Digitale Medien - Die neue Macht?

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King Kong 2006
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Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Die Zukunft ist jetzt. Man kennt es eigentlich eher aus Science Fiction, Konzerne sind praktisch so machtvoll wie der Staat. Sie machen Politik. Massive Einflußnahmen kennt man von Rüstungskonzernen, riesigen Mischkonzernen, Mineralölkonzernen usw. Jetzt hat Dänemark tatsächlich so etwas wie einen Botschafter für die digitalen Medien ernannt. Das ist neu.
Botschafter fürs Digitale

Dänemark sieht Konzerne wie Apple als eine Art „neue Nation“

Die Internet-Riesen Google, Apple und Facebook sind mittlerweile wichtiger als so mancher komplette Staat. Dänemark zieht daraus nun eine wichtige Konsequenz.
Nun ja, wie ich vor Jahren las, hat Siemens mehr Wirtschaftskraft als Pakistan. Aber haben die deshalb einen eigenen Botschafter bekommen?

Die digitale Macht ist gewaltig.
Dänemark will als erstes Land der Welt einen digitalen Botschafter ernennen, der die Beziehungen des Landes zu Firmen wie Apple, Microsoft und Google pflegen soll. „Diese Konzerne sind eine Art neue Nationen geworden, und dazu müssen wir uns verhalten“, sagte Außenminister Anders Samuelsen der Zeitung „Politiken“ „Das sind Firmen, die Dänemark genauso beeinflussen wie ganze Länder.“

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/m ... 69080.html
Wer hat eigentlich die Souveränität auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland? Wieso muß ein dt. Justizminister Heiko Maas wie ein Bittsteller zu Facebook, um zu debattieren, ob man Haßpostings in Deutschland tolerieren soll/muß oder nicht? Wer bestimmt eigentlich, was der oder die Deutsche hier zu sehen bekommt? Facebook bestimmt, was für Bilder und was für Inhalte der dt. Bundesbürger zu sehen hat und was nicht. Und wer bestimmt dort die Grundsätze? Und selbst ein dt. Justizminister muß sich da zum Kasper machen, um irgendetwas bei einem Konzern zu erreichen. Also, wenn das Brasilien wäre, wäre das schon längst gelöst... Wir haben es aber hier mit viel mächtigeren Strukturen zu tun? Dänemark meint jetzt reagieren zu müssen.

Donald T. u.a. Bewohner des Weißen Hauses weiß das auch.
Trump meets with tech leaders: Apple, Facebook, Google, Amazon, IBM, Microsoft, Oracle, Tesla, Intel

http://boingboing.net/2016/12/14/trump- ... te-fr.html
Ist diese Truppe eine schärferes Schwert der USA als Boeing, Colt, General Dynamics, Northrup Grumman und Co.? Gefährlichere Waffen?

Google wird zum big brother. Suchmaschinen zeigen nur noch, was gezeigt werden soll. Die Autos fahren nur noch nach Firmengrundsätzen.

Kann Trump sie nutzen, oder nutzen sie bereits Trump?

Könnte es passieren, wenn Heiko Maas zu nervig wird, daß auf Google bald nur noch fakenews über ihn zu lesen sind und sein Navi ihn gegen einen Baum fährt? ;)
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Brainiac
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Brainiac »

King Kong 2006 hat geschrieben:(27 Jan 2017, 22:28)

Die Zukunft ist jetzt. Man kennt es eigentlich eher aus Science Fiction, Konzerne sind praktisch so machtvoll wie der Staat. Sie machen Politik. Massive Einflußnahmen kennt man von Rüstungskonzernen, riesigen Mischkonzernen, Mineralölkonzernen usw. Jetzt hat Dänemark tatsächlich so etwas wie einen Botschafter für die digitalen Medien ernannt. Das ist neu.



Nun ja, wie ich vor Jahren las, hat Siemens mehr Wirtschaftskraft als Pakistan. Aber haben die deshalb einen eigenen Botschafter bekommen?

Die digitale Macht ist gewaltig.



Wer hat eigentlich die Souveränität auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland? Wieso muß ein dt. Justizminister Heiko Maas wie ein Bittsteller zu Facebook, um zu debattieren, ob man Haßpostings in Deutschland tolerieren soll/muß oder nicht? Wer bestimmt eigentlich, was der oder die Deutsche hier zu sehen bekommt? Facebook bestimmt, was für Bilder und was für Inhalte der dt. Bundesbürger zu sehen hat und was nicht. Und wer bestimmt dort die Grundsätze? Und selbst ein dt. Justizminister muß sich da zum Kasper machen, um irgendetwas bei einem Konzern zu erreichen. Also, wenn das Brasilien wäre, wäre das schon längst gelöst... Wir haben es aber hier mit viel mächtigeren Strukturen zu tun? Dänemark meint jetzt reagieren zu müssen.

Donald T. u.a. Bewohner des Weißen Hauses weiß das auch.



Ist diese Truppe eine schärferes Schwert der USA als Boeing, Colt, General Dynamics, Northrup Grumman und Co.? Gefährlichere Waffen?

Google wird zum big brother. Suchmaschinen zeigen nur noch, was gezeigt werden soll. Die Autos fahren nur noch nach Firmengrundsätzen.

Kann Trump sie nutzen, oder nutzen sie bereits Trump?

Könnte es passieren, wenn Heiko Maas zu nervig wird, daß auf Google bald nur noch fakenews über ihn zu lesen sind und sein Navi ihn gegen einen Baum fährt? ;)
Die Bedeutung der Nationalstaaten wird durch Digitalisierung und Internet immer mehr abnehmen. Dies ist unumkehrbar und einer der Hauptgründe dafür, weswegen ich mit nationalkonservativen Strömungen und Parteien nichts anfangen kann. Stattdessen bräuchte es stärkere supranationale Institutionen wie UN und EU.
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King Kong 2006
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Brainiac hat geschrieben:(28 Jan 2017, 13:47)

Die Bedeutung der Nationalstaaten wird durch Digitalisierung und Internet immer mehr abnehmen. Dies ist unumkehrbar und einer der Hauptgründe dafür, weswegen ich mit nationalkonservativen Strömungen und Parteien nichts anfangen kann. Stattdessen bräuchte es stärkere supranationale Institutionen wie UN und EU.
Ich habe mir noch nicht eine abschließende Meinung gebildet. Ich halte es für unabdingbar, daß die Hoheitsgewalt für die direkten Belange der jeweiligen Staatsbürger beim Staat bleibt. Natürlich benötigt es aber auch Regulative die Supranational sind.

Wieviel Power können die Tech-Firmen aktuell gegen Trump einsetzen?

Starbucks, Tesla, GE
Trumps Einreiseverbot beunruhigt US-Konzerne

US-Unternehmen kritisieren das von Präsident Donald Trump verhängte Einreiseverbot heftig. Als Reaktion auf die umstrittene Verfügung will Starbucks 10.000 Flüchtlinge einstellen.

Zuvor hatte es bereits Kritikund Reaktionen von Google, Facebook, Microsoft und Twitter gegeben. Die Tech-Konzerne setzen besonders stark auf Experten aus dem Ausland, viele Angestellte stammen aus muslimischen Ländern.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/sozial ... 32262.html
Einige Staaten versuchen sich dagegen zu stemmen.
So will China im Internet kontrollieren

Auf dem Weltkongress des Internets wirbt Chinas Präsident für eine Souveränitätsklausel. Dahinter verbirgt sich ein Freibrief für Zensur – ganz im Sinn von Kongressteilnehmern wie Russland und Iran.

Pekings Führung, die für ihre ausgefeilte politische Zensur des Internet, für die Blockade Tausender Webseiten und die rigorose Verfolgung von Netz-Dissidenten weltweit immer wieder angeklagt wird, dreht jetzt den Spieß um. Staatspräsident Xi Jinping verlangt nach neuen Regeln und einer Reform der Weltordnung des Internet.

Das unbegrenzte Netz soll bald Vergangenheit sein und durch eine sogenannte Souveränitätsklausel eingeschränkt werden. Prinzipien der Souveränität und Gleichheit regelten nach der Verfassung der Vereinten Nationen grundlegend die internationalen Beziehungen zwischen den Ländern und würden dabei jeden Aspekt betreffen.

https://www.welt.de/politik/ausland/art ... ieren.html
Der Iran hat jetzt ein eigenes „nationales Internet“ – ohne Facebook und Co.

