Der langsame Tod der Rockmusik

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firlefanz11
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von firlefanz11 »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Apr 2018, 11:14)

Magst du keine Dudelsack Musik?
Ich LIEBE Dudelsackmusik!
Nur die deutscher volkstümlicher Musik o. Country Mucke kann ich so gar nichts anfangen...
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von firlefanz11 »

Ammianus hat geschrieben:(13 Apr 2018, 11:58)

Radio steht bei mir so rum und staubt ein.
Ich hör Radio ja auch nur im Auto...
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Alexyessin
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Alexyessin »

firlefanz11 hat geschrieben:(16 Apr 2018, 11:06)

Ich LIEBE Dudelsackmusik!
Nur die deutscher volkstümlicher Musik o. Country Mucke kann ich so gar nichts anfangen...
Country ist aber auch ein breites Feld. Da gibts gute Sachen und welche wo ich meine, das die Katze stirbt.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von firlefanz11 »

Progressiver hat geschrieben:(14 Apr 2018, 22:02)
Hip Hop ist in weiten Teilen total durchkommerzialisiert.
Deshalb schrieb ich ja: Mo' money Scheiß...
Cypress Hill und Public Enemy.
Tja, zu DEN Zeiten war das Zeug noch akzeptabel...
Ist Wacken nicht eine Metal-Veranstaltung?
Mag ketzerisch klingen aber Metal zählt für mich auch zu Rock... :p
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von firlefanz11 »

Alexyessin hat geschrieben:(16 Apr 2018, 11:10)

Country ist aber auch ein breites Feld. Da gibts gute Sachen und welche wo ich meine, das die Katze stirbt.
ETWAS gutes findet man so ziemlich überall auch wenn einem das Genre ansich nicht so zusagt...
Gab auch Zeiten da hab ich auch mal Sachen von Burundi Black o. Afrika Bambaataa gehört...
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Alexyessin »

firlefanz11 hat geschrieben:(16 Apr 2018, 11:35)

ETWAS gutes findet man so ziemlich überall.....
.... H. Fischer???? :D
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von firlefanz11 »

Alexyessin hat geschrieben:(16 Apr 2018, 11:39)

.... H. Fischer???? :D
Na ja, die sieht zumindest gut aus... Und Aussehen ist auch "ETWAS"... :p
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Billie Holiday »

firlefanz11 hat geschrieben:(16 Apr 2018, 11:35)

ETWAS gutes findet man so ziemlich überall auch wenn einem das Genre ansich nicht so zusagt...
Gab auch Zeiten da hab ich auch mal Sachen von Burundi Black o. Afrika Bambaataa gehört...
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Alexyessin »

firlefanz11 hat geschrieben:(16 Apr 2018, 11:52)

Na ja, die sieht zumindest gut aus... Und Aussehen ist auch "ETWAS"... :p
gut gekontert :D
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

firlefanz11 hat geschrieben:(16 Apr 2018, 11:06)

Ich LIEBE Dudelsackmusik!
Nur die deutscher volkstümlicher Musik o. Country Mucke kann ich so gar nichts anfangen...
In der amerikanischen Countrymusik war früher mal Jodeln sehr beliebt.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von firlefanz11 »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(07 May 2018, 17:31)

In der amerikanischen Countrymusik war früher mal Jodeln sehr beliebt.
Kein Wunder. Ein nicht unerheblicher Teil der Amis ist ja damals aus D eingewandert...
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

Progressiver hat geschrieben:(14 Apr 2018, 22:02)
Dies kann man auch als Chance sehen, wie ich meine. Aber von den großen Musikkonzernen ist keine Hoffnung zu erwarten. Wenn es zu einer musikalischen Erneuerung kommen kann, dann muss sie von unten heraus geschehen. Als Musikliebhaber habe ich keine großen Zweifel, dass ich nicht immer wieder auf Bands/ Künstler stoßen werde, die mir gefallen können. Aber im Vergleich zu früher höre ich heute oftmals Bands und Solokünstler, die unterhalb des Radars der Massenkompabilität existieren.
Aber da kann man doch optimistisch sein. In krassem Gegensatz zu den Vorhersagen Ende der 80er sind kleine und mittlere Indy-Plattenlabels eben nicht von der Bildfläche verschwunden. Rough Trade in UK oder Saddle Creek in USA nur als zwei von zig weiteren Beispielen. Dass deren Produktionen nicht in dem Maße im Mittelpunkt des Interesses einer großen Masse stehen ... was solls. Macht doch nix.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Progressiver »

Ich bin heute bei Youtube auf ein Video gestoßen, welches in das gleiche Horn bläst wie mein Thread hier. Mit einem Unterschied: Es ist nicht nur noch kulturpessimistischer, sondern stützt sich nach eigenen Aussagen auf wissenschaftliche Untersuchungen, die die Trends der letzten Jahrzehnte erforscht haben in puncto harmonische Komplexität, Klangfarbe und Lautstärke.

Wer sich das Video im Original anschauen will, der kann dies hier tun:



Für alle anderen erkläre ich die Hauptthesen des Films hiermit schriftlich.

Stichwort Klangfarbe: Während die Beatles noch ein ganzes Orchester für manche Lieder spielen ließen, tut es heute auch nur noch eine Mischung aus Drum Machine, Keyboard, Sampleprogramm und Computersoftware. So hört sich dann irgendwie alles ähnlich an. Aber auch die Texte bei Popsongs seien immer weniger komplex und intelligent im Vergleich zu Zeiten Bob Dylans oder Led Zeppelins. Tatsächlich zeichnen sich auch nur zwei Songschreiber für sehr viele Musikhits der letzten Jahre verantwortlich. Aber auch die geringere Aufmerksamkeitsspanne der Hörer spiele eine Rolle, da viele bei Musikstreamingdiensten nur allzu schnell weiterklicken, wenn ihnen ein Lied nicht gefällt. Um dies zu umgehen, werden die Lieder durch Kompression immer lauter gemacht, so dass es insgesamt weniger Vielfalt in puncto Lautstärke gibt. Zuletzt ist auch das ökonomische Risiko gewachsen, wenn ein Musikkonzern einen Künstler bzw. eine Band hochbringen will. Noch bis vor fünfzig Jahren bestand der Einsatz aus ein paar tausend Dollars. Damals setzten sich dem Video zufolge auch nur die kreativsten und talentiertesten Künstler durch. Heute dagegen muss ein Label zwischen 500.000 Dollars und drei Millionen Dollars riskieren, wenn sie versuchen, einen Künstler bekannt zu machen. Um dieses Risiko zu umgehen, werden dann irgendwelche Leute aus Talentshows gecastet. Und die Leute werden, psychologisch betrachtet, genötigt, ein Lied zu mögen, weil es nämlich überall in den Medien gepusht wird. Die Hörer werden quasi gehirngewaschen.

Zum Schluss macht der Sprecher des Videos klar: Natürlich gibt es da draußen viele tolle und talentierte Musiker. Für die Musikindustrie seien diese allerdings zu riskant, da sie nicht in die gängige Popformeln passen. Und der Sprecher warnt: Wenn wir nicht aufpassen, dann stirbt die Musik als eine Kunstform, die alle möglichen Emotionen abbilden kann. Und sie wird ersetzt durch fabrikartig produzierte Musik, die dementsprechend eine Art Monokultur hervorbringt.

Natürlich kann man sagen, dass der Autor dieses Videos zunächst nur den amerikanischen Musikmarkt meint. Und es werden ja tatsächlich auch noch andere und talentierte bzw. kreative Musiker existieren. Aber der Massenmarkt wird meines Erachtens zu einer industriell fabrizierten Monokultur verkommen. Und selbstverständlich gab es auch früher schlechtere Lieder. Aber damals existierten halt trotzdem noch die Kreativen, die ihr Talent in bare Münze umwandeln durften, während auf den klassischen 08/15-Radios, die gerne modern sein wollen, oftmals nur die eingängigsten Monokultur-Lieder gebracht werden.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

Progressiver hat geschrieben:(18 Aug 2018, 23:54)
Stichwort Klangfarbe: Während die Beatles noch ein ganzes Orchester für manche Lieder spielen ließen, tut es heute auch nur noch eine Mischung aus Drum Machine, Keyboard, Sampleprogramm und Computersoftware. So hört sich dann irgendwie alles ähnlich an
Ein ganzes Orchester beschäftigen regelmäßig Procol Harum, die Scorpions, sogar a capella bands leisten sich das mal - es gibt kaum eine halbwegs etablierte Popgröße, die nicht irgendwann mal mit den Berliner Philamonikern oder dem London Symphony Orchestra rumgemacht hätte oder vergleichbaren Klangkörpern. Es geht auch zwei Größen kleiner.

Zudem bieten die elektronischen Instrumente in Ergänzung des analogen Zeugs, das immer noch den Markt vollbevölkert, jede Menge neue oder neu zusammengestellte Töne. Diese kulturpessimistische Wichse hat mit einer nüchternen Aufnahme der Ist-Stände wenig zu tun.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

Progressiver hat geschrieben:(18 Aug 2018, 23:54)
Damals setzten sich dem Video zufolge auch nur die kreativsten und talentiertesten Künstler durch.
Die Charts / Hitparaden wurden auch in den 70ern schon von Coverversionen, Remakes und Adaptionen maßgeblich geprägt.

Fast alles, was wir etwa heute für deutschen Schlager halten, gab es vorher in englisch. Ohne die Bellamy Brothers etwa hätten diverse Dauerbrenner der öffentlich-rechtlichen Musiksendungen, die man heute auf Youtube nachschlagen kann, schlicht nichts nachzumachen gehabt.

"Ein Bett im Kornfeld"
"Himbeereis zum Frühstück"

Oder denken wir an Cindy & Bert: Der Hund von Baskerville (1970) - Im Original Paranoid von Black Sabbath.

