Die verschachtelte und intransparente KTG Agrar AG hatte Anfang Juli Insolvenz angemeldet, nachdem die Zinsen für eine Anleihe nicht mehr gezahlt werden konnten. Das Unternehmen bewirtschaftet große Agrarflächen vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.
Mit 394 Millionen Euro verschuldet
Nach der Insolvenz musste der Gründer und langjährige (bereits 2002 verurteilte) Vorstandschef Siegfried Hofreiter das Unternehmen verlassen. Das Unternehmen ist mit 394 Millionen Euro überschuldet; allein die Anleihegläubiger haben KTG Agrar rund 342 Millionen Euro geliehen.
Und auch nach außen hin gab sich der Gründer und langjährige Chef des Landwirtschaftskonzerns KTG Agrar geradezu selbstherrlich. Hofreiter, 54 Jahre alt, ließ sich mit einem
Helikopter zu Geschäftsterminen im ganzen Land fliegen. Allein die Leasing-Kosten für das Fluggerät sollen sich im vergangenen Jahr auf 1,5 Millionen Euro belaufen haben.
Der KTG-Konzern, der rund 100 Tochtergesellschaften hat und rund 45.000 Hektar Land beackert, sei ein „undurchsichtiges Firmengeflecht“. Er verfüge über „keine transparenten Finanzen- und Controllingsysteme“ und sei stark auf die Führung durch eine einzelne Person, nämlich Hofreiter, zugeschnitten.
Dabei floss reichlich
Staatsgeld in den Konzern. KTG Agrar erhielt weit höhere Agrarsubventionen, als die Bundesregierung bisher mitgeteilt hatte. In der Förderperiode 2014/2015 waren dies knapp 17 Millionen Euro.
>>>>In den Jahren 1996/97 begannen der Landwirt Siegfried Hofreiter, dessen Lebensgefährtin Beatrice Ams und dessen Bruder Werner mit dem Aufbau eines eigenen
ökologischen Marktfruchtbetriebs. 1999/2000 übernahmen sie die PAE-Gruppe in Putlitz. Im Jahr 2000 gründeten sie die KTG Agrar GmbH, im Jahr 2005 wandelten sie sie in eine Aktiengesellschaft um und verlegten den Firmensitz nach Hamburg. KTG ist nach Angaben des Unternehmensgründers ein Fantasiename.[6] Seit 2005 werden
nachwachsende Rohstoffe angebaut.
Beim Börsengang im November 2007 wurden 1,8 Millionen Aktien platziert, darunter 1,3 Millionen aus einer Kapitalerhöhung und bis zu 270.000 aus dem Besitz der bisherigen Alleinaktionärin
Beatrice Ams. Rund 92 Prozent der Aktien gingen an institutionelle Anleger, der Rest an private Anleger. Mit 54 % der Aktien befindet sich die Aktienmehrheit im Streubesitz. Beatrice Ams war 2007 mit 46 % größte Einzelaktionärin.[7]
Im Jahr 2007 wurden außerdem die ersten
Biogasanlagen in Betrieb genommen. Diese erreichten bis Ende Juni 2012 eine Leistung von rund 30 Megawatt am Netz; im Jahr 2015 stieg die Gesamtkapazität auf über 60 Megawatt.
Seit 2009 verwaltet die KTG Agrar AG auch rund 7.000 Hektar Anbauflächen in Rumänien in der Nähe der Stadt Iasi. Die KTG übernimmt dort das komplette Farmmanagement und alle Tätigkeiten von der Anbauplanung über den Einkauf der Betriebsstoffe bis hin zum Verkauf der Agrarprodukte für zwei deutsche Investoren.
Im Jahr 2011 kaufte FZ Foods, eine Tochtergesellschaft der KTG Agrar AG, den Tiefkühlkostspezialisten Frenzel Tiefkühlkost.