Vaezi begründet den Schritt zum isolierten Netzwerk vor allem mit einem deutlichen Zugewinn an Sicherheit. Die Republik habe sich immer wieder mit Hacker-Attacken konfrontiert gesehen, das „nationale Internet“ sei von außen nicht angreifbar. Darüber hinaus habe die bisherige Kontrolle des Internets durch Filter nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Vorteile für Nutzer soll das gigantische Intranet ebenfalls bringen: Anschlüsse sollen günstiger und die Verbindungsgeschwindigkeiten höher werden. Die Regierung wirbt mit einem Übertragungstempo von 4000 GigaByte pro Sekunde.

https://www.wired.de/collection/life/de ... ook-und-co
Unter Trump und Co. kann ich mir das durchaus in ähnlicher Form auch für westliche Staaten vorstellen. Die Cyberkriminalität, der Cyberwar wird oft von Kritikern ins Spiel gebracht.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von schokoschendrezki »

Brainiac hat geschrieben:(28 Jan 2017, 13:47)

Die Bedeutung der Nationalstaaten wird durch Digitalisierung und Internet immer mehr abnehmen. Dies ist unumkehrbar und einer der Hauptgründe dafür, weswegen ich mit nationalkonservativen Strömungen und Parteien nichts anfangen kann. Stattdessen bräuchte es stärkere supranationale Institutionen wie UN und EU.
Klar. Und nicht nur wegen Digitalisierung und Internet sondern auch wegen der Internationalisierung konventioneller Firmen und der Finanzbranche. Paradoxerweise laufen die politischen Entwicklungen gegenwärtig aber genau in die andere Richtung, wieder hin zu den Nationalstaaten.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Können die Tech-Firmen Trump in die Schranken weisen? Einen US-Praesidenten.
Tech kontert Trump

Apple, Google, Microsoft: Große Namen der US-Techonologiebranche gehen auf Konfrontationskurs zu Donald Trump. Im Gerichtsverfahren um seinen Einwanderungsstopp legen sie eine gemeinsame Stellungnahme vor.

http://m.spiegel.de/wirtschaft/unterneh ... 33297.html
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Von Cyborgs (heutzutage eher im medizinisch genutzten Sinne) über mächtige Konzerne und der allgegenwärtigen Vernetzung. Holt uns jetzt die Fiktion ein?
Cyberpunk-Zukunftsvisionen

Die Angstmacher lagen ziemlich richtig

Autoren und Filmemacher des Cyberpunk-Genres entwarfen in den Achtzigerjahren düstere Dystopien - und waren bemerkenswert weitsichtig. Viele ihrer Zukunftsszenarien bewahrheiten sich.

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/cybe ... 36662.html
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Aldemarin
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Aldemarin »

Was wäre eigentlich, wenn der US-Präsident Facebook und Twitter als "Gefährder der nationalen Sicherheit" erklären würde und sie zwingen würde, ihren Betrieb einzustellen?
Occham

Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Occham »

Aldemarin hat geschrieben:(09 May 2017, 18:40)

Was wäre eigentlich, wenn der US-Präsident Facebook und Twitter als "Gefährder der nationalen Sicherheit" erklären würde und sie zwingen würde, ihren Betrieb einzustellen?
Entfernt man einen Kopf, wachsen 2 neue nach.
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Wer hat die Hoheit? Staatsmacht oder Konzerne?

Beitrag von King Kong 2006 »

Aktuell im Falle des Terroranschlags in London hat Premierministerin May neue Anstrengungen gegenüber den digitalen Giganten angekündigt.
Im Verbund mit anderen Demokratien will May die Internet-Giganten stärker unter Druck setzen, damit Rückzugsräume für Islamisten enger werden. Das ist gewiss eine wichtige Absicht. Wie schwierig aber die Umsetzung im Detail ist, lässt sich an deutschen Bemühungen ablesen, Holocaust-Leugner im Internet der Strafverfolgung zuzuführen. Und wie gelingt die Abgrenzung zu staatlicher Zensur à la China oder Russland? Dazu kam von May kein Wort.

derstandard.at/2000058739643-3441/Mays-peinliche-Wahlkampfrede
Justizminister Maas rackert sich seit geraumer Zeit damit ab Facebook klarzumachen, daß in Deutschland deutsche Gesetze gelten und nicht die von Facebook. Manche fühlen sich gegängelt, andere finden dafür Worte des Lobes. Wie immer hängt es wohl auch damit zusammen, wo man steht. Werden fake news, Hassbotschaften etc. kritisiert wird sich so mancher Reichsbürger, Rechtsradikaler und Verschwörungsprofi an George Orwell erinnert haben. Geht es um Hasspredigten und Verführer aus islamistischen Kreisen wird das wohl als überfällig betrachtet werden. Natürlich gibt es noch viele Themen mehr.

Auch das ist eine Folge der Globalisierung. Die Meinungshoheit ist nicht mehr in dem Maße vom Staat dominiert. Zumal jedes Individuum oder Gruppe soviel Meinung bilden kann, wie nie zuvor in der Geschichte der Medien. Die großen digitalen Mediengiganten tragen dies mit. Eine Frage ist, ob sie damit auch die Verantwortung übernehmen und wer kontrolliert die Konzerne (wenn sie auch noch im Ausland beheimatet sind) und wer garantiert, daß nicht irgendwann diese Konzerne bestimmen, was für Informationen verbreitet werden und welche nicht? Was sind die Richtlinien eines Konzernes? Die Ethik? Maßgeblich doch die Bilanz? Meiner Meinung nach sollte der Staat das letzte Wort haben. Aber auch das ist näher zu definieren. Auch China meint das.

Die Verfügbarkeit im Internet macht es möglich sich fast nur noch in "Echo-Räumen" aufzuhalten. Mit einer ganz speziell auf den einzelnen zugeschnittenen Wahrheit und Wahrnehmung. Man ignoriert oder blendet anderen Meinungen und Analysen aus und bedient sich nur noch dort, wo man seiner Meinung nach gut aufgehoben ist. Im Falle der Extremisten und Radikalen und die dafür Empfänglichen eine gefährliche Brutkammer.
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Cyberspace und ISIS

Beitrag von King Kong 2006 »

Zur Zeit tritt das Phänomen auf, das sich Menschen zu Terroristen umfunktionieren lassen, die niemals in den Gebieten waren, in denen z.B. der ISIS herrscht. Sie haben keine militärische Ausbildung. Sie fielen auch nie auf. Nicht mal in hot spots der islamischen Gemeinden in Europa. Der ideale Terrorist, der im Vorfeld gar nicht auf dem Radar auffällt. Er wurde durch die digitalen Medien erreicht und radikalisiert. Sie fanden im Cyberspace zum Radikalismus. Und wurden als Attentäter umfunktioniert.
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King Kong 2006
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Sieht ein Computer mehr? Und wem gehört dieses Wissen?

Beitrag von King Kong 2006 »

Gesichtserkennung

Zeig mir ein Foto und ich sag dir, ob du schwul bist

Man kann einem Menschen nur vor den Kopf gucken, sagt man: Was drin ist, bleibt geheim. Außer für Rechner: Die erkennen sogar sexuelle Orientierungen anhand von Fotos - eine Erkenntnis mit Implikationen.
Natürlich haben die Wissenschaftler aus Sorge so ein Programm entwickelt.
In einer zwei Tage nach der Studie veröffentlichten Stellungnahme schreiben sie: "Wir haben kein Werkzeug gebaut, um in die Privatsphäre von Menschen einzudringen. Wir haben existente Technologien studiert, die bereits von zahlreichen Unternehmen und Regierungen eingesetzt werden, um zu sehen, ob diese ein Risiko für die Privatsphäre von LGBTQ-Individuen darstellen. Es hat uns zutiefst erschreckt, das bestätigt zu finden."
Programmierter Missbrauch

Tatsächlich? Kann man einem Menschen die sexuelle Grundorientierung also an der Stirn ablesen? Wenn es nach Shai Gilboa geht, dem Chef des israelischen Unternehmens Faception, dann ist das so: "Unser Persönlichkeit wird von unserer DNS bestimmt und spiegelt sich in unseren Gesichtern."

Sein Unternehmen vermarktet Software, um genau das zu tun: potenzielle Gewalttäter zu erkennen, Extrovertierte von Introvertierten zu scheiden, Pädophile zu finden. Oder wen auch immer. Die Software kann man kaufen, sie zielt auf Terror-Prävention, was heute so gut wie alles rechtfertigt, ist aber auch "vielseitig einsetzbar", wie man so sagt.
Noch gruseliger wurden die Ergebnisse, wenn man dem Rechner fünf Bilder einer Person vorlegte. Dann erkannte die Software 91 Prozent der homosexuellen Männer und 83 Prozent der Frauen.
Wenn es stimmt, dass Rechner Homosexualität anhand von Gesichtsproportionen erkennen können, würde das bedeuten, dass sie im Wortsinn "körperlich" wäre - eventuell bis hinab auf die genetische Ebene oder Entwicklungseinflüsse in der Schwangerschaft. Indizien dafür gibt es seit langem, schlüssige Beweise stehen aus.
Dass sich beispielsweise Eigenschaften wie erhöhte Aggressivität in männlichen Gesichtern durch bestimmte Merkmale andeuten, ist seit langem bekannt - erhöhte Testosteron-Pegel sorgen für die Ausprägung bestimmter Merkmale. Aus solchen Merkmalen dann aber einen Verdacht oder eine konkrete Eigenschaft abzuleiten, wäre fatal. Es ist eine Sache, zu beobachten, dass viele aggressive Männer breitere Gesichter haben. Es ist etwas völlig anderes, aus einem breiten Gesicht auf Aggression zu schließen.

