Tagesschau-Aktion zu Hatespeech.
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Auf den ersten Blick ja eine gute Idee, aber auf den zweiten Blick doch reichlich sinnbefreit.
Es gibt nun mal Menschen, die können vielleicht nicht anders, als ihre anderslautende oder gegensätzliche Meinung mit Schimpf und Schande auszudrücken. Viele machen es auch bestimmt ganz gezielt und absichtlich, um sich an womöglichem Leid anderer Menschen zu ergötzen. Das war schon immer so - und so wird es wohl auch immer bleiben.
Was soll daran eine Unterhaltung über Video - als quasi von Angesicht zu Angesicht - ändern? Wieso sollten Hetzer und Beleidiger davon Gebrauch machen? Die meisten von denen verstecken sich nicht umsonst in der Anonymität des Internets. Bspw. ein Bankräuber versteckt sich auch nicht umsonst hinter einer Knarre und einer Maske - und keiner würde auf höfliches Bitten der Dame am Schalter abwarten, bis die Polizei eingetroffen ist, damit selbige den Überfall live miterleben und eingreifen kann. Im übertragegen Sinne läuft es bei der Taggesschau-Aktion "Sag's mir ins Gesicht" aber auf genau so was hinaus.
Das Problem ist doch vielmehr die allgegenwärtige Kommentierungmöglichkeit - nicht nur bei Facebook. Wenn es der Taggesschau missfällt, dass einzelne Mitarbeiter in Internetkommentaren mit teils übelsten Worten bedacht werden, dann sollten sie doch lieber ihre mediale Präsenz und deren entsprechenden Funktionen überdenken. Wozu müssen die Endprodukte der Tagesschau-Schaffenden kommentiert werden können? Welcher Nutzen steckt dahinter?
Schränkt die Abschaltung einer Kommentierfunktion, oder die Beendigung einer Internet-Präsenz, die Menschen in ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ein? Nein. Ging es uns diesbezüglich, als es noch kein Facebook, bzw. Internet allgemein gab, irgendwie schlechter? Nein. Es war vielleicht umständlicher, kostenintensiver und aussichtsloser, als wir noch Leserbriefe schreiben mussten, Briefmarken aufkleben und in den Postkasten werfen mussten; bzw. Anrufe tätigen und in endlosen Warteschleifen mit nervtötender Dudelmusik festhängen mussten - aber wir konnten problem- und zwanglos unsere Meinung kundtun.
Ich persönlich bin schon irgendwie der Überzeugung, dass dass vielen Verfassern von sog. "Hatespeech" ihre Beleidigungen und Hetztiraden kein Briefmarkengeld oder Warteschleifenzeit wert ist. Warum also nicht ein paar Schritte zurück gehen und sich somit viel Ärger ersparen?
Diejenigen, die ohne Anonymität im Internet einfach nicht mehr können, brauchen sich ja nur ein eigenes Forum eröffnen und können dort nach Herzenslust über dies und das, über den oder die herziehen - nur halt mit dem Unterschied, dass das Publikum überschaubarer sein dürfte. Derartige Aussichten werden den einen oder die andere bestimmt auch von verbaler Entgleisung im Internet abhalten.
Finde ich auch reichlich albern - besonders, wenn dabei auf Facebook verwiesen wird. Facebook ist bei aller Liebe kein Diskussions- sondern vieleher ein Bewertungsportal. Kann mir sehr gut vorstellen, dass Facebook immens an Attraktivität einbüßen würde, wenn sie den "Gefällt mir"-Button abschafften. Aber ich glaube keineswegs, dass die Taggesschau in ein Quotenloch stürzen würde, wenn sie die Kommentierfunktion auf ihrer Internetseite abschaffen oder die Facebook-Präsenz aufgeben würden.Für eine bessere Diskussionskultur im Netz