Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

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frems
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von frems »

Teeernte hat geschrieben:(19 Jul 2016, 21:48)
Ach Du verstehst den Eingangsbeitrag nicht...

Es geht darum - den Studiumsabschluss endlich aus der Toilettenpapierrolle der Hochschule ziehen zu können - damit auch Jedermann zu einem Studienabschluss kommt....ohne Fleiss....und auch mit nem IQ von Zimmertemperatur....

Lasst den "Spezialisten" endlich ihren Abschluss zukommen... Anwesenheit zählt. 10 Jahre Uni - ( Kloputzen ) muss endlich belohnt werden.
Öhm, es geht nicht um Sitzscheine, sondern um die Benotung. Für den Abschluss muss weiterhin alles bestanden werden. Ob die ersten zwei Semester reinzählen oder nicht, ändert nur etwas an der Endnote, aber nicht daran, ob man einen Abschluss kriegt. Davon abgesehen war das Niveau bzw. die Anforderungen früher bekanntlich viel niedriger, ob nun benotet oder nicht. Eine Schavan kriegt heute keinen Doktor mehr und "Das war halt damals so üblich" rechtfertigt keine Plagiate (mehr).
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von frems »

Perdedor hat geschrieben:(19 Jul 2016, 21:05)

Die Beschwerden kamen ja aus zwei Richtungen.
Einerseits natürlich, dass die ersten Semester zu zeitaufwändig wurden.
Aber andererseits auch, dass die Verschulung die Studenten weniger zum "selbstständigen Denken" bewegt. Jeder Lernschritt wird exakt vorgegeben, so dass ein Vorgehen etwas abseits des Hauptpfades nicht mehr praktikabel ist. Die Sorge ist natürlich, dass man damit keine kreativen Wissenschaftler, sondern nur noch Rechenmaschinen generiert.
Die "Verschulung" ist ja Angelegenheit der Hochschulen und nicht der Politik. Deshalb trifft man vielerorts auch das Gegenteil an. In beiden Fällen "Bologna" zu rufen, wird der Sache nicht gerecht, zumal das Grundstudium in Disziplinen wie den MINT-Fächern schon immer erstmal starre Vorgaben zu den mathematischen und naturwissenschaftlichen Grundlagen hatte.
ZEIT: Wie unterscheidet sich das heutige Ingenieursstudium vom damaligen?

Fischer: Früher wurde zwar mehr Praxis vermittelt, es war aber noch verschulter. Man musste einfach einen Katalog an Vorlesungen abarbeiten, Scheine holen, Haken dran. Was früher Vorlesung hieß, heißt heute Modul. Im Master können wir jetzt je nach Interesse aus etwa 25 Modulen wählen.
http://www.zeit.de/2012/39/Ingenieur-Studium-Interview
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Der Mythos vom kreativen Wissenschaftler hat ein Feindbild: Das ist der Student, der in Regelstudienzeit und ohne Brimborium durch die Uni kommt und dabei gute bis sehr gute Noten macht.
Es geht nicht um Feindbilder. Die Kritik der angeblichen Unselbständigkeit betrifft ja die heutigen Studenten.
Zur Illustration zwei willkürliche Zitate zum Thema:
Ihr Kollege, der Deutschdidaktiker Marcus Schotte, stellt allerdings fest, dass „Studierende weitaus mehr Betreuung bei Arbeiten fordern als zuzeiten der Magisterstudiengänge“. Arbeiten in den Bachelorprogrammen seien „sehr betreuungsintensiv“ mit mehrfacher Beratung zu Gliederung und Literatur in der Sprechstunde. Grund für die Unselbstständigkeit der Studierenden sieht er in der „Verschulung der Studiengänge und Normierung der Prüfungsformate“.
http://www.tagesspiegel.de/wissen/betre ... 41392.html
der ehemalige Unternehmer Prof. Gerd Litfin (Linos) von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Die Industrie habe an Doktoren bisher geschätzt, dass sie schon einmal eigenständig ein Projekt durchgeführt hätten. Das neue System mache sie unselbstständig. Litfin berichtete, dass die Industrie mit den neuen Bachelor-Absolventen der Unis unzufrieden sei. Sie müssten in Unternehmen nachgeschult werden.
http://www.goettinger-tageblatt.de/Camp ... tatt-Druck
Und sowas hört man eben häufiger.

