Hat der Wert von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

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Boraiel
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Hat der Wert von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von Boraiel »

Obengenannte Frage soll hier diskutiert werden.
Die These ist, dass durch die zunehmende Verfügbarkeit von Informationen für jedermann durch das Internet, der Wert von Informationen gesenkt wurde.

Ein Beispiel, was mir gerade dazu einfällt: Ein Kaufmann in 16.Jh. in der Nähe des Königs erfährt als einer der ersten, dass dieser ein Seekrieg anfangen will, er lässt Angestellte ausschicken, die in verschiedenen Teilen des Landes großes Mengen Holz kaufen sollen. Er kann das überall recht günstig erwerben, weil die Leute nicht wissen, dass er auch an anderen Stellen aufkauft und ein Krieg vor der Tür steht. Er macht großen Gewinn. Heute würde der Verkäufer an dem nächstgelegen Ort, womöglich twittern, dass gerade jemand eine außergewöhnlich große Menge Holz gekauft hat. Und spätestens, wenn noch einige mehr so etwas schreiben, würde den weit entfernt gelegen Orten klar werden, dass ihr Holz momentan recht begehrt ist, sie ziehen die Preise entsprechend an. Die Information des Kaufmanns ist keinesfalls wertlos geworden, aber hat doch an Wert verloren.
Natürlich kann der Kaufmann auch Handel schneller abwickeln, aber das hat sich nicht in dem Maße beschleunigt, wie sich der Informationsaustausch zwischen "normalen" Leuten beschleunigt hat.

Auch das Wissen von einer ganzen Reihe an Spezialisten hat an Wert verloren. Beispielweise Meister in Handwerksberufen hatten früher Wissen, das sie vielen Menschen voraus hatten, sodass diese in einen Bereich auch auf sie angewiesen waren. Zu vielen Sachen wie z.B. in der Holzverarbeitung kann heute jeder den genauen Herstellungsprozess sich auf Youtube anschauen. Wissen hat hier an Wert verloren, weil es allgemein verbreiteter und nicht nur wenigen bekannt ist.
Die Tat hat demgegenüber an Bedeutung gewonnen meiner Ansicht nach. Don't think too much, just do it. Auch der Besitz hat an Bedeutung gewonnen, während das Wissen um den Umgang damit (mit Maschinen z.B.) an Bedeutung verloren hat, weil es so weit verbreitet heutzutage ist.

Daran anknüpfend stellt sich auch die Frage, ob wir in diesen Jahren, dass langsam einsetzende Ende des Informationszeitalters beobachten?
Und was kommt danach? Ein neues Industriezeitalter? Werden die wenigen Jahrzehnte des Informationszeitalters gar als kurze Episode im Industriezeitalter später betrachtet werden?

Was ist, wenn der Weg der Wirtschaft der letzten Jahrzehnte mit "Replacing Material with Information", wie der berühmte Buckminister Fuller es nannte, zu Ende geht? Oder haben wir auf diesem Weg noch gute Jahrzehnte vor uns? Wie seht ihr das?
Zuletzt geändert von Boraiel am Do 8. Dez 2016, 00:42, insgesamt 1-mal geändert.
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ThorsHamar
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Re: Hat die Bedeutung von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von ThorsHamar »

Boraiel hat geschrieben:(08 Dec 2016, 00:32)

Obengenannte Frage soll hier diskutiert werden.
Die These ist, dass durch die zunehmende Verfügbarkeit von Informationen für jedermann durch das Internet, der Wert von Informationen gesenkt wurde. ....
Der Strangtitel "Bedeutung" und Deine Frage nach dem pekuniärem "Wert" von Information passt für mich nicht zusammen, denn die Bedeutung von Information selbst hat natürlich nicht ab - oder zugenommen und für die Felder, wo man mit Infos früher mehr Kohle machen konnte, gibt es heute eben halt andere.
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Boraiel
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Re: Hat die Bedeutung von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von Boraiel »

ThorsHamar hat geschrieben:(08 Dec 2016, 00:41)

Der Strangtitel "Bedeutung" und Deine Frage nach dem pekuniärem "Wert" von Information passt für mich nicht zusammen, denn die Bedeutung von Information selbst hat natürlich nicht ab - oder zugenommen und für die Felder, wo man mit Infos früher mehr Kohle machen konnte, gibt es heute eben halt andere.
Ich habe den Titel entsprechend geändert.
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ThorsHamar
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Re: Hat die Bedeutung von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von ThorsHamar »

Boraiel hat geschrieben:(08 Dec 2016, 00:44)

Ich habe den Titel entsprechend geändert.
Gute Idee :thumbup:
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Re: Hat der Wert von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von Europa2050 »

Boraiel hat geschrieben:(08 Dec 2016, 00:32)

Obengenannte Frage soll hier diskutiert werden.
Die These ist, dass durch die zunehmende Verfügbarkeit von Informationen für jedermann durch das Internet, der Wert von Informationen gesenkt wurde.