Doch genau das, sagt Michal Kosinski, täten manche Staaten und Unternehmen schon längst. Kosinski gehört zu den weltweit führenden Experten dafür, aus Verhalten, Auftreten oder Erscheinungsbild von Menschen Eigenschaften abzuleiten.
2013 deduzierte er mit Software-Hilfe überraschend akkurate Einschätzungen über die ethnische Zugehörigkeit von Facebook-Like-Vergebern, ihr Alter, ihren IQ, ihre sexuelle Orientierung, über Charaktereigenschaften, Drogenabhängigkeiten und politische Grundeinstellungen. 2015 kontrastierte er diese Daten mit Befragungen direkter Verwandter und Bekannter solcher Like-Vergeber. Die Software erwies sich als rund 20 Prozent treffsicherer als die Durchschnitts-Bezugsperson.

Auch für Kosinski selbst sind diese beeindruckenden technologischen Möglichkeiten vor allem Horrorszenarien. Science Fiction sind sie dabei keineswegs: Der Forscher hält die zunehmende Anwendung solcher Techniken und ihren Missbrauch für immanent und kaum vermeidbar, die Privatsphäre von Menschen werde zwangsläufig weiter erodieren.

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpoli ... 66971.html
Schon jetzt kann man anhand reiner Onlinedatensammlungen sehr gute Profile von Menschen erstellen. Bei einem Zaubertrick wurde dies mal in einem Bericht dargestellt. Ein Magier bat Leute von der Straße zu sich. Im Vorfeld erfragte er wohl den Namen der Person. Dann gings los. Nebenan saßen Leute am Rechner die dann nur mit diesen Daten Online ein Profile von dem Probanden erstellten und per Ohrknopf dem Magier kommunizierten. Der zauberte dann alles mögliche an Hintergrundwissen von den Probanden hervor. Die waren überwältigt von seinen magischen Fähigkeiten.

Die Frage lautet eben immer, wer sammelt was und wer stellt damit was an? Vermutlich wissen die großen IT-Konzerne mehr von den Bürgern, als der Staat und diese von sich selbst wissen.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Shellsort »

Die Frage lautet eben immer, wer sammelt was und wer stellt damit was an? Vermutlich wissen die großen IT-Konzerne mehr von den Bürgern, als der Staat und diese von sich selbst wissen.
Und was interessiert das den unschuldigen Bürger?
Meine Fragen sind nur Fragen, und gegen niemanden gerichtet.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Shellsort hat geschrieben:(12 Sep 2017, 20:49)

Und was interessiert das den unschuldigen Bürger?
Bist du unschuldig?
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Shellsort »

King Kong 2006 hat geschrieben:(12 Sep 2017, 21:13)
Bist du unschuldig?
Das ist niemand, und deshalb ist diese Frage komplett irrelevant.
Meine Fragen sind nur Fragen, und gegen niemanden gerichtet.
Auch wenn sie blöd klingen...
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Shellsort hat geschrieben:(12 Sep 2017, 21:21)

Das ist niemand, und deshalb ist diese Frage komplett irrelevant.
Dann ist deine Frage irrelevant. Ist es damit beantwortet?
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Shellsort »

King Kong 2006 hat geschrieben:(12 Sep 2017, 21:36)
Dann ist deine Frage irrelevant. Ist es damit beantwortet?
Tschuldige, ich hätte deutlich machen sollen, dass der obrige Post ironie enthält.
Aber trotzdem, gut gekontert.
Meine Fragen sind nur Fragen, und gegen niemanden gerichtet.
Auch wenn sie blöd klingen...
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Shellsort hat geschrieben:(12 Sep 2017, 21:39)

Tschuldige, ich hätte deutlich machen sollen, dass der obrige Post ironie enthält.
Aber trotzdem, gut gekontert.
Achso. Meistens erkenne ich das.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Ein Buch zum Thema:
"Noch nie war ein Unternehmen so dominant wie Amazon" INTERVIEW ANDRÁS SZIGETVARI

Für die Gesellschaft sei Innovation wichtiger als alles andere, sagt Autor Scott Galloway. Darum konnten die US-Technologiefirmen so viel Einfluss erlangen

Seitdem Scott Galloways Buch* über Amazon, Apple, Facebook und Google erschienen ist, avancierte er zum Medienstar. Galloway, Professor für Marketing in New York und selbst Gründer mehrerer Unternehmen, argumentiert, dass die vier dominanten US-Technologiekonzerne zu viel politische und wirtschaftliche Macht besitzen. Durch die Ermittlungen in den USA wegen russischer Manipulationen im Präsidentschaftswahlkampf via Facebook, Twitter und Google, ist das öffentliche Interesse für das Thema in Übersee immens gestiegen.
STANDARD: Warum differenzieren Sie zwischen den US-Technologiekonzernen nicht stärker? Zwischen Apple und Facebook, ihren Produkten und ihrer Stellung, gibt es ja gewaltige Unterschiede. Was verbindet alle überhaupt?

Galloway: Es sind die vier mächtigsten Konsumentenunternehmen der Welt. Sie haben Angebote an Unternehmenskunden, aber im Wesentlichen produzieren sie für Konsumenten. Sie wecken zudem in einem beispiellosen Ausmaß fundamentale Instinkte in uns. Google befriedigt auf gewisse Weise unseren Drang nach einem Superwesen, nach einer göttlichen Autorität. Wohlhabende Industriestaaten haben alle die gleiche Entwicklung durchgemacht. Der Glauben geht zurück, Menschen gehen seltener in die Kirche. Die tiefsitzenden Ängste sind aber gleich geblieben. Es gibt eine Lücke, die Google füllt. So sind viele der Anfragen bei Google noch nie gestellt worden. Facebook erfüllt unser Bedürfnis nach Liebe und unser Bedürfnis andere zu lieben.

STANDARD: Wo setzen Amazon und Apple an?

Galloway: Die größte Vernichtungsmaschine in der Menschheitsgeschichte war Hunger. Es ist daher unser Urtrieb, dass wir ständig mehr wollen. Nach Schätzungen verfügen Menschen über zehn bis 100 mal mehr Dinge, als sie brauchen. Genau das macht doch Amazon aus: Das Unternehmen kann sicherstellen, dass wir ständig mehr haben können, als wir brauchen. Apple schließlich ist in vielerlei Hinsicht ein Symbol der Sexualität. Die Apple Produkte signalisieren Stil, Wohlstand, in gewisser Weise zeigt Apple, dass wir gute Gene haben. Gott, Liebe, Konsum, Sex: All das sind Funktionen unser selbst als Menschen. Die Unternehmen haben diese Instinkte genommen und neu zusammengebaut.


Wie wird man dieser Macht Herr? Durch Politik?
STANDARD: Was folgt aus all ihren Thesen?

Galloway: Das kommt darauf an, über wen wir reden. Sprechen wir über Konsumenten, dann würde ich sagen: Genießen sie weiter die Vorzüge der Angebote der Technologieunternehmen. Sprechen wir über Studenten, würde ich ihnen empfehlen, Amazon, Apple und Co genau zu studieren um herauszufinden, warum gerade sie diese Machtfülle und Marktdominanz erringen konnten. Sprechen wir über Staatsbürger, würde ich diesen empfehlen, dass sie für Politiker stimmen, die diese Unternehmen zur Verantwortung ziehen, etwa wenn es darum geht, Steuern zu bezahlen. Es sollte den Unternehmen auch nicht erlaubt sein, die Behörden anzulügen.

derstandard.at/2000068463920/Noch-nie-war-ein-Unternehmen-so-dominant-wie-Amazon
Auch hier haben wir dann wieder die Frage, "Primat der Politik" oder "Primat der Ökonomie"? Wer bestimmt? Haben die Politiker noch die Kontrolle?

Im Grunde genommen entwickeln sich die Technologieriesen in beispielloser Art und Weise. Noch vor nicht allzulanger Zeit wirkt die Orwellsche Dystopie, daß der große Bruder bis in die eigenen Vier Wände watchen konnte noch als ein politisches Schreckgespenst. Die Technologieriesen sind da viel weiter? Siri, Alexa und wie sie heißen. Sie hören genau, was wir tun und wollen. Amazon, Apple, Google usw. Selbst Microsoft erzürnte die Fans, als ein Konsolenmodell verlangen sollte mindest einmal am Tag online zu gehen und das Micros und Kamera am Gerät in der Bude ihr Unwesen treiben können, egal ob man gerade spielt oder nicht.

Zwar ist die Utopie, daß man alles per Sprache steuern kann ganz reizvoll, aber gleichzeitigt können die Micros und Kameras, Interface auch in eine Art und Weise - theoretisch - agieren, davon haben die Sowjets und Orwell geträumt. Von diesen Möglichkeiten.
Wie Europa die US-Technologie-Giganten bändigen will

Angeführt von einer dänischen Politikerin will die EU dafür sorgen, dass Amazon, Apple, Google und Facebook ihre Macht nicht missbrauchen. Ob das gelingt?
Unbehagen allein reicht nicht

Kann man einem Unternehmen wie Facebook überhaupt nachsagen, seine Monopolstellung zu missbrauchen, wenn es seine Dienste kostenlos anbietet? Wer sind die Verlierer? Amazon wächst, der Konzern erzielt in Österreich bereits mehr Umsatz als Ikea. Damit steigt der Druck auf den stationären Handel. Doch für Konsumenten sind die zusätzlichen Alternativen mit Amazon eher gestiegen denn gefallen.