frems hat geschrieben: In beiden Fällen "Bologna" zu rufen, wird der Sache nicht gerecht, zumal das Grundstudium in Disziplinen wie den MINT-Fächern schon immer erstmal starre Vorgaben zu den mathematischen und naturwissenschaftlichen Grundlagen hatte.
..die aber eben erst ganz am Ende in den Vordiplomspfüfungen abgefragt wurden. Der Weg bis dahin war großenteils frei (keine notenrelevanten Prüfungen). Das ist nach Bologna eben anders, da nun jedes Semester mehrfach ein kleiner Teil des Stoffes notenrelevant geprüft wird.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von frems »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 15:43)
..die aber eben erst ganz am Ende in den Vordiplomspfüfungen abgefragt wurden. Der Weg bis dahin war großenteils frei (keine notenrelevanten Prüfungen). Das ist nach Bologna eben anders, da nun jedes Semester mehrfach ein kleiner Teil des Stoffen notenrelevant geprüft wird.
Nee, die Prüfungen waren über die (meist vier) Semester verteilt. Wie viele Pflichtfächer es gibt, legt jede Hochschule selbst fest. Wenn sich da was bei der Umstellung geändert hat, liegt's nicht am Bologna-Prozess, sondern an der jeweiligen Uni bzw. FH.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

frems hat geschrieben: Nee, die Prüfungen waren über die (meist vier) Semester verteilt.
Die Verteilung der Prüfungen standen einem auch frei. Der Punkt ist, dass in ihnen eben der gesamte grundstudiumsrelevante Stoff abgefragt wurde. Daher fanden sie natürlich eher gegen Ende des Grundstudiums statt (Vordiplom), aber Studenten konnten eben auch Teile des Stoffes vorarbeiten und die Prüfung früher ablegen. Genau um diese Freiheit geht es. Nach Bolonga gibt es präzise Vorschriften, wann welcher Teil des Grundwissens gelehrt wird und es wird einzeln jedes Semester überprüft.
frems hat geschrieben: Wie viele Pflichtfächer es gibt, legt jede Hochschule selbst fest. Wenn sich da was bei der Umstellung geändert hat, liegt's nicht am Bologna-Prozess, sondern an der jeweiligen Uni bzw. FH.
Nun gut. Ich bin in der Politik nicht genug drin um zu wissen welcher Teil nun direkt auf Bologna zurückzuführen ist, und welcher auf die spezifische Adaption der Hochschulen. Im rein empirischen vorher/nachher Vergleich ist aber gerade diese häufigere, kleinteiligere und unflexiblere Überprüfung des Grundwissens ein entscheidender Unterschied (siehe auch obige Zitate). Und zwar deutschlandweit.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von frems »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 16:16)

Die Verteilung der Prüfungen standen einem auch frei. Der Punkt ist, dass in ihnen eben der gesamte grundstudiumsrelevante Stoff abgefragt wurde. Daher fanden sie natürlich eher gegen Ende des Grundstudiums statt (Vordiplom), aber Studenten konnten eben auch Teile des Stoffes vorarbeiten und die Prüfung früher ablegen. Genau um diese Freiheit geht es. Nach Bolonga gibt es präzise Vorschriften, wann welcher Teil des Grundwissens gelehrt wird und es wird einzeln jedes Semester überprüft.
Nö. :?:

Einfach nicht zur Prüfung hingehen bzw. sich nicht für sie anmelden. Du kannst problemlos den Erstversuch im sechsten Semester machen. Konflikte gibt's höchstens bei einzelnen Kursen, z.B. wenn für die Teilnahme an Statistik II erstmal Statistik I absolviert werden muss. Das ist für Diplomstudenten nicht anders.

Mir sind auch Hochschulen, insb. Fachhochschulen, bekannt, wo Studenten automatisch für eine Prüfung angemeldet werden, sodass sie sie nur "schieben" können, indem sie auf ihren Erstversuch pfeifen oder ein Attest einreichen. Aber das war zu Diplomzeiten an den Hochschulen bzw. in den jeweiligen Studiengängen nicht anders. Gerade an FHs hat sich wenig geändert, da Bachelor und Diplom meistens die selbe Dauer haben und man den Studienverlauf einfach beibehielt.
Nun gut. Ich bin in der Politik nicht genug drin um zu wissen welcher Teil nun direkt auf Bologna zurückzuführen ist, und welcher auf die spezifische Adaption der Hochschulen. Im rein empirischen vorher/nachher Vergleich ist aber gerade diese häufigere, kleinteiligere und unflexiblere Überprüfung des Grundwissens ein entscheidender Unterschied (siehe auch obige Zitate). Und zwar deutschlandweit.
Klar, kann's an einigen Hochschulen geben. Ist aber keine Bologna-Vorgabe. Zeigen ja nicht nur diverse Beispiele aus Deutschland, sondern auch ein Vergleich im gesamten Europäischen Hochschulraum.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