Die älteren kennen das Konzept vielleicht noch unter dem Namen Peter Kraus.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von sünnerklaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(08 May 2018, 16:13)

Aber da kann man doch optimistisch sein. In krassem Gegensatz zu den Vorhersagen Ende der 80er sind kleine und mittlere Indy-Plattenlabels eben nicht von der Bildfläche verschwunden. Rough Trade in UK oder Saddle Creek in USA nur als zwei von zig weiteren Beispielen. Dass deren Produktionen nicht in dem Maße im Mittelpunkt des Interesses einer großen Masse stehen ... was solls. Macht doch nix.
Die Indiependent-Szene ist groß und sehr vielfältig - die Bandbreite reicht heute von Rock über Jazz, Schlager und sogar bis hin zur klassischen Konzertmusik. Es gibt sogar Volksmusik-Bands, die eine Volksmusik spielen, die aber mit der Schunkelei der Volkstümlichen Schlagers á la Stefan Mross und Stefanie Hertel nix zu tun hat.
Die Bands werden in der Szene durch Live-Auftritte und Mundpropaganda bekannt. Es gibt da Bands, die die breite Öffentlichkeit kaum kennt, die trotzdem aber sehr erfolgreich sind. Indy-Musik ist aber eben eines: keine Industrieware.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

sünnerklaas hat geschrieben:(19 Aug 2018, 09:12)

Die Indiependent-Szene ist groß und sehr vielfältig - die Bandbreite reicht heute von Rock über Jazz, Schlager und sogar bis hin zur klassischen Konzertmusik. Es gibt sogar Volksmusik-Bands, die eine Volksmusik spielen, die aber mit der Schunkelei der Volkstümlichen Schlagers á la Stefan Mross und Stefanie Hertel nix zu tun hat.
Die Bands werden in der Szene durch Live-Auftritte und Mundpropaganda bekannt. Es gibt da Bands, die die breite Öffentlichkeit kaum kennt, die trotzdem aber sehr erfolgreich sind. Indy-Musik ist aber eben eines: keine Industrieware.
Sehe ich ganz genauso. Großartige Mischungen aus HipHop, experimenteller elektronischer Musik aus Kransojarsk weit im Osten Russlands am Jenissei-Fluss ("sclwn" - der Wahnsinn!) sind ebenso erreichbar und auch als "Objekt der Begierde" (Vinyl, CD) und nicht nur als DOwnloadrecht und häufig auch konzertant erreichbar wie die jüdisch-experimentell geprägte Musik-Szene in Montreal (Godspeed You ..., Black Ox Orkestar), die wiederum völlig vergessene russisch-jüdische Lyriker aus den 50er Jahren aufgreifen. Nie. Nie. Niemals waren die Bedingungen für Musik aus dem Bereich Pop, Rock, Jazz & Verwandtes besser als heute. Und selbst wenn man sich all das anschaut, was in den 60ern, 70ern unter Prog oder Avantgarde lief: Das waren meist geschlossene ideologische Zirkel, in denen es um alles mögliche ging. Nur nicht um interessante gute Musik. Die alte, gottseidank sterbende Rockmusik ... das assoziiere ich mit Stadion, Promibereich, sekttrinkenden VW-Managern und fliegenden Schweinen. Lasst mich in Ruhe damit!
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

Progressiver hat geschrieben:(30 Nov 2017, 22:49)

Machen wir uns nichts vor: Rockmusik als musikalisches Genre hat seine besten Tage hinter sich. Ich selbst war in den frühen 1990ern in der Pubertät. Da liefen Bands wie Guns N´ Roses Tag und Nacht auf MTV.
Und noch mal zurück zum Eingangsbeitrag. Progressiver, hast du mitbekommen, dass Gun N' Roses kürzlich (Anfang Juni) in Berlin eines der grauenvollsten Stadion-Konzerte weltweit der letzten 100 Jahre abgeliefert haben? Weil sich die technischen Möglichkeiten seit Anfang der 90er verschlechtert haben? Gewiss nicht! Geh statt ins Olympiastadion in den Hangar 49 nähe Jannowitzbrückee oder in etliche Dutzend ähnlicher Live-clubs allein in Berlin. UNd nicht für 120 Euro in irgendein beklopptes Stadionkonzert, Wenn diese Art Großveranstaltungsrockmusik stirbt: Prost! Good News! Lieber heute als morgen!
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von sünnerklaas »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 Aug 2018, 21:52)

Sehe ich ganz genauso. Großartige Mischungen aus HipHop, experimenteller elektronischer Musik aus Kransojarsk weit im Osten Russlands am Jenissei-Fluss ("sclwn" - der Wahnsinn!) sind ebenso erreichbar und auch als "Objekt der Begierde" (Vinyl, CD) und nicht nur als DOwnloadrecht und häufig auch konzertant erreichbar wie die jüdisch-experimentell geprägte Musik-Szene in Montreal (Godspeed You ..., Black Ox Orkestar), die wiederum völlig vergessene russisch-jüdische Lyriker aus den 50er Jahren aufgreifen. Nie. Nie. Niemals waren die Bedingungen für Musik aus dem Bereich Pop, Rock, Jazz & Verwandtes besser als heute. Und selbst wenn man sich all das anschaut, was in den 60ern, 70ern unter Prog oder Avantgarde lief: Das waren meist geschlossene ideologische Zirkel, in denen es um alles mögliche ging. Nur nicht um interessante gute Musik. Die alte, gottseidank sterbende Rockmusik ... das assoziiere ich mit Stadion, Promibereich, sekttrinkenden VW-Managern und fliegenden Schweinen. Lasst mich in Ruhe damit!
Der Inbegriff für die Irrwege der Rock-Musik ist für mich Klaus Meine. Meine gibt heute lieber den Promi, der sich mit Promis umgibt.
Indie-Musik findet nicht in großen Arenen statt - die findet an Orten statt, die der 0-8-15-Musikhörer gar nicht kennt. In alten Industriehallen, in Sälen alter Landgasthöfe irgendwo auf dem platten Land, in Kneipen etc.. Die beeindruckenste Indie-Szene habe ich in Nordeuropa und da vor allem in den Polarregionen kennen gelernt. Da haben die Leute in den langen Wintern viel Zeit, es wird viel geübt und geprobt, die Ergebnisse sind beeindruckend. Weil da wenig los ist, macht man viel los - und man hat ein dankbares Publikum.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

sünnerklaas hat geschrieben:(20 Aug 2018, 18:08)

Der Inbegriff für die Irrwege der Rock-Musik ist für mich Klaus Meine. Meine gibt heute lieber den Promi, der sich mit Promis umgibt.
Indie-Musik findet nicht in großen Arenen statt - die findet an Orten statt, die der 0-8-15-Musikhörer gar nicht kennt. In alten Industriehallen, in Sälen alter Landgasthöfe irgendwo auf dem platten Land, in Kneipen etc.. Die beeindruckenste Indie-Szene habe ich in Nordeuropa und da vor allem in den Polarregionen kennen gelernt. Da haben die Leute in den langen Wintern viel Zeit, es wird viel geübt und geprobt, die Ergebnisse sind beeindruckend. Weil da wenig los ist, macht man viel los - und man hat ein dankbares Publikum.
Sehr gut beschrieben. Ähnliches gilt für die Musikszene im kanadischen Toronto. Von dort kommen einige meiner Top-Favoriten. Oder auch - ganz andere Geschichte - für den polnischen "Yass" aus Bydgoszcz oder Gdańsk. Bloß nicht diesen Stadion-Scheiß!
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Progressiver »

Na gut. Dann versuche ich mal ein wenig, diesen Thread wiederzubeleben.

Es ist einige Zeit vergangen, dass ich den Strang gestartet hatte. Seinerzeit war ich völlig geschockt von dem Tod des Ausnahmekünstlers Chris Cornell. Mittlerweile habe ich zum einen Teil Bands aus den 1990ern (wieder-)entdeckt. Aber auch neuere Gruppen habe ich gefunden, die zumindest für mich vielversprechend erscheinen. Spontan fällt mir dabei zum Beispiel die amerikanische Band "Black Stone Cherry" ein.

Und auch im Internet scheint das Thema aber ein Dauerbrenner zu sein. Ich habe mir gestern und heute eine Dokumentation auf Youtube angesehen. In dieser wird auch diese Fragestellung behandelt wird. Da ich sie euch nicht vorenthalten will, poste ich hiermit den Link:



Die Dokumentation heißt "Rock is Dead? Full Film 2020: Nirvana, Metallica, Guns N' Roses, KISS, Greta Van Fleet, Pink Floyd" und wurde von einem relativ jungen Independent-Journalisten gedreht. Dieser zeigt ein differenzierteres Bild. Und um den Schluss vorwegzunehmen: Am Ende kommt er zu dem Ergebnis, dass Rockmusik nicht tot sei. Rockmusik ist eine unperfekte und somit zutiefst menschliche Musikform. In Zeiten von Instagram etc. versuchen zwar viele Künstler, ihre Schwächen wegzuretuschieren und -im Falle der Musik- sie nicht zu zeigen, indem sie auch bei "Live-" Konzerten elektronische Musik aus der Computerkonserve abspielen. Aber es gibt nach wie vor auch Menschen, die auf authentische, variationsreiche Musik stehen, die auch in die Tiefe geht.

Was Deutschland betrifft, so möchte ich aber dazu bemerken: Im Fernsehen laufen meiner Beobachtung nach immer noch vor allem Musikshows, in denen irgendwie die Schlagercharts runtergenudelt werden. Oder bei den Privatfersehsender läuft irgendetwas mit "Sing meinen Song".

Meine Vermutung dazu ist: Da Rock- und Bluesmusik hierzulande nicht organisch gewachsen und entwickelt wurde, sondern eben immer nur ein Import aus den USA war, hat sie sich nie so richtig etablieren können. Jenseits von "Rock am Ring" etc. gibt es folglich im offiziellen deutschen Fernsehen kaum Möglichkeiten, Rock-, aber auch Blues- und Metalsongs zu erleben. Dies trifft sowohl auf die Öffentlich-Rechtlichen Sender wie auch auf die Privaten zu. Radio wiederum höre ich schon lange nicht mehr. Aber viele Lieder, die mir gefallen, sind eben etwas länger. Auf jeden Fall sind sie zu lang für die Radiostationen, die eher auf kurze Lieder stehen.

Jedenfalls, wie gesagt: Ich halte Musikrichtungen wie Rock, Blues oder Metal nicht für tot. Auch wenn die Coronakrise jetzt eine sehr harte Zeit darstellt für die Künstler. Aber allgemein vermisse ich doch authentische Musik in den Öffentlich-Rechtlichen wie in den Privaten Fernseh- und Radiosendern. Meiner Beobachtung laufen mir da viel zu viele Popsongs oder Plastikmusik. Und wenn ich bei einer Musiksendung am Sonntagmorgen zufällig mitbekomme, wie irgendeine Schlagerband in der ARD ihre Playback-Lieder mit einer Gibson E-Gitarre spielt, beeindruckt mich das gar nicht. Dann bleibt der Fernseher eben aus.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Ammianus »

Progressiver hat geschrieben:(12 Jul 2020, 11:29)

...

