wenn es um Wir-Gefühl im millionenfachen Maßstab geht, dann funktioniert dass nicht über gemeinsame Merkmale von mir und anderen Individuen sondern nur über eine idealtypische Gestalt, ein Klischee, eine romantisierte Idee, ein Abziehbild. Weil ich mich - und Millionen andere sich - in vielen Punkten im Klischee/Abziehbild/Ideal des 'typischen Deutschen' wieder erkenne, betrachte ich mich als 'deutsch'.

Das funktioniert aber genauso mit anderen Identitäten als 'Deutschsein': In dem Maße wie ich mich in den Klischeefiguren der Fersehserie 'The Big Bang Theory' wiedererkenne, empfinde ich es auch als 'wir Nerds' oder 'wir' <Hobby deiner Wahl> oder 'wir' <Religionsgemeinschaft deiner Wahl>.
"Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."
(Ernst-Wolfgang Böckenförde)
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von BingoBurner »

Was ist Deutsch ?
Ich versuche es mal. Antisemitismus ist so ein Ding.
Ich rede nicht von vor 45 sondern von heute.

"Wir Deutsche" haben begriffen was da abgelaufen ist und drängen das nicht weg.
Nimm mal andere Länder, die Türkei z.b. Völkermord und die tun so als wär der nie so geschehen.
Der Vergleich hinkt.....ich weiß. Aber die Richtung stimmt, mmn.

Und Kulturell ? Schau dir die Kinderlieder an.
Von Bayern bis Schleswig Holstein wette ich kennt jedes Kind "der Mond ist aufgegangen".
Deutschland ist ein Verbund von Stämmen......so hatte das Adenauer mal ausgedrückt wenn ich richtig liege.

Oder nimm den Fussball. 80 Millionen nur und wir haben vier Sterne auf der Brust.
Ob in der Medizin, im Ingenieurwesen, Deutschland liegt mit vorn.

Auch die 68 würde ich als typisch deutsch ansehen. Dieses hinterfragen, was habt ihr den gemacht als Adolf an der
Macht war ? Heute würde man sowas wohl als Graswurzelbewegung bezeichnen.

Ich bin nicht stolz ein Deutscher zu sein. Solche Sprüche finde ich albern.
Aber wenn man mal im Ausland unterwegs war merkt man das "Deutschland" nicht unbedingt uncool ist.

Und Handball ? Das ist der einzige Sport die ich nicht begreife.......nicht kann.

Ich kann mich noch an die Diskussionen während des Sommermärchens erinnern.
Darf man die Deutschland Farben tragen ? Ist das jetzt ein Event Moment oder ein neuer, rechter Patriotismus ?
Bei sowas musste ich immer lachen gerade wenn man auf Typen wie Özil oder Boateng schaut.
Genauso bescheuert war ja auch die Aussage vom Gauland. Der Nachbar und so.

Deutsch ist vielfältig. Vielleicht trifft es das.
Ich mag z.b. die Dialekte. Ok mit sächsisch tue ich mich schwer ;-)
Dont take your organs to heaven !
Heaven knows we need them here !

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Sleep On The Floor https://www.youtube.com/watch?v=v4pi1LxuDHc
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von H2O »

odiug hat geschrieben:(21 Oct 2016, 18:22)

Sprache ... klaro ... wobei ich einen Tiroler oder Vorarlberger eher verstehe, als einen Sachsen oder Friesen.
Aber es ist mehr ein gemeinsames Verstaendnis von Geschichte, das Deutsche verbindet.

...

Es ist der Blick durch die jeweilige Geschichte des eigenen Landes auf die Weltund die Zeit, was einen Deutschen zu einem Deutschen macht, einen Franzosen zu einem Franzosen und einem Englaender zu einem Englaender.
Nur durch diese kulturelle Verbindung entsteht eine Volksgemeinschaft; so ist auch zu verstehen, warum Auswanderer im Kindesalter sich sehr bald einem anderen Volk zugehörig fühlen... wenn ihnen die aufnehmende Gemeinschaft nicht ständig ihr Anderssein unter die Nase reibt, sondern sie freundlich aufnimmt. Da verfällt man doch glatt ins Nachdenken!
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Welfenprinz »

Bingo, ich benutze das Wort stolz nicht, oder jedenfalls nicht oft.