frems hat geschrieben: Einfach nicht zur Prüfung hingehen bzw. sich nicht für sie anmelden. Du kannst problemlos den Erstversuch im sechsten Semester machen. Konflikte gibt's höchstens bei einzelnen Kursen, z.B. wenn für die Teilnahme an Statistik II erstmal Statistik I absolviert werden muss. Das ist für Diplomstudenten nicht anders.
Man kann Prüfungen auch später machen, aber sie sind trotzdem einer bestimmten Vorlesung zugeordnet. Beim alten Vordiplom gab es eben keine separaten notenrelevanten Prüfungen in Statistik I und Statistik II. Siehe z.B.
Sobald alle Zulassungsvoraussetzungen vorliegen, kann man sich zur Vordiplom-Prüfung anmelden. Selbige besteht aus

einer Prüfung in Analysis I-III (30min, mündlich),
einer Prüfung in Linearer Algebra I-II (30min, mündlich),
einer Prüfung in Numerik I-II oder Stochastik I-II (30min, mündlich),
einer Prüfung im Nebenfach.
http://www.studienberatung.mathematik.u ... ndstudium/
Also insgesamt nur 4 Prüfungen für 4 Semester. Eben das gesamte Grundwissen auf einmal abgefragt.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von frems »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 16:55)

Man kann Prüfungen auch später machen, aber sie sind trotzdem einer bestimmten Vorlesung zugeordnet. Beim alten Vordiplom gab es eben keine separaten notenrelevanten Prüfungen in Statistik I und Statistik II. Siehe z.B.

http://www.studienberatung.mathematik.u ... ndstudium/
Also insgesamt nur 4 Prüfungen für 4 Semester. Eben das gesamte Grundwissen auf einmal abgefragt.
Kann man doch weiterhin machen. Ich hab ja explizit gesagt, dass es solche Einzelfälle gab, wo man dies verändert hat. Woanders sieht's dann so aus: https://tu-dresden.de/bu/verkehr/ressou ... ll?lang=de

Es gibt halt keine Vorgaben darüber, wann man prüft, ob es benotet wird oder wie umfangreich es ist. Bologna heißt im Kern nur ein ähnliches System zur Vergleichbarkeit des Zeitaufwands (orientiert am deutschen SWS-System, aber geändert um dem Faktor 1,5, also 4 SWS = 6 LP) und eine Dreistufigkeit aus Bachelor, Master und PhD. Es wär auch kein Problem, dass ein Bachelorabsolvent automatisch in den Master rutscht und man "Dipl.-Wasauchimmer" auf sein Zeugnis schreibt. So handhaben es zahlreiche Staaten und keinen stört's, genau wie den deutschen Beibehalt des Staatsexamens in einigen Fächern und Bundesländern.

Wenn's mehr zeitliche Vorgaben, mehr kleine Prüfungen, Einführung/Abschaffung von Anwesenheitspflichten oder weiß der Kuckuck gibt, dann ist das eben hochschulintern so festgelegt worden. Gleichzeitig hat aber der Gesetzgeber auch einige Reformen gemacht, z.B. endlich Akkreditierungsverfahren zugelassen. Das war ja gerade in den naturwissenschaftlichen Fächern ein echtes Grauen: http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 95170.html

Aber auch da gilt: das hätte man auch ins Diplomsystem einführen können. Mit Bologna hat das nüschs zu tun.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

frems hat geschrieben: Es gibt halt keine Vorgaben darüber, wann man prüft, ob es benotet wird oder wie umfangreich es ist.
Das hört sich im Zitat im Eingangsbeitrag aber anders an:
"Hochschulen müssen künftig nicht mehr zwangsläufig die Noten insbesondere aus den ersten beiden Semestern auf die Endnote anrechnen."
Wie dem auch sei. Es geht eben um dieses System. Ob man das nun an Bologna festmachen will, oder an individuellen Hochschulentscheidungen ist da nicht relevant.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von frems »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 17:56)

Das hört sich im Zitat im Eingangsbeitrag aber anders an:
"Hochschulen müssen künftig nicht mehr zwangsläufig die Noten insbesondere aus den ersten beiden Semestern auf die Endnote anrechnen."
Wie dem auch sei. Es geht eben um dieses System. Ob man das nun an Bologna festmachen will, oder an individuellen Hochschulentscheidungen ist da nicht relevant.
Die beiden Konferenzen haben ja gar keine Befugnisse, sondern geben nur Empfehlungen. Genau so empfehlen sie, welche Abschlussbezeichnungen in diversen Fachdisziplinen vergeben werden. Dran halten muss man sich nicht und tun auch viele nicht. Dennoch wird's natürlich berücksichtigt. Es sind aber keine gesetzgeberischen Gremien, die die Prüfungs- und Studienordnungen aushecken.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 15:43)

