H2O hat geschrieben:(23 Sep 2017, 19:54)
Das Geheimnis der gegenseitige Anerkennungen in der EU liegt also in dem englischen Begleittext für das jeweilige Zeugnis. Ohne hier irgendwelchem Dünkel den Weg bereiten zu wollen: Wer steht dafür, daß tatsächlich die erworbenen Titel ziemlich genau für eine gleichwertige Befähigung und gleichwertige Kenntnisse
stehen?
Das ist ja kein Geheimnis, sondern nur eine verpflichtende Ergänzung, die es Arbeitgebern leichter macht, den Abschluss einzuordnen. Früher musste das durch diverse Ämter, Beglaubigungen, Einzelfallprüfungen, Übersetzungen etc. Der ganze Wulst fiel weg. Ich war erst vor wenigen Monaten in Toronto und traf da auch einige Europäer, die bei kanadischen Unternehmen arbeiteten. Das war schon ziemlich umständlich, da sie nicht nur zu einer kanadischen Behörde gehen mussten, sondern auch noch versiegelte Formulare an ihre Hochschulen in Europa schicken mussten, damit diese mit Stempel und Gedöns dort einige Blätter ausfüllen. Nur was, wenn die eigene Hochschule das noch nie machte und hinbekam, sich niemand verantwortlich fühlte oder man nicht einsah, für internationale Briefe irgendwelcher Absolventen aus dem letzten Jahrhundert nach Kanada zu schicken? Oder vielleicht aufgrund von politischen Entscheidungen nicht mehr existieren, sondern in andere Hochschule integriert oder ganz aufgelöst wurden? Insb. mit DDR-Abschlüssen ist das wohl ziemlich "witzig".
Im Diplomanhang stehen ja auch weitere Informationen, z.B. die Regelstudienzeit, der Leistungsumfang im ECTS, Teil-/Vollzeit, Zugangsvoraussetzungen, Art der Abschlussprüfung, typische Berufsfelder der Absolventen, inhaltliche Schwerpunkte bzw. Ziel der Ausbildung und so weiter, und so fort. Und natürlich, welche Institution den Studiengang akkreditierte:
Für die Gleichwertigkeit gibt's die Akkreditierung durch unabhängige Gremien, die europaweit tätig sind. Mein postgradualer Studiengang war bspw. durch die ASIIN (Akkreditierungsagentur für Studiengänge der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik) akkreditiert, die Mitglied des ENAEE (European Network for the Accreditation of Engineering Education) ist, das wiederum zusammen mit der Europäischen Kommission gemeinsame Standards entwickelte. Bei Interesse:
http://www.pressestelle.tu-berlin.de/me ... tu_berlin/
Klingt vielleicht erstmal umständlich, aber hat nicht nur den Vorteil der Sicherung des Niveaus und dessen Transparenz, sondern beschleunigt und entbürokratisiert Reformen. Das Thema Akkreditierung wird ja gerne mal beim Bologna-Prozess vergessen und manch älterer Dekan ist auch nicht glücklich darüber, dass nun solche gemeinnützigen Vereine die Studiengänge bewerten und dafür auch noch Geld verlangen. Und dann soll man auch noch Berichte schreiben und hat Mehraufwand statt einfach alles nach eigenem Ermessen laufen und die Absolventen ihrem Schicksal zu überlassen. Früher sah der Hochschulalltag ja gerne so aus:
Harsch war die Kritik des Aktionsrats Bildung an der Akkreditierung deutscher Studiengänge - und ungerecht, findet der Genetikprofessor Hans-Jörg Jacobsen. Die Verfahren funktionieren. Wer will schon in eine Zeit zurück, in der Länderministerien mitreden durften? [...]
Verwaltungsbeamte sollten prüfen, inwieweit eine lokale Prüfungsordnung mit der bundesweit gültigen Rahmenordnung für Biologie übereinstimmte. Dabei zeigte schon die Entstehung dieser DPOs, wie schlecht sie konzipiert waren: So wurde etwa die letzte DPO für Biologie sechs Jahre lang (1980-86) von Kommissionen auf föderaler Ebene ausgehandelt.
