- "Lügenpresse" ... Verschwörungstheorie ...
Das Wort "Lügenpresse" war bereits im Ersten Weltkrieg ein zentraler Kampfbegriff und diente auch den Nationalsozialisten zur pauschalen Diffamierung unabhängiger Medien. Ob diese Tatsache den "besorgten Bürger" bewußt sein dürfte? Das US-Trumpeltier spricht von Fake-News. Die AfD-Chefin Frauke Petry bediente sich des Begriffs der "Pinocchio-Presse". Auch der Ausdruck "Mainstream-Medien" wird oft von einem abfälligen Ton begleitet.
Selbsredend:
- nicht alles, was in der Presse steht, ist wahr - vieles bedarf zumindest eines kritischen Blicks. Obwohl sich die große Mehrheit der Presse und ihrer Vertreter bemüht, der gezielt geschürten Angst (etwa: vor einer vermeintlichen "Islamisierung des Abendlandes") eine sachliche Darstellung gesellschaftspolitischer Themen und eine differenzierte Sichtweisen darüber entgegenzusetzen, ... der Ausdruck "Lügenpresse" diffamiert Medien aber pauschal. Eine solche pauschale Verurteilung verhindert aber fundierte Medienkritik und leistet somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit, die gerade in diesen Tagen unübersehbar geworden ist.
- eine "intelligente Erklärung" sieht in meinen Augen anders aus!
Der emeritierter Professor für PR und Öffentlichkeitsarbeit an der Uni Leipzig, Günter Bentele, ist wie Du der Auffassung, daß sich die Medienrezeption verändert hat. Er sieht zudem eine Diskrepanz zwischen dem, wie die Presse die soziale Wirklichkeit darstellt und wie das Publikum diese wahrnimmt. Weil niemand ist in der Lage, alles wahrzunehmen, sucht er sich die Medien, die möglichst nah an dem sind, was man selbst denkt.
- ... in denen nur Vertreter der eigenen Meinung vorkommen.
Gerade in der Causa Griechenland (und dessen Sparpolitik) war dieser Unterschied recht gut zu beobachten. Unsere Presse sprach von "Armut" unter der dortigen Bevölkerung. Wohingegen meine griechische Nachbarn diese Sparmaßnahmen (und deren Folgen für ihre Verwandten) als nicht so dramatisch beschrieben haben.Günter Bentele hat geschrieben:Rezipiert man dagegen ein Medium, das eine andere Position vertritt, als man selbst, ist man leichter geneigt zu sagen: Das Medium berichtet einseitig.
Wir beurteilen dies alles aus unserem Blickwinkel heraus: wer also weniger als unseren Durchschnittslohn zum Leben hat, gilt als arm und muß folglich unzufrieden, hilflos und bedürftig sein. Somit ist es auch erklärlich, daß Presseberichte nicht immer der Realität entsprechen. Man kann aber schon eine gewiße Realitätsnähe ... bzw.: einen verbesserten, realitätsnäheren Reportageninhalt feststellen:
- je länger ein Journalist in dem entsprechenden Land (und eventuell unter den Leuten) lebt ... desto intensiver hat er sich mit dem auseinander gesetzt, was er berichtet und desto detailierter und realitätsnäher ist sein Bericht.
So ist auch erklärlich, daß etwa in den 50er- und 60er-Jahren die Atomkraft einen Hype in den Medien fand und erst nach und nach Atomkraft kritisch(er) gesehen wurde. Heute wird über Atomkraft überaus kritisch und negativ berichtet.
À propos Verschwörungthereorien:
- diese haben nunmal die Eigenschaft ... die Grundlage, daß diese eine gewiße Ungereimtheit ... eine Unsicherheit in dem Bericht über eines Ereignisses ausnutzen. Zumal:
- ein Kern von Wahrheit steckt auch in einer jeglichen Verschwörungthereorie.