Kael hat geschrieben:(29 Oct 2015, 20:05)
Mein Fazit:
Viele der Dinge die letztlich als rassistisch wahrgenommen werden sind in erster Linie nicht mal Rassismus sondern es ist vor allem Neugier und Unhöflichkeit(gibt es das Wort überhaupt? o,o) welche entweder durch dei falsche Ausführung falsch verstanden werden oder aber bei der richtigen Ausführung von der betroffenen Person falsch verstanden werden. Echten Rassismus erkennt man vor allem daran das eben die Personen tatsächlich eine überlegene Haltung gegenüber andershautfarbigen Menschen besitzen.
Vielen dank für diesen interessanten Beitrag - auch wenn er schon ein paar Jahre alt ist.
Ich muss allerdings an dieser Stelle widersprechen, weil Rassismus leider doch etwas komplexer ist, als dass es sich dabei "nur" um eine Haltung handeln würde. Beim Rassismus handelt es sich nämlich zu einem nicht unerheblichen Teil um etwas, was ich gerne mit dem Begriff des "Grundrauschens" umschreiben würde. Damit meine ich, dass Rassismus etwas ist, was in der Tat allgegenwärtig ist, und weshalb auch das "In die Haare fassen" bei einem fremden Kind, unter bestimmten Umständen als eine rassistische Handlung aufgefasst werden kann - auch dann, wenn es die dahinter liegende Motivation lediglich Neugier ist. Wir müssen hier also unterscheiden zwischen einer faktisch rassistischen
Handlung, d.h. einer Handlung, durch die gesellschaftlicher Rassismus reproduziert wird und eine rassistischen
Haltung. Bei der Kritik von Rassismus darf man sich keineswegs lediglich auf die Haltung einschießen und dabei die gesellschaftliche Realität von Handlungen aus dem Auge verlieren.
Ich möchte zu diesem Zwecke ein vielleicht etwas extremes Beispiel wählen und mich schon mal dafür entschuldigen, dass ich gleich zu Beginn der Diskussion einen Nazivergleich bemühe. Der Vergleich dient in diesem Kontext lediglich dem besseren Verständnis dessen, was man in den USA gern als "Color blind racism" bezeichnet.
Nehmen wir einmal an, wir befänden uns in einem Konzentrationslager, in das jüdische Häftlinge deportiert wurden und versetzen wir uns in die Lage eines dortigen KZ-Wächters. Stellen wir uns die (zugegebenermaßen sehr unwahrscheinliche) Situation vor, dieser KZ-Wächter würde die KZ-Häftlinge einfach nur als Häftlinge betrachten und es interessierte ihn überhaupt nicht, welche Herkunft diese Häftlinge hätten. Er würde nun also alle Häftlinge gleich behandeln - und zwar eben nicht nach ihrer Herkunft oder "Rasse", sondern viel mehr eben nach ihrem Status als Häftlinge. Seiner Attitude nach wäre dieser Mann deiner obigen Definition nach eben kein Rassist. Wir könnten uns aber sicher sehr schnell darauf einigen, dass jegliche Handlungen des KZ-Wärters dennoch rassistisch sind.
Das Beispiel soll ledliglich dabei helfen, zu verstehen, dass man einer umfassenden Rassismusdefinition durch eine Momentaufnahme der Haltungen der involvierten Personen nicht gerecht wird. Bei der Bewertung von rassistischen Handlungen muss immer das gesamte soziale System betrachtet werden.
Um das vielleicht noch etwas besser zu verdeutlichen, möchte ich einmal ein zweites Beispiel geben, das schon um einiges kontroverser sein dürfte. Versetzen wir uns einmal kurz in die Lage eines Mitarbeiters einer Botschaft irgendwo in Namibia. Dort möchte dann ein namibischer Staatsangehöriger ein Visum für die Bundesrepublik Deutschland haben ohne die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu erfüllen (die bekanntlich relativ hoch gesteckt sind). Selbstverständlich wird ihm dieses Visum verwehrt. Nun stellen wir uns die Frage, ob die Handlung des Botschaftsmitarbeiteres, dem Nigerianer das Visum zu verwehren, nicht angesichts der gesamtgesellschaftlichen und historischen Umstände um eine
rassistische Handlung ist. Wie gesagt dürfte diese Angelegenheit ziemlich kontrovers sein. Die Tatsache allein, dass der Botschaftsmitarbeiter den Namibier nicht aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert, sondern aufgrund der Tatsache, dass er nicht über einen deutschen Pass verfügt, reicht auf jeden Fall nicht aus, um zu konstatieren, dass die Handlung nicht rassistisch ist.
Nun wagen wir einen dritten Schritt, der diese ganze Angelegenheit noch viel komplizierter und gleichzeitig kontroverser machen dürfte, nämlich die
ökonomischen Umstände. Wie wir alle wissen, müssen wir jeden Tag einkaufen. Durch diese Handlungen verfestigen wir stets gesellschaftliche Realität. Das wird vielleicht am deutlichsten, wenn wir uns einmal vorstellen, wir wären Aliens und wir würden auf diese Erde kommen, ohne eine Vorstellung davon, was Geld ist. Wir würden also sehen, wie die Menschen Arbeit, Waren und Güter austauschen, aber hätten keine Ahnung davon, warum sie dies in der Weise tun, in der sie es tun. Der Eindruck entstünde bei uns sehr schnell, dass es Menschen gibt, die sehr viel arbeiten aber dafür weniger bekommen. Der historische Rassismus als
Haltung, der für diese gesellschaftliche Realität ursächlich ist, scheint zwar längst überwunden zu sein, aber die gesellschaftliche Realität des Rassismus bleibt dennoch bestehen. Ein Kassierer im Supermarkt verwehrt einem dunkelhäutigen Mann freilich nicht die Ware, weil er dunkelhäutig ist, sondern weil er zu wenig Geld in seiner Börse hat, ebensowenig - und man verzeihe mir die Polemik an dieser Stelle, die hier lediglich dazu dient, diesen kontroversen Sachverhalt plakativ darzustellen - wie der KZ-Wächter aus unserem Beispiel die Juden bestraft, weil sie Juden sind. Für ihn sind sie in ihrem Status als Häftlinge alle gleich
Tankies gonna tank...