Der deutsche Kartellrechtsexperte Justus Haucap mahnt zur Vorsicht. Das Unbehagen an den IT-Giganten kann er nachvollziehen. Aber nur, weil ein Unternehmen rasant wächst, dürfe man nicht von Marktmissbrauch ausgehen. In vielen Fällen existiere nicht einmal Marktmacht. Im Vergleich zum stationären Handel sei Amazon nur ein Player von vielen. Zudem: Viele Menschen störten sich gar nicht daran, Daten herzugeben.

derstandard.at/2000068450572/Wie-Europa-die-US-Technologie-Giganten-baendigen-will
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Tom Bombadil »

King Kong 2006 hat geschrieben:(25 Nov 2017, 19:30)

Wie wird man dieser Macht Herr? Durch Politik?
Durch gescheite Steuer-, Konzern- und Antitrust-Gesetze. Die Politik ist aber dazu viel zu feige, Politiker lassen sich schmieren und erpressen ("Machst du nicht was ich will, dann bau ich Arbeitsplätze ab!"). Deswegen gibt es auch immer noch jede Menge Steueroasen und ohne Ende Korruption (v.a. in der Dritten Welt). Wer in Deutschland verkaufen will, muss in Deutschland Arbeitsplätze schaffen und Steuern auf seine deutschen Gewinne zahlen, irgendwelche Tricksereien mit Offshore-Firmen werden nicht mehr genehmigt und akzeptiert, fertig. Wenn sich Konzerne damit nicht arrangieren können, müssen sie eben auf den deutschen Markt verzichten. Und das würde kein Unternehmen tun.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
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Trump-Administration schafft Netzneutralität ab

Beitrag von King Kong 2006 »

Breitband in Trump-Land: Netzneutralität in Gefahr

In den USA gibt es Bestrebungen, das Prinzip des diskriminierungsfreien Datenverkehrs weitgehend abzuschaffen. Damit wäre der freie Zugang zu Informationen nicht mehr garantiert.

https://www.badische-zeitung.de/komment ... 38804.html
WER ZAHLT, WIRD BEVORZUGT

USA killen die Netz-Neutralität

US-Präsident Donald Trump (71) hatte den Vorsitzenden der FCC, Ajit Pai, selber ernannt. Dieser hatte den Antrag für die Veränderungen der entsprechenden Regeln vorgeschlagen. Der Vorstand stimmte mit drei zu zwei Stimmen dafür und drehte damit die Bestimmungen von Obama zurück.

http://www.bild.de/politik/ausland/inte ... .bild.html
Die USA schaffen ihre Netzneutralität ab: Was alles dahintersteckt

Die US-Telekom-Aufsicht FCC wird wohl die Netzneutralität in den USA abschaffen. Dabei geht es nicht nur um das Ende des offenen Internets, sondern um neue Geschäftsmodelle, kommerzielle Überwachung und die digitale Zukunft.
Sollte nun am Donnerstag die FCC, wie allgemein erwartet, mit ihrer seit der Wahl von US-Präsident Donald Trump industriefreundlichen Mehrheit im entscheidenden Gremium die Regeln tatsächlich rückgängig machen, dann dürften solche Methoden aber zur neuen Normalität werden. Zumindest in den USA gäbe es dann kein offenes, freies Internet mehr, sondern nur noch ein durch und durch kommerzialisiertes Netz, das sich jetzt schon zunehmend zur Spielwiese für eine Handvoll übermächtiger Plattformen verwandelt. Und allein im US-Telekommunikationssektor hat sich die Marktkonzentration in den vergangenen Jahren rasant erhöht. Den meisten US-Bürgern stehen nur ein, bestenfalls zwei Netzbetreiber zur Verfügung, denen sie auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind.

https://netzpolitik.org/2017/die-usa-sc ... tersteckt/
Damit bekommen die großen Konzerne, nicht nur die reinen Netzanbieter, in den USA enormen Einfluß auf Staat und Gesellschaft. Da die USA ein großes Land sind, wird das Auswirkungen auf globaler Ebene haben. Allerdings sind in Europa und Deutschland die Rechte und die Neutralität (noch) in diesem Kontext geschützt.
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
immernoch_ratlos
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von immernoch_ratlos »

Hi King Kong,

nun ich hoffe das artet nicht gleich so aus wie andere "Diskussionen" hier. Hab mir mal Deine beiden Sätze angesehen :
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
und mit Thementitel verglichen. Lässt man Trump weg, kann das problemlos "weltweit" angewandt werden.
[center]Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
§ 6 Rechte des Betroffenen
[/center]

(1) Die Rechte des Betroffenen auf Auskunft (§§ 19, 34) und auf Berichtigung, Löschung oder Sperrung (§§ 20, 35) können nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(2) Sind die Daten des Betroffenen automatisiert in der Weise gespeichert, dass mehrere Stellen speicherungsberechtigt sind, und ist der Betroffene nicht in der Lage festzustellen, welche Stelle die Daten gespeichert hat, so kann er sich an jede dieser Stellen wenden. Diese ist verpflichtet, das Vorbringen des Betroffenen an die Stelle, die die Daten gespeichert hat, weiterzuleiten. Der Betroffene ist über die Weiterleitung und jene Stelle zu unterrichten. Die in § 19 Abs. 3 genannten Stellen, die Behörden der Staatsanwaltschaft und der Polizei sowie öffentliche Stellen der Finanzverwaltung, soweit sie personenbezogene Daten in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung speichern, können statt des Betroffenen die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit unterrichten. In diesem Fall richtet sich das weitere Verfahren nach § 19 Abs. 6.

(3) Personenbezogene Daten über die Ausübung eines Rechts des Betroffenen, das sich aus diesem Gesetz oder aus einer anderen Vorschrift über den Datenschutz ergibt, dürfen nur zur Erfüllung der sich aus der Ausübung des Rechts ergebenden Pflichten der verantwortlichen Stelle verwendet werden.
Klingt toll und man ist beruhigt. - Zuviele "Flüchtlinge" ? - einfach die Grenzen verschließen / besser bewachen usw. usf

Interessantes Phänomen - viele - wohl die allermeisten glauben an solche einfachen Botschaften. Ja damit kann man zur stärksten Partei aufrücken. Das "Netz" ist inzwischen "grenzenlos". Schon wenn ich diesen Beitrag absende, habe ich jegliche Kontrolle darüber verloren. Wenn man zuviel weiß, ist es für Menschen schwierig noch den Überblick zu behalten - da wird selbst die einfachste Entscheidung schwierig. Wer allerdings über die aktuellen "Werkzeuge" verfügt - besser diese kontrolliert - kann alles damit anfangen.

Wo doch alle über KI sprechen - warum "versteht" Tante Google nicht längst wenigstens einfache Sätze ? Weil das der Manipulation die schlicht Geld bringt, keinen Nutzen bringt. Das wäre ja noch schöner, wenn jeder auf Nachfrage sofort die gewünschten Daten erhalten würde. Da wäre das "Ranking" für das richtig Geld fließt praktisch unmöglich. Bin sicher, wenn es jemand schaffen sollte eine Suchmaschine so zu komponieren, bei der nicht nur finanziellen Macht die dieser Konzern darstellt, würde "man" einfach die Rechte aufkaufen und Schluss damit. Anders "jemand" der heute einen Datenbestand durchsuchen lassen möchte. Längst eine Frage des Geldes. Wer KI wie "Watson" für seine Interessen nutzen kann, weiß sehr schnell "was des Pudels Kern" ist.

Das man nun für unterschiedlichen Zugangskriterien "Klassen" schafft, ist schon nahezu "naturgesetzlich". Im übrigen konnte man niemals zuvor so "hilfreich" bei der Bewältigung von "Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen" sein. Es werden überall einfache Lösungen angeboten - denken verboten. Letzteres ist sehr einfach durchsetzbar - wesentlich einfacher als das Gegenteil. Wenn es sich jemand "ganz oben" so offen leisten kann, irgendwelche offensichtlichen Unwahrheiten zu "alternativen Fakten" da entspricht semantisch "true lies" ("wahre" Lügen). Wachsende Bevölkerungsschichten sind damit höchst zufrieden. Waren es früher auch schon - nur eben nicht so einfach manipulierbar wie heute.

Wer sich mal im Lager der Verschwörungsszene umgesehen hat, gibt recht schnell den Gedanken auf, mit Wissen - also nicht mit "alternativem Wissen" - tatsächlich etwas bewirken zu können. Jeder kann sich heute die Welt die ihm behagt problemlos selbst schaffen. Das wird "hier" - wie sollte es ausgerechnet hier anders sein :?: - doch schnell sichtbar.

Es wäre doch eine schöne "Aufgabe" auf ein Forum die geballte Kraft heutiger "Datenverarbeitung" loszulassen, um möglichst über jeden hier ein "rundum Profil" zu erstellen.

