Geht mir ähnlich, auch ich hatte mir vorgenommen, in einem "in vielerlei Hinsicht verminten" Nachbarstrang ("Identität") nicht weiter mitzudiskutieren. Und was hab ich gemacht? Finger nicht stillgehalten, obwohl dort ein Punkt erreicht ist, wo sich alles nur noch im Kreise dreht und ein vorläufiges Nicht-mehr-Mitschreiben sicher sinnvoller erscheinen würdeschokoschendrezki hat geschrieben:(14 Sep 2018, 11:37)
Ich hatte mir zwar eigentlich vorgenommen, in diesem in vielerlei Hinsicht verminten Strang nicht weiter mitzudiskutieren .. aber naja, was solls. Darf ich auch dich nochmal daran erinnern, dass in dem Feuilleton-Beitrag von Deutschlandradio Kultur keineswegs davon die Rede war, dass die Outfits "knapper werden". Sondern im Gegenteil: Dass es eine (vermeintlich bedauernswerte) "Rückkehr der Schamhaftigkeit" gibt. Genau das Gegenteil! Und dann, zweitens, dass dies Teil eines irgendwie unbewältigten Ost-West-(D)-Konflikts sei. Nun. Ist das wirklich so?
Ich persönlich, ich sags geradeheraus, halte das für eine Denunziation und für eine unangemessene, nostalgische nachträgliche Beschönigung der DDR-Wirklichkeit.
Und ich würde mal dringlichst darum bitten, diese Spiegel-Fotostrecke in Augenschein zu nehmen und zu überdenken: http://www.spiegel.de/fotostrecke/fkk-i ... 09183.html
Danke für die Spiegel-Foto-Strecke. Ja, klar, selbstverständlich kann man beim FKK-Thema auf solche Assoziationen kommen. Ich finde das alles ebenfalls schrecklich, wie die Nazis den nackten Körper für ihre Ideologie "hart wie Kruppstahl, flink wie die Windhunde und zäh wie Leder" missbraucht haben. Bei mir zu Hause damals in der DDR war es aber so, dass über diese Dinge oft und ausführlich geredet worden ist. Ich kannte schon damals die Leni-Riefenstahl-Sport-Bilder und ich kannte/kenne die Aussagen gegenüber BDM-Mädels, was die Nazis gerne wollten, wie sie auszusehen und zu sein hatten. Nichts aus dieser Vergangenheit war mir in meiner (DDR-)Jugend fremd. Und ich finde natürlich trotzdem: Man kann sich heute durchaus nackt auf eine Wiese am See legen oder an den Ostseestrand und es genießen, ohne das Wissen über die damalige Zeit (33 bis 45) zu vergessen. Es ist da nun bei all der Sonne nicht ständig und vordergründig präsent, logisch, aber man legt es ja auch nicht einfach ab wie die Klamotten. Was man weiß, weiß man. Ich kann aber auch Leute wie dich verstehen, deren Widerwillen dann so groß ist wegen besagter Assoziationen, dass man da lieber nicht mittun möchte.
Und auch, wenn ich die Indoktrination in der DDR natürlich genau wie du sehe, ist es schon trotzdem so, dass es bestimmte Gebiete gab, die waren frei von staatlicher oder SED-Beeinflussung. Das ist eben genau das, was ich immer schon sagte: Diese Grausame-Gefängnis-Stasi-Diktatur-Geschichte ist die eine Seite, aber die DDR war mehr als das. Es gab dort selbstverständlich (neben Zwängnissen) auch Freiheiten. Und ich sehe nicht, dass beim FKK irgendjemand von oben reingequatscht hat. Das haben die Leute halt gerne gemacht (ich selbst war auch lieber am Textilstrand), sie freuten sich über Luft, Sonne und Wasser und dachten auch mit Sicherheit nicht an die Nazi-Parallelen dabei. Mussten sie ja auch nicht. Weil in diesem Fall keine Indoktrination stattfand. Da gabs nichts, was geplant, organisiert und ideologisch gewollt war, was das Nacktbaden anbelangt. Und es gab bei den Oberen zum Teil Vorbehalte dagegen, zum Teil Begeisterung und zum anderen Teil auch Gleichgültigkeit (siehe die Anekdote von Teeernte). So wie in der Bevölkerung auch. Aber niemand hat einen Beschluss dazu gefasst oder dergleichen mehr. Das sah in den entsprechenden Reichsministerien der Nazizeit schon ein wenig anders aus. Also: Die DDR und alle Verwerfungen dort kritisch sehen, ja, ist ok und nötig, aber man braucht nun auch nicht jedes Fitzelchen und jede kleine Lebensäußerung als Indoktrination betrachten. Das Akzeptieren der Widersprüche dieser Zeit ist auch hier der bessere Weg, finde ich.
Und nochmal einen Satz zum oben von mir erwähnten aktuellen Aspekt: Dieselbe Empörung und dasselbe Entsetzen, die du zurecht beim Betrachten der Nazi-Nackt-Fotos (plus Erläuterungen darunter) und beim Lesen des ideologisch gefärbten Pressetextes zur Pseudo-Rückkehr des Schamgefühls im Verhältnis Ost-West äußerst, wären meines Erachtens auch angebracht bei den neuen "nationalsozialistischen" Erscheinungen der Gegenwart, die von einem Teil der konservativen Politiker und vom Verfassungsschutzchef abgestritten, bagatellisiert und für null und nichtig erklärt werden. Das relativ kleine FKK-Feld mit sämtlichen braunen Assoziationen ist nun ausgiebig beackert worden und kommt mir im Vergleich zu anderen Feldern, wo die alten und neuen Rechtsradikalen schon wieder fröhliche Urständ feiern, nicht ganz so brisant und drängend vor. Ich glaube sogar, man kann nicht den einen relativ kleinen Aspekt (mit Grausen) betrachten und den anderen, den relativ großen, aktuellen, auf den Straßen gerade stattfindenden, links liegen lassen.