Aber im Zusammenhang mit dieser Vergangenheitsbewältigung und dem gesellschaftlichen Wandel "68", bin ich tatsächlich stolz auf dieses Land.
Da läuft einiges verdammt gut........... vielleicht ist es eine typisch deutsche Eigenschaft :D auch schwierige Sachen gründlich anzugehen.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Selina
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Selina »

BingoBurner hat geschrieben:(21 Oct 2016, 19:15)

Deutsch ist vielfältig. Vielleicht trifft es das.
Gute Beschreibung.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Jekyll
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Jekyll »

Welfenprinz hat geschrieben:(21 Oct 2016, 19:09)

:p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :p :D :D
Ja, Aussehen ist das Allerwichtigste.
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Kael »

Bonuseffekte

+1 auf öffentliche Ordnung für jeden Krieg gegen eine benachbarte Fraktion
+20% Einkommen durch Plündern

+25% Strafe auf öffentliche Ordnung durch Anwesenheit fremder Kulturen
+3% Besteuerung
+10% Moral für alle Einheiten beim Kampf gegen Barbaren-Fraktionen


Das passt doch?
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Wildermuth »

Kael hat geschrieben:(22 Oct 2016, 03:14)

Bonuseffekte

+1 auf öffentliche Ordnung für jeden Krieg gegen eine benachbarte Fraktion
+20% Einkommen durch Plündern

+25% Strafe auf öffentliche Ordnung durch Anwesenheit fremder Kulturen
+3% Besteuerung
+10% Moral für alle Einheiten beim Kampf gegen Barbaren-Fraktionen


Das passt doch?
Keine ahnung. Versuchs mal in verständlichem deutsch!
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Wähler »

http://www.sueddeutsche.de/leben/italie ... -1.3214816
SZ 21. Oktober 2016 Italiener sagen: Deutsche kümmern sich in Europa nur um sich selbst
Gemäß der Studie (Friedrich-Ebert-Stiftung) finden mittlerweile 43 Prozent der Italiener, dass die Nachteile der EU-Mitgliedschaft überwiegen; nur 21 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. Die Deutschen sehen es umgekehrt, und zwar auf den Prozentpunkt genau: Für 43 Prozent sind die Vorteile bedeutsamer.
Rund zwei Drittel der befragten Italiener sagen, Deutschland kümmere sich auf europäischer Ebene in erster Linie um seine eigenen Interessen. Viele Deutsche wiederum halten Italien für ein "Nehmerland", obschon es zu den fünf größten Nettozahlern der EU gehört.
Bei den Mentalitätsmerkmalen, die als "typisch italienisch" gelten, decken sich Fremd- und Selbstsicht fast in jedem Punkt, was an der ausgeprägten Selbstkritik der Italiener liegt - nur bei "genießerisch" driften die Werte stark auseinander. 92 Prozent der Deutschen halten die Italiener für Genießer, während nur 66 Prozent der Italiener sich selbst so sehen.
Deutsche Mentalität definiert sich nur im Vergleich. Wer einmal eine Zeit lang im Ausland gelebt hat, sensibilisiert sich für Mentalitätsunterschiede zwischen zwei Nationalstaaten. Zwischen anglosächsischen Ländern gibt es Gemeinsamkeiten, wie auch zwischen den romanischen mit Mittelmeerzugang.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Laertes
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Laertes »

sorry doppelt (von der Maus abgerutscht)
Zuletzt geändert von Laertes am Sa 22. Okt 2016, 08:42, insgesamt 1-mal geändert.
"Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Laertes »

Wildermuth hat geschrieben:(22 Oct 2016, 04:16)