Es geht nicht um Feindbilder. Die Kritik der angeblichen Unselbständigkeit betrifft ja die heutigen Studenten.
Das ist ein ziemlich alter Hut - mindestens seit der Zeit der Bildungsexpansion ist dieses Feindbild vom abschlußorientierten Studenten bekannt.
Das ist nach Bologna eben anders, da nun jedes Semester mehrfach ein kleiner Teil des Stoffes notenrelevant geprüft wird.
Das geht auf die Kritik ein, Studenten hätten vor den Vordiplomprüfungen Wissen "gepumpt" und schon nach Monaten wieder vergessen.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Teeernte »

HugoBettauer hat geschrieben:(20 Jul 2016, 18:35)

Das ist ein ziemlich alter Hut - mindestens seit der Zeit der Bildungsexpansion ist dieses Feindbild vom abschlußorientierten Studenten bekannt.


Das geht auf die Kritik ein, Studenten hätten vor den Vordiplomprüfungen Wissen "gepumpt" und schon nach Monaten wieder vergessen.
Schulnoten haben vor allem bei den Grünen, aber auch der SPD einen schlechten Ruf. In vielen Programmen in den Ländern wird mehr als deutlich ihre Abschaffung gefordert.

Im Koalitionsvertrag von Rot-Grün in Niedersachsen (2013) taucht das Bekenntnis zum Notenverzicht ebenfalls auf. Die Koalition werde "es ermöglichen, das Benotungssystem durch Lernentwicklungsberichte zu ersetzen", heißt es da.

Was passiert, wenn Noten quasi unnütz werden, weil sie ihre Aussagekraft verlieren, das zeigt sich zu einem späteren Zeitpunkt der Bildungskarriere bereits. Der Wissenschaftsrat beklagte vor Kurzem eine Inflation sehr guter und bester Noten bei Bachelor- und Masterabsolventen. In einigen Fächern beendet der überwiegende Teil der Studenten die Ausbildung mit einer Eins vor dem Komma.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Netter Fund. Praktisch entwertet man damit die Abschlüsse.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Das ist ein ziemlich alter Hut - mindestens seit der Zeit der Bildungsexpansion ist dieses Feindbild vom abschlußorientierten Studenten bekannt.
Es geht hier aber nicht darum, was irgendwer irgendwann schon kritisiert hat, sondern um die konkrete Kritik an der Bologna Reform, oder meinetwegen auch an den mit der Bologna Reform einhergehenden und nur von den einzelnen Hochschulen zu verantwortenden Änderungen am Bildungssystem.
HugoBettauer hat geschrieben: Das geht auf die Kritik ein, Studenten hätten vor den Vordiplomprüfungen Wissen "gepumpt" und schon nach Monaten wieder vergessen.
Das war wohl eine der Ideen, die dahinter steckten. Nur führt das neue System eben zu der oben genannten Kritik bzgl der "Unselbstständigkeit". Da muss man abwägen, was wieviel wiegt. Mein Punkt war, dass es an der heutigen Kritik an Bologna (etc...) eben nicht nur darum geht es den Studenten einfacher zu machen, sondern es das erklärte Ziel ist, sie selbstständiger zu machen.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 18:43)

Es geht hier aber nicht darum, was irgendwer irgendwann schon kritisiert hat, sondern um die konkrete Kritik an der Bologna Reform, oder meinetwegen auch an den mit der Bologna Reform einhergehenden und nur von den einzelnen Hochschulen zu verantwortenden Änderungen am Bildungssystem.
Das ist nur die Fortsetzung einer bereits alten Kritik an dem vermeintlich zu prüfungsorientierten Studium im Diplom/Magister. Dieselben Thesen stehen dahinter.

Da muss man abwägen, was wieviel wiegt. Mein Punkt war, dass es an der heutigen Kritik an Bologna (etc...) eben nicht nur darum geht es den Studenten einfacher zu machen, sondern es das erklärte Ziel ist, sie selbstständiger zu machen.
Ein Studium ist bereits eine sehr selbständige Angelegenheit im Vergleich zu einer Lehre. Nicht wenige Studenten überfordert das, anderen bietet es Fehlanreize. Im Gegenteil sollte das Studium weiter darauf hin optimiert werden, jedem frühzeitig eine Ahnung davon zu geben, ob er mit seiner Wahl von Abschlußziel und Fach richtig lag.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Das ist nur die Fortsetzung einer bereits alten Kritik an dem vermeintlich zu prüfungsorientierten Studium im Diplom/Magister.
Und seitdem ist es noch extremer geworden.
HugoBettauer hat geschrieben: Ein Studium ist bereits eine sehr selbständige Angelegenheit im Vergleich zu einer Lehre.
Aber eben weniger, als noch zu Diplom/Magister Zeiten.
Dadurch, dass Lernziele sehr kleinteilig vorgegeben werden (jedes Semester/jedes Fach im Gegensatz zur einmaligen Vordiplomsprüfung) wird den Studenten eine detaillierte Vorgehensweise vorgeschrieben und auch angeboten. Den Studenten ist dies teilweise ja sogar lieber, da sie nicht mehr alles wissen müssen, sondern nur noch einen klar eingegrenzten Bereich. Wodurch u.U. auch der Überblick verloren geht.
Das ist gemeinhin mit "Verschulung" gemeint.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 19:00)

Und seitdem ist es noch extremer geworden.
Das stimmt. Die Beschwerden werden immer schriller. Würde man den ganzen Aufwand lieber ins Studium stecken, käme vielleicht was dabei heraus.

