Seite 1 von 1

Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Mo 27. Feb 2017, 21:45
von frems
zumindest für einen Versuch:
Als Nachweis der Eignung genügte außer der mittleren Reife ihr Ausbildungszeugnis mit der Abschlussnote 1,5. Selbst eine 2,5 hätte noch für die Zulassung gereicht: So steht es in den Regeln für den hessischen Modellversuch, der im vergangenen Herbst begonnen hat. Sein Zweck ist es, den Hochschulzugang für Menschen ohne Abitur über die schon bestehenden Möglichkeiten hinaus weiter zu erleichtern.

Rund 80 beruflich Qualifizierte, die die Voraussetzungen für eine Teilnahme an dem Experiment erfüllen, sind nach Angaben des Wissenschaftsministeriums derzeit an den Hochschulen des Landes immatrikuliert. 61 von ihnen besuchen Hochschulen für angewandte Wissenschaften, wie die Fachhochschulen in Hessen mittlerweile heißen, 15 die Frankfurt University. Nur wenige haben sich für eine Universität entschieden, an der Uni Frankfurt studieren nach Angaben eines Sprechers „vier bis fünf“, einer ist an der TU Darmstadt eingeschrieben.

Die Unis stehen den Realschulabsolventen offen, weil eine dreijährige Berufsausbildung mit einer Abschlussnote von mindestens 2,5 im Modellversuch der Fachhochschulreife gleichgestellt wird. Sie verschafft auch Zutritt zu Bachelor-Studiengängen an Universitäten, nicht aber zu Fächern mit Staatsexamen. Anders ist das bei Bewerbern mit Meisterbrief: Dieser Abschluss galt schon vor Beginn des Modellversuchs als Nachweis der allgemeinen Hochschulreife. Ebenfalls etabliert ist der Einstieg über die Zugangsprüfung: Wer sie besteht und eine Ausbildung inklusive zweijähriger Berufserfahrung vorzuweisen hat, kann an allen Hochschulen Studiengänge belegen, die eine inhaltliche Nähe zu seiner Ausbildung haben.
http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance ... 76698.html

Bisher handhaben das die Bundesländer recht unterschiedlich. Manche setzen auf Eignungsprüfungen, andere akzeptieren Meisterbriefe und bei den nächsten reicht ein Gesellenbrief plus Berufserfahrung; zum Teil werden die Anforderungen auch kombiniert und manchmal ist die Wahl der Studiengänge (z.B. BWL für Kaufleute, Ingenieurwesen für Mechaniker etc.) eingeschränkt.

Gleich ist aber stets eins: sie müssen die selben Prüfungen ablegen bzw. Leistungen bringen wie jene, die ihre (Fach-)Hochschulreife auf dem "normalen" schulischen Weg erreicht haben.

Was haltet Ihr von dieser Öffnung? Welche Bedingungen/Aufnahmekriterien haltet Ihr für angemessen? Oder sollte man den Hochschulzugang lieber wieder etwas exklusiver machen und studierwilligen Personen raten, auf dem Zweiten Bildungsweg ihr (Fach-)Abitur nachzuholen?

Untersuchungen zu den Studierleistungen konnte ich leider auf die Schnelle nicht finden. In einigen Online-Artikel werden diese Studenten als besonders zielstrebig, reif und engagiert dargestellt, da sie meist klarere Vorstellungen von ihrer Fachwahl haben und Praxiserfahrung mitbringen. Andererseits brechen sie auch oft ab, wobei nicht ganz klar ist, ob dies überwiegend an schwacher Leistung liegt oder an anderen Gründen, z.B. der Aufgabe des vorigen Lebensstandards (oder nebenberuflichem Zeitaufwand), während man -- im Gegensatz zu den meisten Abiturienten -- schon einen Beruf erlernt hat und einen Wisch vorweisen kann, sodass man durch einen Abbruch nicht ins Leere fällt.

Meinungen, Einschätzungen, gar Erfahrungen?