Keine ahnung. Versuchs mal in verständlichem deutsch!
Klingt nach einem copy/paste Fehler. Ich tippe mal es geht um das neue Computerspiel Civilization 6. Habe ich gestern auch gespielt :thumbup:

Nee Moment: Die Deutschen sind dort als Fraktion spielbar - ich wette das sind die Bonusse/Malusse wenn man als Spieler die Deutschen als Fraktion spielt.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von think twice »

JJazzGold hat geschrieben:(21 Oct 2016, 13:15)


Woraus rekrutieren Sie ihr eventuelles "wir Deutschen" Gefühl und würde mich das einschließen, auch wenn wir in keiner Beziehung eine Überschneidung aufweisen?
Von außen betrachtet, gibt es sie schon: "Die Deutschen" und gerade wir beide, die sich wohl vehement weigern würden, als eine Gruppe bezeichnet zu werden, wären für Nichtdeutsche ein Paradebeispiel für "typisch deutsch".
Denn (ich gehe mal davon aus) wir legen beide Wert auf Pünktlichkeit, auf Ordnung, wir respektieren die Funktion des Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt, sind uns unserer historischen Verantwortung bewusst, halten brav an roten Ampeln, essen mit Messer und Gabel, lieben Kartoffeln und Bier, sind ehrgeizig im Beruf und gehen wählen.
Wir freuen uns über gut befahrbare Straßen, über hübsche, kleine Backsteinhäuser, über ein ausgeklügeltes Bildungssystem und halten Deutschland für ein Vorzeige-Land, dem man ruhig nacheifern könnte.
Wir müssen nicht beide Bayern München, Israel oder Jazz lieben, wir sind beide trotzdem typisch deutsch, ob uns das nun gefällt oder nicht. :)
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Billie Holiday »

think twice hat geschrieben:(22 Oct 2016, 09:23)

Von außen betrachtet, gibt es sie schon: "Die Deutschen" und gerade wir beide, die sich wohl vehement weigern würden, als eine Gruppe bezeichnet zu werden, wären für Nichtdeutsche ein Paradebeispiel für "typisch deutsch".
Denn (ich gehe mal davon aus) wir legen beide Wert auf Pünktlichkeit, auf Ordnung, wir respektieren die Funktion des Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt, sind uns unserer historischen Verantwortung bewusst, halten brav an roten Ampeln, essen mit Messer und Gabel, lieben Kartoffeln und Bier, sind ehrgeizig im Beruf und gehen wählen.
Wir freuen uns über gut befahrbare Straßen, über hübsche, kleine Backsteinhäuser, über ein ausgeklügeltes Bildungssystem und halten Deutschland für ein Vorzeige-Land, dem man ruhig nacheifern könnte.
Wir müssen nicht beide Bayern München, Israel oder Jazz lieben, wir sind beide trotzdem typisch deutsch, ob uns das nun gefällt oder nicht. :)
Das ist nichts, worüber ich mich schämen würde.
Hab mal eine Migrantin im TV gehört, die diese ganzen Eigenschaften plus Bürokratie als sehr gut und beruhigend empfand. Sie fand es schlicht toll, dass wir vor roten Ampeln halten. Wer aus einem chaotischen Land kommt, genießt Regeln, Normen und Gesetze, über die wir oft jammern und uns künstlich aufregen.
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von think twice »

Billie Holiday hat geschrieben:(22 Oct 2016, 10:01)

Das ist nichts, worüber ich mich schämen würde.
Hab mal eine Migrantin im TV gehört, die diese ganzen Eigenschaften plus Bürokratie als sehr gut und beruhigend empfand. Sie fand es schlicht toll, dass wir vor roten Ampeln halten. Wer aus einem chaotischen Land kommt, genießt Regeln, Normen und Gesetze, über die wir oft jammern und uns künstlich aufregen.
Hab ich mit irgendeinem Satz geschrieben, dass ich mich für mein Deutschein schäme? Nein. Dein ständig auftretender Verteidigungsreflex muss eine tiefere Ursache haben.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Billie Holiday »

think twice hat geschrieben:(22 Oct 2016, 10:09)

Hab ich mit irgendeinem Satz geschrieben, dass ich mich für mein Deutschein schäme? Nein. Dein ständig auftretender Verteidigungsreflex muss eine tiefere Ursache haben.
Hallo?