Nicht das ich Dich angreifen oder sonst wie feindlich Absichten hege Tom - glaubst Du wirklich daran, dass auch nur die Aussicht, auf all die schönen Gesetze die Du völlig völlig zu recht forderst, besteht ? Die rund 200 Nationalstaaten die es gegenwärtig noch gibt sind gerade noch souverän genug (nicht wirklich alle) um wenigsten im eigenen Land etwas durchzusetzen. Ein ganz Menge davon sind Diktaturen, wo einiges "leichter" fällt, als das in den wenigen echten Demokratien der Fall ist. Sobald jedoch die Landesgrenze überschritten wird, übernehmen andere - nicht etwa gezielt wie das die Verschwörungstheorien behaupten - die "Leitung". Mit mühsam ausgehandelten Verträgen versuchen Staaten das "irgendwie" zu regeln. Man installiert supranationale Gerichtshöfe und ignoriert sie dann. Wen wundert es dann noch, wenn z.B. bei der leidigen Abgassache - auch Europäer - deren Rechtsprechung einfach ignorieren ? Missliebige wissenschaftlich Erkenntnisse werden nicht nur ignoriert, sondern geradezu freudig bekämpft. Nachzulesen überall hier im Forum. Was nicht passt, wird einfach ignoriert. Das ist doch eine wunderbare Einladung an alle, deren Geschäft die Massenmanipulation ist.
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rifk
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von rifk »

Finde es immerwieder lustig, wie in Amerika, dem Land der Freiheit, jetzt die Netzneutralität abgeschafft wurde. Ist das nicht ein Oxymoron? :?:
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King Kong 2006
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

In der Tat nicht ungefährlich. Die Technik schreitet voran. Irgendwann wird man es auf dem ersten Blick nicht mehr merken, ob da technisch gefaked wurde. In Anbetracht dessen, daß Verschwörungsanhänger schon bei weniger anspruchsvollen Ereignissen zu begeistern sind, ist das eine gefährliche Entwicklung.
Ein angebliches Obama-Video soll vor einer Gefahr für die Demokratie warnen

Seit Dienstagabend sorgt ein digital bearbeitetes Video des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama im Netz für Diskussionen. In dem Video, das auf die Gefahren manipulierter Inhalte im Netz und auf die Weiterentwicklung von Fake News aufmerksam machen soll, wird US-Präsident Donald Trump von seinem Amtsvorgänger vermeintlich als „totaler Volldepp“ bezeichnet.

Etwa bei der Hälfte des Videos, das das US-Onlineportal „Buzzfeed“ am Dienstag veröffentlicht hat, wird aufgelöst, dass Oscar-Preisträger Jordan Peele die Stimme des früheren US-Präsidenten imitiert. Zudem wurden Peeles Mundbewegungen digital in das Video eingefügt.

Hier seht ihr das ganze Video:

https://www.businessinsider.de/ein-ange ... nen-2018-4
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Wie sehr digitale Medien das Leben und die Realität bestimmen können sieht man an Projekt Dragonfly von Google.

In dieser von Google geplanten Realität kommen "Menschenrechte" und "Demokratie" nicht mehr vor. Und das ist kein Projekt eines totalitären Staates. Sondern eines Konzerns aus dem Westen. Um Geld zu verdienen.
Projekt "Dragonfly"

Google soll zensierte Suche für China planen

Eine Android-App, die Suchbegriffe wie "Menschenrechte" und "Demokratie" blockiert? Mehreren Medienberichten zufolge will Google mit einer solchen Suchmaschine zurück auf den chinesischen Markt.
Google will Medienberichten zufolge eine Suchmaschine auf den chinesischen Markt bringen, die Suchbegriffe wie Menschenrechte, Demokratie oder friedliche Proteste zensiert und den Zugriff auf bestimmte Websites blockiert.
Amnesty-International-Forscher Patrick Poon in Hongkong aber geht davon aus, dass die Berichte stimmen und befürchtet "einen Sieg für die chinesische Regierung". "Es sendet ein Signal, dass sich niemand mehr die Mühe macht, die Zensur herauszufordern." Er fragte auch, wie Google dann die Privatsphäre seiner Nutzer schützen werde: "Wird Google auch einknicken und persönliche Daten herausrücken, sollten die chinesischen Behörden das verlangen?"

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/proj ... 21306.html
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Tom Bombadil »

King Kong 2006 hat geschrieben:(02 Aug 2018, 09:31)

Und das ist kein Projekt eines totalitären Staates.
Aber ganz sicher ist die „Great Firewall of China“ ein Projekt des totalitären Staates "Volksrepublik China".
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(02 Aug 2018, 11:32)

Aber ganz sicher ist die „Great Firewall of China“ ein Projekt des totalitären Staates "Volksrepublik China".
Aber Google ist kein Projekt der Volksrepublik. Wenn sie tatsächlich bestimmte Worte herausfiltern, dann kann man nicht Peking dafür verantwortlich machen. Oder sind sie gegenüber Google Weisungsbefugt?
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Digitale Medien werden im Kontext des Infowars in den USA (Twitter vs. Donald Trump z.B) auch schon als vierte Macht bezeichnet. Wer sie beherrscht kann vortrefflich darauf spielen, wie Trump es tat. Aber es ist ein zweischneidiges Schwert. Wie er jetzt auch merkt.

In den letzten Jahren sind social networks fast so ein Paralleluniversum geworden.
Zu Beginn des Internets wurde dies noch heroischer postuliert. Freie Meinungsäußerung. Sozusagen eine grass roots Demokratisierung von unten. Der kleine Mann und die kleine Frau bekommen eine Stimme. Auch in weniger demokratischen Staaten. Auch könnte jeder ein Star werden. Inzwischen sieht man, daß es dort aber auch ein Rudelverhalten gibt und man dort erhebliche Lenkungswirkungen erzeugen kann. Mit staatsbeinflußender Macht. Mit Heerscharen von Anhängern krudester Ideen. Nicht mehr erreichbar. Man hat offenbar damals "Echokammern" und "Blasen" nicht wirklich auf der Rechnung gehabt. Es öffnet die Meinungs- und Ideebildung, verstärkt und vergrößert aber in gleicher Weise extreme Haltungen.

Auf Telegramm tummeln sich mittlerweile ein Haufen Radikale jeder Coleur. Parler wurde als App von Apple und Google schon rausgeworfen. Telegramm ist auch ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite eine Fluchtburg und Brutkammer radikaler Strömungen geworden, auf der anderen Seite wollte man dies nie richtig angehen, da die Idee besteht, daß dort auch Oppositionelle mancher Staaten sich austauschen und organisieren können.

Kritiker halten Twitter und Facebook vor politisch, ideologisch zu zensieren. Andere halten diesen vor Radikale dort agieren zu lassen. Dann gebe es aber eine US-Geseztgebung die da kein Problem hat und Berlin auf seine Gesetze dazu verweist. Ein durcheinander. Muß es stärker reglementiert werden? Oder ist das Zensur? Oder müssen die große digitalen Konzerne zerschlagen werden? Warum? Und mit welcher Berechtigung?

Nach dem industriellen Zeitalter haben wir jetzt das digitale Zeitalter. Womöglich müssen Fragen der Staatsführung hier anders gedacht werden. Mit den Datenschutzgesetzen hat man versucht rechtlich mit der technologischen und sozialen Entwicklung mitzuhalten. Vielleicht braucht es noch mehr auf anderen Gebieten dazu.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Brauchen wir eine Herdenimmunität?
Forscher über soziale Netzwerke

»Wir brauchen Herdenimmunität gegen Desinformation«

Falschinformationen im Netz werden zu einer Ware, die global gehandelt wird, warnt Phil Howard, Direktor des Oxford Internet Institute. Der Kommunikationsforscher fordert strengeres Eingreifen.

https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpol ... 26d5d292aa
Ich meine ja. Jede Gesellschaftsform braucht Regeln, die natürlich abgewogen sein müssen. Aber ich kann mich auch nicht öffentlich irgendwo hinstellen und Hetzreden halten, Plakate mit Galgen hochhalten mit z.B. Merkel oder Gates drauf und erwarten, daß das so durchgeht. Wobei, es geht schon. Z.B. in Sachsen. Dasselbe gilt für das Internet.
Neue Oxford-Studie

Täuschung im Netz wird zum globalen Phänomen

Von russischen "Trollen" haben viele Deutsche schon gehört. Jetzt zeigt eine neue Untersuchung: Politische Desinformation im Netz nimmt weltweit rasant zu.
Die Regierungen in 26 Ländern versuchen demnach die öffentliche Meinung zu beeinflussen, um grundlegende Menschenrechte zu unterdrücken, politische Opponenten zu diskreditieren und abweichende Meinungen zu übertönen.