Sechs Jahre finden Sie lang? Danach fermentierte die DPO für Biologie für acht Jahre in den 16 zuständigen Länderministerien und musste dann bis 1997 umgesetzt werden. In den Fachbereichen war das Entsetzen entsprechend groß, als wir Ende der neunziger Jahre mit Lehrinhalte konfrontiert wurden, die von den Gremien in den frühen Achtzigern formuliert worden waren. In der Biologie ändert sich alles rasend schnell, das war auch damals schon der Fall. Die notwendigen inhaltlichen Aktualisierungen mussten wir darum vor dem Ministerium verstecken, um den Studenten ein Studium bieten zu können, das in die Zeit passte und einigermaßen auf dem aktuellen Stand der Forschung war.
Versuche, den Studenten auch Projektmanagement zu vermitteln, wurden vom Ministerium dann aber, weil nicht explizit in der DPO aufgeführt, abgelehnt. Heute wäre ein derartiges Modul ein sogenannter "soft skill" und problemlos Bestandteil in jedem Curriculum.
http://www.spiegel.de/unispiegel/studiu ... 95170.html
Da verweise ich auf das gern gespielte nationale Ranking der Hochschulen, das in DIE ZEIT oft viele Seiten mit Tabellen füllt. Wie geht man damit europaweit um? Gibt es auch da ein Ranking dieser Art? Da treibt mich aber mehr die Neugierde!
Es gibt sogar globale Rankings, die zur Orientierung nicht schlecht sind, aber eben auch methodisch umstritten, z.B. weil einige die Zahl der Nobelpreisträger und die Anzahl englischsprachiger Zitationen ebenfalls ins Endergebnis mit einfließen lassen. Jüngere Universitäten aus nicht-englischsprachigen Regionen haben es entsprechend schwer, selbst wenn sie eine hervorragende Lehre und Forschung an den Tag legen. Eins der bekannteren Rankings ist das sog. QS World University Ranking:
https://www.topuniversities.com/univers ... kings/2018
Da gibt's bei Interesse auch eine Unterteilung nach Disziplinen, z.B. "Engineering and Technology":
https://www.topuniversities.com/univers ... technology
Dort haben es immerhin die Technischen Universitäten in München (24), Aachen (33), Berlin (35), Karlsruhe (38), Stuttgart (78), Darmstadt (88) und Dresden (96) in die globalen Top 100 geschafft.
Ein anderes Beispiel wäre das THE-Ranking (Times Higher Education:
https://www.timeshighereducation.com/wo ... y-rankings). Dort findet man noch ein paar weitere gute Hochschulen, wenn man bedenkt, dass es weltweit zigtausende Hochschulen gibt.
Da hätten wir (über alle Fächer hinweg, nicht nur Technik) noch die LMU München (34), TU München (41), Uni Heidelberg (45), HU Berlin (62), RWTH Aachen (79), Uni Freiburg (82), FU Berlin (88), TU Berlin (92), Uni Tübingen (94) und Uni Bonn (100).
Klar, kein Massachusetts Institute of Technology, Harvard, Stanford oder Cambridge, aber nun auch nichts, wofür sich ein Absolvent schämen müsste, oder?
Aufgrund der Methodik ist das aber halt auch immer unter Vorbehalt zu genießen. So ist es bspw. in vielen Ländern üblich, dass öffentliche Forschungsinstitute an den Hochschulen angegliedert sind und deren Forschungsergebnisse somit mit ins Ergebnis einfließen. Wir haben in Deutschland traditionell hingegen eine recht vielfältige Forschungslandschaft, selbst wenn man jetzt nur mal an die üblichen verdächtigen Gesellschaften denkt, z.B. Fraunhofer, Max Planck und Helmholtz. Von daher steht's gar nicht mal so schlecht um Deutschland, auch wenn es natürlich immer Leute geben wird, die (meistens ohne eigene Einblicke) den Untergang des Abendlandes prophezeien.
Für die formelle Wertung ist es aber auch egal. Sucht bspw. eine Behörde einen öffentlich Angestellten im höheren Dienst, wird halt ein Uni-Diplom bzw. ein Master Voraussetzung sein. Ob die Person dann an der TU München oder FH Zittau studiert hat, wird nicht dazu führen, dass die Person wegen "Nichteignung" (bei gleichem Studiengang, versteht sich) gleich zu Beginn rausgekickt wird. Wer sich aber am Ende durchsetzt und mit seiner fachlichen Eignung am meisten glänzt, ist dann natürlich ein anderes Thema. Und das gilt genau so für einen Absolventen eines kleinen university college in Norwegen, einer grande école in Frankreich oder einer mittelgroßen Universität in Griechenland.