Was Deutschland betrifft, so möchte ich aber dazu bemerken: Im Fernsehen laufen meiner Beobachtung nach immer noch vor allem Musikshows, in denen irgendwie die Schlagercharts runtergenudelt werden. Oder bei den Privatfersehsender läuft irgendetwas mit "Sing meinen Song".

Meine Vermutung dazu ist: Da Rock- und Bluesmusik hierzulande nicht organisch gewachsen und entwickelt wurde, sondern eben immer nur ein Import aus den USA war, hat sie sich nie so richtig etablieren können. Jenseits von "Rock am Ring" etc. gibt es folglich im offiziellen deutschen Fernsehen kaum Möglichkeiten, Rock-, aber auch Blues- und Metalsongs zu erleben. Dies trifft sowohl auf die Öffentlich-Rechtlichen Sender wie auch auf die Privaten zu. Radio wiederum höre ich schon lange nicht mehr. Aber viele Lieder, die mir gefallen, sind eben etwas länger. Auf jeden Fall sind sie zu lang für die Radiostationen, die eher auf kurze Lieder stehen.

Jedenfalls, wie gesagt: Ich halte Musikrichtungen wie Rock, Blues oder Metal nicht für tot. Auch wenn die Coronakrise jetzt eine sehr harte Zeit darstellt für die Künstler. Aber allgemein vermisse ich doch authentische Musik in den Öffentlich-Rechtlichen wie in den Privaten Fernseh- und Radiosendern. Meiner Beobachtung laufen mir da viel zu viele Popsongs oder Plastikmusik. Und wenn ich bei einer Musiksendung am Sonntagmorgen zufällig mitbekomme, wie irgendeine Schlagerband in der ARD ihre Playback-Lieder mit einer Gibson E-Gitarre spielt, beeindruckt mich das gar nicht. Dann bleibt der Fernseher eben aus.
Hier muss ich etwas korrigieren. Einmal gibt die Musikauswahl der Öffentlich Rechtlichen und Privaten mehr oder weniger das Hör- bzw. Sehverhalten ihres Publikums wieder. Die meisten Leute, die einen Teil ihrer Zeit vor dem Fernseher verbringen wollen Pop, Schlager und auch die sogenannten Volksmusik.
Die Jüngeren - so zwischen 15 und 25 - wieder hören in der Mehrheit keinen Rock und konsumieren wohl auch mehr über ihr Smartphone. Vor einiger Zeit haben ZDF und ARD je einen ihrer Spartenkanäle aufgelöst und ins Netz verlagert. Beide Programme lieferten relativ häufig Konzerte, die für mich wieder Anregungen boten.

Im Raum Berlin z.B. gibt es durchaus noch 2 reichlich Rock-spielende Radiosender. Das ist Radio Eins und Flux Fm. Zwar höre ich nur noch selten Radio, hole mir dort dann aber so Anregungen, gehe auf ihre Playlist und dann zu Spotify.

Die Erde dreht sich, Zeiten und Menschen ändern sich. Das ist nun mal so.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Maxxy01 »

Progressiver hat geschrieben:(30 Nov 2017, 22:49)

Machen wir uns nichts vor: Rockmusik als musikalisches Genre hat seine besten Tage hinter sich. Ich selbst war in den frühen 1990ern in der Pubertät. Da liefen Bands wie Guns N´ Roses Tag und Nacht auf MTV. Dann kam Grunge. Und dann der langsame Abstieg. An und für sich hätte ich das früher merken können. Doch seit dem Tod der Ikone Chris Cornell ist mir das besonders bewusst geworden. Alle Bands jener Zeit sind entweder in die Jahre gekommen oder aber die Sänger haben sich irgendwann umgebracht. Danach kamen andere Bands. Aber die letzte Hochphase, in der Rockmusik ein gesamtgesellschaftliches weltweites Phänomen war, datierte eben auf die Zeit der frühen bis mittigen Neunziger. Alle Rockmusik, die danach kam, sorgten nicht mehr für neue Bewegung. Das Rad wurde nicht etwa immer wieder neu erfunden. Sondern die meisten neuen Bands der späten Neunziger und 2000er waren oft nur noch Übergangsbands. Kopien von Kopien. Zitate von Zitaten. Irgendwann sang ein gewisser Nickelback zwar noch einmal "Hey, Hey, I Wanna Be A Rock Star". Aber Rockmusik als Genre hatte sich da wohl schon totgeritten. Jetzt gibt es zwar immer noch Bands und Künstler wie Green Day, Jack White oder die etwas neuere Punkrockband Billy Talent. Aber in den Radiostationen dominiert fast zu 100% die elektronische Popmusik.

Und auch die Gitarrenindustrie scheint in Teilen in der Krise zu sein. Gibson hat in den USA ein Werk dicht gemacht. Der Markt ist übersättigt. Das mag daran liegen, dass es so viele Gitarren wie noch nie auf dem Markt gibt. Es ist aber leider auch so, dass viele junge Leute sich lieber ein Smartphone leisten und dann kein Geld mehr haben, um sich eine gute Gitarre zu kaufen bzw. Zeit zu investieren, um in mühsamem Gitarrenunterricht nach Jahren weiter zu kommen. Ohnehin dominieren auf dem Musikmarkt derzeit die DJs die Musikkultur.

In diesem Sinne will ich in diesem Thread mit euch erörtern bzw. analysieren, wie und warum das so weit kommen konnte. Wer hat die Rockmusik getötet? War es die Musikindustrie? Oder liefen irgendwann die Fans davon, weil ihnen elektronische Popmusik besser gefiel? Man kann darüber hinaus wahrscheinlich annehmen, dass die Rockmusik als solche in der alten Form nicht wiederkommt. Da teilt sie dann das Schicksal mit Swing, Blues, Funk, Jazz und vielen anderen Musikstilen, die als Massenphänomen nicht mehr wiederzubeleben sind. Aber glaubt hier jemand, dass irgendwann der Hang zu verzerrten E-Gitarren-Sounds die Jugendlichen von heute oder morgen beeindrucken könnte? Dass die Gitarre als solche überleben wird, darüber sind die Musikexperten jedoch ziemlich einig. Die Gitarre ist schließlich eines der vielfältigsten Instrumente, die die Menschheit hervorgebracht hat. Aber welche Art von Bedeutung kann sie noch haben, wenn auf allen Radiosendern derzeit fast nur noch elektronische Popmusik gespielt wird? :?:
Eine Musikrichtung stirbt niemals aus. Sie wird nur unpopulär bzw. von anderen Genres aus dem Mainstream verdrängt. Das ist ganz normal und kein Grund zur Verzweiflung.

[youtube][/youtube]
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

Ammianus hat geschrieben:(12 Jul 2020, 11:50)

Hier muss ich etwas korrigieren. Einmal gibt die Musikauswahl der Öffentlich Rechtlichen und Privaten mehr oder weniger das Hör- bzw. Sehverhalten ihres Publikums wieder. Die meisten Leute, die einen Teil ihrer Zeit vor dem Fernseher verbringen wollen Pop, Schlager und auch die sogenannten Volksmusik.
Die Jüngeren - so zwischen 15 und 25 - wieder hören in der Mehrheit keinen Rock und konsumieren wohl auch mehr über ihr Smartphone. Vor einiger Zeit haben ZDF und ARD je einen ihrer Spartenkanäle aufgelöst und ins Netz verlagert. Beide Programme lieferten relativ häufig Konzerte, die für mich wieder Anregungen boten.

Im Raum Berlin z.B. gibt es durchaus noch 2 reichlich Rock-spielende Radiosender. Das ist Radio Eins und Flux Fm. Zwar höre ich nur noch selten Radio, hole mir dort dann aber so Anregungen, gehe auf ihre Playlist und dann zu Spotify.

Die Erde dreht sich, Zeiten und Menschen ändern sich. Das ist nun mal so.
Fernsehen spielt nicht mehr so die Rolle wie früher mal. Das weite Feld rockiger Musik von sehr ausgefeilten sinfonischen Ansätzen bis hin zur Punkästhetik hat seine Konsumenten, seine Konzerte, Feste, Gruppen und Moden. Neben der immer besseren Verfügbarkeit des Katalogs vergangener Zeiten immer und überall. Ich kann heute Curtis Lee hören oder Fahnenflucht oder At Vance oder Gotthard oder die neueste Garagenband aus Australien. Selten ist mal was nicht zu haben. Alles mehr oder minder dem Rock-Spektrum zuzuordnen.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Progressiver »

Maxxy01 hat geschrieben:(12 Jul 2020, 12:00)

Eine Musikrichtung stirbt niemals aus. Sie wird nur unpopulär bzw. von anderen Genres aus dem Mainstream verdrängt. Das ist ganz normal und kein Grund zur Verzweiflung.
Meine Situation ist halt folgende:

Ich habe einen breit aufgestellten Musikgeschmack. Ich entdecke immer wieder neue Musikgruppen und probiere mich auch stilistisch aus. Hauptsächlich höre ich mir aber Rock- und Bluesmusik an. Gleichzeitig erlerne ich auch das Spielen auf der E-Gitarre. Um genügend Songs zu haben, die ich mal spielen können will, recherchiere ich in unregelmäßigen Abständen bei Thomann, Amazon und Alle-Noten.de .Ich habe jetzt schon so viele Lieblingslieder aus meiner Vergangenheit, die ich irgendwann einmal alle covern könnte, dass es mir wohl für die nächsten paar Jahre locker reicht.