Meist werden Techniken wie Bots, falsche Accounts in den sozialen Medien oder bezahlte „Trolle“ eingesetzt, um die Öffentlichkeit im eigenen Land zu beeinflussen. Sieben Ländern wurde von Facebook und Twitter aber bescheinigt, Nutzer von sozialen Medien im Ausland anzusprechen. Dabei handelt es sich um China, Indien, Iran, Pakistan, Russland, Saudi-Arabien und Venezuela. Besonders China sei in Bezug auf globale Desinformation zu einem „major player“ (Hauptakteur) aufgestiegen, der Facebook, Twitter und Youtube in aggressiver Weise nutze, urteilt die Studie. Dies sei ein Fakt, der Demokratien durchaus beunruhigen solle.

https://www.tagesspiegel.de/politik/neu ... 58606.html
Der Iran wird erwähnt. Als ein Beispiel. Bleiben wir da. Der Iran hat erheblich in den letzten Jahren in Punkto Cyberwar aufgerüstet. Stuxnet und massive Angriffe auf seine Infrastruktur waren ein harter Lehrmeister. Mittlerweile werden ihm ebenso massive Angriffe auf Netzwerke von Staudäummen, der Energieversorgung und Banken in den USA oder anderen Staaten unterstellt. Aber das ist kein Infowar. In Sachen Infowar war bis Mitte der G.W.Bush Regierung, wenn man auf Google unter Images Iran eingab sofort nur drei Alternativen zu sehen. Galgen, Raketen, Mullahs. Immer. Als sich die Lage schon unter Bush gegen Ende seiner Amtszeit entspannte war das plötzlich - fast - ganz weg. WTF? Wieso, warum? Jetzt sah man die Denkmäler von Dichtern wie Hafez, Lächelnde Iranerinnen, schöne Landschaften, antike Bauwerke usw. Dieser Wechsel erfolgte praktisch in wenigen Wochen. Das hat jemand natürlich verändert, falls keine Paranoia vorliegt. Ob jetzt die Infowar-Abteilung der USA (auch die haben Progandaabteilungen), Irans oder wer auch immer. Google war sozusagen der Wirt, der Träger dieses aggressiven Virus. Oder mischen sie mit? Oder werden sie nur instrumentalisiert? Bis zu diesem Zeitpunkt war das Bild, das man unter Images dort fand ein gefährliches Bild Irans. Danach nicht mehr. Das ist kein Zufall. Der Krieg der Bilder gehört zum Infowar des digitalen Zeitalters.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von streicher »

"Herdenimmunität gegen Desinformation" finde ich einen echt interessanten Begriff, allerdings auch gut gewählt. Es stimmt, im Informationszeitalter, in dem wir uns befinden, wird um Information gekämpft, um ihre Verbreitung und auch, welche Information als eine tatsächlich wahre Information tituliert wird, und: ob fake news zu "Wahrheiten" gemacht werden und damit eine neue Wirklichkeit aufgezogen werden soll.

Zur Macht der Bilder: ein Bild kann zum Beispiel auch tatsächlich am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt aufgenommen sein, also eine "wahre Momentaufnahme", nur dadurch, dass man den Ausschnitt, welches ein Bild immer darstellt, gezielt weiter zuschneidet, kann man gezielt einen Eindruck erwecken oder verstärken.
Die Zukunft ist Geschichte.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Kohlhaas »

streicher hat geschrieben:(14 Jan 2021, 13:58)

"Herdenimmunität gegen Desinformation" finde ich einen echt interessanten Begriff, allerdings auch gut gewählt. Es stimmt, im Informationszeitalter, in dem wir uns befinden, wird um Information gekämpft, um ihre Verbreitung und auch, welche Information als eine tatsächlich wahre Information tituliert wird, und: ob fake news zu "Wahrheiten" gemacht werden und damit eine neue Wirklichkeit aufgezogen werden soll.

Zur Macht der Bilder: ein Bild kann zum Beispiel auch tatsächlich am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt aufgenommen sein, also eine "wahre Momentaufnahme", nur dadurch, dass man den Ausschnitt, welches ein Bild immer darstellt, gezielt weiter zuschneidet, kann man gezielt einen Eindruck erwecken oder verstärken.
Bilder sind grundsätzlich "gefährlich". Sie können nicht erst bei der "Nachbearbeitung" manipuliert werden. Schon die Auswahl des Motivs kann "manipulativ" sein. Auf jeden Fall ist die Motivwahl subjektiv. Das ist nicht schlimm, es ist auch gar nicht anders denkbar. Sorry, ich schweife ab.... Liegt daran, dass ich selbst fotografiere und ein großer Freund journalistischer Fotografie bin.

Zum Thema: Die Sache mit der "Herdenimmunität" verstehe ich so, dass die denk- und kritikfähige Mehrheit der Menschen aufgerufen ist, die Desinformationen, die in gewissen Nachrichtenblasen verbreitet und vervielfältigt werden, nicht unwidersprochen zu lassen. Das Beispiel "Trump" hat den Beweis erbracht, dass die asozialen Medien eine echte Gefahr für die Demokratie sind. Begegnen kann man diesem Problem nur, wenn man die Nutzer dieser Medien zwingt, keine Lügen zu verbreiten. Keine Ahnung, wie das gehen soll. Die Alternative liegt darin, dass alle anderen Menschen den Lügen konsequent entgegentreten.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Astrocreep2000 »

King Kong 2006 hat geschrieben:(13 Jan 2021, 17:38)
Kritiker halten Twitter und Facebook vor politisch, ideologisch zu zensieren. Andere halten diesen vor Radikale dort agieren zu lassen. Dann gebe es aber eine US-Geseztgebung die da kein Problem hat und Berlin auf seine Gesetze dazu verweist. Ein durcheinander. Muß es stärker reglementiert werden? Oder ist das Zensur? Oder müssen die große digitalen Konzerne zerschlagen werden? Warum? Und mit welcher Berechtigung?

Nach dem industriellen Zeitalter haben wir jetzt das digitale Zeitalter. Womöglich müssen Fragen der Staatsführung hier anders gedacht werden. Mit den Datenschutzgesetzen hat man versucht rechtlich mit der technologischen und sozialen Entwicklung mitzuhalten. Vielleicht braucht es noch mehr auf anderen Gebieten dazu.
Mir missfällt, dass für digitale Medien offenbar andere Regeln gelten sollen, als für die klassischen Printmedien: Eine Zeitung kann einen Leserbrief abdrucken mit dem Hinweis, dass sie sich von dort getätigten Aussagen distanziert. Wenn diese Aussagen aber einen Straftatbestand erfüllen (z.b. Leugnung des Holocaust), dann macht sich auch die Zeitung strafbar. Sie wird also prüfen, was sie veröffentlicht.

Ich finde, dasselbe müsste für Facebook & Co. gelten. Ja, da ist eine Masse mehr zu prüfen - aber die verdienen "damit" ja auch eine Masse mehr Geld und das Geschäftsmodell müsste eben beinhalten, die nötigen Kosten zur Prüfung (ob durch Menchen oder KI/Algorithmen) tragen zu können. Wenn sich das nicht rechnet, muss Zuckerberg sein Geld eben mit etwas anderem verdienen. Simple as that.

Maßstab, was zensiert wird, wäre natürlich nicht das Ermessen oder die politische Färbung von Facebook & Co. sondern die Gesetzte des jeweiligen Landes.

Will sich der Betreiber denen nicht unterordnen, darf er sein Geschäftsmodell nicht betreiben.

Für mich wäre das als ganz einfach, ich weiß nicht, warum man die Digitalwirtschaft da anders behandelt als die analoge Wirtschaft und warum man das überhaupt diskutieren muss?

Ich vermute, die Digitalisierung wurde in diesem Bereich einfach zu lange zu unkritisch gesehen wurde, die Entwicklung und deren Kehrseiten unterschätzt (wir lernen aber auch wenig daraus, siehe, wie momentan das "Digitale Lernen" als Allheilmittel verkauft wird).

Du hast es weiter oben ja auch schon angesprochen: Was haben wir Mitte/Ende der 90er an den Unis gejubelt, welche Versprechen nach Demokratisierung und Chancengleicheit waren mit dem "www" verbunden - und was ist davon übrig geblieben? Für diejenigen, die es Dank Bildung zu nutzen wissen, ist es ohne Zweifel ein mächtiges Medium. Für die weniger Privilegierten/Gebildeten ist es doch ein reines Unterhaltungsmedium/schräges Parallelunisversum geworden. Eigentlich sind die bereits bestehenden Verhältnisse nur weiter zementiert worden, mit dem Unterschied, dass offensichtlich immer mehr Menschen unzufrieden und unglücklich werden. Aber das ist nochmal ein anderes Thema ...

Na, jedenfalls finde ich es überfällig, den US-Konzernen in Europa keine Extrawürste mehr zu braten. Wie der Rest der Welt das handhabt, ist mir da erstmal egal.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Kohlhaas »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(14 Jan 2021, 16:19)Für mich wäre das als ganz einfach, ich weiß nicht, warum man die Digitalwirtschaft da anders behandelt als die analoge Wirtschaft und warum man das überhaupt diskutieren muss?
Das liegt an der normativen Kraft des Faktischen. Es gibt die "sozialen" Medien, sie haben sich zu dem entwickelt was sie heute sind, und sie generieren tagtäglich hunderte von Millionen Beiträgen.Das ist so und lässt sich nicht mehr ändern. Das ist allein wegen des Ausmaßes unkontrollierbar geworden. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man das noch in den Griff bekommen will. Außer vielleicht durch "Herdenimmunität" denkfähiger Menschen gegenüber blanker Blödheit oder bewusst gestreuter Desinformation.