Das habe ich so nicht gemeint, ich habe auch nicht gesagt, dass Du Dich für Deutsche schämst. Meine Fresse :rolleyes:

Das war eine allgemeine Bemerkung zu Eigenschaften, die manchmal belächelt werden, aber von außen als positiv angesehen werden. Du warst persönlich in keinster Weise gemeint.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von JJazzGold »

think twice hat geschrieben:(22 Oct 2016, 09:23)

Von außen betrachtet, gibt es sie schon: "Die Deutschen" und gerade wir beide, die sich wohl vehement weigern würden, als eine Gruppe bezeichnet zu werden, wären für Nichtdeutsche ein Paradebeispiel für "typisch deutsch".
Denn (ich gehe mal davon aus) wir legen beide Wert auf Pünktlichkeit, auf Ordnung, wir respektieren die Funktion des Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt, sind uns unserer historischen Verantwortung bewusst, halten brav an roten Ampeln, essen mit Messer und Gabel, lieben Kartoffeln und Bier, sind ehrgeizig im Beruf und gehen wählen.
Wir freuen uns über gut befahrbare Straßen, über hübsche, kleine Backsteinhäuser, über ein ausgeklügeltes Bildungssystem und halten Deutschland für ein Vorzeige-Land, dem man ruhig nacheifern könnte.
Wir müssen nicht beide Bayern München, Israel oder Jazz lieben, wir sind beide trotzdem typisch deutsch, ob uns das nun gefällt oder nicht. :)
Das ist der Punkt, von außen betrachtet gibt es sie, "die Deutschen" und das wird eher an "typisch deutschen" Merkmalen, egal ob die tatsächlich existieren oder nur nur eine Projektion sind, festgemacht, als am Ausweisdokument. Aber von innen betrachtet, existiert dieses "wir" Gefühl nur in seltenen Situationen, wie z.B. sportlichen Ereignissen oder Krisen, wie eine Überschwemmung.

Wenn keines von beiden stattfindet, dann organisiert sich das "wir" nur in den jeweiligen mehr oder minder kleinen Interessengemeinschaften.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von JJazzGold »

Welfenprinz hat geschrieben:(21 Oct 2016, 21:04)

Bingo, ich benutze das Wort stolz nicht, oder jedenfalls nicht oft.

Aber im Zusammenhang mit dieser Vergangenheitsbewältigung und dem gesellschaftlichen Wandel "68", bin ich tatsächlich stolz auf dieses Land.
Da läuft einiges verdammt gut........... vielleicht ist es eine typisch deutsche Eigenschaft :D auch schwierige Sachen gründlich anzugehen.
Das halte ich auch für eine typisch deutsche Eigenschaft, dieses sich in ein Problem verbeißen zu können, bis es gelöst ist, selbst noch zu einem Zeitpunkt, an dem andere längst aufgegeben haben. Welches, wenn es die richtige Größenordnung hat, zu einem "wir" führt.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von JJazzGold »

BingoBurner hat geschrieben:(21 Oct 2016, 19:15)

Was ist Deutsch ?
Ich versuche es mal. Antisemitismus ist so ein Ding.
Ich rede nicht von vor 45 sondern von heute.

"Wir Deutsche" haben begriffen was da abgelaufen ist und drängen das nicht weg.
Nimm mal andere Länder, die Türkei z.b. Völkermord und die tun so als wär der nie so geschehen.
Der Vergleich hinkt.....ich weiß. Aber die Richtung stimmt, mmn.

Und Kulturell ? Schau dir die Kinderlieder an.
Von Bayern bis Schleswig Holstein wette ich kennt jedes Kind "der Mond ist aufgegangen".
Deutschland ist ein Verbund von Stämmen......so hatte das Adenauer mal ausgedrückt wenn ich richtig liege.