Irritierend finde ich jedoch, dass außerhalb meiner eigenen Notenbücher und meiner CDs diese Musik nicht stattfindet. Ich kann mir auf Youtube die Originalsongs anhören. Dort finden sich auch -hauptsächlich aus dem englischsprachigen Bereich- Leute, die meine Lieblingslieder gecovert haben. In Deutschland kriegt man aber so etwas nicht mehr zu hören. Anfang der 1990er zum Beispiel gab es mit der sogenannten Grunge-Szene ein Wiederaufflackern bzw. ein Revival der Rockmusik. Auch in Deutschland verkauften manche Bands wie die Stone Temple Pilots -um mal ein willkürliches Beispiel zu nennen- fünf Millionen Alben. Und da frage ich mich doch: Wo sind die ganzen Leute hin, denen damals so etwas gefallen hat? Ich halte es für unwahrscheinlich, dass sie in der Folgezeit alle auf deutsche Schlagermusik oder Techno umgestiegen sind. Es muss doch also noch Leute aus meiner Alterskohorte geben, die noch auf Rockmusik stehen. Und auch in den Medien findet diese Art von Musik nicht statt. Wenn ich auf Neunziger-Jahre-Parties gehen würde, müsste ich wohl feststellen, dass dort vor allem diese ganze Eurodance-Musik laufen würde. Ich habe auch im Fernsehen mal irgendwelche Dokumentationen darüber angeschaut, wie die 1990er angeblich waren und welche Musik die Leute damals gehört hatten. Da fand man dann so etwas wie die Kelly Family oder meinetwegen irgendwelche Boygroups. Aber die Rockmusik der Neunziger? Fehlanzeige.

Zu Beginn der Neunziger war ja auch MTV noch einigermaßen lebendig. Und dadurch wurde man mit guter Musik versorgt. Ich zumindest fand da einige Inspirationen. Und im Radio gab es den amerikanischen Soldatensender AFN (oder so ähnlich). So etwas gibt es meines Wissens heute nicht mehr. Ich kann zwar auch beispielsweise auf Youtube alte und neue Lieder entdecken. Und auch meine Inspirationsquellen haben sich verändert. Es ist also nicht so, dass ich in der musikalischen Wüste sitzen würde. Wenn aber bei uns auf der Arbeit ein Sender wie SWR 1 läuft, der mehr so Oldies bringt, dann finden da vielleicht die 1960er bis 1980er statt. Aber aus den 1990ern erkenne ich da nicht die Musik heraus, die ich früher mal gehört hatte.

Und auch ein weiterer Punkt ist mir wichtig: Es gibt auch heute noch gute Rock- und Bluesmusik. Und auch Folk und Metal sind nicht tot. Auf den sogenannten Mainstream-Radiosendern, die man hier im lokalen Radio empfangen kann, werden dann aber allerhöchstens in der Oldie-Abteilung die Bands und Lieder von anno dazumal gebracht. Die Programmverantwortlichen kümmern sich gar nicht darum, auch neue Rock- oder Bluesbands vorzustellen. Und auf Sendern, die für die ganz jungen Leute gemacht sind, kommt ja sowieso nur noch so eine Art Electropop.

Jedenfalls, wie gesagt: Ich finde weder Leute, die die Rockmusik der Neunziger hören. Oder aber beispielsweise die Red Hot Chili Peppers, die ja immer noch Musik machen. Noch finde ich meinen Musikgeschmack in den sonstigen Mainstream-Medien wieder. Was die Notenbücher für die E-Gitarre betrifft, finde ich vor allem die Klassiker an Rocksongs. Aber was die zeitgenössische Musik betrifft, so finde ich allerhöchstens etwas von Ed Sheeran oder eben doch die Red Hot Chili Peppers.

Und ich weiß auch nicht, was Musik für einen Stellenwert hat für die jüngeren Leute. Meine Lieblingslieder kann man mit etwas Geschick, Übung, Geduld und Fleiß wenigstens noch irgendwie covern, indem man es auf der E-Gitarre nachspielt. Aber wie ist das mit der modernen Musik, die teilweise nur noch aus dem Computer kommt? Was für einen Stellenwert hat sie überhaupt, wenn niemand sie nachspielen kann? Inwieweit bleibt sie lebendig? Was bleibt von ihr übrig? Oder wird dann die Musik nicht etwa nur noch ein kurzlebiges Wegwerfprodukt, das man nur noch verkonsumiert? Kann man sich mit solch einer Musik, die nur noch auf computerisierte Effektgeräte setzt, überhaupt noch auseinandersetzen? Und was ist überhaupt Musik? Was sollte sie sein und was nicht? Braucht es nicht auch richtige Künstler, die Musik erschaffen, die man als Kunst bezeichnen darf? Und sollte echte Musik nicht auch jede Art von menschlicher Gefühlsregung abbilden können? Also von tiefer Trauer bis hin zu Freude, aber auch Sorgengefühlen oder aber bis zum Wunsch nach kultureller Rebellion oder Gesellschaftskritik?
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Ammianus »

@Progressiver

Irgendwie, und das habe ich schon einmal angedeutet, verstehe ich deine ganzen Probleme nicht. Radiosender die aktuellen Rock spielen habe ich genannt. Und was Chords und Tabs von aktueller Musik angeht. Gerade habe ich das bei ultimate-guitar.com - da hol ich mir immer die Akkorde - abgetestet. Egal ob Wolf Alice oder Jamie T - alles da. Ich versorge mich da gerne mit den Sachen von Gaslight Anthem oder den Decemberists.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

Progressiver hat geschrieben:(14 Jul 2020, 20:55)

Meine Situation ist halt folgende:

Ich habe einen breit aufgestellten Musikgeschmack. Ich entdecke immer wieder neue Musikgruppen und probiere mich auch stilistisch aus. Hauptsächlich höre ich mir aber Rock- und Bluesmusik an. Gleichzeitig erlerne ich auch das Spielen auf der E-Gitarre. Um genügend Songs zu haben, die ich mal spielen können will, recherchiere ich in unregelmäßigen Abständen bei Thomann, Amazon und Alle-Noten.de .Ich habe jetzt schon so viele Lieblingslieder aus meiner Vergangenheit, die ich irgendwann einmal alle covern könnte, dass es mir wohl für die nächsten paar Jahre locker reicht.
Es gibt doch allein im Altkatalog soooo viel Musik von Kid Rock bis Blues Springteen.
Irritierend finde ich jedoch, dass außerhalb meiner eigenen Notenbücher und meiner CDs diese Musik nicht stattfindet. Ich kann mir auf Youtube die Originalsongs anhören. Dort finden sich auch -hauptsächlich aus dem englischsprachigen Bereich- Leute, die meine Lieblingslieder gecovert haben. In Deutschland kriegt man aber so etwas nicht mehr zu hören.
Du musst dich mehr bemühen. Du kriegst bestimmt jüngere Interpreten für ältere Songs. Heißen sie nun Jürgen Blackmore oder Dirty Deeds 79, je nach Anspruch geht vielleicht auch Krokus als "jünger" durch.

Anfang der 1990er zum Beispiel gab es mit der sogenannten Grunge-Szene ein Wiederaufflackern bzw. ein Revival der Rockmusik. Auch in Deutschland verkauften manche Bands wie die Stone Temple Pilots -um mal ein willkürliches Beispiel zu nennen- fünf Millionen Alben. Und da frage ich mich doch: Wo sind die ganzen Leute hin, denen damals so etwas gefallen hat?
Rein demographisch sind die jetzt bei Helene und bei Santiano, vielleicht noch bei Haudegen oder schlimmstenfalls bei Gabalier. Welche zwei davon man mit viel Freiraum noch in Rock einsortiert, bleibt dem Leser als Hausaufgabe überlassen.
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass sie in der Folgezeit alle auf deutsche Schlagermusik oder Techno umgestiegen sind.
Fang du jetzt bloß nicht an zu weinen, du bist doch sonst so'n starker Typ. Die Übergänge sind fließend, die Künstler entwickeln sich weiter und manchmal ist der alte Käse von gestern heute schon in einer ganz anderen Schublade. Nena galt mal als rockig. Allein im Stoner Rock gibt es soooo viele deutsche Acts. Es gibt aber auch pickelige Spinner, die Metallica covern. Wahrscheinlich sind die alle in drei Jahren im RCDS und in fünf Jahren erzählen sie ihren Seminarteilnehmerinnen, wie das damals 2010 auf Wacken so war. Die Menschen sind immer im Durchfall, panta rei.
Es muss doch also noch Leute aus meiner Alterskohorte geben, die noch auf Rockmusik stehen. Und auch in den Medien findet diese Art von Musik nicht statt. Wenn ich auf Neunziger-Jahre-Parties gehen würde, müsste ich wohl feststellen, dass dort vor allem diese ganze Eurodance-Musik laufen würde.
Wenn du auf die Resterampe gehst, dann geben sie dir den Rest. You get what you paid for. Wer auf Jahrzehnteparties geht, der kriegt den heute noch vorzeigbaren Rest vom Konsens von damals, möglichst entweder tanzbar oder mitgröhlbar und als Rausschmeißer einen Hit der jeweiligen Elternkohorte. What's my age again? Dabei ist es egal, ob du den vergessenen Durchschnitt der 60er, 70er, 80er oder "von heute" gebucht hast. Nur, dass so langsam die erste Hälfte davon auch in Metropolen keine Telefonzelle mehr vollkriegt. Schuld war nur der Bossa Nova, der war schuld daran.
Ich habe auch im Fernsehen mal irgendwelche Dokumentationen darüber angeschaut, wie die 1990er angeblich waren und welche Musik die Leute damals gehört hatten. Da fand man dann so etwas wie die Kelly Family oder meinetwegen irgendwelche Boygroups. Aber die Rockmusik der Neunziger? Fehlanzeige.
In the year 25 25 geht es bei den 90ern natürlich um die Jugendcharts der 90er "und sonst gar nichts". Ob damals jemand Campag Velocet, Oktoberclub oder Gilbert Becaud hören wollte, ist doch am Thema vorbei. And nothing else matters. Und wenn du jetzt sagst, aber Chris de Burgh, Travelling Wilburys, Tom Petty oder, wollen wir mal nicht ganz so mit dem Hintern steif werden, Phillip Boa and the Voodooclub ist ja auch irgendwie 90er und rockig wenn man möchte, und sowieso gabs auf manchen Parties auch Mink Deville zu hören, naja, bei den damals schon älteren vielleicht, hm, dann sag ich mal: Das ist nicht der Focus solcher Sendungen und das weißt du auch.
Zu Beginn der Neunziger war ja auch MTV noch einigermaßen lebendig. Und dadurch wurde man mit guter Musik versorgt. Ich zumindest fand da einige Inspirationen. Und im Radio gab es den amerikanischen Soldatensender AFN (oder so ähnlich). So etwas gibt es meines Wissens heute nicht mehr. Ich kann zwar auch beispielsweise auf Youtube alte und neue Lieder entdecken. Und auch meine Inspirationsquellen haben sich verändert. Es ist also nicht so, dass ich in der musikalischen Wüste sitzen würde. Wenn aber bei uns auf der Arbeit ein Sender wie SWR 1 läuft, der mehr so Oldies bringt, dann finden da vielleicht die 1960er bis 1980er statt. Aber aus den 1990ern erkenne ich da nicht die Musik heraus, die ich früher mal gehört hatte.
Sowas ist Formatradio. Wenn die 90er mehr in die Mitte der Demographie des Senders rücken, kommen sie breiter vor, aber vorwiegend trotzdem die top25 - und ein paar Jahre später wird es erstens wieder seltener und zweitens enger auf das, was man nun wirklich nicht vergisst. So sad, so sad, it's a sad sad situation and it's getting more and more absurd until your dieing day. Come what may. Kannst du eben nichts machen.
Und auch ein weiterer Punkt ist mir wichtig: Es gibt auch heute noch gute Rock- und Bluesmusik. Und auch Folk und Metal sind nicht tot. Auf den sogenannten Mainstream-Radiosendern, die man hier im lokalen Radio empfangen kann, werden dann aber allerhöchstens in der Oldie-Abteilung die Bands und Lieder von anno dazumal gebracht. Die Programmverantwortlichen kümmern sich gar nicht darum, auch neue Rock- oder Bluesbands vorzustellen. Und auf Sendern, die für die ganz jungen Leute gemacht sind, kommt ja sowieso nur noch so eine Art Electropop.
Wenn du deinen Schlüssel nur im Lampenschein suchst, weil es nur da hell ist, dann warte lieber bis morgen denn als es passierte, stand die Sonne schon am Himmel.
Jedenfalls, wie gesagt: Ich finde weder Leute, die die Rockmusik der Neunziger hören. Oder aber beispielsweise die Red Hot Chili Peppers, die ja immer noch Musik machen. Noch finde ich meinen Musikgeschmack in den sonstigen Mainstream-Medien wieder. Was die Notenbücher für die E-Gitarre betrifft, finde ich vor allem die Klassiker an Rocksongs.