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 09:14
von Milady de Winter
Ich halte das für ein sehr interessantes Experiment, da ich der Meinung bin, dass man die Qualifikation zu einem Studium durchaus auch ohne Abi besitzen kann - und vice versa. Nichtsdestotrotz wird es meines Erachtens durchaus Hürden geben. Einige wurden ja bereits angesprochen. Aufgabe des evtl. höheren Lebensstandards, zurück in die Phase der Verpflichtungen, die man nicht mehr hatte, etc. Ich glaube, dass es bei den meisten Teststudenten, die abbrechen werden, nicht an der Qualifikation bzw. an nicht erfüllbaren qualitativen Anforderungen scheitern wird, sondern an mangelnder Ausdauer. Aber das ist reine Spekulation. Wie gesagt, ich bin sehr auf das erste Ergebnis dieses Experiments gespannt, auf das wir jedoch noch eine Weile warten müssen.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 09:44
von Joker
Die Industrie hat Probleme das Schüler mit Realschulabschluss schon bei relativ einfachen Berechnungen komplett Versagen
Sehe ich selber bei unseren Azubis in der Zerspanung
Das berechnen von Winkelfunktionen muss in der Zerspanung sitzen ,aber ist ein wahres Drama
Da reden wir von einer absoluten Mehrheit

Und die sollen auf die UNI ?

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 10:06
von Moses
Ich finde die Möglichkeit für Absolventen der Meisterprüfung sehr gut und sehr wichtig. Diese Klientel bring in der Regel eine Menge fundiertes Fachwissen in die akademische Ausbildung mit, diese Mischung bringt eine ganz andere Qualität am Ende des Studiums.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 12:07
von Alexyessin
Joker hat geschrieben:(28 Feb 2017, 09:44)

Die Industrie hat Probleme das Schüler mit Realschulabschluss schon bei relativ einfachen Berechnungen komplett Versagen
Sehe ich selber bei unseren Azubis in der Zerspanung
Das berechnen von Winkelfunktionen muss in der Zerspanung sitzen ,aber ist ein wahres Drama
Da reden wir von einer absoluten Mehrheit
Du meinst wirklich das die absolute Mehrheit der Realschulabgänger keine Mathe kann?
Das hätte ich doch gerne mal belegt.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 13:13
von Umetarek
Alexyessin hat geschrieben:(28 Feb 2017, 12:07)

Du meinst wirklich das die absolute Mehrheit der Realschulabgänger keine Mathe kann?
Das hätte ich doch gerne mal belegt.
Naja, also ich hab ja erst Schreiner gelernt und meine Mitlehrlinge konnten schon keine Formel nach dem Muster X/Y=Z umstellen. Die mußten dann alle drei möglichen Formeln auswendig lernen. Wie da die Verteilung Hauptschule/Realschule war, weiß ich allerdings nicht.
Wenn diese allerdings mit der Lehre fertig sind, sind sie vielleicht soweit sich nochmal aufs Lernen einzulassen.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 13:54
von Milady de Winter
Joker hat geschrieben:(28 Feb 2017, 09:44)

Die Industrie hat Probleme das Schüler mit Realschulabschluss schon bei relativ einfachen Berechnungen komplett Versagen
Sehe ich selber bei unseren Azubis in der Zerspanung
Das berechnen von Winkelfunktionen muss in der Zerspanung sitzen ,aber ist ein wahres Drama
Da reden wir von einer absoluten Mehrheit

Und die sollen auf die UNI ?
Von den Abiturienten hat das jeder drauf? Berechnung von Winkelfunktionen hat auch nicht in jedem Studiengang Relevanz. Woanders muss Deutsch sitzen, da findet man z.T. in Grammatik und Rechtschreibung noch Grundschulniveau vor.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 13:59
von Alexyessin
Umetarek hat geschrieben:(28 Feb 2017, 13:13)

Naja, also ich hab ja erst Schreiner gelernt und meine Mitlehrlinge konnten schon keine Formel nach dem Muster X/Y=Z umstellen. Die mußten dann alle drei möglichen Formeln auswendig lernen. Wie da die Verteilung Hauptschule/Realschule war, weiß ich allerdings nicht.
Wenn diese allerdings mit der Lehre fertig sind, sind sie vielleicht soweit sich nochmal aufs Lernen einzulassen.
Des kommt ja dazu. Ich hab auch schon Azubis gehabt die mich bei den Wörter "Buchungssatz" und "kaufmännische Sorgfaltspflich" angesehen haben als käme ich vom Mars. Aber genau die beiden haben jetzt die BOS bzw. sogar eine das Studium hinbekommen.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 14:03
von Provokateur
Alexyessin hat geschrieben:(28 Feb 2017, 13:59)

Des kommt ja dazu. Ich hab auch schon Azubis gehabt die mich bei den Wörter "Buchungssatz" und "kaufmännische Sorgfaltspflich" angesehen haben als käme ich vom Mars. Aber genau die beiden haben jetzt die BOS bzw. sogar eine das Studium hinbekommen.
Gut, okay, bei einem Azubi kann man darüber hinwegsehen. Dann habend ie das ja gelernt, getreu dem Satz "Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man es eigentlich gebraucht hätte."