Die KTG Agrar AG übernahm im Juni 2011 die
Ölmühle Anklam GmbH & Co. KG in Mecklenburg-Vorpommern[8] und integrierte diese in ihr Tochterunternehmen NAO
Naturoel Anklam AG. Die Ölmühle wurde für die Produktion von
ökologischem Rapsöl umfangreich modernisiert und erweitert und erhielt eine neue Abluftanlage und einen Biofilter.[9]
Am 29. Juni 2012 wurde die Tochtergesellschaft
KTG Energie AG zum ersten Mal im Entry Standard der Frankfurter Börse notiert.[10] Die KTG Energie AG ist in der KTG Gruppe zuständig für den Gesamtbereich Biogas und der drittgrößte Produzent erneuerbarer Energien in Deutschland. Das Unternehmen plante und errichtete die Anlagen und betreibt sie. Als Tochterunternehmen der KTG Agrar AG ist die Versorgung mit
nachwachsenden Rohstoffen – insbesondere Zweitfrüchten, Gras und Stroh – langfristig gesichert.[11][12]
Mit Beschluss der Hauptversammlung vom 23. August 2013 firmierte die KTG Agrar AG in die Europäische Gesellschaft KTG Agrar SE um.[13]
Im November 2014 gab KTG Agrar die Übernahme eines Werks zur Herstellung von Tiefkühlkost von der Deutschland-Tochter des belgischen Unternehmens Pinguin Foods bekannt. Das Werk im brandenburgischen Manschnow verarbeite bislang jährlich rund 20.000 Tonnen Gemüse; hier solle künftig die gesamte Tiefkühlkostproduktion der KTG-Gruppe konzentriert werden.[14]
2015 teilte KTG Agrar mit, das
chinesische Beteiligungskonglomerat Fosun International beabsichtige, über seine portugiesische Tochter Fidelidade mit 9,03 % als Großaktionär bei der KTG Agrar SE einzusteigen, wodurch sich der Anteil der Aktien im Streubesitz auf 60,1 % erhöhen würde.[15] Ein schriftlicher Vertrag kam nicht zustande,[16] weil der Zuständige des chinesischen Investors im Dezember 2015 zur Unterzeichnung nicht erschien. Die Absichtserklärung des chinesischen Investors verlor zum Jahresende 2015 ihre Gültigkeit.[17]
Der Umsatz des Unternehmens stieg von 2010 bis 2015 von 80. Mio. Euro auf 326 Mio. Euro. Dabei mangelte es allerdings an der Rentabilität. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen betrug 2015 nur 59,5 Mio. Euro.[2]
Der Reingewinn sank von 2014 bis 2015 von 7 auf 3,5 Mio. Euro.[16]
Im Juni 2016 wurde berichtet, dass die KTG Agrar 18 Mio. Euro Zinsen auf eine 2017 fällig werdende Anleihe nicht an die Anleger ausbezahlen konnte.
Im selben Zusammenhang wurde über eine mögliche Kapitalbeteiligung des chinesischen Finanzinvestors Fosun berichtet, die sich entgegen ersten Ankündigungen allerdings verzögere.[19] Im Juli 2016 wurde berichtet, dass der chinesische Finanzinvestor abgesagt habe.[16]
Ende Juni 2016 wurde bekannt, dass Ende 2015 KTG Agrar die Firmierung von KTG Foods SE in
FRS Foods International Russia & South Africa geändert und Mitte 2015 den Tiefkühlkosthersteller Frenzel gegen ein 27 Mio. Euro Darlehen an einen unbekannten Käufer verkauft hatte, ohne die Anleger zu informieren.[20]
https://de.wikipedia.org/wiki/KTG_Agrar
Am 5. Juli 2016 wurde ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beim Amtsgericht Hamburg eingereicht.[21] Am 13. Juli trat Hofreiter von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender zurück.[22] Es wurde außerdem in der Presse thematisiert, dass Außenstände von 200 Mio. existieren würden, wobei es sich um Kredite an anderen Unternehmen handeln soll.[17][16] Bis auf einen Kredit von 30 Mio. Euro an das Tochterunternehmen KTG Energie sei aber nicht bekannt, an wen die Kredite vergeben worden seien.[16] Am 22. Juli 2016 wurde der Verkauf einer Beteiligung an der Bio-Zentrale Naturprodukte GmbH für einen einstelligen Millionbetrag bekanntgegeben.[23]
Ende August 2016 meldeten die Töchter Delta Agrar Handel und Delta Agrar Insolvenz an. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden 200 der 800 Mitarbeiter entlassen. Anfang September 2016 wurde bekannt dass der Vorstandsvorsitzende Hofreiter die wirtschaftliche Lage des Unternehmens jahrelang beschönigt und damit gegen das Aktiengesetz verstoßen hat.[24]