Gewiss, das kann man so sehen. Aber selbst wenn es Gott nicht gibt, so bleibt die Verantwortung vor den Menschen, genauer: der Weltgemeinschaft, und damit wird die prinzipielle Verantwortlichkeit nicht entwertet.
Respektieren in dem Sinne, dass man die Leut nicht jeden Tag damit aufzieht - klar. Respektieren in dem Sinne, dass man nicht widerspricht, wenn diese Leut ihre Glaubensfigur für eine Tatsache ausgeben, die für alle Konsequenzen haben muss? Ganz sicher nicht.
Unser weltliches Recht, also Menschenrechte und Verfassungsrecht, kommen aus einer auch christlichen Tradition. Insofern kann Deutschland auch solche "
Konsequenzen" dulden, sofern sie dem Verfassungsrecht nicht widersprechen - eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährung von Religionsfreiheit.
Das war nicht die Stoßrichtung meines Beitrages. Jedoch muss immer scharf abgewogen werden, wie viel Schutzrecht man einer Religion gewähren muss und wo der Übergriff auf das Leben Unbeteiligter an diesem Glauben unerträglich wird.
Das ist die Grundlage unserer Religionsfreiheit. Keine Religionsgemeinschaft darf die Freiheit von ihr nicht angehörigen Bürgern beeinträchtigen.
Verantwortlich und und im Recht fand sich noch jede deutsche Staatsidee. Sei es der Stärke wegen, sei es von Gottes Gnaden oder weil der Wähler es so entschieden hat.
Jedenfalls wird durch die Präambel die Verantwortungsinstanz nicht mehr, wie in der deutschen Vergangenheit, allein einem Monarchen/Diktator bzw. über einen Monarchen Gott zugewiesen, sondern gleichberechtigt den Menschen selbst.
Das wird dann präzisiert:
Dieses breite und in sich widersprüchliche Bündel erlaubt ganz verschiedene Handlungsweisen: Den Wirtschaftskrieg, den Isolationismus, die gerüstete Verteidigung wie auch den Angriffskrieg auf das Ausland, die Bestrafung von Menschen aufgrund nachträglich eingerichteter Gesetze, die Verjährung des vollendeten Todschlages wie auch die Nichtverjährung des Mordversuches, die Unterordnung der Frau wie auch ihre Gleichstellung, die Strafbarkeit und Nichtstrafbarkeit der Homosexualität.
Ich will nicht zu jedem Punkt etwas sagen - und außerdem geht es ja auch um die Präambel des Grundgesetzes. Denn welche "
ganz verschiedene Handlungsweisen" letztlich (national bzw. international) rechtskonform sind, unterliegt oft unterschiedlicher Rechtsauslegung, die wir hier nicht im Einzelnen erörtern können. Jedenfalls fällt mir auf, dass du einen "
Angriffskrieg" als "
erlaubt" bezeichnest. Er ist nach unserer Verfassung verboten, schon seine Vorbereitung steht unter Strafe - wie prinzipiell auch nach internationalem Recht, wenn es dabei nicht um unabweisbare humanitäre Missionen geht. Die "
Gleichstellung" von Mann und Frau legt unsere Verfassung fest, "
Homosexualität" ist in Deutschland nicht (mehr) strafbar - eine deutliche Abkehr vom christlichen weg zum aufgeklärten Denken.
Diese Selbstverpflichtung schießt Angriffskriege nicht aus.
Wie ich schon ausführte, sind sie in Deutschland verboten - mit der Ausnahme der Mitwirkung an krigerischen Aktionen zu humanitären Zwecken aufgrund eines UNO-Mandates.
Das stimmt nicht. Der deutsche Nationalismus hatte nie ein Ende, und dies in Oost und Weest. Deutschland dafür zu loben, wie vorbildlich es mit dem NS aufgeräumt habe (was nebenher großer Quatsch ist), ist ebenso eine Verlaufsform des Nationalismus wie das Abstreiten und Relativieren von peinlichen Momenten der Geschichte. Nicht ganz zufällig erlaubt es den Fingerzeit auf andere Länder, wovon reichlich Gebrauch gemacht wird. Es hat rund 60 Jahre gedauert, die Lesart vom guten, weil gewendeten Deutschland fast vollständig gegen die vom guten, weil immer im Recht stehenden Deutschland durchzusetzen. Das ist aber einerlei, denn die Beweisabsicht ist dieselbe.
So ist auch die Politik der Verträge und Bündnisse kein Abweis des Nationalismus und des Strebens nach Weltgeltung sondern das Mittel zu diesem Zweck.