Ah geh. Das interpretieren von Musik hatte doch noch nie etwas damit zu tun, so zu klingen wie das Original. Wenn Garbage und Screaming Females zusammen "Because the Night" loslassen, wollen sie dann klingen wie Patti Smith? Das ist doch nicht die Mini Playback Show. Da geht es doch darum, Material aufzunehmen, sich seinen Reim drauf zu machen und mit Geistesstärke tun sie Wunder auch. Can't hurt you now.
Wenn ich mir jetzt etwa Lucassens "The Two Gates" von 1998 vornehmen würde, könnte es überhaupt das Ziel sein, die sehr talentierten Musiker hinter diesem Stück einfach nachzumachen und damit zu beweisen, wie wenig mir dazu einfällt im Rahmen meiner Möglichkeiten? Dann lässt man's doch lieber bleiben. Und wenn man Meghan Traynor (die mit dem Arsch) oder Girls Like You (Maroon 5) nachmachen wollen würde, dann doch nach eigener Kunst und wenn man mit viel Selbstliebe und hoffentlich auch Talent daraus eine Stoner-Nummer oder einen frühen Swing draus drehen könnte, wäre das nicht wunderbar? Musik ist heute anders. Schon, weil sie verfügbar ist wie früher nur Barbara Eligmann, bei der wusste jeder, wann sie kommt. Du musst nicht stundenlang MTV gucken und hoffen, dass dein Lieblingsvideo kommt. Du musst nicht stundenlang auswärtiges Radio mitschneiden und dann sortieren, außer du lebst in einer der paar verbleibenden wirklich schrägen Diktaturen - dann viel Glück, lass dich bloß nicht erwischen. Du kannst, wahrscheinlich sogar kostenlos, die absolute Mehrheit der als Aufzeichnung verfügbaren kommerziellen Musik und obendrauf viele, viele Liebeswerke jederzeit und immer haben. Die Kraft der werbefinanzierten Onlinedienste. Never gonna let you down and hurt you.

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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Kloß mit Soß »

Der Rock wird als eine der bedeutendsten Epochen in die Musikgeschichte eingehen, bzw. tut es jetzt schon.

Keine Epoche hält ewig, die Wiener Klassik ist auch vorbei, gespielt wird sie heute noch. Ich bin mir daher sicher, dass es Sender wie Rock Antenne in 100 Jahren noch gibt, die sich hingebungsvoll um das musikalische Erbe zwischen den 1960er und 1990er Jahre kümmern werden.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(14 Jul 2020, 23:35)

Der Rock wird als eine der bedeutendsten Epochen in die Musikgeschichte eingehen, bzw. tut es jetzt schon.

Keine Epoche hält ewig, die Wiener Klassik ist auch vorbei, gespielt wird sie heute noch. Ich bin mir daher sicher, dass es Sender wie Rock Antenne in 100 Jahren noch gibt, die sich hingebungsvoll um das musikalische Erbe zwischen den 1960er und 1990er Jahre kümmern werden.
Ich sehe noch nicht, dass Rock in seiner Breite bisher vorbei ist - ich denke auch nicht, dass die Rezeption von Rock heute vorrangig davon geprägt ist, bestimmte schon alte Werke immer wieder anzufassen. Aber das kann man ja verschieden wahrnehmen mit einiger Berechtigung.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Maxxy01 »

Progressiver hat geschrieben:(14 Jul 2020, 20:55)
Meine Lieblingslieder kann man mit etwas Geschick, Übung, Geduld und Fleiß wenigstens noch irgendwie covern, indem man es auf der E-Gitarre nachspielt.
Ich finds besser wenn klassische Rockmusik mit HomeComputer gecovert wird.
[youtube][/youtube]
Progressiver hat geschrieben: Aber wie ist das mit der modernen Musik, die teilweise nur noch aus dem Computer kommt? Was für einen Stellenwert hat sie überhaupt, wenn niemand sie nachspielen kann?
Die wird teilweise sogar von Sinfonieorchestern nachgespielt. :D
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Kloß mit Soß »

imp hat geschrieben:(15 Jul 2020, 14:56)

Ich sehe noch nicht, dass Rock in seiner Breite bisher vorbei ist - ich denke auch nicht, dass die Rezeption von Rock heute vorrangig davon geprägt ist, bestimmte schon alte Werke immer wieder anzufassen. Aber das kann man ja verschieden wahrnehmen mit einiger Berechtigung.
Ich mein mit vorbei nicht, dass es keine neue hörenswerte Rockmusik mehr gibt, aber die Ära in der Rock der Status Quo war und die Legenden die Avantgarde waren, die heute Rock definieren und aus deren Werk geschöpft wird, die ist spätestens zu Ende, seit Cobain sich das Hirn weggeblasen hat.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

Kloß mit Soß hat geschrieben:(15 Jul 2020, 15:32)

Ich mein mit vorbei nicht, dass es keine neue hörenswerte Rockmusik mehr gibt, aber die Ära in der Rock der Status Quo war und die Legenden die Avantgarde waren, die heute Rock definieren und aus deren Werk geschöpft wird, die ist spätestens zu Ende, seit Cobain sich das Hirn weggeblasen hat.
Streitbar ;)

Es gibt viele Gründe, ihn wichtig zu finden für die Rockmusik in seiner Zeit, u.a. die Verkaufserfolge. Für meine Wahrnehmung war Nirvana gar nicht so sehr das Ding, nicht relevanter als Blink-182 oder so. Dass Rockmusik mehr der Status Quo war als heute - weiß nicht. Kann schon so sein.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Progressiver »

Ammianus hat geschrieben:(14 Jul 2020, 22:36)

@Progressiver

Irgendwie, und das habe ich schon einmal angedeutet, verstehe ich deine ganzen Probleme nicht. Radiosender die aktuellen Rock spielen habe ich genannt. Und was Chords und Tabs von aktueller Musik angeht. Gerade habe ich das bei ultimate-guitar.com - da hol ich mir immer die Akkorde - abgetestet. Egal ob Wolf Alice oder Jamie T - alles da. Ich versorge mich da gerne mit den Sachen von Gaslight Anthem oder den Decemberists.
Mit ultimate-guitar.com muss ich dir Recht geben. Ich habe mir sogar mal vor ein paar Jahren das Programm Guitar Pro in der 6. Versionsnummer zugelegt. Mittlerweile gibt es ja schon die Version 7.5. Wer nicht auf die Mitschriebe von ultimate-guitar.com der Akkorde und Tabs zugreifen will, der hat die Möglichkeit, sich dort mit der Hilfe des Computerprogramms Guitar Pro sich die Pro-Tabs und die Power-Tabs herunterzuladen.

Und wer es gerne visueller mag, der kann sich ja auch theoretisch Youtube-Videos angucken, in denen erklärt wird, wie man bestimmte Lieder spielt. Es soll sogar Leute geben, die sich bei licklibrary.com nicht nur einzelne DVDs bestellen, wie ich es schon getan habe, sondern sich komplett dort anmelden, um mit deren Hilfe ein guter Gitarrist zu werden. Ich selbst lerne aber lieber mal ganz klassisch bei meinem Lehrer E-Gitarre.

Nicht zu vergessen die Selbstlernkurse von Steve Krenz, welches bei Thomann zu finden gibt. Oder diverse andere Online-Kurse.

Ich selbst lerne jedenfalls immer noch bei meinem Gitarrenlehrer E-Gitarre. Und dies anhand der "Schule der Rockgitarre" von Andreas Scheinhütte. Diese ist zwar schon etwas älter. Aber nichtsdestotrotz kann man mit ihr besser das Spielen nach Noten lernen als mit manch moderneren Werk, habe ich den Eindruck. Und auch, was die Lieder angeht, die dort auszugsweise erlernt werden, bin ich ganz glücklich. Ich bin ja auch keine zwanzig mehr. Nur als Autodidakt will ich nicht mehr weiter lernen. In meinem Fall brachte mich das in fast fünfundzwanzig Jahren nicht sehr weit. Ich hatte früher Minderwertigkeitskomplexe, weil ich dachte, ich würde niemals das Spielen nach Noten lernen können. Und irgendwie bin ich auch viel zu streng zu mir. Dies artet dann in Perfektionismus aus, was auch nicht gut ist. Mit meinen derzeitigen Lernfortschritten bin ich jedenfalls ganz zufrieden.