Oder nimm den Fussball. 80 Millionen nur und wir haben vier Sterne auf der Brust.
Ob in der Medizin, im Ingenieurwesen, Deutschland liegt mit vorn.

Auch die 68 würde ich als typisch deutsch ansehen. Dieses hinterfragen, was habt ihr den gemacht als Adolf an der
Macht war ? Heute würde man sowas wohl als Graswurzelbewegung bezeichnen.

Ich bin nicht stolz ein Deutscher zu sein. Solche Sprüche finde ich albern.
Aber wenn man mal im Ausland unterwegs war merkt man das "Deutschland" nicht unbedingt uncool ist.

Und Handball ? Das ist der einzige Sport die ich nicht begreife.......nicht kann.

Ich kann mich noch an die Diskussionen während des Sommermärchens erinnern.
Darf man die Deutschland Farben tragen ? Ist das jetzt ein Event Moment oder ein neuer, rechter Patriotismus ?
Bei sowas musste ich immer lachen gerade wenn man auf Typen wie Özil oder Boateng schaut.
Genauso bescheuert war ja auch die Aussage vom Gauland. Der Nachbar und so.

Deutsch ist vielfältig. Vielleicht trifft es das.
Ich mag z.b. die Dialekte. Ok mit sächsisch tue ich mich schwer ;-)

Interessanter Punkt, in der Aufarbeitung von Vergangenheit und Verfehlungen ist tatsächlich das "wir" zu entdecken. :thumbup:
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von JJazzGold »

Welfenprinz hat geschrieben:(21 Oct 2016, 18:07)

@jazz: die wahre Teilung Deutschlands ist nicht Ost-West sondern Nord Süd. Das ist so. Braucht es keinen äusseren Feind für sondern Geschichte und Kultur.
Wobei Kultur nicht irgendwelche Schlagerfuzzis meint sondern mehreren Menschen gemeinsame Handlungen im Leben und Lebensgestaltung. Die künstlerische Kultur ist ein Ausdruck dessen
Das hätte ich noch vor kurzer Zeit ebenso gesehen. Inzwischen scheint mir der Ost/West Kontrast situationsbedingt nahezu ebenso hoch zu sein.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von JJazzGold »

"Laertes"

Interessante Frage. Kommt darauf an welche Art von Verbindung du suchst.

Es ist eher ein Hinterfragen, als ein Suchen.


Ich jedenfalls habe mit Sicherheit keine dauerhafte emotionale Verbindung zu 80 Mio. bundesdeutschen Mitbürgern. Und wenn, dann häufig nicht mal eine positive, sondern eher eine in Richtung 'Fremdschämen'.

Das kommt darauf an. Mir fällt im Rückblick auf, dass z.B. ich im Ausland in Gesprächen im Bezug auf Werte wesentlich öfter das "wir" anwandte, als im Bezug auf Aktionen und angebliche Merkmale. Da kam wesentlich öfter das neutrale "Deutschland hat, nimmt vor, beabsichtigt, etc." vor.

Wir-Gefühl im Kleinen entsteht für mich daraus, dass man z. B. als Team oder Gemeinschaft zusammen etwas erreicht oder durchgestanden hat. Dafür ist aber die ethnische Zusammenarbeit der Gruppe ohne Belang (beruflich arbeite ich z. B. häufig in ethnisch sehr heterogenen Teams wobei alle eine vergleichbare akademische Ausbildung haben).

Ich denke wenn es um Wir-Gefühl im millionenfachen Maßstab geht, dann funktioniert dass nicht über gemeinsame Merkmale von mir und anderen Individuen sondern nur über eine idealtypische Gestalt, ein Klischee, eine romantisierte Idee, ein Abziehbild. Weil ich mich - und Millionen andere sich - in vielen Punkten im Klischee/Abziehbild/Ideal des 'typischen Deutschen' wieder erkenne, betrachte ich mich als 'deutsch'.