Ein Beispiel, was mir gerade dazu einfällt: Ein Kaufmann in 16.Jh. in der Nähe des Königs erfährt als einer der ersten, dass dieser ein Seekrieg anfangen will, er lässt Angestellte ausschicken, die in verschiedenen Teilen des Landes großes Mengen Holz kaufen sollen. Er kann das überall recht günstig erwerben, weil die Leute nicht wissen, dass er auch an anderen Stellen aufkauft und ein Krieg vor der Tür steht. Er macht großen Gewinn. Heute würde der Verkäufer an dem nächstgelegen Ort, womöglich twittern, dass gerade jemand eine außergewöhnlich große Menge Holz gekauft hat. Und spätestens, wenn noch einige mehr so etwas schreiben, würde den weit entfernt gelegen Orten klar werden, dass ihr Holz momentan recht begehrt ist, sie ziehen die Preise entsprechend an. Die Information des Kaufmanns ist keinesfalls wertlos geworden, aber hat doch an Wert verloren.
Natürlich kann der Kaufmann auch Handel schneller abwickeln, aber das hat sich nicht in dem Maße beschleunigt, wie sich der Informationsaustausch zwischen "normalen" Leuten beschleunigt hat.

Auch das Wissen von einer ganzen Reihe an Spezialisten hat an Wert verloren. Beispielweise Meister in Handwerksberufen hatten früher Wissen, das sie vielen Menschen voraus hatten, sodass diese in einen Bereich auch auf sie angewiesen waren. Zu vielen Sachen wie z.B. in der Holzverarbeitung kann heute jeder den genauen Herstellungsprozess sich auf Youtube anschauen. Wissen hat hier an Wert verloren, weil es allgemein verbreiteter und nicht nur wenigen bekannt ist.
Die Tat hat demgegenüber an Bedeutung gewonnen meiner Ansicht nach. Don't think too much, just do it. Auch der Besitz hat an Bedeutung gewonnen, während das Wissen um den Umgang damit (mit Maschinen z.B.) an Bedeutung verloren hat, weil es so weit verbreitet heutzutage ist.

Daran anknüpfend stellt sich auch die Frage, ob wir in diesen Jahren, dass langsam einsetzende Ende des Informationszeitalters beobachten?
Und was kommt danach? Ein neues Industriezeitalter? Werden die wenigen Jahrzehnte des Informationszeitalters gar als kurze Episode im Industriezeitalter später betrachtet werden?

Was ist, wenn der Weg der Wirtschaft der letzten Jahrzehnte mit "Replacing Material with Information", wie der berühmte Buckminister Fuller es nannte, zu Ende geht? Oder haben wir auf diesem Weg noch gute Jahrzehnte vor uns? Wie seht ihr das?
Ja, der Wert der Informationen hat rapide abgenommen - und das ist auch gut so.

Dazu folgende Punkte:

Die ideale Marktwirtschaft ist dadurch definiert, dass jede Information und jede Ware jedem Marktteilnehmer ohne (mit minimalen) Transaktionskosten an jedem Ort gleich zur Verfügung steht. Nur dann kann sie ihre Gerechtigkeit entfalten.

Die Möglichkeit, wertvolle Informaltionsvorsprünge aufzubauen führt unweigerlich zu Korruption. Das war (in Geringerem) im System Kohl so, heute sehen wir das in der Ukraine oder Russland o.ä.. Der Kaufmann deines Beispieles hätte heute zu Recht ein Verfahren wegen Compliance/Insiderhandel am Hals.