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 14:05
von Alexyessin
Provokateur hat geschrieben:(28 Feb 2017, 14:03)

Gut, okay, bei einem Azubi kann man darüber hinwegsehen. Dann habend ie das ja gelernt, getreu dem Satz "Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man es eigentlich gebraucht hätte."
Du darfst jeden Fehler machen - Einmal.
Einmal ist kein mal, zweimal ist einmal zu viel.

:D :D

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 19:43
von frems
Joker hat geschrieben:(28 Feb 2017, 09:44)

Die Industrie hat Probleme das Schüler mit Realschulabschluss schon bei relativ einfachen Berechnungen komplett Versagen
Sehe ich selber bei unseren Azubis in der Zerspanung
Das berechnen von Winkelfunktionen muss in der Zerspanung sitzen ,aber ist ein wahres Drama
Da reden wir von einer absoluten Mehrheit

Und die sollen auf die UNI ?
Um Realschüler, die frisch eine Lehre aufgenommen haben, geht es ja nicht. Selbst in Hessen, wo es in einem Experiment nun am "einfachsten" ist, an eine Hochschule zu kommen, muss man die Lehre mindestens mit einem "gut" abgeschlossen haben. In den anderen Bundesländern benötigt man Meisterbrief/Techniker, einige Jahre Berufserfahrung und/oder eine harte Aufnahmeprüfung, die nicht nur bestanden werden muss, sondern ein gutes Ergebnis auch davon abhängt, ob man einen Platz kriegt. Und "sollen" tut ja niemand. Es ist nur die Frage, ob er die Chance bekommt, es zu versuchen.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 19:57
von Joker
frems hat geschrieben:(28 Feb 2017, 19:43)

Um Realschüler, die frisch eine Lehre aufgenommen haben, geht es ja nicht. Selbst in Hessen, wo es in einem Experiment nun am "einfachsten" ist, an eine Hochschule zu kommen, muss man die Lehre mindestens mit einem "gut" abgeschlossen haben. In den anderen Bundesländern benötigt man Meisterbrief/Techniker, einige Jahre Berufserfahrung und/oder eine harte Aufnahmeprüfung, die nicht nur bestanden werden muss, sondern ein gutes Ergebnis auch davon abhängt, ob man einen Platz kriegt. Und "sollen" tut ja niemand. Es ist nur die Frage, ob er die Chance bekommt, es zu versuchen.
Die Chance gibt es , nennt sich Fachabi
Berechtigt damit zu einen Studium an einer FH

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Di 28. Feb 2017, 20:15
von frems
Joker hat geschrieben:(28 Feb 2017, 19:57)

Die Chance gibt es , nennt sich Fachabi
Berechtigt damit zu einen Studium an einer FH
Richtig, aber die Frage ist, ob andere Wege nicht gleichwertig sind bzw. einen auch befähigen, ein Studium aufzunehmen. Einen Meister mit Berufserfahrung würde ich nicht per se für ungeeigneter halten als jemanden, der außer zwölf Jahre Schule nichts kennt und ggf. in Mathe auch nicht so der Überflieger war.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Mi 1. Mär 2017, 17:16
von Kael
Man kann auch mit einem FH Abschluss an einer Universität studieren.

Der einzige, aktuelle Unterschied, zwischen einer Uni und einer FH ist im Moment das man an einer FH nicht promovieren kann.

Nach meinem Studium bekomme ich ja auch einen Bachelor of Science und kann dann auf einer Uni promovieren, wenn ich wollen würde.
Und das einzige was man für das Fachabi tun muss, ist im Prinzip 2 Jahre absitzen - wenn man nicht grade ziemlich dumm ist.

Problem ist es dann auf der Uni. Nämlich das 'lernen' - weil teilweise die Qualität des Stoffes und die Masse um bis zu 300% angehoben wird.

Re: Studieren ohne Abi: Hessische Hochschulen öffnen sich weiter

Verfasst: Mi 1. Mär 2017, 21:16
von Ammianus
Ich würde sagen, man kann es auch ohne Abitur schaffen. Dabei kommt es natürlich immer auf die Persönlichkeit und auch die Fächer an. Ein Wandervogelstudium, die Kombination von Geschichte und Germanistik, ist da schon machbar.
Die Sache ist aber, in einer Reihe von Fächern werden Sprachnachweise verlangt. Sprachkurse gibt es natürlich auch an den Unis. Das kostet dann aber zusätzliche Zeit und Energie.