Das funktioniert aber genauso mit anderen Identitäten als 'Deutschsein': In dem Maße wie ich mich in den Klischeefiguren der Fersehserie 'The Big Bang Theory' wiedererkenne, empfinde ich es auch als 'wir Nerds' oder 'wir' <Hobby deiner Wahl> oder 'wir' <Religionsgemeinschaft deiner Wahl>.
Dito. Wobei ich mich redlich bemüht habe und noch bemühe, dem Abziehbild nicht zu entsprechen. Es holt einen ab und zu trotzdem ein, in der Betrachtung durch Dritte.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Kael »

Eigentlich waren die werte aus total war ^^
bennyh

Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von bennyh »

JJazzGold hat geschrieben:(21 Oct 2016, 16:22)

Dem widerspricht meines Erachtens das ausgeprägte Nationalgefühl, dass die US Amerikaner zeigen, egal zu welchem Event.
Nach meiner Beobachtung ist dort das "we" weitaus ausgprägter, als z.B. in Deutschland.
Nationalbewusstsein ist etwas anderes als "wir"-Gefühl. Ein "wir"-Gefühl entspringt üblicherweise einem Zugehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten Ethnie. Und eine US-amerikanische Ethnie gibt es (noch) nicht wirklich. Dafür ist die Nation zu jung, zu heterogen, die Erinnerung an das Ursprungsland teilweise noch zu präsent und die Geschichte zwischen den verschiedenen Ethnien häufig zu bitter. Ein "wir" (im Sinne von "wir fühlen uns zusammengehörig") gibt es in den USA bestenfalls innerhalb bestimmter Ethnien, die dort häufig Parallelgesellschaften bilden.
Wildermuth
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Wildermuth »

bennyh hat geschrieben:(23 Oct 2016, 03:30)

Nationalbewusstsein ist etwas anderes als "wir"-Gefühl. Ein "wir"-Gefühl entspringt üblicherweise einem Zugehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten Ethnie. Und eine US-amerikanische Ethnie gibt es (noch) nicht wirklich. Dafür ist die Nation zu jung, zu heterogen, die Erinnerung an das Ursprungsland teilweise noch zu präsent und die Geschichte zwischen den verschiedenen Ethnien häufig zu bitter. Ein "wir" (im Sinne von "wir fühlen uns zusammengehörig") gibt es in den USA bestenfalls innerhalb bestimmter Ethnien, die dort häufig Parallelgesellschaften bilden.
Hm... also, wenn ein adoptierter schwarzer in D aufwächst wird er kein "wir" gefühl mit den weissen deutschen haben?

Natürlich ist auch Nationalgefühl ein wir-gefühl. Was denn sonst?
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Anderus
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Anderus »

Ein Wir-Gefühl in dem Sinne, habe ich nicht. Ich fühle mich einer Menschengruppe verbunden, die in bestimmten Grenzen lebt, in der es Regeln gibt, die für alle gelten. Dabei gleite ich eigentlich immer mehr von Deutschland ab, erweitere es auf Europa, und versuche eigentlich die ganze Erde, in dem Wir-Gefühl mitzunehmen. Wir sind eben alles Menschen. Das eint uns, das ist unser "Wir".

Nationale Gefühle, kenne ich nicht. Was heißt das schon, "Nation"? Es kommt aus dem lateinischen und heißt Geburt. Was sagt das schon aus, wo man geboren ist? Ein Tier, wird auch irgendwo geboren. Für mich ist es wichtig, um ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen, das es ein Mensch ist, der sich an gesetzliche Regeln weitestgehend hält, der nachdenklich sein kann, der human sein kann und der lieben kann. Mit anderen Menschen kann ich kein Wir-Gefühl entwickeln, was über die Toleranz hinaus geht. Dabei ist es für mich absolut unerheblich, woher ein Mensch kommt.

Natürlich gibt es in Deutschland Strukturen, die ein Zusammenleben angenehm gestalten können. Angenehmer, als in so manchem anderen Staat. Da ist man leicht dabei, für sowas ein Wir-Gefühl zu entwickeln, auch wenn es teilweise geprägt und erzeugt ist, von Menschen, mit denen man eher ein Wir-Gefühl ablehnen würde. Man beugt sich der Zwangslage, das es ohne eine Ars...ochquote wohl offensichtlich nicht geht.