Es gäbe daneben natürlich noch die Möglichkeit, all die Dienste wie Twitter und Co. schlicht "abzuschalten". Aber zum Glück leben wir ja in Deutschland und nicht in China. Ist also keine Option.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Astrocreep2000 hat geschrieben:(14 Jan 2021, 16:19)

Mir missfällt, dass für digitale Medien offenbar andere Regeln gelten sollen, als für die klassischen Printmedien: Eine Zeitung kann einen Leserbrief abdrucken mit dem Hinweis, dass sie sich von dort getätigten Aussagen distanziert. Wenn diese Aussagen aber einen Straftatbestand erfüllen (z.b. Leugnung des Holocaust), dann macht sich auch die Zeitung strafbar. Sie wird also prüfen, was sie veröffentlicht.

Ich finde, dasselbe müsste für Facebook & Co. gelten. Ja, da ist eine Masse mehr zu prüfen - aber die verdienen "damit" ja auch eine Masse mehr Geld und das Geschäftsmodell müsste eben beinhalten, die nötigen Kosten zur Prüfung (ob durch Menchen oder KI/Algorithmen) tragen zu können. Wenn sich das nicht rechnet, muss Zuckerberg sein Geld eben mit etwas anderem verdienen. Simple as that.

Maßstab, was zensiert wird, wäre natürlich nicht das Ermessen oder die politische Färbung von Facebook & Co. sondern die Gesetzte des jeweiligen Landes.

Will sich der Betreiber denen nicht unterordnen, darf er sein Geschäftsmodell nicht betreiben.

Für mich wäre das als ganz einfach, ich weiß nicht, warum man die Digitalwirtschaft da anders behandelt als die analoge Wirtschaft und warum man das überhaupt diskutieren muss?

Ich vermute, die Digitalisierung wurde in diesem Bereich einfach zu lange zu unkritisch gesehen wurde, die Entwicklung und deren Kehrseiten unterschätzt (wir lernen aber auch wenig daraus, siehe, wie momentan das "Digitale Lernen" als Allheilmittel verkauft wird).

Du hast es weiter oben ja auch schon angesprochen: Was haben wir Mitte/Ende der 90er an den Unis gejubelt, welche Versprechen nach Demokratisierung und Chancengleicheit waren mit dem "www" verbunden - und was ist davon übrig geblieben? Für diejenigen, die es Dank Bildung zu nutzen wissen, ist es ohne Zweifel ein mächtiges Medium. Für die weniger Privilegierten/Gebildeten ist es doch ein reines Unterhaltungsmedium/schräges Parallelunisversum geworden. Eigentlich sind die bereits bestehenden Verhältnisse nur weiter zementiert worden, mit dem Unterschied, dass offensichtlich immer mehr Menschen unzufrieden und unglücklich werden. Aber das ist nochmal ein anderes Thema ...

Na, jedenfalls finde ich es überfällig, den US-Konzernen in Europa keine Extrawürste mehr zu braten. Wie der Rest der Welt das handhabt, ist mir da erstmal egal.
Ich glaube, daß es zwei Problemfelder gibt. Einmal die Schwierigkeit, die man damit umschreibt "in einer Demokratie muß man das aushalten". Das ist sicher ein philosophisch hehrer Ausspruch, aber auch brandgefährlich. Ich bin der Meinung, man muß nicht alles aushalten. Manchmal genügt ein kleiner Riß und das ganze Gefäß sprengt auseinander. Auch kleine Risse sind gefährlich und sollten repariert werden. Das andere Problemfeld ist eben, wie du auch angesprochen hast, daß man in der digitalen Welt nachziehen muß. Ich habe den Eindruck, man kommt da nicht hinterher. Das ist kein Rechtsfreier Raum und hat bestimmte Dynamiken, die anders sind als in der Realität. Das muß angepasst werden. Das gilt auch für Beleidigungen persönlicher Art. Z.B Künast, egal wie man zu ihr steht, es ist ein Unding, daß es so lange gedauert hat, bis die schweren Beleidigungen online geahndet wurden. Das hat eine fatale Wirkung. Auch im Großen.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

Wer ist stärker? Australien oder ein Tech-Konzern.
Kräftemessen in Australien

Darum blockiert Facebook jetzt Nachrichten

In Australien ist der Streit über ein neues Gesetz eskaliert: Facebook verbannt dort nun alle Medieninhalte aus seinem Netzwerk. Auch für deutsche Nutzerinnen und Nutzer hat der Vorstoß Konsequenzen.
Hat man sich schon zu abhängig gemacht?
Facebook schneidet seine Nutzer aus aller Welt also mal eben von allen Nachrichten direkt aus Australien ab – und seine australischen Nutzer direkt von Nachrichten aus aller Welt.
Schon das allein dürfte in Australien viele Menschen irritiert haben. Internetnutzer hatten zudem bemerkt, dass Facebooks neue Blockade zunächst nicht nur Inhalte von Medienhäusern traf, sondern zum Beispiel auch die Facebook-Seiten von mindestens drei Gesundheitsbehörden, auf denen aktuelle Informationen zur Corona-Pandemie veröffentlicht wurden. Auch Meteorologie- und Feuerwehr-Seiten waren zeitweise gestört
Das Auftreten australischer Offizieller wie Morrison im Kontext dessen ist ähnlich befremdlich wie das von Maas beim Eingangsbeitrag. Australien wirkt eher wie ein Kunde beim Jobcenter. Befremdlich.
Premierminister Scott Morrison kündigte in seinem Posting an, man werde sich von den Internetunternehmen, die das Parlament vor der Abstimmung zum Gesetz unter Druck setzen wollten, nicht einschüchtern lassen. Facebook ermutigte er aber mit einem Verweis auf Google dazu, »konstruktiv mit der australischen Regierung zusammenzuarbeiten«.

https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpol ... f178f99a86
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von streicher »

King Kong 2006 hat geschrieben:(19 Feb 2021, 08:48)

Wer ist stärker? Australien oder ein Tech-Konzern.



Hat man sich schon zu abhängig gemacht?

Das Auftreten australischer Offizieller wie Morrison im Kontext dessen ist ähnlich befremdlich wie das von Maas beim Eingangsbeitrag. Australien wirkt eher wie ein Kunde beim Jobcenter. Befremdlich.
Die Beobachtung ist schon richtig: neben den Staaten scheinen diese Großkonzerne digitaler Macht als neue Player zu fungieren, mit denen also Staaten ringen müssen. Man denke auch an die Steuerfreiheit...
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von King Kong 2006 »

streicher hat geschrieben:(19 Feb 2021, 15:07)

Die Beobachtung ist schon richtig: neben den Staaten scheinen diese Großkonzerne digitaler Macht als neue Player zu fungieren, mit denen also Staaten ringen müssen. Man denke auch an die Steuerfreiheit...
Man muß sich womöglich grundlegend, neben der vorhandenen Gesetzeslage, Gedanken machen, wie man damit umzugehen hat. Anders als bei den Printmedien haben sich inzwischen viele Nachrichten-, und Informationsquellen von Firmen oder auch öffentlichen Stellen z.B. auch zu Facebook verlagert, siehe am Beispiel Australiens. Es kann nicht sein, daß bei einem Disput z.B. Facebook dann einfach den Saft abdrehen kann. Das gehört für mich zu einer hohheitlichen Pflicht des Staates da in letzter Instanz notfalls ein Monopol zu besitzen. Oder so etwas wie eine strategische Reserve, siehe z.B. Impfmedikamente in einer Pandemie. Die eigenen Produktionskapazitäten.

Man müßte im Falle digitaler Medien sich der sozialen Marktwirtschaft Deutschlands erinnern. Sprich völlig freies Spiel im wirtschaftsliberalen Sinne kann auch gefährlich sein. Der Staat muß eine Lenkungswirkung im Sozialen haben. Zum Wohle der Gesellschaft. Staaten wir China u.a. machen es zwar vor, wie es in die andere Richtung zu extrem wird, aber selbst in den USA (siehe den Vorwurf der Fake News und Medienschelte) fühlt man sich genötigt einzugreifen. Da kommen wir zum nächsten Punkt. Digitale Medien sind auch brandgefährlich. Einst gepriesen als Demokratiebooster werden sie jetzt immer öfter als systemische Gefahr für die Gesesllschaft und Demokratie gesehen. Nicht nur in China. Man sah zuletzt in den USA bei den Wahlen, siehe Kapitolerstürmung oder Querdenken und Co. in der Seuchensituation in Deutschland und dem Besuch im Bundestag was das für Dynamiken entwickeln kann.

Von 2019:
Soziale Medien: Eine Gefahr für die Demokratie?