Dadurch, dass Lernziele sehr kleinteilig vorgegeben werden (jedes Semester/jedes Fach im Gegensatz zur einmaligen Vordiplomsprüfung) wird den Studenten eine detaillierte Vorgehensweise vorgeschrieben und auch angeboten.
Das ist ja auch sinnvoll. Das Studium und der erworbene Abschluß sollen die allermeisten Studenten für den Arbeitsmarkt befähigen. Nur wenige werden Politiker oder bleiben im akademischen Elfenbeinturm.

Nicht umsonst gibt es immer mehr Spezial- und Anwendungs-Studiengänge. Deutsch als Fremdsprache hat andere Schwerpunkte und Abgrenzungen als ein allgemeiner Germanistik-Studiengang.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Teeernte »

Die Universität von heute soll, da sind sich Bildungspolitiker und Hochschulmanager weitgehend einig, vor allem Employability verschaffen: die Fähigkeit, am Arbeits- und Berufsleben erfolgreich teilzunehmen.
Leider nimmt da keiner die vielen Design - und Germanistikstudenten ab....
Darüber hinaus wird für mehr als die Hälfte aller Promotionen in Deutschland noch das zweitbeste Prädikat ‚magna cum laude‘ ("mit großem Lob") vergeben. Nur mit einem einfachen Lob ("cum laude") gehört man als Doktor heute zu denen, die gerade mal so durchgekommen sind. Die Note "rite" (befriedigend) kommt kaum noch vor.



Für diejenigen, die Bildung suchen, bleiben an den heutigen Massenuniversitäten allenfalls schrumpfende Nischen übrig. Und diejenigen, die die große Karriere in der Wirtschaft machen wollen, müssen sich entweder durch eine als besonders elitär und exklusiv geltende Hochschule oder durch Aktivitäten außerhalb des Studiums auszuzeichnen versuchen. Also auf zum nächsten Praktikum!
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Das ist ja auch sinnvoll. Das Studium und der erworbene Abschluß sollen die allermeisten Studenten für den Arbeitsmarkt befähigen. Nur wenige werden Politiker oder bleiben im akademischen Elfenbeinturm.
Und genau damit bestätigst du die Kritik derer, die dem neuen System vorwerfen weniger "kreative Wissenschaftler" hervorzubringen.
"Brauchen wir nicht. Hauptsache arbeitsmarktkompatibel."
Kann man so sehen, nur widersprichst du dann nicht der Kritik, sondern hälst sie nur für irrelevant.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 19:17)

Und genau damit bestätigst du die Kritik derer, die dem neuen System vorwerfen weniger "kreative Wissenschaftler" hervorzubringen.
"Brauchen wir nicht. Hauptsache arbeitsmarktkompatibel."
Diese Kritik ist unangebracht. Erstens: Die ganz überwiegende Zahl der Bachelorstudenten macht maximal noch den Master und sieht dann zu, irgendwo unterzukommen. Zweitens: Ein guter Wissenschaftler wird man durch fleißige und zielgerichtete Arbeit, nicht durch Bummelei und unfokussierte Orchideenbetrachtung quer durch den Fachbereich. Ein stärker strukturiertes Studium verpflichtet die Studenten auf das, was sie aus eigenem Antrieb sowieso erreichen sollten. Die Zahl der führenden Wissenschaftler mit ausgeprägtem Bummelstudium ist gering. In dem Alter, in dem Bummelstudenten ihren ersten Abschluß hinlegen, haben viele bedeutende Wissenschaftler ihre wichtigen Leistungen bereits vorgelegt. Jemanden, der mit 35 seinen Master schafft, sucht da keiner. In der Wirtschaft kann er vielleicht noch Glück haben, wenn er ansonsten funktioniert.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Die ganz überwiegende Zahl der Bachelorstudenten macht maximal noch den Master und sieht dann zu, irgendwo unterzukommen.
Naja. In etwa die Hälfte macht den Master.
HugoBettauer hat geschrieben: Ein guter Wissenschaftler wird man durch fleißige und zielgerichtete Arbeit, nicht durch Bummelei und unfokussierte Orchideenbetrachtung quer durch den Fachbereich.
Es ging nicht um Bummelei, sondern um (mangelnde) Selbstständigkeit. Aufgrund des zu strukturierten Studiums.
Für dich gerechtfertigt, weil man eh nur wenige Wissenschaftler braucht.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 19:30)