Und was die Rockmusik an sich angeht: Vielleicht werde ich irgendwann einmal gut genug sein, um mal in einer Musikgruppe zu spielen.

Den in dem Eingangsposting gebrachte Text würde ich also heute viel differenzierter sehen. Da habe ich meine Meinung auch ein Stück weit geändert. Manchmal überkommt mich jedoch trotzdem immer wieder der Kulturpessimismus. Zumindest, was jetzt die Rockmusik betrifft, so habe ich trotzdem immer noch den Eindruck, dass dieser Musikstil insbesondere in den USA eine größere Tradition und Akzeptanz besitzt als in Europa bzw. Deutschland.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Progressiver »

imp hat geschrieben:(14 Jul 2020, 23:19)

Es gibt doch allein im Altkatalog soooo viel Musik von Kid Rock bis Blues Springteen.


Du musst dich mehr bemühen. Du kriegst bestimmt jüngere Interpreten für ältere Songs. Heißen sie nun Jürgen Blackmore oder Dirty Deeds 79, je nach Anspruch geht vielleicht auch Krokus als "jünger" durch.



Rein demographisch sind die jetzt bei Helene und bei Santiano, vielleicht noch bei Haudegen oder schlimmstenfalls bei Gabalier. Welche zwei davon man mit viel Freiraum noch in Rock einsortiert, bleibt dem Leser als Hausaufgabe überlassen.


Fang du jetzt bloß nicht an zu weinen, du bist doch sonst so'n starker Typ. Die Übergänge sind fließend, die Künstler entwickeln sich weiter und manchmal ist der alte Käse von gestern heute schon in einer ganz anderen Schublade. Nena galt mal als rockig. Allein im Stoner Rock gibt es soooo viele deutsche Acts. Es gibt aber auch pickelige Spinner, die Metallica covern. Wahrscheinlich sind die alle in drei Jahren im RCDS und in fünf Jahren erzählen sie ihren Seminarteilnehmerinnen, wie das damals 2010 auf Wacken so war. Die Menschen sind immer im Durchfall, panta rei.


Wenn du auf die Resterampe gehst, dann geben sie dir den Rest. You get what you paid for. Wer auf Jahrzehnteparties geht, der kriegt den heute noch vorzeigbaren Rest vom Konsens von damals, möglichst entweder tanzbar oder mitgröhlbar und als Rausschmeißer einen Hit der jeweiligen Elternkohorte. What's my age again? Dabei ist es egal, ob du den vergessenen Durchschnitt der 60er, 70er, 80er oder "von heute" gebucht hast. Nur, dass so langsam die erste Hälfte davon auch in Metropolen keine Telefonzelle mehr vollkriegt. Schuld war nur der Bossa Nova, der war schuld daran.


In the year 25 25 geht es bei den 90ern natürlich um die Jugendcharts der 90er "und sonst gar nichts". Ob damals jemand Campag Velocet, Oktoberclub oder Gilbert Becaud hören wollte, ist doch am Thema vorbei. And nothing else matters. Und wenn du jetzt sagst, aber Chris de Burgh, Travelling Wilburys, Tom Petty oder, wollen wir mal nicht ganz so mit dem Hintern steif werden, Phillip Boa and the Voodooclub ist ja auch irgendwie 90er und rockig wenn man möchte, und sowieso gabs auf manchen Parties auch Mink Deville zu hören, naja, bei den damals schon älteren vielleicht, hm, dann sag ich mal: Das ist nicht der Focus solcher Sendungen und das weißt du auch.


Sowas ist Formatradio. Wenn die 90er mehr in die Mitte der Demographie des Senders rücken, kommen sie breiter vor, aber vorwiegend trotzdem die top25 - und ein paar Jahre später wird es erstens wieder seltener und zweitens enger auf das, was man nun wirklich nicht vergisst. So sad, so sad, it's a sad sad situation and it's getting more and more absurd until your dieing day. Come what may. Kannst du eben nichts machen.


Wenn du deinen Schlüssel nur im Lampenschein suchst, weil es nur da hell ist, dann warte lieber bis morgen denn als es passierte, stand die Sonne schon am Himmel.


Wenn ich mir jetzt etwa Lucassens "The Two Gates" von 1998 vornehmen würde, könnte es überhaupt das Ziel sein, die sehr talentierten Musiker hinter diesem Stück einfach nachzumachen und damit zu beweisen, wie wenig mir dazu einfällt im Rahmen meiner Möglichkeiten? Dann lässt man's doch lieber bleiben. Und wenn man Meghan Traynor (die mit dem Arsch) oder Girls Like You (Maroon 5) nachmachen wollen würde, dann doch nach eigener Kunst und wenn man mit viel Selbstliebe und hoffentlich auch Talent daraus eine Stoner-Nummer oder einen frühen Swing draus drehen könnte, wäre das nicht wunderbar? Musik ist heute anders. Schon, weil sie verfügbar ist wie früher nur Barbara Eligmann, bei der wusste jeder, wann sie kommt. Du musst nicht stundenlang MTV gucken und hoffen, dass dein Lieblingsvideo kommt. Du musst nicht stundenlang auswärtiges Radio mitschneiden und dann sortieren, außer du lebst in einer der paar verbleibenden wirklich schrägen Diktaturen - dann viel Glück, lass dich bloß nicht erwischen. Du kannst, wahrscheinlich sogar kostenlos, die absolute Mehrheit der als Aufzeichnung verfügbaren kommerziellen Musik und obendrauf viele, viele Liebeswerke jederzeit und immer haben. Die Kraft der werbefinanzierten Onlinedienste. Never gonna let you down and hurt you.

Rock and Roll won't tell you what to do. Gives you a choice and leaves it up to you. (Rondinelli, 1996) - Wer andere Zitate im Text findet, ist selber schuld und wahrscheinlich alt alt alt.
Insgesamt ein sehr gelungener Kommentar, wie ich finde. :thumbup: Ich durfte auch mehrmals lachen. :)

Nur das mit Santiano etc. verstehe ich nicht so ganz. Ich finde den Weg dorthin etwas arg weit. Es soll ja Leute geben, die Anfang der Neunziger Guns N´Roses hörten und es jetzt immer noch tun, weil sie stehen geblieben sind. Ich für meinen Teil dagegen finde "Slash featuring Miles Kennedy an the Conspirators" -also die aktuelle Band des ehemaligen Leadgitarristen von Guns N´Roses- qualitativ besser. Miles Kennedy hat auch die bessere Gesangstechnik. Aber dass jetzt einige der Leute von damals, die Rockmusik oder Grunge gehört haben, jetzt bei Santiano, Helene Fischer oder Andreas Gaballier(?) gelandet sein sollen, erfüllt mich doch eher mit Sorge und Unverständnis.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

Progressiver hat geschrieben:(14 Jul 2020, 20:55)

Meine Situation ist halt folgende:

Ich habe einen breit aufgestellten Musikgeschmack. Ich entdecke immer wieder neue Musikgruppen und probiere mich auch stilistisch aus. Hauptsächlich höre ich mir aber Rock- und Bluesmusik an. Gleichzeitig erlerne ich auch das Spielen auf der E-Gitarre. Um genügend Songs zu haben, die ich mal spielen können will, recherchiere ich in unregelmäßigen Abständen bei Thomann, Amazon und Alle-Noten.de .Ich habe jetzt schon so viele Lieblingslieder aus meiner Vergangenheit, die ich irgendwann einmal alle covern könnte, dass es mir wohl für die nächsten paar Jahre locker reicht.

Irritierend finde ich jedoch, dass außerhalb meiner eigenen Notenbücher und meiner CDs diese Musik nicht stattfindet.
Mensch, Progressiver, wie kann das denn nur sein? Ich selbst mache seit zig Jahren aktiv Musik. Ich habe in meinem Leben glaub ich schon zusammen mit ein, zweihundert Musikern auf der Bühne gestanden. Und zwar Musikern aus allen Generationen. Bandcontest-Veranstaltungen wie der SPH Music Masters sind bis zum Bersten voll mit begeisterten (jungen) Leuten. Und zwar in angesagten Live-Clubs im Innenstadtbereich von Berlin.

Jetzt erst, 2020, gibts wirklich ein Problem. Erstens für Live-Clubs, die irgendwie Miete zahlen müssen. Und dann natürlich für Musiker, die von Musik leben, Aber selbst da: Das Interesse von Jungendlichen, jungen Leuten, Kindern, ein Instrument zu lernen, nicht nur im Klassik-Bereich, ist ungebrochen. Und für die Profi-Musiker in meinem Freundeskreis teilweise die einzige Möglichkeit, über die Runden zu kommen.