Wir Gefühl im Sport, Wissenschaft oder Musik, gibt es bei mir nicht. Bei Wissenschaft und Musik, ist es mir völlig egal, wer was singt oder wer was erzeugt hat. Ich mag sie alle, wenn sie gute Leistungen bringen oder gebracht haben. Beim Sport, ist es anders. Den Sensationssport, lehne ich völlig und gänzlich ab, auch wenn ich mir Fußballspiele ab und zu mal ansehe. Sport ist für mich, eine Betätigung, die der Gesundheit dienen soll, und nicht die krank macht. Wer Sport betreibt, indem er seinen Körper schädigt, und dafür viel Geld bekommt, ist für mich, eine fragwürdige Person, mit der bei mir, kein Wir-Gefühl aufkommen kann.
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schokoschendrezki
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Anderus hat geschrieben:(23 Oct 2016, 05:02)
Wir Gefühl im Sport, Wissenschaft oder Musik, gibt es bei mir nicht. Bei Wissenschaft und Musik, ist es mir völlig egal, wer was singt oder wer was erzeugt hat. Ich mag sie alle, wenn sie gute Leistungen bringen oder gebracht haben. Beim Sport, ist es anders. Den Sensationssport, lehne ich völlig und gänzlich ab, auch wenn ich mir Fußballspiele ab und zu mal ansehe.
Ja. Ich nenne es eher "Massenveranstaltungssport" und lehne es nicht nur gänzlich passiv ab sondern suche seit langem nach Möglichkeiten, irgendwie auch aktiv dagegen vorgehen zu können. Olympiaden, Bundesliga, Fußball-WMs etc. Neben vielen anderen Aspekten sehe ich u.a. auch das darin beförderte Wir-Gefühl als problematisch an.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Das berühmte Interview von Günter Gaus mit Hannah Arendt 1964, das er im Nachhinein als "das beste Gespräch seines Lebens" bezeichnete und in der sie den Gedanken äußerte "Ich kann keine Nation lieben, ich kann keinen Staat lieben, ich kann nur meine Freunde lieben" ... hier gibt es die Aufzeichnung: https://www.youtube.com/watch?v=J9SyTEUi6Kw. Schön im Stil der Zeit, schwarz weiß und mit Zigarettenqualm. Ab etwa Minute 17 äußert sie sich über Zugehörigkeit, Nation, Wir-Gefühl in ihrer Kindheit. Sie lernte das Wort "Jude/Jüdin/jüdisch" überhaupt erst durch eine antisemitische Bemerkung eines anderen Kindes kennen. Ihre Eltern waren sich freilich darüber bewusst, dass sie Juden in Deutschland waren. Es hatte aber keine Rolle zu spielen. Auf der anderen Seite verlangte ihre Mutter jedoch ausdrücklich, dass sie, wenn Lehrer antisemitische Bemerkungen gegenüber Schülern machten, den Klassenraum zu verlassen habe und dies zu melden habe, damit sie eine entsprechende Eingabe machen kann. Genau so ...

Wir sind heute, 2016, leider sehr sehr weit entfernt von solchen antinationalistischen und antizugehörigen, anti-Wir-Einstellungen. Ob nun bei harmlosen Dingen wie Sport oder Popmusik oder bei ernsteren wie Putin, Orbán, Brexit, Edrogan, Sarkozy etc.
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von schelm »

Wenn ich Migrant mit einem deutschen Pass wäre, würde ich mich erst dann sicher zur Gruppe der Deutschen zählen, wenn ich von der PC als Fremdenfeindlich diskreditiert werden würde, sollte ich mich kritisch über einige Zuwanderer geäußert haben. Und, wenn man von mir erwartet eine besondere Verantwortung wegen der Geschichte auf meinen Schultern mittragen zu müssen.