Naja. In etwa die Hälfte macht den Master.
Die Hälfte nicht mal den - ist auch gar nicht vorgesehen. Darüber hinaus macht nur ein Bruchteil weiter.
Es ging nicht um Bummelei, sondern um (mangelnde) Selbstständigkeit. Aufgrund des zu strukturierten Studiums.
Für dich gerechtfertigt, weil man eh nur wenige Wissenschaftler braucht.
Das ist ein irres Argument. Das Studium als ungeordnetes Sammelsurium ohne Lernkontrolle zu einer Art groß angelegter Feldstudie in Selbständigkeit zu machen wäre eine krasse Fehlallokation. Wer nicht bereits selbständig agiert, geht auch in einem Bachelor-Studiengang gnadenlos unter.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Die Hälfte nicht mal den - ist auch gar nicht vorgesehen.
Eher mehr. Die Hoffnung ist, dass es abnimmt.
HugoBettauer hat geschrieben: Das Studium als ungeordnetes Sammelsurium ohne Lernkontrolle zu einer Art groß angelegter Feldstudie in Selbständigkeit zu machen wäre eine krasse Fehlallokation.
Nicht "ohne" Lernkontrolle, sondern weniger (bzw anders verteilt). Eben wie zur Zeit des Diplom/Magister.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 19:45)

Eher mehr. Die Hoffnung ist, dass es abnimmt.
Ja, der Master wird in vielen Fällen nicht gebraucht. Allerdings muss man dazu Themen und Schwerpunkte vieler Bachelorstudiengänge neu sortieren, oft ist der heutige Bachelor tatsächlich am Arbeitsmarkt nur bedingt nachgefragt.

Nicht "ohne" Lernkontrolle, sondern weniger. Eben wie zur Zeit des Diplom/Magister.
Das ändert ja nichts am Problem. Auch beim Diplom wurde immer schon gejammert über Prüfungen, Klausuren und Hausarbeiten für den Scheinerwerb. Es wurde aber nie dargestellt, was die Jammernden stattdessen wollen. Das ist sehr bezeichnend.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Das ändert ja nichts am Problem.
Doch, selbstverständlich.
Dadurch, dass Lernziele sehr kleinteilig vorgegeben werden (jedes Semester/jedes Fach im Gegensatz zur einmaligen Vordiplomsprüfung) wird den Studenten eine detaillierte Vorgehensweise vorgeschrieben.
Wenn dies nicht mehr geschieht führt das zu mehr Selbstständigkeit. Genau darum geht es bei der Kritik.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 19:52)

Doch, selbstverständlich.
Dadurch, dass Lernziele sehr kleinteilig vorgegeben werden (jedes Semester/jedes Fach im Gegensatz zur einmaligen Vordiplomsprüfung) wird den Studenten eine detaillierte Vorgehensweise vorgeschrieben.
Was die Selbständigkeit der Studenten nicht einschränkt.
Wenn dies nicht mehr geschieht führt das zu mehr Selbstständigkeit.
Ein Trugschluß. Selbständigkeit erwirbt man nicht dadurch, Leistungskontrollen zu entfernen.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Was die Selbständigkeit der Studenten nicht einschränkt.
Doch, das ist der Eindruck der Kritiker. Siehe z.B. obige Zitate.
HugoBettauer hat geschrieben: Selbständigkeit erwirbt man nicht dadurch, Leistungskontrollen zu entfernen.
Die Leistungskontrollen wernden nicht entfernt, sondern gebündelt. Dadurch ist im Lernprozess mehr Eigenverantwortung von Nöten, was die Selbständigkeit schult. Eben wie beim klassischen Vordiplom.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 20:01)