Nur zur Erinnerung: Die ersten Beatles-Veröffentlichungen wurden von Plattenfirmen mit der Begründung abgelehnt, es interessiere sich heute niemand mehr für "Gitarrenmusik". Wann war das gleich? So um 1960 herum.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

Progressiver hat geschrieben:(16 Jul 2020, 21:11)

Insgesamt ein sehr gelungener Kommentar, wie ich finde. :thumbup: Ich durfte auch mehrmals lachen. :)

Nur das mit Santiano etc. verstehe ich nicht so ganz. Ich finde den Weg dorthin etwas arg weit. Es soll ja Leute geben, die Anfang der Neunziger Guns N´Roses hörten und es jetzt immer noch tun, weil sie stehen geblieben sind. Ich für meinen Teil dagegen finde "Slash featuring Miles Kennedy an the Conspirators" -also die aktuelle Band des ehemaligen Leadgitarristen von Guns N´Roses- qualitativ besser. Miles Kennedy hat auch die bessere Gesangstechnik. Aber dass jetzt einige der Leute von damals, die Rockmusik oder Grunge gehört haben, jetzt bei Santiano, Helene Fischer oder Andreas Gaballier(?) gelandet sein sollen, erfüllt mich doch eher mit Sorge und Unverständnis.
Unverständnis ja, auch von mir. Sorge, weniger. Es ist ein Muster, das ich beobachte. Vor dem was ich sehe ist alle Theorie leider sehr grau. Dass Leute in ganz komischen Ecken landen, das ist in der Musik so bizarr wie in der Politik. Piraten, die zur AFD gehen oder, auch kurios, ein PDS-Trio in Bremen, das geschlossen zur FDP wechselte, NPD-Abtrünnige, die weit weit links rauskamen. Aber es kommt oft genug vor. Wir sollten vielleicht die Sache von der optimistischen Seite sehen: Es gibt jede Menge Rockmusik in ganz verschiedener Ausprägung, es gibt junge und alte Bands und es gibt Leute, die das hören wollen. Manches davon gefällt auch mir, genügendes. Es sind herrliche Zeiten und zum Teil wird auch ein Lebensunterhalt damit verdient, zum Teil bleiben es Jugend- und Enthusiastenprojekte, die nur ein paar Jahre blühen. Muss es nicht so sein? In einer immer stärker fragmentierten Medienwelt ist die Hoffnung auf die nächsten Beatles oder so vielleicht einfach verfehlt.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

Progressiver hat geschrieben:(16 Jul 2020, 21:11)

Aber dass jetzt einige der Leute von damals, die Rockmusik oder Grunge gehört haben, jetzt bei Santiano, Helene Fischer oder Andreas Gaballier(?) gelandet sein sollen, erfüllt mich doch eher mit Sorge und Unverständnis.
Es sind auch nicht wenige von denen bei auch musikalisch und virtuositätsmäßig überragenden Musikern wie Andrew Bird oder Joanna Newsom gelandet. Was immer von den beiden als Personen oder SongwriterInnen halten mag. Sei guten Muts!
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von BlueMonday »

Die Beatles wurden von Decca abgelehnt, nicht von mehreren Firmen. Und die herumgereichte Begründung ist weitestgehend ne Mythe. Die wirkliche Geschichte ging so:

Man hat sich an dem Tag zwischen zwei Bands entscheiden müssen/wollen und dann die andere (the Tremoloes, so gitarrenlastig wie the Beatles) genommen, die wohl nen weitaus besseren Tag bei der Demoaufnahme erwischt haben. Und später hat Decca die Stones gesignt...
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Progressiver »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jul 2020, 21:46)

Es sind auch nicht wenige von denen bei auch musikalisch und virtuositätsmäßig überragenden Musikern wie Andrew Bird oder Joanna Newsom gelandet. Was immer von den beiden als Personen oder SongwriterInnen halten mag. Sei guten Muts!
Danke an dich und die anderen für die warmen Worte! :thumbup:

Vielleicht war ich in der Vergangenheit einfach zu pessimistisch. Ich habe keine Ahnung, warum ich bei YouTube etc. immer auf die ganzen "Rock is dead?"-Videos stoße oder mich davon triggern lasse.

Was mich betrifft: Ich habe seit dieser Woche einen neuen Computer und ein neues Smartphone. Mein Bruder, der viel technikaffiner ist, hat mir auch eine Spotify-Mitgliedschaft besorgt und mir alles genau erklärt. Was das Hören von Musik betrifft, habe ich jetzt wohl für eine sehr lange Zeit ausgesorgt.

Was das Nachspielen der Lieder betrifft, so habe ich ja eigentlich auch genug Lieder und Notenbücher. Da geht mir der Stoff hoffentlich so schnell nicht aus. Ich bin ja sowieso noch dabei, die E-Gitarre als Musikinstrument weiterhin von der Pike auf zu erlernen.

Vielleicht muss man einfach nur gucken, dass man mit der Zeit geht? Das klassische Radio und der Fernseher sind ja eigentlich auch nicht totzukriegen. Aber sie beschränken sich meiner Beobachtung nach sehr stark auf die Hörer und Seher, die mit Spotify oder Videostreamingdiensten nichts anzufangen wissen. Wenn man in seinem Medienverhalten nicht mit der Zeit geht, kann man da schon zu pessimistischen Eindrücken kommen.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Ammianus »

Die Möglichkeiten eines Streaming-Dienstes wie - vorsicht Werbung - Spotify, sind ja praktisch unbegrenzt. Du hörst auf einem Sender wie Flux oder Radio 1 einen Song. Der hat dich interessiert. Allerdings hast du dem Moderator nicht richtig zugehört. Kein Problem. Die Sender haben ihre Play-Liste im Netz. Jetzt hast du Song und Interpret. Auf zu Spotify, dort Song oder Band eingeben. Schwupp. Bis jetzt war bei mir fast immer alles da. Manchmal sind die noch so neu, dass es gerade mal eine EP oder Single gibt. Manchmal aber auch 10 Alben oder mehr. Und dann ist da noch die Kategorie: "Was andere gern hören" wo ähnliche Gruppen oder Interpreten aufgeführ werden. Und jetzt kann man da endlos durchforsten, sich dazu dann noch, wie in uralten Zeiten als man zur Erholung von Mammutjagd und Kreuzzügen dem Kasettenrekorder lauschte, eine Kasette zusammenstellen - heißt heute aber Playlist ...
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von Schnitter »

Wer auf Progressive Rock steht dem seien die babyblauen Seiten empfohlen.

Ich finde da immer wieder neues und vom Tod der Rockmusik ist ehrlich gesagt nichts zu spüren :thumbup:

Dass das alles nicht im TV stattfindet......ich höre Musik und mir sind zappelnde Typen im TV egal, die brauche ich nicht.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

Progressiver hat geschrieben:(23 Jul 2020, 15:59)

Danke an dich und die anderen für die warmen Worte! :thumbup:

Vielleicht war ich in der Vergangenheit einfach zu pessimistisch. Ich habe keine Ahnung, warum ich bei YouTube etc. immer auf die ganzen "Rock is dead?"-Videos stoße oder mich davon triggern lasse.

Was mich betrifft: Ich habe seit dieser Woche einen neuen Computer und ein neues Smartphone. Mein Bruder, der viel technikaffiner ist, hat mir auch eine Spotify-Mitgliedschaft besorgt und mir alles genau erklärt. Was das Hören von Musik betrifft, habe ich jetzt wohl für eine sehr lange Zeit ausgesorgt.

Was das Nachspielen der Lieder betrifft, so habe ich ja eigentlich auch genug Lieder und Notenbücher. Da geht mir der Stoff hoffentlich so schnell nicht aus. Ich bin ja sowieso noch dabei, die E-Gitarre als Musikinstrument weiterhin von der Pike auf zu erlernen.

Vielleicht muss man einfach nur gucken, dass man mit der Zeit geht? Das klassische Radio und der Fernseher sind ja eigentlich auch nicht totzukriegen.
Nein. Nicht einmal Vinyl ist totzukriegen. Im Gegenteil. Eine 180g-Vinylpressung zum Beispiel ... wird als reines Marketingding abgetan. Natürlich haben diese Schwergewichte keinerlei Vorteil in hinsicht auf die AKustik bei der Abspielung. Es ist einfach nur Haptik. Der Mensch ist ein sehr haptisches Wesen. Er will Dinge in der Hand halten und befühlen. Ein Gewicht spüren. Einen Widerstand. Ich bin mir sicher, dass kreative Leistungen nur gegen irgendeinen Widerstand erlangbar sind. AUch wenn das natürlich nicht zwangsläufig ein mechanischer WIderstand sein muss. AUs einer Violine oder Trompete einen sauber geformten Ton herauszubringen ... Nicht dass ich das könnte. Schön wärs ja! Erfordert Mühe gegen einen Widerstand.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

schokoschendrezki hat geschrieben:(24 Jul 2020, 13:19)

Nein. Nicht einmal Vinyl ist totzukriegen. Im Gegenteil. Eine 180g-Vinylpressung zum Beispiel ... wird als reines Marketingding abgetan. Natürlich haben diese Schwergewichte keinerlei Vorteil in hinsicht auf die AKustik bei der Abspielung. Es ist einfach nur Haptik. Der Mensch ist ein sehr haptisches Wesen. Er will Dinge in der Hand halten und befühlen. Ein Gewicht spüren. Einen Widerstand. Ich bin mir sicher, dass kreative Leistungen nur gegen irgendeinen Widerstand erlangbar sind. AUch wenn das natürlich nicht zwangsläufig ein mechanischer WIderstand sein muss. AUs einer Violine oder Trompete einen sauber geformten Ton herauszubringen ... Nicht dass ich das könnte. Schön wärs ja! Erfordert Mühe gegen einen Widerstand.
Vinyl ist absolut tot als Tonträger. Vinyl ist als Sammlerobjekt und für Liebhaberei interessant, aber du siehst weder im Auto noch im ICE nennenswert Musikhörer mit Plattenspieler rumlaufen. Ich bezweifle, dass abgesehen von zelebrierten Vorführungen das zuhause großartig anders abgeht. Nichts gegen Schallplatten, aber unter den Abspielungen dürften die weit hinter der CD rangieren, die auch häufig nur noch für das Regal angeschafft wird.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von BlueMonday »

imp hat geschrieben:(03 Aug 2020, 12:36)

aber du siehst weder im Auto noch im ICE nennenswert Musikhörer mit Plattenspieler rumlaufen.
Meinst du das ernst? Plattenspieler waren nun konstruktionsbedingt schon immer vor allem ein stationäres Gerät. Früher ist man mit Walkman, Discman und sowas "rumgelaufen".

https://de.statista.com/statistik/daten ... zeitreihe/

Vinyl ist sicherlich ne Nische, aber die weiterlebt. Und mehr wurde ja nicht behauptet.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

BlueMonday hat geschrieben:(03 Aug 2020, 14:45)

Meinst du das ernst? Plattenspieler waren nun konstruktionsbedingt schon immer vor allem ein stationäres Gerät. Früher ist man mit Walkman, Discman und sowas "rumgelaufen".

https://de.statista.com/statistik/daten ... zeitreihe/

Vinyl ist sicherlich ne Nische, aber die weiterlebt. Und mehr wurde ja nicht behauptet.
Es gab durchaus Plattenspieler fürs gehobene Auto. Ja, ich meine das ernst. Neue Schallplatten werden ganz überwiegend nicht zum regelmäßig anhören gekauft. Dass häufig das Digitalalbum gleich mitkommt, zeigt das auch.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von BlueMonday »

imp hat geschrieben:(03 Aug 2020, 15:17)