Die deutsche Politik bereits ab 1949, und in den folgenden Jahrzehnten dann allmählich auch die Mehrheit des deutschen Volkes haben sich vom deutschen überzogenen Nationalismus eindeutig abgewandt und ihn durch einen milden Patriotismus ersetzt. Die ganze deutsche Politik seit 1949 zielt auf enge, Solidarität übende internationale Zusammenarbeit ab. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Deutschland gehört zu den zuverlässigsten und zugleich friedlichsten, immer auf Konsens statt Konfrontation setzenden Mitgliedern der UNO, der NATO und der EU. Ohne Deutschland und seine enge Kooperation mit Frankreich wäre die EU noch viel labiler, als sie ist, und beide Länder arbeiten intensiv daran, die Gemeinschaft der europäischen Staaten weiterzuentwickeln und zu stärken. Beide Länder sind bereit und verpflichten auch die anderen Länder darauf, Souveränitätsrechte abzugeben, um dieses Ziel zu erreichen. - Und was die Nazis angeht - deutlicher kann das deutsche Volk seine Abkehr von dieser wirren und verbrecherischen Ideologie nicht dadurch demonstrieren, dass es den Nachkommen im Geiste der Nazis bei jeder Wahl, die immer frei und geheim ist in Deutschland, den Weg in die Bedeutungslosigkeit weist!
Die Präambel spricht von einem Gleichrang, aber das war nie das Streben irgendeines Staates.
Die Präambel spricht von einer "Gleichberechtigung". Deutschland hat nie den gleichen Rang einer militärischen Großmacht wie USA oder Russland angestrebt.
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Die Wiedergewinnung von Gebieten, über die man heute gar nicht mehr nachdenkt, war in den 40ern und 50ern noch ein verfolgtes Ziel. Dass es auch in einem geeinten Europa immer eine Konkurrenz um Führung und Geltung gibt, verschweigt die Verfassung wohlweislich.
Die 1950er Jahre strebten zwar nach Wiedervereinigung aller deutschen Gebiete, aber schon in den 1960er Jahren setzte sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die verlorenen Gebiete endgültig verloren seien. Brandt hat dann nur noch umgesetzt, was schon vorbereitet worden war. Die Deutschen haben das letztlich ganz vernünftig akzeptiert.
Wenn sich die deutsche Politik auch vor 1989 immer dafür eingesetzt hat, die europäische Einigung auch im Sinne einer Lösung der deutschen Frage zu betreiben, was legitim war, so war die deutsche Europapolitik niemals nur Mittel zum Zweck, sondern wurde immer aus der Überzeugung heraus betrieben, dem sog. Ostblock nur mit Stärke widerstehen, aber auch für Europa insgesamt eine Zeit des Friedens und des nachbarschaftlichen Umgangs der europäischen Staaten herstellen zu können. Diese aus der historischen Erfahrung heraus entwickelte Politik strebt nach solidarischer Gemeinschaft, nicht nach einer Form von deutscher Hegemonie. 1989/90 hat Deuschland auf seine starke Mark verzichtet und hat sich in die Euro-Währungsgemeinschaft eingliedern lassen. Wenn Deutschland gelegentlich eine Führungsrolle zu übernehmen scheint - oder übernehmen muss -, dann als Ideengeber zusammen mit Frankreich, mehr nicht. Mehr als Überzeugungskraft hat Deutschland nicht. Denn die wesentlichen Entscheidungen treffen die EU-Staaten immer noch einstimmig!
Die Politik in Europa seit 1945 kann man schwerlich als Konsens verkaufen. Sie war immer geprägt von Konfrontationen, Kompromissen, Machtworten, Alleingängen und Zweckbündnissen nicht nur zwischen den Blöcken sondern auch innerhalb. An allen größeren Bürgerkriegen Europas seit 1945 war auch immer das europäische Ausland treibend mit beteiligt, in Griechenland wie in Jugoslawien und nun in der Ukraine.
Da Deutschland die europäische Politik vor 1989/90 kaum beherrscht hat und nach 1990 erst allmählich in eine wichtigere Position hineingewachsen ist, kann man ihr die negativen Erscheinungen der Politik in Europa und der Welt nicht anlasten. In allen Situationen wies aber nicht zuletzt auch die Präambel des Grundgesetzes den deutschen Politikern einen Rahmen, sich zu verhalten. Und dieser Rahmen wies und weist die Deutschen auf eine Konsenspolitik.
Da kann man aber froh sein. Ein paar demütige Zeilen und schon ist die "natürliche" Vorherrschaft der Mächtigen über die Sonstigen zu ihren eigenen Zwecken im Recht.
Deine Bemerkung ist Polemik. Dazu äußere ich mich weiter nicht.
Dieses "überzeugen" hat nichts damit zu tun, dass besonders schlaue Ansichten vorgetragen werden. Es handelt sich um einen Vorgang, bei dem die Gewichte und Hebel der Beteiligten immer in Betrieb sind. Wenn man so will, kann man es je nach Sichtweise auch auch Handel oder Nötigung nennen.
Ein Optimist sieht alles positiv, ein Pessimist alles negativ. Ich neige zum Realismus.
Den Erfolg bestreiten nur wenige. Die Verfassungsrealität kürzt sich aber zusammen darauf, dass deutsche Politik ganz natürlich deutschen Interessen verpflichtet ist.
Wäre es vollkommen anders, würde der Mensch, auch der politische, seine Natur vergewaltigen. Aber die deutsche Politik ist weit davon entfernt, die "
deutschen Interessen" rücksichtslos zu verfolgen. Gerade das zeichnet die deutsche Politik aus und bringt den Deutschen große Sympathie in der Welt ein: Deutschland kann seine Interessen auch hintanstellen und großzügige Solidarität zeigen.