Doch, das ist der Eindruck der Kritiker. Siehe z.B. obige Zitate.
Was aber offenkundiger Käse ist. Tatsächlich fördert es die Unselbständigkeit, den Abbau von Strukturen zu fordern statt sich in ihnen zu bewähren. Deshalb sind nicht wenige heutige Bachelorkritiker noch nach der Diplom-Prüfungsordnung immatrikuliert.
Die Leistungskontrollen wernden nicht entfernt, sondern gebündelt. Dadurch ist im Lernprozess mehr Eigenverantwortung von Nöten, was die Selbständigkeit schult. Eben wie beim klassischen Vordiplom.
Das ist widerlegt, da dieselbe Kritik schon gegen das klassische Vordiplom und die sonstigen zu erbringenden Leistungsnachweise im Studium vorgebracht wurde. Es geht wirklich nur um ungestörte Faulheit.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Was aber offenkundiger Käse ist. Tatsächlich fördert es die Unselbständigkeit, den Abbau von Strukturen zu fordern statt sich in ihnen zu bewähren. Deshalb sind nicht wenige heutige Bachelorkritiker noch nach der Diplom-Prüfungsordnung immatrikuliert.
Es handelt sich bei den Kritikern zu großen Teilen um Professoren.
Worauf basiert deine Einschätzung?
HugoBettauer hat geschrieben: Das ist widerlegt, da dieselbe Kritik schon gegen das klassische Vordiplom und die sonstigen zu erbringenden Leistungsnachweise im Studium vorgebracht wurde.
Und wie soll das die Kritik widerlegen?
Die Beobachtung ist, dass durch die kleinteiligeren Leistungsnachweise die Selbstständigkeit abgenommen hat. Beim Vordiplom mag es das Problem auch schon gegeben haben, aber Selbstständigkeit ist keine ja/nein Frage, sondern ein Kontinuum. Die Studenten waren nach dem Vordiplom selbstständigER als nach dem Bachelor. Das ist die Beobachtung der kritisierenden Hochschullehrer.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 20:25)

Es handelt sich bei den Kritikern zu großen Teilen um Professoren.
Worauf basiert deine Einschätzung?
Das habe ich schon dargelegt. Die Kritik und die Kritiker sind älter als die Bachelor-Reform. Das alles hat so einen Bart und geht von einem vollkommen unrealen Bild der Universität aus.

Und wie soll das die Kritik widerlegen?
Die Beobachtung ist, dass durch die kleinteiligeren Leistungsnachweise die Selbstständigkeit abgenommen hat.
Selbständigkeit geht nicht dadurch verloren, dass man gut strukturierte Leistungsnachweise erbringen muss.

Es handelt sich um eine reine Neiddebatte den erfolgreichen Studenten gegenüber.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

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HugoBettauer hat geschrieben: Das alles hat so einen Bart und geht von einem vollkommen unrealen Bild der Universität aus.
Aha. Die Hochschullehrer haben also ein unreales Bild der Universität.
Was soll man dazu sagen?
HugoBettauer hat geschrieben: Selbständigkeit geht nicht dadurch verloren, dass man gut strukturierte Leistungsnachweise erbringen muss.
Doch. Weil eben der Lernprozess im Detail vorgegeben wird. Wenn er weniger spezifisch vorgegeben wird, muss man ihn sich in Eigenverantwortung selbst erarbeiten. Und das ist die Definition von Selbstständigkeit.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 20:35)

Aha. Die Hochschullehrer haben also ein unreales Bild der Universität.
Nicht wenige von ihnen. Die Freiheit der Lehre wird vielfach von Lehrkräften und linken Bummelstudenten mißverstanden als luftleerer Raum, aus dem die Realität möglichst auszuschließen ist: Der im Abschluß vergegenständlichte Studienzweck, die Werbung von Drittmitteln und die Kooperation mit der Wirtschaft oder - *schock* gar der Rüstungsindustrie bei Forschungsprojekten.

Doch. Weil eben der Lernprozess im Detail vorgegeben wird.
Das hindert den Studenten aber nicht an der Selbständigkeit. Die klassische Phrase lautet ja, das verschulte Studium lasse keine Zeit für die eigenständige Befassung mit interessanten Aspekten des Fachs, die im Plan nicht vorkommen. Das Gegenteil ist der Fall. Die klare Studienordnung spart ungemein Zeit, die für die freie Beschäftigung mit interessanten Fachaspekten übrig ist. Oder man befasst sich mit einer konkreten interessanten Anwendung. Larry Page hat übrigens keinen Diplomstudiengang belegt.
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Perdedor
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Der im Abschluß vergegenständlichte Studienzweck, die Werbung von Drittmitteln und die Kooperation mit der Wirtschaft oder - *schock* gar der Rüstungsindustrie bei Forschungsprojekten.
Ja, du sagtest bereits, dass du den Zweck der Universitäten nicht in der (Grundlagen-)Forschung siehst, sondern in der Anwendungsentwicklung für die Wirtschaft. Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Hochschullehrer eine Abnahme der Selbstständigkeit seit Abschaffung des Vordiploms beobachten.
HugoBettauer hat geschrieben: Das hindert den Studenten aber nicht an der Selbständigkeit.
Es macht Selbstständigkeit weniger relevant und daher wird es weniger gelernt.
HugoBettauer hat geschrieben: Die klassische Phrase lautet ja, das verschulte Studium lasse keine Zeit für die eigenständige Befassung mit interessanten Aspekten des Fachs, die im Plan nicht vorkommen.
Das ist ein anderer Kritikpunkt. Aber bisher ging es hier um die mangelnde Selbstständigkeit.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Helmuth_123 »

Aus eigener Erfahrung und Erfahrung mit Kommilitonen aus dem eigenen und andere Studiengängen, würde ich sagen, dass einige Studenten mehr und nicht weniger Noten brauchen. Diese Noten sollten dann in Form von Testaten. Übungen und Protokollen verteilt über das ganze Semester erworben werden. Damit hat man dann klare, zu erreichende Ziele und gerät nicht in Versuchung den ganzen Stoff zwei Tage vor der großen Prüfung zu pauken.