Es gab durchaus Plattenspieler fürs gehobene Auto.
Das war ja wohl schon damals ne Nische. Wie gesagt die Hauptanwendung besteht zunehmend darin, dass ein Plattenspieler zuhause steht, angeschlossen an eine hochwertige Anlage. Tragbare Geräte gab es auch sicherlich, aber die waren eben zum leichteren Transport gedacht, nicht zum Rumlaufen und dabei Abspielen. Dazu hat man wie gesagt andere Geräte benutzt (Kassettenrecorder, "Boomboxes", tragbare Radios, "Kofferradio" bishin heute zum Mp3player, Smartphone)

Neue Schallplatten werden ganz überwiegend nicht zum regelmäßig anhören gekauft. Dass häufig das Digitalalbum gleich mitkommt, zeigt das auch.
Selbst wenn das so wäre, würde es den Tod des Vinyls verhindern. Selbst wenn man sie vorwiegend als Frisbeeersatz(Sakrileg!) benutzen würde statt sie abzuspielen. Es gibt jedenfalls nach wie vor ne Vinylszene, die auch die Platten auflegt und abspielt. Das ist ja Teil des Kults, dass solche Platten sich eben abnutzen und man das Abspielen umso behutsamer und bewusst zelebriert und das Ganze keine Alltagssache ist.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

BlueMonday hat geschrieben:(03 Aug 2020, 15:39)

Das war ja wohl schon damals ne Nische. Wie gesagt die Hauptanwendung besteht zunehmend darin, dass ein Plattenspieler zuhause steht, angeschlossen an eine hochwertige Anlage. Tragbare Geräte gab es auch sicherlich, aber die waren eben zum leichteren Transport gedacht, nicht zum Rumlaufen und dabei Abspielen. Dazu hat man wie gesagt andere Geräte benutzt (Kassettenrecorder, "Boomboxes", tragbare Radios, "Kofferradio" bishin heute zum Mp3player, Smartphone)



Selbst wenn das so wäre, würde es den Tod des Vinyls verhindern. Selbst wenn man sie vorwiegend als Frisbeeersatz(Sakrileg!) benutzen würde statt sie abzuspielen. Es gibt jedenfalls nach wie vor ne Vinylszene, die auch die Platten auflegt und abspielt. Das ist ja Teil des Kults, dass solche Platten sich eben abnutzen und man das Abspielen umso behutsamer und bewusst zelebriert und das Ganze keine Alltagssache ist.
Klar, wenn man sich das Bild vom Papst zum Arsch abwischen kauft, ist das auch Umsatz. Im Sinne von Tod der Rockmusik als das heiße Jugendding für den Normalo ohne besondere Szenebindung hat die ganze Schallplattendiskussion aber keien Wert. Dass der Metin sich nen "Schallplattenkratzer" ;-) ans Smartphone anschließt, um seinen neuen Garagenhit bei den Chicks an der Schule zu verbreiten, das werden wir nicht unbedingt erleben.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von schokoschendrezki »

imp hat geschrieben:(03 Aug 2020, 12:36)

Vinyl ist absolut tot als Tonträger. Vinyl ist als Sammlerobjekt und für Liebhaberei interessant, aber du siehst weder im Auto noch im ICE nennenswert Musikhörer mit Plattenspieler rumlaufen. Ich bezweifle, dass abgesehen von zelebrierten Vorführungen das zuhause großartig anders abgeht. Nichts gegen Schallplatten, aber unter den Abspielungen dürften die weit hinter der CD rangieren, die auch häufig nur noch für das Regal angeschafft wird.
Technisch gesehen, ja, vielleicht. Auch wenns da Gegenargumentationen gibt, in denen es um sowas wie "Wärme" und "Kälte" der Tonwiedergabe analog vs digital geht. Wissenschaftlich ließe sich das sicherlich irgendwie objektivieren. Mir ist das egal. Mein Hörvermögen ist - wie bei jedem Menschen - altersbedingt hinsichtlich des Frequenzumfangs sowieso eingeschränkt. Die großen Scheiben von 2019, allen voran "The National: I am Easy To Find" habe ich als 180g Vinyl. Schon vor dem akustischen Genuss ist es ein haptischer Genuss, ein solches Produkt in der Hand zu halten. Mit einem großen Platten-Cover. Produkte dieser Art wiegen nicht nur etwas in der Hand sondern strömen auch einen jeweils charakteristischen Geruch aus. Ich schnuppere, ehrlich gesagt, an neuen Büchern und Platten auch. Und nun sage aber nicht, die Vorliebe für solche Extravaganzen würde es nun ausschließen, den eigentlichen musikalischen Gehalt des Albums gar nicht mehr wahrnehmen zu können. Dem ist nicht so!

Und an dem Beispiel: Tod der Rockmusik? Mmh. Was es gibt, ist der Tod eines für selbstverständlich erachteten Einverständnisses, was denn nun als angesagt gilt und was nicht, und dass es eine Einigkeit darüber gibt, nach welchen Mechanismen sich solche Urteile bilden.

Und nocheinmal davon abgesehen: "Musikhörer im Auto oder im ICE". ;) Na. Ob "Autobahnen oder ICEs" nun die Lokationen sind, in denen man "Musikhörer" findet? Ich weiß ja nicht. Leute, die da irgendwas hören, zeichnen sich nach meinen Beobachtungen hinsichtlich "Musikhörerschaft" eher durch eine gewisse Stupidität aus.
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von BlueMonday »

imp hat geschrieben:(03 Aug 2020, 15:46)

Klar, wenn man sich das Bild vom Papst zum Arsch abwischen kauft, ist das auch Umsatz. Im Sinne von Tod der Rockmusik als das heiße Jugendding für den Normalo ohne besondere Szenebindung hat die ganze Schallplattendiskussion aber keien Wert. Dass der Metin sich nen "Schallplattenkratzer" ;-) ans Smartphone anschließt, um seinen neuen Garagenhit bei den Chicks an der Schule zu verbreiten, das werden wir nicht unbedingt erleben.
Das ist halt was für die zahlungskräftigeren Herrschaften, die ihre Schulzeit schon ne Weile hinter sich haben. Die kaufen und sammeln nicht nur die Plattten, sondern kaufen sich teures Equipment dazu. Gerade in der Hifi-szene lebt das Vinyl.
Auch in der DJ-Szene lebt die Platte, wo der Plattenspieler gar zum Instrument wird. Also ich sehe keinen Tod. Ähnlich bei der "Rockmusik".

Sowas dürfte mit einer CD schwierig werden: :)
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Re: Der langsame Tod der Rockmusik

Beitrag von imp »

schokoschendrezki hat geschrieben:(06 Aug 2020, 22:50)

Technisch gesehen, ja, vielleicht. Auch wenns da Gegenargumentationen gibt, in denen es um sowas wie "Wärme" und "Kälte" der Tonwiedergabe analog vs digital geht. Wissenschaftlich ließe sich das sicherlich irgendwie objektivieren. Mir ist das egal. Mein Hörvermögen ist - wie bei jedem Menschen - altersbedingt hinsichtlich des Frequenzumfangs sowieso eingeschränkt. Die großen Scheiben von 2019, allen voran "The National: I am Easy To Find" habe ich als 180g Vinyl. Schon vor dem akustischen Genuss ist es ein haptischer Genuss, ein solches Produkt in der Hand zu halten. Mit einem großen Platten-Cover. Produkte dieser Art wiegen nicht nur etwas in der Hand sondern strömen auch einen jeweils charakteristischen Geruch aus. Ich schnuppere, ehrlich gesagt, an neuen Büchern und Platten auch. Und nun sage aber nicht, die Vorliebe für solche Extravaganzen würde es nun ausschließen, den eigentlichen musikalischen Gehalt des Albums gar nicht mehr wahrnehmen zu können. Dem ist nicht so!

Und an dem Beispiel: Tod der Rockmusik? Mmh. Was es gibt, ist der Tod eines für selbstverständlich erachteten Einverständnisses, was denn nun als angesagt gilt und was nicht, und dass es eine Einigkeit darüber gibt, nach welchen Mechanismen sich solche Urteile bilden.

Und nocheinmal davon abgesehen: "Musikhörer im Auto oder im ICE". ;) Na. Ob "Autobahnen oder ICEs" nun die Lokationen sind, in denen man "Musikhörer" findet? Ich weiß ja nicht. Leute, die da irgendwas hören, zeichnen sich nach meinen Beobachtungen hinsichtlich "Musikhörerschaft" eher durch eine gewisse Stupidität aus.
Wenn du heraus hören kannst, dass im ICE die Musik stupide ist, dann ist sie vor allem zu laut. ;)

Heute ist das nicht mehr so, dass man entweder die Beatles oder die Stones mag oder, wenn man keine Freunde hat, Heino hört. Es gibt einen breiten Korridor an aktuell akzepzierter Musik für Jugend und Erwachsene und es gibt diverse Subkulturen mit eigenen Standards. Es gibt auch immer noch aktuelle breite Moden in der Frage, was "nicht geht". Meistens etwas, das dennoch einige Verkaufserfolge hat. Musik zum Einmalkaufen kommt heute oft in "Ausstattungsvarianten" - von Download&Stream über die CD im einfachen Schieber bis hin zu aufwändigen Büchern und Bildbänden, an denen der Tonträger nur noch Nebensache ist oder von Instrumental- oder Unplugged- Versionen ergänzt wird. Da gibt es einiges anzufassen, wenn man Wert darauf legt. Für den Rest gibt es die Bits und Bytes "ohne alles".

Gerade Rockmusik bietet sich an für Sticker, T-Shirts, Aufnäher und anderen haptisch-visuellen Plunder, mit dem man dem Künstlerquartett das Auskommen verbessert. Noch. Die Marktkonzentration bei Abspielstätten nimmt ebenso wie im Online- und Präsenzverkauf zu, bei den Eintrittskarten besteht in Deutschland, USA und vielen anderen Ländern ein Oligopol. Die Kette derer, die bei Devotionalien die Hand aufhalten und mitverdienen wollen, wird immer länger. Manche Musikgenres, auch manche Sparten der Rockmusik, leben vom Eindruck des Unfertigen, Unsauberen, Spontanen, was mit überproduzierten Alben und Hifi-Anlagen natürlich ebenso schnell verfliegt wie mit der rasenden Professionalisierung der Musiker spätestens nach dem zweiten Hit. Allzu genau darf man da sowieso nicht fragen, wenn man selig genießen und glauben will.
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