Am 26. Mai ist Europawahl. Wählen wir dabei noch frei – oder beeinflussen Algorithmen unsere Meinung? Im Interview spricht Medienforscher Jan-Hinrik Schmidt über Meinungsvielfalt, den Ausbruch aus Filterblasen und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

https://www.bmbf.de/de/soziale-medien-e ... -8606.html
DEMOKRATIE
WIE BEEINFLUSSEN SOZIALE MEDIEN DIE DEMOKRATIE?

https://www.mdr.de/wissen/medien-und-de ... e-100.html
Big Tech ist längst zu einem Staat im Staate geworden

Die Zukunftsmacher der Techindustrie stehen weltweit in der Kritik. Wollen die Unternehmen drakonische Strafen verhindern, müssen sie die Risiken ernst nehmen.

https://www.handelsblatt.com/meinung/ko ... 02214.html
Sieben Ideen, sie zu zähmen

Wer den sozialen Netzwerken ihre Macht über Meinungsäußerungen wegnehmen will, muss auch sagen, wer sie bekommen soll. Die Politik? Die Polizei? Die Community? Sieben mögliche Strategien gegen Onlineextremismus.

https://www.spiegel.de/netzwelt/web/soz ... adb3df6ceb
Wenn man zuviel weiß, wird es immer schwieriger, einfache Entscheidungen zu treffen.
Wissen stellt eine Barriere dar, die einen daran hindert, etwas in Erfahrung zu bringen.
- Frank Herbert, Die Kinder des Wüstenplaneten
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PersonalFreedom
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von PersonalFreedom »

King Kong 2006 hat geschrieben:(20 Feb 2021, 09:05)
Man muß sich womöglich grundlegend, neben der vorhandenen Gesetzeslage, Gedanken machen, wie man damit umzugehen hat. Anders als bei den Printmedien haben sich inzwischen viele Nachrichten-, und Informationsquellen von Firmen oder auch öffentlichen Stellen z.B. auch zu Facebook verlagert, siehe am Beispiel Australiens. Es kann nicht sein, daß bei einem Disput z.B. Facebook dann einfach den Saft abdrehen kann. Das gehört für mich zu einer hohheitlichen Pflicht des Staates da in letzter Instanz notfalls ein Monopol zu besitzen. Oder so etwas wie eine strategische Reserve, siehe z.B. Impfmedikamente in einer Pandemie. Die eigenen Produktionskapazitäten.
Eben noch in der ÖRR-Diskussion darüber nachgedacht, diesen müsste man von grundauf eben so ausrichten. Das Neue am Internet ist der Rückkanal. Im simpelsten Fall bedeutet das, ich gebe dem "Fernsehsender" die Meldung, dass ich jetzt diesen Film sehen will und nicht darauf hoffen muss, dass man beliebt ihn nochmal zu einer Zeit auszustrahlen, zu der ich auch Zeit habe.
Aber natürlich kann der noch viel mehr und hat die politische Debatte verändert. Die Politik, insbesondere die Union, tut sich bis heute schwer damit, dass man nicht mehr die üblichen großen Medien ansprechen oder in die Pflicht nehmen kann, sondern Inhalte auch abseits davon frei zirkulieren.

Ich glaube, nicht wenige sind darüber froh, dass sich die Diskussionen jetzt wieder auf wenigen Plattformen abspielen, auf die man "Zugriff" hat. Schlecht ist, dass diese Plattformen alle nicht in der EU oder in Deutschland beheimatet sind. Schlecht ist auch, dass sie nach Gutdünken Diskussionen beschneiden können und das ganz sicher nur im Hinblick auf Image- und Profitorientierung tun werden.
Will heißen, bei "Snowflake-Themen" wird man immer eher zensieren, da man ja eine teure Klage fürchten muss.

Eine "Öffentlich rechtliche Plattform", die Dinge nur löschen darf, wenn sie justiziabel sind und die sich auch an deutschem Recht orientiert, könnte hier Abhilfe schaffen. Ähnlich wie die öffentlichen Fernsehsender kann ich mir aber gut vorstellen, dass die Qualität in etwa so sein wird wie alles, was staatliche Stellen so fabrizieren.

Die Alternative wäre, die "Klumpung" bei diesen Plattformen aufzubrechen. Natürlich geht jeder dahin, "wo alle sind". Eine Meinung kann ich zwar auch hier äußern, aber seien wir ehrlich, die Reichweite dieses Forums ist begrenzt. Wenn ich von meinen Inhalten leben müsste, käme dieser Zwang hinzu.
Zudem sind die Leute oft schlicht zu faul, sich irgendwo zu registrieren. Man kauft bei Amazon, weil man da schon ist und "angemeldet bleiben" gehakt hat.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von schokoschendrezki »

Unter anderem Dänemark hat eine Art "Cyber-Botschafter" ins Silicon Valley entsandt. Und man will mit "Techplomacy" die Interessen des Landes bei den Tech-Giganten vertreten.
u.a. https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dra ... 17a2ad.mp3. Und Dänemark stellt sich in den jüngsten Auseinandersetzungen offensiv an die Seite Australiens. Es gelte, den Tech-Giganten "die Stirn zu bieten". Sie seien in ihren Gestaltungsspielräumen in Teilen zumindest mächtiger als die demokratisch gewählten Institutionen in den Staaten.

Sowohl der Lösungsansatz in Australien wie auch der skandinavische (und baltische) Weg sieht allerdings eher so aus, dass diese Unternehmen quasi national eingebunden, eingeschliffen werden sollen. Sie sollen die Algorithmen offenlegen, sie sollen die (Zeitungen, Institutionen usw.) an den Gewinnen beteiligen, die sie mit ihrer Dateneinspeisung machen.

Ich bin da skeptisch. Ich würde sie eher einfach niemals so groß werden lassen. Mit einer Steuerprogression zum Beispiel, die so drastisch ist, dass eine gewisse Maximalgröße eines Unternemens prinzipiell nicht überschreitbar ist.

Ging es früher einmal einfach um den Verkauf von IT-Technik, Software und Dienstleistungen, und war es früher einmal völlig in Ordnung, dass man mit guten Produkten gutes Geld verdient, so sind heute "Daten" und "Informationen" ein Teil der Währung geworden. Insbesondere droht eine Teilübernahme des Bildungswesens durch den Plattformkapitalismus. Ich weiß da, wovon ich rede. Ging es früher einmal einfach darum, einer Hochschule eine IT-Lösung für Campusmanagement, Hochschulbibliothek oder E-Learning zu verkaufen und damit ein bissel Bildungssteuergelder einzuheimsen ... so geht es heute um die Übernahme des Betriebs. Selbst aus so simplen Vorgängen wie der Suche nach Büchern, dem Entleihen und Zurückgeben von Büchern lassen sich per Mustererkennung extrem wertvolle Informationen gewinnen. Und sie betreffen gerade im Hochschulbereich die soziale Gruppe der umworbensten späteren Konsumenten.

Wir stehen hier vor einem Quo Vadis Demokratie. Nicht weniger.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von schokoschendrezki »

PersonalFreedom hat geschrieben:(26 Feb 2021, 12:33)
Die Alternative wäre, die "Klumpung" bei diesen Plattformen aufzubrechen. Natürlich geht jeder dahin, "wo alle sind". Eine Meinung kann ich zwar auch hier äußern, aber seien wir ehrlich, die Reichweite dieses Forums ist begrenzt. Wenn ich von meinen Inhalten leben müsste, käme dieser Zwang hinzu.
Zudem sind die Leute oft schlicht zu faul, sich irgendwo zu registrieren. Man kauft bei Amazon, weil man da schon ist und "angemeldet bleiben" gehakt hat.
Nicht unbedingt. Es gibt wie immer gerade durch die zunehmende Sättigung auch eine aufkeimende Gegenbewegung.

Zum Vergleich betrachte man die Entwicklungen in der Musikindustrie. Von etwa Mitte der 70er bis Anfang der 90er war es die Politik der Majorlabels, einfach so lange alles aufzukaufen, bis eine total marktbeherrschende Stellung erreicht war. Die aufgekaufteten Plattenfirmen wurden häufig in Form von Sublabels als scheinbar unabhängig platziert. Geffen-Records (u.a. "Nirvana") ist so ein Beispiel. Dann gab es aber ab etwa 2000 eine Rückkehr der "echten" Indie-Labels. Und inzwischen eine Zweiteilung. Die großen für die Masse. Die kleinen für die Individualisten. Im IT-Bereich wäre das so ungefähr die Tech-Giganten auf der einen und der OpenSource-Bereich auf der anderen Seite.
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Re: Digitale Medien - Die neue Macht?

Beitrag von Bogdan »

https://ga.de/news/digitale-welt/facebo ... -101154025

Okay, Meta darf das.
Okay Facebook lehne ich ab, weil sie meine Handynummer haben wollen. Nein ich werde nicht tricksen und es ohne Handynummer machen.
Instagram jetzt mit Werbung ist dann für mich komplett uninteressant und ich habe meine Aktivitäten komplett eingestellt.
Man kann auch ohne Facebook und Instagram gut leben.
Wer es braucht soll es gerne nutzen.
Wem Sachargumente fehlen, geht zu persönlichen Bemerkungen über. :?
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