@HugoBettauer: Von der Idee Universitäten und (Fach-)Hochschulen generell zu privatisieren halte ich nichts. Akademische Freiheit beinhaltet finanzielle Sicherheit und insbesondere in der Grundlagenforschung Unabhängigkeit von der Wirtschaft. Man wird wohl kaum Geldgeber für Gravitationswellenforschung oder Forschung an Archaeen finden.
Zuletzt geändert von Helmuth_123 am Mi 20. Jul 2016, 21:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 20:54)

Ja, du sagtest bereits, dass du den Zweck der Universitäten nicht in der (Grundlagen-)Forschung siehst, sondern in der Anwendungsentwicklung für die Wirtschaft. Das hat aber nichts damit zu tun, dass die Hochschullehrer eine Abnahme der Selbstständigkeit seit Abschaffung des Vordiploms beobachten.
Das ist kein Entweder-Oder. Auch Grundlagenforschung wird in der Hoffnung auf resultierende Anwendungen betrieben.
Es macht Selbstständigkeit weniger relevant und daher wird es weniger gelernt.
Selbständigkeit wird an der Universität ganz überwiegend nicht gelernt sondern vorausgesetzt. Die muss also mitgebracht werden und wer an ein paar Leistungsnachweisen im ersten Semester scheitert, lernt wahrscheinlich was wichtiges über sich selbst und die Welt, das er sonst erst nach zahlreichen vertanen Jahren entdeckt.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Helmuth_123 hat geschrieben:(20 Jul 2016, 20:59)

Aus eigener Erfahrung und Erfahrung mit Kommilitonen aus dem eigenen und andere Studiengängen, würde ich sagen, dass einige Studenten mehr und nicht weniger Noten brauchen. Diese Noten sollten dann in Form von Testaten. Übungen und Protokollen verteilt über das ganze Semester erworben werden. Damit hat man dann klare, zu erreichende Ziele und gerät nicht in Versuchung den ganzen Stoff zwei Tage vor der großen Prüfung zu pauken.
Sehr richtig, für die langfristige Abrufbarkeit der Prüfungsthemen ist das auch viel förderlicher. Nicht umsonst wird auch die Anwesenheit im Hörsaal mittlerweile etwas mehr berücksichtigt als früher mal.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Perdedor »

HugoBettauer hat geschrieben: Die muss also mitgebracht werden und wer an ein paar Leistungsnachweisen im ersten Semester scheitert
Sie scheitern ja nicht, sondern kommen durch indem sie Schritt für Schritt im Detail das machen, was ihnen vorgeschrieben wird.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von HugoBettauer »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 21:04)

Sie scheitern ja nicht, sondern kommen durch indem sie Schritt für Schritt im Detail das machen, was ihnen vorgeschrieben wird.
Das kann man nicht bemängeln. Wer alle Leistungen erbringt, die in einer Bachelorprüfungsordnung vorgesehen sind, erhält seinen Abschluß. Das ist der Sinn dieser Prüfungsordnungen. Daran stört sich nur, wer es von vorneherein auf den Abschluß nicht hauptsächlich abgesehen hat, sondern sich unter dem Studium eine staatlich finanzierte Sinnsuche- und Hallodrizeit von möglichst vielen Jahren vorstellt.
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Re: Grundständige Studiengänge sollen wieder einfacher werden

Beitrag von Helmuth_123 »

Perdedor hat geschrieben:(20 Jul 2016, 21:04)

Sie scheitern ja nicht, sondern kommen durch indem sie Schritt für Schritt im Detail das machen, was ihnen vorgeschrieben wird.
Es ist das Wesen des Grundstudiums, dass man das Schritt für Schritt macht, was einen vorgeschrieben wird. Im Grundstudium geht es darum die Grundlagen des jeweiligen Studienfaches zu lernen. Wenn ich mich an meine Grundpraktika erinnere (und die Erinnerung ist noch ziemlich frisch), dann ging es nicht darum tolle Forschungsergebnisse zu erzielen, sondern grundlegende Laborfähigkeiten, das sichere Arbeiten und das ordentliche Protokollieren zu erlernen.
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