Wenn aber die Informationen jedem gleich zur Verfügung stehen, ist die wahre Kunst, sie einzuordnen, Wahrscheinlichkeiten abzuwägen, geeignete Risikovorsorge zu treffen, zum richtigen Zeitpunkt richtige Schlüsse zu ziehen und entsprechend zu handeln ... Alles Methodenkompetenz des Nutzers, wer die hat, kommt in der heutigen Zeit gut zu recht.
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Re: Hat der Wert von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von Dozhd »

Ich glaube nicht, dass das so ist - vermutlich trifft eher das Gegenteil zu. Einstein konnte noch sehr einfach an die Informationen, die er für seine Relativitätstheorie brauchte, herankommen. Heute ist Astrophysik nicht mehr denkbar ohne die Datenflut der Satelliten und Teleskope. Gibt es darauf freien Zugang auch für Leute außerhalb von Unis? Auf jeden Fall ist der Zugang zu vielen Datenbanken sehr teuer und Privatleute können sich das nicht leisten. Und die ideale Marktwirtschaft in der jeder diesselben Informationen hat, gibt es sowieso nicht. Z.B. sind sogenannte Real-Time-Kurse der Börsen überhaupt nicht Real-Time, sondern leicht verzögert. Banken und reiche Privatiers haben schnelleren Zugang, wobei der Zeitunterschied so gering ist, dass ihn Menschen gar nicht nutzen können, sondern nur Computerprogramme, die automatisiert Handel betreiben, siehe:

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Perdedor
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Re: Hat der Wert von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von Perdedor »

Boraiel hat geschrieben: Auch das Wissen von einer ganzen Reihe an Spezialisten hat an Wert verloren.
Auf einige triviale Beispiele mag dies zutreffen.
Komplexe Informationen benötigen aber bereits Fachleute um überhaupt verstanden zu werden.
Was nutzt es dir, wenn du die Dirac-Gleichung in der Wikipedia nachlesen kannst, wenn du nicht weißt WIE du damit ein spezielles Problem löst?
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Re: Hat der Wert von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von Wähler »

Gegen die These im Strang-Titel würde sprechen, dass Big Data immer wichtiger wird. Es kommt also nicht nur auf die Einzelinformation und ihren Preis, sondern auch auf die Menge der Einzelinformationen an, in denen dann mit natürlicher und künstlicher Intelligenz unerwartete Muster gefunden werden können. Große Datenmengen zu handhaben, kostet aber viel Geld. Amazon macht inzwischen viel Umsatz mit dem Vermieten seiner Rechnerkapazität an Firmen, die große Datenmengen in einer Cloud auswerten wollen.
Zeitungstexte bei Genios mit Bibliotheksausweis kostenlos: https://www.wiso-net.de/login?targetUrl=%2Fdosearch (Zugang auch bundesweit)
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Re: Hat der Wert von Informationen in den letzten Jahren abgenommen?

Beitrag von immernoch_ratlos »

Der "Wert" einer Information "liegt im Auge des Betrachters"

Die Masse an zugänglichen Informationen auf jeglichem Niveau hat durch das WEB erheblich zugenommen. Jeder, der eine Information sucht, wird diese meist auch finden. Voraussetzung, man weiß überhaupt grundsätzlich nach was man sucht. Gelegentlich findet sich Information, die komplettes Neuland darstellt. Das ist ein sehr erfreuliches Nebenprodukt des WEB. Was problematisch ist, die Masse der Anfragen bestimmt den Wert und die Zugänglichkeit über die genutzte Suchmaschine und den dort verwendeten Algorithmen.

Informationen werden meist im Kontext ihrer Nützlichkeit für die unterschiedlichsten Interessenten - unfreundlich formuliert - "manipuliert". Verschwinden unter einem Wust von "Interessen". Ich suche nahezu täglich Information - Fakten - zu bestimmten Themen. Die müssen immer häufiger unter einem Ballast von "Scheininformationen" heraus-destilliert werden. Da Google als Suchmaschine meist mehr findet, als andere weniger kommerziell orientierte Suchmaschinen, nehme ich es einfach hin, das dort zunächst Werbung "ganz oben" zu finden ist. :cool:

Da nur wer hartnäckig weitersucht, sich der gewünschten Information nähern kann, sind eher "unorthodoxe" Informationen aus dem "Heuhaufen" nach wie vor wertvoll. Ob daraus dann "Wissen" entstehen kann, hängt von vielen Faktoren ab. Letztendlich von der jeweiligen Basis des Suchenden.

Eine unverstandene oder schlimmer, eine falsch verstandene Information, ist mindestens wertlos oder gar schädlich. Da es inzwischen klar ist, es gibt "da Draußen" auch vollkommene Desinformation zu Manipulationszwecken, macht "wahre Information" umso wertvoller....

Sich Informationen innerhalb eine der zahlreichen "Echokammern" verschaffen zu wollen, macht die dort gewonnen Erkenntnisse nicht vollkommen wertlos. Auch eine erkannte Desinformation ist richtig interpretiert eine gültige, wertvolle Information. :thumbup:
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (aus China)
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