So lange allerdings die Gutmenschen sagen : Hm, den können wir ja schlecht die Fremdenfeindlichkeitskeule überbraten, weiß ich, sie rechnen mich nur in ihren Sonntagsreden dazu ... :D
Denk ich an D in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht, Heinrich Heine.
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Selina
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Selina »

Anderus hat geschrieben:(23 Oct 2016, 05:02)

Ein Wir-Gefühl in dem Sinne, habe ich nicht. Ich fühle mich einer Menschengruppe verbunden, die in bestimmten Grenzen lebt, in der es Regeln gibt, die für alle gelten. Dabei gleite ich eigentlich immer mehr von Deutschland ab, erweitere es auf Europa, und versuche eigentlich die ganze Erde, in dem Wir-Gefühl mitzunehmen. Wir sind eben alles Menschen. Das eint uns, das ist unser "Wir".

Nationale Gefühle, kenne ich nicht. Was heißt das schon, "Nation"? Es kommt aus dem lateinischen und heißt Geburt. Was sagt das schon aus, wo man geboren ist? Ein Tier, wird auch irgendwo geboren. Für mich ist es wichtig, um ein Wir-Gefühl entstehen zu lassen, das es ein Mensch ist, der sich an gesetzliche Regeln weitestgehend hält, der nachdenklich sein kann, der human sein kann und der lieben kann. Mit anderen Menschen kann ich kein Wir-Gefühl entwickeln, was über die Toleranz hinaus geht. Dabei ist es für mich absolut unerheblich, woher ein Mensch kommt.

Natürlich gibt es in Deutschland Strukturen, die ein Zusammenleben angenehm gestalten können. Angenehmer, als in so manchem anderen Staat. Da ist man leicht dabei, für sowas ein Wir-Gefühl zu entwickeln, auch wenn es teilweise geprägt und erzeugt ist, von Menschen, mit denen man eher ein Wir-Gefühl ablehnen würde. Man beugt sich der Zwangslage, das es ohne eine Ars...ochquote wohl offensichtlich nicht geht.
Guter Kommentar. Unterschreibe ich jedes einzelne Wort :)
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Wildermuth »

schelm hat geschrieben:(23 Oct 2016, 08:05)

Wenn ich Migrant mit einem deutschen Pass wäre, würde ich mich erst dann sicher zur Gruppe der Deutschen zählen, wenn ich von der PC als Fremdenfeindlich diskreditiert werden würde, sollte ich mich kritisch über einige Zuwanderer geäußert haben. Und, wenn man von mir erwartet eine besondere Verantwortung wegen der Geschichte auf meinen Schultern mittragen zu müssen.

So lange allerdings die Gutmenschen sagen : Hm, den können wir ja schlecht die Fremdenfeindlichkeitskeule überbraten, weiß ich, sie rechnen mich nur in ihren Sonntagsreden dazu ... :D
Wen hasst du mehr?

Moslems?
juden?
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Letzter-Mohikaner
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Re: Die Deutschen - wir Deutschen?

Beitrag von Letzter-Mohikaner »

Welfenprinz hat geschrieben:(21 Oct 2016, 13:02)

Staat,Volk und Nation müssen ja nun wahrlich nicht identisch sein.

Unser aller Vorläufer,das Imperium Romanum,firmierte unter der Idee “Römer ist ,wer unter Römischen Recht lebt“.
Und dieses Reich verpaarte sich mit den Stämmen der Völkerwanderung,von denen jeder für sich am liebsten nur unter eigenem Recht,höchstens mal zu losen Allianzen verbunden,leben wollte.
Die Hybride dieser Anpaarung sind wir,Deutschland.
Hin und hergerissen zwischen der Frage,ob wir nun ein Bayer in Deutschland oder ein Deutscher in Bayern sind.
Das römische Bürgerrecht hatte jedoch nicht jeder, der unter römischem Recht lebte. Da unterschieden die Römer auch.
"Je stärker wir sind, desto unwahrscheinlicher ist der Krieg." Otto von Bismarck

"Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. " Bertolt Brecht
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